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AG Erlangen, Beschluss v. 31.08.2023 – 651 M 3295/21
Titel:

Pfändungsschutz bei Abfindungszahlungen - Bemessung des unpfändbaren Zeitraums

Normenkette:
ZPO § 850i
Leitsatz:
Von einer Abfindung ist dem Schuldner nach § 850i ZPO im Regelfall das Sechsfache des monatlichen Netto-Arbeitsentgelts, das er im beendeten Arbeitsverhältnis hatte, zu belassen. Von dem Sechsfachen des monatlichen Netto-Arbeitsentgelts ist das Arbeitslosengeld abzuziehen, das der Schuldner in diesen sechs Monaten erhält. (Rn. 2) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Abfindungszahlung, Vergleich, Arbeitslosengeld, pfandfreier Betrag
Rechtsmittelinstanz:
LG Nürnberg-Fürth, Beschluss vom 11.10.2023 – 5 T 5670/23
Fundstelle:
BeckRS 2023, 30357

Tenor

1. Der als pfandfrei zu belassene Anteil der Abfindungszahlung des Drittschuldners … Deutschland wird auf einen Betrag in Höhe von 3.449,16 € festgesetzt.
2. Der Beschluss zur einstweiligen Einstellung der Zwangsvollstreckung vom 04.07.2023 wird aufgehoben.
3. Dieser Beschluss wird erst mit Rechtskraft wirksam.

Gründe

1
Mit Antrag vom 15.06.2023 beantragte der Schuldner, die im gerichtlichen Vergleich des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 09.05.2023, Az.: 17 Ca 466/23 in Höhe von 14.360,58 € netto festgelegte Abfindung gemäß § 850 i ZPO freizugeben.
2
Seitens des Gerichts wurde der freizugebende Betrag erstmals im gerichtlichen Schreiben vom 10.08.2023 auf 3.449,16 € festgelegt. Begründet wird dies folgendermaßen: Der maßgebliche Zeitraum, auf den die Abfindungssumme fiktiv aufgeteilt werden soll, wurde auf sechs Monate festgelegt. Anhand der tatsächlichen Lohneingänge des Drittschuldners als ehemaliger Arbeitgeber des Schuldners auf das Konto des Antragstellers von Januar bis Mai 2023 konnte das Durchschnittsnettoeinkommen des Schuldners auf eine Höhe von 2.297,76 € ermittelt werden. Jedoch erhält der Schuldner seit dem Juni 2023 Arbeitslosengeldzahlungen in Höhe von 1.722,90 €. Diese müssen mindernd berücksichtigt werden, vgl. Musielak/Voit, ZPO 20. Auflage, Rn. 6 zu § 850 i ZPO. Unter Beachtung dieser Umstände ergibt sich ein freizugebender Betrag in Höhe von (2.297,16 – 1.722,90) * 6 = 3.449,16 €
3
Der Schuldner entgegnet, dass dieser Betrag nicht ausreichen würde, um seine laufenden Unterhaltsverpflichtungen nachzukommen. Dies wird aber seitens des Gerichts zurückgewiesen, da die Unterhaltserfüllung als ausreichend gesichert angesehen wird. Denn die Berücksichtigung der unterhaltsberechtigten Personen findet einmal durch die Berechung des Arbeitslosengeldes statt. Der Schuldner erhält nämlich den erhöhten Leistungssatz (67 %) aufgrund seiner Kinder, § 149 SGB III, auch wenn die Erhöhung einmalig unabhängig von der Zahl der Unterhaltsberechtigten stattfindet. Jedoch ist darüber hinaus das fiktive Einkommen aufgrund der Zahl der unterhaltsberechtigten Personen in vollem Umfang gemäß §§ 850 c ff. ZPO unpfändbar. Somit finden keine weiteren Abzüge von dem Gesamtabfindungsanspruch statt.
4
Auf Nachfrage, ob die Kontoauszüge und die Lohnabrechnung von Dezember 2022 zur besseren Abbildung des fiktiven Durchschnittseinkommens eingereicht werden können, erfolgte keine Antwort.
5
Der Gläubiger wurde zum Antrag gehört. Es erfolgte keine Antwort.