Titel:
Kündigung eines Promotionsbetreuungsverhältnisses wegen des unberechtigtes Führens des Doktorgrades
Normenketten:
Promotionsordnung der Universität Erlangen-Nürnberg (RPromO) vom 21. Januar 2013 § 4, § 5 Abs. 1 S. 1, § 8, § 9, § 10, § 16 Abs. 1 S. 2, § 25
Fakultätspromotionsordnung der Friederich-Alexander-Universität für den Grad eines Dr. phil. (FPromO Phil) § 5 Abs. 1 S. 1, § 25 (vom 21.1.2013 idF vom 5.12.2017)
Fakultätspromotionsordnung der Friederich-Alexander-Universität für den Grad eines Dr. phil. (FPromO Phil) § 6 Abs. 1 Nr. 3 (vom 21.1.2013 idF vom 15.2.2019)
BGB § 314 Abs. 1
BayVwVfG Art. 62 S. 2
StPO § 153a
Leitsätze:
1. Die Beendigung des Betreuungsverhältnisses für ein Promotionsvorhaben richtet sich nach den allgemeinen verwaltungsrechtlichen Vorschriften zur Auflösung öffentlich-rechtlicher Verträge. Es ist allgemein anerkannt, dass sich der Betreuer bei Vorliegen eines wichtigen Grundes vom Betreuungsverhältnis lösen kann, auch wenn die Promotionsordnung keine Regelungen hierzu trifft. (Rn. 53) (redaktioneller Leitsatz)
2. Es liegt ein wichtiger Grund iSd Art. 62 S. 2 BayVwVfG iVm § 314 Abs. 1 BGB analog zur fristlosen Kündigung des Betreuungsverhältnisses vor, wenn der Doktorand, zudem mehrfach, einen Doktortitel ohne entsprechende Verleihung führt. (Rn. 57 – 58) (redaktioneller Leitsatz)
3. Die Einstellung nach § 153a StPO verbietet nicht, in Verfahren mit anderer Zielsetzung die entsprechenden Tatsachen zu verwerten. Die Verwaltungsbehörde darf sich auf dieselben Beweismittel stützen, ohne an die Bewertung im strafrechtlichen Verfahren gebunden zu sein. (Rn. 59) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Kündigung eines Promotionsbetreuungsverhältnisses, Unzumutbarkeit der Weiterbetreuung, unberechtigtes Führen des Doktorgrades durch Doktorand
Fundstelle:
BeckRS 2023, 31017
Tenor
1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Der Streitwert wird festgesetzt auf 5.000,00 EUR.
Gründe
1
Der Antragsteller begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die vorläufige Feststellung, dass das Betreuungsverhältnis zwischen ihm und dem Betreuer seiner Dissertation nicht wirksam aufgelöst worden ist.
2
Der am … geborene Antragsteller wurde im April 2014 in das strukturierte Promotionsprogramm „…“ an der F.-Universität E. (im Folgenden: F2.) aufgenommen. Mit Schreiben vom 22. Mai 2014, eingegangen bei der Antragsgegnerin am 23. Juni 2014 sowie mit Schreiben vom 27. April 2015, eingegangen bei der Antragsgegnerin am 4. Mai 2015, beantragte der Antragsteller die Zulassung seines Promotionsvorhabens an der Philosophischen Fakultät und Fachbereich Theologie zum Thema „…“. Der Betreuer des Antragstellers, Privatdozent …, bestätigte in den jeweiligen Antragsformularen zur Zulassung, dass er den Antragsteller im Rahmen seiner Promotion betreuen werde.
3
Mit Zustimmung seines Betreuers vom 23. Juli 2022 beantragte der Antragsteller schriftlich die Eröffnung des Promotionsverfahrens zum „Dr. phil.“. Mit seiner Unterschrift auf dem Antragsformular bestätigte er u.a., ihm sei bekannt, dass der Doktorgrad erst nach Aushändigung der Urkunde geführt werden dürfe.
4
U.a. mit E-Mails vom 14. sowie 22. September 2022 wurde die F2. seitens einer dritten Person, Herrn …, im Wesentlichen und sinngemäß darüber informiert, dass sich der Antragsteller auf verschiedenen Internetseiten als „Doktor“ und „Klinischer Psychologe mit Doktortitel“ bezeichne. Der Antragsteller habe mehrfach angegeben, dass er seinen Doktortitel an der F2. erlangt habe. An einer Stelle habe er sogar angegeben, dass er bereits seit dem Jahr 2015 promoviert sei. Herr … legte der F2. per E-Mail Screenshots dreier Facebook-Profile, eines LinkedIn-Profils des Antragstellers sowie einer Broschüre der Kandidaten zur Mieterratswahl 2022 der … in …, in der sich der Antragsteller zur Wahl stellte, zum Nachweis vor. Außerdem übermittelte er einen Screenshot eines WhatsApp-Verlaufs mit dem Antragsteller, in dem sich dieser unter dem falschen Namen „…“ als „klinischer Psychologe mit Doktor Titel“ bezeichnet haben soll, sowie einer Online-Bewertung eines Rechtsanwalts aus Juli 2018, die der Antragsteller verfasst und dabei seinem Namen den Doktortitel vorangestellt haben soll.
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Mit E-Mail vom 15. September 2022 informierte das Graduiertenzentrum der F2. den Antragsteller darüber, dass er in dem sozialen Netzwerk LinkedIn einen Doktortitel führe, hierzu jedoch vor Abschluss des Promotionsverfahrens und Aushändigung der Promotionsurkunde nicht berechtigt sei. Weiterhin forderte die Antragsgegnerin den Antragsteller im Wesentlichen und sinngemäß dazu auf, die Angabe des Doktortitels auf LinkedIn und allen anderen öffentlichen Kanälen innerhalb von drei Tagen zu löschen.
6
Der Antragsteller teilte hierauf gegenüber der Antragsgegnerin per E-Mail im Wesentlichen und sinngemäß mit, dass er in dem sozialen Netzwerk LinkedIn keinen Doktortitel verwendet habe. Vielmehr sei der Zusatz „Dr.“ eine Abkürzung für den Begriff „divers“. Er verstehe sich als diverser Mensch und wolle als geschlechtsneutraler Mensch bekannt sein. Außerdem sei er Doktorand an der F2., weshalb „er es“ auf seiner verlinkten Website, zusammen mit seinen geschäftlichen und privaten Interessen, stehen habe.
7
Mit Schreiben jeweils vom 27. September 2022 erklärte der Betreuer des Antragstellers gegenüber dem Promotionsbüro bzw. dem Promotionsausschuss, dass er aufgrund der nachweislichen Nutzung des Doktortitels durch den Antragsteller seit dem Jahr 2015 seine Zustimmung zur Eröffnung des Promotionsverfahrens zurückziehe und um Aufhebung des Betreuungsverhältnisses bitte, da das Verhältnis zwischen dem Antragsteller und ihm zerrüttet sei. Hierüber informierte der Vorsitzende des Promotionsausschusses den Antragsteller mit Schreiben vom 18. Oktober 2022 und gab ihm Gelegenheit, sich bis spätestens 11. November 2022 hierzu zu äußern, bevor über den Antrag entschieden werde.
8
Mit Schreiben vom 24. Oktober 2022 fragte die Antragsgegnerin sowohl bei der … als auch der … Polizei an, ob bei dieser ein Ermittlungsverfahren wegen Titelmissbrauchs gegen den Antragsteller anhängig sei. Zudem kündigte sie an, selbst eine entsprechende Anzeige zu erstatten, sollte dies nicht der Fall sein. Hierauf teilte die Staatsanwaltschaft … mit Schreiben vom 12. Februar 2023 mit, dass das Ermittlungsverfahren noch nicht abgeschlossen sei und deshalb derzeit keine Auskunft erteilt werden könne.
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Der Betreuer des Antragstellers äußerte sich diesem gegenüber per E-Mail vom 25. Oktober 2022 im Wesentlichen und sinngemäß dahingehend, dass das Verhalten des Antragstellers in der Wissenschaft nicht geduldet werden könne. Er habe deshalb – auf Anraten der Rechtsabteilung – die Betreuung seiner Doktorarbeit niedergelegt. Es sei unfair, sich eines Titels anzumaßen.
10
Mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 10. November 2022 nahm der Antragsteller zu dem erhobenen Vorwurf Stellung und führte im Wesentlichen und sinngemäß aus, die Betreuung sei von Beginn an sehr herzlich gewesen. Sein Betreuer sei zu allen fachlichen Fragen ein stets verlässlicher und verständnisvoller Ansprechpartner gewesen und habe ihn mit Ideen und Anregungen für die zu fertigende Arbeit unterstützt. Im Zusammenhang mit der fachlich-wissenschaftlichen Betreuung habe es in den gesamten letzten sieben Jahren keinerlei Irritationen in dem Betreuungsverhältnis gegeben. Auch menschlich hätten sie sich sehr gut verstanden und seien seit geraumer Zeit „per Du“. Sein Betreuer habe ihm für seine Jobsuche in … auch immer sehr hilfreiche Empfehlungen gegeben, sodass er auch beruflich von dessen Hilfsbereitschaft und Expertise profitiert habe. Im Zusammenhang mit seiner unstreitigen Nutzung des Kürzels „Dr.“ entschuldige er sich aufrichtig. Die Verwendung sei ein Fehler gewesen und er distanziere sich ausdrücklich von der Verwendung des Zusatzes „Dr.“ im Zusammenhang mit seinem Namen und seiner Person. Losgelöst davon, welche Bedeutung dem unstreitig von ihm verwendeten Kürzel beigemessen werde, verpflichte er sich durch Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung bei Meidung einer Vertragsstrafe gegenüber seinem Betreuer, den Zusatz „Dr.“ vor seinem Namen sowie auch die Verwendung eines vermeintlichen Doktorgrads bis zur Verleihung seiner Promotionsurkunde strafbewehrt zu unterlassen. Sein LinkedIn-Profil habe er entsprechend bereinigt. Er habe ein hohes Interesse daran, seine Promotion bei seinem Betreuer fortzusetzen und diese, nachdem bereits ein Zeitfenster für die mündliche Prüfung in den Blick genommen worden sei, zum Abschluss zu bringen. Eine Auflösung des Betreuungsverhältnisses hätte schwerwiegende Folgen. Die jahrelange Arbeit an seiner Doktorarbeit wäre von einem Tag auf den anderen zu Nichte gemacht. Dem jahrelang guten Verhältnis zwischen ihm und seinem Betreuer komme insoweit besonderes Gewicht zu. Hierbei sei die beträchtliche Dauer des bisherigen Betreuungsverhältnisses zu berücksichtigen. Zum anderen müsse auch der Umstand Berücksichtigung finden, dass er innerhalb der letzten sieben Jahre erheblichen Arbeitsaufwand für seine Doktorarbeit aufgewendet habe. Um die Arbeit anfertigen zu können, habe er in den ersten vier Jahren lediglich in Teilzeit zwischen 50 und 75 Prozent einer vollen Stelle gearbeitet. In den letzten drei Jahren habe er Teilzeitstellen mit 60 bis 80 Prozent einer vollen Stelle angenommen und ausweislich seiner Arbeitszeugnisse hervorragende Arbeit geleistet. Anfangs habe er täglich acht bis zehn Stunden in seine Promotion investiert, was u.a. durch sein Stipendium möglich gewesen sei. In den letzten drei Jahren habe er aufgrund der Erhöhung seiner Teilzeitarbeit immer noch drei bis vier Stunden pro Tag aufgewandt. Auch müsse seine erhebliche finanzielle Belastung in den Blick genommen werden. Insbesondere habe er durch seine jahrelange Arbeit an der Promotion als Teilzeitkraft im Vergleich zu einer Vollzeitstelle je nach Stelle zwischen 1.000,00 EUR und 2.000,00 EUR brutto im Monat weniger verdient.
