Titel:
Mieterhöhung bei Mischmietverhältnis
Normenkette:
BGB § 133, § 157, § 315, §§ 558 ff.
Leitsätze:
1. Auch in einem einheitlichen Wohnraummietverhältnis über eine Wohnung nebst Stellplatz/Garage kann auf der Grundlage der §§ 558 ff. BGB die Zustimmung zur Erhöhung des – vorliegend im Mietvertrag betragsmäßig gesondert ausgewiesenen – Stellplatz-/Garagenmietzinses auf die ortsübliche Vergleichsmiete verlangt werden (Anschluss an LG Rottweil BeckRS 1998, 3694; entgegen AG München Urt. v. 6.10.2022 - 463 C 4820/22). (Rn. 28 – 40) (redaktioneller Leitsatz)
2. Nach dem Grundsatz der Einheitlichkeit eines Mietvertrags liegt im Mischmietverhältnis genau genommen keine separate Garagenmiete vor. Vielmehr ist in der ausdrücklichen Ausweisung des auf eine Garage entfallenden Mietzinsanteils letztlich nur eine Offenlegung der vermieterseitigen Kalkulationsgrundlage – ähnlich wie im Fall des "Zuschlags Schönheitsreparaturen" – zu sehen (vgl. BGH BeckRS 2017, 115702). (Rn. 33) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Wohnraummiete, einheitliche Mieterhöhung, Grundsatz der Einheitlichkeit des Mietvertrags, Mischmietverhältnis, Garagenmiete
Vorinstanz:
AG München, Endurteil vom 06.09.2022 – 461 C 4815/22
Fundstellen:
LSK 2023, 31501
ZMR 2023, 895
BeckRS 2023, 31501
Tenor
1. Auf die Berufung der Klägerin werden die Beklagten unter teilweiser Abänderung des Endurteils des Amtsgerichts München vom 06.09.2022, Az. 461 C 4815/22, verurteilt, für die Wohnung im ersten Obergeschoss, 1. Wohnung links, im Haus ... mit dem dazugehörigen Garagen-/Stellplatz (Nummer ... ab dem 01.01.2022 einer Erhöhung der Nettogrundmiete (Nettokaltmiete) für die Wohnung von bisher monatlich EUR 649,38 zuzüglich Vorauszahlungen auf Betriebskosten und Heizkosten wie bisher auf monatlich EUR 719,47 zuzüglich Vorauszahlungen auf Betriebskosten und Heizkosten wie bisher zuzustimmen und einer Erhöhung der Nettogrundmiete (Nettokaltmiete) für den dazugehörigen Garagen-/Stellplatz von bisher monatlich EUR 50,00 zuzüglich Vorauszahlungen auf Betriebskosten und Heizkosten wie bisher auf monatlich EUR 57,50 zuzüglich Vorauszahlungen auf Betriebskosten und Heizkosten wie bisher zuzustimmen.
2. Die Beklagten haben als Gesamtschuldner die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das Urteil ist bezüglich Ziffer 2 vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten dürfen die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
4. Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 90,00 € festgesetzt.
Entscheidungsgründe
1
Zur Darstellung des Sachverhalts wird zunächst gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
2
Zusammenfassend und ergänzend ist auszuführen wie folgt:
3
Die Klägerin ist Vermieterin, die Beklagten sind Mieter der ersten Wohnung links im 1. Obergeschoss des Anwesens ... sowie des Tiefgaragenstellplatzes (Nr. ...)
4
Das Mietverhältnis beruht auf dem schriftlichen Mietvertrag vom 27.04.2010 und läuft seit 01.05.2010.
5
Die streitgegenständliche Wohnung unterliegt den Grundsätzen der einkommensorientierten Förderung (sog. EOF-Wohnung). Die Grundmiete der Wohnung belief sich zuletzt auf 649,38 €. Der Mietzins für den Tiefgaragenstellplatz beträgt seit Beginn des Mietverhältnisses unverändert 50,00 €. Die Grundmiete für die Wohnung sowie die Grundmiete für den Tiefgaragenstellplatz sind im schriftlichen Mietvertrag, der sich sowohl auf die Wohnung, als auch auf den Stellplatz bezieht, betragsmäßig getrennt ausgewiesen.
