Titel:
Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes, Beendigung des öffentlich-rechtlichen Benutzungsverhältnisses in einer Obdachlosenunterkunft wegen erheblicher Gebührenrückstände samt Räumungsverfügung, Antrag auf Prozesskostenhilfe und Anwaltsbeiordnung im Eilverfahren
Normenketten:
VwGO § 80 Abs. 5
VwGO § 166
Schlagworte:
Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes, Beendigung des öffentlich-rechtlichen Benutzungsverhältnisses in einer Obdachlosenunterkunft wegen erheblicher Gebührenrückstände samt Räumungsverfügung, Antrag auf Prozesskostenhilfe und Anwaltsbeiordnung im Eilverfahren
Fundstelle:
BeckRS 2023, 30890
Tenor
I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 2.500,00 EUR festgesetzt.
IV. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Anwaltsbeiordnung für das Eilverfahren Au 8 E 23.1431 wird abgelehnt.
Gründe
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Der Antragsteller wendet sich im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Beendigung des öffentlich-rechtlichen Benutzungsverhältnisses in einer Obdachlosenunterkunft samt Räumungsverfügung.
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Mit Bescheid vom 29. Juli 2022 wurde dem Antragsteller zur Vermeidung einer drohenden Obdachlosigkeit gemeinsam mit Familienangehörigen (Ehefrau, Kinder und minderjähriges Enkelkind) befristet bis zum 30. November 2022 eine Wohnung in einer Obdachlosenunterkunft der Antragsgegnerin zugewiesen. Das Benutzungsentgelt für die zugewiesene Wohnung wurde gesamtschuldnerisch auf monatlich 610,00 EUR festgesetzt.
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Nach erfolgter Anhörung widerrief die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 2. August 2023 dem Antragsteller gegenüber den Zuweisungsbescheid vom 29. Juli 2022 mit sofortiger Wirkung (Ziffer 1), gab ihm auf, die ihm zugewiesene Wohnung spätestens bis zum 5. September 2023 um 12:00 Uhr zu räumen (Ziffer 2) und ordnete die sofortige Vollziehung für Ziffern 1 und 2 des Bescheids an (Ziffer 3). In Ziffer 4 des Bescheids wurde die Anwendung unmittelbaren Zwangs für den Fall angedroht, dass der Antragsteller die Wohnung nicht freiwillig geräumt habe. In Ziffer 5 des Bescheids wurde die Ersatzvornahme zur Öffnung der Wohnung und der in der Wohnung hinterlegten Gegenstände angeordnet. Die Kosten für die Ersatzvornahme wurden mit ca. 1.500,00 EUR angegeben für den Fall, dass der Antragsteller die Gegenstände nicht von selbst entfernt habe. Der Bescheid erging gebührenfrei (Ziffer 6).
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Zur Begründung wurde insbesondere ausgeführt: Ein Sohn des Antragstellers sei am 15. November 2022 bzw. der Enkel des Antragstellers sei am 6. März 2023 aus der Obdachlosenunterkunft ausgezogen. Es seien jeweils Abmeldungen von der Meldeadresse erfolgt und die Obdachlosigkeit der vorgenannten Personen sei jeweils entfallen. Für die Benutzung der Wohnung sei eine Gebühr i.H.v. 610,00 EUR monatlich gesamtschuldnerisch festgesetzt worden. Der Antragsteller schulde Benutzungsgebühren i.H.v. zumindest 7.617,90 EUR gesamtschuldnerisch. Nach §§ 7 Abs. 2 Nr. 4 und 6, 10 Abs. 1 und 2 der Satzung der Antragsgegnerin über die Benutzung der Obdachlosenunterkunft i.V.m. Art. 49 Abs. 2 Nr. 1 BayVwVfG könne das Benutzungsverhältnis durch schriftliche Verfügung jederzeit beendet werden, wenn erhebliche Rückstände der Benutzungsgebühren von mehr als zwei Monatsgebühren entstanden seien oder wenn es der Benutzer unterlasse, sich ernsthaft um eine andere Unterkunft zu bemühen. Nach Maßgabe von Art. 75 Abs. 3 GO dürfe Gemeindevermögen nicht kostenlos überlassen werden. Aufgrund des hohen Bedarfs an Obdachlosenräumen zur Vermeidung von Obdachlosigkeit könne nicht länger geduldet werden, dass Räume ohne Verrichtung von Gebühren überlassen würden. Insbesondere dann, wenn wie jetzt drei obdachlose Personen auf die Zuweisung einer Wohneinheit warten würden und ansonsten im Freien nächtigen müssten. Die zur Räumung gesetzte Frist sei angemessen und ausreichend. Die Räumungsverfügung sei geeignet, den vom Antragsteller belegten Unterbringungsplatz wieder zu seinem eigentlichen Zweck, der Unterbringung von tatsächlich obdachlosen Personen zuzuführen. Andere Mittel als der Räumungsbescheid stünden nicht zur Verfügung. Die sofortige Vollziehung sei im öffentlichen Interesse nach § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO anzuordnen. Die Androhung der Zwangsmittel stütze sich auf Art. 19, 20, 30, 32, 24, 36 und 38 VwZVG.