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Es lägen keine Gründe für eine Auflösung des Betreuungsverhältnisses vor. Aus der schriftlichen Betreuungsvereinbarung ergebe sich, dass sein Betreuer die Doktorarbeit bis zum Abschluss betreue, ihn regelmäßig fachlich berate, in seiner wissenschaftlichen Selbständigkeit unterstütze, in seiner Karriere fördere und für die Qualitätssicherung sorge, wohingegen er sich verpflichte, seinem Betreuer regelmäßig über die Fortschritte seiner Doktorarbeit zu berichten und ihm entsprechende (Teil-) Ergebnisse vorzuweisen. Außerdem sei die Einhaltung der Grundsätze guter wissenschaftlicher Praxis der Deutschen Forschungsgemeinschaft e.V. (DFG) mitvereinbart worden. Soweit ersichtlich seien keine Beendigungstatbestände vereinbart worden. Auch die Prüfungsordnung äußere sich nicht dazu, wie ein Betreuungsverhältnis gelöst werden könne. Jedenfalls könne das Betreuungsverhältnis nicht frei durch den jeweiligen Betreuer aufgekündigt werden. Zwar kämen auch Gründe aus dem Bereich der persönlichen Beziehungen für eine Beendigung des Betreuungsverhältnisses in Betracht, jedoch nur, wenn die Vertrauensbasis zerstört sei. Je länger das Verhältnis bestanden habe, je mehr Arbeitskraft und Finanzkraft aufgewandt worden seien, umso schwereres Gewicht müssten die zur Auflösung des Betreuungsverhältnisses angeführten Gründe und Umstände haben. Der Betreuer müsse vor seiner Entscheidung alle diese Umstände in seiner Abwägung berücksichtigen. Um diesen Vorgaben gerecht zu werden, müsse ihn sein Betreuer persönlich zu Protokoll anhören. Ihm sei bisher kein Vieraugengespräch angeboten worden. Jedenfalls überwiege der Grund für die Auflösung des Betreuungsverhältnisses nicht die ihm daraus entstehenden Nachteile. Hierfür reiche schon die von ihm abgegebene strafbewehrte Unterlassungserklärung aus. Es sei anerkannt, dass durch eine solche ernstgemeinte und durch ein Vertragsstrafenversprechen angemessen gesicherte strafbewehrte Unterlassungserklärung die Wiederholungsgefahr ausgeschlossen werde. Zudem habe er auch tatsächlich seinen LinkedIn-Account bereinigt und damit gezeigt, dass ihm an einer klaren und unmissverständlichen Abkehr von seinem Verhalten sehr gelegen sei. Lediglich hilfsweise beantrage er, die Fortsetzung seiner Promotion bei einem anderen Betreuer der gleichen Fakultät sowie höchst hilfsweise an einer anderen Hochschule. Seinem Schreiben legte der Antragsteller eine unterschriebene, strafbewehrte Unterlassungserklärung bei.
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Am 9. Dezember 2022 tauschten sich der Antragsteller sowie sein Betreuer im Rahmen einer Online-Besprechung über die Angelegenheit persönlich aus. Daraufhin erklärte der Betreuer zunächst mit E-Mail vom 9. Dezember 2022 gegenüber dem Vorsitzenden des Promotionsausschusses im Wesentlichen und sinngemäß, dass er dem Antragsteller noch einmal seine Gründe erklärt habe, weshalb er die Betreuung niedergelegt habe, insbesondere, da der Antragsteller nicht mehr glaubwürdig sei, was Auswirkungen auf die Bewertung seiner Forschungsarbeit habe. Sodann erklärte er mit Schreiben vom 2. Januar 2023 gegenüber dem Promotionsausschuss im Wesentlichen und sinngemäß, er bitte erneut um Aufhebung des Betreuungsverhältnisses. Er habe dem Antragsteller im Rahmen des persönlichen Gesprächs dargelegt, dass er niemanden zur Promotion führen könne, der die Regeln und Werte dieses Titels schon nicht respektiere, bevor er berechtigt sei, ihn zu tragen. Dies habe der Antragsteller durch sein Verhalten gezeigt, indem er über Jahre unrechtmäßig und vorsätzlich den Titel „Dr.“ getragen habe. Zudem habe er kein Vertrauen mehr zu ihm, da er mit dem unberechtigten Tragen des Titels bewusst die Gefährdung seiner Reputation als Betreuer in Kauf genommen habe.
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Mit Schreiben vom 10. Januar 2023 gab der Promotionsausschuss dem Antragsteller abschließend Gelegenheit zur Stellungnahme. Daraufhin äußerte sich der Antragsteller mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 24. Januar 2023 dahingehend, die Online-Besprechung habe lediglich seinem Betreuer dazu gedient, seine persönlichen Gründe zur Niederlegung des Betreuungsverhältnisses darzulegen. Es seien nicht ansatzweise Bemühungen zu erkennen gewesen, die Situation konstruktiv zu lösen. Auf die ehrlich geäußerte Entschuldigung sowie auf die vorgelegte strafbewehrte Unterlassungserklärung sei mit keinem Wort eingegangen worden. Auch habe sich sein Betreuer nicht zur bisherigen Dauer des Promotionsverfahrens, den bislang erbrachten Mühen sowie der aufgewendeten Kosten geäußert. Auch sei nicht thematisiert worden, dass gegen ihn keinerlei strafrechtliche Sanktion verhängt worden sei und insoweit selbstverständlich die Unschuldsvermutung gelte. Eine Entscheidung, das Betreuungsverhältnis aufzulösen, werde nicht akzeptiert.
14
In der Sitzung vom 16. Februar 2023 fasste der Promotionsausschuss einstimmig den Beschluss, dem Antrag des Betreuers auf Aufhebung des Betreuungsverhältnisses stattzugeben. Das Betreuungsverhältnis zwischen dem Antragsteller und seinem Betreuer sei mit sofortiger Wirkung und mit den Rechtsfolgen des § 5 Abs. 3 RPromO beendet. Ferner fasste er einstimmig den Beschluss, dass das Promotionsverfahren des Antragstellers an der F2. (in Anlehnung an § 9 Abs. 3 Satz 3 RPromO) bis zum Abschluss des bei der Staatsanwaltschaft … anhängigen Verfahrens wegen Titelmissbrauchs ruhe.
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Mit Schreiben vom 20. Februar 2023, dem Prozessbevollmächtigten des Antragstellers am 21. Februar 2023 zugegangen, informierte der Vorsitzende des Promotionsausschusses den Antragsteller über die Entscheidung des Promotionsausschusses. Zur Begründung führte er im Wesentlichen und sinngemäß aus, der Promotionsausschuss habe die Argumente des Betreuers hinsichtlich der nachhaltigen Zerstörung der Vertrauensbasis sehr gut nachvollziehen können. Das Promotionsverfahren an der F2. sei durch die Entscheidung zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht beendet. Vielmehr habe sich der Promovierende selbständig um eine neue Betreuerin oder Betreuer zu bemühen. Gelinge dies dem Antragsteller trotz ernsthafter Bemühungen nicht, erhalte er Unterstützung durch das Promotionsorgan. Sei weiterhin keine geeignete Betreuerin bzw. kein geeigneter Betreuer verfügbar, so werde das Promotionsverfahren ohne Betreuerin bzw. Betreuer fortgesetzt und beendet, wenn der Antragsteller das Verfahren an der F2. abschließen wolle. Der Promotionsausschuss habe jedoch in Anlehnung an § 9 Abs. 3 Satz 3 RPromO ferner beschlossen, das noch nicht eröffnete Promotionsverfahren des Antragstellers an der F2. bis zum Abschluss des Ermittlungsverfahrens wegen des Tatvorwurfs des Missbrauchs von Titeln ruhen zu lassen. Zwischenzeitlich stehe es dem Antragsteller frei, seine Dissertationsschrift an einem anderen Ort einzureichen.
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Mit Schreiben vom 16. März 2023 teilte die Staatsanwaltschaft … gegenüber der Antragsgegnerin im Wesentlichen mit, sie beabsichtige, das Verfahren gemäß § 153a Abs. 1 StPO einzustellen, da der Antragsteller nicht vorbestraft und die beabsichtigte Zahlung einer Geldauflage in Höhe von 4.000,00 EUR geeignet sei, das öffentliche Interesse an der Strafverfolgung zu beseitigen.
17
Der Antragsteller hat mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 17. April 2023, eingegangen bei Gericht am selben Tag, gegen die Auflösung des Betreuungsverhältnisses mit Schreiben vom 20. Februar 2023 Klage erhoben. Das Klageverfahren wird unter dem Aktenzeichen … geführt.
18
Mit Schriftsatz vom 20. April 2023, eingegangen bei Gericht am 21. April 2023, hat der Antragsteller zudem den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt.
19
Zur Begründung führt er über seinen bisherigen Vortrag im Verwaltungsverfahren hinaus im Wesentlichen sinngemäß aus, der Vorwurf des Titelmissbrauchs treffe schon im Ansatz nicht zu, da er sich zu keinem Zeitpunkt als „Doktor“ bezeichnet, sondern die Abkürzung für den Begriff „divers“ verwendet habe. Es liege demzufolge kein Vorsatz vor. Hinsichtlich des erbrachten Arbeitsaufwands für seine Promotion führt er weiter aus, er habe in den Jahren 2015 bis 2022 durchgehend mindestens 30 Stunden pro Woche, bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 25 bis 30 Stunden im Rahmen seiner normalen beruflichen Tätigkeit, aufgewandt. Außerdem habe er durch die jahrelange Arbeit an der Promotion als Teilzeitkraft im Vergleich zu einer Vollzeitstelle je nach Stelle zwischen mindestens 1.800 EUR und 2.000,00 EUR brutto pro Monat weniger verdient. In den meisten Jahren habe er einen geschätzten Minderverdienst von 2.000,00 EUR bis 2.500,00 EUR gehabt. Insoweit reichte er zum Nachweis seiner Teilzeitbeschäftigungen verschiedene Arbeitszeugnisse ein.
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Lediglich vorsorglich weise er darauf hin, dass er den Eilantrag gerne bereits kurz nach Eingang des Schreibens vom 20. Februar 2023 gestellt hätte, ihm dies jedoch nicht möglich gewesen sei, da ihm die Deckungszusage seiner Rechtsschutzversicherung offenbar aufgrund eines internen Versehens erst am 21. März 2023 erteilt worden sei. Er habe die Deckungsanfrage gleich nach Zugang des Schreibens am 21. Februar 2023, verbunden mit dem Hinweis, dass ein Verfahren nach § 123 VwGO angestrebt werde, gestellt. Sein Prozessbevollmächtigter sei seitdem bis zuletzt stark mit weiteren, unaufschiebbaren Angelegenheiten erheblich arbeitsbelastet gewesen, sodass der Antrag erst nunmehr habe gestellt werden können. Er habe auch ein berechtigtes Interesse an der Feststellung des Bestehens des Betreuungsverhältnisses, insbesondere vor dem Hintergrund, dass sich bisher kein anderer Hochschullehrer bereit erklärt habe, das Promotionsverfahren weiter zu betreuen und er insofern faktisch von der weiteren Betreuung abhängig sei, um seine Promotion erfolgreich zu beenden. Zudem liege ein berechtigtes Feststellungsinteresse mit Blick auf seine Rehabilitierung vor. Sein Betreuer habe hervorgehoben, dass er sich der wissenschaftlichen „community“ nicht würdig erwiesen habe und damit den wissenschaftlichen Fachkreis gemeint. Die Antragsgegnerin stigmatisiere ihn damit gegenüber potentiellen anderen Betreuern, die geeignet wären, sein Promotionsverfahren zu begleiten, zumal sich die Äußerungen in den jeweiligen akademischen Fachbereichen, die erfahrungsgemäß einen gut überschaubaren Personenkreis beträfen, schnell herumsprächen.