6
In § 3 des Mietvertrags heißt es (wörtlich):
„3.1 Die Grundmiete beträgt monatlich 491,67 EUR.
3.2 Der Mieter trägt zusätzlich zu der Grundmiete die Betriebskosten näherer Maßgabe von § 4 dieses Mietvertrages. Der Mieter leistet monatliche Vorauszahlungen auf die Heiz- und Warmwasserkosten einerseits und die übrigen Betriebskosten andererseits.
3.3 Die vom Mieter geschuldete Miete setzt sich demnach zusammen wie folgt:
Grundmiete für die Wohnung:
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491,67 EUR
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Grundmiete für die TG-Stellplatz:
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50,00 EUR
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Vorauszahlung auf Heizu. Warmwasserkosten derzeit:
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81,95 EUR
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Vorauszahlung für übrigen Betriebskosten derzeit:
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81,95 EUR
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monatliche Gesamtmiete derzeit: 705,57 EUR
3.4 Die Erhöhung der Grundmiete richtet sich nach den gesetzlichen Vorschriften der §§ 558 – 561 BGB. Sie ist auch während einer etwa vereinbarten festen Vertragsdauer oder der Zeit eines etwa vereinbarten wechselseitigen Kündigungsausschlusses zulässig.“
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Zu den Betriebskosten heißt es in § 4 (wiederum wörtlich):
„4.1 Der Mieter trägt nach Maßgabe der nachfolgenden Bestimmungen neben der Grundmiete die Betriebskosten gem. § 556 Abs. 1 BGB i. V. m. den Bestimmungen der Betriebskostenverordnung in ihrer jeweils gültigen Fassung. […].“
8
Mit Schreiben vom 01.10.2021 (Anlage K1), den Beklagten zugegangen im Oktober 2021, verlangte die Klägerin die Zustimmung zu einer Erhöhung der monatlichen Nettogrundmiete für die Wohnung von bisher 819,82 € um 70,09 € auf 934,47 € zzgl. Vorauszahlungen auf Betriebs- und Heizkosten wie bisher mit Wirkung ab 01.01.2022.
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Gleichzeitig begehrte die Klägerin Zustimmung zur Erhöhung der Garagen-/Stellplatzmiete von 50,00 € um 7,50 € auf 57,50 €.
10
Die Klägerin begründete die Mieterhöhung für die Wohnung unter Bezugnahme auf den qualifizierten Mietspiegel der Landeshauptstadt M. 2021. Als „Nachweis für die Höhe der üblichen Entgelte für Garagen/Stellplatzmiete“ wurden vier Vergleichsmieten für Duplexstellplätze in einer Höhe von 60,00 € bis 86,00 € angegeben.
11
Eine diesbezügliche Zustimmung der Beklagten erfolgte nicht.
12
Das Amtsgericht München hat der Klage mit Urteil vom 06.09.2022 nur insoweit stattgegeben, als die Beklagten verurteilt worden sind, ab dem 01.01.2022 einer Erhöhung der Nettogrundmiete (Nettokaltmiete) für die Wohnung nebst dazugehörigem Garagen-/Stellplatz von bisher monatlich 649,38 € zzgl. Vorauszahlungen auf Betriebs- und Heizkosten wie bisher auf monatlich 719,47 € zuzüglich Garagenanteil wie bisher zuzustimmen. Soweit die Klägerin auch eine Zustimmung zur Erhöhung des monatlichen Mietzinses für den Garagen-/Stellplatz von 50,00 € auf 57,50 € begehrt, ist die Klage im Übrigen abgewiesen worden.
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Hinsichtlich der teilweisen Klageabweisung hat das Erstgericht im Wesentlichen ausgeführt, dass die Klägerin eine Zustimmung zur Erhöhung der Garagenmiete von 50,00 € auf 57,50 € nicht verlangen könne, da es an einer vertraglichen oder gesetzlichen Rechtsgrundlage für die Erhöhung der im einheitlichen Mietvertrag gesondert ausgewiesenen Garagen-/Stellplatzmiete fehle. Zum einen liege keine entsprechende – eindeutige – mietvertragliche Vereinbarung der Parteien vor. Zum anderen ergebe sich auch aus §§ 558 f. BGB keine Mieterhöhungsmöglichkeit für Stellplätze/Garagen, da die betreffenden Regelungen ausschließlich auf die Erhöhung von Wohnraummieten anwendbar seien.
