Titel:
Unzulässiger Asylantrag einer syrischen Familie mit Flüchtlingsstatus in Italien
Normenketten:
AsylG § 29 Abs. 1
AufenthG § 60 Abs. 5, Abs. 7
EMRK Art. 3
GRCh Art. 4
Leitsätze:
1. Liegen die Voraussetzungen des § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG vor, kann eine Unzulässigkeitsentscheidung aus Gründen vorrangigen Unionsrechts ausnahmsweise ausgeschlossen sein, wenn die Lebensverhältnisse, die den Betroffenen als anerkannt Schutzberechtigten in einem anderen Mitgliedstaat erwarten würden, ihn der ernsthaften Gefahr aussetzen würden, eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung iSv Art. 4 GRCh zu erfahren. (Rn. 18) (red. LS Clemens Kurzidem)
2. Verfügt das Gericht über Angaben, die ein Asylbewerber vorgelegt hat, um das Risiko einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung in einem Mitgliedstaat nachzuweisen, so ist es verpflichtet, auf der Grundlage objektiver, zuverlässiger, genauer und gebührend aktualisierter Angaben und im Hinblick auf den durch das Unionsrecht gewährleisteten Schutzstandard der Grundrechte zu würdigen, ob entweder systemische oder allgemeine oder aber bestimmte Personengruppen betreffende Schwachstellen vorliegen (BVerwG BeckRS 2022, 3830). (Rn. 19) (red. LS Clemens Kurzidem)
3. Systemische Schwachstellen erreichen nur dann die besonders hohe Schwelle der Erheblichkeit, wenn die Gleichgültigkeit der Behörden eines Mitgliedstaats zur Folge hätte, dass sich eine vollständig von öffentlicher Unterstützung abhängige Person unabhängig von ihrem Willen und ihren persönlichen Entscheidungen in einer Situation extremer materieller Not befände, die es ihr nicht erlaubte, ihre elementarsten Bedürfnisse zu befriedigen, wie insbesondere sich zu ernähren, sich zu waschen und eine Unterkunft zu finden, und die ihre physische oder psychische Gesundheit beeinträchtigte oder sie in einen Zustand der Verelendung versetzte, der mit der Menschenwürde unvereinbar wäre (EuGH BeckRS 2019, 3600 - Jawo). (Rn. 20) (red. LS Clemens Kurzidem)
4. Bei der Bewertung der Lebensverhältnisse, die Asylbewerber in Italien erwarten, ist neben den staatlichen Unterstützungsleistungen und ihren etwaigen Möglichkeiten, den eigenen Lebensunterhalt durch Erwerbstätigkeit auf Mindestniveau zu sichern, auch eine Sicherung menschenwürdiger Existenz durch - alleinige oder ergänzende - dauerhafte Unterstützungs- oder Hilfeleistungen von vor Ort tätigen nachtstaatlichen Institutionen oder Organisationen zu berücksichtigen (BVerwG BeckRS 2021, 42834). (Rn. 22) (red. LS Clemens Kurzidem)
5. Anerkannte Schutzberechtigte in Italien sind italienischen Staatsbürgern gleichgestellt und können erforderlichenfalls staatliche Hilfe in Anspruch nehmen, um jedenfalls ihre Grundbedürfnisse zu decken. Gelingt dies nicht sogleich bzw. vollständig, können sie - wie auch Italiener, die arbeitslos sind - die Hilfe karitativer Organisationen erhalten (VG Bayreuth BeckRS 2023, 9443). (Rn. 31) (red. LS Clemens Kurzidem)
Schlagworte:
Sekundärmigration Italien, Familie mit zwei Kindern, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung einer Familie mit zwei Kindern in Italien, davon ein Kleinkind (verneint), Unterbringung, medizinische Behandlung, Existenzsicherung, Sozialleistungen, Abschiebungsverbot wegen Krankheit (verneint), syrische Familie, italienischer Flüchtlingsschutz, anerkannte Schutzberechtigte, Sekundärmigration, unzulässiger Asylantrag, vulnerable Personengruppe, Rücküberstellung, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung, systemische Schwachstellen, nationale Abschiebungsverbote, Thalassämie
Fundstelle:
BeckRS 2023, 30306
Tenor
1.Die Klagen werden abgewiesen.
2.Die Kläger tragen die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens als Gesamtschuldner.
3.Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
1
Die Kläger wenden sich gegen einen Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) vom 20.07.2022 und begehren dessen Aufhebung, hilfsweise die Feststellung von Abschiebungsverboten.
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1. Die Kläger sind syrische Staatsangehörige, arabischer Volks- und islamischer Religionszugehörigkeit.
3
Die Kläger reisten am 14.02.2022 in die Bundesrepublik Deutschland ein. Das Bundesamt stellte hinsichtlich der Kläger gegenüber der Italienischen Republik am 05.04.2022 ein Aufnahmegesuch nach der VO (EU) Nr. 604/2013. Das italienische Innenministerium teilte mit Schreiben vom 13.04.2022 mit, dass die Italienische Republik den Klägern den Flüchtlingsstatus zuerkannt hat und, dass die Kläger einen Aufenthaltstitel bis 11.02.2026 erhalten haben. Die Kläger stellten am 03.05.2022 einen Asylantrag.
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Die persönliche Anhörung der Kläger beim Bundesamt erfolgte am 04.07.2022. Sie trugen im Wesentlichen vor, dass sie sich von Oktober 2020 bis Februar 2022 in Italien aufgehalten und in einer von einer kirchlichen Hilfsorganisation zur Verfügung gestellten Wohnung in … gelebt hätten. Von dieser Organisation hätten sie eine finanzielle Unterstützung erhalten, anfangs 600 Euro, später dann 350 bis 500 Euro. Sonstige materielle Unterstützungsleistungen hätten sie nicht bekommen. Der Kläger zu 1) habe in seinem Beruf als Elektriker keine Arbeit finden können, aber er habe höchstens einen Monat und für etwa zwanzig Euro am Tag in einem Restaurant gearbeitet. Der Kläger zu 1) und die Klägerin zu 2) hätten einen Sprachkurs besucht und danach habe der Kläger zu 1) immer zur Arbeit gehen müssen. Dies sei schwierig gewesen. Die Arbeit habe ihn ohnehin nicht zufrieden gestellt. Aufgrund der Sprachbarriere habe er die Tätigkeit im Restaurant wieder aufgegeben. Um seine Leistungsansprüche zu behalten, habe man ihn aufgefordert, den Sprachkurs weiter zu besuchen. Der Kläger zu 3) sei in Italien zwei Jahre lang zur Schule gegangen. Zudem sei er an Thalassämie erkrankt und habe alle zwanzig Tage Infusionen erhalten müssen. Die Kosten hierfür habe das Krankenhaus übernommen. Er habe aber auch ein bestimmtes, wichtiges Medikament benötigt und nicht erhalten können. In Italien hätte die Familie bezüglich einer weiteren Behandlung immer abgewartet, ohne, dass etwas geschehen sei. Die Klägerin zu 2) führte an, dass die Erkrankung des Klägers zu 3) – ihrem Sohn – der Hauptgrund gewesen sei, Italien zu verlassen. Der Sohn solle operiert werden. Das Leben in Italien sei schlecht und am Wohnort der Familie nicht lebenswert gewesen. Es habe keine Arbeitschancen und stattdessen die Mafia und Drogen auf den Straßen gegeben. Zudem hätten sie von der Organisation in Italien nicht genügend Unterstützung erhalten. Der Kläger zu 2) habe Bluthochdruck und Probleme mit dem Herz. Er gehe ab und zu zum Arzt zur Beobachtung und man habe ihm das Medikament Amlodipin verschrieben, das er auch in Italien erhalten habe. Er sei deswegen auch in Italien beim Arzt gewesen.
