Inhalt

VG Bayreuth, Beschluss v. 23.08.2023 – B 6 K 23.216
Titel:

Chancen-Aufenthaltsrecht bei wiederholter Identitätstäuschung

Normenketten:
VwGO § 166 Abs. 1 S. 1
ZPO § 114 Abs. 1 S. 1
AufenthG § 104c Abs. 1 S. 2
Leitsätze:
1. Hat der Ausländer eine in der Vergangenheit liegende Identitätstäuschung aufgegeben und aktuelle, authentische Dokumente zu seiner Identität vorgelegt, liegen die Voraussetzungen für den Versagungsgrund des § 104c Abs. 1 S. 2 AufenthG nicht (mehr) vor. (Rn. 19) (redaktioneller Leitsatz)
2. Maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt ist auch bei auf die Erteilung eines Chancen-Aufenthaltstitels nach gerichteten Verpflichtungsklagen der Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung oder gerichtlichen Entscheidung in der Tatsacheninstanz. (Rn. 20) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
wiederholte Identitätstäuschung, Versagungsgrund gem. § 104c Abs. 1 Satz 2 AufenthG (verneint), nachträgliche Passvorlage, maßgeblicher Zeitpunkt im gerichtlichen Verfahren, Chancen-Aufenthaltsrecht, Identitätstäuschung, maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt
Fundstelle:
BeckRS 2023, 30297

Tenor

Dem Kläger wird Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwältin …, …, bewilligt. Die Anwaltsbeiordnung wird auf die Kosten eines im Gerichtsbezirk ansässigen Rechtsanwalts beschränkt.