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Zwar sei in Ziff. 3.4 des schriftlichen Mietvertrags eine Erhöhung der Grundmiete nach §§ 558-561 BGB vorgesehen. Unklar sei jedoch, ob die Parteien mit dieser Ziffer auch für die Stellplatzmiete eine Erhöhungsmöglichkeit nach den vorgenannten Vorschriften vereinbaren wollten. Denn in Ziff. 3.3 sei zwar sowohl bezüglich der Wohnung als auch bezüglich der Garage von „Grundmiete“ die Rede, jedoch heiße es in Ziff. 3.1.: „Die Grundmiete beträgt monatlich 491,67 EUR.“. Dieser Betrag betreffe jedoch nur die Wohnungs(grund) miete. Es sei daher unklar, ob sich Ziff. 3.4 lediglich auf die Grundmiete für die Wohnung oder auch auf die Grundmiete für die Garage beziehe. Diese Unklarheit gehe zulasten der Klagepartei. Eine wirksame Vereinbarung einer Erhöhungsmöglichkeit für die Stellplatzmiete liege daher nicht vor.
15
Zudem hat das Amtsgericht ausgeführt, dass der Ansicht, wonach eine Erhöhung der Garagenmiete bei einem einheitlichen Mietvertrag auf gesetzlicher Grundlage möglich sei, nicht gefolgt werden könne. Aus dem Umstand, dass es sich vorliegend um einen einheitlichen Mietvertrag handele und das Mietverhältnis über den Stellplatz daher nicht separat gekündigt werden könne, sei eine Erhöhungsmöglichkeit für den Stellplatz nicht abzuleiten.
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Gegen dieses Urteil wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung vom 28.09.2022, begründet mit Schriftsatz vom 24.10.2022.
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Die Klägerin beantragt insoweit:
Unter teilweiser Abänderung des Endurteils des Amtsgerichts München vom 06.09.2022, Az. 461 C 4815/22, zugestellt am 07.09.2022, werden die Beklagten verurteilt, für die Wohnung im ersten Obergeschoss, 1. Wohnung links, im Haus ... mit dem dazugehörigen Garagen-/Stellplatz (Nummer ...) ab dem 01.01.2022 einer Erhöhung der Nettogrundmiete (Nettokaltmiete) für die Wohnung von bisher monatlich EUR 649,38 zuzüglich Vorauszahlungen auf Betriebskosten und Heizkosten wie bisher auf monatlich EUR 719,47 zuzüglich Vorauszahlungen auf Betriebskosten und Heizkosten wie bisher zuzustimmen und
einer Erhöhung der Nettogrundmiete (Nettokaltmiete) für den dazugehörigen Garagen-/Stellplatz von bisher monatlich EUR 50,00 zuzüglich Vorauszahlungen auf Betriebskosten und Heizkosten wie bisher auf monatlich EUR 57,50 zuzüglich Vorauszahlungen auf Betriebskosten und Heizkosten wie bisher zuzustimmen.
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Der Beklagten beantragen demgegenüber:
Die Berufung wird zurückgewiesen.
19
Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird Bezug genommen auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vor der Kammer vom 08.02.2023.
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Die zulässige Berufung ist begründet.
21
Entgegen der Ansicht des Amtsgerichts ist die Klage hinsichtlich des Anspruchs auf Erteilung der Zustimmung der Beklagten zur Erhöhung des gesamten Mietzinses, welcher neben der Miete für die Wohnung auch den Garagenmietanteil beinhaltet, zulässig und begründet.
22
1. Soweit das Amtsgericht ausgeführt hat, dass die Klägerin eine Zustimmung zur Erhöhung der Garagenmiete von 50,00 € auf 57,50 € nicht bereits aufgrund des zwischen den Parteien geltenden Mietvertrags verlangen könne, ist dies nicht zu beanstanden.
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Zutreffend hat das Erstgericht insoweit dargelegt, dass es jedenfalls an einer vertraglichen Grundlage für die Erhöhung der im einheitlichen Mietvertrag gesondert ausgewiesenen Garagen-/Stellplatzmiete fehle. Eine hierzu erforderliche, hinreichend klare Vereinbarung der Parteien gebe der Mietvertrag nicht her.
