Inhalt

VG München, Urteil v. 10.05.2023 – M 9 K 19.5380
Titel:

Flächen für Stellplätze und Garage, Lichtgraben, Befreiung

Normenkette:
BauGB § 31 Abs. 2
Schlagworte:
Flächen für Stellplätze und Garage, Lichtgraben, Befreiung
Fundstelle:
BeckRS 2023, 31292

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.   

Tatbestand

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Die Klägerin begehrt die Verpflichtung des Beklagten zur Erteilung einer Tekturgenehmigung wegen der von der ursprünglichen Baugenehmigung abweichenden Errichtung von Stellplätzen sowie eines Lichtgrabens.
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Der Klägerin wurde mit Bescheid des Landratsamtes München (im Folgenden: Landratsamt) vom 12. Mai 2015 eine Baugenehmigung für jeweils zwei Doppelhaushälften (DHH 1-4) mit Garagen und Stellplätzen auf den Grundstücken FlNrn. (ursprünglich) 1399/1 und 1399/16 der Gemarkung … (jetzt FlNrn. 1399/1, /19, /20 und /21) erteilt. Die Baugenehmigung mit Befreiungen für das zunächst im Genehmigungsfreistellungsverfahren behandelte Vorhaben wurde wegen planabweichender Bauausführung durch die Klägerin erforderlich. Die Baugrundstücke liegen im Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. 141 „Zwischen …straße und …weg“. Die Baugenehmigung vom 12. Mai 2015 setzt bezogen auf die Stellplätze den Bebauungsplan um. Tatsächlich errichtet wurden die Stellplätze jedoch in einer von Baugenehmigung und Bebauungsplan abweichenden Situierung. Der Antrag auf nachträgliche Genehmigung der abweichenden Bauausführung der Stellplätze wurde mit Bescheid vom 8. September 2016 abgelehnt. Hiergegen wurde Klage erhoben, welche im Verfahren M 9 K 16.4598 mit rechtskräftigem Urteil vom 18. April 2019 abgewiesen wurde. Auf die schriftliche Begründung wird Bezug genommen.
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Mit Bauantrag vom 21. Dezember 2018 ersuchte die Klägerin erneut um Erteilung einer bauaufsichtlichen Genehmigung für einen Teil der abweichenden Bauausführung. Die beantragten Änderungen betreffen lediglich die KFZ-Stellplätze der Doppelhaushälften Haus 2 und Haus 3 sowie den Entfall der Garage und die Errichtung eines Lichtgrabens bei Haus 3. Zwischen den Gebäuden sind vier Stellplätze vorgesehen, wobei die Stellplätze 4 und 5 nur über die vorgelagerten Stellplätze 2 und 3 angefahren werden können. Auf die eingereichten Bauvorlagen wird Bezug genommen. Änderungen hinsichtlich der Stellplätze bei Haus 1 und 4 wurden nicht beantragt. Nach den Festsetzungen des Bebauungsplans sind zwischen Haus 2 und 3 jedoch zwei Stellplätze und südlich angrenzend eine Garage vorgesehen.
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Mit Stellungnahme vom 22. Februar 2018 versagte die Beigeladene unter Bezugnahme auf den Beschluss ihres Bauausschusses vom 21. Februar 2019, das erforderliche Eivernehmen für das streitgegenständliche Bauvorhaben (Bl. 9 ff. Behördenakte – im Folgenden BA).
