Titel:
Formelle und inhaltliche Anforderungen an die Anordnung einer amtsärztlichen Untersuchung
Normenketten:
VwGO § 123 Abs. 1
BayBG Art. 65 Abs. 2 S. 1
Leitsätze:
1. Bei der Anordnung gegenüber einem Beamten, sich gemäß Art. 65 Abs. 2 S. 1 BayBG zur Klärung der Dienstfähigkeit ärztlich untersuchen und, falls ein Amtsarzt dies für erforderlich hält, beobachten zu lassen, handelt es sich um eine gemischt dienstlich-persönliche Weisung, weshalb sich die Gewährung vorläufigen Rechtschutzes nach § 123 VwGO richtet. (Rn. 23) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Untersuchungsanordnung auch selbständig anfechtbar. Dem steht der verfassungskonform auszulegende § 44a VwGO nicht entgegen. (Rn. 24) (redaktioneller Leitsatz)
3. Im Einzelfall kann die Anordnung einer (amts-) ärztlichen Untersuchung ohne nähere Angaben zu den gesundheitsbedingten Zweifeln an der Dienstfähigkeit des Beamten sowie zu Art und Umfang der Untersuchung rechtmäßig sein, wenn der Dienstherr nach den ihm vorliegenden Erkenntnissen überhaupt nicht dazu in der Lage ist, die wegen einer länger andauernden Dienstunfähigkeit des Beamten entstandenen Zweifel an dessen Dienstfähigkeit näher zu konkretisieren und auf dieser Grundlage wiederum Art und Umfang der (amts-) ärztlichen Untersuchung in ihren Grundzügen vorzubestimmen, weil der betreffende Beamte trotz vorhergehender Aufforderung der erforderlichen Mitwirkung bei der Sachverhaltsaufklärung nicht bzw. zumindest nicht in hinreichendem Maße nachgekommen ist. (Rn. 31) (redaktioneller Leitsatz)
4. Hat der erkrankte Beamte Atteste von Ärzten unterschiedlicher Fachrichtungen vorgelegt, dann ist es nicht zu beanstanden, dass bei einer solchen Gemengelage, bei der auf den ersten Blick eine (überwiegende) medizinische (Fach-)Richtung nicht zu erkennen ist, zunächst eine allgemeine amtsärztliche Untersuchung angeordnet wird. (Rn. 37) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Amtsärztliche Untersuchung, Art der Untersuchung, Formelle und inhaltliche Anforderungen an die Untersuchungsanordnung, Gemengelage
Rechtsmittelinstanz:
VGH München, Beschluss vom 21.12.2023 – 3 CE 23.2135
Fundstelle:
BeckRS 2023, 31288
Tenor
I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 2.500,00 EUR festgesetzt.
Gründe
1
Die 1977 geborene Antragstellerin steht als Architektin im Baureferat in den Diensten des Antragsgegners. Sie weist seit März 2022 durchgehend hohe Krankheitszahlen auf und war im Zeitraum vom … Januar 2023 bis … März 2023 durchgehend dienstunfähig erkrankt.
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Dem Gericht liegen bei insgesamt 156 Krankheitstagen für 151 Krankheitstage Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vor, die für 82 Krankheitstage von einem Facharzt für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde und für 66 Krankheitstage von einer Privatärztin für Homöopathie ausgestellt worden sind. In den Attesten für die verbleibenden Krankheitstage ist keine besondere Fachrichtung des Arztes bzw. der Ärztin angegeben.
3
Am ... März 2023 sei der Antragstellerin eröffnet worden, dass sie auf eine Stelle als Sachbearbeiterin ohne Führungserfahrung umgesetzt werde, da sie der Führungsaufgabe einer Arbeitsgebietsleitung nicht gewachsen sei; es sei zu erheblichen emotionalen Verwerfungen zwischen der Antragstellerin und ihren Mitarbeitern gekommen (Schreiben vom … März 2023 des Leiters des Baureferats, Blatt 8 f. der Behördenakte).