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Die Vertragsauslegung des Erstgerichts nach §§ 133, 157 BGB, wonach zwar in Ziff. 3.4 des schriftlichen Mietvertrags eine „Erhöhung der Grundmiete“ nach §§ 558-561 BGB angesprochen sei, hierbei aber unklar bleibe, ob die Parteien mit 3.4 auch für die Stellplatzmiete eine Erhöhungsmöglichkeit nach §§ 558-561 BGB vereinbaren wollten, entspricht auch der Auslegung der Kammer. So ist zwar in Ziff. 3.3 sowohl bei der Wohnung als auch bei dem TG-Stellplatz von „Grundmiete“ die Rede, jedoch heißt es in Ziffer 3.1: „Die Grundmiete beträgt monatlich 491,67 EUR.“. Dieser Betrag betrifft aber, wie das Erstgericht völlig richtig erkannt hat, lediglich die Grundmiete für die Wohnung selbst. Es ist daher unklar, ob sich Ziffer 3.4 lediglich auf die Grundmiete für die Wohnung oder auch auf eine Grundmiete für die TG-Stellplatz beziehen soll. Dass die Klagepartei bislang gesondert Betriebskosten für den Stellplatz abgerechnet hätte, ist überdies nicht ersichtlich.
25
Die aus den vorstehenden Erwägungen resultierende Unklarheit muss zulasten der Klageparteipartei gehen. Es bleibt daher dabei, dass eine wirksame vertragliche Vereinbarung über die Erhöhungsmöglichkeit bezüglich der Stellplatzmiete nicht vorliegt.
26
2. Soweit das Amtsgericht weiter der Auffassung ist, dass sich auch aus §§ 558 ff. BGB keine Erhöhungsmöglichkeit für Stellplätze/Garagen ergebe, da die Regelungen nur auf die Erhöhung von Wohnraummieten anwendbar seien, ist dem aus Sicht der Kammer indes letztlich nicht zu folgen.
27
a) Insoweit ist zunächst festzuhalten, dass sich dem Vertrag auch keineswegs entnehmen lässt, dass bezüglich des mitvermieteten Tiefgaragenstellplatzes eine Mieterhöhung auf die ortsübliche Vergleichsmiete auf der gesetzlichen Grundlage der §§ 558 ff. BGB ausgeschlossen sein soll.
28
b) In Literatur und Rechtsprechung besteht Streit hinsichtlich der Frage, ob in einem einheitlichen Wohnraummietverhältnis (namentlich) über eine Wohnung nebst Stellplatz/Garage auch die Zustimmung zur Erhöhung des – vorliegend im Mietvertrag betragsmäßig gesondert ausgewiesenen – Stellplatz-/Garagenmietzinses verlangt werden kann.
29
aa) Nach einer Ansicht, der sich offenbar das Amtsgericht München vorliegend angeschlossen hat (wie auch in einem erstinstanzlichen Parallelverfahren mit Urt. v. 06.10.2022 - 463 C 4820/22, gegen das unter dem Az. 14 S 12437/22 ebenfalls Berufung vor der Kammer eingelegt wurde), soll diese Möglichkeit nicht gegeben sein.
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Maßgebliches Argument sei, dass sich aus §§ 558 ff. BGB keine Mieterhöhungsmöglichkeit für Stellplätze/Garagen ergebe, da die dortigen Regelungen nur auf die Erhöhung von Wohnungsmieten Anwendung fänden. Hierfür streite namentlich, dass dort nur von „Wohnraum“ die Rede sei.
31
Auch aus dem Umstand, dass es sich vorliegend um einen einheitlichen Mietvertrag über Wohnraum und einen Stellplatz (Mischmietverhältnis) handele und das Mietverhältnis über den Stellplatz (mithin) nicht separat gekündigt werden könne, sei die Zulässigkeit einer Erhöhung der (gesondert ausgewiesenen) Stellplatzmiete nicht herzuleiten.
