Titel:
Erfolgloser Eilantrag gegen die Anordnung zur Wiederherstellung eines sog. Feldgehölzes
Normenketten:
VwGO § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 3, Nr. 4, Abs. 3 S. 1, Abs. 5 S. 1, § 113 Abs. 1 S. 1
BNatSchG § 17 Abs. 8
BayNatSchG Art. 6 Abs. 4 S. 1, Art 16 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, S. 2, Abs. 2, Art. 23 Abs. 3
BayVwZVG Art. 19 Abs. 1 Nr. 3, Art. 21a, Art. 29 Abs. 1, Art. 30, Art. 31 Abs. 2 S. 1, Art. 36
Leitsätze:
1. Bei einem Feldgehölz handelt es sich um einen kleinflächigen Baum- oder Strauchbestand in der Feldmark, der meist unregelmäßig begrenzt ist. (Rn. 40) (redaktioneller Leitsatz)
2. Art. 6 Abs. 4 S. 1 BayNatSchG will lediglich die tägliche Wirtschaftsweise des Landwirts von naturschutzrechtlichen Anordnungen freistellen; Maßnahmen, die nur mittelbar der Gewinnung landwirtschaftlicher Erzeugnisse dienen, fallen hingegen nicht darunter. (Rn. 45) (redaktioneller Leitsatz)
3. Bei der Anordnung von Maßnahmen nach § 17 Abs. 8 BNatSchG hat die Behörde grundsätzlich die Wahl, ob sie sich für Kompensationsmaßnahmen nach § 15 BNatSchG oder die Anordnung der Wiederherstellung entscheidet; eine feste Rangfolge der aufgeführten Optionen gibt es nicht. (Rn. 51) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Einstweiliger Rechtsschutz, naturschutzrechtliche Anordnung zur Wiederherstellung eines Feldgehölzes, gesetzlich geschütztes Biotop, Sofortvollzugsanordnung, Begründung des Sofortvollzugs, gerichtliche Überprüfung, Feldgehölz, freie Natur, Rodung, landwirtschaftliche Bodennutzung, naturschutzrechtliche Eingriffsregelung, formelle und materielle Illegalität, Ausgleichsmaßnahmen, Wiederherstellung früherer Zustand, Verhältnismäßigkeit, Besonderes öffentliches Interesse am Sofortvollzug
Weiterführende Hinweise:
Anm. d. Red.: In Rn. 8 aE soll es wohl heißen: "Dem Antragsteller wurde hierzu Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 21. Januar 2022 gegeben."
Fundstelle:
BeckRS 2023, 31255
Tenor
I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 700,00 EUR festgesetzt.
Gründe
1
Der Antragsteller wendet sich im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes gegen eine für sofort vollziehbar erklärte Anordnung zur Wiederherstellung eines zerstörten Feldgehölzes und damit verbundene Zwangsgeldandrohungen.
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Der Antragsteller ist Eigentümer des Grundstücks Fl.Nr. ... Gemarkung .... Der südöstliche Bereich dieses Grundstücks grenzt unmittelbar an die ... Straße an. Im nördlichen Bereich des Grundstücks befindet sich eine Geländeerhöhung, die mit Bäumen und Sträuchern bewachsen ist. Diese sind amtlich unter der Nummer ... (Biotopkartierung Bayern) als Feldgehölze kartiert. Im September 2021 stellte die Antragsgegnerin fest, dass die Geländeerhöhung auf einer Länge von circa 7 Metern und einer Breite von circa 5 Metern abgegraben und die darauf wachsenden Gehölze gerodet worden waren.
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Am 29. September 2021 stellte der Antragsteller nachträglich einen Antrag auf Erteilung einer Erlaubnis nach dem Denkmalschutzgesetz (DSchG) auf Abtrag der Geländeerhöhung als Grundlage für eine Zufahrt am ...weg zu seinem Grundstück.
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Am 19. Oktober 2021 fand eine Besprechung zwischen dem Antragsteller und der Antragsgegnerin statt. Im Zuge der Besprechung teilte der Antragsteller zur Beseitigung des Feldgehölzes mit, dass er beabsichtige, auf seinem Grundstück eine Wohnbebauung zu errichten. Nachdem seitens des Stadtplanungsamtes darauf hingewiesen wurde, dass sich das Grundstück im Außenbereich befinde und somit eine Wohnbebauung nicht zulässig sei, gab der Antragsteller an, dass er im nördlichen Bereich des Grundstücks einen Stadel mit Strom- und Wasseranschluss errichten wolle, um das Grundstück landwirtschaftlich mit einer Viehhaltung zu nutzen.
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Am 4. November 2021 bezog eine Fachkraft für Naturschutz und Landschaftspflege zu der vom Antragsteller vorgenommenen Maßnahme Stellung und führte aus, dass Feldgehölze von großer Bedeutung für den Naturhaushalt und das Landschaftsbild seien, da diese für eine Vielzahl von Pflanzen- und Tierarten Lebensraum bieten würden. Durch das Entfernen der Bäume und Sträucher entfalle diese ökologische Funktion. Außerdem würden Feldgehölze natürliche Geländekanten und Hangbereiche sichern, weshalb bei der hier betroffenen Fläche durch das Entfernen der Bäume und Sträucher der Schutz des Oberbodens vor Wasser- und Winderosion beeinträchtigt sei. Das Feldgehölz solle in Lage und Qualität in den Zustand vor dem Eingriff wiederhergestellt werden, da es so die verbleibenden Restbereiche vernetzen und sinnvoll wieder ergänzen würde.