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Mit Bescheid vom 20. September 2019 wurde der Bau-/Tekturantrag abgelehnt (Bl. 58 ff. BA). Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, dass das Tekturvorhaben den Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 141 der Beigeladenen widerspreche. Der Bebauungsplan sehe westlich der Doppelhaushälfte 3 (* …str. 2b) eine Fläche für Garagen und vor dieser Garage eine Fläche für Stellplätze vor. Abweichend hiervon solle die Garage entfallen und in der Fläche für Garagen ein Lichtgraben errichtet werden. Westlich des Lichtgrabens sei ein Stellplatz außerhalb der dafür vorgesehenen Flächen geplant. Östlich der Doppelhaushälfte 2 (* …str. 2c) sei südlich der festgesetzten Fläche für Stellplätze ein weiterer Stellplatz außerhalb der dafür vorgesehenen Flächen beantragt. Eine Befreiung von der Abweichung der Festsetzungen des Bebauungsplans könne nicht erfolgen, da die Grundzüge der Planung berührt seien. Insbesondere mit Blick auf die Situierung der Stellplätze habe die Gemeinde im Rahmen der Bauleitplanung ein planerisches Konzept verfolgt. Auf das Verfahren M 9 K 16.4598 werde Bezug genommen. Mittels Festsetzung von Flächen für Stellplätze und Flächen für Garagen sei dem Bebauungsplan genau zu entnehmen, wo die Stellplätze im Plangebiet sein sollten. Diese detaillierte Festsetzung stelle einen Grundzug der Planung dar, von welchem nicht befreit werden könne. Der Sachverhalt unterscheide sich im Übrigen nicht wesentlich von dem bereits durch Urteil entschiedenen Fall im Verfahren M 9 K 16.4598. Ungeachtet dessen habe die Beigeladene eine sachgerechte Ermessensentscheidung getroffen, als sie das Einvernehmen verweigert habe. Die Erteilung einer Befreiung habe erhebliche Bezugsfallwirkung.
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Mit Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 28. Oktober 2019, eingegangen bei Gericht per Telefax am selben Tag, ließ die Klägerin Klage erheben und beantragt,
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Der Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheids vom 20. September 2019, Aktenzeichen: …-19/V verpflichtet, der Klägerin die mit Tekturantrag vom 21.12.2018 zur Errichtung von vier Doppelhaushälften, Änderung der Kfz-Stellplätze der DHH 2 und 3 und Errichtung eines Lichtgrabens bei DHH 3 begehrte Baugenehmigung zu erteilen, hilfsweise über den Tekturantrag unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.
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Zur Begründung wird im Wesentlichen vorgetragen, dass eine Befreiung für das beantragte Vorhaben erteilt werden könne, da die Grundzüge der Planung nicht berührt seien. Eine Befreiung komme vorliegend deshalb in Betracht, weil die Abweichung mit Blick auf die Stellplatzsituierung sowie den Lichtgraben nach den Umständen des Einzelfalls und insbesondere unter Berücksichtigung der vorliegend beengten Grundstückssituation für das Planungsgefüge von untergeordneter Bedeutung seien. Grundkonzept der Planung sei es gewesen, die Stellplätze von Norden zu erschließen und die Stellplätze – wie hier – zwischen den Doppelhaushälften 2 und 3 anzuordnen, um in Richtung Süden Grünflächen zu erhalten. Von dieser Grundkonzeption weiche die streitgegenständliche Planung nur insoweit ab, als die Errichtung eines Stellplatzes statt einer Garage und die Verschiebung der vorgesehenen Bauräume auf Seiten der DHH 3 bis max. 2 m in Richtung Westen erfolge. Des Weiteren sei insbesondere für Stellplatz Nr. 2 die Bauraumverschiebung vorgesehen und möglich, lediglich der zusätzliche Stellplatz 4 gehe über den Bauraum hinaus, wobei auch die Anordnung des Stellplatzes Nr. 4 dem städtebaulichen Grundkonzept der Gemeinde insoweit entspreche, als dieser Stellplatz von Norden erschlossen werde. Die Abweichung vom planerischen Grundkonzept sei von untergeordneter Bedeutung und berühre den Grundzug der Planung nicht. Die Befreiung sei auch städtebaulich vertretbar und unter Würdigung der nachbarlichen Belange mit den öffentlichen Belangen vereinbar. Die Nichterteilung der Befreiung würde zu einer unbeabsichtigten Härte führen. Der vorliegende Fall unterschiede sich erheblich von dem im Verfahren M 9 K 16.4598 entschiedenen Fall, da dort der südlich der DHH gelegene Stellplatz im Antrag mit enthalten gewesen sei. Dies sei nun nicht mehr der Fall. Auf die Ausführungen im Schriftsatz vom 27. Dezember 2019 wird im Übrigen Bezug genommen.