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Mit Schreiben vom … März 2023 wurde die Antragstellerin aufgefordert, bis … März 2023 die Gegebenheiten der Erkrankung mitzuteilen sowie zur beabsichtigten Untersuchung Stellung zu nehmen. Eine Rückmeldung erfolgte nicht.
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Mit Schreiben vom … April 2023 beauftragte der Antragsgegner das Gesundheitsamt des Landratsamtes A. zur Überprüfung der Dienstfähigkeit der Antragstellerin.
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Mit Schreiben vom … April 2023 lud das Landratsamt A. die Antragstellerin zu einem Untersuchungstermin am ... Juni 2023.
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Mit Schreiben vom … Mai 2023 ordnete der Antragsgegner eine amtsärztliche Untersuchung der Antragstellerin bei dem Gesundheitsamt des Landkreises A. zur Überprüfung ihrer Dienstfähigkeit an.
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In der Untersuchungsanordnung heißt es unter anderem: „Die amtsärztliche Untersuchung dauert ungefähr eine Stunde. Der Amtsarzt/die Amtsärztin wird Sie zu Ihrer Krankheitsgeschichte befragen. In der Regel folgt dann eine körperliche Untersuchung. Falls erforderlich, schließen sich eine Blutabnahme oder weitere Untersuchungen an, z.B. Röntgen, EKG. Sollte im Ergebnis der amtsärztlichen Begutachtung durch den Gutachter/die Gutachterin festgestellt werden, dass eine Zusatzuntersuchung erforderlich ist, wird ein neuer Untersuchungsauftrag durch die Dienstbehörde unter Angabe von Art und Umfang dieser Zusatzuntersuchung erteilt. Nach Abschluss der Untersuchung wird ein Gutachten erstellt, in welchem Stellung zu den in der Anlage 2 aufgeführten Fragen genommen wird.“
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Der Untersuchungsanordnung waren die Abwesenheitszeiten der Antragstellerin und die Fragestellungen des an das Gesundheitsamt gerichteten Untersuchungsauftrags beigefügt. Hierin heißt es unter anderem, dass geprüft werden müsse, ob aus ärztlicher Sicht aufgrund „körperlicher oder seelischer Beschwerden“ mit überwiegender Wahrscheinlichkeit Dienstunfähigkeit vorliege.
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Nachdem der Bezirk auf Aufforderung der Antragstellerin hin die streitgegenständliche Untersuchungsanordnung nicht zurückgenommen hatte, hat der Antragsteller mit Schriftsatz vom *. Juni 2023 den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt.
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Die Untersuchungsanordnung erfülle nicht die in der Rechtsprechung aufgestellten Anforderungen an Art und Umfang einer Untersuchungsanordnung. Insbesondere sei kein Fachgebiet genannt, auf dem die körperliche Untersuchung erfolgen solle. Der Antragsgegner habe in der Untersuchungsanordnung angegeben, Art und Diagnose der Erkrankung seien weder bekannt, noch den Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen zu entnehmen. Jedoch seien die Atteste weit überwiegend durch einen Facharzt für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde ausgestellt. Hiermit habe sich der Antragsgegner nicht hinreichend auseinandergesetzt.
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Weiter gehe aus den in Anlage 2 der Untersuchungsanordnung beigefügten Fragestellungen hervor, dass darauf einzugehen sei, ob das Verhalten der Antragstellerin, das im Baureferat zu Unruhe und Konflikten geführt habe, durch eine Erkrankung bedingt sei. Es sei nicht erkennbar, bei welchem Verhalten der Antragsgegner eine krankheitsbedingte Ursache sehe. Die in diesem Zusammenhang angeführte Stellungnahme des Vorgesetzten der Antragstellerin sei dieser nicht bekannt.
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Im Übrigen lege die Überprüfung der Dienstunfähigkeit auch aufgrund seelischer/psychischer Beschwerden nahe, dass die Antragstellerin auch auf psychiatrischem Fachgebiet untersucht werde. Für eine solche Untersuchung, die nach Art und Umfang nicht hinreichend bestimmt wäre, bestehe kein Anlass.