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Ein Anordnungsanspruch liege vor, da es sowohl an den formellen als auch materiellen Voraussetzungen für die Auflösung des Betreuungsverhältnisses fehle. Aus dem „Leitfaden zur guten Praxis für die Durchführung und Betreuung einer Promotion“ der Antragsgegnerin ergebe sich, dass im Fall des Auftretens von Konflikten, die nicht einvernehmlich zwischen Betreuenden und Promovierenden gelöst werden könnten und den Fortgang oder Abschluss der Arbeit behinderten, die Kommission zur Konfliktlösung an wissenschaftlichen Arbeitsplätzen (Konfliktkommission) hinzuzuziehen sei, was jedoch nicht erfolgt sei. Dass vorliegend § 5 Abs. 1 der Richtlinie der Antragsgegnerin zur Verfahrensweise der Konfliktkommission Freiwilligkeit voraussetze und einen Antrag mindestens eines Betroffenen verlange, stehe einer Verpflichtung des Betreuers zur Anrufung der Konfliktkommission vor Niederlegung der Betreuung und der Beendigung des Betreuungsverhältnisses nicht entgegen. Aus dem „Leitfaden zur guten Praxis für die Durchführung und Betreuung einer Promotion“ ergebe sich eindeutig die Verpflichtung des Betreuers, in einem solchen Fall die Konfliktkommission hinzuzuziehen. Hierfür spreche auch die sich aus dem Betreuungsverhältnis ergebende Fürsorgepflicht des Betreuers ihm gegenüber. Hinsichtlich der materiellen Rechtmäßigkeit müsse bereits dem Grunde nach in Abrede gestellt werden, dass das Vertrauen des Betreuers überhaupt betroffen sei. Es sei unstreitig, dass er sich im konkreten Verhältnis zum Betreuer keinerlei Fehlverhaltens schuldig gemacht habe. Der gegen ihn erhobene Vorwurf des unberechtigten Führens eines Titels betreffe dieses Verhältnis noch nicht einmal. Jedenfalls aber sei das Vertrauensverhältnis nicht zerstört bzw. stelle sich die Auflösung des Betreuungsverhältnisses gemessen an den sich für ihn daraus resultierenden Nachteilen als unverhältnismäßig dar. Hinsichtlich der Darlegung der Unverhältnismäßigkeit wiederholt der Antragsteller im Wesentlichen die schon im Verwaltungsverfahren vorgetragenen Aspekte und führt zudem insbesondere weiter aus, er habe die verwendete Abkürzung aus den sozialen Netzwerken – insbesondere LinkedIn – entfernt. Sein Betreuer wäre verpflichtet gewesen, protokollierte Gespräche mit ihm zu führen, um mit ihm über die Vorwürfe zu sprechen und ihm Gelegenheit zu geben, auch nochmals persönlich zu versichern, dass er das weitere Betreuungsverhältnis in tadelloser Weise fortsetzen werde. Die Entscheidung des Betreuers, das Betreuungsverhältnis ruhen zu lassen, sei unausgewogen und weitestgehend von einer einseitigen Wahrnehmung gekennzeichnet. Die Begründung des Antrags auf Auflösung lasse erkennen, dass seine Interessenlage und die sich mit der Auflösung des Betreuungsverhältnisses für ihn ergebenden Erschwernisse überhaupt keine Rolle spielten. Es wäre angezeigt gewesen, die Fortsetzung des bereits lange andauernden Betreuungsverhältnisses unter die auflösende Bedingung einer (rechtskräftigen) strafrechtlichen Verurteilung zu stellen. Er sei vorverurteilt und – soweit nicht gerichtlich festgestellt werde, dass das Betreuungsverhältnis fortbestehe – außerstande, seine Promotion fortzusetzen. Es liege auf der Hand, dass potentielle andere Betreuer eine Betreuung ablehnen werden, wenn er ihnen den ihm gegenüber erhobenen Vorwurf offenbare. Außerdem streite für ihn die Unschuldsvermutung. Eine strafrechtliche Verurteilung wegen des erhobenen Vorwurfs des Führens von Titeln nach § 132a StGB liege nicht vor. Es werde nach wie vor ermittelt. Auch sei bislang weder Anklage erhoben noch liege ein Anklagesurrogat in Gestalt eines Strafbefehls vor. Anders als vom Promotionsausschuss in seinem Schreiben vom 20. Februar 2023 dargestellt, habe er einen „Titelmissbrauch“ auch zu keinem Zeitpunkt bestätigt. Worauf der Promotionsausschuss diese Behauptung stütze, sei nicht ersichtlich. Er habe lediglich klargestellt, die Abkürzung „Dr.“ mit Blick auf sein Selbstverständnis als diverser Mensch, keinesfalls aber in der Intention verwendet zu haben, sich als „Doktor“ zu bezeichnen.
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Auch ein Anordnungsgrund liege vor, da er sein Promotionsvorhaben sonst voraussichtlich nicht oder jedenfalls nicht in absehbarer Zeit werde abschließen können. Dabei sei insbesondere zu berücksichtigen, dass mit dem Verstreichenlassen weiterer Zeit seine Doktorarbeit an Aktualität einbüße und er diese durch das Fortschreiten der Wissenschaft, die ständige Aktualisierung von Zeitschriften, Fachbüchern und Nachschlagewerken, womöglich auch wissenschaftlicher Methoden, immer umfangreicher werde überarbeiten müssen.
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Der Antragsteller beantragt wörtlich, zu erkennen:
Es wird im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig festgestellt, dass das Betreuungsverhältnis zwischen dem Antragsteller und seinem Betreuer, Herrn …, durch das Schreiben der Antragsgegnerin vom 20.02.2023 nicht aufgelöst wurde.
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Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
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Sie führt sinngemäß im Wesentlichen über ihr bisheriges Vorbringen im Verwaltungsverfahren hinaus aus, entgegen der Ausführungen des Antragstellers sei mit diesem keine schriftliche Betreuungsvereinbarung abgeschlossen worden. Auch sei die Aussage, dass sich der Antragsteller zu keinem Zeitpunkt als „Doktor“ bezeichnet habe, unzutreffend. So habe Herr … der Antragsgegnerin einen ausgedruckten Screenshot eines persönlichen Chatverlaufs mit dem Antragsteller vorgelegt, in dem sich letzterer wortwörtlich als „Person mit Doktor Titel“ bezeichnet habe. Die Tatsache, dass das Ermittlungsverfahren gegen den Antragsteller wegen unerlaubten Führens eines Doktortitels gegen Geldauflage gemäß § 153a Abs. 1 StPO eingestellt werden solle, zeige, dass es nicht erwiesen sei, dass der Antragsteller den Doktortitel nicht unerlaubt geführt habe, denn sonst wäre keine Einstellung unter Auflagen in Betracht gezogen worden, sondern eine reguläre Einstellung des Verfahrens. Der Betreuer des Antragstellers habe die Betreuung nicht „auf Anraten der Rechtsabteilung“ der Antragsgegnerin niedergelegt, sondern weil er nach Bekanntwerden der Nachweise, dass der Antragsteller einen noch nicht erworbenen Doktortitel geführt habe, keinerlei Vertrauensgrundlage mehr gesehen habe, die Promotion des Antragstellers weiterhin zu betreuen. Der damalige Betreuer des Antragstellers habe, nachdem er vom unerlaubten Führen des Doktortitels durch den Antragsteller und von den zahlreichen Nachweisen dazu im Internet erfahren habe, beim Promotionsbüro der Antragsgegnerin nachgefragt, ob er die Promotion des Antragstellers unter diesen Umständen weiterhin betreuen müsse. Daraufhin sei seitens des Promotionsbüros beim Referat L1 der Antragsgegnerin angerufen und nachgefragt worden, ob der Betreuer die Betreuung niederlegen könne. Das Referat L1 habe sodann dem Promotionsbüro mitgeteilt, dass eine Aufhebung der Betreuung möglich sei, allerdings nur, wenn das Vertrauensverhältnis zerstört sei. Es sei seitens des Referats L1 der Antragsgegnerin keinerlei Empfehlung oder Anraten gegenüber dem Promotionsbüro bzw. gegenüber dem ehemaligen Betreuer des Antragstellers ausgesprochen worden. Das Referat L1 habe nur bestätigt, dass eine Aufhebung der Betreuung möglich sei, falls die Voraussetzungen dafür (z. B. Zerstörung des Vertrauensverhältnisses) vorlägen. Die Initiative zur Niederlegung der Betreuung sei allein vom damaligen Betreuer ausgegangen. Mit seiner Formulierung, dass er dies „auf Anraten der Rechtsabteilung“ mache, habe er offensichtlich zum Ausdruck bringen wollen, dass er dies nach Rückfrage bei der „Rechtsabteilung“ mache. Die vom Antragsteller vorgetragene Argumentation, dass er mit dem Voranstellen des Kürzels „Dr.“ vor seinen Namen lediglich habe ausdrücken wollen, dass er sich als divers empfinde, entbehre jeglicher Grundlage und sei eine reine Schutzbehauptung. Dass „Dr.“ kein Kürzel für „divers“ sei, habe man dem Antragsteller schon telefonisch am 15. September 2022 und mit E-Mail vom gleichen Tag mitgeteilt und es sei auch allgemein bekannt, dass „Dr.“ die gängige Abkürzung für einen Doktortitel sei. Darüber hinaus habe der Antragsteller seinen angeblich vorhandenen Doktortitel auch ausdrücklich in einem persönlichen Chat mit Herrn … als solchen erwähnt, was seine Argumentation, er habe mit dem Voranstellen des Kürzels „Dr.“ vor seinen Namen lediglich ausdrücken wollen, dass er sich als divers empfinde, noch unglaubwürdiger erscheinen lasse. Der Antragsteller habe hinsichtlich einer etwaigen vorläufigen Feststellung über das Bestehen eines Betreuungsverhältnisses in einem Eilverfahren weder ein Rechtsschutzbedürfnis noch ein Feststellungsinteresse. Denn das Schreiben des Promotionsausschusses vom 20. Februar 2023 stelle lediglich eine unselbständige Verfahrenshandlung gemäß § 44a VwGO im Rahmen des weiterhin bestehenden Promotionsverfahrens dar, in welchem noch keine endgültige Sachentscheidung getroffen worden sei. Bei dem Schreiben handele es sich nicht um einen Verwaltungsakt. Eine besondere Eilbedürftigkeit sei schon deswegen zweifelhaft, weil der Antragsteller seinen Antrag erst zwei Monate nach Erhalt des Schreibens, gegen das er sich wende, gestellt habe. Es sei auch nicht erkennbar, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werde. Ebenso habe der Antragsteller nicht dargelegt, welche wesentlichen Nachteile oder welche drohende Gefahr hier abzuwenden wäre. Solche Nachteile und Gefahren seien fernliegend. Das Promotionsverfahren sei an keinerlei Fristen gebunden, sodass eine Entscheidung über die Fortsetzung desselben im regulären Klageverfahren zu keiner Verletzung der Rechte des Antragstellers führe. Der Antragsteller sei auch nicht faktisch von der weiteren Betreuung seines ehemaligen Betreuers abhängig, um das Promotionsverfahren zu einem erfolgreichen Ende zu führen. Nach § 5 Abs. 3 der Rahmenpromotionsordnung der F2. könne der Promovierende, falls er keinen geeigneten Betreuer finde, das Promotionsverfahren auch ohne Betreuer fortsetzen und beenden. Dabei sei irrelevant, weshalb das ursprüngliche Betreuungsverhältnis geendet habe. Ob die menschlichen und wissenschaftlichen Voraussetzungen für die Weiterführung des Doktorandenverhältnisses noch vorlägen, dürfe ein Hochschullehrer im Rahmen seines pädagogisch-wissenschaftlichen Beurteilungsspielraums selbst entscheiden. Der ehemalige Betreuer des Antragstellers habe gegenüber dem Promotionsausschuss glaubhaft erklärt, dass sein Vertrauensverhältnis unwiederbringlich zerstört sei. Auch eine Versicherung des Antragstellers, die unbefugte Verwendung des Titels zu unterlassen (inklusive strafbewehrter Unterlassungserklärung) habe das Vertrauen des ehemaligen Betreuers zum Antragsteller nicht wiederherstellen können. Trotz Abwägung unter Berücksichtigung der Dauer der Promotion und des bisherigen Aufwandes des Antragstellers habe der Betreuer zu keinem anderen Ergebnis gelangen können, als die Betreuung niederzulegen. Aufgrund des Verhaltens des Antragstellers sei er dermaßen persönlich und wissenschaftlich von diesem enttäuscht, dass ihm eine weitere Zusammenarbeit nicht mehr möglich gewesen sei. Eine Entscheidung, ob ein Vertrauensverhältnis noch bestehe oder nicht, könne schließlich nur der Betreuer selbst aufgrund seiner Wahrnehmung und seines Eindruckes treffen. Ein Betreuungsverhältnis sei ein Vertrauensverhältnis und ein solches könne man weder erzwingen, noch einklagen. Gerade weil Antragsteller und Betreuer zuvor ein so gutes Verhältnis gehabt hätten und per Du gewesen seien, sei die Enttäuschung des ehemaligen Betreuers sowohl persönlich als auch wissenschaftlich besonders groß und nicht zu reparieren gewesen. Er betrachte das Verhalten des Antragstellers als einen der größten wissenschaftlichen Fauxpas, die man begehen könne und dieser sei in seinen Augen auch nicht mehr reparabel. Müsste der ehemalige Betreuer die Promotion des Antragstellers weiterhin betreuen und bewerten, so wäre er definitiv befangen, was weder rechtmäßig wäre noch dem Antragsteller nutzen würde. Es läge auch kein Konflikt vor, der einer Lösung durch die Konfliktkommission zugänglich gewesen wäre. Es gehe nicht um Missverständnisse, Uneinigkeiten, andere Konflikte oder dergleichen, sondern schlichtweg um ein tatsächlich vorliegendes Verhalten des Antragstellers, welches das Vertrauen seines damaligen Betreuers in ihn unwiederbringlich zerstört habe. Auch habe der damalige Betreuer keinerlei andere Pflichten verletzt, insbesondere keine aus einer Betreuungsvereinbarung, da eine solche gar nicht geschlossen worden sei. Da ein Vertrauensverhältnis nicht einklagbar sei, bestehe auch kein Anspruch auf einen bestimmten Betreuer. Davon losgelöst bestehe der Anspruch auf eine Promotion im Rahmen des Promotionsverhältnisses zur entsprechenden Fakultät. Diese beiden Rechtsverhältnisse bestünden unabhängig nebeneinander und seien voneinander zu unterscheiden. Die Zulassung zur Promotion setze rechtlich kein Betreuungsverhältnis bzw. Doktorandenverhältnis voraus. So habe sich der Promotionsausschuss dahingehend verständigt, dass der Antragsteller seine Promotion gemäß § 5 Abs. 3 Satz 3 RPromO ohne Betreuer beenden könne, falls er nicht wegen Titelmissbrauchs verurteilt werde, wonach es momentan aussehe.
