Titel:
Beseitigung von Hütte und Einfriedung im Außenbereich
Normenketten:
BayBO Art. 76 S. 1
BauGB § 35
Leitsätze:
1. Ein land- oder forstwirtschaftlicher Betrieb iSd § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB setzt eine ernsthafte, planmäßige, auf Dauer berechnete und auf Dauer lebensfähige Tätigkeit voraus, die organisiert und nicht von untergeordneter Größe und wirtschaftlicher Bedeutung ist. Die Bewirtschaftung kleinerer Waldflächen erfüllt nicht einmal die Anforderungen an die Anerkennung als Nebenerwerbsbetrieb. (Rn. 18) (redaktioneller Leitsatz)
2. Bei der Entscheidung, ob gegen eine keine formelle Bestandskraft genießende und materiell illegale Anlage eingeschritten wird, ist zu beachten, dass dem der Bauaufsichtsbehörde durch Art. 76 S. 1 BayBO eingeräumten Ermessen die Tendenz eigen ist, die im öffentlichen Interesse an der Wiederherstellung baurechtmäßiger Zustände grundsätzlich gebotene Pflicht zum Einschreiten zu verwirklichen. (Rn. 23) (redaktioneller Leitsatz)
3. Das schlichte Unterlassen bauaufsichtsrechtlichen Einschreitens für eine bestimmte Zeit kann den Erlass einer Beseitigungsanordnung ohne Hinzutreten weiterer Umstände nicht hindern. (Rn. 24) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Beseitigungsanordnung bzgl. Hütte und Einfriedung, Außenbereich, Keine Privilegierung für Forstwirtschaft, Beseitigungsanordnung, Forstwirtschaftlicher Betrieb, Ermessen, Vertrauensschutz, Zwangsgeldandrohung
Fundstelle:
BeckRS 2023, 30434
Tenor
I.Das Verfahren wird eingestellt, soweit es in der Hauptsache für erledigt erklärt wurde.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II.Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
1
Der Kläger wendet sich im Wege der Anfechtungs- bzw. der Fortsetzungsfeststellungsklage gegen einen Bescheid des Beklagten, mit dem die Beseitigung einer Hütte und einer Einfriedung auf den im Eigentum des Klägers stehenden Grundstücken Fl.-Nr. 652, Gemarkung …, und Fl.-Nr. 700, Gemarkung …, verfügt worden ist.
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Bei einer Baukontrolle am 12. Juni 2019 wurde festgestellt, dass sich auf den genannten Grundstücken eine Hütte bzw. eine Einfriedung befinden. Bei derselben Baukontrolle wurde zudem ein Bauwagen auf dem Grundstück Fl.-Nr. 652, Gemarkung …, festgestellt (vgl. hierzu Verfahren M 9 K 20.1480). Auf die bei der Behördenakte (BA) befindlichen Lichtbilder und Lagepläne wird Bezug genommen. Mit mehreren Schreiben des Landratsamtes wurde der Kläger unter Fristsetzung zur Beseitigung aufgefordert sowie hinsichtlich einer möglichen Beseitigungsanordnung angehört. Eine Beseitigung erfolgte nicht.
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Das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) Pfaffenhofen a.d. Ilm nahm am 29. Oktober 2019 (BA Bl. 27), am 18. Juni 2020 (BA Bl. 45), am 22. Januar 2021 (datiert auf 2020, es muss aber wohl 2021 heißen; BA Bl. 71) und am 15. Dezember 2022 (Gerichtsakte) Stellung. Auf die Stellungnahmen wird Bezug genommen.