14
Der Bevollmächtigte der Antragstellerin hat für diese beantragt,
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die Antragstellerin vorläufig von der Verpflichtung der Durchführung einer amtsärztlichen Untersuchung aufgrund der Untersuchungsanordnung des Antragsgegners vom … Mai 2023 bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens über die Feststellung der Verpflichtung der Antragstellerin, die Untersuchungsanordnung des Antragsgegners zu befolgen, freizustellen.
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Der Antragsgegner hat beantragt,
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den Antrag abzulehnen.
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Der Anlass der Untersuchung ergebe sich hinreichend aus den detailliert aufgeschlüsselten Fehlzeiten der Antragstellerin. Art und Umfang der Untersuchung seien mithilfe eines Fragenkatalogs hinreichend konkretisiert. Genauere Diagnosen für Erkrankungen der Antragstellerin seien nicht bekannt gewesen, weshalb es nicht möglich gewesen sei, die erforderlichen Untersuchungen näher zu spezifizieren. Insbesondere seien die Atteste nicht weit überwiegend von einem HNO-Facharzt ausgestellt gewesen. Vielmehr sei in den Attesten für ungefähr die Hälfte der Krankheitstage entweder ein anderer Facharzt als Aussteller genannt, oder es sei kein Facharzt angegeben. Dass die Untersuchung in eine bestimmte medizinische Richtung gehen müsse, habe sich nicht aufgedrängt.
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Der Untersuchungsauftrag enthalte eine Frage zu etwaigen seelischen/psychischen Beschwerden der Antragstellerin, da die Ursache für die Verhaltensweisen der Antragstellerin, die zu ihrer Umsetzung von einer Arbeitsgebietsleiterinnen-Stelle auf eine Sachbearbeitungsstelle geführt haben, nicht habe geklärt werden können.
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Es fehle an einem Anordnungsgrund, da Eilbedürftigkeit nicht vorgelegen bzw. die Antragstellerin diese selbst mutwillig herbeigeführt habe. Die Antragstellerin habe mehrmals die Gelegenheit bekommen – auch bereits vor dem Erlass der Untersuchungsanordnung – zu der geplanten Untersuchung Stellung zu nehmen, habe dies jedoch versäumt. Auf die Untersuchungsanordnung vom … Mai 2023 habe die Antragstellerin erst am … Juni 2023 reagiert. Der Antragstellerbevollmächtigte habe zudem vor Einlegung des Eilantrags nicht begründet, weshalb die Untersuchungsanordnung rechtswidrig sein sollte.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird ergänzend auf die Gerichtsakte im vorliegenden Verfahren sowie die Behördenakte verwiesen.
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Der Antrag ist zulässig, aber unbegründet.
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1. Der Antrag ist als Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) statthaft, weil es sich bei der Anordnung gegenüber einem Beamten, sich gemäß Art. 65 Abs. 2 Satz 1 Bayerisches Beamtengesetz (BayBG) zur Klärung der Dienstfähigkeit ärztlich untersuchen und, falls ein Amtsarzt dies für erforderlich hält, beobachten zu lassen, mangels unmittelbarer Rechtswirkung nach außen nicht um einen Verwaltungsakt im Sinne von Art. 35 Satz 1 Bayerisches Verwaltungsverfahrensgesetz (BayVwVfG), sondern um eine gemischt dienstlich-persönliche Weisung handelt. Die Gewährung vorläufigen Rechtschutzes richtet sich daher nach § 123 VwGO (vgl. BayVGH, B.v. 22.9.2015 – 3 CE 15.1042 – juris Rn. 22).
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Wegen des Gedankens des effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 Satz 1 des Grundgesetzes/GG) ist die Untersuchungsanordnung auch selbständig anfechtbar (so BVerfG, B.v. 14.1.2022 – 2 BvR 1528/21 – NVwZ 2022, 401, juris Rn. 17 ff.; nun auch BayVGH, B.v. 24.3.2022 – 6 CE 21.2753 – IÖD 2022, 152, juris Rn. 10; anders noch BVerwG, B.v. 14.3.2019 – 2 VR 5/18 – BVerwGE 165, 65, juris Rn. 18 f.). Denn § 44a VwGO ist verfassungskonform dahin auszulegen, dass die Vorschrift der Zulässigkeit einstweiligen Rechtsschutzes gegen die Untersuchungsanordnung nicht entgegensteht, weil die angeordnete ärztliche Untersuchung zu Verletzungen materieller Rechtspositionen führen könnte, die nicht mit den durch die abschließende Sachentscheidung berührten materiellen Rechtspositionen identisch sind und die im Rechtsschutzverfahren gegen eine Zurruhesetzungsverfügung nicht vollständig beseitigt werden könnten (BVerfG, B.v. 14.1.2022 – 2 BvR 1528/21 – NVwZ 2022, 401, juris Rn. 24).