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Hierauf lässt der Antragsteller über seinen Prozessbevollmächtigten mit Schriftsatz vom 25. Mai 2023 über sein bisheriges Vorbringen hinaus im Wesentlichen und sinngemäß ausführen, es treffe zu, dass tatsächlich keine schriftliche Betreuungsvereinbarung geschlossen worden sei. Die aus der Akte ersichtlichen, von der Antragsgegnerin ihm zugeordneten Aussagen und Bezeichnungen ließen schon nicht den hinreichenden Schluss zu, dass die inkriminierten Aussagen, wonach er sich als Doktor bezeichnet habe, überhaupt von ihm stammten. Insoweit sei darauf hinzuweisen, dass im internen Schriftverkehr der Antragsgegnerin der Anzeigeerstatter Herr … als „sehr undurchsichtig“ bezeichnet werde und, dass seine „Vorwürfe persönlich motiviert erscheinen würden“. Ohne auf die genauen Umstände seiner Bekanntschaft mit dem sich als Herr … bezeichnenden Anzeigeerstatters näher einzugehen, scheine der Anzeigeerstatter von der Motivation getrieben, ihm möglichst viel Schaden zuzufügen. Abgesehen davon sei noch nicht mal gesichert, dass die Person … überhaupt existiere. Es sei auffallend, dass der Anzeigeerstatter über einen WhatsApp-Account verfügen solle, jedoch im Internet nicht zu finden sei. Mit einer Einstellung nach § 153a StPO werde schon im Ansatz keine Entscheidung darüber getroffen, ob der Beschuldigte die ihm vorgeworfene Tat begangen habe oder nicht. Die Antragsgegnerin verkehre die Unschuldsvermutung in ihr Gegenteil. Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin liege aufgrund der divergierenden Interessen hinsichtlich einer Fortsetzung des bestehenden Betreuungsverhältnisses gerade ein Konflikt vor, bei dem der Betreuer die Konfliktkommission habe einschalten müssen. Auch wenn dem Betreuer ein wissenschaftlich-pädagogischer Beurteilungsspielraum zustehe, sei die Frage, ob noch eine Vertrauensbasis bestehe, nach einem objektivierenden Maßstab zu bestimmen. Allein der Verdacht der Begehung einer Tat nach § 132a StGB sei nicht geeignet, das Vertrauensverhältnis zu zerstören. Die Antragsgegnerin habe noch nicht einmal den Abschluss des Ermittlungsverfahrens abgewartet. Ein Betreuerwechsel würde zu einer erheblichen Verzögerung im Promotionsprozess führen. Ein neuer Betreuer müsste erst in die inhaltliche Betreuung einsteigen. Die bisher erzielten Ergebnisse müssten – je nach Charakter und wissenschaftlichem Ansatz des Betreuers – neu bedacht oder abgeändert werden. Außerdem sei ungewiss, ob es überhaupt zu einer guten Zusammenarbeit kommen würde.
27
Mit Schriftsatz vom 25. September 2023 hat der Antragsteller eine Kopie des Einstellungsbeschlusses der Staatsanwaltschaft … vom 6. Juni 2023 vorgelegt, wonach das Ermittlungsverfahren gemäß § 153a StPO nach Auflagenerfüllung endgültig eingestellt worden ist.
28
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte, insbesondere auf die gewechselten Schriftsätze samt Anlagen, und auf die Behördenakte Bezug genommen.
29
1. Der zulässige Antrag hat in der Sache keinen Erfolg.
30
a) Der Antragsteller begehrt nach Wortlaut und Auslegung seines Antrags gemäß § 122 Abs. 1, § 88 VwGO die vorläufige Feststellung, dass das Betreuungsverhältnis zwischen seinem Betreuer und ihm fortbesteht und nicht wirksam aufgelöst worden ist. Zwar hat er wörtlich lediglich die vorläufige Feststellung beantragt, dass das Betreuungsverhältnis nicht durch das Schreiben der Antragsgegnerin vom 20. Februar 2023 aufgelöst worden ist, jedoch ergibt sich aus seinem sonstigen Vorbringen, dass es ihm inhaltlich um die (vorläufige) Feststellung des Weiterbestehens des Betreuungsverhältnisses geht, mithin dieses auch nicht durch frühere Erklärungen wirksam aufgelöst worden ist. Im Übrigen hätte der Antragsteller auch kein allgemeines Rechtsschutzbedürfnis daran, isoliert einzelne Beendigungstatbestände des Betreuungsverhältnisses überprüfen zu lassen. Denn ein solches Begehren wäre letztlich nutzlos, da das Betreuungsverhältnis aus einem anderen, nicht zur Überprüfung gestellten Grund beendet worden sein kann. Das Begehren des Antragstellers stellt jedenfalls eine teilweise Vorwegnahme der Hauptsache dar, da die Weiterbetreuung bis zum Ausgang einer etwaigen Hauptsache in tatsächlicher Hinsicht nicht wieder rückabgewickelt werden kann.
31
b) Ein solches Rechtsschutzbegehren ist mit dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO grundsätzlich auch erreichbar, da dem Begehren insbesondere ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis im Sinne von § 43 VwGO zugrunde liegt.
32
aa) Nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann das Gericht auch schon vor Klageerhebung eine einstweilige Anordnung insbesondere zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn diese Regelung nötig erscheint, um wesentliche Nachteile abzuwenden. Voraussetzung hierfür ist nach § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO, dass der Antragsteller sowohl einen Anordnungsgrund als auch einen Anordnungsanspruch glaubhaft macht. Die einstweilige Anordnung dient im Grundsatz der vorläufigen Sicherung eines Anspruchs bzw. der vorläufigen Regelung eines Rechtsverhältnisses. Nimmt der Erlass der einstweiligen Anordnung die Hauptsache – zumindest in zeitlicher Hinsicht – vorweg, so sind an die Prüfung von Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund qualifiziert hohe Anforderungen zu stellen (BayVGH, B.v. 18.3.2016 – 12 CE 16.66 – BeckRS 2016, 44855 Rn. 4). Danach steht das Verbot der Vorwegnahme der Hauptsache einer Anordnung nach § 123 VwGO dann nicht entgegen, wenn dies zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes geboten ist und ein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit dafür spricht, dass der mit der Hauptsache verfolgte Anspruch begründet ist (BVerwG, U.v. 18. 4. 2013 – 10 C 9/12 – NVwZ 2013, 1344, Rn. 22; BayVGH, B.v. 19.8.2020 – 7 CE 20.1822 – BeckRS 2020, 20467 Rn. 12; vgl. mit diesen Fundstellen auch Happ in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 123 Rn. 66a). Zudem entspricht es überwiegender Rechtsauffassung in Rechtsprechung und Literatur, dass mit einer einstweiligen Anordnung grundsätzlich auch die vorläufige Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses im Sinne von § 43 Abs. 1 VwGO begehrt werden kann (vgl. OVG Nordrh.-Westf., B.v. 25.8.2017 – 13 B 762/17 – juris Rn. 7 f. m.w.N.; BayVGH, B.v. 12.3.2010 – 11 CE 09.2712 – juris).
33
bb) Danach ist der gestellte Antrag statthaft. Denn vorliegend geht es entscheidungserheblich um die Frage, ob das Betreuungsverhältnis zwischen dem Antragsteller und seinem Betreuer weiterhin besteht oder wirksam aufgelöst worden ist.
34
Bei dem Betreuungsverhältnis zwischen einem Promovierenden und seinem Betreuer handelt es sich um ein Rechtsverhältnis, welches dem öffentlichen Recht angehört (vgl. BVerwG, U.v. 26.8.1966 – VII C 113/65 – NJW 1967, 72; BGH, U.v. 14.12.1959 – III ZR 117/58 – NJW 1960, 911; VGH Baden-Württemberg, B.v. 15. Oktober 2014 – 9 S 1485/14 – juris Rn. 10; VG Osnabrück, U.v. 25.10.2009 – 3 A 68/99 – NvwZ 2001, 951; VG Berlin U.v. 18.4.2023 – VG 12 K 191/20, BeckRS 2023, 13557 Rn. 19; wobei im Einzelnen umstritten ist, ob es sich um einen öffentlich-rechtlichen Vertrag oder um ein dem öffentlichen Recht angehörendes Vertrauensverhältnis besonderer Art handelt). Dem streitgegenständlichen Betreuungsverhältnis liegen – wie noch aufzuzeigen sein wird – die Vorschriften der Promotionsordnung der Universität Erlangen-Nürnberg (RPromO) vom 21. Januar 2013 (künftig: RPromO 2013) sowie der Fakultätspromotionsordnung der Friederich-Alexander-Universität für den Grad eines Dr. phil. (FPromO Phil) vom 21. Januar 2013 in der Fassung vom 5. Dezember 2017 (künftig: FPromO 2017), mithin öffentlich-rechtliche Vorschriften, zugrunde. Das Betreuungsverhältnis betrifft den jeweiligen Hochschullehrer nicht nur in einer rein persönlichen Verbindung, sondern gehört zu seinen dienstlichen – öffentlich-rechtlichen – Aufgaben. Denn mit Blick auf das öffentliche Interesse an einer Fortentwicklung der wissenschaftlichen Forschung gehört es gemäß Art. 2 Abs. 2 Satz 1 des zwischenzeitlich außer Kraft getretenen Bayerischen Hochschulgesetzes (BayHSchG) bzw. des geltenden Art. 2 Abs. 5 Satz 3 des Bayerischen Hochschulinnovationsgesetzes (BayHIG) grundsätzlich zu seinen Dienstpflichten, den wissenschaftlichen Nachwuchs zu fördern und damit auch zu betreuen, wenn ihm dies möglich ist (vgl. zu Art. 2 Abs. 2 Satz 1 BayHSchG VG Würzburg U.v. 30.6.2021 – W 2 K 20.474 – BeckRS 2021, 27736 Rn. 34; vgl. ähnlich auch VG Trier U.v. 25.4.2016 – 6 K 3718/15.TR – juris Rn. 30). Auch die sonst zur Betreuung von Promotionsvorhaben allgemein oder im Einzelfall Berechtigten, die keine Hochschullehrer sind (vgl. z.B. § 5 Abs. 1 Satz 3 FPromO 2017 i.V.m. § 5 Abs. 2 Satz 3 Alt. 2 RPromO 2013), gehen keine privatrechtliche Verbindung mit dem Promovenden ein, sondern werden insoweit für die Universität tätig. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung ist zudem nicht schon von vornherein deshalb ausgeschlossen, weil im hiesigen Hauptsacheverfahren allein bzw. vorrangig eine Anfechtungsklage statthaft wäre, vgl. § 123 Abs. 5 VwGO. Denn bei der seitens der Antragsgegnerin ausgesprochenen Beendigung des Betreuungsverhältnisses handelt es sich – wie noch aufzuzeigen sein wird – nicht um einen Verwaltungsakt, sondern um eine wirksame Kündigungserklärung, die das bestehende Betreuungsverhältnis als öffentlich-rechtlichen Vertrag mit sofortiger Wirkung beendet hat.
35
cc) Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin hat der Antragsteller auch ein allgemeines Rechtsschutzinteresse an der vorläufigen Feststellung, dass das Betreuungsverhältnis nicht wirksam aufgelöst worden ist. Denn – wie noch aufzuzeigen sein wird – ist es dem Antragsteller nach den für sein Promotionsvorhaben geltenden Vorschriften der Promotionsordnungen grundsätzlich nicht möglich, sein Promotionsvorhaben ohne Betreuer zu beenden. Zudem hat ein Doktorand durchaus grundsätzlich ein schützenswertes Interesse, dass sein Betreuer sein Promotionsvorhaben bis zum Schluss begleitet, denn er verliert sonst jedenfalls die weitere wissenschaftliche Hilfestellung seitens des Betreuers.