Gründe

I.
1
Der Kläger begehrt die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 104c AufenthG.
2
Der Kläger ist äthiopischer Staatsangehöriger. Er hält sich seit Juni 2015 im Bundesgebiet auf und durchlief erfolglos ein Asylverfahren. Seit dem bestandskräftigen Abschluss des Asylverfahrens ist der Kläger, der bis vor kurzem nach seinen Angaben nicht in Besitz eines Reisepasses war, geduldet.
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Mit rechtskräftig gewordenem Strafbefehl vom 21. September 2021 (* …*) hat das Amtsgericht … den Kläger wegen illegalen Aufenthalts ohne Pass zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen verurteilt.
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Mit Schreiben vom 9. Dezember 2022 beantragte die Klägerbevollmächtigte bei der Regierung von … – Zentrale Ausländerbehörde –, dem Kläger eine Aufenthaltserlaubnis nach § 104c AufenthG zu erteilen.
5
Mit Bescheid vom 3. März 2023 lehnte die Zentrale Ausländerbehörde diesen Antrag ab. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt: Der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis stehe der Versagungsgrund des § 104c Abs. 1 Satz 2 AufenthG entgegen, da der Kläger wiederholt über seine Identität getäuscht habe. Er sei einerseits unter dem Namen … und andererseits unter dem Namen … aufgetreten und habe als Geburtsdatum einerseits den … 1988 und andererseits den … 1993 angegeben. Diese Identitätstäuschung führe dazu, dass die Aufenthaltsbeendigung auch aktuell nicht möglich sei. Insbesondere habe der Kläger unter den genannten Personendaten im behördlichen Passersatzpapierverfahren nicht identifiziert werden können.
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Hiergegen erhob der Kläger am 14. März 2023 Klage zum Verwaltungsgericht Bayreuth.
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Er beantragt,
I. „Der Bescheid der Beklagten vom 03.03.2023, Az. … wird aufgehoben.
II. Der Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, hilfsweise unter Beachtung der Rehsauffassung des Gerichts.“
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Weiterhin wird beantragt,
dem Kläger Prozesskostenhilfe unter Anwaltsbeiordnung zu bewilligen.
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Zur Begründung wird im Wesentlichen vorgebracht: Die angeblichen Falschangaben des Klägers bei seiner Registrierung im Jahr 2015 stammten aus einer Zeit, in der die Behörden wegen der Vielzahl der Asylsuchenden völlig überfordert gewesen seien. Der Kläger habe die Angaben ohne Anwesenheit eines geeigneten Dolmetschers und ohne Kenntnis davon, dass er genau aufpassen müsse, wie sein Name geschrieben werde, gemacht. Die unterschiedlichen Geburtsdaten rührten daher, dass der Kläger seinen Geburtstag einmal in äthiopischer und einmal in europäischer Zeitrechnung angegeben habe. Jedenfalls habe der Kläger keine vorsätzlichen Falschangaben gemacht. Da zur Familie des Klägers zwei Kleinkinder gehörten, hätte die Abschiebung nach Äthiopien im Übrigen auch unabhängig von den angeblichen Falschangaben nicht vollzogen werden können.
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Mit Schriftsatz vom 15. Mai 2023 teilte die Klägerbevollmächtigte mit, dass der Kläger der Zentralen Ausländerbehörde einen äthiopischen Reisepass vorgelegt hat, der ihn als …, geboren am … 1993, ausweist.
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Der Beklagte beantragt
Klageabweisung.
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Zur Begründung wird im Wesentlichen vorgebracht: Der Kläger habe wiederholt hartnäckig über seine Identität getäuscht. Deswegen habe der Aufenthalt bisher nicht beendet werden können. An dem ablehnenden Bescheid halte die Zentrale Ausländerbehörde ungeachtet der zwischenzeitlichen Passvorlage und der hiermit einhergehenden Beendigung der aktiven Identitätstäuschung des Klägers fest. Insoweit bestehe ein atypischer Fall, welcher im Rahmen des „Soll“-Ermessens nach § 104c AufenthG zu berücksichtigen sei und hier zur Versagung des Aufenthaltstitels führe.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.
II.
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Die Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe gemäß § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO liegen vor.
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Der Kläger hat seine Bedürftigkeit durch Vorlage der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nachgewiesen. Die Rechtsverfolgung hat auch hinreichende Erfolgsaussicht i.S.d. § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO.
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Maßgeblich für die Beurteilung der Erfolgsaussicht ist der Zeitpunkt der Bewilligungsreife des Prozesskostenhilfeantrags. Bewilligungsreif ist ein Prozesskostenhilfeantrag, wenn er mit einer Begründung versehen ist, gemäß § 166 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 117 Abs. 2 Satz 1 ZPO eine vollständig ausgefüllte Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vorliegt und die Gegenseite binnen angemessener Frist Gelegenheit zur Stellungnahme hatte (BayVGH in stRspr, z.B. BayVGH, B.v. 11.03.2020 – 10 C 19.461 – BeckRS 2020, 9550 Rn. 3). Allerdings ist eine Änderung der Sach- oder Rechtslage nach diesem Zeitpunkt zu berücksichtigen, wenn sie sich zugunsten des Klägers auswirkt (W.-R. Schenke in Kopp/Schenke, VwGO, 28. Aufl. 2022, § 166 Rn. 14a m.w.N.).
