Titel:
Streitwertfestsetzung bei Streitigkeiten wegen Anschluss- und Benutzungszwangs
Normenkette:
GKG § 52 Abs. 2
Leitsatz:
Bei Streitigkeiten wegen Anschluss- und Benutzungszwangs ist, sofern nicht konkrete Anhaltspunkte für das wirtschaftliche Interesse dargelegt sind, die Festsetzung des Auffangwerts sachgerecht. (Rn. 3) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Einleitungsverbot in kommunale Entwässerungseinrichtung, Streitwertbemessung, Auffangwert, Streitwertfestsetzung, Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit
Vorinstanz:
VG München, Beschluss vom 08.08.2023 – M 10 S 23.3459
Fundstelle:
BeckRS 2023, 31978
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
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1. Die bei sachgerechtem Verständnis nicht vom Antragsteller (vgl. BayVGH, B.v. 13.4.2023 – 10 C 23.632 – juris Rn. 4), sondern von seinem Bevollmächtigten erhobene Beschwerde, mit der eine Heraufsetzung des Streitwerts von 2.500 Euro auf 19.000 Euro begehrt wird, hat keinen Erfolg. Für das Eilverfahren, das ein Verbot der Einleitung von Abwasser in den Schmutzwasserschacht einer öffentlichen Entwässerungsanlage betraf, hat das Verwaltungsgericht zu Recht den Auffangwert des § 52 Abs. 2 GKG zugrunde gelegt und nicht die vom Antragsteller als entsprechend anwendbar angesehene, an der geschätzten Schadens- bzw. Aufwendungshöhe orientierte Nr. 9.4 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.
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Anders als bei den dort genannten Fällen einer baubehördlichen Anordnung in Gestalt eines Bau- bzw. Nutzungsverbots, einer Stilllegungsverfügung oder eines Räumungsgebots ging es im vorliegenden Fall nicht um eine eigentumsbeschränkende Maßnahme, sondern um die Untersagung einer (aus Sicht des Antragsgegners) unberechtigten Inanspruchnahme einer öffentlichen Abwasserentsorgungseinrichtung. Für solche Streitigkeiten um die Benutzung einer kommunalen Einrichtung schlägt der Streitwertkatalog in Nr. 22.3 in erster Linie eine Bemessung der Streitwerthöhe nach dem wirtschaftlichen Interesse, „sonst“ den Auffangwert vor.
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Bereits die Alternativformulierung der Nr. 22.3 lässt erkennen, dass in den dort genannten Fällen – anders als bei Nr. 9.4 – nicht stets ein konkret bezifferbares Interesse des Rechtsschutzsuchenden ermittelt oder ein entsprechender Wert geschätzt werden muss. Der Senat hält demzufolge in ständiger Rechtsprechung etwa bei Streitigkeiten wegen Anschluss- und Benutzungszwangs die Festsetzung des Auffangwerts für sachgerecht (vgl. B.v. 2.4.2014 – 4 ZB 13.2496 – juris Rn. 28; B.v. 29.2.2008 – 4 C 08.283 – juris Rn. 3 ff; B.v. 11.2.2008 – 4 C 07.3169 – juris Rn. 4 ff.). Begründet wird dies mit der Überlegung, dass zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung die exakten Anschlusskosten in der Regel nicht feststehen und die potentiellen sonstigen wirtschaftlichen Vor- und Nachteile wie z. B. Benutzungsgebühren nicht allein zum Zweck der Streitwertfestsetzung vom Gericht ermittelt werden sollen (vgl. BayVGH, B.v. 19.2.2018 – 4 C 17.1098 – BayVBl 2018, 535 Rn. 6 m.w.N.).
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Der Rückgriff auf den Auffangwert in den Fällen der Nr. 22.3 ist allerdings nur in Ermangelung konkreter Anhaltspunkte für das wirtschaftliche Interesse veranlasst, so dass bei entsprechend substantiiertem Sachvortrag auch eine konkret einzelfallbezogene Streitwertbemessung erfolgen kann (BayVGH, a.a.O., Rn. 7 ff. m.w.N.). Eine solche objektiv nachprüfbare und in sich schlüssige Darlegung ist hier aber weder im Eilverfahren vor dem Verwaltungsgericht noch im vorliegenden Beschwerdeverfahren erfolgt; die Antragsgegnerseite hat die pauschal angegebenen Kosten von „18.000 Euro + 20.000 Euro“ ausdrücklich bestritten. Für eine Korrektur des vom Verwaltungsgericht angesetzten Streitwerts in Höhe des hälftigen Auffangwerts (Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs) besteht daher kein hinreichender Grund.
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2. Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst. Das Beschwerdeverfahren ist nach § 68 Abs. 3 Satz 1 GKG gebührenfrei. Kosten werden gemäß § 68 Abs. 3 Satz 2 GKG nicht erstattet. Demnach erübrigt sich auch die Festsetzung eines Streitwerts für das Beschwerdeverfahren.
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Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG; § 152 Abs. 1 VwGO).