Titel:
Rücktritt von einer Kreuzfahrt vor Reisebeginn unter Berufung auf gesundheitliche Risiken durch die Corona-Pandemie
Normenketten:
BGB § 242, § 389, § 651h Abs. 1, Abs. 3
ZPO § 269 Abs. 1
Leitsatz:
Ein Reisender, der gemäß § 651h Abs. 1 S. 1 BGB vor Reisebeginn von einer nach Beginn der Corona-Pandemie gebuchten Kreuzfahrt zurücktritt, handelt treuwidrig iSv § 242 BGB, wenn er dem Anspruch des Reiseveranstalters auf eine angemessene Entschädigung aus § 651h Abs. 1 S. 3 BGB unter Verweis auf § 651h Abs. 3 BGB entgegen hält, dass er unter einer Autoimmunkrankheit leide und dadurch bei Durchführung der Reise besonderen gesundheitlichen Risiken ausgesetzt wäre. (Rn. 36 – 42) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Reisevertrag, Kreuzfahrt, Rücktritt vor Reisebeginn, Reisepreis, angemessene Entschädigung, außergewöhnliche Umstände, erhebliche Beeinträchtigung, Corona, Pandemie, Gesundheitsrisiken
Rechtsmittelinstanz:
OLG München, Hinweisbeschluss vom 08.09.2023 – 19 U 2286/23 e
Fundstelle:
BeckRS 2023, 32010
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits sowie die außergerichtlichen Kosten de ehemaligen Beklagten.
III. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Der Streitwert wird auf 5.465,00 € festgesetzt
Tatbestand
1
Der Kläger begehrt die Rückzahlung eines angezahlten Reisepreises nach Rücktritt von einem Vertrag für eine Kreuzfahrt.
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Der Kläger buchte im Dezember 2020 mit seiner Ehefrau eine Kreuzfahrt für den Zeitraum 05.01.2023 bis 3.05.2023 (119 Tage) für 37.980 €, mit der 50 Reiseziele in 35 Ländern angefahren werden sollten.
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Der Kläger zahlte 5465 € als Gutschein aus einer Altbuchung an. Alternativ zum Gutschein hätte der Kläger auch eine Rückerstattung aufgrund der Altbuchung erhalten können.
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Mit Schreiben vom 16.08.2022 erklärte der Kläger den Rücktritt. Die Beklagte rechnete über die Anzahlung ab und behielt 15% des Preises für die Kreuzfahrt, d.h. 5412,15 €, ein. 0,85 € sind dem Kläger durch das Reisebüro ausbezahlt worden.
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Der Kläger behauptet, er sei bei der Buchung davon ausgegangen, dass sich die pandemische Lage zum Zeitpunkt des Reiseantritts entspannt hätte. Von besonderer Bedeutung sei für ihn der Besuch von Japan und China gewesen, zum Zeitpunkt des Rücktritts habe eine verschärfte Lage in Asien geherrscht. Kläger und Ehefrau litten an der Autoimmunerkrankung Rheuma bzw. Hashimotosyndrom.
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Eine Differenz von 52 Euro sei nicht ausbezahlt worden.
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Der Kläger ist der Auffassung, die Beklagte habe keinen Entschädigungsanspruch nach § 651h Abs. 3 Satz 1 BGB, da die Reise erheblich beeinträchtigt werde. Zu berücksichtigen seien aufgrund der Coronapandemie erhebliche Risiken für die Gesundheit des Klägers und seiner Frau sowie die problematischen Einreisen, unklare Quarantänen und in Visavergaben in einzelnen Ländern. Im Weiteren sei das Ansteckungsrisiko an Board unkalkulierbar, die Informationen auf den Webseiten unzulänglich, zudem bestünden Unklarheiten hinsichtlich Testungen. Die Berichterstattung der Medien sei negativ. Auf der nun stattfindenden gegenständlichen Fahrt würden Häfen in China nicht angelaufen, stattdessen in Vietnam und in Thailand.
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Der Kläger hatte die Klage zunächst gegen … erhoben, mit Schriftsatz vom 14.02.2023 sodann erklärt, die Klage werde nun mehr statt gegen diese gegen die … erhoben.