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Dies zugrunde gelegt, ist zwar davon auszugehen, dass der Kläger in der Vergangenheit vorsätzlich über seine Identität getäuscht hat. Aufgrund der nach Klageerhebung – und nach Eintritt der Bewilligungsreife des Prozesskostenhilfeantrags, welche mit Vorlage der Klageerwiderung vom 22. März 2023 gegeben war – erfolgten Reisepassvorlage greift der Ausschlussgrund des § 104c Abs. 1 Satz 2 AufenthG jedoch (jedenfalls) nicht (mehr), sodass die Rechtsverfolgung zum jetzigen Zeitpunkt hinreichende Erfolgsaussicht hat.
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Es spricht nach summarischer Prüfung im Prozesskostenhilfeverfahren Überwiegendes dafür, dass der Kläger in der Vergangenheit wiederholt vorsätzlich über seine Identität getäuscht hat. Der Kläger ist jedenfalls eine überzeugende Erklärung für die verschiedenen von ihm genannten Geburtsdaten schuldig geblieben. Insbesondere kann der Verweis auf die äthiopische Zeitrechnung die Unterschiede zwischen den beiden verwendeten Geburtsdaten nicht erklären. Die äthiopische Jahreszählung läuft dem gregorianischen Kalender ca. sieben Jahre und acht Monate hinterher. Damit lässt sich ersichtlich nicht erklären, weshalb der Kläger als Geburtsdatum zum einen den … 1988 und zum anderen den … 1993 genannt hat.
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Der von dem Beklagten als maßgeblicher Ablehnungsgrund herangezogene § 104c Abs. 1 Satz 2 AufenthG setzt neben wiederholten vorsätzlichen Angaben bzw. einer wiederholten Täuschung über die Identität oder Staatsangehörigkeit jedoch weiter voraus, dass der Ausländer „dadurch seine Abschiebung verhindert“. Nach dem insoweit eindeutigen, im Präsens formulierten Gesetzeswortlaut kommt es darauf an, dass die Abschiebung auch aktuell noch verhindert wird. Eine in der Vergangenheit erfolgte Identitätstäuschung, die aktuell die Abschiebung nicht mehr verhindert, reicht danach nicht aus (OVG LSA, B.v. 1.6.2023 – 2 M 49/23 – BeckRS 2023, 13652 Rn. 13; Röder in BeckOK MigR, Stand Juli 2023, § 104c AufenthG Rn. 84 f.; Zühlcke in HTK-AuslR, zu § 104c Abs. 1 AufenthG, Stand 10.8.2023, Rn. 190). Der Kläger hat inzwischen einen äthiopischen Reisepass vorgelegt, so dass die vorangegangenen Falschangaben seine Abschiebung zum jetzigen Zeitpunkt nicht hindern.
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Dem kann nicht entgegengehalten werden, dass die Passvorlage erst nach Erlass des die Aufenthaltserlaubnis versagenden Bescheids während des laufenden Klageverfahrens erfolgte. Maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt bei auf die Erteilung eines Aufenthaltstitels gerichteten Verpflichtungsklagen ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts der Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung oder gerichtlichen Entscheidung in der Tatsacheninstanz (z.B. BVerwG, U.v. 18.4.2013 – 10 C 9/12 – NVwZ 2013, 1344 Rn. 11). Dass für § 104c AufenthG etwas Anderes gilt, ist nicht ersichtlich. Dafür findet sich weder im Gesetzestext des § 104c AufenthG noch in den Gesetzesmaterialien ein Anhaltspunkt. Dementsprechend hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof für das Tatbestandsmerkmal des „geduldeten“ Ausländers in § 104c Abs. 1 Satz 1 AufenthG – entsprechend der Rechtsprechung zu §§ 25a und 25b AufenthG und unter Hinweis darauf, dass sich dem Gesetz und den Gesetzesmaterialien kein anderer maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt entnehmen lässt – auf den Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung bzw. gerichtlichen Entscheidung abgestellt (BayVGH, B.v. 6.3.2023 – 19 CE 22.2647 – BeckRS 2023, 4268 Rn. 25; B.v. 9.3.2023 – 19 CE 23.183 – BeckRS 2023, 6072 Rn. 35; ebenso: OVG LSA, B.v. 24.4.2023 – 2 M 16/23 – BeckRS 2023, 9920 Rn. 36; Zühlcke in HTK-AuslR, zu § 104c Abs. 1 AufenthG, Rn. 208). Für den Ausschlusstatbestand des § 104c Abs. 1 Satz 2 AufenthG kann nach Auffassung der Kammer nichts anderes gelten (ebenso: Röder in BeckOK MigR, § 104c AufenthG Rn. 86; Zühlcke, a.a.O., Rn. 163; Wittmann in GK-AufenthG, Stand Mai 2023, § 104c Rn. 237; a.A. Dietz, NVwZ 2023, 15/17). Hätte der Gesetzgeber für bestimmte Erteilungsvoraussetzungen einen von den allgemeinen Regeln abweichenden Beurteilungszeitpunkt fixieren wollen, hätte es nahe gelegen, dass er dies im Gesetzestext – wie etwa in § 25a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AufenthG für die Altersgrenze der Vollendung des 27. Lebensjahres geschehen – zum Ausdruck gebracht hätte.