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Das Bundesamt hat mit Bescheid vom 20.07.2022 die Asylanträge als unzulässig abgelehnt (Nr. 1), festgestellt, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Nr. 2), die Abschiebung der Kläger nach Italien angedroht (Nr. 3), das Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet und auf dreißig Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Nr. 4) und die Vollziehung der Abschiebungsandrohung ausgesetzt (Nr. 5).
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Das Bundesamt begründet den Bescheid im Wesentlichen damit, dass es den Klägern möglich sei, mit der erforderlichen Eigeninitiative zu vermeiden, dass sie in eine Situation extremer materieller Not geraten, die es ihnen nicht erlauben würde, ihre elementarsten Bedürfnisse zu befriedigen. Es sei nicht davon auszugehen, dass den Klägern im Falle einer Überstellung nach Italien eine menschenunwürdige Behandlung drohe. Die Kläger hätten ihren eigenen Angaben zufolge während ihres gesamten Aufenthalts in Italien eine Unterkunft gehabt. Sie hätten finanzielle Unterstützung und medizinische Versorgung bekommen und Sprachkurse bzw. die Schule besuchen können. Der Kläger zu 1) habe Arbeit in einem Restaurant gefunden. Die Kläger müssten nicht befürchten, in ihr Heimatland zurückgeführt zu werden und dass sie in Italien die im Wesentlichen gleichen Lebensbedingungen vorfinden könnten, wie die dortige Bevölkerung, auch wenn diese Lebensbedingungen nicht denen der Bundesrepublik Deutschland entsprächen. Unter Berücksichtigung der persönlichen Verhältnisse der Kläger sei es ihnen möglich und zumutbar gewesen, sich bei den zuständigen Behörden oder nichtstaatlichen Hilfsorganisationen – bei Bedarf auch mit gerichtlicher Hilfe – um die Durchsetzung der ihnen als Schutzberechtigten zustehenden Ansprüche zu bemühen. Die Kläger hätten weitere Bemühungen zur Durchsetzung entsprechender Ansprüche unterlassen. Abschiebungsverbote lägen nicht vor. Die Kläger hätten in ihrem Vortrag nicht darlegen können, inwiefern die angegebenen gesundheitlichen Beschwerden eine erhebliche konkrete Gefahr im Sinne des § 60 Abs. 7 AufenthG darstellten. Eine Reiseunfähigkeit liege ebenfalls nicht vor. Die Kläger seien bezüglich medizinischer Beschwerden im Bedarfsfall auf das italienische Gesundheitssystem zu verweisen. Es sei zu erwarten, dass durch eine Überstellung nach Italien keine wesentliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes eintreten werde und, dass es den Klägern auch dort – wie bereits zuvor – möglich sein werde, bei Bedarf eine adäquate medizinische Behandlung zu erhalten.
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Laut Empfangsbestätigung haben der Kläger zu 1) und die Klägerin zu 2) den Bescheid am 28.07.2022 ausgehändigt gekriegt.
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2. Die Prozessbevollmächtigte der Kläger hat mit Schriftsatz vom 05.08.2022 Klage erhoben und beantragt,
I. Der Bescheid der Beklagten vom 20.07.2022, zugestellt am 28.07.2022, wird aufgehoben.
II. Hilfsweise ist festzustellen, dass bei den Klägern Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 S. 1 AufenthG hinsichtlich Italiens vorliegen.
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Der Bescheid sei rechtswidrig und verletze die Kläger in ihren Rechten. Insbesondere der Kläger zu 3) sei schwer krank. Er leide an ß-Thalassaemia major und benötige seit dem zweiten Lebensjahr in einem regelmäßigen Rhythmus von drei bis vier Wochen Bluttransfusionen. Andernfalls könne es zur Eisenüberladung an den Organen kommen. Bei unzureichend behandelten Kindern und Jugendlichen könne es dadurch zu folgenschweren Komplikationen kommen. Als einziger kurativer Therapieansatz gelte eine Fremdspender-Stammzellentransplantation. Die entsprechenden Arztberichte ergäben sich aus der Akte der Beklagten. Nach den Angaben der Klägerin zu 2) hätte der Sohn – der Kläger zu 3) – nicht alle notwendigen Medikamente in Italien erhalten. Zudem sei die Unterstützung durch die Organisation, die seit der Ankunft in Italien gewährt worden sei, in … nicht mehr fortgeführt worden. Dies sei auch der Anlass für die Ausreise der Familie gewesen. Für solche besonders vulnerablen Personen sei aufgrund aktueller Erkenntnisse zu befürchten, dass sie die in ihrer speziellen Situation dringend erforderliche Unterstützung in Italien nicht erhalten würden und dadurch in eine Situation der Verelendung unabhängig von ihrem eigenen Willen gerieten.
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Das Bundesamt hat für die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen und sich zur Begründung auf die angefochtene Entscheidung bezogen.
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Mit Beschluss des Präsidiums des Bayerischen Verwaltungsgerichts Bayreuth vom 30.08.2022, mit Wirkung zum 01.09.2022, hat das Präsidium das unter dem ehemaligen Aktenzeichen … laufende Verfahren der siebten Kammer zugewiesen. Seither trägt das Verfahren das Aktenzeichen B 7 K 22.30820.
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Die Prozessbevollmächtigte der Kläger hat dem Gericht mit Schriftsatz vom 25.05.2023 einen Arztbrief des Universitätsklinikums …, Pädiatrische Onkologie, Hämatologie, vom 17.01.2023 an die zuständige Krankenkasse übersendet. Dieser hat das Folgende zum Inhalt: Als einzig kurativer Therapieansatz bestehe bei insgesamt guter Compliance beim Kläger zu 3) die Indikation zur Stammzellentransplantation. Ein potentieller Geschwisterspender sei nicht vorhanden, somit müsse eine Fremdspendersuche eingeleitet werden. Eine haploidente Spende eines Elternteils, wenn passend, sei ebenfalls eine mögliche Therapieoption. Das Klinikum bitte um Kostenübernahme für eine HLA-Typisierung des Patienten und seiner Eltern zur Vorbereitung auf eine Stammzellentransplantation.