32
bb) Nach anderer Ansicht soll dagegen eine Erhöhung der Stellplatz-/Garagenmiete bei einem einheitlichen Mietvertrag grundsätzlich möglich sein, wobei sich der Vermieter zur Begründung bezüglich des Wohnraumanteils namentlich auf einen Mietspiegel und bezüglich der Garage auf eine ortsübliche Garagenmiete stützen können soll (vgl. namentlich LG Rottweil, Urt. v. 03.04.1998 – 1 S. 29-97, NZM 1998, 432 sowie Schmidt-Futterer/ Börstinghaus, 15. Aufl. 2021, BGB § 558a Rn. 16, der jedoch lediglich das LG Rottweil zitiert, indes nicht näher ausführt, warum diese Auffassung für vorzugswürdig erachtet werde). Zu beachten ist insoweit allerdings, dass auch nach der zuletzt genannten Ansicht eine isolierte Erhöhung des auf die Garage oder die Wohnung entfallenden Anteils der Miete nach §§ 558 ff. BGB nicht möglich sein soll. Denn andernfalls würde das Mischmietverhältnis entgegen dem Grundsatz der Einheitlichkeit des Mietverhältnisses unzulässigerweise in zwei Bereiche geteilt werden. § 558 BGB sei kein Instrument namentlich zur isolierten Erhöhung der Garagenmiete oder eines Gewerbeanteils. Bereits nach dem Wortlaut des § 558 BGB sei eine Mieterhöhung nur möglich, wenn die verlangte Miete die üblichen Entgelte für vergleichbaren Wohnraum nicht übersteige; auch die in § 558 Abs. 1 S. 1 BGB geregelte Wartefrist würde nicht beachtet, wenn man zwei unterschiedliche Erhöhungsverlangen innerhalb der Frist bezüglich des Wohnraum- und Garagenanteils zuließe. Es soll somit nur eine einheitliche Erhöhung gem. § 558 BGB für Wohnung und Garage möglich sein. Entscheidend sei immer die Höhe der ortsüblichen Vergleichsmiete des gesamten Mietobjektes. Eine isolierte Erhöhung der auf die Garage entfallenden Miete sei nur möglich, sofern dies im Vertrag ausdrücklich geregelt sei, entweder als Staffelung, als Wertsicherung oder auch als Leistungsbestimmung durch den Vermieter nach § 315 BGB (vgl. Bub/Treier MietR-HdB, Kapitel III. Durchführung des Mietverhältnisses Rn. 986, beck-online).
33
Im vorliegenden Fall wäre die klägerseits begehrte Stellplatz-/Garagenmieterhöhung selbst dann nicht zu beanstanden, wenn man sogar von der Unzulässigkeit einer „Teilmieterhöhung“ im vorstehenden Sinne ausgehen sollte. Denn es wurde hier von der Klagepartei gleichzeitig die Erhöhung der Wohnungsmiete geltend gemacht. Allerdings neigt die Kammer nicht dazu, letztlich sogar einen „Zwang“ zur gleichzeitigen Erhöhung der Miete eines mitvermieteten Stellplatzes/einer mitvermieteten Garage anzunehmen (so wohl auch LG Karlsruhe, BeckRS 2013, 19023, wonach der Vermieter die Wohnungsmiete isoliert erhöhen könne, wenn der Mietvertrag die Miete für Wohnung und Garage/Stellplatz – wie hier – separat ausweist). Gestützt wird dieser Standpunkt der Kammer, der zugleich ein weiteres Argument für die grundsätzliche Erhöhungsmöglichkeit einer Stellplatz-/Garagenmiete darstellt, durch folgende Betrachtung: Nach dem Grundsatz der Einheitlichkeit eines Mietvertrags liegt im Mischmietverhältnis genau genommen keine separate Garagenmiete vor. Vielmehr ist letztlich in der ausdrücklichen Ausweisung des auf eine Garage entfallenden Mietzinsanteils letztlich nur eine Offenlegung der vermieterseitigen Kalkulationsgrundlage – ähnlich wie im Fall des „Zuschlags Schönheitsreparaturen“ – zu sehen. Denn, so der BGH im Hinblick auf die vorstehend angesprochene vergleichbare Problemstellung, die Ausweisung eines „Zuschlags Schönheitsreparaturen“ habe für das Mietverhältnis rechtlich keine Bedeutung und stelle beide Mietvertragsparteien nicht anders, als wenn sogleich eine um diesen Zuschlag höhere Grundmiete ausgewiesen worden wäre. In beiden Fällen habe der Mieter den Gesamtbetrag zu entrichten, und zwar unabhängig davon, ob und welcher Aufwand dem Vermieter für die Durchführung von Schönheitsreparaturen tatsächlich entstehe; es handele sich mithin um einen bloßen (aus Sicht des Mieters belanglosen) Hinweis des Vermieters auf seine interne Kalkulation. Im Hinblick auf spätere Mieterhöhungen gehöre der Zuschlag zur Ausgangsmiete, die mit der ortsüblichen Vergleichsmiete zu vergleichen sei (vgl. BGH, Beschluss vom 30.05.2017 – VIII ZR 31/17), NZM 2017, 594 Rn. 7).