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Am 10. November 2021 nahm das Amt 56 Umwelt und Klima (damals Amt 60.1 Umweltschutzverwaltung) Stellung. Bei der Rodung handele es sich um eine verbotene Beseitigung eines Feldgehölzes nach Art. 16 Abs. 1 BayNatSchG. Eine Ausnahme nach Art. 23 Abs. 3 BayNatSchG sei nicht gegeben, da Gründe für ein überwiegendes öffentliches Interesse nicht vorliegen würden. Ein Ausgleich des beseitigten Feldgehölzes an einer anderen Stelle des Grundstücks sei nicht möglich und allein die Wiederherstellung an derselben Stelle sinnvoll. Außerdem würde eine nachträgliche Erteilung der naturschutzrechtlichen Ausnahmegenehmigung zu einer negativen Vorbildwirkung dergestalt führen, dass durch die Schaffung vollendeter Tatsachen gesetzliche Verbote umgangen werden könnten.
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Der Antrag vom 29. September 2021 auf Erteilung einer Erlaubnis nach dem Denkmalschutzgesetz (DSchG) zum Abtrag der Geländeerhöhung wurde mit Bescheid vom 9. Dezember 2021 abgelehnt, weil sich im antragsgegenständlichen Bereich das Bodendenkmal ... (mittelalterliche und frühneuzeitliche Befunde im Bereich von Schloss ... und seinen Vorgängerbauten, darunter die ... Burg) befinde. Eine Erlaubnis nach Art. 7 Abs. 1 Satz 1 Bayerisches Denkmalschutzgesetz (BayDSchG) könne nicht erteilt werden, da Versagungsgründe i.S.d. Art. 7 Abs. 1 Satz 2 BayDSchG vorliegen würden.
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Mit Schreiben vom 17. Dezember 2021 wies die Antragsgegnerin den Antragsteller darauf hin, dass es sich bei den vorgenommenen Rodungsarbeiten um die verbotene Beseitigung bzw. Zerstörung eines geschützten, amtlich kartierten Feldgehölzes handele. Da nach Ansicht der Antragsgegnerin auf andere Weise kein rechtmäßiger Zustand hergestellt werden könne, beabsichtige sie die Herstellung des früheren Zustands anzuordnen. Dem Antragsgegner wurde hierzu Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 21. Januar 2022 gegeben.
9
Am 11. Januar 2022 erhob der Antragsteller beim Verwaltungsgericht Augsburg Klage (Au 4 K 22.76) gegen den denkmalschutzrechtlichen Bescheid.
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Mit Schreiben vom 7. November 2022 an die Antragsgegnerin führte der Antragsteller aus, dass das streitgegenständliche Grundstück mit einem landwirtschaftlichen Stadel bebaut werden solle, der zur Unterbringung von Gegenständen und dem vorübergehenden Schutz von Tieren dienen solle. Dieser sei im nordöstlichen Bereich des Grundstücks geplant, da hier eine bessere Zufahrt zum Gelände möglich sei. Die Zufahrt über den ...weg sei grundbuchrechtlich gesichert. Die alternative Zufahrt über die ...straße würde zu einer unübersichtlichen, gefährlichen Verkehrssituation führen. Die Abtragung des Erdwalls sei zumutbar, da dieser bereits von allen Nachbarn abgetragen worden sei und es sich lediglich um Ablagerungen aus der Neuzeit handele. Außerdem würden sich dort keine schützenswerten Bodendenkmäler feststellen lassen.
11
Am 6. Dezember 2022 erhielt die Antragsgegnerin die Mitteilung der Staatsanwaltschaft, dass der Antragsteller vom Amtsgericht ... wegen einer Ordnungswidrigkeit betreffend das Denkmalschutzgesetz zu einer Geldbuße von 500,00 EUR verurteilt wurde
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Das Verfahren gegen den denkmalschutzrechtlichen Bescheid (Au 4 K 22.76) wurde mit Beschluss des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 18. Januar 2023 nach übereinstimmender Erledigungserklärung eingestellt.
13
Mit Schreiben vom 19. Januar 2023 nahm die Antragsgegnerin erneut Bezug auf ihr Schreiben vom 12. Dezember 2021. Dabei wurde dem Antragsteller nochmals die Gelegenheit zur Stellungnahme in Bezug auf die beabsichtigte Anordnung zur Wiederherstellung des zerstörten Feldgehölzes bis zum 28. Februar 2023 gegeben.
14
Mit E-Mail des Antragstellers vom 28. Februar 2023 führte dieser aus, dass er das Grundstück als Landwirtschaftsfläche erworben habe und dieses somit auch entsprechend nutzen werde. Dafür sei eine Zufahrt, Strom, Wasser und Abwasser nötig. Entsprechende Anträge habe er gestellt und den Bau des Stadels bei der Stadt angezeigt. Die Zufahrt vom ...weg stehe ihm grundbuchrechtlich gesichert zu. Bei dem „Wall“ handele es sich lediglich um in der Neuzeit aufgeschütteten Vogelsand. Das Feldgehölz habe außerdem ausschließlich aus ca. fünf Haselnussbüschen bestanden. Werde Wert daraufgelegt, dass diese an anderer Stelle auf dem Grundstück neu gepflanzt werden, so komme er dem nach.
15
Am 15. März 2023 erging ein Bußgeldbescheid wegen unerlaubtem Eingriffs in das Bodendenkmal, in dem der Antragsteller zur Zahlung von 6.307,00 EUR verpflichtet wurde.
16
Die Antragsgegnerin holte ein Angebot für die Beschaffung von fünf Haselsträuchern, fünf Sträuchern Blutroter Hartriegel und zwei Sträuchern Eingriffeliger Weißdorn von der Firma K. ein. Diese legte am 12. April 2023 einen Kostenvoranschlag in Höhe von 634,51 EUR vor.
