Inhalt

VG Bayreuth, Urteil v. 07.02.2023 – B 1 K 21.990
Titel:

Obdachlosenunterbringung, Kostentragung für Inventar-Einlagerung und Benutzungsgebühren einer Obdachlosenunterkunft, Rechtskraft

Normenkette:
LStVG Art. 7 Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. Art. 6
Schlagworte:
Obdachlosenunterbringung, Kostentragung für Inventar-Einlagerung und Benutzungsgebühren einer Obdachlosenunterkunft, Rechtskraft
Fundstelle:
BeckRS 2023, 30259

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2.    Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens als Gesamtschuldner.
3.    Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch die Beklagte durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 v.H. des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 v.H. des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

1
Die Kläger begehren eine Kostenübernahme für ihre Umsetzung in einen Wohncontainer, die Zurverfügungstellung einer angemessenen Notunterkunft, die Gewährung von Folgenbeseitigungsansprüchen sowie die (vorübergehende) Kostenübernahme für die Einlagerung ihres Inventars.
2
Die Beklagte verfügte mit für sofort vollziehbar erklärtem Bescheid vom 28. November 2019 die Umsetzung der Kläger von ihrer bisherigen Obdachlosenunterkunft „…“ in die neue gemeindliche Obdachlosenunterkunft „…“ im Gemeindeteil …, … Am 7. Januar 2020 verbrachte die Beklagte die in der bisherigen Unterkunft befindlichen Gegenstände der Kläger teilweise in die neue Unterkunft, teilweise wurden diese in Lagerboxen bei einer Firma in … eingelagert. Den Klägern wurden die Schlüssel hierzu ausgehändigt.
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Mit Schriftsatz vom 6. September 2021, eingegangen beim Verwaltungsgericht Bayreuth am selben Tage, erhoben die Kläger Klage mit folgenden Anträgen:
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1. Die Kosten für die Umsetzung aus der Wohnung „…“ in den Wohncontainer „…“ sind der Beklagten aufzuerlegen.
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2. Uns eine Unterkunft zur Verfügung zu stellen, die einerseits insofern den Mindestanforderungen an Notunterkünften entspricht, als dass sie eine ladungsfähige Adresse darstellen kann, andererseits genügend Raum und Infrastruktur bietet, um darin ohne nennenswerte Hindernisse Büroarbeiten verrichten zu können.
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3. Uns Folgenbeseitigungsansprüche pauschal ab Sonntag, den 15. Dezember 2019, bis zu einer Abstellung der unter 1. beschwerten Missstände zu erstatten. Die Höhe der Ansprüche würden wir in das Ermessen des Gerichts stellen, allerdings nicht geringer als 1.000,- Euro pro Monat, zuzüglich 5 Prozent über Basiszinssatz ab Klageerhebung.
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4. Die Kosten für die Einlagerung unseres Inventars ab Dienstag, dem 07. Januar 2020, solange zu tragen, bis es uns möglich ist, die Einlagerung unseres Inventars zu übernehmen.
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5. Die Kosten des Verfahrens sind der Beklagten aufzuerlegen.
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Zur Begründung verwiesen die Kläger zunächst auf die Akten der Verfahren „…“. Der Zweck bzw. die Notwendigkeit ihrer erfolgten Umsetzung sei in dem „Beschluss“ der Beklagten vom 28. November 2019 nicht enthalten. Nach einer Stellungnahme vom 22. Januar 2020 im Rahmen des Verfahrens „…“ stünden laut Aussage der Beklagten „die Räumlichkeiten im Anwesen ‚ …‘ künftig wegen dringender Renovierungsarbeiten nicht mehr zur Verfügung“. Den Klägern könne „nachdem die Einweisung in eine vorübergehend leerstehende Mietwohnung nach Zwangsräumung vorgenommen wurde, […] nunmehr eine kostengünstigere gemeindeeigene Wohnmöglichkeit angeboten werden“. Da jene Renovierungsarbeiten jedoch bis zum Tag der Einreichung der Klageschrift noch nicht begonnen worden seien, seien die Gründe für die Umsetzung der Kläger eher in Schikane bzw. Willkür zu finden. Es sei zweifelhaft, ob durch die Umsetzung von Bewohnern einer vorher seit 2012 leerstehenden Wohnung, die Ende 