34
Auch St.(Mieterhöhung im Mischmietverhältnis, in: Facetten des Mietrechts, Festschrift Börstinghaus, 2020, 423 [429]) geht augenscheinlich von der grundsätzlichen Zulässigkeit einer Mieterhöhung für „andere Flächen“, zu denen namentlich auch (Tiefgaragen-)Stellplätze und Garagen gehören, aus. Er hält in Bezug auf das Mieterhöhungsverfahren bei Mischmietverhältnissen zunächst fest, dass ein solches Mietverhältnis „nur bei einem einheitlichen Vertrag vorliegt“. Daher „schuldet der Mieter eine einheitliche Miete und nicht verschiedene Teilmieten (für den Wohnraum und zusätzlich für die anderen Flächen wie Garage, Gewerberaumanteil etc.). Wegen des zwingenden Charakters der für die Mieterhöhung von Wohnraum geltenden Vorschriften sind diese, soweit sie für die Gesamtmiete Bedeutung haben, auch auf die Erhöhung der anderen Flächen anwendbar. Das betrifft insbesondere die Wartefristen des § 558 Abs. 1 BGB, die Kappungsgrenze des § 558 Abs. 3 BGB, die Formvorschrift des § 558a Abs. 1 BGB und die Vorschrift über das Zustimmungsverfahren in § 558b BGB.“
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c) Die Kammer schließt sich vorliegend der zuletzt genannten Ansicht an, hält hier also auch eine Mieterhöhung für den im einheitlichen Mischmietverhältnis zwischen den Parteien gesondert ausgewiesenen Stellplatz-/Garagenanteil grundsätzlich für zulässig.
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Dabei waren namentlich folgende weitere Gesichtspunkte für den Standpunkt der Kammer ausschlaggebend:
37
Zunächst ist der ersten Ansicht zwar zuzugeben, dass der BGH sich mit seinem − erstgerichtlich in den Blick genommenen − Urteil vom 12.10.2011 − VIII ZR 251/10 zuvörderst mit der Frage befasst hat, unter welchen Gesichtspunkten eine Teilkündigung möglich sei, wenn Wohnung und Garage Bestandteile eines einheitlichen Mietverhältnisses sind. Dann, so der BGH, sei das gesamte Mietverhältnis nur nach den Kündigungsvorschriften für Wohnraum kündbar; eine Teilkündigung des Mietverhältnisses über die Garage sei bei einem einheitlichen Mietverhältnis indes unzulässig. Da der BGH in dieser − durchaus richtigen − Entscheidung bei Annahme eines einheitlichen Mietverhältnisses über Wohnraum nur dazu Stellung bezog, dass dann die Kündigungsvorschriften einheitlich nach Wohnraummietrecht zu beurteilen sind, könnte man, wie das Erstgericht, schlussfolgern, dass der BGH damit noch keine Aussage zur Beurteilung anderer Fragen im Mischmietverhältnis getroffen hat, etwa zur hier inmitten stehenden Problematik der Mieterhöhung.
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Dies wäre nach Ansicht der Kammer aber letztlich zu kurz gegriffen, denn das vorstehend zitierte Urteil dürfte durchaus eine Grundsatzentscheidung dergestalt beinhalten, dass bei Annahme eines einheitlichen Mietverhältnisses alle ein solches Mietverhältnis betreffenden Fragen nach Wohnraummietrecht zu regeln sind. Eine andere Lesart wäre weder hinreichend nachvollziehbar noch praktikabel.