17
Mit Bescheid vom 10. Mai 2023 (Az.: ...) verpflichtete die Antragsgegnerin den Antragsteller, das bei den Rodungsarbeiten im Bereich der nördlichen Grundstücksgrenze der Fl.Nr. ... Gemarkung ... zerstörte Feldgehölz entsprechend dem beigefügten Pflanzenplan wiederherzustellen (Nr. 1). Der beseitigte Wall ist wiederherzustellen, wobei Höhe und Neigungswinkel durch die bestehenden Enden vorgegeben sind. Zur Herstellung ist das Abraummaterial wiederzuverwenden bzw. falls dies nicht mehr möglich ist, entsprechendes Bodenmaterial zu verwenden (Nr. 1.1). Nach Nr. 1.2 ist die Pflanzfläche mit 4x Haselsträucher, 4x Blutrote Hartriegel und 2x Eingriffeliger Weißdorn zu bepflanzen. Die auf dem Grundstück stehende Rosskastanie ist dabei als Bestandteil des Feldgehölzes zu erhalten (Nr. 1.3) und die Wiederherstellung innerhalb von 12 Monaten ab Bestandskraft des Bescheids vorzunehmen (Nr. 1.4). Die Bepflanzung ist mit einem Wildschutzzaun zu schützen (Nr. 1.5), die Arbeiten der Gehölzpflanzung nach dem Stand der Technik durchzuführen (Nr. 1.6), ausgefallene Bepflanzung von mehr als 10% ist zu ersetzen (Nr. 1.7) und die Durchführung zur Abnahme anzuzeigen (Nr. 1.8). In Nr. 2 wurde die sofortige Vollziehung der Nr. 1 angeordnet. Für den Fall der nicht vollständigen oder nicht fristgerechten Erfüllung wurde hinsichtlich der Nr. 1.1 bis 1.5 Zwangsgelder jeweils in Höhe von 750,00 EUR (Nr. 3.1) und hinsichtlich der Nr. 1.6 bis 1.8 jeweils in Höhe von 250,00 EUR (Nr. 3.2) angedroht.
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Zur Begründung wird ausgeführt, dass es sich bei den vorgenommenen Rodungsarbeiten um die verbotene Beseitigung bzw. Zerstörung des nach Art. 16 Abs. 1 Nr. 1 Bayerisches Naturschutzgesetz (BayNatSchG) geschützten amtlich kartierten Feldgehölzes handele. Nach § 17 Abs. 8 Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) solle die Behörde entweder Maßnahmen nach § 15 BNatSchG oder die Herstellung des früheren Zustandes anordnen, soweit nicht auf andere Weise ein rechtmäßiger Zustand hergestellt werden könne. Eine nachträgliche Legalisierung der Rodung des Feldgehölzes sei in diesem Fall nicht möglich. Eine Ausnahme nach Art. 16 Abs. 2 BayNatSchG i.V.m. Art. 23 Abs. 3 Satz 1 BayNatSchG könne auch nachträglich nicht erteilt werden, da die Beeinträchtigungen nicht ausgeglichen werden könnten und die Maßnahme auch nicht aus Gründen des überwiegenden Interesses notwendig sei. Es bestehe bei der entsprechenden Anwendung des § 17 Abs. 8 Satz 2 BNatSchG aufgrund der Verweisung in Art. 16 Abs. 2 BayNatSchG keine das Ermessen beschränkende Rangfolge zwischen Anordnung von Ausgleichs- oder Ersatzmaßnahmen nach § 15 BNatSchG und der Anordnung der Wiederherstellung. Ein Ausnahmefall, bei dem die Anordnung der Wiederherstellung nicht gerechtfertigt wäre, liege nicht vor. Die landwirtschaftliche Bewirtschaftung des Grundstücks sei auch nach Wiederherstellung des Feldgehölzes möglich. Ein weniger belastendes geeignetes Mittel sei nicht ersichtlich. Da die Wiederherstellung des früheren Zustandes erfordere, dass ein Gehölz vergleichbar der früheren Ausdehnung geschaffen werde, gehöre auch die Wiederherstellung der Aufwallung sowie die Bepflanzung mit den in der Kartierung genannten Pflanzenarten zu den erforderlichen Maßnahmen. Der Sofortvollzug werde im öffentlichen Interesse angeordnet. Aufgrund der im Verlauf des Verfahrens vom Antragsteller gemachten Äußerungen sei damit zu rechnen, dass vor einer gerichtlichen Entscheidung durch die Herstellung einer befestigten Zufahrt vollendete Tatsachen geschaffen würden. Die Anordnung sei deshalb geeignet und erforderlich, um dies bis zu einer gerichtlichen Entscheidung zu verhindern und keine negativen Vorbilder entstehen zu lassen. Die Androhung der Zwangsgelder stütze sich auf Art. 29, 30, 31 und 36 Bayerisches Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetz (VwZVG). Die Höhe der Zwangsgelder sei geeignet, erforderlich und angemessen, um sicherzustellen, dass den getroffenen Anordnungen nachgekommen werde.
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Am 24. Mai 2023 erhob der Antragsteller Klage beim Verwaltungsgericht Augsburg (Au 9 K 23.791), über die noch nicht entschieden wurde. Am selben Tag beantragte der Antragsteller im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes,
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die aufschiebende Wirkung der Klage wiederherzustellen.