2014 extra für die Aufnahme der Kläger im Februar 2015 umgebaut worden sei, in einen wiederum extra beschafften Wohncontainer Kosteneinsparungen erreicht werden könnten. Nach umfangreichen Maßnahmen der Beklagten, um das Anwesen „…“ für die Kläger herzurichten, habe man in den annähernd fünf Jahren, in denen die Kläger hier gewohnt hätten, nur auf deren Anregung hin einige unaufschiebbare, notdürftige Reparaturarbeiten wie die Beseitigung von Feuchtschäden vorgenommen. Hohe Kosten dürften danach der Beklagten durch die Unterhaltung dieser Wohnung nicht entstanden sein. Wenn zudem für die Errichtung der Wohncontainer Kosten in Höhe von über 30.000,00 EUR in Rechnung gestellt würden, sei unbegreiflich, wie Kosteneinsparungen zur Begründung der Umsetzung der Kläger angeführt werden könnten. Ein weiterer Anhaltspunkt für die erfolgte Willkür und den erfolgten Rechtsmissbrauch im Rahmen jener Umsetzung sei der Umstand, dass für die auf dem Betriebsgelände der …, …, Ortsteil … aufgestellten Wohncontainer zum Zeitpunkt der Umsetzung keine baurechtliche Genehmigung vorgelegen habe. Damit sei die Schaffung einer ladungsfähigen Anschrift für die Kläger unter der Adresse „…“ effektiv unmöglich. Insbesondere würden hierdurch formbedürftige Zustellungen an die Kläger, die Zustellungen von Paketen sowie die Anmeldung im Rahmen von Online-Geschäften dauerhaft und nachhaltig vereitelt. Auch über De-Mail seien keine formwirksamen Erklärungen mehr möglich, da eine Ummeldung zu einer Adresse, die im Flächennutzungsplan nicht als Wohnraum, sondern als Betriebsgelände ausgewiesen sei, unmöglich sei. Auch die sehr beschränkten Optionen zu Büroarbeiten im Wohncontainer „…“ würden die Bemühungen der Kläger um effektiven Rechtsschutz sowie um die Teilnahme am Erwerbsleben behindern. Hierfür sei eine entsprechende und angemessene Kompensation anzumelden, da die Umsetzung der Kläger in den Wohncontainer rechts- bzw. ermessensmissbräuchlich vollstreckt worden sei.
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Mit Schriftsatz vom 30. September 2021 ließ die Beklagte beantragen,
die Klage abzuweisen.
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Die vorliegende Klage sei bereits unzulässig, da insbesondere der Bescheid der Beklagten vom 28. November 2019 bereits in Rechtskraft erwachsen sei. Der Vorwurf der Willkür im Rahmen der Umsetzung der Kläger sei außerdem falsch. Die bisherige Unterkunft der Kläger bedürfe einer umfassenden Sanierung und auch einer energetischen Herrichtung. Es habe sich herausgestellt, dass die gesamte in der bisherigen Unterkunft verlegte Elektrik dermaßen desolat sei, dass höchste Lebensgefahr bestanden habe. Damit und aufgrund weiterer Baumängel sei die alte Unterkunft unbewohnbar. Da rechtskräftig feststehe, dass die Umsetzung der Kläger in die Ausweichunterkunft „…“ rechtmäßig und die bisherige Unterkunft unbewohnbar sei, sei auch die Unterstellung, die Beklagte habe die Umsetzung in die neue Unterkunft rechtsmissbräuchlich getätigt, abzuweisen. Es seien im Rahmen anderer, die Kläger betreffende Verfahren Unterlagen vorgelegt worden, die den finanziellen Aufwand der Beklagten hinsichtlich der Anschaffung der Wohncontainer zeigten. Erste Schätzungen zur Herrichtung der bisherigen Unterkunft „…“ lägen bei jenseits der 250.000 EUR. Da die Umsetzung der Kläger rechtmäßig gewesen sei, habe die Beklagte auch Kosten der Umsetzung nicht zu tragen. Die Obdachlosenunterkunft „…“ entspreche daneben allen Mindestanforderungen für Notunterkünfte. Ein Anspruch auf die Zurverfügungstellung eines „Büros“ bestehe nicht. Die Kosten für die Einlagerung des Inventars der Kläger trage derzeit ausschließlich die Beklagte. Es würden bei … Einlagerungscontainer angemietet, was für die Beklagte einen erheblichen finanziellen Aufwand verursache. Eine Übernahme jener Kosten durch das Jobcenter sei eingestellt worden. Auch lagere im Dachgeschoss der bisherigen Unterkunft der Kläger immer noch Unrat der Kläger, wobei es sich um Müll handle. Zur Vermeidung der Entsorgung dieses Mülls werde den Klägern nahegelegt, diesen selbst zu entsorgen.