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2. Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Gericht auch schon vor Klageerhebung eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung des Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Nach Satz 2 des § 123 Abs. 1 VwGO sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, notwendig erscheint, um insbesondere wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern. § 123 Abs. 1 VwGO setzt daher sowohl einen Anordnungsgrund, das heißt ein Bedürfnis für die Inanspruchnahme vorläufigen Rechtsschutzes in Form der Gefährdung eines eigenen Individualinteresses, als auch einen Anordnungsanspruch voraus, das heißt, die bei summarischer Überprüfung der Sach- und Rechtslage hinreichende Aussicht auf Erfolg oder zumindest einen Teilerfolg des geltend gemachten Begehrens in der Hauptsache. Die Antragstellerin hat die hierzu notwendigen Tatsachen glaubhaft zu machen.
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3. Die Antragstellerin hat einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht.
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Dem steht nicht entgegen, dass der Untersuchungstermin am ... Juni 2023 bereits verstrichen ist. Denn die Untersuchungsanordnung und die dadurch eingetretene grundsätzliche Befolgungspflicht zulasten der Antragstellerin bestehen unabhängig von der isoliert ausgesprochenen, konkreten Terminsbestimmung fort (vgl. BayVGH, B.v. 8.1.2013 – 3 CE 11.2345 – juris Rn. 18 – zur Weisung, sich einer stationären Behandlung zu unterziehen). Nur die isolierte Terminsbestimmung hat sich durch Zeitablauf erledigt. Der Antragsgegner kann aufgrund der streitgegenständlichen Untersuchungsanordnung jederzeit einen neuen Untersuchungstermin ansetzen.
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4. Die Antragstellerin hat jedoch keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Die streitgegenständliche Untersuchungsanordnung erweist sich bei der im Eilverfahren gebotenen summarischen Prüfung als rechtmäßig.
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a) Ein Beamter hat nach Art. 65 Abs. 2 Satz 1 BayBG die Dienstpflicht, sich ärztlich untersuchen zu lassen, wenn Zweifel hinsichtlich seiner Dienstunfähigkeit bestehen (vgl. BVerwG, B.v. 28.5.1984 – 2 B 205.82 – Buchholz 237.5 § 51 LBG Hessen Nr. 1, juris Rn. 3). Diese Zweifel des Dienstherrn an der Dienstunfähigkeit des Beamten müssen sich auf konkrete Umstände stützen, die eine derartige Untersuchung rechtfertigen und dürfen nicht „aus der Luft gegriffen“ sein (BayVGH, B.v. 14.1.2014 – 6 CE 13.2352 – juris Rn. 10; VG München, B.v. 31.7.2018 – M 5 E 18.2781 – juris Rn. 23). Die Anordnung muss sich folglich auf solche Umstände beziehen, die bei vernünftiger, lebensnaher Einschätzung die ernsthafte Besorgnis begründen, der betroffene Beamte sei dienstunfähig oder jedenfalls nur begrenzt dienstfähig (BVerwG, U.v. 26.4.2012 – 2 C 17/10 – ZBR 2013, 128, juris Rn. 19).