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Auf die Begründung des Bescheids wird im Einzelnen verwiesen.
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Am 4. September 2023 ließ der Antragsteller beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg Klage erheben, über welche noch nicht entschieden ist (Au 8 K 23.1430).
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Gleichzeitig begehrt der Antragsteller im vorliegenden Verfahren einstweiligen Rechtsschutz im Wege des Erlasses einer einstweiligen Anordnung und ließ beantragen,
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die Anordnung der sofortigen Vollziehung im Bescheid vom 2. August 2023 einstweilen aufzuheben.
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Des Weiteren ließ er die Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten beantragen. Zur Begründung des Eilantrags wurde insbesondere vorgebracht: Tatsächlich seien Benutzungsgebühren aufgelaufen, was seine Ursache in nicht eingehaltenen Zusagen und erheblichen Mängeln der Wohneinheit habe. Die Benutzungsgebühren seien unangemessen hoch. In einer wohl entsprechend geschnittenen Wohnung im ersten Stock bezahle die Bewohnerin nach Kenntnisstand des Antragstellers 300,00 EUR Benutzungsgebühren, während der Antragsteller 610,00 EUR pro Monat bezahlen müsse. Dies sei nicht gerechtfertigt, auch wenn die streitgegenständliche Wohnung von mehreren Personen benutzt würde. Dies könne nicht mit dem Argument des „Abwohnens“ gerechtfertigt werden, da sich die Wohnung bereits in einem sehr schlimmen Zustand befinde. Der Antragsteller habe ursprünglich mit seiner Familie in ein Haus in * ziehen sollen, dies sei ihm mehrfach zugesichert worden. Zugewiesen worden sei dann die streitgegenständliche Wohnung unter der Zusicherung, dass diese renoviert werde. Geschehen sei dies nicht. Der Antragsteller sei berufstätig und könnte die Benutzungsgebühren ohne Weiteres bezahlen, sie seien jedoch auch deshalb nicht berechtigt, weil sich die Wohnung in einem desolaten Zustand befinde. Da eine Renovierung zugesichert worden sei, müssten – insoweit unter Vorlage von Lichtbildern, wonach das Bad in einem renovierungsbedürftigen Zustand sei, ebenso die Küche und der Fußboden bzw. Rohre direkt durch die Wohnung verlaufen würden – die Mängel nicht nochmals erneut beanstandet werden. Die Sache sei prädestiniert für eine gütliche Lösung. Der Antragsteller sei zahlungswillig, jedoch müssten oben genannte Punkte (wohl bezugnehmend auf die vorgelegten Lichtbilder) beachtet und von der Antragsgegnerin müsste etwas getan werden. Darüber hinaus sei das im Bescheid benannte Enkelkind mittlerweile wieder unter dieser Adresse gemeldet. Aber auch unter dem Gesichtspunkt, dass dem Antragsteller Obdachlosigkeit drohe, sei der Sofortvollzug unverhältnismäßig. Der Antragsteller müsste gleich wieder zugewiesen werden. Es bestehe daher kein Grund, den Bescheid sofort vollziehen zu müssen. Ggf. könnte die einstweilige Anordnung daran geknüpft werden, dass ein angemessener Abschlag auf die weiter laufenden Benutzungsgebühren bezahlt werde.