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Mit Bescheid des Beklagten vom 9. März 2021 wurde der Kläger unter Zwangsgeldandrohung verpflichtet, die bauliche Anlage (Hütte) auf dem Grundstück Fl.-Nr. 700, Gemarkung … (gemeint ist ausweislich Bescheidsbetreff …*), sowie die Einfriedung auf dem Grundstück Fl.-Nr. 652, Gemarkung … (gemeint ist ausweislich Bescheidsbetreff …*), entsprechend beigefügtem Lageplan ersatzlos innerhalb von sechs Wochen ab Bestandskraft dieses Bescheids zu beseitigen. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Voraussetzungen für eine Beseitigungsanordnung seien erfüllt. Die Vorhaben befänden sich im Außenbereich, welcher grundsätzlich von Bebauung freizuhalten sei. Eine Privilegierung liege mangels eines forstwirtschaftlichen Betriebs nicht vor. Der Kläger bewirtschafte nur etwa 5,53 ha Wald verteilt auf mehrere Teilflächen, was für einen Betrieb nicht ausreiche. Der Zaun sei zudem nicht rehdicht und die Fläche überwiegend vorausverjüngt. Der Zaun diene daher nicht dem Schutz der Forstkultur und sei deswegen nicht verfahrensfrei. Beide Vorhaben seien sonstige Vorhaben und beeinträchtigten öffentliche Belange, insbesondere sei die natürliche Eigenart der Landschaft betroffen, es drohe die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung und es bestehe ein Widerspruch zum Flächennutzungsplan. Die Beseitigung werde im pflichtgemäßen Ermessen angeordnet, insbesondere entspreche sie dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Auf den Bescheid wird im Übrigen Bezug genommen.
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Mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 10. September 2021, bei Gericht eingegangen am selben Tag, ließ der Kläger Klage gegen diesen Bescheid erheben. Diese war zunächst auf Aufhebung des Bescheids in Nr. 1 sowie Nr. 3 (soweit Nr. 1 betroffen) und Nrn. 4 und 5 sowie auf Feststellung, dass er in Nr. 2 rechtswidrig gewesen sei, gerichtet. Nach übereinstimmender Teilerledigungserklärung in der mündlichen Verhandlung beantragt die Klagepartei zuletzt:
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Der Bescheid des Landratsamts Pfaffenhofen an der Ilm vom 10.8.2021 wird in Ziffer 1 sowie Ziffer 3 (soweit Ziffer 1 betroffen) und Ziffer 4 und 5 aufgehoben.
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Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, bezüglich des Zaunes sei inzwischen die Beseitigung erfolgt. Bezüglich der Hütte lägen die Voraussetzungen für eine Beseitigungsanordnung nicht vor. Der Kläger betreibe einen privilegierten Forstbetrieb und habe weitere Flächen erworben. Die Vorhaben seien verfahrensfrei. Die sogenannte Hütte sei ein Unterstellplatz, der forstwirtschaftlich sinnvoll sei und dem Betrieb diene. Er sei vom Vornutzer errichtet worden, wohl in den Achtzigerjahren des vorigen Jahrhunderts. Jedenfalls stünden öffentliche Belange nicht entgegen bzw. seien nicht beeinträchtigt. Das Entstehen einer Splittersiedlung sei durch das vorliegende Gebäude nicht zu befürchten. Das Vorhaben widerspreche auch nicht den Darstellungen des Flächennutzungsplanes, da die Darstellung als Waldfläche keine konkrete standortbezogene Aussage darstelle. Auch sei das Ermessen nicht ordnungsgemäß ausgeübt worden, da der Zusammenhang der Anlage mit der Fischweiher-Anlage nicht berücksichtigt worden sei. Es sei mit dem Landratsamt ein teilweiser Rückbau der ehemaligen Anlagen vereinbart und durchgeführt worden. Der Kläger habe darauf vertrauen dürfen, dass es damit sein Bewenden habe. Vorgelegt wurde u.a. eine Stellungnahme der Forstbetriebsgemeinschaft … e.V. vom 24. April 2020, auf die ebenso wie auf die Klagebegründung im Übrigen und die restlichen Anlagen Bezug genommen wird.
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Zur Begründung wird im Wesentlich ausgeführt, Zaun und Hütte dienten nicht einem forstwirtschaftlichen Betrieb, da – mit Verweis auf eine neuerliche Stellungnahme des AELF – die Flächen zu klein und zu verstreut und die erzielbaren Einnahmen zu gering seien. Die Hütte sei auch formell illegal und insbesondere nicht verfahrensfrei. Öffentliche Belange seien beeinträchtigt. Eine andere Ermessensentscheidung sei auch mit Blick auf die Fischweiheranlage nicht angezeigt. An diese seien aus wasserrechtlicher Sicht Anforderungen gestellt worden. Ein Vertrauensschutz sei nicht ersichtlich. Der Zaun sei entsprechend der Verpflichtung zurückgebaut worden und diese daher erfüllt. Vorgelegt wurde die genannte Stellungnahme des AELF … … … vom 15. Dezember 2022, auf die ebenso wie auf die Klageerwiderung im Übrigen Bezug genommen wird.