21
Der Antragsteller führt zu seinem Antrag aus, dass er ein notariell beglaubigtes Wege- und Fahrtrecht vom S.weg zu seinem Grundstück in Anspruch genommen habe, als er den neuzeitlichen Wall beseitigte. Er habe das Grundstück seit dem Jahr 2015 nachweislich landwirtschaftlich genutzt. Davor sei das Grundstück verpachtet und ebenfalls landwirtschaftlich genutzt worden. Eine Zerstörung eines Biotops sei nicht erfolgt, da das komplette Grundstück als Grünland genutzt werde.
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Die Antragsgegnerin ist dem mit Schreiben vom 1. Juni 2023 entgegengetreten und beantragt,
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der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Bescheid der Stadt ... vom 10. Mai 2023 wird abgelehnt.
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Die Anordnung der sofortigen Vollziehung sei rechtmäßig ergangen, da die Antragsgegnerin sich im Bescheid mit den konkreten Umständen des Einzelfalls befasst und die Anordnung ausreichend begründet habe. Da der Antragsteller bereits Pläne für den Stadel vorgelegt und sowohl das Tiefbauamt, als auch die Bauverwaltung kontaktiert habe, habe die Gefahr nahegelegen, dass der Antragsteller mit dem Bauvorhaben beginne und vollendete Tatsachen schaffe, die einer Wiederherstellung des Feldgehölzes zuwiderliefen. Außerdem sei der Bescheid sowohl formell als auch materiell rechtmäßig. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 17 Abs. 8 Satz 2 BNatSchG i.V.m. Art. 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BayNatSchG lägen vor. Nach der Biotopkartierung liege unzweifelhaft ein Feldgehölz vor. Die Lage des Grundstücks und des Feldgehölzes erfülle die Tatbestandsvoraussetzung der „freien Natur“. Eine auf Antrag zu erteilende mögliche Ausnahme nach Art. 16 Abs. 2, Art. 23 Abs. 3 Satz 1 BayNatSchG komme nicht in Betracht. Hierfür fehle es bereits an einem entsprechenden Antrag und der Darlegung eines entsprechenden Ausgleichs. Die Wiederherstellungsanordnung sei ermessensfehlerfrei, da sie geeignet, erforderlich und angemessen sei, den verbotswidrigen Zustand zu beseitigen und dadurch das Biotop wieder vernetzt werde. Des Weiteren greife das Landwirtschaftsprivileg des Art. 6 Abs. 4 BayNatSchG nicht zugunsten des Antragstellers ein. Standortverbessernde Maßnahmen, mit dem die landwirtschaftliche Nutzung der Fläche erst ermöglicht oder effektiver gestaltet werden sollen, würden nicht darunterfallen.
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Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie die von der Antragsgegnerin vorgelegte Behördenakte verwiesen.
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Der Antrag auf Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage (Au 9 K 23.791) hat keinen Erfolg.
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1. Es bestehen bereits Zweifel an der Zulässigkeit des Antrags, da dem Antragsteller womöglich das hierfür erforderliche Rechtsschutzbedürfnis fehlt.
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Der Antragsteller begehrt die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner am 24. Mai 2023 erhobenen Klage (Au 9 K 23.791) hinsichtlich der nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) für sofort vollziehbar erklärten Nr. 1 des Bescheids vom 10. Mai 2023 sowie die Anordnung der aufschiebenden Wirkung hinsichtlich der nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. Art. 21a VwZVG kraft Gesetzes sofort vollziehbaren Zwangsgeldandrohung in Nr. 3 des Bescheids. Als Adressat des streitgegenständlichen Bescheids ist der Antragsteller zwar antragsbefugt (§ 42 Abs. 2 VwGO).
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Es bestehen jedoch Bedenken dahingehend, ob das nötige Rechtsschutzbedürfnis für einen Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO gegeben ist. Zwar hat die Antragsgegnerin in Nr. 3 des Bescheids die sofortige Vollziehung der Nr.1 angeordnet, was grundsätzlich zum Entfallen der aufschiebenden Wirkung der Klage führt. Im vorliegenden Fall ist jedoch fraglich, ob ein Bedürfnis für die Anrufung des Gerichts im Rahmen des einstweiligen Rechtschutzes besteht, da die Antragsgegnerin die Handlungsfrist zur Wiederherstellung des Walls samt Bepflanzung auf 12 Monate ab Bestandskraft des Bescheids festgesetzt hat. Der Antragsteller hat somit trotz der Anordnung des Sofortvollzugs der ihm auferlegten Verpflichtung erst nach Bestandskraft des Bescheids, welche frühestens nach Abschluss des Klageverfahrens eintreten kann, nachzukommen. Ob angesichts der ausdrücklich angeordneten sofortigen Vollziehung, die das Entfallen der aufschiebenden Wirkung der Klage zur Folge hat, dennoch ein Rechtsschutzbedürfnis anzuerkennen ist, muss nicht abschließenden entschieden werden, da der Antrag jedenfalls unbegründet ist.
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2. Der Antrag ist unbegründet.
31
Nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung eines Verwaltungsakts angeordnet ist, die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs gegen den zugrundeliegenden Bescheid ganz oder teilweise wiederherstellen bzw. in den Fällen, in denen die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs kraft Gesetzes entfällt, die aufschiebende Wirkung des Rechtsbehelfs anordnen. Das Gericht prüft bei ersterem, ob die formellen Voraussetzungen für die Anordnung der sofortigen Vollziehung gegeben sind, und trifft im Übrigen jeweils eine eigene Abwägungsentscheidung. Bei der im Rahmen dieser Entscheidung gebotenen Interessenabwägung kommt vor allem den Erfolgsaussichten des Verfahrens in der Hauptsache besondere Bedeutung zu. Bleibt das Hauptsacheverfahren mit hoher Wahrscheinlichkeit erfolglos, so wird die Abwägung in der Regel zum Nachteil des Betroffenen ausfallen. Hat der Rechtsbehelf in der Hauptsache hingegen voraussichtlich Erfolg, so ist dessen aufschiebende Wirkung wiederherzustellen bzw. anzuordnen. Wenn sich bei der im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzverfahrens allein möglichen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage dagegen weder die offensichtliche Rechtswidrigkeit noch die offensichtliche Rechtmäßigkeit der angefochtenen Verfügung feststellen lässt, hängt der Ausgang des Verfahrens vom Ergebnis einer vom Gericht vorzunehmenden weiteren Interessenabwägung ab (vgl. BayVGH, B.v. 5.3.2015 – 10 CS 14.2244 – juris).