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Hierauf brachten die Kläger mit Schriftsatz vom 10. Oktober 2021 hervor, die vormalige Übernahme von Einlagerungskosten durch das Jobcenter sei ihnen nicht bekannt gewesen. Aufgrund fortlaufender diesbezüglicher Zahlungsaufforderungen an die Kläger durch die Beklagte läge dringender Klärungsbedarf hinsichtlich kriminellen Verhaltens der Beklagten bzw. des Leistungsträgers vor. Mit weiterem Schriftsatz vom 3. November 2021 beantragten die Kläger, die Leistungsakte der Kläger beim Jobcenter – Landkreis …, …, Bg-Nr: … dem Verfahren beizuziehen. Es seien mit großer Wahrscheinlichkeit durch das Gericht von Amts wegen Ermittlungen anzustellen, ob das Jobcenter zur Gewährung von Leistungen nach dem SGB II tatsächlich Zahlungen an die Beklagte geleistet habe, um zumindest teilweise die Einlagerungskosten für … zu begleichen. Dann sei das Jobcenter (Landkreis …*) notwendigerweise dem Verfahren beizuladen, da dessen Rechte betroffen seien.
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Hierzu ließ die Beklagte mit Schriftsatz vom 6. Dezember 2021 ausführen, dass die Beklagte hinsichtlich Einlagerungskosten keinerlei Zahlungen oder Zuwendungen seitens des Jobcenters erhalten habe. Selbst wenn dies so wäre, sei dies für den vorliegenden Rechtsstreit unerheblich. Vielmehr würden zwischenzeitlich rechtskräftige Bescheide der Beklagten auf Erstattung von Einlagerungskosten existieren, die demnächst in die Vollstreckung gingen. Es wurde ein Schreiben des Jobcenters Landkreis … vom 15. Juni 2021 an die Beklagte vorgelegt, wonach dieses keine „weiteren“ Einlagerungskosten bei … übernehmen könne. Des Weiteren wurde eine Kostenaufstellung vorgelegt, woraus sich ergab, dass mit Stand von 7. Dezember 2021 als Benutzungsgebühr der Obdachlosenunterkunft „…“ hinsichtlich der Kläger im Zeitraum 15. Dezember 2019 bis 14. Januar 2022 ein Betrag von 6.000,00 EUR und für …-Kosten im Zeitraum 1. Januar 2020 bis 31. Dezember 2021 ein Betrag von 6.091,52 EUR entstanden sei.
14
Mit Schreiben vom 24. Januar 2022 beantragten die Kläger, alle Akten der Gemeindeverwaltung … bzw. des Gemeinderats zuzuziehen, welche das Sanierungsvorhaben des Anwesens „…“ beträfen und die Beklagte zu verpflichten, eine Bilddokumentation zu erstellen bzw. zur Verfügung zu stellen, welche aussagekräftig und umfassend die Außenanlage des Anwesens „…“ dokumentiere sowie die Verhältnisse in den Innenräumen des Anwesens und seiner Nebenbauten beschreibe; hierbei könne der gemeindliche Versammlungsraum im Anwesen ausgespart bleiben. Es sei bereits darauf hingewiesen worden, dass der Beklagten zum Zeitpunkt der Umsetzung der Kläger wahrscheinlich keine Konzepte und Planungen für eine potentielle Renovierung des Anwesens „…“ vorgelegen hätten, womit jene Umsetzung willkürlich und rechtswidrig erfolgt sei. Dem Protokoll des Bauausschusses der Gemeinde vom 22. November 2021 sei zu entnehmen, dass sich dieser jetzt erst mit ersten Planungen und Diskussionen zur Sanierung jenes Anwesens befasse. Aufgrund der Relevanz für das vorliegende Verfahren seien die Akten zur Sanierung des Anwesens „…“, und zwar auch nicht öffentliche, vertrauliche Vorgänge, für das Verfahren beizuziehen. Es werde daneben möglicherweise versucht, zu verschleiern, dass den Klägern der Zugang zu einem vorhandenen Waschmaschinenanschluss verweigert worden sei. Unter Punkt 4.4 der im Protokoll des Bauausschusses aufgeführten Liste der vorgeschlagenen Sanierungen werde der Eindruck erweckt, es sei kein Waschmaschinenanschluss vorhanden, obwohl ein Mitautor der Liste bei der Räumung der bisherigen Wohnung der Kläger deren Waschmaschine in die Lagerräume bei … habe transportieren lassen. Eine ausführliche Bilddokumentation des Anwesens, der ehemaligen Wohnung der Kläger und der von den Klägern benutzten Nebenräumen werde auch im Rahmen einer Beweiserhebung befürwortet.
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Des Weiteren werde der Klageantrag unter 4. der Klageschrift vom 6. September 2021 dahingehend präzisiert, dass die von den Klägern geforderte Übernahme der Einlagerungskosten für das Inventar der Kläger durch die Beklagte nicht als privatrechtliche Angelegenheit zwischen der Beklagten und den Kläger betrachtet werde. Vielmehr würden die dahingehenden Forderungen ebenfalls als Folgenbeseitigungsansprüche für erlittene Schäden angesehen, welche damit auch Gegenstand öffentlich-rechtlicher Auseinandersetzungen sein müssten.