39
Dass der BGH im Fall von Mietverträgen mit Mischnutzung die Absorptionsmethode (Anwendung nur des Rechts des dominierenden Vertragstyps) anwendet, hat er auch im Urteil vom 09.07.2014 − VIII ZR 376/13 bestätigt. Dies überzeugt auch deshalb, weil auf diese Weise schwierige Abgrenzungsprobleme vermieden werden. Denn die Kombinationsmethode muss für jeden Fall erneut bestimmen, welches Recht anwendbar ist (vgl. Schmidt-Futterer/Lehmann-Richter, 15. Aufl. 2021, BGB § 549 Rn. 25).
40
Für den vorliegenden Fall bedeutet dies nach alledem, dass die Klagepartei im Rahmen des Mischmietverhältnisses mit den Beklagten nicht nur Zustimmung zur Mieterhöhung in Bezug auf die Wohnung verlangen kann, sondern ein solcher Zustimmungsanspruch grundsätzlich auch den Stellplatz-/Garagenanteil umfasst.
41
3. Das klägerseitige Mieterhöhungsverlangen erweist sich vorliegend auch als vollumfänglich formell wirksam.
42
Nimmt man − wie hier − zutreffenderweise eine grundsätzliche Erhöhungsmöglichkeit bezüglich des Stellplatz-/Garagenanteils an, so ist weiter zu entscheiden, ob, und ggf. welche diesbezüglichen Begründungsmittel im Rahmen des Mieterhöhungsverlangens heranzuziehen sind, um dessen formelle Wirksamkeit zu gewährleisten.
43
Die Klägerseite hat vorliegend vier Vergleichsmieten für Stellplätze benannt und damit ihr Erhöhungsbegehren in Anlehnung an § 558a Abs. 2 Nr. 4 BGB begründet. Dass dort von „vergleichbare[n] Wohnungen“ die Rede ist, während es hier um Stellplätze/Garagen geht, wird freilich nicht verkannt.
44
Die Vergleichbarkeit der im Mieterhöhungsverlangen angeführten Objekte mit dem streitgegenständlichen Stellplatz ist weder von den Parteien in Zweifel gezogen worden, noch ergeben sich diesbezügliche Anhaltspunkte aus dem Akteninhalt.
45
Da der Mietspiegel der Landeshauptstadt M. nur auf Wohnraum Anwendung findet und nur insoweit Angaben enthält, kann § 558a Abs. 3 BGB nicht einschlägig sein.
46
Dahingestellt kann vorliegend bleiben, ob die Benennung von „Vergleichsstellplätzen“ bzw. „Vergleichsgaragen“ überhaupt erforderlich gewesen wäre. Denn dieser etwaigen Voraussetzung wäre vorliegend jedenfalls genügt.
47
Soweit S. (a.a.O.) die Auffassung vertritt, dass „[f]ür die Begründung des Erhöhungsverlangens bezüglich der anderen Flächen […] aber andere Begründungsmittel als die in § 558[a] Abs. 2 BGB genannten heranzuziehen [sind]“, und „[d]er Vermieter […] hier mangels besonderer Vorschriften frei [ist], er muss das Erhöhungsverlangen nur in einer Weise plausibel machen, dass der Mieter es ansatzweise auf seine Berechtigung überprüfen kann“, bedarf dies hier also keiner näheren Betrachtung.
48
Dahinstehen kann insoweit auch der Standpunkt des LG Rottweil, wonach sich für Wohnungen regelmäßig die Bezugnahme auf einen Mietspiegel anbiete, während es eine vergleichbare Erkenntnisquelle für Garagen nicht gebe. Für letztere Objekte solle es daher genügen, wenn die Erhöhung des Garagenmietzinses allgemein auf die diesbezügliche Ortsüblichkeit gestützt werde (z.B. durch die Benennung vergleichbarer Garagen, siehe LG Rottweil, NZM 1998, 432 [433]).
49
4. Der klägerseits geltend gemachte Anspruch ist überdies der Höhe nach berechtigt. Die Klagepartei hat vorliegend jedenfalls einen Anspruch auf Zustimmung zur Mieterhöhung für den streitgegenständlichen Stellplatz von 50,00 € um 7,50 € auf 57,50 €.
50
Die Kammer hat keinen Zweifel daran, dass der Betrag von 57,50 € sich vorliegend als ortsüblich darstellt.