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Das Gericht hat am 21. Juni 2023 Beweis erhoben über die örtlichen und baulichen Verhältnisse durch Einnahme eines Augenscheins. Wegen der bei dem Augenschein getroffenen Feststellungen wird auf das Protokoll Bezug genommen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 21. Juni 2023, die vorgelegte Behördenakte sowie die Gerichtsakte – jeweils auch im Verfahren M 9 K 20.1480 – Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Soweit die Klage durch die Klagepartei für erledigt erklärt wurde (Nr. II der Anträge in der Klagebegründung, Fortsetzungsfeststellungsantrag bzgl. Nr. 2 des streitgegenständlichen Bescheids) und der Beklagte der Erledigungserklärung zugestimmt hat, ist das Verfahren einzustellen und nur noch über die Kosten zu entscheiden (§ 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO analog, § 161 Abs. 2 VwGO).
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Im aufrecht erhaltenen Umfang hat die Klage keinen Erfolg, da sie insoweit zwar zulässig, aber unbegründet ist. Der angefochtene Bescheid ist hinsichtlich der Hütte rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in eigenen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
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Die gegenüber dem Kläger erlassene Beseitigungsanordnung findet ihre Rechtsgrundlage in Art. 76 Satz 1 BayBO. Danach kann die Bauaufsichtsbehörde die teilweise oder vollständige Beseitigung der Anlagen anordnen, wenn Anlagen im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften errichtet oder geändert werden und nicht auf andere Weise rechtmäßige Zustände hergestellt werden können. Voraussetzung einer Beseitigungsanordnung ist sowohl die formelle als auch die materielle Baurechtswidrigkeit des zu beseitigenden Bauvorhabens. Handelt es sich um ein verfahrensfreies Vorhaben (Art. 57 BayBO), genügt die materielle Baurechtswidrigkeit.
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Vorliegend folgt die formelle Illegalität des streitgegenständlichen Bauvorhabens aus dem Fehlen einer (erforderlichen) Baugenehmigung. Zugleich ist die Hütte auch materiell illegal, da sie als im Außenbereich gelegenes sonstiges Vorhaben öffentliche Belange beeinträchtigt und damit bauplanungsrechtlich unzulässig ist. Die Lage im planungsrechtlichen Außenbereich wird von den Beteiligten vorausgesetzt und entspricht auch dem Ergebnis des gerichtlichen Augenscheins.
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1. Sowohl die Nichtanwendbarkeit der Verfahrensfreiheit nach Art. 57 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. c) BayBO als auch die Einordung als sonstiges Vorhaben nach § 35 Abs. 2 BauGB folgen hier daraus, dass die Hütte keinem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb oder einem Betrieb der gartenbaulichen Erzeugung i.S.d. § 35 Abs. 1 Nr. 1 und 2, § 201 BauGB dient. Denn dies wäre ausweislich des jeweiligen Wortlauts der Norm Voraussetzung sowohl für eine Verfahrensfreiheit nach Art. 57 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. c) BayBO als für eine Einordnung als privilegiertes Vorhaben nach § 35 Abs. 1 BauGB.
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a) Ein land- oder forstwirtschaftlicher Betrieb i.S.d. § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB setzt eine ernsthafte, planmäßige, auf Dauer berechnete und auf Dauer lebensfähige Tätigkeit voraus, die organisiert ist und nicht von untergeordneter Größe und wirtschaftlicher Bedeutung ist (vgl. BVerwG, U.v. 3.11.1972 – IV C 9.70 – juris; BayVGH, U.v. 1.7.1971 – 75 II 67, BayVBl. 71, 472; Waldmann in Molodovsky/Famers, Bayerische Bauordnung, 148. EL, Art. 57 BayBO Erl. 2.1.4.6). Da im Außenbereich nach § 35 BauGB Bauvorhaben grundsätzlich nicht zulässig sind, ist bei der Frage, ob ein land- oder forstwirtschaftlich privilegierter Betrieb im Sinne von § 35 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB vorliegt, auf dieser Grundlage ein strenger Maßstab anzulegen, wobei (auch) die Größe des Betriebes einen Anhaltspunkt für die von der Rechtsprechung geforderte Ernsthaftigkeit und Nachhaltigkeit der Betriebsführung darstellt. Aus diesem Grund hat die obergerichtliche Rechtsprechung wiederholt ausgeführt, dass die Bewirtschaftung kleinerer Waldflächen nicht einmal die Anforderungen an die Anerkennung als Nebenerwerbsbetrieb erfüllt (vgl. BayVGH, B.v. 30.4.1998 – 20 ZB 98.1134 – S. 3 f., unter Hinweis auf BVerwG, U.v. 16.5.1991 – 4 C 2.89 – DÖV 1992, 73 f.; ferner BVerwG, U.v. 4.3.1983 – 4 C 69.79 – juris Rn. 18 f.; ablehnend bezüglich einer Größenordnung von 6,34 ha Waldfläche z.B. auch VG Gelsenkirchen, U.v. 20.5.2014 – 9 K 4057/12 – juris Rn. 29).