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Der Beklagte beantragt
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Klageabweisung.
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Der Beklagte führt im Wesentlichen an, dass eine positive Entscheidung über den Bauantrag bereits deshalb nicht habe getroffen werden können, weil das erforderliche Einvernehmen gemäß § 36 BauGB zu den beantragten Änderungsmaßnahmen bzw. zu den erforderlichen Befreiungen gemäß § 31 Abs. 2 BauGB nicht erteilt worden sei. Dies könne nicht ersetzt werden, da die Entscheidung der Beigeladenen nicht zu beanstanden sei. Das streitgegenständliche Bauvorhaben entspreche nicht den zeichnerischen Festsetzungen der Flächen für Garagen bzw. Stellplätze des Bebauungsplans. Die geplanten Stellplätze 4 und 5 befänden sich außerhalb der hierfür festgesetzten Flächen. Der Stellplatz 5 befände sich zudem teilweise auf einer für eine Garage festgesetzten Fläche. Der beantragte Lichtgraben westlich der DHH 3 liege ebenfalls im Bereich der festgesetzten Fläche der Garage. Die Abweichung von der festgesetzten Fläche für Stellplätze bei den Stellplätzen Nr. 4 und 5 berühre die Grundzüge der Planung. Der Bebauungsplan regle detailliert die konkrete Situierung von Stellplätzen und Garagen und sehe diesbezüglich ein spezifisches Konzept vor. Auf die Begründung im Urteil vom 18. April 2018 (M 9 K 16.4598) werde Bezug genommen. Auf die Erschließung von Norden komme es in diesem Zusammenhang nicht alleine an. Ermessenfehler mit Blick auf die Entscheidung der Beigeladenen seien im Übrigen nicht erkennbar. Insbesondere mit Blick auf die erhebliche Bezugsfallwirkung und den Gleichbehandlungsgrundsatz sei die Entscheidung der Beigeladenen nicht zu beanstanden. Das Festhalten an dem Bebauungsplan stelle keine unbeabsichtigte Härte dar. Im Übrigen wird auf die Ausführungen im Schriftsatz vom 24. Januar 2022 Bezug genommen.
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Die Beigeladene beantragt
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Klageabweisung.
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Der Gemeinderat habe sein Ermessen fehlerfrei dahingehend ausgeübt, dass eine Befreiung nicht erteilt werde. Eine Ermessenreduzierung auf Null liege nicht vor. Vergleichbare Abweichungen seien im Plangebiet nicht vorhanden. Härtefallgründe seien nicht gegeben. Es liege ein voll funktionsfähiges Stellplatzkonzept vor, welches umgesetzt werden könne. Auf die Ausführungen im Schriftsatz vom 8. Februar 2022 wird im Übrigen Bezug genommen.
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Am 11. Februar 2022 fand mündliche Verhandlung statt. Der Übergang in das schriftliche Verfahren wurde vereinbart. Auf das Protokoll über die mündliche Verhandlung vom 22. Februar 2022 wird Bezug genommen. Vergleichsbemühungen der Beteiligten sind gescheitert.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakte in diesem sowie im Verfahren M 9 K 16.4598 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Die Klage hat keinen Erfolg.
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1. Die zulässige Klage ist unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erteilung der beantragten Tekturgenehmigung nebst Befreiungen, § 113 Abs. 5 VwGO. Der Beklagte hat den Antrag zu Recht abgelehnt.