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a) Die Anordnung der sofortigen Vollziehung in Nr. 2 des Bescheids ist formell rechtmäßig.
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aa) Soweit die Behörde die sofortige Vollziehung ausdrücklich angeordnet hat (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO) hat das Gericht zunächst zu prüfen, ob sich die behördliche Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung als im Sinne des § 80 Abs. 3 VwGO ausreichend erweist; ist das nicht der Fall, hat das Gericht die Vollziehungsanordnung ohne weitere Sachprüfung aufzuheben, nicht jedoch die aufschiebende Wirkung des Rechtsbehelfs in der Hauptsache wiederherzustellen (vgl. BayVGH, B.v. 9.12.2013 – 10 CS 13.1782 – juris).
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Nach § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO ist in den Fällen der Anordnung des Sofortvollzugs nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Dabei reicht jede schriftliche Begründung, die zu erkennen gibt, dass die anordnende Behörde eine Anordnung des Sofortvollzugs im konkreten Fall für geboten erachtet. Die Begründung muss kenntlich machen, dass sich die Behörde bewusst ist, von einem rechtlichen Ausnahmefall Gebrauch zu machen (Hoppe in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 80 Rn. 55). Es müssen die besonderen, auf den konkreten Fall bezogenen Gründe angegeben werden, die die Behörde dazu bewogen haben, den Suspensiveffekt aus § 80 Abs. 1 VwGO auszuschließen (vgl. BayVGH, B.v. 16.2.2000 – 10 CS 99.3290 – juris Rn. 16). Es kommt hingegen nicht darauf an, ob die angeführten Gründe den Sofortvollzug tatsächlich rechtfertigen und ob die für die sofortige Vollziehung angeführten Gründe erschöpfend und zutreffend dargelegt sind.
35
bb) Diesen Vorgaben wird die streitgegenständliche Begründung des Sofortvollzugs gerecht. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung ist mit einer hinreichenden Begründung versehen, also formell rechtmäßig. Eine besondere Dringlichkeit für die Zeit eines möglichen Rechtsbehelfsverfahrens hat die Antragsgegnerin dargelegt, indem sie auf die Möglichkeit der Schaffung vollendeter Tatsachen seitens des Antragstellers hingewiesen hat. Es sei aufgrund der bisher getätigten Äußerungen des Antragsstellers damit zu rechnen, dass dieser noch vor einer gerichtlichen Entscheidung durch Herstellung einer befestigten Zufahrt die durchgeführte Zerstörung des Feldgehölzes in diesem Bereich verfestige, was der Wiederherstellung zuwiderlaufe. Diese Begründung stellt auf den vorliegenden Einzelfall ab und lässt erkennen, was die Antragsgegnerin zum Erlass der Anordnung bewogen hat. Damit werden die formellen Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO erfüllt.
36
b) Die streitgegenständliche Anordnung der Wiederherstellung des Feldgehölzes ist nach der im Verfahren vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung von Sach- und Rechtslage voraussichtlich rechtmäßig und verletzt den Antragsteller nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Das öffentliche Interesse und das Interesse der Antragsgegnerin an der sofortigen Vollziehung ihrer Anordnung überwiegt das Interesse des Antragstellers an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage.
37
aa) Formelle Fehler des streitgegenständlichen Bescheids wurden nicht geltend gemacht und sind auch nicht ersichtlich. Insbesondere wurde der Antragssteller gem. Art. 28 BayVwVfG angehört.
38
bb) Der Bescheid ist aller Voraussicht nach auch materiell rechtmäßig, da alle Tatbestandvoraussetzungen der Rechtsgrundlage vorliegen und die getroffene Maßnahme verhältnismäßig ist.
39
(1) Die dem Antragsteller auferlegte Verpflichtung zur Wiederherstellung des Feldgehölzes in Nr. 1 des Bescheids findet ihre Rechtsgrundlage in Art. 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2 BayNatSchG i.V.m. § 17 Abs. 8 BNatSchG.
40
(a) Gem. Art. 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BayNatSchG ist es verboten, in der freien Natur Hecken, lebende Zäune, Feldgehölze oder -gebüsche einschließlich Ufergehölze oder -gebüsche zu roden, abzuschneiden, zu fällen oder auf sonstige Weise erheblich zu beeinträchtigen. Bei einem Feldgehölz handelt es sich dabei um einen kleinflächigen Baum- oder Strauchbestand in der Feldmark, der meist unregelmäßig begrenzt ist (vgl. Fischer-Hüftle/Egner/Meßerschmidt/Mühlbauer, Naturschutzrecht in Bayern, 48. AL, Mai 2021, Art. 16 Rn. 7). Dieses befindet sich in der freien Natur, wenn es auf einer Fläche außerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile wächst, die nicht durch bauliche oder sonstige Anlagen verändert ist. Dabei können auch größere Flächen innerhalb von bebauten Gebieten Bestandteil der freien Natur sein. Entscheidend für die Beurteilung sind die tatsächlichen Gegebenheiten (vgl. Fischer-Hüftle/Egner/Meßerschmidt/Mühlbauer, Naturschutzrecht in Bayern, 44. AL, März 2019, Art. 26 Rn. 7ff.). Von einer Rodung ist auszugehen, wenn die ganze Pflanze einschließlich ihrer Wurzeln beseitigt wird.