51
Von der Einholung eines diesbezüglichen Sachverständigengutachtens vermag die − insbesondere auf Mieterhöhungen spezialisierte Kammer − zumindest im vorliegenden Fall abzusehen, zumal der geltend gemachte Betrag sich in einem Bereich bewegt, der sich jedenfalls für die Landeshauptstadt M. noch als evident ortsüblich darstellt.
52
Die Erhöhung erfolgte zudem unter Beachtung der Kappungsgrenze. Näherer Ausführungen hierzu bedarf es zumindest im vorliegend zu entscheidenden Fall nicht.
53
Lediglich ergänzend weist die Kammer darauf hin, dass sich die Bestimmung der (noch) zulässigen Mieterhöhung − gerade auch bei Stellplätzen und Garagen − in anders gelagerten Fällen als durchaus problematisch darstellen kann. Dabei gilt es auch, einer etwaigen, mit der grundsätzlichen Möglichkeit einer Stellplatz-/Garagenmieterhöhung einhergehenden missbräuchlichen Mietzins- bzw. Vertragsgestaltung vorzubeugen.
54
Zu verweisen ist insoweit namentlich auf den Standpunkt von Fl. im Zusammenhang mit der Vermietung von Wohnraum nebst Garagen: „Sofern nicht zwei getrennte Verträge abgeschlossen werden, die dann auch eine Teilkündigung nur des Garagenmietvertrags ermöglichen, ist die Garagenmiete Bestandteil einer einheitlichen Miete iSv [§ 556d] Abs. 1 [BGB]. Selbst die gesonderte Ausweisung eines Garagenanteils bei einem einheitlichen Vertrag stellt lediglich einen Rechenwert für die Zusammensetzung der Miete, nicht aber eine selbstständige Preisvereinbarung dar. Um zu vermeiden, dass preisrechtlich nicht zulässige Bestandteile der Nettomiete in einem Garagenmietanteil 'versteckt' werden, berechnet sich auch hier die höchstzulässige Miete nach der ortsüblichen Nettomiete für die Wohnung zzgl. einem ortsüblichen Anteil für Garagen vergleichbarer Art“ (BeckOGK/Fl., 01.01.2023, BGB § 556d Rn. 88).
55
Vorliegend kommt es hierauf jedoch nicht maßgeblich an, zumal in Ansehung der zwischen den Parteien vereinbarten Mietstruktur und -höhe keinerlei Anhaltspunkte für eine derartige, problematische Vertragsgestaltung zu erkennen sind.
56
Nach alledem stellt sich die Berufung der Klägerseite als begründet dar.
57
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1, 100 ZPO.
58
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wurde in Anwendung der §§ 47 f., 41 Abs. 5 S. 1 GKG bestimmt. Maßgeblich ist der Jahresbetrag des begehrten Mieterhöhungsanteils für den verfahrensgegenständlichen TG-Stellplatz.
59
Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit fußt auf §§ 708 Nr. 10. 711 ZPO.
60
Die Revision ist gemäß § 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 Alt. 1 sowie Nr. 1 ZPO zuzulassen.
61
Die Voraussetzungen für eine Zulassung zur Fortbildung des Rechts sind gegeben, wenn der Einzelfall Veranlassung gibt, Leitsätze für die Auslegung von Gesetzesbestimmungen des materiellen oder formellen Rechts aufzustellen oder Gesetzeslücken auszufüllen. Hierzu besteht Anlass, wenn es für die rechtliche Beurteilung typischer oder jedenfalls verallgemeinerungsfähiger Lebenssachverhalte an einer richtungsweisenden Orientierungshilfe („Leitentscheidung“) ganz oder teilweise fehlt (BeckOK ZPO/Kessal-Wulf, 48. Ed. 01.03.2023, ZPO § 543 Rn. 23 m.w.N.).
62
Dies ist hier aus Sicht der Kammer der Fall. Es ist in Rechtsprechung und Literatur sehr umstritten, ob und nach welchen Maßgaben eine Mieterhöhung des Garagenanteils im Mischmietverhältnis möglich ist.
63
Darüber hinaus hat die Sache nach Rechtsmeinung der Kammer vor diesem Hintergrund auch grundsätzliche Bedeutung. Denn sie wirft entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfragen auf, die sich über den Einzelfall hinaus in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen können und deshalb für die Allgemeinheit von besonderer Bedeutung sind (vgl. BeckOK ZPO/Kessal-Wulf, a.a.O. Rn. 19).