Inhalt

LG Regensburg, Beschluss v. 25.08.2023 – 61 T 69/22
Titel:

Zuständigkeit für Einreichung der geänderten Gesellschafterliste nach getrennter Beurkundung von Angebot und Annahme einer Geschäftsanteilsübertragung

Normenkette:
GmbHG § 40 Abs. 2 S. 1
Leitsätze:
1. Für die Frage, welcher Notar bei der getrennten Beurkundung von Angebot und Annahme einer Geschäftsanteilsübertragung für die Einreichung der geänderten Gesellschaftserliste gem. § 40 Abs. 2 S. 1 GmbHG zuständig ist, kommt es grundsätzlich auf den Vollzugsauftrag an. (Rn. 18 – 23) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Pflicht zur unverzüglichen Einreichung einer geänderten Gesellschafterliste besteht nur dann, wenn der Notar nach seinem pflichtgemäßen Ermessen von der Wirksamkeit der jeweiligen Veränderung überzeugt ist. (Rn. 28) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Geschäftsanteilsübertragung, getrennte Beurkundung, Angebot und Annahme, Gesellschafterliste, Änderung, Einreichung, Zuständigkeit, Notar, Vollzugsauftrag, Wirksamkeit der Übertragung
Rechtsmittelinstanz:
OLG Nürnberg vom -- – 2 W 1870/23
Fundstellen:
BeckRS 2023, 30678
LSK 2023, 30678
NJOZ 2024, 913
MittBayNot 2023, 621

Tenor

1. Die Beschwerde der Beschwerdeführerin vom 29.03.2022 gegen den Notar … wird zurückgewiesen.
2. Die Beschwerdeführerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe