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Der Kläger beantragt zuletzt,
I. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger einen Betrag in Höhe von 5.465,00 € zzgl. Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 25.8.2022 zu bezahlen.
II. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger nicht anrechenbare vorgerichtliche Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 325,47 € zzgl. Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 19.11.2022 zu bezahlen.
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Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen sowie die Kosten des Verfahrens gegen … nach Klagerücknahme der Klageseite aufzuerlegen.
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Die Beklagte behauptet, zusätzlich zu den Rücktrittsgebühren der Beklagten in Höhe von 5412,15 € sei noch eine Stornierungsgebühr für den Bus in Höhe von 53,70 € angefallen.
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Die Beklagte ist der Auffassung, sie habe einen eigenen Erstattungsanspruch nach § 651h Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 Satz 1 BGB in Höhe von 15% laut ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Ein Ausschluss nach § 651 Abs. 3 Satz 1 BGB sei nicht vorzunehmen, da keine unvermeidbaren ungewöhnlichen Umstände vorlegen. Die Pandemielage sei bei der Buchung bekannt gewesen und ebenso, dass diese sich in Wellen bewege.
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Das Gericht hat in der mündlichen Verhandlung vom 14.04.2023 den Kläger informatorisch angehört.
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Auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen, das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 04.04.2023 sowie sonstige Aktenbestandteile wird Ergänzung des Tatbestands Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Klage ist unbegründet.
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Der Beklagtenwechsel von der ehemaligen Beklagten … auf die nunmehrige Beklagte … ist bezüglich der ehemaligen Beklagten eine Klagerücknahme iSv § 269 ZPO. Eine Rücknahme bedarf es hierfür nicht, da der Wechsel vor mündlicher Verhandlung erfolgte, § 269 Abs. 1 ZPO.
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Der Beklagtenwechsel wird durch Zustellung eines dem § 253 ZPO entsprechenden Schriftsatzes an den neuen Beklagten bewirkt. Die ehemalige Beklagte ist damit ausgeschieden, das Prozessrechtsverhältnis zum bisherigen Beklagten erlischt ebenso wie die Rechtshängigkeit des gegen ihn geltend gemachten Anspruches. Die Klage gegen die nunmehrige Beklagte ist mit Schriftsatz vom 14.02.2023 (Bl. 20) wirksam erhoben. Eine reine Rubrumsberichtigung war aufgrund der Personenverschiedenheit und der Involvierung beider Personen in den Rechtsstreit nicht möglich, zumal bei einer Auslegung der ursprünglichen Klage entsprechend §§ 133, 158 BGB nicht von einem reinen Schreibversehen ausgegangen werden konnte.
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Der Anspruch des Klägers auf Rückzahlung seines Reisepreises ist erloschen, da die Beklagte erfolgreich mit ihrem Entschädigungsanspruch nach § 351h Abs. 3 BGB aufgerechnet hat, § 389 BGB.
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I. Die Beklagte hat gemäß § 651h Abs. 1 Satz 2 BGB ihren Anspruch auf den Reisepreis verloren, weil der Kläger nach § 651h Abs. 1 Satz 1 BGB wirksam von dem streitgegenständlichen Pauschalreisevertrag nach § 651a BGB zurückgetreten ist. Damit ist die Beklagte zur Rückzahlung der erbrachten Anzahlung grundsätzlich verpflichtet.
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II. Der Beklagten steht jedoch ein Entschädigungsanspruch aus § 651h Abs. 1 Satz 3 BGB zu, den sie dem Klageanspruch entgegenhalten kann und der aufgrund erfolgten Aufrechnung gemäß § 389 BGB dazu führt, dass der Kläger keinen Anspruch auf Rückzahlung der geleisteten Anzahlung hat.
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1. Eine Aufrechnung hat die Beklagte jedenfalls mit Schriftsatz vom 28.02.2023 erklärt.
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2. Die Beklagte hat grundsätzlich aufgrund des Rücktritts des Klägers einen Anspruch auf angemessene Entschädigung gemäß § 651h Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 Satz 1 BGB in Höhe von 15% des Reisepreises.
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3. Diesem Entschädigungsanspruch steht nicht § 651h Abs. 3 Satz 1 BGB entgegen.