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Mit Beschluss vom 12.06.2023 hat die siebte Kammer den Verwaltungsstreit dem Berichterstatter zur Entscheidung übertragen. Mit Beschluss vom 16.06.2023 hat das Gericht den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung der Prozessbevollmächtigten abgelehnt. Mit Schriftsatz vom 20.06.2023 hat die Beklagte auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
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In der mündlichen Verhandlung am 10.07.2023 hat die Prozessbevollmächtigte der Kläger Beweisanträge gestellt, die das Gericht mit Beschluss vom 16.08.2023 abgelehnt hat. Ebenfalls in der mündlichen Verhandlung hat die Prozessbevollmächtigte auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
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Gem. § 117 Abs. 3 Satz 2 der VwGO verweist das Gericht wegen der Einzelheiten auf die Gerichtsakte, die in elektronischer Form vorgelegte Behördenakte und das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 10.07.2023. Die Prozessbevollmächtigte der Kläger hat ihren Antrag aus der Klageschrift vom 05.08.2022 wiederholt.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg. Der Bescheid der Beklagten vom 20.07.2022 erweist sich in dem für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung gemäß § 77 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 AsylG als rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 5 VwGO). Die Beklagte hat den Asylantrag der Kläger aufgrund des bereits in Italien zuerkannten Flüchtlingsschutzes zu Recht als unzulässig abgelehnt. Abschiebungsverbote hinsichtlich Italien liegen nicht vor. Die erlassene Abschiebungsandrohung nach Italien und das verfügte Einreise- und Aufenthaltsverbot begegnen keinen Bedenken. Das Gericht nimmt gem. § 77 Abs. 3 AsylG Bezug auf den angegriffenen Bescheid und führt ergänzend das Folgende aus:
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1. Die Beklagte hat die Asylanträge zutreffend nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG abgelehnt. Demnach ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Mitgliedstaat der Europäischen Union dem Ausländer bereits internationalen Schutz im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 2 AsylG gewährt hat. Das ist hier der Fall. Die Kläger haben in Italien den Flüchtlingsstatus erhalten, wie sich aus dem Schreiben des italienischen Innenministeriums vom 13.04.2022 ergibt.
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2. Liegen die Voraussetzungen des § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG vor, kann eine Unzulässigkeitsentscheidung nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) aus Gründen vorrangigen Unionsrechts gleichwohl ausnahmsweise ausgeschlossen sein. Das ist der Fall, wenn die Lebensverhältnisse, die den Kläger als anerkannt Schutzberechtigten in dem anderen Mitgliedstaat erwarten würden, ihn der ernsthaften Gefahr aussetzen würden, eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne von Art. 4 der GRCh zu erfahren. Unter diesen Voraussetzungen ist es den Mitgliedstaaten untersagt, von der durch Art. 33 Abs. 2 Buchst. a der RL 2013/32/EU eingeräumten Befugnis Gebrauch zu machen, einen Antrag auf internationalen Schutz als unzulässig abzulehnen (vgl. ausdrücklich EuGH, B.v. 13.11.2019 – C-540/17 u.a., Hamed u.a. – juris Rn. 35; EuGH, U.v. 19.3.2019 – C-297/17 u.a., Ibrahim u.a. – juris Rn. 88).
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Im Zusammenhang mit der Beurteilung einer ernsthaften Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung i.S.v. Art. 4 GRCh und Art. 3 der EMRK ist von dem Grundsatz des gegenseitigen Vertrauens zwischen den Mitgliedstaaten auszugehen, der im Unionsrecht fundamentale Bedeutung hat, da er die Schaffung und Aufrechterhaltung eines Raums ohne Binnengrenzen ermöglicht. Er verlangt von jedem Mitgliedstaat grundsätzlich, dass dieser davon ausgeht, dass alle anderen Mitgliedstaaten das Unionsrecht und insbesondere die dort anerkannten Grundrechte beachten (EuGH, U.v. 19.3.2019 – C-163/17 – juris Rn. 81; U.v. 19.3.2019 – C-297/17, C-318/17, C-319/17 und C-438/17 – juris Rn. 84). Damit gilt im Kontext des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems die widerlegliche Vermutung, dass die Behandlung der Personen, die internationalen Schutz beantragen, in jedem einzelnen Mitgliedstaat in Einklang mit den Erfordernissen der Charta, der Genfer Flüchtlingskonvention und der Europäischen Menschenrechtskonvention steht. Diese Vermutung beansprucht nur dann keine Geltung, wenn systemische Schwachstellen des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in einem Mitgliedstaat ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass die betreffende Person im Zeitpunkt der Überstellung, während des Asylverfahrens oder nach dessen Abschluss einem ernsthaften Risiko ausgesetzt wäre, eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung zu erfahren (EuGH, U.v. 19.3.2019 – C-163/17 – juris Rn. 85 und 88; U.v. 19.3.2019 – C-297/17, C-318/17, C-319/17 und C-438/17 – juris Rn. 86f.). Verfügt das Gericht über Angaben, die der Kläger vorgelegt hat, um das Vorliegen eines solchen Risikos in dem betreffenden Mitgliedstaat nachzuweisen, so ist es verpflichtet, auf der Grundlage objektiver, zuverlässiger, genauer und gebührend aktualisierter Angaben und im Hinblick auf den durch das Unionsrecht gewährleisteten Schutzstandard der Grundrechte zu würdigen, ob entweder systemische oder allgemeine oder aber bestimmte Personengruppen betreffende Schwachstellen vorliegen (BVerwG, B.v. 27.1.2022 – 1 B 93.21 – juris Rn. 12; B.v. 17.1.2022 – 1 B 66.21 – juris Rn. 18). Es ist zu beachten, dass der anzulegende Prüfungsmaßstab im Gegensatz zu der Prüfung eines nationalen Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK nicht die individuellen Umstände berücksichtigt, sondern es nur darauf ankommt, ob die festgestellten Aufnahmebedingungen in allgemeiner Hinsicht regelhaft derartige Schwachstellen aufweisen, die unabhängig vom Einzelfall die Gefahr einer menschenrechtswidrigen Behandlung i.S.v. Art. 4 GRCh für nach Italien zurückkehrende anerkannt Schutzberechtigte hinreichend wahrscheinlich erscheinen lassen.