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Vorliegend bewirtschaftet der Kläger nach der Stellungnahme des Amts für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vom 22. Januar 2021 (datiert auf 2020, es muss wohl 2021 heißen) und nochmals vom 15. Dezember 2022 weniger als 6 ha Wald. Dies gilt auch unter Berücksichtigung der klägerseits vorgetragenen Neuerwerbungen. Diese Flächen zeichnen sich zudem durch eine räumliche Verteilung aus (Streubesitz). Bei der Fläche handelt es sich daher schon mit Blick auf ihre Größe um eine kleine Waldfläche, deren Bewirtschaftung nicht die Anforderungen an die Anerkennung eines forstwirtschaftlichen Betriebs – auch nicht im Nebenerwerb – erfüllt. Verstärkt wird dieses Ergebnis durch die räumliche Lage der Flächen. Auch das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten hat in den verschiedenen Stellungnahmen mitgeteilt, dass der Kläger mit Blick auf die Größe und Lage der Waldfläche und mangels Langfristigkeit, Nachhaltigkeit und Erwerbsziel keinen forstwirtschaftlichen Betrieb betreibe. In der Stellungnahme vom 15. Dezember 2022, die sich das Gericht insoweit zu eigen macht, ist sogar detailliert aufgeschlüsselt, welche Erwerbsmöglichkeiten sich aus dem klägerischen Waldbesitz ergeben und dass sich nur ein geringer jährlicher Gewinn erzielen lässt. Klägerseits ist nichts substantiiert vorgetragen, warum im Falle des Klägers trotz der Lage und der geringen Größe der Waldflächen dennoch ein forstwirtschaftlicher Betrieb vorliegen soll. Insbesondere ergibt sich nichts anders, wenn man die durch den Klägerbevollmächtigten vorgetragene Waldfläche von „mehr als 6 ha“ zugrunde legt. Denn auch insofern handelt es sich nach dem oben dargelegten Maßstab noch um eine kleine Waldfläche. Auch die klägerseits vorgetragenen, aus forstfachlicher Sicht begrüßenswerten Maßnahmen, die auf dem Grundstück durchgeführt worden sein sollen, führen nicht dazu, dass ein forstwirtschaftlicher Betrieb vorliegt.
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b) Hinzu kommt, dass die Hütte – einen forstwirtschaftlichen Betrieb unterstellt – diesem nicht im Rechtssinne dient. Hierfür reicht es nicht aus, dass ein Vorhaben nach den Vorstellungen des Land- bzw. Forstwirts für seinen Betrieb lediglich förderlich ist, wenngleich andererseits nicht verlangt werden kann, dass das Vorhaben für den Betrieb schlechthin unentbehrlich ist. Die bloße Förderlichkeit einerseits und die Unentbehrlichkeit andererseits bilden den äußeren Rahmen für das Merkmal des Dienens. Innerhalb dieses Rahmens muss darauf abgestellt werden, „ob ein vernünftiger Landwirt – auch und gerade unter Berücksichtigung des Gebotes größtmöglicher Schonung des Außenbereichs – das Bauvorhaben mit etwa gleichem Verwendungszweck und mit etwa gleicher Gestaltung und Ausstattung für einen entsprechenden Betrieb errichten würde“, wobei hinzukommen muss, dass das Vorhaben durch diese Zuordnung zu dem konkreten Betrieb auch äußerlich erkennbar geprägt wird (st. Rspr., vgl. z.B. BVerwG, U. v. 19.6.1991 – 4 C 11.89 – juris Rn. 22 m.w.N). Entsprechendes gilt für forstwirtschaftliche Betriebe.