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Die Anordnung einer ärztlichen Untersuchung gemäß Art. 65 Abs. 2 Satz 1 BayBG muss nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit inhaltlichen und formellen Anforderungen genügen (BVerwG, U.v. 26.4.2012 – 2 C-17/10 – ZBR 2013, 128, juris Rn. 20; U.v. 30.5.2013 – 2 C-68/11 – BVerwGE 146, 347, juris Rn. 18 ff.; B.v. 10.4.2014 – 2 B 80/13 – NVwZ 2014, 892, juris Rn. 8). Sie hat zur Voraussetzung, dass aufgrund hinreichend gewichtiger tatsächlicher Umstände zweifelhaft ist, ob der Beamte wegen seines körperlichen Zustands oder aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr in der Lage ist, die Dienstpflichten seines abstrakt-funktionellen Amtes zu erfüllen (BVerwG, U.v. 30.5.2013 – 2 C 68/11 – BVerwGE 146, 347, juris Rn. 19). Die Behörde muss die tatsächlichen Umstände, auf die sie die Zweifel an der Dienstfähigkeit stützt, sowie Art und Umfang der beabsichtigten Untersuchungsmaßnahmen in der Anordnung angeben (BVerwG, U.v. 30.5.2013 – 2 C 68/11 – BVerwGE 146, 347, juris Rn. 20; U.v. 26.4.2012 – 2 C 17/10 – ZBR 2013, 128, juris Rn. 19). Der Beamte muss anhand der darin gegebenen Begründung entnehmen können, was konkret ihr Anlass ist und ob das in der Anordnung Verlautbarte die Zweifel an seiner Dienstfähigkeit zu rechtfertigen vermag (BVerwG, U.v. 23.10.1980 – 2 A 4.78 – ZBR 1981, 220, juris Rn. 27; U.v. 26.4.2012 – 2 C 17/10 – ZBR 2013, 128, juris Rn. 19 ff.; B.v. 10.4.2014 – 2 B 80/13 – NVwZ 2014, 892, juris Rn. 10). Gleichermaßen muss es für den Beamten überprüfbar sein, ob die beabsichtigten Untersuchungsmaßnahmen verhältnismäßig sind, so dass diese nicht frei dem Amtsarzt überlassen werden dürfen. Dementsprechend muss sich der Dienstherr bereits im Vorfeld des Erlasses einer Untersuchungsanordnung nach entsprechender sachkundiger ärztlicher Beratung zumindest in den Grundzügen darüber klarwerden, in welcher Hinsicht Zweifel am körperlichen Zustand oder der Gesundheit des Beamten bestehen und welche ärztlichen Untersuchungen zur endgültigen Klärung geboten sind (BVerwG, U.v. 30.5.2013 – 2 C 68.11 – NVwZ 2013, 1619/1621, juris Rn. 23). Entspricht die Anordnung nicht diesen Anforderungen, können Mängel nicht nachträglich durch Nachschieben von Gründen geheilt werden (BVerwG, U.v. 26.4.2012 – 2 C 17/10 – ZBR 2013, 128, juris Rn. 21).
31
Im Einzelfall kann die Anordnung einer (amts-) ärztlichen Untersuchung allerdings ohne nähere Angaben zu den gesundheitsbedingten Zweifeln an der Dienstfähigkeit des Beamten sowie zu Art und Umfang der Untersuchung rechtmäßig sein, wenn der Dienstherr nach den ihm vorliegenden Erkenntnissen überhaupt nicht dazu in der Lage ist, die wegen einer länger andauernden Dienstunfähigkeit des Beamten entstandenen Zweifel an dessen Dienstfähigkeit näher zu konkretisieren und auf dieser Grundlage wiederum Art und Umfang der (amts-) ärztlichen Untersuchung in ihren Grundzügen vorzubestimmen, weil der betreffende Beamte trotz vorhergehender Aufforderung der erforderlichen Mitwirkung bei der Sachverhaltsaufklärung nicht bzw. zumindest nicht in hinreichendem Maße nachgekommen ist (BayVGH, B.v. 18.2.2016 – 3 CE 15.2768 – juris Rn. 28; VG München, B.v. 11.8.2017 – M 5 E 17.2578 – juris Rn. 34 ff.; OVG NW, B.v. 12.12.2017 – 1 B 1470/17 – NVwZ-RR 2018, 57, juris Rn. 20 ff.). Eine solche Mitwirkungspflicht folgt aus der dienstlichen Treuepflicht des Beamten. So kann es im Rahmen der allgemeinen Gehorsamspflicht gerechtfertigt und dem Beamten zuzumuten sein, an der für die Durchführung eines ordnungsgemäßen Dienstbetriebes erforderlichen Klärung seines Gesundheitszustandes mitzuwirken (BVerwG, U.v. 23.10.1980 – 2 A 4.78 – DVBl 1981, 50, juris Rn. 25; BayVGH, B.v. 18.2.2016 – 3 CE 15.2768 – juris Rn. 28). Eine Dienstpflicht des Beamten zu konkreter Gesundheitsauskunft besteht jedoch wohl nicht (BVerwG, B.v. 16.5.2018 – 2 VR 3.18 – Buchholz 232.0 § 44 BBG 2009 Nr. 13, juris Rn. 7; OVG Berlin-Bbg, B.v. 28.12.2016 – OVG 10 S 35.16 – NVwZ-RR 2017, 300, juris Rn. 4). Unter diesen Umständen kann auch die Anordnung einer allgemeinen amtsärztlichen Untersuchung den formellen Anforderungen genügen (VG München, B.v. 11.8.2017 – M 5 E 17.2578 – juris Rn. 34 ff.; OVG NW, B.v. 12.12.2017 – 1 B 1470/17 – juris Rn. 20 ff.; BVerwG, B.v. 16.5.2018 – 2 VR 3.18 – Buchholz 232.0 § 44 BBG 2009 Nr. 13, juris Rn. 7).
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b) Die Untersuchungsanordnung vom … Mai 2023 genügt diesen Anforderungen.
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aa) Der Anlass der Untersuchungsanordnung ist für die Antragstellerin in genügender Weise dargelegt. Der Untersuchungsanordnung ist zu entnehmen, dass die seit März 2022 durchgehend hohen Krankheitszeiten, besonders die mehr als dreimonatige Dienstunfähigkeit der Antragstellerin im letzten halben Jahr Anlass der Untersuchung waren. Die in der Anlage 1 beigefügte Liste der Dienstunfähigkeitszeiten dokumentiert ebendiese Dienstunfähigkeit. Indem in dieser Anlage zur Untersuchungsanordnung die privatärztlichen Atteste tabellarisch aufgelistet waren, war für die Antragstellerin ersichtlich, dass sie Anlass für die Untersuchungsanordnung waren.
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bb) Art und Umfang der ärztlichen Untersuchung sind (noch) hinreichend eingegrenzt. Zwar ist in der Untersuchungsanordnung ein ärztliches Fachgebiet nicht angegeben. Den genannten Bestandteilen der Untersuchung lässt sich jedoch ohne Weiteres und auch für die Antragstellerin erkennbar entnehmen, dass eine allgemeine, nicht eine auf ein spezielles Fachgebiet der Medizin bezogene amtsärztliche Untersuchung angeordnet ist (vgl. OVG NW, B.v. 18.2.2016 – 1 B 1414/15 – juris). Die Untersuchungsanordnung umschreibt Art und Umfang der Untersuchung mit den Bestandteilen „Befragung zur Krankheitsgeschichte, körperliche Untersuchung und gegebenenfalls Blutabnahme und Röntgen- oder EKG-Untersuchung“ hinreichend. Diese Elemente sind klassische Bestandteile einer allgemeinen amtsärztlichen Untersuchung. Auch der Hinweis darauf, dass für erforderliche Zusatzuntersuchungen ein neuer Untersuchungsauftrag zu ergehen hat, spricht dafür, dass es sich bei der angeordneten Untersuchung um eine allgemeine amtsärztliche Untersuchung handelt, die nicht auf ein spezielles Fachgebiet bezogen ist.