20
Hierbei fallen nur solche Schwachstellen ins Gewicht, die eine besonders hohe Schwelle der Erheblichkeit erreichen. Diese ist erreicht, wenn die Gleichgültigkeit der Behörden eines Mitgliedstaats zur Folge hätte, dass sich eine vollständig von öffentlicher Unterstützung abhängige Person unabhängig von ihrem Willen und ihren persönlichen Entscheidungen in einer Situation extremer materieller Not befände, die es ihr nicht erlaubte, ihre elementarsten Bedürfnisse zu befriedigen, wie insbesondere sich zu ernähren, sich zu waschen und eine Unterkunft zu finden, und die ihre physische oder psychische Gesundheit beeinträchtigte oder sie in einen Zustand der Verelendung versetzte, der mit der Menschenwürde unvereinbar wäre (EuGH, U.v. 19.3.2019 – C-163/17 – juris Rn. 91 f m.w.N.; U.v. 19.3.2019 – C-297/17, C-318/17, C-319/17 und C-438/17 – juris Rn. 89 f.; BVerwG, B.v. 27.1.2022 – 1 B 93.21 – juris Rn. 12; B.v. 17.1.2022 – 1 B 66.21 – juris Rn. 18). Diese Schwelle ist daher selbst in durch große Armut oder eine starke Verschlechterung der Lebensverhältnisse der betreffenden Person gekennzeichneten Situationen nicht erreicht, sofern sie nicht mit extremer materieller Not verbunden sind, aufgrund derer sich diese Person in einer solch schwerwiegenden Lage befindet, dass sie einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung gleichgestellt werden kann (EuGH, U.v. 19.3.2019 – C-163/17 – juris Rn. 93; BVerwG, B.v. 27.1.2022 – 1 B 93.21 – juris Rn. 12; B.v. 17.1.2022 – 1 B 66.21 – juris Rn. 18). Ein ernsthaftes Risiko eines Verstoßes gegen Art. 4 GRCh und Art. 3 EMRK besteht nicht bereits dann, wenn nicht sicher festzustellen ist, ob im Fall einer Rücküberstellung die Befriedigung der bezeichneten Grundbedürfnisse sichergestellt ist, sondern nur für den Fall, dass die Befriedigung eines der bezeichneten Grundbedürfnisse mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit nicht zu erwarten ist und der Drittstaatsangehörige dadurch Gefahr läuft, erheblich in seiner Gesundheit beeinträchtigt zu werden oder in einen menschenunwürdigen Zustand der Verelendung versetzt zu werden (BVerwG, B.v. 27.1.2022 – 1 B 93.21 – juris Rn. 12; B.v. 17.1.2022 – 1 B 66.21 – juris Rn. 18).
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Diese Schwelle der Erheblichkeit kann in Bezug auf vulnerable Personen schneller erreicht sein als etwa in Bezug auf gesunde und arbeitsfähige erwachsene Personen, hinsichtlich derer die Feststellung, sie seien vollständig von öffentlicher Unterstützung abhängig und befänden sich unabhängig von ihrem Willen und ihren persönlichen Entscheidungen in einer Situation extremer materieller Not, im Lichte des Grundsatzes des gegenseitigen Vertrauens grundsätzlich gesteigerten Anforderungen an die Entkräftung der Vermutung der Vereinbarkeit der Behandlung solcher Personen in dem betreffenden Mitgliedstaat mit den Erfordernissen der EU-Grundrechtecharta, der Genfer Flüchtlingskonvention und der Europäischen Menschenrechtskonvention, insbesondere aus Art. 4 GRCh und Art. 3 EMRK, unterliegt (EuGH, U.v. 19.3.2019 – C-297/17, C-318/17, C-319/17 und C-438/17 – juris Rn. 93; BVerwG, B.v. 27.1.2022 – 1 B 93.21 – juris Rn. 12; B.v. 17.1.2022 – 1 B 66.21 – juris Rn. 18; U.v. 7.9.2021 – 1 C 3.21 – juris Rn. 20 und 23).
22
Bei der Bewertung der Lebensverhältnisse, die die Kläger erwarten, ist neben den staatlichen Unterstützungsleistungen und ihren etwaigen Möglichkeiten, den eigenen Lebensunterhalt durch Erwerbstätigkeit auf einem Mindestniveau zu sichern, auch eine Sicherung menschenwürdiger Existenz durch – alleinige oder ergänzende – dauerhafte Unterstützungs- oder Hilfeleistungen von vor Ort tätigen nichtstaatlichen Institutionen oder Organisationen zu berücksichtigen (BVerwG, U.v. 7.9.2021 – 1 C 3.21 – juris Rn. 22). Deshalb kann etwa der Umstand, dass der betreffenden Person bezogen auf die Unterkunft ein Schlafplatz in einer von Kirchen, Nichtregierungsorganisationen oder Privatpersonen gestellten Notunterkunft oder in einer staatlich geduldeten „informellen Siedlung“ zur Verfügung steht, genügen, sofern die zur Verfügung gestellten Räumlichkeiten zumindest zeitweilig Schutz vor den Unbilden des Wetters bieten und Raum für die notwendigsten Lebensbedürfnisse lassen (BVerwG, B.v. 27.1.2022 – 1 B 93.21 – juris Rn. 14; B.v. 17.1.2022 – 1 B 66.21 – juris Rn. 20; VGH BW, B.v. 8.11.2021 – A 4 S 2850/21 – juris Rn. 10; vgl. ferner BVerwG, U.v. 7.9.2021 – 1 C 3.21 – juris Rn. 22). Im Hinblick auf die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit ist es den Betroffenen notfalls auch zumutbar, eine wenig attraktive und ihrer Vorbildung nicht entsprechende Arbeit auszuüben, für die es keine Nachfrage auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt gibt, die nicht überkommenen Berufsbildern entspricht und die nur zeitweise, etwa zur Deckung eines kurzfristigen Bedarfs, beispielsweise während der Touristensaison, ausgeübt werden kann (vgl. BVerwG, B.v. 17.1.2022 – 1 B 66.21 – juris Rn. 29). Auch reicht der Umstand, dass die betreffende Person in dem Mitgliedstaat keine existenzsichernden Leistungen erhält, ohne jedoch anders als die Angehörigen dieses Mitgliedsstaats behandelt zu werden, regelmäßig nicht für das Erreichen der Erheblichkeitsschwelle (BVerwG, B.v. 27.1.2022 – 1 B 93.21 – juris Rn. 13; B.v. 17.1.2022 – 1 B 66.21 – juris Rn. 19; vgl. zu dem ganzen rechtlichen Maßstab BayVGH, U.v. 25.5.2023 – 24 B 22.30954 – juris Rn. 16 bis 19).
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3. In Anlegung dieser Maßstäbe erwarten die Kläger als anerkannt Schutzberechtigte bei einer Rückkehr nach Italien zur Überzeugung des Gerichts gemäß § 108 Abs. 1 VwGO keine Lebensverhältnisse, die sie der ernsthaften Gefahr aussetzen würden, eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne von Art. 4 GRCh zu erleiden. Es ist nicht anzunehmen, dass die Kläger unabhängig von ihrem Willen und ihren persönlichen Entscheidungen mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit in eine Situation extremer materieller Not geraten, die es ihnen nicht erlaubt, ihre elementarsten Bedürfnisse zu befriedigen, und die ihre Gesundheit beeinträchtigt oder sie in einen Zustand der Verelendung versetzt.