41
(b) Gemessen an diesen Anforderungen handelt es sich bei der Beseitigung des Walls samt der darauf befindlichen Bepflanzung um eine solche verbotene Beseitigung von Feldgehölzen, für die keine Ausnahmegenehmigung vorlag.
42
Ausweislich der Biotopkartierung Bayern liegt der streitgegenständliche Teil des Grundstücks des Antragstellers im Bereich des Biotops, dessen vorhandener Bewuchs zu 92% aus Feldgehölzen besteht und sich durch eine etwa 25 m hohe Baumschicht und unterschiedlich dichte Strauchschicht auszeichnet. Es ist somit davon auszugehen, dass es sich bei der entfernten Bepflanzung um Feldgehölz gehandelt hat und nicht, wie vom Antragsteller vorgetragen, um lediglich fünf Haselnussbüschen. Der betroffene Bereich stellt sich auch als Teil der freien Natur dar. Indiz hierfür ist, dass es sich bei dem Grundstück um eine freie Wiesenfläche mit vor allem im nördlichen Bereich vorkommender Bepflanzung handelt und eine Bebauung nicht vorhanden ist. Dabei ist unschädlich, dass sich in der näheren Umgebung bebaute Grundstücke befinden, da sich jedenfalls das Grundstück des Antragstellers nicht in einem Bebauungszusammenhang befindet. Da der Wall samt seiner Bepflanzung auf einer Länge von circa 7 Metern vollständig entfernt wurde, liegt auch eine Rodung dieses Feldgehölzes vor.
43
(c) Der Antragsteller kann sich für die vorgenommene Rodung auch nicht auf die Ausnahmeregelung des Art. 16 Abs. 1 Satz 2 BayNatSchG stützen, da es sich nicht um bestandserhaltende Pflegemaßnahmen (Nr. 1 und 2) gehandelt hat. Eine Maßnahme zur Gewährleistung der Verkehrssicherheit öffentlicher Verkehrswege ist ebenfalls offensichtlich nicht gegeben (Nr. 3).
44
(d) Ebenso liegt keine zugelassene Ausnahme i.S.d. Art. 23 Abs. 3 BayNatSchG vor. Eine solche kann nur auf Antrag erteilt werden, an dem es im vorliegenden Fall jedoch bereits fehlt. Zwar hat sich der Antragsteller in seiner E-Mail vom 28. Februar 2023 bereit erklärt, an einer anderen Stelle auf seinem Grundstück fünf Haselnussbüschen zu pflanzen, wenn darauf Wert gelegt werde. Ein solches „Angebot“ erweist sich jedoch als nicht ausreichend für einen Ausnahmeantrag nach Art. 23 Abs. 3 BayNatSchG (vgl. Fischer-Hüftle/Egner/Meßerschmidt/Mühlbauer, Naturschutzrecht in Bayern, 36. AL August 2014, Art. 23 Rn. 40).
45
(e) Entgegen der Ansicht des Antragstellers greift auch nicht die Vorschrift des Art. 6 Abs. 4 Satz 1 BayNatSchG. Hiernach ist eine landwirtschaftliche Bodennutzung nicht als Eingriff anzusehen, soweit dabei die Ziele des Naturschutzes und der Landschaftspflege berücksichtigt werden. Diese Vorschrift will lediglich die tägliche Wirtschaftsweise des Landwirts von naturschutzrechtlichen Anordnungen freistellen. Maßnahmen, die nur mittelbar der Gewinnung landwirtschaftlicher Erzeugnisse dienen, fallen hingegen nicht darunter, wie beispielsweise der Bau eines Weges oder die Umwandlung bisher nicht genutzter Flächen in landwirtschaftliche Flächen (vgl. Fischer-Hüftle/Egner/Meßerschmidt/Mühlbauer, Naturschutzrecht in Bayern, 40. AL Januar 2017, Art. 6 Rn. 22). Die teilweise Beseitigung der Geländeerhöhung stellt eindeutig keine landwirtschaftliche Bodennutzung dar, da sie zur Herstellung einer Zufahrt zum Grundstück erfolgt ist.
46
(2) Art. 16 Abs. 2 BayNatSchG verweist bezüglich der möglichen Folgen eines Verstoßes gegen Art. 16 Abs. 1 BayNatSchG auf die Bestimmung zur naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung in § 17 Abs. 8 BNatSchG. Danach sollen, wenn ein Eingriff nicht auf andere Weise auszugleichen ist, dieser aber gleichwohl durchgeführt wird, entweder Maßnahmen nach § 15 BNatSchG oder die Wiederherstellung des früheren Zustandes angeordnet werden. Mit der Verwendung des Wortes „soll“ gibt der Gesetzgeber zu erkennen, dass im Regelfall vorgegangen werden muss und nur in Ausnahmefällen der Behörde ein Ermessensspielraum eröffnet wird (vgl. VG Ansbach, U.v. 20.3.2013 – AN 11 K 12.00109 – juris Rn. 25). Der Eingriff muss jedoch aus materiellen Gründen dem Gesetz widersprechen, da eine rein formelle Illegalität nicht ausreicht (vgl. Fischer-Hüftle in Schumacher/Fischer-Hüftle, BNatSchG, 2. Aufl., § 17 Rn. 49). Anordnungen scheiden daher aus, wenn eine nachträgliche Legalisierung der Rodung in Betracht käme.