I.
1
Die … GmbH, …, ist im Handelsregister des Amtsgerichtes … mit 25.000,00 € Stammkapital eingetragen. Gegenstand des Unternehmens ist der Betrieb einer Seniorenresidenz sowie die An- und Vermietung von Gewerbe- und Wohnimmobilien.
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Am 29.11.2019 wurde ein Herr … Inhaber der Geschäftsanteile.
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Dieser teilte mit Urkunde des Beschwerdegegners vom 10.02.2020 den Geschäftsanteil in Teilgeschäftsanteile in Höhe von 20.500,00 € und zu 4.500,00 € auf. Diese bot er mit dieser Urkunde einem Herrn … in Höhe von 20.500,00 € sowie der Beschwerdeführerin in Höhe von 4.500,00 € zum Erwerb an mit einer Angebotsbindung bis 10.08.2022.
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Die Beschwerdeführerin nahm dieses Angebot mit Urkunde des Notars … vom 31.07.2020 an. Eine Annahme des Angebotes durch … ist nicht erfolgt.
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Die Beschwerdeführerin zahlte den vereinbarten Kaufpreis in Höhe von 4.500,00 € am 19.01.2021 an den Verkäufer ….
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Dieser wiederum hat zwischen Ende Januar 2021 und Anfang Mai 2021 verschiedene Angebots- und Annahmeurkunden durch den Beschwerdegegner an insgesamt 18 verschiedene Erwerber die meisten der 4.500,00 € für die Beschwerdeführerin angedachten Geschäftsanteile veräußert. Der Beschwedegegner erstellte am 20.04.2020 sowie 18./21.05.2021 neue Gesellschafterlisten und reichte diese beim Handelsregister ein.
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Am 07.02.2022 forderte die Beschwerdeführerin die Beschwerdegegner unter Darlegung des Sachverhaltes auf, die unrichtige Gesellschafterliste zu berichtigen. Dieser lehnte dies am 16.02.2022 ab.
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Die Beschwerdeführerin behauptet, die aktuelle Gesellschafterliste der Seniorenresidenz … GmbH sei unrichtig, als die Beschwerdeführerin in dieser Liste nicht als Inhaberin der erworbenen Geschäftsanteile eingetragen sei. Dieser Erwerb kam zustande mit der Beurkundung der Annahme des ursprünglichen Angebotes. Die nachfolgenden Erwerber hätten diese Anteile nicht gutgläubig erwerben können.
9
Der Beschwerdegegner bringt im Wesentlichen vor, die Angebote hätten nur gemeinsam angenommen werden können. Eines der Angebote sei nicht angenommen worden. Mit der Annahme der Beschwerdeführerin vom 31.07.2020 sei damit kein Kaufvertrag zustande gekommen.
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Im Übrigen sei der Beschwerdegegner nicht zuständig gewesen, eine neue Gesellschafterliste einzureichen.
11
Die Landesnotarkasse Bayern wurde gehört. Auf die Stellungnahme vom 18.07.2022 wird verwiesen.
II.
12
Die Beschwerde ist zulässig, § 15 Abs. 2 BNotO.
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In der Sache bleibt sie jedoch ohne Erfolg.
14
a) Der Beschwerdegegner ist nicht der für die Einreichung der Gesellschaterliste nach Veränderungen gem. § 40 Abs. 2 GmbHG zuständige Notar.
15
Der Wortlaut des § 40 Abs. 2 S. 1 GmbHG verhält sich nicht konkret dazu, welcher Notar „an Veränderungen nach Abs. 1 S. 1 mitgewirkt“ hat.
16
In der notarrechtlichen Literatur ist umstritten, wer bei der getrennten Beurkundung von Angebot und Annahme von Geschäftsanteilsübertragungen zur Einreichung der geänderten Gesellschafterliste berechtigt oder verpflichtet ist. Zum Teil wird vertreten, dass dies grundsätzlich der das Angebot beurkundende Notar ist, zumindest für den Fall, dass in der Angebotsurkunde eine aufschiebende Bedingung für die Wirksamkeit der Abtretung vereinbart ist, wie andererseits grundsätzlich der die Annahme beurkundende Notar (Altmeppen, GmbHG, § 40, 46; Wicke, GmbHG, § 40, 14 a). Vertreten wird auch, dass jedenfalls der letzte mitwirkende Notar verpflichtet ist, jedenfalls wenn kein anderer Vollzugsauftrag vereinbart ist, dass grundsätzlich auch beide Notare zuständig sind.
17
Die Landesnotarkammer hat in der Stellungnahme vom 18.07.2022 zum Ausdruck gebracht, dass sie der Ansicht zuneige, dass in der Konstellation der getrennten Beurkundung sowohl der allein das Angebot burkundende Notar als auch der allein die Annahme beurkundenden Notar im Sinne des § 40 Abs. 2 S. 1 GmbHG an Veränderungen nach § 40 Abs. 1 S. 1 GmbHG mitgewirkt haben und damit grundsätzlich beide Notare die Pflicht zur Einreichung einer aktualisierten Gesellschafterliste treffen kann.
18
Allerdings wird davon ausgegangen, dass zur Abgrenzung der Zuständigkeit der in den jeweiligen Dokumenten zum Ausdruck gekommene Vollzugsauftrag maßgeblich sein soll (Wicke, GmbHG, § 40, 14a).
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Gerade dieser Vollzugsauftrag aber ist in den vorliegenden Urkunden ganz eindeutig dem Notar … übertragen worden.