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a. Den Klägern droht nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit Obdachlosigkeit infolge staatlicher Gleichgültigkeit.
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Die Rücküberstellung anerkannt Schutzberechtigter aus Deutschland nach Italien erfolgt nach Absprache mit der Italienischen Republik. Bei anerkannten Schutzberechtigten erfolgt die Anbietung zur Rückübernahme über die Bundespolizei an das italienische Innenministerium, in den allermeisten Fällen auf der Grundlage des Straßburger Abkommens (Übereinkommen über den Übergang der Verantwortung für Flüchtlinge). Nach Zustimmung zur Wiedereinreise seitens des italienischen Innenministeriums wird die deutsche Behörde mit den jeweiligen Eckdaten (Fristen Ankündigung, Zielflughafen) auch hier wieder über die Bundespolizei informiert. Das italienische Innenministerium erhält mindestens fünf Arbeitstage vor Überstellung die genauen Flugdaten des Betroffenen. Bei vulnerablen Personen – zu denen auch die Kläger gehören (vgl. Beweisbeschluss vom 16.8.2023, S. 5 ff.) – wird erst eine Unterkunft gesucht, die Zustimmung zur Wiedereinreise seitens des italienischen Innenministeriums erfolgt unter dem Vorbehalt, dass eine geeignete Unterkunft gefunden wird. Dies resultiert auch aus einer entsprechenden Vereinbarung zwischen der italienischen Grenzpolizei und dem italienischen Kommunalverband. Überstellungen dieser Personengruppe werden folglich auch früher angekündigt und die Überstellung kann sich so lange verzögern, bis eine angemessene Unterkunft gefunden worden ist. Der Transfer vom Flughafen zur Unterkunft wird dabei oft durch die Betreiber der Unterkunft selbst durchgeführt. In der Regel stehen jedoch an den Flughäfen in Italien Schalter von NGOs oder der Quästur bzw. den sozialen Diensten auch für Personen, die bereits internationalen Schutz in Italien haben, zur Verfügung. Dort erhalten Rückkehrende Informationen über temporäre Unterkünfte und Rechtsberatungen, aber auch Geld oder Zugtickets, um ihre Unterkunft zu erreichen (vgl. Fragenkatalog der Gruppe 61, Az. 91D – 9101 – 036 -2022 vom 4.2.2022, S. 1 bis 3). Ausgehend von dieser Erkenntnis spricht alles dafür, dass die Kläger, unmittelbar nach ihrer Rückkehr nach Italien, Obdach erhalten werden. Durch dieses Vorgehen stellt die zuständige Behörde – ungeachtet der Relevanz der unten genannten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts im vorliegenden Fall – sicher, dass die Kläger in Abstimmung mit den Behörden des Zielstaats Italien, bei der Übergabe an diese, eine gesicherte Unterkunft erhalten, um erhebliche konkrete Gesundheitsgefahren für die in besonderem Maße auf ihre Eltern angewiesene, zweijährige Klägerin zu 4) auszuschließen (vgl. hierzu BVerfG, B.v. 10.10.2019 – 2 BvR 1380/19 – juris Rn. 20 m.w.N.).
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Darüber hinaus bieten Kirchen bzw. karitative Einrichtungen Zimmer oder Wohnungen an, wobei Familien mit kleinen Kindern bessere Chancen haben, untergebracht zu werden (vgl. SFH, Auskunft an HessVGH v. 29.10.2020, S. 7; Aida, Country Report (Update 2022) v. 31.5.2023, S. 152 ff.). Dass kirchliche oder karitative Einrichtungen in Italien Familien mit zwei Kindern Hilfe versagen würden, erscheint nicht beachtlich wahrscheinlich. Die Kläger haben in Italien bereits Unterstützung durch eine karitative Organisation erhalten, die ihnen seinerzeit in … eine Privatunterkunft sowie Geld zur Verfügung gestellt hat (Niederschrift, Anhörung zur Zulässigkeit, Kläger zu 1) und Klägerin zu 2), jeweils S. 2). Insoweit wären die Kläger bei einer Rückkehr auch nicht auf sich alleine gestellt und hätten mit der karitativen Organisation in … eine Anlaufstelle, an die sich gegebenenfalls in der Anfangszeit wenden könnten.
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Laut italienischem Flüchtlingsrat CIR sei es zudem unwahrscheinlich, dass Rückkehrende unmittelbar nach der Ankunft keine Unterkunft oder Informationen über eine temporäre Unterkunft erhielten. Dies könne nur vorkommen, wenn Mitgliedstaaten Ausländer unangekündigt zurückführen und die Grenzbehörden nicht über die Überstellung informiert seien (Gemeinsamer Bericht des Auswärtigen Amtes, des Bundesministerium des Innern und für Heimat und des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge zur Aufnahmesituation von Asylantragstellenden sowie anerkannt Schutzberechtigten in Italien, Stand: September 2022, S. 26). Im vorliegenden Fall ist mit einer angekündigten Rückführung zu rechnen, sodass die Kläger beachtlich wahrscheinlich unmittelbar nach ihrer Rückführung eine Unterkunft erhalten werden.
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Die Kläger können schließlich gegebenenfalls bereits in Deutschland geeignete Organisationen treffen, um bei einer Rückkehr an geeigneten Wohnraum zu gelangen. Die Kläger können verfügbare Wohnungen und Unterkunftsmöglichkeiten auf diversen frei zugänglichen Onlineplattformen – auch bereits vom Ausland aus – eruieren (vgl. VG Gießen, U.v. 15.9.2021 – 8 K 1520/19.GI.A – juris). Den Klägern kommt schließlich zugute, dass sie vom 30.10.2020 bis 14.02.2022 (ein Jahr und drei Monate) in Italien gelebt haben, sodass sie mit Sprache, Gegebenheiten und Organisationsmöglichkeiten in grundlegenden Aspekten vertraut sind, was es ihnen weiter erleichtern dürfte, eine Unterkunft zu finden.
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Unter Berücksichtigung der vorstehenden Angaben sieht das Gericht für die Kläger, die angehalten sind, auch durch eigene Anstrengungen sich für ihre Unterbringung einzusetzen, keine beachtliche Gefahr der Obdachlosigkeit. Es liegen auch keine Erkenntnismittel vor, wonach tatsächlich ein größerer Teil der anerkannten Schutzberechtigten (insbesondere Familien) obdachlos ist.
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b. Es ist weiter nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass die Kläger nicht die erforderlichen finanziellen Mittel zur Existenzsicherung erhalten können.