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Auf die Antragsbegründung wird im Einzelnen Bezug genommen.
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Die Antragsgegnerin hat bisher keinen Antrag gestellt; sie hat die Behördenakte auf elektronischem Weg vorgelegt.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, auch in dem Verfahren Au 8 K 23.1430, sowie der vorgelegten Behördenakte der Antragsgegnerin Bezug genommen.
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Der Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz bleibt ohne Erfolg.
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Das Gericht geht nach Maßgabe der §§ 122 Abs. 1, 88 VwGO in Auslegung des Rechtsschutzbegehrens davon aus, dass der Antragsteller vorläufigen Rechtsschutz im Wege des § 80 Abs. 5 VwGO, und nicht in Form des Erlasses einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO erstrebt. Im Hinblick auf den Wortlaut des Eilantrags sowie die gegebene Antragsbegründung wendet sich der – sachgerecht ausgelegte -Eilantrag gemäß § 80 Abs. 5 VwGO nicht gegen die Androhung der Zwangsmittel in Ziffern 4 und 5 bzw. die Kostenentscheidung in Ziffer 6 des angegriffenen Bescheids. Einwände dagegen wurden vom Antragsteller auch nicht geltend gemacht.
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1. Gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO entfällt die grundsätzlich nach § 80 Abs. 1 VwGO bestehende aufschiebende Wirkung einer Anfechtungsklage, wenn die Behörde die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten besonders angeordnet hat. Diese Anordnung ist gemäß § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO schriftlich zu begründen, wobei sich die Behörde hinreichend mit den Besonderheiten des konkreten Einzelfalls auseinandersetzen muss. Vorliegend sind diese Voraussetzungen erfüllt. Die Antragsgegnerin hat das besondere öffentliche Interesse an der angeordneten sofortigen Vollziehung der streitgegenständlichen Anordnungen (der Sache nach) schriftlich damit begründet, dass es nicht hingenommen werden könne, dass Räumlichkeiten ohne Verrichtung von Benutzungsgebühren überlassen würden bzw. widerrechtlich belegte Räume von nicht obdachlosen Personen sofort wieder geräumt werden müssten, damit tatsächlich obdachlose Personen sofort untergebracht werden könnten.
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Das Gericht der Hauptsache kann gemäß § 80 Abs. 5 VwGO auf Antrag die aufschiebende Wirkung der Klage wiederherstellen. Dabei trifft das Gericht im Rahmen einer summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage eine eigene, originäre Ermessensentscheidung unter Abwägung des von der Behörde geltend gemachten Interesses an der sofortigen Vollziehung ihres Bescheides und des Interesses eines Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seiner Klage. Wesentliches Element dieser Entscheidung sind die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens: Ist die Hauptsacheklage nach summarischer Prüfung voraussichtlich erfolglos, tritt das Interesse eines Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seiner Klage regelmäßig zurück; erscheint der angefochtene Bescheid hingegen nach kursorischer Prüfung voraussichtlich rechtswidrig, besteht kein öffentliches Interesse an dessen sofortiger Vollziehung.
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2. Ausgehend von diesen Maßgaben fällt die im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes gemäß § 80 Abs. 5 VwGO durch das Gericht vorzunehmende eigenständige Abwägung zwischen dem Aussetzungsinteresse des Antragstellers und dem öffentlichen Vollzugsinteresse zu Lasten des Antragstellers aus. Nach der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung dürfte die Klage des Antragstellers gegen die Beendigung des Benutzungsverhältnisses in einer Obdachlosenunterkunft samt Räumungsverfügung voraussichtlich keinen Erfolg haben (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
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a) Die Antragsgegnerin hat die Beendigung des Benutzungsverhältnisses und die Anordnung, die Unterkunft zu räumen, zu Recht u.a. auf § 7 Abs. 2 Nr. 6 i.V.m. § 10 der Satzung über die Benutzung der Obdachlosenunterkunft der Antragsgegnerin (Obdachlosenunterkunftssatzung – OBS) i.V.m. Art. 49 Abs. 2 Nr. 1 BayVwVfG gestützt.