36
c) Der Antrag ist aber unbegründet. Denn der Antragsteller hat keinen Anordnungsanspruch dahingehend glaubhaft gemacht, dass das Betreuungsverhältnis fortbesteht.
37
aa) Zunächst ist der Antrag gegen den richtigen Antragsgegner gerichtet. Denn – wie noch aufzuzeigen sein wird – ist das streitgegenständliche Betreuungsverhältnis nach den hier maßgeblichen Vorschriften in das Promotionsverfahren eingebettet, sodass sowohl der Betreuer als auch der Promotionsausschuss mit der Auflösung dieses Verhältnisses für die Antragsgegnerin tätig geworden sind. Nach dem grundsätzlich geltenden Rechtsträgerprinzip ist damit die Universität richtige Antragsgegnerin.
38
bb) Von einem Anordnungsanspruch ist grundsätzlich auszugehen, sofern der Antragsteller nach dem einschlägigen materiellen Recht auf Grundlage des ermittelten bzw. glaubhaft gemachten Sachverhalts voraussichtlich in der Hauptsache Erfolg haben wird (vgl. Kuhla in Beckscher Online-Kommentar VwGO, 62. Edition Stand 1.7.2022, § 123 Rn. 77. ff.). Insoweit nimmt das Gericht grundsätzlich eine summarische Prüfung vor (Schoch in Schoch/Schneider, VwGO, Stand Februar 2022, § 123 Rn. 122).
39
cc) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze dringt der Antragsteller mit seinem Begehren nicht durch, da nach summarischer Prüfung auf Grundlage des hier anwendbaren Rechts (a) das Betreuungsverhältnis wirksam durch Kündigung aufgelöst worden ist (b).
40
(a) Unabhängig davon, ob der Promotionszulassungsantrag des Antragstellers aus dem Jahr 2014 oder aber aus dem Jahr 2015 maßgeblich ist, ist vorliegend die FPromO 2017 anwendbar. Denn die Promotionsordnungen der Antragsgegnerin ab dem Jahr 2013 beanspruchen nicht etwa mit Inkrafttreten – ggf. versehen mit Ausnahmen im Sinne von Übergangsregelungen – umfassende Geltung für alle Fallgestaltungen, sondern definieren stattdessen positiv ihren Anwendungsbereich allein für genauer geregelte Fallgestaltungen. Offenbleiben kann, ob vorliegend die RPromO 2013 anwendbar ist oder deren spätere Fassung vom 31. Mai 2016 bzw. 10. Oktober 2017 (künftig: RPromO 2016 bzw. RPromO 2017). Denn die hier entscheidungserheblichen Vorschriften dieser Rahmenpromotionsordnungen sind inhaltsgleich, sodass im Folgenden allein auf die RPromO 2013 abgestellt wird.
41
(i) Die Entwicklung der Satzungen der F2. zur Regelung von Promotionsverfahren ist jedenfalls bezogen auf die Philosophische Fakultät und den Fachbereich Theologie geprägt von einem Systemwechsel im Jahr 2013. Während vor 2013 das gesamte Promotionsrecht der Philosophischen Fakultät und des Fachbereichs Theologie in einer einzigen Promotionsordnung von 1991, zuletzt in der Fassung von 2011 geregelt war (künftig: PromO 2011), erging am 21. Januar 2013 mit der RPromO 2013 eine Rahmenpromotionsordnung für alle Fakultäten der F2.. Entsprechend regelt § 1 RPromO 2013, dass die Rahmenpromotionsordnung die Grundsätze des Verfahrens zur Verleihung der Doktorgrade der F2. regelt. Allerdings regelt die RPromO 2013 das Promotionsrecht nicht umfassend, sondern gemäß § 1 Satz 2 RPromO in Verbindung mit den (jeweiligen) Fakultätspromotionsordnungen, insbesondere der FPromO 2017 der Philosophischen Fakultät. Aufbau und Struktur der FPromO 2017 gleichen Aufbau und Struktur der RPromO 2013, was im Übrigen auch für spätere Fassungen der genannten Satzungen gilt. In diesem Zusammenhang bestimmt § 1 FPromO 2017 sinngemäß, dass die FPromO 2017 die Rahmenpromotionsordnung ergänzt und deswegen gleichermaßen strukturiert ist; soweit die Fakultätspromotionsordnung (ergänzende) Regelungen trifft, sind diese an der entsprechenden Stelle eingefügt. Gleiches regelt § 1 der späteren Fassungen der FPromO 2017.
42
Das Inkrafttreten sowie Übergangsregelungen der RPromO 2013 sind dort in § 25 geregelt. § 25 Abs. 1 Satz 1 RPromO 2013 sieht vor, dass die Rahmenpromotionsordnung am Tag nach der Bekanntmachung in Kraft tritt. Weiter bestimmt § 25 Abs. 1 Satz 2 RPromO 2013, dass diese Satzung gemäß § 25 Abs. 2 RPromO 2013 Anwendung findet, sobald eine Fakultätspromotionsordnung zu der Rahmenpromotionsordnung in Kraft getreten ist. Nach § 25 Abs. 2 Satz 1 RPromO 2013 wiederum gilt die RPromO 2013 in Verbindung mit den jeweils einschlägigen Fakultätspromotionsordnungen für alle Promotionsverfahren, für die nach Inkrafttreten dieser RPromO ein Antrag gemäß § 8 Abs. 1 RPromO gestellt wird. Hierbei handelt es sich um den Zulassungsantrag zur Promotion, der zu Beginn des Promotionsvorhabens nach vorheriger Online-Registrierung schriftlich an das Promotionsorgan zu richten ist. Der Antrag muss gemäß § 8 Abs. 2 Satz 1 RPromO 2013 verschiedene, genauer bezeichnete Unterlagen enthalten, insbesondere eine Betreuungsbestätigung der Betreuerin bzw. des Betreuers der Dissertation mit Angabe des vorläufigen Titels. Weiter sieht § 25 Abs. 2 Satz 2 RPromO 2013 vor, dass „[d]ie FPromO“ regelt, unter welchen Voraussetzungen die alte Fassung der Promotionsordnung für bereits begonnene Promotionsvorhaben anzuwenden ist oder solche Vorhaben in das Verfahren nach neuer Rechtslage übergeleitet werden. Schließlich kann das Promotionsorgan gemäß § 25 Abs. 2 Satz 3 RPromO 2013 auf Antrag zulassen, dass das Verfahren nach der bisherigen Promotionsordnung – der PromO 2011 – durchgeführt wird, wenn die Anwendung der neuen Rahmen- und Fakultätspromotionsordnung zu einer nicht beabsichtigten Härte führen würde. § 25 der RPromO 2016, 2017, 2019, 2020 sowie 2021 sind jeweils strukturgleich.
43
Strukturell ähnlich der RPromO 2013 sieht § 25 Abs. 1 Satz 1 FPromO 2017 vor, dass “[d]iese Satzung“ am Tag nach ihrer Bekanntmachung in Kraft tritt. Nach § 25 Abs. 1 Satz 2 FPromO 2017 gilt die Satzung für alle Promotionsverfahren, die nach Inkrafttreten der Satzung eröffnet werden. Nach der Regelungstechnik ist mit “[d]iese Satzung“ dabei die erste Fassung der Fakultätspromotionsordnung der Friederich-Alexander-Universität für den Grad eines Dr. phil. (FPromO Phil) vom 21. Januar 2013 (künftig: FPromO 2013) gemeint, da § 25 Abs. 4 FPromO 2017 wiederum regelt, dass die Erste Änderungssatzung am Tag nach ihrer Bekanntmachung in Kraft tritt. § 25 Abs. 2 FPromO 2017 bestimmt, dass – vorbehaltlich § 25 Abs. 3 FPromO 2017 – die PromO 2011 außer Kraft gesetzt wird. Nach § 25 Abs. 3 Satz 1 FPromO 2017 werden nach Inkrafttreten der RPromO und FPromO alle zum Zeitpunkt des Inkrafttretens bereits eröffneten Verfahren nach der PromO 2011 abgewickelt. Kandidatinnen und Kandidaten, deren Promotionsverfahren bereits zugelassen, aber noch nicht eröffnet war, können wählen, ob sie ihr Verfahren nach der vorliegenden Ordnung oder der Ordnung gemäß Abs. 2 ablegen wollen, wobei die Wahl bis spätestens 31. März 2013 gegenüber dem Promotionsbüro schriftlich zu erklären ist.
44
(ii) Auf dieser Grundlage sind hier die RPromO 2013 und die FPromO 2017 unabhängig davon anwendbar, ob auf den Zulassungsantrag des Antragstellers aus dem Jahr 2014 oder aus dem Jahr 2015 abzustellen ist. Offenbleiben kann, ob die RPromO 2016 bzw. 2017 vorrangig anzuwenden sind, da die hier streitentscheidenden Vorschriften inhaltsgleich mit der RPromO 2013 sind. Die späteren Fassungen der RPromO vom 20. Februar 2019, 4. Juni 2020 und 1. Dezember 2021 finden jedenfalls keine Anwendung (künftig: RPromO 2019, RPromO 2020, RPromO 2021). Gleiches gilt für die späteren Fassungen der FPromO vom 21. Januar 2013 in der Fassung vom 5. Februar 2019 und 19. Oktober 2020 (künftig: FPromO 2019, FPromO 2020).
45
Dies ergibt sich zunächst daraus, dass der Antragsteller seinen Antrag gemäß § 8 Abs. 1 RPromO 2013 jedenfalls nach Inkrafttreten der RPromO 2013 gestellt hat, als auch die FPromO 2013 schon in Kraft getreten war. Da das Promotionsverfahren des Antragstellers zudem bislang noch nicht eröffnet worden ist, gelten gemäß § 25 Abs. 1, Abs. 2 Satz 2 RPromO 2013 i.V.m. § 25 Abs. 1, 2 und 3 Satz 1 FPromO 2017 die FPromO 2017 und RPromO 2013 für das Promotionsverfahren des Antragstellers. Ein Wahlrecht gemäß § 25 Abs. 3 Satz 2 FPromO 2017, das Promotionsverfahren nach der PromO 2011 abzulegen, steht dem Antragsteller schon nicht zu, da sein Promotionsverfahren bei Inkrafttreten der RPromO 2013 und FPromO 2013 noch nicht zugelassen war. Auch die Anwendbarkeit der PromO 2011 im Wege einer Härtefallregelung nach § 25 Abs. 2 Satz 3 FPromO 2017 scheidet schon mangels entsprechenden Antrags des Antragstellers aus.
46
Ob § 25 Abs. 2 RPromO 2016 sowie 2017 jeweils dahingehend auszulegen ist, dass mit „dieser RPromO“ jeweils die bis dahin aktuellste Fassung gemeint ist, sodass es im hier vorliegenden Fall bei der Anwendbarkeit der RPromO 2013 verbleibt oder aber die Erstfassung der RPromO (RPromO 2013) gemeint ist, sodass hier die RPromO 2017 anzuwenden wäre, kann im Ergebnis offenbleiben, da die hier streitentscheidenden Vorschriften der RPromO 2013 und 2017 inhaltsgleich sind. Insbesondere wirkt sich die Frage auch nicht auf die Anwendbarkeit der FPromO 2017 aus.
47
Die späteren Fassungen der RPromO sind demgegenüber nicht auf das Promotionsverfahren des Antragstellers anwendbar. Denn zum einen hat der Antragsteller seinen Zulassungsantrag vor Inkrafttreten der jeweiligen Änderungssatzung gestellt, sodass deren Anwendbarkeit ausscheidet (vgl. § 25 Abs. 5 Satz 1 und 2 der RPromO 2019, § 25 Abs. 6 Satz 1 und 2 RPromO 2020 sowie § 25 Abs. 7 Satz 1 und 2 RPromO 2021). Zum anderen hat der Antragsteller mit Blick auf die Härtefallregelungen in § 25 Abs. 5 Satz 3 der RPromO 2019, § 25 Abs. 6 Satz 3 RPromO 2020 sowie § 25 Abs. 7 Satz 3 RPromO 2021 jedenfalls keine schriftliche Erklärung gegenüber dem zuständigen Promotionsbüro abgegeben. Auch bedurfte es insoweit keiner Belehrung o.Ä. durch die Antragsgegnerin. Vielmehr obliegt es im Prüfungsrecht den Kandidatinnen und Kandidaten, sich von den ordnungsgemäß veröffentlichten Prüfungsordnungen Kenntnis zu verschaffen (vgl. Niehues/Fischer/Jeremias, Prüfungsrecht, 8. Aufl. 2018, Rn. 179).