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Anerkannt Schutzberechtigte in Italien sind italienischen Staatsbürgern gleichgestellt und können erforderlichenfalls staatliche Hilfe in Anspruch nehmen, um jedenfalls ihre Grundbedürfnisse zu decken. Gelingt dies nicht sogleich bzw. vollständig, können sie – wie auch Italiener, die arbeitslos sind – die Hilfe karitativer Organisationen erhalten (VG Bayreuth, U.v. 23.3.2023 – B 7 K 22.30813 – juris Rn. 60). In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger zu 1) zwar vorgetragen, dass er durch die Organisation in Italien immer weniger Spenden erhalten hätte. Mit dem Einzug von Corona und dem Lockdown in Italien sei es schwieriger geworden (Protokoll der mündlichen Verhandlung, S. 5). Nachdem die Corona-Pandemie aber beendet ist, ist anzunehmen, dass in Italien ansässige karitative Organisationen Asylbewerber bzw. anerkannt Schutzberechtigte stärker unterstützen werden.
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Das italienische System geht für anerkannte international Schutzberechtigte davon aus, dass sie ab Gewährung des Schutzstatus arbeiten und für sich selbst sorgen (VG Bayreuth, U.v. 23.3.2023 – B 7 K 22.30813 – juris Rn. 60). Sie haben vollen Zugang zum Arbeitsmarkt und können für eine Übergangszeit auf staatliche Leistungen zurückgreifen. Der italienische Staat stellt somit sicher, dass anerkannte Schutzberechtigte in einer Übergangszeit nicht in eine existenzielle Notsituation geraten (VG Bayreuth, U.v. 23.3.2023 – B 7 K 22.30813 – juris Rn. 55).
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Besondere Bedeutung für die Integration von anerkannten Flüchtlingen bzw. subsidiär Schutzberechtigten in den Arbeitsmarkt kommt dabei den örtlichen Arbeitsämtern zu. Anerkannte Personen können sich bei den örtlichen Arbeitsämtern anmelden und werden nach einer entsprechenden Registrierung über Stellenangebote informiert (ACCORD, Anfragenbeantwortung zu Italien, 18.9.2020, S. 10). Anerkannte Schutzberechtigte haben somit rein rechtlich den gleichen Zugang zum Arbeitsmarkt wie italienische Staatsangehörige. Sollte die sprachliche Barriere – wie der Kläger zu 1) vorgetragen hat (vgl. Niederschrift, Anhörung zur Zulässigkeit, Kläger zu 1), S. 3) – die Arbeitssuche erschweren, bleibt es anerkannt Schutzberechtigten unbenommen, um Hilfe bei karitativen Einrichtungen nachzusuchen, die ihnen bei der Suche nach einer Arbeit zur Seite stehen können.
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Die Situation für Arbeitssuchende stellt sich in Italien aufgrund der hohen Arbeitslosenzahl als eher schwierig, aber nicht aussichtslos dar. Die Arbeitslosenquote lag im Juni 2023 bei 7,4 Prozent (https://de.statista.com/statistik/daten/studie/160142/umfrage/arbeitslosenquote-in-den-eu-laendern/). Sie ist gegenüber den Vorjahren gefallen, soll sich aber in den Jahren 2023 bis 2027 prognostisch zwischen 8 und 9 Prozent einpendeln (https://de.statista.com/statistik/daten/studie/17316/umfrage/arbeitslosenquote-in-italien/).
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Dennoch ist zu sehen, dass die italienische Wirtschaft derzeit wächst (vgl. hierzu https://www.handelsblatt.com/politik/international/neuwahlen-wo-italiens-wirtschaft-besser-abschneidet-als-deutschland-oder-frankreich/28676274.html; https://www.gtai.de/de/trade/italien/wirtschaftsumfeld/besser-als-erwartet-244482). Aus einem Wirtschaftsausblick der OECD gehe hervor, dass das italienische BIP-Wachstum von 3,8 Prozent im Jahr 2022 auf 1,2 Prozent im Jahr 2023 und dann auf 1 Prozent im Jahr 2024 steigen werde. Im Vergleich dazu werde Deutschland im Jahr 2023 eine Wachstumsrate von null und im Jahr 2024 eine Wachstumsrate von 1,3 Prozent verzeichnen (https://www.agenzianova.com/de/news/ocse-la-crescita-del-pil-italiano-sara-dell12-per-cento-nel-2023-l1-per-cento-nel-2024/).
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Der italienische Arbeitsmarkt erweist sich auf regionaler Ebene als sehr heterogen, mit stark industrialisierten Regionen im Norden und solchen im Süden, in denen Tätigkeiten in der Landwirtschaft und im Tourismus überwiegen. Die Erwerbsmöglichkeiten und Arbeitslosenquoten schwanken damit auch regional stark. Nicht selten finden Schutzberechtigte nur Arbeit auf dem „informellen Arbeitsmarkt“, wo sie häufig ausgebeutet werden (VG Bayreuth, U.v. 23.3.2023 – B 7 K 22.30813 – juris Rn. 55; vgl. auch etwa SFH, Aufnahmebedingungen in Italien, 10.6.2021, S. 13). Insbesondere im Handwerk und im Hotel- und Gaststättengewerbe fehlt es an Arbeitskräften, im Handwerk besteht jedenfalls regional ein erheblicher Bedarf an entsprechenden Fachkräften und Lehrlingen. Für ungelernte Arbeiterinnen und Arbeiter bleiben zudem in den Bereichen Hausarbeit, Reinigungsgewerbe und insbesondere Landwirtschaft auch weiterhin Arbeitsmöglichkeiten (vgl. VG Würzburg, U.v. 5.10.2021 – W 4 K 20.30192 – juris Rn. 49 m.w.N.).
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An der zuversichtlichen Wirtschaftslage ändert die Ausrufung des Notstandes nichts. Mit der Ausrufung des Notstands wurden zunächst vor allem Finanzmittel aus dem Nationalen Notstandsfond frei. Der Notstand ermöglicht der Regierung, schnellere Verfahren und Maßnahmen durchzuführen und dabei bestehende Regelungen außer Kraft zu setzen, etwa die Möglichkeit, weitere Abschiebezentren zu eröffnen, in denen nicht asylberechtigte Migranten bis zu ihrer Abschiebung festgehalten werden (https://www.zdf.de/nachrichten/politik/migration-bootsfluechtlinge-italien-notstand-100.html). Mit der Ausrufung des Notstandes ist seitens der Italienischen Republik keine Erklärung verbunden, sie befände sich in einer wirtschaftlichen Krise.