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Nach § 7 Abs. 2 Nr. 6 OBS kann die Antragsgegnerin das Benutzungsverhältnis durch schriftliche Verfügung aufheben, wenn der Benutzer die Benutzungsgebühr für zwei aufeinanderfolgende Monate nicht entrichtet oder mit einem Betrag in Rückstand ist, der den Betrag von zwei Monatsgebühren übersteigt. § 8 OBS enthält Regelungen zur Räumung und Rückgabe. § 10 OBS ermächtigt zum Erlass von Anordnungen für den Einzelfall bzw. verweist im Hinblick auf Zwangsmittel auf die Vorschriften des VwZVG.
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Die Voraussetzungen des § 7 Abs. 2 Nr. 6 OBS sind erfüllt. Der Antragsteller ist gemäß § 2 der Gebührensatzung zur Obdachlosenunterkunftssatzung der Antragsgegnerin (Obdachlosenunterkunftsgebührensatzung – OGS) Gebührenschuldner. Aus der dem Gericht vorliegenden Behördenakte ergibt sich, dass der Antragsteller mit einem Gesamtbetrag im Rückstand ist, der die Benutzungsgebühren für zwei Monate weit überschreitet (vgl. auch Bl. 284, 321 der Behördenakte; Stand: 20.3.2023 bzw. 17.5.2023). Die Antragstellerseite räumt selbst ein, dass Benutzungsgebühren aufgelaufen seien. Sie bestreitet einen Rückstand i.H.v. „ca. 7600 €“ auch nicht (Bl. 4 der Gerichtsakte).
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b) Es ist irrelevant, weshalb sich dieser Rückstand ergeben hat. Die Beendigung des derzeitigen Benutzungsverhältnisses samt Räumungsverfügung ist hier allein dadurch gerechtfertigt, dass erhebliche Gebührenrückstände aufgelaufen sind (vgl. hierzu auch BayVGH, B.v. 3.11.2011 – 4 CS 11.2414 – juris Rn. 17). Bei der öffentlich-rechtlichen Unterbringung in einer Unterkunft handelt es sich gerade nicht um ein Mietverhältnis, sondern um eine – an sich nur vorübergehende – sicherheitsrechtliche Maßnahme zur Abwehr von Gefahren für Leben und Gesundheit, die dem Untergebrachten bei einem Eintritt der Obdachlosigkeit drohen würden (vgl. VG München, B.v. 7.10.2011 – M 22 S 11.448 – juris Rn. 23; vgl. auch etwa BeckOK Polizei- und Sicherheitsrecht Bayern, 22. Edition, Stand: 15.4.2023, Art. 7 LStVG Rn. 143 ff.; Ehmann, Obdachlosigkeit in Kommunen, 3. Aufl. 2019, S. 137 jeweils m.w.N.).
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aa) Soweit die Antragstellerseite die Benutzungsgebühren – im Vergleich zu einer anderen Benutzerin der Obdachlosenunterkunft – als „unangemessen hoch“ empfindet, ist dies nicht von Belang. An den erheblichen Gebührenrückständen des Antragstellers ändert dies nichts. Der Antragsteller ist nach den Satzungsbestimmungen nicht dazu berechtigt, nach seinem Dafürhalten ggf. nur einen vermeintlich angemessenen Teil der Benutzungsgebühren zu entrichten. Ohne dass es entscheidungserheblich darauf ankäme, sind im Übrigen durchgreifende Bedenken am hiesigen Gebührenmaßstab bzw. -satz weder substantiiert dargelegt noch ersichtlich.
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bb) Soweit die Antragstellerseite einwendet, dass das minderjährige Enkelkind mittlerweile wieder unter dieser Adresse gemeldet sei bzw. dem Antragsteller Obdachlosigkeit drohe und er „gleich wieder zugewiesen werden“ müsste, hindert dies die Antragsgegnerin nicht, das derzeitige Benutzungsverhältnis nach den geltenden Satzungsbestimmungen zu beenden. Die Antragsgegnerin ist gehalten, (fortlaufend) zu überprüfen, ob die Voraussetzungen des Anspruchs auf Unterbringung (weiterhin) vorliegen (BeckOK Polizei- und Sicherheitsrecht Bayern, a.a.O.). Für den Fall, dass der Antragsteller (und seine Familie) die insoweit geltenden Voraussetzungen (weiterhin) erfüllen sollte(n), wäre es Aufgabe der Antragsgegnerin, den Antragsteller (und seine Familie) in einer (u.U. auch anderen) Unterkunft (erneut) unterzubringen. Grundsätzlich hat ein Obdachloser aber keinen Anspruch auf Unterbringung in einer bestimmten Unterkunft. Die Antragsgegnerin vermag dem Antragsteller (und seiner Familie) ggf. auch eine andere (kleinere und günstigere) Unterkunft zuzuweisen, um zu erreichen, dass sich künftig keine oder geringere (weitere) Rückstände ergeben (vgl. auch BayVGH, B.v. 3.11.2011 – 4 CS 11.2414 – juris Rn. 17).