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Nach § 651h Abs. 3 Satz 1 BGB kann der Reiseveranstalter ausnahmsweise keine Entschädigung verlangen, wenn am Bestimmungsort oder in dessen unmittelbarer Nähe unvermeidbare, außergewöhnliche Umstände auftreten, die die Durchführung der Pauschalreise oder die Beförderung von Personen am Bestimmungsort erheblich beeinträchtigen. Umstände in diesem Sinne sind nach der gesetzlichen Regelung des § 651h Abs. 3 Satz 2 BGB unvermeidbar und außergewöhnlich, wenn sie nicht der Kontrolle der Parteien unterliegen, die sich hierauf beruft, und ihre Folgen auch dann nicht hätten vermeiden lassen, wenn alle zumutbaren Vorkehrungen getroffen werden.
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a) Das Gericht konnte nach Anhörung des Klägers und unter Berücksichtigung der Vorträge beider Parteien nicht die erforderliche Überzeugung gemäß § 286 ZPO bilden, dass der Reise solche unvermeidbaren und außergewöhnlichen Umstände entgegengestanden sind, die die Durchführung der Reise erheblich beeinträchtigten. Der Kläger konnte nicht beweisen, dass er zum Zeitpunkt des Rücktritts am 16.08.2022 davon ausgehen konnte und musste, dass die Durchführung der Pauschalreise erheblich beeinträchtigt sein wird.
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aa) Es hätte dem Kläger oblegen, dies zu beweisen. Die Beweislast, dass die Reise erheblich beeinträchtigt wird, trägt der Reisende (BeckOGK/Harke, 1.1.2023, BGB § 651h Rn. 66; MüKoBGB/ Tonner, 9. Aufl. 2023, BGB § 651h Rn. 84, 85). Denn es handelt sich einen für ihn günstigen Umstand. Nach allgemeinen Regelungen hat jeder die ihm günstigen Tatsachen grundsätzlich darzulegen und zu beweisen.
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bb) Maßgeblicher Zeitpunkt ist grundsätzlich der Zeitpunkt der Rücktrittserklärung. Da der Reisende seinen Entschluss zum Rücktritt nur unter den ihm in diesem Moment zur Verfügung stehenden Erkenntnismöglichkeiten fassen kann, kann es für die Wirksamkeit seiner Erklärung keine Rolle spielen, wenn sich im Nachhinein herausstellt, dass die Reise doch ohne Beeinträchtigung durchgeführt wird oder durchgeführt hätte werden können (BeckOGK/Harke, 1.1.2023, BGB § 651h Rn. 48). Es ist damit eine Prognoseentscheidung erforderlich – und zwar zum Zeitpunkt des Rücktritts des Klägers.
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cc) Der Kläger konnte nicht beweisen, dass er zum Zeitpunkt des Rücktritts am 16.08.2022 davon ausgehen konnte und musste, dass die Durchführung der Pauschalreise erheblich beeinträchtigt sein wird.
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Im Rahmen der Gesamtbetrachtung zum Rücktrittszeitpunkt ist die Coronalage, insb. die Aussicht der weiteren Entwicklung der Coronapandemie zu diesenem Zeitpunkt zu berücksichtigen.
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Das Gericht hat mit den Parteien in der mündlichen Verhandlung vom 04.04.2023 Medienmeldungen nach einer Pressekonferenz des Bundesgesundheitsministers vom 12.08.2022 der T. und des M. Me. in Augenschein genommen. Diese zeigen, dass Mitte August 2022 bekannt war, dass sich das Infektionsgeschehen in Wellen entwickelt und angepasste Impfstoffe für Omikron ab Herbst vertrieben werden. So wurde am 12.08.2022 von der abklingenden Sommerwelle gesprochen und einer erwarteten Herbstwelle.