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Dem steht nicht entgegen, dass der Ausländer bei einem solchen Gesetzesverständnis seinen Pass zunächst zurückhalten und dann erst im Klageverfahren einer zum Erlasszeitpunkt rechtmäßigen Behördenentscheidung nachträglich die Grundlage entziehen kann. Denn dies stellt keine Besonderheit des § 104c Abs. 1 Satz 2 AufenthG dar. Auch sonst kann der Ausländer etwa nach rechtmäßiger Ablehnung eines beantragten Aufenthaltstitels wegen Nichterfüllung der Passpflicht des § 5 Abs. 1 Nr. 4 AufenthG durch Passvorlage im laufenden Klageverfahren die Titelerteilungsvoraussetzungen noch erfüllen. Die Behörde kann in solchen Fällen die prozessuale Kostentragungspflicht durch eine zeitnahe Abhilfeentscheidung, die im Rahmen der nach § 161 Abs. 2 VwGO bei Hauptsacheerledigung zu treffenden Kostenentscheidung zu berücksichtigen ist, regelmäßig vermeiden. Im Übrigen besteht für den Ausländer, der seiner Passpflicht nicht bzw. nur mit erheblicher Verzögerung genügt, stets das Risiko, dass neue Versagungsgründe entstehen, etwa wenn er wegen Verstoßes gegen die Passpflicht strafrechtlich verurteilt wird und der Ausschlussgrund des § 104c Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AufenthG eingreift (ebendies scheint hinsichtlich der Lebensgefährtin des Klägers, die nach den Ausführungen im streitgegenständlichen Bescheid wegen Verletzung der Passpflicht gemäß § 95 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG zu einer Geldstrafe von 160 Tagessätzen verurteilt wurde, der Fall zu sein). Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass bei Zugrundelegung eines anderen Beurteilungszeitpunkts in Bezug auf § 104c Abs. 1 Satz 2 AufenthG der Kläger ohnehin schlichtweg einen neuen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 104c AufenthG bei der Ausländerbehörde stellen könnte, den die Behörde dann nach aktueller Sach- und Rechtslage zu verbescheiden hätte (vgl. auch Wittmann in GK-AufenthG, § 104c Rn. 236). Mangels entgegenstehender gesetzlicher Anhaltspunkte ist daher auch im Hinblick auf § 104c Abs. 1 Satz 2 AufenthG davon auszugehen, dass der Ausländer in die Erteilungsvoraussetzungen „hineinwachsen“ (so zu § 25b AufenthG: BVerwG, U.v. 18.12.2019 – 1 C 34/18 – NVwZ 2020, 1044 Rn. 23) kann.
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Nach Aktenlage ist zum jetzigen Zeitpunkt auch nicht ersichtlich, dass der Beklagte dem Kläger andere Ablehnungsgründe als den im streitgegenständlichen Bescheid herangezogenen § 104c Abs. 1 Satz 2 AufenthG entgegenhalten kann:
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Der Kläger ist augenscheinlich auch nach Passvorlage weiterhin geduldet (Bl. 873 der Behördenakte).
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Die strafrechtliche Verurteilung des Klägers wegen illegalen Aufenthalts ohne Pass (§ 95 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG) zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen überschreitet die in § 104c Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AufenthG normierte Strafbarkeitsschwelle nicht.
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Dass der Beklagte im Hauptsacheverfahren mit der Argumentation, die begehrte Aufenthaltserlaubnis werde nun im Ermessenswege in Abweichung vom gesetzlichen Regelanspruch (vgl. § 104c Abs. 1 Satz 1 AufenthG: „soll“) wegen atypischer Umstände des vorliegenden Falles abgelehnt, durchdringen kann, unterliegt jedenfalls in solchem Maße rechtlichen Zweifeln, dass die Bewilligung von Prozesskostenhilfe gerechtfertigt ist. Der Gesetzgeber hat die Frage, unter welchen Umständen eine Identitätstäuschung das Chancen-Aufenthaltsrecht ausschließt, in § 104c Abs. 1 Satz 2 AufenthG gesondert und explizit geregelt. Grundsätzlich wird daher davon auszugehen sein, dass der in § 104c Abs. 1 Satz 2 AufenthG zum Ausdruck gekommene gesetzgeberische Wille, auch wiederholte Identitätstäuscher in den Anwendungsbereich des Chancen-Aufenthaltsrechts einzubeziehen, wenn die Identitätstäuschung nicht (mehr) ursächlich für die Verhinderung der Abschiebung ist, nicht auf der Rechtsfolgenseite im Wege der Ermessensausübung übergangen werden kann (vgl. auch OVG LSA, B.v. 1.6.2023 – 2 M 49/23 – BeckRS 2023, 13652 Rn. 16). Dass der hier zu beurteilende Fall durch besondere Umstände, die der gesetzgeberischen Intention offensichtlich zuwiderlaufen, gekennzeichnet wäre, ist für das Gericht bisher nicht ersichtlich.
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Die Rechtsverfolgung stellt sich auch nicht als mutwillig i.S.d. § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 114 Abs. 2 ZPO dar. Allein die Tatsache, dass der Kläger seinen Pass erst im laufenden Klageverfahren vorgelegt hat, rechtfertigt unter den Umständen des vorliegenden Falles nicht die Annahme einer solchen Mutwilligkeit. Insofern ist festzustellen, dass der Kläger den am 6. Januar 2023 ausgestellten Pass zwar erst nach Klagerhebung vorgelegt hat, dem Antrag auf Erteilung der Aufenthaltserlaubnis nach § 104c AufenthG vom 9. Dezember 2022 jedoch bereits eine Bestätigung der äthiopischen Botschaft über den Passantrag und die Zahlung der dafür erforderlichen Gebühr beigefügt war (Bl. 614 ff. der Behördenakte).
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Die Beiordnung eines Rechtsanwalts ist im Hinblick auf die Bedeutung der Sache erforderlich (§ 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 121 Abs. 2 ZPO). Die Kosten der Beiordnung eines Rechtsanwalts sind auf die eines im Gerichtsbezirk ansässigen Rechtsanwalts zu beschränken, da nur diese Aufwendungen zur Rechtsverfolgung notwendig sind (§ 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 121 Abs. 3 ZPO).