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a. Eine Befreiung durch die Bauaufsichtsbehörde ist erforderlich. Das Vorhaben ist nicht verfahrensfrei. Art. 57 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe b) BayBO kommt nicht in Betracht, da es sich nicht um überdachte Stellplätze handelt. Art. 57 Abs. 1 Nr. 15 Buchstabe b) BayBO gilt nicht, da nur die selbständige Errichtung oder selbständige bauliche Änderung von nicht überdachten Stellplätzen von Kraftfahrzeuge verfahrensfrei ist. Werden Stellplätze für Kraftfahrzeuge wie hier im Zusammenhang mit einem baugenehmigungspflichten Vorhaben errichtet oder geändert, dann sind sie unselbständige Teile eines genehmigungspflichtigen Gesamtvorhabens, sodass sich die Baugenehmigungspflicht und das bauaufsichtliche Verfahren auf sie erstrecken (vgl. Lechner/Busse in: Simon/Busse, BayBO, 150. EL Februar 2023, Art. 57 Rn. 354 m.w.N.); außerdem ist der Tektur-Bauantrag ohnehin nicht nur auf die Stellplätze, sondern auch noch auf die Errichtung eines Lichtgrabens gerichtet. Art. 57 Abs. 2 Nr. 1 BayBO gilt schließlich nicht, da die Situierung der Stellplätze bzw. der Garage gerade nicht den Festsetzungen des Bebauungsplans entspricht, dazu sogleich unter b.).
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b. Die Zulässigkeit des streitgegenständlichen Vorhabens, geänderte Situierung der Kfz-Stellplätze sowie Errichtung eines Lichtgrabens, bestimmt sich nach § 30 Abs. 1 BauGB, da dieses innerhalb des Geltungsbereiches eines qualifizierten Bebauungsplans, hier Nr. 141 „Zwischen …straße und …weg“ der Beigeladenen, liegt. Das streitgegenständliche Vorhaben ist unzulässig, weil es im Widerspruch zu den Festsetzungen des rechtskräftigen Bebauungsplans Nr. 141 errichtet wurde und weiterhin steht. Der Bebauungsplan regelt die Fläche für Stellplätze und Garagen detailliert und rechtsverbindlich. Den insofern geltenden zeichnerischen Festsetzungen entspricht das streitgegenständliche Vorhaben nicht. Die beantragten Stellplätze 4 und 5 befinden sich außerhalb der hierfür festgesetzten Fläche. Der Stellplatz Nr. 5 befindet sich zudem teilweise auf einer für eine Garage festgesetzten Fläche. Der beantragte Lichtgraben westlich der Doppelhaushälfte Haus 3 liegt ebenfalls im Bereich der nach der Festsetzung für eine Garage vorgesehenen Fläche.
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c. Eine Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans, § 31 Abs. 2 BauGB, kommt nicht in Betracht, da die Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen.
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Die Klägerin kann die erforderliche Befreiung nicht beanspruchen. Die Voraussetzungen für eine Befreiung von den zeichnerischen Festsetzungen der Flächen für Garagen bzw. für Stellplätze, Nr. A. 6.1.1. bzw. 6.1.2 des Bebauungsplans der Beigeladenen, liegen nicht vor. Durch die beantragte Befreiung sind die Grundzüge der Planung des Bebauungsplans der Beigeladenen berührt.