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Mit Blick auf die streitgegenständliche Hütte fehlt es schon deshalb an einem Dienen im Rechtssinne, da diese nach dem Ergebnis des gerichtlichen Augenscheines nicht den Eindruck macht, überhaupt mit forstlicher Tätigkeit in Verbindung zu stehen. Sie ist mit einer Bank und einem Tisch ausgestattet und erweckt insgesamt den Eindruck, für private Zusammenkünfte u.ä. genutzt zu werden. Zwar waren im Rahmen des gerichtlichen Augenscheins kleinere Werkzeuge zu sehen. Allerdings konnte das Gericht in einer Gesamtbetrachtung nicht den Eindruck gewinnen, dass in der Hütte signifikant Werkzeug, Gerät, Holz o.ä. gelagert ist, das einem forstwirtschaftlichen Betrieb dienlich sein könnte. Es ist nicht ersichtlich und auch klägerseits nichts substantiiert vorgetragen, warum ein vernünftiger Forstwirt in der Position des Klägers eine derart ausgestattete Hütte errichten würde.
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2. Die materielle Illegalität des Vorhabens ergibt sich weiter daraus, dass die Errichtung der Hütte als sonstiges Vorhaben gemäß § 35 Abs. 2 BauGB öffentliche Belange i.S.d. § 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB beeinträchtigt und damit bauplanungsrechtlich unzulässig ist. Das Vorhaben widerspricht nach § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauGB den Darstellungen des Flächennutzungsplans, der eine Waldfläche ausweist. Diese Darstellung genügt bei nichtprivilegierten Vorhaben – wie hier –, um einen Widerspruch zu begründen. Es lässt außerdem die Entstehung einer Splittersiedlung befürchten i.S.v. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB, da sich ein Ansatz für eine städtebaulich ungeordnete Siedlung ergibt, und beeinträchtigt darüber hinaus die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert gemäß § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB. Dass der Klägerbevollmächtigte pauschal vorträgt, öffentliche Belange seien nicht beeinträchtigt, ändert hieran nichts.
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3. Der Erlass der Beseitigungsanordnung ist verhältnismäßig. Ermessensfehler der Behörde sind nicht ersichtlich. Im Fall eines wie hier nicht genehmigungsfähigen Vorhabens ist die Beseitigungsanordnung grundsätzlich angezeigt, auch wenn diesbezüglich kein sogenanntes intendiertes Ermessen vorliegt. Bei der Entscheidung, ob gegen eine keine formelle Bestandskraft genießende und materiell illegale Anlage eingeschritten wird, ist zu beachten, dass dem der Bauaufsichtsbehörde durch Art. 76 Satz 1 BayBO eingeräumten Ermessen die Tendenz eigen ist, die im öffentlichen Interesse an der Wiederherstellung baurechtmäßiger Zustände grundsätzlich gebotene Pflicht zum Einschreiten zu verwirklichen (vgl. Decker in Busse/Kraus, Bayerische Bauordnung, 148. EL September 2022, Art. 76, Rn. 208 m.w.N.). Die Verhinderung und grundsätzlich auch die Beseitigung von „unheilbar“ rechtswidrigen Anlagen liegt im besonderen Interesse der Allgemeinheit an einer geordneten baulichen Entwicklung. Das Landratsamt hat auch die für die Ermessensausübung maßgeblichen Umstände sachgerecht gewichtet und das eröffnete Ermessen ohne vom Kläger aufgezeigte oder sonst bestehende Ermessensfehler ausgeübt.