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Damit war zu diesem Zeitpunkt nicht klar ob und in welchem Stadium sich die Coronalage im Zeitraum Januar bis Mai 2023 befinden wird. Zu berücksichtigen ist – entsprechend der Erörterung in der mündlichen Verhandlung – auch, dass sich das allgemeine Leben im Sommer 2022 wieder „normalisiert“ hat; so wurde das Oktoberfest in M. geplant und im Folgenden auch durchgeführt. Ab Juni 2022 hat Japan wie der Kläger selbst in Anlange K7 vorgelegt hat, die Einreise für Touristen (in Gruppen) ermöglicht. Trotz der damaligen Wellen und der erwarteten Herbstwelle standen die Zeichen im August 2022 auf maßvolle Öffnung. Dem Kläger, der sich nach seiner eigenen Aussage in der informatorischen Anhörung durch Medien informierte, kann dies nicht verborgen geblieben sein. Zum Zeitpunkt der Rücktrittserklärung war daher aus Sicht eines besonnenen Durchschnittsreisenden nicht sicher, ob die Coronalage eine Durchführung der Reise entgegensteht. In diesem Zusammenhang erscheint die Darstellung des Klägers aus der mündlichen Verhandlung, er sei von einer Verschärfung ausgegangen, dem Gericht nicht nachvollziehbar, zumal ihm selbst die Schwierigkeiten der Prognosen bewusst war.
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Dies betonte der Klägerin im Zusammenhang mit den Prognosefragen im Jahr 2020.
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Das Gericht war damit nicht überzeugt, dass zum Zeitpunkt des Rücktritts die Prognose der Coronaentwicklung die Durchführung der Reise erheblich beeinträchtigte im Sinne von § 651h Abs. 3 BGB. Die Prognose war ungewiss. Dies gilt sowohl für die Lage in Deutschland als auch für die Lage in Asien, auch insoweit war bekannt, dass das Geschehen sich in Wellen entwickelt. Auch die Einreisemöglichkeiten bzw. Visavorgaben änderten sich entsprechend des Infektionsgeschehens und war nicht statisch. Dies zeigt bereits die vom Kläger selbst vorgelegte Anlage K7. Eine Prognose, dass im Zeitraum Januar bis Mai 2023 Einreisen nicht möglich seien und damit die Reise erheblich beeinträchtigt sei, war damit nicht sicher. Auch insoweit konnte der Kläger seiner Darlegungs- und Beweislast nicht nachkommen.
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b) Daran ändern auch die Erkrankungen des Klägers und seiner Ehefrau nichts.
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aa) Der Umstand, dass der Kläger und seine Ehefrau an Autoimmunerkrankungen leiden, kann als wahr unterstellt werden.
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bb) Nach dem Gedanken des § 242 BGB führen diese Erkrankungen im vorliegenden Fall jedoch nicht dazu, dass gerade aufgrund dieser persönlichen Umstände die Reise erheblich beeinträchtigt wäre. Zwar können Gesundheitsgefahren ein entsprechender Umstand sein.
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Der Kläger und seine Ehefrau haben sich trotz der Erkrankung und der Pandemie zu einer Buchung der Reise entschlossen. Sich nun auf gesundheitliche Risiken zu berufen, ohne dass sich etwas verändert hat ist treuwidrig im Sinne von § 242 BGB.
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(1) Zu berücksichtigen ist, dass dem Kläger bereits bei der Buchung sein gesundheitlicher Zustand sowie der seiner Ehefrau bekannt waren, ebenso das Bestehen einer Pandemie. Im Dezember 2020 war nach den Lockdowns allgemein bekannt, dass die Pandemie länger dauern wird und gesundheitlich angeschlagene Personen ein besonderes Risiko haben.
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(2) Anders als nach früherem Recht ist nicht erforderlich, dass der unvermeidbare, außergewöhnliche Umstand nicht vorhersehbar war. In der Literatur wird vertreten, dass die zur Kündigung berechtigenden Umstände erst nach der Buchung aufgetreten sein dürfen. Es wäre treuwidrig, wenn der Reisende sehenden Auges einen Vertrag über eine Pauschalreise in ein bereits zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses terrorismusgefährdetes oder von der Pandemie betroffenes Gebiet abschließt und danach zurücktritt (MüKoBGB/Tonner, 9. Aufl. 2023, BGB § 651h Rn. 44).