48
Genauso wenig sind die FPromO 2019 und 2020 anwendbar. Denn nach § 25 Abs. 5 Satz 1 und 2 bzw. Abs. 6 Satz 1 und 2 der genannten Promotionsordnungen finden auch sie nur auf Promotionsvorhaben Anwendung, sofern der Zulassungsantrag nach Inkrafttreten gestellt ist. Dass jeweils in § 25 Abs. 5 Satz 3 FPromO 2019 bzw. 2020 geregelte Wahlrecht, das Promotionsvorhaben nach neuem Recht durchzuführen, hat der Antragsteller mangels schriftlichen Antrags nicht ausgeübt. Auch insoweit bedurfte es aus den genannten Gründen keiner Belehrung o.Ä. durch die Antragsgegnerin.
49
(b) Nach Maßgabe der hier einschlägigen Regelungen der RPromO 2013 bzw. 2017 und FPromO 2017 besteht jedenfalls ab dem Zeitpunkt des Zugangs des Schreibens der Antragsgegnerin vom 20. Februar 2023 zwischen dem Antragsteller und seinem Betreuer kein Betreuungsverhältnis (mehr). Dabei kann im Ergebnis offenbleiben, ob die zwischen dem Antragsteller und seinem Betreuer zunächst geschlossene Betreuungsvereinbarung ggf. schon mangels Einhaltung der Schriftform nichtig ist und welche weiteren Konsequenzen sich hieraus ergeben würden (1). Denn jedenfalls wurde das Betreuungsverhältnis durch fristlose Kündigung wirksam beendet (2).
50
(1) Die RPromO 2013 bzw. 2017 und FPromO 2017 sehen grundsätzlich für jedes Promotionsvorhaben ein Betreuungsverhältnis vor, welches in das Promotionsverfahren eingebettet ist. Dabei erfolgt die Begründung des Betreuungsverhältnisses durch Betreuungsvereinbarung zwischen Betreuer als Vertreter der F2. und Doktorand, welche einen öffentlich-rechtlichen Vertrag i.S.d. Art. 54 BayVwVfG zwischen F2. und Doktorand darstellt. Eine Promotion ist mithin nach dem hier maßgeblichen Satzungsrecht ohne Abschluss einer Betreuungsvereinbarung bzw. ohne Betreuer grundsätzlich nicht möglich. So regelt § 5 Abs. 1 Satz 1 RPromO 2013, dass für jedes Promotionsvorhaben eine Betreuerin oder ein Betreuer bestellt wird, die bzw. der mit der Kandidatin bzw. dem Kandidaten das Thema der Dissertation vereinbart und das Promotionsvorhaben begleitet. Weiterhin regelt § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 RPromO 2013, dass der Zulassungsantrag eine Betreuungsbestätigung der Betreuerin bzw. des Betreuers mit Angabe des Fachgebiets und des vorläufigen Titels der Dissertation enthalten muss. Nach § 8 Abs. 4 Satz 2 Nr. 2 RPromO 2013 wird die Zulassung versagt, wenn die nach Abs. 2 vorzulegenden Unterlagen unvollständig sind und ein anderer Nachweis nach Abs. 3 nicht möglich ist. Zudem regelt § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 RPromO 2013, dass dem Antrag auf Eröffnung des Promotionsverfahrens eine Zustimmung der Betreuerin bzw. des Betreuers zur Eröffnung des Verfahrens beizufügen ist. Nach § 9 Abs. 3 Satz 3 RPromO 2013, wird die Eröffnung des Verfahrens versagt, wenn die unter Abs. 2 aufgeführten Unterlagen unvollständig sind oder ein zur Versagung der Zulassung gemäß § 8 Abs. 4 Satz 2 führender Grund nachträglich eingetreten ist, mithin also z.B. keine Betreuungsbestätigung mehr vorliegt. Die FPromO 2017 enthält hinsichtlich der Begründung eines Betreuungsverhältnisses keine weiteren Regelungen. Demgegenüber sieht die FPromO 2019 in § 6 Abs. 1 Nr. 3 als Zulassungsvoraussetzung ausdrücklich eine Betreuungsvereinbarung zwischen Betreuerin bzw. Betreuer und Promovendin bzw. Promovenden gemäß der ggf. angepassten Vorlage in der Anlage vor. Die Vorlage in der Anlage sieht eine schriftliche Vereinbarung vor, nach der neben der Vereinbarung des Arbeitstitels der Dissertation u.a. auch die Aufgaben und Pflichten des Promovenden (regelmäßige Berichtspflicht; regelmäßige Vorlage der inhaltlichen Teilergebnisse) sowie des Betreuers (regelmäßige fachliche Beratung; Unterstützung der wissenschaftlichen Selbstständigkeit; Karriereförderung/Mentoring; Qualitätssicherung) vereinbart werden. Zwar ist die FPromO 2019 – wie bereits dargelegt – auf das Promotionsvorhaben des Antragstellers nicht anwendbar, jedoch verdeutlicht § 6 Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. der Anlage zur FPromO 2019, dass das Betreuungsverhältnis nach dem System der hier anwendbaren RPromO 2013 bzw. 2017 sowie FPromO 2017 nicht durch einen (mitwirkungsbedürftigen) Verwaltungsakt begründet wird sondern durch eine (öffentlich-rechtliche) Vereinbarung zwischen Promovenden und Betreuer als Vertreter der F2.. Denn es ist nicht ersichtlich, dass der Satzungsgeber mit der Einfügung von § 6 Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. der Anlage zur FPromO 2019 einen Systemwechsel diesbezüglich herbeiführen wollte. Vielmehr stellt sich § 6 Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. mit der Anlage zur FPromO 2019 in Zusammenschau mit den übrigen Vorschriften der Promotionsordnungen zum Betreuungsverhältnis als Konkretisierung der schon vorher bestehenden Rechtslage dar, indem nun eine bestimmte Form der Betreuungsvereinbarung verlangt wird. Denn auch nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 RPromO 2013 vereinbart die Betreuerin bzw. der Betreuer mit der Kandidatin bzw. dem Kandidaten das Thema der Dissertation und begleitet das Promotionsvorhaben. Auch § 8 Abs. 4 Satz 2 Nr. 2 RPromO 2013 setzt eine Vereinbarung zwischen Betreuer und Promovenden voraus, da für die Zulassung eine Betreuungsbestätigung des Betreuers vorgelegt werden muss. Demgegenüber kann hier offenbleiben, ob nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 RPromO 2013 zusätzlich im Sinne eines zweistufigen Verfahrens der konkrete Betreuer für das Promotionsvorhaben durch Verwaltungsakt festgelegt wird oder – wofür nach summarischer Prüfung mehr spricht – die Formulierung lediglich allgemein zum Ausdruck bringt, dass jedes Promotionsvorhaben durch einen Betreuer begleitet und von der Antragsgegnerin gestellt wird. Denn jedenfalls ist nach Aktenlage ein solcher Verwaltungsakt weder ausdrücklich noch konkludent seitens der Antragsgegnerin erlassen worden, sodass ein solcher auch nicht zurückzunehmen war.
51
Das streitgegenständliche Betreuungsverhältnis wurde auch nicht etwa abweichend von dieser Rechtslage tatsächlich durch (mitwirkungsbedürftigen) Verwaltungsakt des Betreuers begründet. Zwar haben der Antragsteller sowie sein Betreuer keine schriftliche Betreuungsvereinbarung geschlossen, jedoch ergibt sich nach Aktenlage eine mündliche Vereinbarung. Denn sowohl der Antragsteller als auch der Betreuer haben in den Zulassungsanträgen gemäß § 8 RPromO 2013 angegeben, dass das Promotionsvorhaben durch den Betreuer begleitet wird. Insoweit bestand seitens des Betreuers nach dem objektiven Empfängerhorizont auch ein Rechtsbindungswille, ein Betreuungsverhältnis mit allen sich daraus ergebenden Rechten und Pflichten einzugehen. Hierfür spricht insbesondere auch die tatsächliche Durchführung des Betreuungsverhältnisses über mehrere Jahre hinweg, in denen der Betreuer den Antragsteller nicht nur fachlich beraten, sondern auch seine Karriere durch Empfehlungsschreiben gefördert hat. Demgegenüber ist der Behördenakte weder ein schriftlicher noch ein mündlicher bzw. konkludenter Verwaltungsakt hinsichtlich der Begründung eines Betreuungsverhältnisses zu entnehmen. Insbesondere liegen keine Anhaltspunkte dahingehend vor, dass der Betreuer insoweit eine einseitig-hoheitliche Regelung getroffen hätte. Auch der Antragsteller ist, wie sich aus seinem Vortrag im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren ergibt, von einer Vereinbarung mit seinem Betreuer und nicht von einer einseitigen, hoheitlichen Maßnahme ausgegangen. Im Übrigen hat auch die Antragsgegnerin keine Regelung durch Verwaltungsakt geltend gemacht. Offenbleiben kann, ob die Betreuungsvereinbarung mangels eingehaltener Schriftform gemäß Art. 59 Abs. 1, 57 BayVwVfG i.V.m. § 125 Satz 1 BGB entspr. schon nichtig ist und welche weiteren Rechtsfolgen sich aus einer etwaigen Nichtigkeit im Einzelnen ergeben. Denn eine Umdeutung eines formunwirksamen öffentlich-rechtlichen Vertrags in einen Verwaltungsakt scheidet jedenfalls aus (vgl. hierzu Rozek in Schoch/Schneider Verwaltungsrecht, 3. EL August 2022, § 57 Rn. 37) und auch bei Annahme einer zunächst wirksamen Betreuungsvereinbarung wurde das Betreuungsverhältnis jedenfalls durch wirksame Kündigung aufgelöst.
52
(2) Das Betreuungsverhältnis ist nach den hier maßgeblichen Vorschriften (i) jedenfalls wirksam beendet worden. Dabei kann dahinstehen, ob schon die seitens des Betreuers durch E-Mail vom 25. Oktober 2022 bzw. durch mündliche Erklärung am 9. Dezember 2022 erklärte Kündigung das Betreuungsverhältnis beendet hat oder diese Kündigungserklärungen mangels Einhaltung der Schriftform nichtig sind (ii). Denn jedenfalls konnte auch der Promotionsausschuss (iii) die Kündigung aus wichtigem Grund ohne vorherige Einschaltung der Konfliktkommission und Abmahnung fristlos erklären (iv).
53
(i) Die Beendigung des Betreuungsverhältnisses richtet sich nach den allgemeinen verwaltungsrechtlichen Vorschriften zur Auflösung öffentlich-rechtlicher Verträge. Zwar enthalten die RPromO 2013 bzw. 2017 und FPromO 2017 keine Regelungen zur Beendigung des Betreuungsverhältnisses. Es ist jedoch allgemein anerkannt, dass sich der Betreuer bei Vorliegen eines wichtigen Grundes vom Betreuungsverhältnis lösen kann, auch wenn die Promotionsordnung keine Regelungen hierzu trifft (vgl. VG Trier, U.v. 25.4.2016 – 6 K 3718/15.TR – juris Rn. 39 ff.; VG Berlin, U.v. 18.4.2023 – VG 12 K 191/20 – BeckRS 2023, 13557, Rn. 19; Sieweke, JuS 2009, 285 m.w.N.). Die in einem solchen Fall zu beachtenden Voraussetzungen für eine Beendigung richten sich nach der Rechtsnatur der Begründung des Betreuungsverhältnisses. Gemäß Art. 62 Satz 2 BayVwVfG i.V.m. § 314 Abs. 1 BGB entspr. kann ein öffentlich-rechtlicher Vertrag durch Kündigung aus wichtigem Grund beendet werden. Nach vorzugswürdiger Ansicht steht der Behörde neben dem Sonderkündigungsrecht wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage nach Art. 60 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 BayVwVfG sowie zur Vermeidung schwerer Nachteile für das Gemeinwohl nach Art. 60 Abs. 1 Satz 2 BayVwVfG auch ein Kündigungsrecht aus wichtigem Grund zu (vgl. Spieth in Beckscher Online-Kommentar VwVfG, 60. Edition Stand: 1.4.2022, § 60 Rn. 3). Denn Art. 60 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 BayVwVfG privilegiert die öffentliche Hand lediglich dahingehend, dass für diese ein zusätzliches (Sonder-)Kündigungsrecht besteht. Aus dem Charakter dieser Privilegierung folgt aber, dass sonstige (allgemeine) Kündigungsrechte der öffentlichen Hand nicht eingeschränkt werden sollen. Ein wichtiger Grund im Sinne von § 314 Abs. 1 BGB entspr. zur Kündigung eines Betreuungsverhältnisses liegt vor, wenn unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Betreuungsverhältnisses unzumutbar ist, wobei der besondere, auf gegenseitigem Vertrauen beruhende Charakter des Betreuungsverhältnisses zu berücksichtigen ist. Nach ähnlichen Grundsätzen bestimmt sich die Lösung des Betreuungsverhältnisses im Übrigen auch, sofern dieses nicht als öffentlich-rechtlicher Vertrag, sondern als ein dem öffentlichen Recht angehörendes Vertrauensverhältnis besonderer Art eingeordnet wird (vgl. so zum Ganzen VG Berlin, U.v. 18.4.2023 – VG 12 K 191/20 – BeckRS 2023, 13557, Rn. 19 m.w.N.; VG Trier, U.v. 25.4.2016 – 6 K 3718/15.TR – juris Rn. 39 ff).