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cc) Des Weiteren kann der Antragsteller keine „Mietminderung“ geltend machen.
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Ungeachtet dessen, dass die Einschätzung der Antragstellerseite, die Wohnung sei in einem (bereits) „sehr schlimmen“ bzw. „desolaten“ Zustand (gewesen), lediglich ihren subjektiven Eindruck widerspiegelt, scheidet eine „Mietminderung“ schon deshalb aus, weil kein Anspruch aus einem Mietvertrag vorliegt. Die Maßstäbe, die im Mietrecht für die Gewährleistung bei (etwaigen) Mängeln gelten, spielen keine Rolle (vgl. VGH BW, B.v. 19.9.2017 – 1 S 1975/17 – juris Rn. 6 wegen Schimmelbildung). Es besteht kein Anspruch auf eine sog. „wohnungsmäßige Versorgung“ (BayVGH, B.v. 10.10.2008 – 4 CE 08.2647 – juris). In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass sich die Anforderungen an die zu stellende Unterkunft danach richten, was zur Abwendung der drohenden Gefahr erforderlich ist, so dass unter Berücksichtigung der humanitären Zielsetzung des Grundgesetzes ausreichend ist, wenn obdachlosen Personen eine Unterkunft zugewiesen wird, die vorübergehend Schutz vor den Unbilden des Wetters bietet und Raum für die notwendigen Lebensbedürfnisse lässt, so dass eine weitgehende Einschränkung der Wohnansprüche hinzunehmen ist, wobei die Grenze dort liegt, wo die Anforderungen an einen menschenwürdige, das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit achtende Unterbringung nicht mehr eingehalten ist (stRspr, z.B. BayVGH, B.v. 18.2.2019 – 4 CE 19.238 – juris; vgl. ebenso Bengl/Berner/Emmerig, LStVG, Stand: Oktober 2019, Art. 7 Rn. 184 m.w.N.). Entspricht eine Unterkunft nicht den Mindestanforderungen an eine menschenwürdige Unterbringung, finden die Vorschriften über die Mängelgewährleistung des Mietrechts keine Anwendung. Vielmehr kann der in die Obdachlosenunterkunft Eingewiesene in einem solchen Fall – ggf. gerichtlich – die Herstellung menschenwürdiger Zustände verlangen. Die Pflicht zur Entrichtung der Benutzungsgebühr entfällt jedoch grundsätzlich nicht. Diese kann allenfalls dann entfallen, wenn das – aus dem rechtsstaatlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz folgende – kommunalabgabenrechtliche Äquivalenzprinzip verletzt ist. Das setzt voraus, dass die Leistung des Bürgers in Gestalt der Gebühr und die konkrete Leistung der Verwaltung in einem gröblichen Missverhältnis zueinanderstehen, z.B. wenn der Zustand der Obdachlosenunterkunft zu deren Unbenutzbarkeit führt (vgl. VGH BW, B.v. 19.9.2017 – 1 S 1975/17 – juris Rn. 6). Ausgehend von diesen Maßstäben ist hierfür auch unter Berücksichtigung des Sachvortrags der Antragstellerseite („renovierungsbedürftige[r] Zustand“) und der vorgelegten Lichtbilder allerdings nichts ersichtlich. Es ist erneut darauf hinzuweisen, dass der Antragsteller von der Antragsgegnerin beim Vorliegen der Voraussetzungen des Anspruchs auf Unterbringung grundsätzlich lediglich eine vorübergehende Unterbringung verlangen kann. Es bleibt nach wie vor seiner Eigeninitiative überlassen, sich (ggf. unter Inanspruchnahme von Hilfe der dafür zuständigen Ämter) eine „bessere“ Wohnung zu beschaffen, zumal der Antragsteller vortragen lässt, dass er berufstätig sei und die streitigen Benutzungsgebühren ohne Weiteres bezahlen könnte (vgl. dazu auch BayVGH, B.v. 3.11.2011 – 4 CS 11.2414 – juris Rn. 17).