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Der Kläger zu 1) ist nach seinen Angaben Elektriker und kann damit sicherlich auch einer handwerklichen Tätigkeit nachgehen. Dass er seine Profession möglicherweise nicht direkt nach seiner Rückkehr wird ausüben können, ist unbeachtlich, denn es sind ihm auch Tätigkeiten z.B. einer ungelernten Kraft zuzumuten. Schließlich hat er nach seiner Ankunft in Italien in einem Restaurant gearbeitet (vgl. Niederschrift, Anhörung zur Zulässigkeit, Kläger zu 1), S. 3). Den Klägern ist es schließlich auch zuzumuten, sich um eine Unterkunft in einer Region zu bemühen, in der konkrete Arbeitsmöglichkeiten für sie bestehen. Es ist damit nicht davon auszugehen, dass der Kläger zu 1) – gegebenenfalls nach einer Übergangszeit – nicht in der Lage sein wird, eine Beschäftigung zu finden, mit der er die elementarsten Bedürfnisse der Familie wird sichern können. Es ist ihm zumutbar, sich dem italienischen Arbeitsmarkt zu stellen. Auch wenn es dem Kläger zu 1) zunächst nur gelingen sollte, im Bereich der Schattenwirtschaft eine Tätigkeit zu finden, so ist ihm dies im Hinblick auf die in Italien weit verbreite übliche Schwarzarbeit auch zuzumuten, um für seine Familie die Existenzsicherung zu erreichen (vgl. BVerwG, B.v.17.1.2022 – 1 B 66.21 – juris Rn. 29).
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Die Klägerin zu 2) ist ebenfalls jung und erwerbsfähig. Soweit die Kinder in der Schule bzw. in einer Kindertagesstätte untergebracht sind (vgl. zu der Unterbringungs- bzw. Betreuungsmöglichkeit im nido und asilo: https://italiahello.it/en/articolo/daycare-and-kindergarten/#), verbietet es sich nicht, dass auch sie zum Unterhalt der Familie durch eigene Arbeitskraft beiträgt.
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c. Anerkannte Schutzberechtigte haben in Italien zwar keinen Anspruch auf staatliche Sozialhilfe, die mit der in Deutschland gewährten Sozialhilfe vergleichbar wäre. Einen solchen Anspruch haben aber auch italienische Staatsangehörige nicht. Der Umfang der Sozialleistungen ist in Italien – wie auch in vielen anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union – deutlich geringer als in Deutschland. Das italienische Sozialsystem ist insgesamt sehr schwach ausgebildet, weil es traditionell auf eine Unterstützung durch Familienstrukturen aufgebaut war. Seit März 2019 gibt es eine Art Grundeinkommen, ein sog. Bürgergeld. Voraussetzung für dessen Bezug ist jedoch, dass man mindestens die letzten zehn Jahre in Italien gewohnt hat, sodass anerkannt Schutzberechtigte diese Voraussetzungen in aller Regel nicht erfüllen. Weiterhin gibt es in Italien einzelne, in den Zuständigkeitsbereich der Regionen oder Kommunen fallende Fürsorgeleistungen, die hinsichtlich ihrer Voraussetzungen, des Empfängerkreises und der Leistungshöhe jedoch stark variieren (Raphaelswerk, 10/2022, S. 14 f.; ACCORD, Anfragenbeantwortung zu Italien, 18.9.2020 S. 11 f.). Zum März 2022 wurde ferner das „assegno unico“ (Kindergeld) eingeführt. Dieses wird auf Antrag ab Geburt eines Kindes bis zum 18. Lebensjahr monatlich gezahlt. Die Höhe richtet sich nach dem Familieneinkommen und der Anzahl der Kinder und kann bis zu 175 Euro im Monat betragen. Es ist insoweit nicht erkennbar, dass Italien unionsrechtliche Vorgaben missachtet und Familien mit Kindern, denen der internationale Schutz zuerkannt wurde abweichend zu italienischen Staatsbürgern behandelt bzw. es diesen nicht ermöglichen würde unter würdigen Bedingungen zu leben. Den Klägern kann abverlangt werden, wie sie es schließlich auch in Deutschland tun dürften, sich hinsichtlich der regional gegebenen sozialen Hilfeleistungen zu erkundigen und diese gegebenenfalls durchzusetzen. Es liegen keine Anhaltspunkte vor, dass Familien mit minderjährigen Kindern in einer signifikanten Anzahl von Fällen unter unwürdigen Bedingungen leben müssen, da ihnen staatliche Leistungen versagt wurden. Den Klägern ist es ferner nicht verwehrt, ihren Anspruch, unter würdigen Bedingungen in Italien zu leben, gegebenenfalls gerichtlich in Italien durchzusetzen und gegen die Ablehnung z.B. des Kindergeldes Klage zu führen (vgl. VG Bayreuth, U.v. 23.3.2023 – B 7 K 22.30813 – juris Rn. 61 f.; SächsOVG, U.v. 14.3.2022 – 4 A 341/20.A – juris Rn. 60 f.).
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d. Hinsichtlich der medizinischen Versorgung haben Anerkannte in Italien die gleichen Rechte und Pflichten wie italienische Staatsbürger, sobald sie beim Nationalen Gesundheitsdienst registriert sind. Die Registrierung gilt für die Dauer der Aufenthaltsberechtigung und erlischt auch nicht in der Verlängerungsphase. Für die Registrierung ist dabei eine gültige Aufenthaltserlaubnis oder ein Nachweis, dass die Verlängerung bzw. Ausstellung angefordert wurde, ein Wohnnachweis oder bei Nichtvorhandensein eine Erklärung zum aktuellen Wohnort sowie eine Steuernummer notwendig (ACCORD, Anfragenbeantwortung zu Italien, 18.9.2020, S. 11). Es gibt auch verschiedene Organisationen, die beim Zugang zur medizinischen Versorgung behilflich sind (vgl. BFA, Länderinformation der Staatendokumentation, Italien, 1.7.2022, S. 17). Unabhängig davon besteht auch für anerkannte Schutzberechtigte bis zur Registrierung im Gesundheitssystem ein Zugang zu medizinischen Basisleistungen und insbesondere zu einer medizinischen Notfallversorgung in öffentlichen Krankenhäusern (vgl. BFA, Länderinformation der Staatendokumentation, Italien, 1.7.2022, S. 16 ff.).
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Besondere einzelfallbezogene Umstände, aufgrund derer eine mit dem Unionsrecht unvereinbare Behandlung der Kläger in Italien zu erwarten ist, sind damit nicht gegeben. Vielmehr haben die Kläger bereits eine Aufenthaltserlaubnis in Italien und es ist anzunehmen, dass sie bereits im italienischen Gesundheitssystem registriert sind, sodass ihnen die medizinische Versorgung – wie sie ihnen seinerzeit während ihres Aufenthalts in Italien zustand – mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit wieder zustehen wird. Für den Fall, dass die Kläger keine Gesundheitskarte (sog. tessera europea di assicurazione malattia, auch oft bezeichnet als tessera sanitaria, vgl. BFA, Länderinformation der Staatendokumentation, Italien, 1.7.2022, S. 16 f.) haben sollten, können sie sich eine Neue ausstellen lassen.