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(ii) Offen bleiben kann, ob das Betreuungsverhältnis durch E-Mail oder mündliche Erklärung des Betreuers wirksam gekündigt worden ist. Mangels vorrangiger Regelungen in der RPromO 2013 und FPromO 2017 spricht zwar einiges dafür, dass die Kündigung des Betreuers aus wichtigem Grund gemäß Art. 62 Satz 2 BayVwVfG i.V.m. § 314 Abs. 1 BGB entspr. formlos erklärt werden kann. Insbesondere spricht viel dafür, dass sich aus Art. 60 Abs. 2 Satz 1 BayVwVfG kein Schriftformerfordernis ergibt, denn dieser legt nach Wortlaut und systematischer Stellung lediglich für die Sonderkündigungsrechte nach Art. 60 Abs. 1 BayVwVfG Schriftform fest, soweit nicht durch Rechtsvorschrift eine andere Form vorgeschrieben ist. Dagegen dürfte er keine Anwendung auf Kündigungen aus sonstigen Gründen finden (vgl. auch Brosius-Gersdorf in Schoch/Schneider, VwVfG, 3. EL August 2022, § 60 Rn. 90; a.A: Siegel in Stelkens/Bonk/ Sachs, VwVfG, 10. Aufl. 2023, § 60 Rn. 44). Ob sich aber aus Sinn und Zweck des Art. 57 BayVwVfG das Schriftformerfordernis für den Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrags über seinen Wortlaut hinaus generell auch auf Gestaltungsrechte wie Kündigung, Rücktritt und Anfechtung erstreckt, sofern keine entgegenstehenden Rechtsvorschriften bestehen (vgl. z.B. Spieth in Beckscher Online-Kommentar VwVfG, 60. Edition Stand: 1.4.2022, § 57 Rn. 2; Siegel in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 10. Aufl. 2023, § 57 Rn. 11), sodass die seitens des Betreuers ausgesprochene Kündigung gemäß Art. 57 BayVwVfG i.V.m. § 125 BGB entspr. unwirksam wäre, kann offenbleiben. Denn jedenfalls wahrt die seitens des Vorsitzenden des Promotionsausschusses handschriftlich unterschriebene Kündigungserklärung des Promotionsausschusses vom 20. Februar 2023 die Schriftform gemäß Art. 57 BayVwVfG i.V.m. § 126 Abs. 1 BGB entspr.
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(iii) Nach dem objektiven Empfängerhorizont (vgl. §§ 133, 157 BGB entspr.), handelt es sich bei dem Schreiben des Promotionsausschusses vom 20. Februar 2023 um eine fristlose Kündigungserklärung. Der Rechtsbindungswille des Promotionsausschusses, das Betreuungsverhältnis mit sofortiger Wirkung zu beenden, ist dem Schreiben vom 20. Februar 2023 unmissverständlich zu entnehmen. Schon die äußere Form lässt objektiv nicht auf einen Verwaltungsakt i.S.d. Art. 35 BayVwVfG schließen. So ist das Schreiben weder als Bescheid bezeichnet, noch enthält es eine Rechtsbehelfsbelehrungund entspricht auch sonst nicht der üblichen Form eines schriftlichen Verwaltungsakts. Insoweit spricht auch die fehlende Anordnung und Begründung eines Sofortvollzugs jedenfalls indiziell gegen den Erlass eines Verwaltungsakts. Soweit das Schreiben die Formulierung enthält, dass der Promotionsausschuss „die Beendigung des Betreuungsverhältnisses mit sofortiger Wirkung und mit den Rechtsfolgen des § 5 Abs. 3 der Rahmenpromotionsordnung (RPromO) beschlossen“ hat, handelt es sich hierbei auch nicht um die einseitige Regelung der weiteren Rechtsfolgen der sofortigen Beendigung, sondern lediglich um einen Hinweis auf die sich – nach irrtümlicher Ansicht der Antragsgegnerin – ohnehin nach einer Beendigung des Betreuungsverhältnisses ergebenden Pflichten des Promovenden aus dem nicht anwendbaren § 5 Abs. 3 RPromO 2021. Es handelt sich damit lediglich um einen Hinweis auf die aus Sicht der Antragsgegnerin bestehende Rechtslage, denn diese geht – wie auch aus der Antragserwiderung ersichtlich wird – irrtümlich davon aus, dass die RPromO 2021 auch für das Promotionsvorhaben des Antragstellers gilt. Auf dieser Grundlage war das Schreiben vom 20. Februar 2023 vor dem objektiven Empfängerhorizont von einem objektiven Empfänger in der Situation des Antragstellers als sofortige Beendigung des Betreuungsverhältnisses, mithin als fristlose Kündigung zu verstehen. In diesem Sinne spricht auch der Antragsteller von einer Aufkündigung des Betreuungsverhältnisses. Im Übrigen macht die Antragsgegnerin auch selbst ausdrücklich geltend, es handele sich bei dem Schreiben vom 20. Februar 2023 nicht um einen Verwaltungsakt.
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Der Promotionsausschuss konnte auch zulässigerweise über das Vorliegen der Voraussetzungen einer sofortigen Kündigung befinden und der Vorsitzende des Promotionsausschusses die Antragsgegnerin insoweit wirksam nach außen vertreten, mithin die Kündigung schriftlich gegenüber dem Antragsteller erklären. Zwar ist nach der RPromO 2013 bzw. 2017 und FPromO 2017 der Betreuer für die Begründung des Betreuungsverhältnisses funktional zuständig, sodass dies mangels abweichender Vorschriften auch für die Auflösung dieses Verhältnisses als actus contrarius gilt. Jedoch ist nicht ersichtlich, dass dem Betreuer das Kündigungsrecht exklusiv zusteht. Mangels ausdrücklicher Regelungen zur Beendigung eines Betreuungsverhältnisses in der RPromO 2013 bzw. 2017 und FPromO 2017 ist vielmehr auch der Promotionsausschuss, der nach § 4 Abs. 1 RPromO 2013 und §§ 4 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Satz 1, Abs. 8 Satz 1 u. 2 FPromO 2017 als Promotionsorgan für die Organisation und Durchführung der Promotion bestellt wird, dem die Durchführung des Prüfungsverfahrens obliegt und der darauf achtet, dass die Bestimmungen der Promotionsordnung eingehalten werden, berechtigt, das Betreuungsverhältnis zu kündigen. Hierfür spricht auch, dass sich die Universität mangels ausdrücklich normierter Beendigungstatbestände auch ohne oder gar entgegen dem Willen des Betreuers von dem Betreuungsverhältnis lösen können muss. Zu denken ist hier nicht nur daran, dass der Betreuer in den Ruhestand tritt und eine weitere Betreuung ablehnt oder an eine andere (ggf. ausländische) Universität berufen wird und eine Betreuung von dort aus nicht mehr möglich ist. Darüber hinaus sind auch Fälle zu bedenken, in denen ein wichtiger Grund zur fristlosen Kündigung besteht und diese auch geboten ist, um (wissenschaftlichen) Schaden von der F2. abzuwenden, der Betreuer aber – aus welchen Gründen auch immer – nicht bereit ist, die Kündigung zu erklären.
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(iv) Es liegt auch ein wichtiger Grund i.S.d. Art. 62 Satz 2 BayVwVfG i.V.m. § 314 Abs. 1 BGB entspr. vor, der zur fristlosen Kündigung berechtigt. Denn dem Betreuer des Antragstellers ist eine Weiterbetreuung nicht zumutbar. Dabei kann offenbleiben, ob dem Betreuer insoweit ein wissenschaftlich-pädagogischer Beurteilungsspielraum zusteht (so z.B. BVerwG U.v. 26.8.1966 – VII C 113/65 – NJW 1967, 72; VGH Baden-Württemberg B.v. 15.10.2014 – 9 S 1485/14 – juris Rn. 10). Denn jedenfalls ist insoweit bei summarischer Prüfung nicht ersichtlich, dass ein solcher überschritten worden wäre, da ein objektiver Grund für die fristlose Kündigung vorliegt.
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Im Ausgangspunkt kann jedenfalls festgehalten werden, dass der Antragsteller seit mindestens September 2022 auf der Internetplattform LinkedIn seinem Namen den akademischen Grad „Doktor“ in abgekürzter Form vorangestellt hat, obwohl er hierzu noch nicht berechtigt war. Gleiches gilt für sein Profil als Kandidat zur Mieterratswahl 2022 der … im Juni 2022 und für eine Online-Bewertung eines Rechtsanwalts seinerseits im Juli 2018. Nach § 16 Abs. 1 Satz 2 RPromO 2013 hat die bzw. der Promovierte erst nach Aushändigung der Promotionsurkunde das Recht, den Doktorgrad zu führen. Der Antragsteller hat die Kenntnis dieser Regelung auch in seinem Antrag auf Eröffnung des Promotionsverfahrens gemäß § 9 Abs. 2 Satz 4 Nr. 5 RPromO 2013 im Juli 2022 schriftlich bestätigt. Vor allem aber ist es Bestandteil des Allgemeinwissens – erst Recht von Promovierenden –, dass ein Doktortitel nicht ohne entsprechende Verleihung geführt werden darf. Der Antragsteller hat die Benutzung der Abkürzung „Dr.“ auch eingeräumt. So hat er gegenüber der Antragsgegnerin aber auch im gerichtlichen Eilverfahren bestätigt, dass er das Kürzel aus den sozialen Netzwerken – insbesondere LinkedIn – entfernt habe. Soweit er vorträgt, er habe das Kürzel für den Begriff „divers“ verwendet, stellt dies zur Überzeugung der Kammer eine bloße, unzutreffende Schutzbehauptung dar. So werden für den Begriff „divers“ im Allgemeinen die Abkürzungen „div.“ und „d.“ verwendet. Die Kammer ist davon überzeugt, dass auch der Antragsteller, erst Recht als Promovierender, über das Allgemeinwissen verfügte, dass die Abkürzung „Dr.“ eine gängige Abkürzung für den Doktorgrad darstellt und im allgemeinen Geschäftsverkehr üblich ist, sodass ihm diesbezüglich mindestens direkter Vorsatz vorzuwerfen ist. Andernfalls wäre im Übrigen auch nicht zu erklären, dass der Antragsteller auf der Plattform LinkedIn in den allgemeinen Informationen zu seiner Person im Zusammenhang mit seinen beruflichen Qualifikationen auf seinen vermeintlichen Doktorgrad und gerade nicht darauf hingewiesen hat, er verstehe sich als diverser Mensch. Die Verwendung des akademischen Grades auf LinkedIn berührt nach Art und Intensität auch die geschützten Interessen der Allgemeinheit. Denn dieses soziale Portal dient nicht nur der Pflege privater Kontakte, sondern gerade auch der Bildung beruflicher Netzwerke. Dabei bedingt die Verwendung des akademischen Grades im beruflichen Kontext durchaus Vorteile gegenüber Mitbewerbern auf dem Arbeitsmarkt, da dieser eine Gewähr dafür bietet, dass der zur Führung Berechtigte ein Promotionsverfahren erfolgreich durchlaufen hat und ein selbständiges wissenschaftliches Forschungsvorhaben, das erheblich über die in der Masterprüfung oder einer äquivalenten Abschlussprüfung gestellten Anforderungen hinausgeht, erfolgreich durchgeführt hat (vgl. § 2 RPromO 2013). Die unberechtigte Verwendung des Doktorgrades in sozialen Netzwerken im beruflichen Kontext untergräbt das Vertrauen der Allgemeinheit in die Richtigkeit akademischer Grade. Die angesprochenen Kontaktpersonen könnten sich veranlasst sehen, aufgrund des vermeintlichen Titels Kontakt zum Antragsteller aufzunehmen. Denn der Antragsteller hat den Doktorgrad auf LinkedIn nicht etwa unabhängig von seinem Namen und seiner beruflichen Qualifikation an einer nicht exponierten Stelle seines Profils genannt, sondern seinem Namen vorangestellt und – wie bereits ausgeführt – in der allgemeinen Information zu seiner Person im Zusammenhang mit seinen beruflichen Qualifikationen auf seinen vermeintlichen Doktorgrad hingewiesen. Ähnliche Erwägungen gelten hinsichtlich der Voranstellung des Doktorgrades vor seinen Namen im Zusammenhang mit der Mieterratswahl 2022 der … sowie bei der Online-Bewertung eines Rechtsanwalts. Denn gerade im Zusammenhang mit Wahlen kann sich die Nennung eines Doktorgrades durchaus auf die Wahlentscheidung der Wähler auswirken und eine Online-Bewertung besonders vertrauenswürdig erscheinen lassen.