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Insbesondere ergeben sich Ermessensfehler auch nicht mit Blick auf die ebenfalls auf dem betroffenen Grundstück gelegene Fischweiheranlage. Es ist nicht ersichtlich und vor allem auch seitens des Klägers nicht substantiiert vorgetragen, dass ein Vertrauensschutztatbestand geschaffen worden sein könnte. Selbst wenn man von einem länger andauernden „Dulden“ der Hütte durch die Behörde bzw. ein Untätigbleiben ausginge, entspricht es der ganz herrschenden Meinung (vgl. Decker in Busse/Kraus, a.a.O. Rn. 216 mit zahlreichen weiteren Nachweisen), dass die Befugnis, die Beseitigung einer illegalen Anlage verlangen zu können, nicht verwirkt werden kann. Das folgt zum einen daraus, dass nur Rechte verwirkt werden können, nicht aber Pflichten (hier die Pflicht der Bauaufsichtsbehörde, für rechtmäßige Zustände zu sorgen). Zum anderen müssen auch illegale Anlagen, die schon längere Zeit bestehen, noch beseitigt werden können, denn ein illegaler Zustand wird nicht dadurch legal, dass er über einen längeren Zeitraum von der Behörde hingenommen wird. Ein über längere Zeit andauerndes Untätigbleiben der Bauaufsichtsbehörde vermittelt dem Störer, das ist hier der Kläger, insbesondere keinen Vertrauensschutz. Das schlichte Unterlassen bauaufsichtsrechtlichen Einschreitens für eine bestimmte Zeit kann den Erlass einer Beseitigungsanordnung ohne Hinzutreten weiterer Umstände daher nicht hindern. Umstände, die über ein bloßes Untätigbleiben hinausgehen und dem Kläger den Eindruck vermittelt hätten, es werde in Zukunft nicht mehr eingeschritten, bestehen nicht. Insbesondere vermag die Klägerseite nicht substantiiert vorzutragen, woraus sich ein solcher Eindruck im Zusammenhang mit der Fischweiheranlage in der Vergangenheit ergeben haben soll. Es ist nicht weiter substantiiert worden, wodurch das Landratsamt nach dem behaupteten teilweisen Rückbau von Anlagen signalisiert oder gar zugesichert haben soll, dass gegen die streitgegenständliche Hütte nicht eingeschritten werde.
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4. Auch die im angefochtenen Bescheid des Beklagten enthaltene Zwangsgeldandrohung (Nr. 3 des gegenständlichen Bescheides) ist von Rechts wegen nicht zu beanstanden. Die Zwangsgeldandrohung findet ihre Rechtsgrundlage in Art. 29 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1, Art. 31, Art. 36 VwZVG. Danach kann die Vollstreckungsbehörde denjenigen, der eine Pflicht zu einer Handlung nicht erfüllt, durch ein Zwangsgeld zur Erfüllung anhalten (Art. 31 Abs. 1 VwZVG). Die nach Art. 36 Abs. 1 Satz 1 VwZVG erforderliche Androhung des Zwangsmittels kann gemäß Art. 36 Abs. 2 Satz 1 ZVG mit dem Verwaltungsakt verbunden werden, durch den die Handlung, Duldung oder Unterlassung aufgegeben wird. Wie bereits dargelegt, erweist sich die Grundverfügung, also die Verpflichtung zur Beseitigung der im Bescheid genannten bauliche Anlage, als rechtmäßig. Die besonderen Vollstreckungsvoraussetzungen liegen ebenfalls vor. Insbesondere ist das Zwangsgeld zulässiges Zwangsmittel zur Vollstreckung der bereits genannten Verfügungen (Art. 29 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1, Art. 31 Abs. 1 VwZVG). Die Androhung des Zwangsgeldes ist geeignet, erforderlich und angemessen. Auch in der Höhe ist das angedrohte Zwangsgeld jeweils nicht zu beanstanden. Ermessensfehler sind ebenfalls nicht ersichtlich.
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Nach alledem wird die Klage abgewiesen.
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Die Kostenfolge ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO bzw. für den übereinstimmend für erledigt erklärten Teil der Klage aus § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO. Dabei entspricht es billigem Ermessen, dem Kläger auch insofern die Kosten aufzuerlegen, da die Beseitigungsanordnung auch bezüglich des Zaunes im Zeitpunkt der Erledigung rechtmäßig war und den Kläger nicht in seinen Rechten verletzte. Auch insofern handelte es sich um eine formell und materiell illegale bauliche Anlage; auch hier fehlte es an einem forstwirtschaftlichen Betrieb, dem der Zaun diente. Ermessensfehler waren auch hier nicht gegeben.
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Die Entscheidung hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. VwGO.