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e. Soweit der Kläger zu 1) vorgetragen hat, in Italien gebe es die Mafia und Drogen auf der Straße (vgl. Niederschrift, Anhörung zur Zulässigkeit, Kläger zu 1), S. 4), ist zu sehen, dass die Italienische Republik ernsthaft darum bemüht ist, gegen die Mafia vorzugehen (vgl. Artikel der Tagesschau vom 30.6.2023, Ermittlungen in Italien – 68 Festnahmen bei Anti-Mafia-Operation). Dieser Vortrag führt deshalb nicht dazu, eine unmenschliche bzw. erniedrigende Behandlung der Kläger in Italien anzunehmen.
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4. Der Hilfsantrag bleibt ebenfalls ohne Erfolg. Nationale Abschiebungsverbote nach Maßgabe des § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 des AufenthG sind nicht gegeben. Denn die Kläger haben keine in ihrem konkreten Einzelfall vorliegenden Gründe dargelegt, die zu einer von der allgemeinen Lage für nach Italien zurückkehrende international Schutzberechtigte abweichenden Beurteilung führen und in ihrer Schwere einer Abschiebung nach Italien nach § 60 Abs. 5 i.V.m. Art. 3 EMRK oder § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG entgegenstehen könnten.
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a. Hinsichtlich § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK stellen sich inhaltlich die gleichen rechtlichen Fragen wie bei § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG. Die Beklagte hat zu Recht festgestellt, dass in Bezug auf Italien keine Abschiebungsverbote vorliegen. Das Gericht nimmt Bezug auf die Gründe des Bescheides sowie auf die obigen Ausführungen.
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b. Hinsichtlich der gesundheitlichen Situation der Kläger ist mit Blick auf § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG auszuführen, dass – ohne Zweifel – sowohl die bei allen Klägern bestehende ß-Thalassämie, sowie die bei dem Kläger zu 1) vorliegenden Probleme mit seinem Herzen und sein Bluthochdruck behandelbar sind. Es ist insbesondere davon auszugehen, dass der Kläger zu 3) eine rechtzeitige Behandlung – d.h. innerhalb des dreiwöchigen Zeitraums für seine Bluttransfusion – nach seiner Rückkehr nach Italien erhalten wird. Die Kläger werden die medizinische Versorgung auch in Anspruch nehmen können. Schließlich haben die Kläger zu 1) wegen seiner Herzprobleme und seines Bluthochdrucks und der Kläger zu 3) wegen seiner ß-Thalassämie in Italien eine medizinische Behandlung erlangt.
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Es ist davon auszugehen, dass eine Stammzellentransplantation für den Kläger zu 3) – die nach der ärztlichen Bescheinigung vom 29.06.2023 der einzige kurative Ansatz sei – auch in Italien durchführbar ist, auch, wenn diese mit längeren Wartezeiten für den Kläger zu 3) verbunden sein sollte (vgl. Protokoll der mündlichen Verhandlung, S. 4). Soweit in der genannten ärztlichen Bescheinigung festgehalten ist, dass hinsichtlich des Klägers zu 3) ab Mitte September 2023 eine Fremdspender-Stammzellentransplantation geplant sei, so handelt es sich nicht um einen zielstaatsbezogenen Umstand, der bei § 60 Abs. 7 AufenthG zu berücksichtigen wäre. Eine engmaschige ärztliche Versorgung als Nachsorge zur Stammzellentransplantation, voraussichtlich mindestens zwei Jahre nach der Transplantation, ist auch in Italien zu erlangen (vgl. Auskunft der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Rom an das VG Leipzig vom 3.8.2016 – Gz. RK 516 00).
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Die Eltern des Klägers zu 3) haben geltend gemacht, dass er ein Medikament wegen seiner entfernten Milz benötige, das er in Italien nicht erhalten habe (vgl. Protokoll der mündlichen Verhandlung, S. 3). Die Kläger haben zu diesem Themenkomplex kein Attest vorgelegt, aus dem sich die herausragende Bedeutung des genannten Medikaments für den Kläger zu 3) ergibt. Im Arztbrief vom 04.05.2022 ist auf dessen Seite 4 lediglich die Rede davon, dass bei Asplenie und fehlendem Impfschutz gegen bekapselte Erreger umgehend wieder eine Infektionsprophylaxe mit Penicillin eingeleitet worden sei. Ein Impfschutz gegen bekapselte Erreger sei dringend anzustreben. Eine initiale Grundimmunisierung bzw. Schließung der Impflücken hätte die Kinder- und Poliklinik des Universitätsklinikums Würzburg bereits begonnen. Nach den eigenen Aussagen der Eltern des Klägers zu 3) seien die behandelnden Ärzte in Italien der Auffassung gewesen, dass dieses Medikament nicht erforderlich sei (vgl. Protokoll der mündlichen Verhandlung, S. 3). Dass die medizinische Einschätzung der dortigen Ärzte nicht vertretbar wäre, ist nicht ersichtlich. Damit einhergehend ist auf den medizinischen Standard in Italien zu verweisen. Für den Fall aber, dass eine Infektionsprophylaxe mit Penicillin erforderlich ist, ist der Kläger zu 3) auf das Gesundheitssystem in Italien zu verweisen und es ist davon auszugehen, dass er in diesem Fall eine entsprechende Behandlung erhalten wird.
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Der Kläger zu 1) hat in der mündlichen Verhandlung vorgetragen, dass er aufgrund seiner verengten Venen möglicherweise in Zukunft einen „Ballon“ erhalten müsse (vgl. Protokoll der mündlichen Verhandlung, S. 4). Für diesen Fall geht das Gericht davon aus, dass er eine dahingehende Behandlung in Italien erhalten wird.
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Ob die medizinische Versorgung in Deutschland im Verhältnis zu Italien besser ist, kann dahinstehen. Der Gesetzgeber hat dahingehend klargestellt, dass es gem. § 60 Abs. 7 Satz 4 AufenthG nicht erforderlich ist, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist.
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Eine zum Zeitpunkt der in Zukunft liegenden Rücküberführung möglicherweise erforderliche Bluttransfusion des Klägers zu 3) ändert nichts an der Einschätzung des Gerichts. Insofern ist davon auszugehen, dass die für die Rückführung zuständige Behörde bei der Rückführung des Klägers zu 3) nach Italien, den zeitlichen Abstand bis zur nächsten erforderlichen Bluttransfusion berücksichtigen wird, damit er ausreichend Zeit hat, diese zu erhalten.
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5. Die Klage ist nach alledem mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 und § 159 VwGO abzuweisen. Die Gerichtskostenfreiheit ergibt sich aus § 83b AsylG. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit fußt auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 ff. ZPO.