47
(a) Vorliegend ist der gerodete Teil des Feldgehölzes ausweislich der Biotopkartierung Bayern Bestandteil des Biotops, weshalb grundsätzlich das Vorliegen der Voraussetzungen einer Ausnahme nach Art. 16 Abs. 2 i.V.m. Art. 23 Abs. 3 BayNatSchG in Betracht kommt. Eine solche Ausnahme liegt jedoch nur vor, wenn die Beeinträchtigungen ausgeglichen werden können oder die Maßnahme aus Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses notwendig sind. Diese Anforderungen sind vorliegend jedoch nicht erfüllt.
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Da der Antragsteller den Wall beseitigt hat, um selbst einen Zugang zu seinem Grundstück zu erhalten, ist nicht ersichtlich, inwieweit die Maßnahme aus Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses notwendig gewesen sein sollte.
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Auch Ausgleichsmaßnahmen sind voraussichtlich nicht möglich. Hinsichtlich der Anforderungen an eine Ausgleichung gelten die Grundsätze des § 15 BNatSchG. Erforderlich ist demnach die Schaffung eines gleichartigen Biotops vom selben Typ, welches in der spezifischen Standorteigenschaft und der Flächenausdehnung mit dem zerstörten oder beeinträchtigten Biotop im Wesentlichen übereinstimmt (vgl. Fischer-Hüftle/Egner/Meßerschmidt/Mühlbauer, Naturschutzrecht in Bayern, 48. AL Mai 2021, Art. 23 Rn. 33). Der Stellungnahme der Fachkraft für Naturschutz und Landschaftspflege zufolge erfüllt das biotopkartierte Feldgehölz zahlreiche ökologische Funktionen und zählt zu den besonders erhaltenswerten Landschaftselementen. Da die Wirksamkeit eines Feldgehölzes mit steigender Größe zunehme, sei die ökologische Funktion des momentan abgetrennten östlichen Teils zusätzlich beeinträchtigt. Außerdem sichere das Feldgehölz natürliche Geländekanten und Hangbereiche, da es Schutz vor Wasser- und Winderosionen biete. Die fachliche Einschätzung der Fachkraft für Naturschutz und die der Antragsgegnerin, dass der Wall samt dem Feldgehölz in Lage und Qualität in den Zustand vor dem Eingriff wiederherzustellen ist und Ausgleichsmaßnahmen nicht möglich sind, hat der Antragsteller nicht substantiiert in Zweifel ziehen können. Der auf einer Breite von sieben Metern gerodete Feldgehölzstreifen war Bestandteil eines längeren Walls. Die durch diese Vernetzung entstandenen Funktionen als Lebensraum für Tiere, Deckungsort, Nahrungsraum und Überwinterungsort wurden erheblich beeinträchtigt. Ein hinreichender Ausgleich, der der dortigen Standorteigenschaft und Flächenausdehnung entsprechen würde, ist nicht ersichtlich.
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(b) Die Anordnung der Wiederherstellung des früheren Zustandes war auch nicht ermessensfehlerhaft.
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Bei der Anordnung von Maßnahmen nach § 17 Abs. 8 BNatSchG hat die Behörde grundsätzlich die Wahl, ob sie sich für Kompensationsmaßnahmen nach § 15 BNatSchG oder die Anordnung der Wiederherstellung entscheidet. Eine feste Rangfolge der aufgeführten Optionen gibt es nicht. Bei der Auswahl sind in erster Linie die Erfordernisse des Naturschutzes und der Landschaftspflege maßgebend. Ist die Wiederherstellung tatsächlich möglich und erfordert sie einen verhältnismäßigen Aufwand, kann der Betroffene nicht einwenden, dass Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen billiger wären. Lediglich wenn die Wiederherstellung nicht sachgerecht ist, weil sie zum Beispiel die eingetretene Beeinträchtigung vergrößern würde, sind Kompensationsmaßnahmen vorzuziehen (vgl. Fischer-Hüftle in Schumacher/Fischer-Hüftle, BNatSchG, 2. Aufl., § 17 Rn. 52). Da keine Anhaltspunkte dafür gegeben sind, dass ein Wiederherstellen des Walls und eine Neubepflanzung mit einem unverhältnismäßigen Aufwand verbunden wären, konnte die Antragsgegnerin diese anordnen. Das Wiederherstellen des ursprünglichen Zustandes führt voraussichtlich am effektivsten zur Wiederherstellung der ursprünglichen ökologischen Funktionen. Dabei ist die Wiederherstellung auch nicht gleichbedeutend mit „authentischer Rekonstruktion“. Sie bezieht sich vielmehr auf die Funktion des betroffenen Teiles von Natur und Landschaft, mit dem Ziel der Wiedergutmachung einer Beeinträchtigung im Rahmen des praktisch Möglichen (vgl. Fischer-Hüftle in Schumacher/Fischer-Hüftle, BNatSchG, 2. Aufl., § 17 Rn. 54).