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Die Antragsgegnerin war auch nicht verpflichtet, vor der fristlosen Kündigung zunächst den Ausgang des strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens hinsichtlich Titelmissbrauchs gemäß § 132a Abs. 1 Nr. 1 StGB abzuwarten, wenn für diese der der Kündigung zugrundeliegende Sachverhalt aufgrund objektiver Umstände feststeht. Dem Betreuer ist es in einem solchen Fall nicht zuzumuten, zunächst den Ausgang eines unter Umständen langjährigen Strafverfahrens abzuwarten. Selbst die bereits erfolgte Einstellung des Strafverfahrens nach § 153a StPO steht einer Kündigung nicht entgegen. Denn die Einstellung nach § 153a StPO bringt nicht zum Ausdruck, dass der Tatverdacht gegen den Betroffenen ausgeräumt ist. Vielmehr muss es im Rahmen von § 153a StPO wahrscheinlich sein, dass auch nach Abschluss aller erforderlichen Ermittlungen eine geringe Schuld besteht (Diemer in Karlsruher Kommentar StPO, 9. Aufl. 2023, § 153 Rn. 11). Die Einstellung nach § 153a StPO verbietet auch nicht, in Verfahren mit anderer Zielsetzung die entsprechenden Tatsachen zu verwerten. Die Verwaltungsbehörde darf sich auf dieselben Beweismittel stützen, ohne an die Bewertung im strafrechtlichen Verfahren gebunden zu sein (vgl. VGH München B.v. 21.3.2016 – 11 CS 16.175 – BeckRS 2016, 44097 Rn. 12 f.).
60
Unabhängig von der strafrechtlichen Beurteilung des Verhaltens des Antragstellers stellt die öffentliche Verwendung des Doktorgrades jedenfalls einen besonders schwerwiegenden Vertrauensbruch im Verhältnis zu seinem ehemaligen Betreuer dar. Denn dieses Fehlverhalten hat direkten Bezug zum Betreuungsverhältnis. Wie ausgeführt war dem Antragsteller bewusst, dass er den Doktorgrad nicht vor Abschluss seines Promotionsvorhabens und Verleihung des Titels führen darf. Dennoch hat er den Titel insbesondere auf der Plattform LinkedIn wie ausgeführt vorsätzlich geführt. Ein solches Verhalten ist geeignet, das Vertrauen der Allgemeinheit in die Richtigkeit akademischer Grade sowie die Glaubwürdigkeit des Wissenschaftsprozesses zu erschüttern. Darüber hinaus ist es besonders geeignet, das dem Antragsteller entgegengebrachte Vertrauen des Betreuers empfindlich zu stören, auch wenn die Vorspiegelung falscher Tatsachen nicht direkt diesem gegenüber erfolgte. Denn das Verhalten widerspricht gerade der Lauterkeit wissenschaftlichen Arbeitens, betrifft also einen für das gegenseitige Vertrauen besonders wichtigen Aspekt des Kernbereichs des Betreuungsverhältnisses. Der ehemalige Betreuer hat auch selbst klar zum Ausdruck gebracht, dass er ein solch unfaires Verhalten in der wissenschaftlichen Forschung nicht dulden könne und sein Vertrauen in den Antragsteller verloren habe, sodass eine weitere konstruktive Zusammenarbeit ausgeschlossen erscheint.
61
Auch unter Berücksichtigung der Interessen des Antragstellers wiegt der Vertrauensbruch so schwer, dass das Betreuungsverhältnis aufgrund der Unzumutbarkeit der Fortführung durch den Betreuer fristlos beendet werden konnte. Insoweit ist anerkannt, dass je länger das Verhältnis bestanden hat und je mehr Arbeitskraft und Finanzkraft bereits aufgewandt worden sind, die Aufhebungsgründe umso schwereres Gewicht haben müssen, um die Auflösung aus persönlichen Gründen zu rechtfertigen (vgl. BGH U.v. 14.12.1959 – III ZR 117/58 – NJW 1960, 911; BVerwG U.v. 26.8.1966 – VII C 113/65 – NJW 1967, 72; VG Trier, U.v. 25.4.2016 – 6 K 3718/15.TR – juris Rn. 41).
62
Die Kammer hat insoweit zu Gunsten des Antragstellers zunächst berücksichtigt, dass er einen erheblichen finanziellen und zeitlichen Aufwand für die bisherige Promotionsleistung verwendet hat. Insoweit geht die Kammer im Rahmen des Eilverfahrens zu seinen Gunsten von der Richtigkeit seiner diesbezüglichen Angaben aus. Auch bestand zwischen dem Antragsteller sowie seinem Betreuer jahrelang ein gutes Verhältnis und sind anderweitige Verfehlungen des Antragstellers, die das Vertrauensverhältnis berühren, nicht ersichtlich. Zudem lassen die strafbewehrte Unterlassungserklärung des Antragstellers sowie seine Entschuldigung eine nochmalige unberechtigte Führung des Doktorgrades als sehr unwahrscheinlich erscheinen. Hinzukommt, dass das Promotionsvorhaben sehr weit fortgeschritten ist. So hat der Antragsteller bereits den Antrag auf Eröffnung des Promotionsverfahrens gemäß § 9 Abs. 2 RPromO 2013 i.V.m. § 9 FPromO 2017 gestellt, über den seitens der Antragsgegnerin noch nicht entschieden worden ist. Ein Betreuerwechsel zu einem solch späten Zeitpunkt dürfte mit einem erhöhten Arbeitsaufwand und weiterem Zeitverlust für den Antragsteller verbunden sein, insbesondere da erst ein neuer Betreuer gefunden werden und dieser sich des Themas annehmen muss. Hierbei kann es auch durchaus zu notwendigen Aktualisierungen und Überarbeitungen der Arbeit kommen. Andererseits besteht in diesem Stadium des Promotionsvorhabens regelmäßig an sich ein viel geringerer Betreuungsbedarf, da die Dissertation gemäß §§ 9 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3, 10 RPromO 2013 bereits fertiggestellt ist und lediglich bei einer Rückgabe zur Überarbeitung, vgl. § 11 Abs. 7 RPromO 2013, eine weitere fachliche Betreuung in Bezug auf die Dissertation erforderlich wird, sodass das Interesse an einer Weiterbetreuung gerade durch den bisherigen Betreuer insoweit jedenfalls geringer als vor der Antragstellung zur Eröffnung des Promotionsverfahrens ist.
63
Soweit der Antragsteller darüber hinaus vorträgt, bisher habe sich kein anderer Hochschullehrer bereit erklärt, das Promotionsvorhaben zu betreuen und er sei insofern faktisch von der weiteren Betreuung abhängig, um seine Promotion erfolgreich zu beenden, ist zunächst festzustellen, dass es dem Antragsteller – wie oben bereits dargestellt – entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin nach den Regelungen der für das Promotionsvorhaben des Antragstellers anwendbaren RPromO 2013 bzw. 2017 und FPromO 2017 grundsätzlich nicht möglich ist, das Promotionsvorhaben ohne Betreuer zu beenden. Insbesondere enthalten die RPromO 2013 bzw. 2017 und FPromO 2017 noch keine entsprechende Regelung wie § 5 Abs. 3 Satz 3 und 4 RPromO 2021, wonach das Promotionsverfahren ohne Betreuerin bzw. Betreuer fortgesetzt und beendet werden kann. Jedoch hat der Antragsteller insoweit zum einen schon seine Bemühungen um einen neuen Betreuer nicht hinreichend substantiiert dargelegt, insbesondere, welche Hochschullehrer er auf welche Weise kontaktiert und wer ggf. eine Betreuung bereits abgelehnt hat. Zum anderen folgt aus § 5 Abs. 1 Satz 1 RPromO 2013 die Pflicht der Antragsgegnerin, für jedes Promotionsvorhaben einen Betreuer bzw. eine Betreuerin zu stellen, mithin im vorliegenden Fall dem Antragsteller einen Betreuer zu vermitteln. Insoweit ist auch nicht ersichtlich, dass es der Antragsgegnerin nicht möglich wäre, einen anderen Hochschullehrer als Betreuer zu vermitteln. Denn ein neuer Betreuer wird sich nicht auf ein bereits zerrüttetes Vertrauensverhältnis zum Antragsteller berufen können und darüber hinaus ist nicht zu erwarten, dass der Antragsteller erneut den Doktorgrad unberechtigterweise führen wird. Mithin ist aktuell nicht ersichtlich, dass der Antragsteller allein aufgrund der Auflösung des streitgegenständlichen Betreuungsverhältnisses außerstande wäre, sein Promotionsvorhaben zu beenden. Soweit der Antragsteller darüber hinaus vorträgt, seine Reputation im wissenschaftlichen Kreis werde durch die Auflösung des Betreuungsverhältnisses dauerhaft zerstört, ist dem entgegenzuhalten, dass er dies durch sein eigenes Fehlverhalten verursacht hat.
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Auch unter Abwägung der schützenswerten Interessen des Antragstellers lässt die Schwere der Verfehlung eine Weiterbetreuung – wenn auch aufgrund des Fortschritts des Promotionsvorhabens für einen verhältnismäßig kurzen Zeitraum – für den ehemaligen Betreuer als schlechterdings unzumutbar erscheinen. Insoweit war hier vor Ausspruch der Kündigung auch eine Abmahnung bzw. die Anrufung der Konfliktkommission der Antragsgegnerin entbehrlich und die fristlose Kündigung zulässig. Dem steht bei summarischer Prüfung auch nicht die Richtlinie der F2. zur Verfahrensweise der Konfliktkommission entgegen. Denn zum einen bestimmt § 5 der Verwaltungsrichtlinie, dass deren Anwendung freiwillig ist und einen – hier nicht ersichtlichen – Antrag eines der Betroffenen voraussetzt. Entgegen dem Vorbringen des Antragstellers kann das Element der Freiwilligkeit auch nicht mit Blick auf den „Leitfaden zur guten Praxis für die Durchführung und Betreuung einer Promotion“ – genauso allenfalls eine Verwaltungsrichtlinie -in sein Gegenteil verkehrt und vorliegend eine Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Anrufung der Konfliktkommission angenommen werden. Denn Entsprechendes könnte sich allenfalls unter dem Gesichtspunkt der Selbstbindung der Verwaltung ergeben. Eine entsprechende, ständige Praxis in Fällen der vorliegenden Art hat der Antragsteller aber schon nicht geltend, erst Recht nicht glaubhaft gemacht. Überdies liegt es fern, dass die Antragsgegnerin gerade in Fällen, die mit der gesetzlichen Wertung ein sofortiges und fristloses Handeln wegen eines wichtigen Grunds erlauben und regelmäßig gebieten, in ständiger Praxis entgegen dieser Wertung die Konfliktkommission anrufen würde, noch dazu unter Aufgabe des Prinzips der Freiwilligkeit aus der hierzu ergangenen Richtlinie. Schließlich spricht bei summarischer Prüfung vieles dafür, dass sich der Antragsteller mit Blick auf den auch im Betreuungsverhältnis geltenden Grundsatz von Treu und Glauben unter dem Gesichtspunkt widersprüchlichen Verhaltens nicht auf die ausgebliebene Anrufung der Konfliktkommission berufen könnte. Denn der Antragsteller hat diese selbst nicht angerufen, obwohl ihm dies freigestanden hätte.
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2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
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3. Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1, Abs. 2 GKG i.V.m. Ziff. 1.5 Satz 2 Streitwertkatalog.