35
Der Einwand der Antragstellerin, die Untersuchungsanordnung könne als Grundlage für eine Untersuchung auf psychiatrischem Fachgebiet dienen, verfängt nicht. Soweit in dem der Untersuchungsanordnung beigefügten Fragenkatalog an die Untersuchungsstelle eine Überprüfung auch der seelischen/psychischen Beschwerden in Auftrag gegeben wird, ist diese psychische (Erst-)Anamnese klassischer Bestandteil einer allgemeinen amtsärztlichen Untersuchung. Aus dieser Formulierung lässt sich nicht auf eine Untersuchung durch einen Facharzt bzw. eine Fachärztin für Psychiatrie schließen. Vielmehr ergibt sich aus der Gesamtschau der Untersuchungsanordnung mit dem Untersuchungsauftrag, dass eine fachärztliche Untersuchung nicht veranlasst wurde. Rechtlich ist zudem nicht zu beanstanden, dass sich die Untersuchung auch auf die Ersterfassung seelischer/psychischer Beschwerden erstreckt. Denn es ist nicht ausgeschlossen, dass die Betroffene auf die geschilderten Arbeitsplatzkonflikte mit psychischen Belastungen reagiert.
36
Schließlich fehlt der Untersuchungsanordnung auch nicht jedes Eingehen auf die privatärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen der Antragstellerin. Die Behörde muss sich mit den vom Beamten vorgelegten Bescheinigungen auseinandersetzen, die unter Umständen eine Untersuchung ganz oder teilweise entbehrlich machen könnten; dies gilt jedenfalls hinsichtlich der Fachrichtung des ausstellenden Arztes (BVerwG, B.v. 10.4.2014 – 2 B 80/13 – NVwZ 2014, 892, juris Rn. 11; dazu auch BayVGH, B.v. 23.2.2015 – 3 CE 15.172 – juris Rn. 18). Der Antragsgegner hat in der Untersuchungsanordnung darauf verwiesen, dass Art und Diagnose der Erkrankung der Antragstellerin weder bekannt seien, noch aus den Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen hervorgingen. Aus einer Zusammenschau mit Anlage 1 der Untersuchungsanordnung geht hervor, dass sich der Antragsgegner jedenfalls in Grundzügen mit den unterschiedlichen Fachrichtungen der Ärzte, die Atteste für die Antragstellerin ausgestellt haben, befasst hat. Denn in dieser Anlage sind tabellarisch die Krankheitszeiten und – soweit dies aus den Attesten ablesbar war – die ausstellende Arztpraxis und die jeweilige Fachrichtung dargestellt. Aus dieser Übersicht in Zusammenschau mit den vorgelegten Attesten geht hervor, dass für etwas über die Hälfte der Krankheitstage Atteste eines HNO-Facharztes und für knapp unter der Hälfte der Krankheitstage Atteste einer Privatarztpraxis für Homöopathie vorliegen.
37
Es ist rechtlich nicht zu beanstanden, dass bei einer solchen Gemengelage, bei der auf den ersten Blick eine (überwiegende) medizinische (Fach-)Richtung nicht zu erkennen ist, zunächst eine allgemeine amtsärztliche Untersuchung angeordnet wird. Aus den vorgelegten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen kann nicht zwingend darauf geschlossen werden, dass (nur) eine HNOärztliche Untersuchung zielführend wäre. Denn es sind keine Diagnosen auf HNOärztlichem Fachgebiet bekannt. Die Atteste sind etwa zur Hälfte von einem HNO-Arzt und zur anderen Hälfte von einer Privatärztin für Homöopathie, einem Facharzt für Allgemeinmedizin und Ärzten unbekannter Fachrichtung ausgestellt. Es ist auch nicht ersichtlich, dass eine allgemeine amtsärztliche Untersuchung vor dem Hintergrund der vorgelegten Atteste entbehrlich gewesen wäre. Denn dem Dienstherrn ist aufgrund der vorgelegten Atteste das Krankheitsbild der Antragstellerin nicht bekannt. In einer solchen Konstellation entspricht es vielmehr dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, zunächst eine allgemeine amtsärztliche Untersuchung zur näheren Bestimmung des Krankheitsbildes durchzuführen.
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Auch im Übrigen ergeben sich keine Anhaltspunkte für die Rechtswidrigkeit der Untersuchungsanordnung.
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5. Die Antragstellerin hat als unterlegene Beteiligte nach § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 2 des Gerichtskostengesetzes (GKG), wobei im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nur die Hälfte des Wertes eines Hauptsacheverfahrens festzusetzen ist.