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Für die Erteilung einer Befreiung gemäß § 31 Abs. 2 BauGB ist erforderlich, dass die Grundzüge der Planung nicht berührt werden, dass eine der drei Nummern des § 31 Abs. 2 BauGB gegeben ist und dass die Abweichung auch unter Würdigung der nachbarlichen Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Eine Befreiung scheitert vorliegend bereits an dem Umstand, dass durch eine solche die Grundzüge der Planung berührt würden. Die Grundzüge der Planung bildet die den Festsetzungen des Bebauungsplans zugrundeliegende und in ihnen zum Ausdruck kommende planerische Konzeption (st. Rspr. BVerwG, zB. B.v. 20.11.1989 – 4 B 163.89 – juris Rn. 18). Das gilt auch für Festsetzungen, die nicht für die Grundkonzeption des Bebauungsplans maßgeblich sind, denn auch diese können die Grundzüge der Planung bestimmen, wenn ihnen ein spezifisches planerisches Konzept zugrunde liegt. Dies gilt auch für einzelne Festsetzungen. Denn auch sie können „die Planung tragende Festsetzungen“ sein (BverwG, B.v. 5.3.1999 – 4 B 5.99 – juris), also Teil des planerischen Konzepts, das den Festsetzungen des Bebauungsplans auch in seinen Einzelheiten zu Grunde liegt. Durch das Erfordernis der Wahrung der Grundzüge der Planung stellt der Gesetzgeber sicher, dass die Festsetzungen des Bebauungsplans nicht beliebig durch Verwaltungsakt außer Kraft gesetzt werden. Ob die Grundzüge der Planung berührt werden, hängt von der jeweiligen Planungssituation ab. Entscheidend ist, ob die Befreiung dem planerischen Grundkonzept zuwiderläuft. Je tiefer die Befreiung in das Interessengeflecht der Planung eingreift, desto eher liegt der Schluss auf eine Änderung der Planungskonzeption nahe, die nur im Wege der (Um-) Planung möglich ist. Die Befreiung kann nicht als Vehikel dafür herhalten, die von der Gemeinde getroffene planerische Regelung beiseite zu schieben. Sie darf – jedenfalls von Festsetzungen, die für die Planung tragend sind – nicht aus Gründen erteilt werden, die sich in einer Vielzahl gleichgelagerter Fälle oder gar für alle von einer bestimmten Festsetzung betroffenen Grundstücke anführen ließen (vgl. BVerwG, B.v. 5.3.1999 – 4 B 5.99 – juris Rn. 5 f.).
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Gemessen hieran kommt eine Befreiung vorliegend nicht in Betracht. Dem Bebauungsplan Nr. 141 „Zwischen …straße und …weg“ der Beigeladenen ist genau zu entnehmen, wo die Flächen für Stellplätze und Garagen sein sollen. Bereits die flächengenaue, detaillierte Festsetzung jeder Fläche für Stellplätze bzw. Garagen spricht dafür, dass es sich nach der Konzeption der Beigeladenen um einen Grundzug der Planung handeln soll, dass die Garagen und Stellplätze genau dort sein sollen, wo sie festgesetzt sind, und nicht woanders. Zwar wird durch die beantragten Stellplätze nicht der im Urteil vom 18. April 2018 angeführte Planungsgrundsatz „Anfahrbarkeit der Stellplätze von Norden“ berührt. Gleichwohl unterstreicht der insofern in Bezug genommene Auszug aus dem Sitzungsprotokoll des Gemeinderats der Beigeladenen zu der Behandlung der Einwendungen gegen den Bebauungsplan, dass die Stellplatzthematik und deren genaue Situierung bewusst durch die Beigeladene erfolgt ist. Darin heißt es: „Hierbei soll die Haupterschließung der Stellplätze und Garagen möglichst von Norden erfolgen, wobei zwei Stellplätze hintereinander mit 1m Abstand als Pflanzstreifen zur …straße festgesetzt werden“ und: „Um den Einwand der besseren Gartennutzung aufzunehmen, sollten allerdings möglichst alle Stellplätze von Norden erschlossen werden.