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Ob dies allgemein so aufgestellt werden kann, kann dahingestellt werden. Im vorliegenden Fall führen die konkreten Umstände jedoch zu einer Treuwidrigkeit: Der Kläger hat nach acht Monaten Pandemieerfahrung in Kenntnis seiner Erkrankung und der seiner Ehefrau sich zu einer Buchung entschieden. Wie er in der mündlichen Verhandlung ausführlich darstellte, waren ihm die Schwieirigkeiten der weiteren Entwicklung der Pandemie bewusst. Er selbst sprach von Kaffeesatzleserei. Er hat sich trotz dieser ihm bekannten Prognoseschwierigkeiten, trotz der Erkrankungen, trotz des Wissens der Gefährdung erkrankter Personen unter Hintanstellung eines möglichen persönlichen gesundheitlichen Risikos entschlossen hat, die Reise zu buchen.
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Sich unter diesen konkreten Umständen nun auf potentielle gesundheitliche Risiken zu berufen, ist treuwidrig i.S.v. § 242 BGB.
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(3) Dies gilt auch für das behauptete unkalkulierbares Ansteckungsrisiko an Bord. Wie der Kläger in der informatorischen Anhörung selbst ausgeführt und anschaulich mit den Ereignissen aus seiner früheren Kreuzfahrt inkl. Austausch der medizinischen Besatzung in Amerika berichtet hat, war ihm durchaus bewusst, dass es Ansteckungsgefahren von Erkältungen und ähnlichen auf Kreuzfahrtschiffen gibt. Dass dieses Ansteckungsrisiko auch für COVID 19 gilt, kann ihm nicht verborgen geblieben sein.
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c) Dass auf der gegenständlichen Fahrt Häfen in China nicht angelaufen werden, ist ein Umstand, den der Kläger bei der Rücktrittserklärung im August 2022 nicht kennen konnte, der jedoch vor dem Hintergrund der nach Ziffer 3.3 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten (Anlage B1) als Änderung möglich ist, da dadurch die Reise nicht nur unerheblich und nicht im Gesamtzuschnitt beeinträchtigt wird. Bei 50 Reisezielen in 35 Ländern ist das Anlaufen von Häfen in Vietnam und Thailand statt China keine wesentliche Änderung, die den Gesamtzuschnitt beeinträchtigt. Dies gilt, selbst wenn der Kläger China zuvor nicht besucht hat und ihm eine Anreise Chinas wichtig war. Abzustellen ist jedoch nicht auf eine innere, dem Vertragspartner unbekannt gebliebene Bedeutung, sondern die Bedeutung für einen Durchschnittsreisenden. Bei einer 119 Tage dauernden Reise mit 50 Zielen in 35 Ländern vermag das Gericht nicht erkennen, dass es dem Durchschnittsreisenden gerade um die Reise nach China gegangen haben soll. Bei der Reise steht wohl für den durchschnittlichen Reisenden vielmehr die Umrundung der Welt und das Ansteuern verschiedener Kontinente und Regionen im Vordergrund. Aufgrund der geographischen und kulturellen Nähe von Vietnam und Thailand zu China mag das Gericht keine wesentliche Veränderung der gesamten Reise von 119 Tagen erkennen.
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4. Die Stornierungsgebühren beziehen sich zum einen auf den Reisepreis ebenso auf die Busanreise, die in getrennten Rechnungen abgerechnet wurden. Zu den Rücktrittsgebühren der Beklagten in Höhe von 5412,15 € sind damit noch die Stornierungsgebühren für den Bus in Höhe von 53,70 € zu berücksichtigen. Mit diesem Anspruch kann die Beklagte erfolgreich nach § 389 BGB aufrechnen. Die Klageseite hatte der mündlichen Verhandlung vom 04.04.2023 unstreitig gestellt, dass die Differenz von 0,85 € durch das Reisebüro den Kläger ausbezahlt wurden. Der gesamte Rückzahlungsanspruch des Klägers ist damit erloschen.
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Die Kosten des Verfahrens ergeben sich aus § 91 Abs. 1 BGB, der Kläger hat auch die Kosten des Verfahrens gegen die ehemalige Beklagte ... C.GmbH nach § 296 ZPO zu tragen.
46
Der Ausspruch der vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.
47
Der Streitwertbeschluss folgt aus §§ 63 Abs. 2,48 GKG, 3 ZPO.