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(3) Die Anordnung erweist sich auch als verhältnismäßig. Die Wiederherstellung des Walls und dessen Bepflanzung mit vier Haselnusssträuchern, vier Blutroten Hartriegeln und zwei Eingriffeligen Weißdorn erweist sich als erforderlich und angemessen. Den in der Akte enthaltenen Bildern ist zu entnehmen, dass auf dem gerodeten Bereich aller Voraussicht nach mehr Pflanzen vorhanden gewesen sind, weshalb der Umfang der angeordneten Bepflanzung nicht unverhältnismäßig erscheint. Der Wildschutzzaun ist im Hinblick auf die effektive Wiederbepflanzung zweckmäßig, da durch diesen Wildbiss vorgebeugt werden kann. Auch allgemein stellt sich der durch die Anordnung erfolgende Eingriff in das Eigentum des Antragstellers als eher gering dar. Eine Zufahrt zum Grundstück erfolgte bisher über die ...straße, weshalb davon auszugehen ist, dass dies auch in Zukunft möglich ist. Somit wird der Antragsteller durch die Wiederherstellung des Walls nicht in der von ihm bezweckten landwirtschaftlichen Nutzung seines Grundstücks gehindert. Im Hinblick auf die mittlerweile erfolgte Errichtung eines Zauns und mit Kies befestigter Parkplätze im Bereich des wiederherzustellenden Walls wird der in den ungenehmigten Eingriff investierte Aufwand die Anordnung nicht unzumutbar bzw. unverhältnismäßig machen (vgl. Fischer-Hüftle in Schumacher/Fischer-Hüftle, BNatSchG, 2. Aufl., § 17 Rn. 58). Diesbezüglich ist der Antragsteller nicht schutzbedürftig, da er in Kenntnis der Anordnung die Umsetzung seines Vorhabens fortgesetzt hat. Beruft sich der Antragsteller auf das für den ...weg eingeräumte Wege- und Fahrtrecht, so wird ihm dadurch das Recht gegeben, auf dem ...weg zu gehen und zu fahren. Jedoch beinhaltet diese Grunddienstbarkeit nicht den Anspruch auf Schaffung eines Zugangs vom ...weg auf das Grundstück des Klägers.
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cc) Die in Nr. 3. ausgesprochene Zwangsgeldandrohung im Falle der Nichterfüllung oder der nicht vollständigen Erfüllung der in Nr. 1 getroffenen Anordnungen begegnet voraussichtlich keinen rechtlichen Bedenken.
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Die Zwangsgeldandrohung findet ihre Rechtsgrundlage in Art. 29 Abs. 1, Abs. 2, 30, 31 und 36 VwZVG. Die Höhe des Zwangsgeldes hält sich im gesetzlich eröffneten Rahmen von Art. 31 Abs. 2 Satz 1 VwZVG, wonach das Zwangsgeld mindestens 15 und höchstens 50.000,00 EUR beträgt. Mit der für sofort vollziehbar erklärten Nr. 1 des Bescheids vom 10. Mai 2023 liegt auch ein nach Art. 19 Abs. 1 Nr. 3 VwZVG vollstreckbarer Verwaltungsakt vor. Die Bestimmtheit der Zwangsgeldandrohung ist ebenfalls gewahrt, da hinsichtlich der jeweiligen Pflichten des Antragstellers Zwangsgelder in unterschiedlicher Höhe angedroht wurden. Die Höhe des angedrohten Zwangsgeldes ist unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Bedeutung und der Dringlichkeit der zu erfüllenden Pflichten als angemessen zu betrachten.
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c) Neben der summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage, bedarf es in den Fällen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO einer weiteren Kontrollüberlegung. Die Vorschrift fordert für die behördliche Anordnung bei sofortiger Vollziehung ein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung, das über das Interesse an der Vollziehung des Verwaltungsakts selbst hinausgeht. Das besondere öffentliche Vollzugsinteresse ist grundsätzlich nicht mit dem öffentlichen Interesse am Erlass eines Verwaltungsakts identisch. Daher vermag selbst die offensichtliche Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsakts allein die sofortige Vollziehung regelmäßig nicht zu rechtfertigen (vgl. NdsOVG, B.v. 17.4.2014 – 7 ME 8/19 – juris Rn. 26). Das Gericht kann die behördliche Anordnung des Sofortvollzugs daher nur bestehen lassen, wenn nach seiner Beurteilung ein öffentliches Interesse daran besteht, einen offensichtlich rechtmäßigen Verwaltungsakt vor Eintritt seiner Bestandskraft zu vollziehen.
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Der Sofortvollzug einer Anordnung nach § 17 Abs. 8 BNatSchG kann erfolgen, wenn ein besonderes öffentliches Interesse an der Durchsetzung der Naturschutzbelange es erfordert, etwa, wenn nicht wiedergutzumachende Schäden an Natur und Landschaft zu befürchten sind (vgl. Fischer-Hüftle in Schumacher/Fischer-Hüftle, BNatSchG, 2. Aufl., § 17 Rn. 61). Der Antragsteller hat bereits vor Erlass des Bescheids mehrfach dargelegt, dass er im Bereich des beseitigten Walls eine Zufahrt zu seinem Grundstück schaffen wolle, um dort einen Stadel zu errichten. Die Antragsgegnerin musste somit von der Schaffung vollendeter Tatsachen, welche womöglich zu dauerhaften Beeinträchtigungen am betroffenen Feldgehölz führen würden, ausgehen. Dies hat sich durch den mittlerweile errichteten Zaun und die mit Kies präparierten Parkplätze bestätigt. Somit muss das private Interesse des Antragstellers, bis zur rechtskräftigen Entscheidung die geforderten Maßnahmen nicht umsetzen zu müssen, im Einzelfall zurückstehen.
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3. Nach allem war der Antrag daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen. Als im Verfahren unterlegen hat der Antragsteller die Kosten des Verfahrens zu tragen.
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4. Die Festsetzung des Streitwerts richtet sich nach. § 52 Abs. 1 GKG. Als Orientierung für die Bedeutung der Sache für den Kläger war der von der Antragsgegnerin eingeholte Kostenvoranschlag für die Beschaffung der für die Wiederherstellung vorgesehenen Pflanzen heranzuziehen.