“ Die Beigeladene hat sich mit der Stellplatzsituation im Baugebiet detailliert und fokussiert auseinandergesetzt. Nicht nur die einzelnen Stellplatz- und Garagenfestsetzungen, sondern auch die ausdifferenzierten Ausführungen zur Anfahrbarkeit der Stellplätze lassen keinen Zweifel daran, dass es sich mit Blick auf die Stellplätze und deren konkrete Situierung – unabhängig von der Gewährleistung deren Anfahrbarkeit von Norden – um einen Grundzug der Planung handelt. Die Annahme, dass es sich allgemein um einen Grundzug der Planung mit Blick auf die Situierung der Stellplätze bzw. Garagen handelt, wird zudem gestützt durch den Umstand, dass die Beigeladene ausweislich der Bebauungsplanbegründung eine gewisse „Durchlässigkeit“ im Baugebiet auch durch die Anordnung der Garagen gewährleisten wollte (4.1 der Bebauungsplanbegründung): „Aneinander gereihte Häuser und Garagen sind nicht vorgesehen, um einer offenen Bebauung mit Blickbeziehungen und Durchlässigkeit zu entsprechen“. Unabhängig von dem Umstand, dass die aktuelle Anordnung der Stellplätze dem Ziel der Durchlässigkeit widersprechen dürfte, wird aus dem im Rahmen der Begründung dargestellten Ziel der Durchlässigkeit deutlich, dass die konkrete Situierung der Stellplätze und Garagen Teil der Grundkonzeption des Bebauungsplanes war und ist.
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Darüber hinaus hätte ein Abrücken vom Konzept wegen der vergleichbaren städtebaulichen Situation auf mehreren Grundstücken im überplanten Bereich weitreichende Folgen. Eine Befreiung würde den vom Plan erfassten Regelfall außer Kraft setzen. Auch wegen der Vorbildwirkung für gleich gelagerte Fälle und wegen des Gleichbehandlungsgrundsatzes kommt daher eine Befreiung nicht in Betracht. Würde gerade auf dem klägerischen Grundstück eine Befreiung erteilt, so gäbe es keinen Grund, entsprechende Anträge anderer Bauherren mit dem Ziel, außerhalb der vorgesehenen Flächen Stellplätze/Garagen zu errichten, abzulehnen. Dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass eine atypische Grundstückssituation mit Blick auf das Vorhabengrundstück nicht gegeben ist. Die Beengtheit der örtlichen Situation ist nicht nur ein Umstand, der das Vorhabengrundstück betrifft, sondern prägt das gesamte Plangebiet.
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Da es bereits daran fehlt, dass der Tatbestand des § 31 Abs. 2 BauGB erfüllt ist, kommt es auf die Ermessensausübung nicht mehr an, unabhängig davon, dass diese nicht zu beanstanden ist.
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Lediglich der Vollständigkeit halber wird darauf hingewiesen, dass es für das gefundene Ergebnis ohne Bedeutung ist, dass mit Blick auf die Frage, ob eine Garage oder ein Stellplatz errichtet wird und auch, soweit die Errichtung eines Lichtgrabens in Rede steht, ein tragender Grundzug der Planung nicht betroffen sein dürfte. Unerheblich ist auch, dass sich Stellplatz Nr. 2 zwar versetzt aber noch in der dafür vorgesehenen Fläche befindet. Dieser Umstand ändert nichts am fehlenden Anspruch der Klägerin auf die Erteilung der beantragten Tekturgenehmigung bzw. Befreiung. Denn bei der mittels des streitgegenständlichen Tekturantrags beantragten Befreiung handelt es sich um ein einheitliches Gesamtvorhaben, so dass die Befreiung insgesamt daran scheitert, dass die Grundzüge der Planung berührt werden.
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Nach alledem wird die Klage auch mit Blick auf den gestellten Hilfsantrag abgewiesen.
2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO sowie aus § 154 Abs. 3 Hs. 1 VwGO und § 162 Abs. 3 VwGO. Die Klägerin hat auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu erstatten. Das entspricht der Billigkeit, weil die Beigeladene einen Antrag gestellt und sich dadurch selbst einem Kostenrisiko ausgesetzt hat. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO, § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.