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Soweit die Antragstellerseite (lediglich) behauptet, ihr gegenüber wäre die Zuweisung einer anderen Unterkunft bzw. die Renovierung der streitgegenständlichen Unterkunft zugesichert worden, ändert dies nichts daran, dass erhebliche Gebührenrückstände bestehen. Der Antragsteller ist nicht wie im Mietrecht nach § 320 BGB dazu berechtigt, einen Teil der Benutzungsgebühren zurückzuhalten, um dadurch die Antragsgegnerin zur Beseitigung von (etwaigen) Mängeln anzuhalten.
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c) Gerichtlich nach § 114 Satz 1 VwGO überprüfbare Ermessensfehler sind, zumal bei summarischer Prüfung, nicht ersichtlich. Insbesondere erweisen sich unter Berücksichtigung des Vorstehenden die streitgegenständlichen Anordnungen als verhältnismäßig. Die gesetzte Frist zur Räumung begegnet keinen Bedenken.
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d) Darüber hinaus lässt sich vorliegend die Beendigung des Benutzungsverhältnisses samt Räumungsverfügung auch auf § 7 Abs. 2 Nr. 4 i.V.m. § 10 OBS i.V.m. Art. 49 Abs. 2 Nr. 1 BayVwVfG stützen. Hiernach ist eine Beendigung möglich, wenn es ein Benutzer unterlässt, sich ernsthaft um eine andere Unterkunft zu bemühen. Der von der Antragsgegnerin vorgelegten Behördenakte lässt sich kein – Nachweis um ein – ernsthaftes Bemühen um eine andere Unterkunft entnehmen. Der Antragsteller selbst erhärtet dies durch sein Vorbringen, dass er die Benutzungsgebühren ohne Weiteres bezahlen könnte (Bl. 4 der Gerichtsakte). Auch im Übrigen sind die Anordnungen nicht zu beanstanden. Es wird insoweit auf die obigen Ausführungen Bezug genommen.
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3. Der Eilantrag war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 2 GKG. Für das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes wurde die Hälfte des Auffangstreitwerts zugrunde gelegt (Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs).
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Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Anwaltsbeiordnung ist abzulehnen, weil es an den hinreichenden Erfolgsaussichten für die beabsichtigte Rechtsverfolgung fehlt (§ 166 VwGO i.V.m. §§ 114 ff. ZPO).
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Ausweislich § 166 VwGO i.V.m. § 114 Satz 1 ZPO erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Hinreichende Erfolgsaussicht ist etwa dann gegeben, wenn schwierige Rechtsfragen zu entscheiden sind, die im Hauptsacheverfahren geklärt werden müssen. Auch wenn eine Beweisaufnahme ernsthaft in Betracht kommt und keine konkreten Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass diese mit großer Wahrscheinlichkeit zum Nachteil des Mittellosen ausgehen wird, ist vorab Prozesskostenhilfe zu gewähren (vgl. etwa BVerfG, B.v. 14.4.2003 – 1 BvR 1998/02 – NJW 2003, 2976). Insgesamt dürfen die Anforderungen an die Erfolgsaussichten eines gerichtlichen Verfahrens nicht überspannt werden, eine gewisse Wahrscheinlichkeit des Erfolges genügt (Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 166 Rn. 26). Die Beiordnung eines Rechtsanwalts ist im Verfahren ohne Vertretungszwang immer geboten, wenn es in einem Rechtsstreit um nicht einfach zu überschauende Tat- und Rechtsfragen geht (Eyermann, a.a.O., Rn. 38).
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Ausgehend von diesen Maßgaben kommt die Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Anwaltsbeiordnung im Eilverfahren nicht in Betracht, da – ungeachtet der fehlenden Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragstellers – nach den obigen Ausführungen (unter II.) der Eilantrag nicht erfolgreich ist.