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In Ziff. III. 4. der Annahmeerklärung vom 31.07.2020 ist vom Notar … beurkundet: „dass nach Wirksamkeit der Abtretung eine neue Liste der Geschäftsanteile, in der die Abtretung berücksichtigt ist, beim Handelsregister vom Notar einzureichen ist.“, gemeint ist damit ersichtlich der unterzeichnende Notar ….
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Daneben ist in dieser Ziffer ausdrücklich erklärt, dass: „nach Eingang dieser Bestätigung wird der hier beurkundende Notar die Liste beim Handelsregister einreichen.“
22
Dann wieder aber ist gerade seitens der Beschwerdeführerin dem Notar Schüßler ein Vollzugsauftrag erteilt worden und dieser damit auch ausschließlich für die Eintragung der Veränderungen im Handelsregister zuständig. Eine Zuständigkeit des Beschwerdegegners ist von daher nicht gegeben.
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Dies ergibt sich auch aus dem Handeln des Notars … Dieser nämlich hat ausgeführt, dass er die Einreichung der neuen Gesellschafterliste längst veranlaßt hätte, wenn er seitens des Veräußerers die notwendige Bestätigung der Zahlung rechtzeitig erhalten hätte, was ersichtlich nicht erfolgt ist. Auch dies weist ganz offensichtlich darauf hin, dass der Notar … der die Eintragung veranlassende zuständige Notar ist.
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In ähnlicher Weise hat sich auch das OLG München geäußert (ZIP 2012, 2254).
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Danach ergebe sich weder aus dem Wortlaut noch aus dem Sinn und Zweck des § 40 Abs. 2 GmbHG, dass die Einreichung der Liste nur durch den Notar erfolgen dürfe, der die Annahme beurkundet hat. Dass bei Beteiligung mehrerer Notare an einer Veränderung nur einer von ihnen unter Ausschluss des anderen zur Unterzeichnung des anderen befugt sein soll, könne § 40 Abs. 2 GmbHG nicht entnommen werden. Es liege allerdings nahe, dass bei gesonderter Beurkundung von Angebot und Annahme regelmäßig der Notar die Liste unterzeichnet und einreicht, der die Annahme beurkundet hat.
26
Im Hinblick hierauf sowie unter Berücksichtigung der obigen Kommentierungen sowie der Stellungnahme der Bayerischen Notarkammer ist deshalb davon auszugehen, dass nur der die Annahme beurkundende Notar der zuständigen Notar gem. § 40 Abs. 2 GmbHG ist.
27
Dies aber war nicht der Beschwerdegegner.
28
b) Darüber hinaus ist ein Notar nach § 40 Abs. 2 S. 1 GmbHG nur dann zur unverzüglichen Einreichung einer aktualisierten Gesellschafterliste verpflichtet, wenn Veränderungen nach § 40 Abs. 1 S. 1 GmbHG wirksam geworden sind. Der Notar muss dabei nach seinem pflichtgemäßem Ermessen von der Wirksamkeit der jeweiligen Veränderung überzeugt sein (Wicke, GmbHG, § 40, 15). Bei Zweifeln an der Wirksamkeit der Veränderungen, an welchen der Notar mitgewirkt hat, darf er die Liste erst einreichen, wenn seine Zweifel beseitigt sind. Der Notar muss damit nach seinem pflichtgemäßem Ermessen davon überzeugt sein, dass die Anteilsabtretung wirksam vorgenommen wurde und die sonstigen Bedingungen, wie bei Kaufpreiszahlung, eingetreten sind.
29
Die Pflicht zur Einreichung einer die Änderung ausweisenden Gesellschafterliste ist danach von der Wirksamkeit der Veränderung abhängig und besteht dann nicht, wenn Zweifel an der Wirksamkeit der Veränderungen bestehen. Der Notar darf in diesem Falle eine die Veränderung ausweisende Gesellschafterliste erst dann einreichen, wenn die Zweifel an der Wirksamkeit ausgeräumt wurden (BGH, MittBayNot 2020, 71).
30
Diese Zweifel sind vom Beschwerdegegner in umfassender Weise dargelegt worden. Er hat ausgeführt, dass das ursprüngliche Angebot vom 10.02.2020 derart ausgestaltet sein sollte, dass dieses Angebot nur von den beiden Anbietern gleichzeitig hätte angenommen werden können.
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In der Angebotsurkunde vom 10.02.2020 findet sich diesbezüglich keine ausdrückliche Regelung, weshalb eine Auslegung dieser Urkunde notwendig ist.
32
In diese Auslegung aber muss einfließen, dass die vom Beschwerdegegner in der Folgezeit bestellten Urkunden ausdrücklich in der Art gestaltet waren, dass eine Annahme nur durch beide Angebotsempfänger möglich war. Es ist deshalb davon auszugehen, dass im Hinblick auf diese Folgeurkunden entsprechendes auch bereits in der Angebotsurkunde vom 10.02.2020 hätte sein sollen.
33
Insoweit sind deshalb Zweifel des Beschwerdegegners nachvollziehbar und auch berechtigt, weshalb ihm hinsichtlich der Einreichung einer aktualisierten Gesellschafterliste und der Beurkundung keine Amtspflicht im Sinne von § 17 Abs. 1 S. 1 BeurkG traf.
III.
34
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 81, 84 FamFG.