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Auf Nachfrage der Kläger mit Schreiben vom 9. Februar 2022 zur geforderten Zuziehung der Akten über die Sanierung des Anwesens „…“ bzw. der Erstellung einer Bilddokumentation über das Anwesen äußerte sich das Gericht mit Schreiben vom 10. Februar 2022 dahingehend, dass beides derzeit nicht beabsichtigt werde. Es werde keine Entscheidungserheblichkeit hierin gesehen. Hierauf baten die Kläger mit Schreiben vom 6. März 2022 um die Namen der Richterinnen und Richter, welche das Schreiben vom 9. Februar 2022 verfasst hatten. In der hierin gesehenen Ablehnung der seitens der Kläger gestellten Beweisanträge werde eine derart eklatante Verletzung des Gebots der Unparteilichkeit gesehen, dass sie sich veranlasst sehen würden, Richterablehnungen zu betreiben. Die damalige Kammerbesetzung wurde mit Schreiben vom 11. März 2022 gegenüber den Klägern genannt.
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Mit Schreiben vom 1. Januar 2023 beantragten die Kläger unter Vorlage von Unterlagen zu einem bestehenden Rechtsstreit der Kläger im Rahmen der Sozialgerichtsbarkeit die Absetzung des anberaumten Termins zur Hauptverhandlung, da sie das Verfahren noch nicht für entscheidungsreif hielten. Insbesondere beabsichtigten sie, die Beziehungen und Kontakte der Beklagten mit ihrem Leistungsträger zum Bezug von Leistungen nach SGB II weiter zu klären. Die Kläger seien von 15. Dezember 2019 bis 15. Mai 2021 hinsichtlich „Nutzungsgebühren“ gegenüber ihrem Leistungsträger in Vorleistung getreten, welche dann vom Leistungsträger zurückerstattet worden seien. Die Beklagte hätte Zahlungen der Kläger einbehalten, anstatt beim Jobcenter auf einen Ausgleich der Zahlungen zu drängen. Mit Schreiben vom 4. Januar 2023 lehnte das Gericht jenen Terminverlegungsantrag ab; eine Entscheidungserheblichkeit bzw. Vorgreiflichkeit nach dem Vortrag der Kläger werde nicht gesehen. Die Beklagte äußerte sich zwischenzeitlich mit Schreiben vom 12. Januar 2023 dahingehend, dass selbstverständlich Kontakt zwischen der Beklagten und dem Jobcenter – auch vor der Umsetzung der Kläger – zur Abklärung von Kostenübernahmen stattgefunden habe. Ein Antrag auf Übernahme von Lagerkosten sei nach dortiger Auskunft aussichtlos, da Derartiges weder vorgesehen sei noch erfolgreich beantragt werden könne. Einlagerungskosten hätten die Kläger zu tragen.
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Im Rahmen eines durch das Gericht abgelehnten Befangenheitsantrags gegen die Vorsitzende der Kammer trugen die Kläger noch vor, es gebe mehrere Ungereimtheiten im Vortrag der Beklagten zur Kommunikation mit dem Leistungsträger Jobcenter. So hätten die Kläger 2020 die mündliche Auskunft vom Leistungsträger bekommen, dass Möglichkeiten für die Übernahme der Einlagerungskosten bestünden.
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Auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 7. Februar 2023 wird Bezug genommen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird gemäß § 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO auf den Inhalt der Gerichtsakte, auch der Gerichtsakten mit den Aktenzeichen … und der beigezogenen Behördenakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Die Klage hat keinen Erfolg. Im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung ergibt sich weder ein Anspruch der Kläger auf Kostenübernahme durch die Beklagte bezüglich Kosten für die Umsetzung der Kläger aus der Unterkunft „…“ in den Wohncontainer „…“ noch ein Anspruch auf Zurverfügungstellung einer Unterkunft, wie im Rahmen des Klageantrags Nr. 2 beantragt oder auf die Gewährung von Folgenbeseitigungsansprüchen bis zu einer Abstellung der im Klageantrag Nr. 1 beschwerten Missstände. Ebensowenig ergibt sich ein Anspruch auf Übernahme der Kosten für die Einlagerung von Inventar der Kläger bei …
21
1. Die Klage ist nur teilweise zulässig, da bezüglich des Klageantrags Nr. 2 bereits kein Rechtsschutzbedürfnis ersichtlich ist. Es ist insoweit auf entgegenstehende Rechtskraft zu verweisen. Soweit die Kläger hier spezielle Anforderungen an ihre Obdachlosenunterkunft geltend machen, wurde mit Gerichtsbescheid des Bayerischen Verwaltungsgerichts Bayreuth vom 23. November 2020 (Az. …*) bereits rechtskräftig ausgeführt, dass die den Klägern zugewiesene Obdachlosenunterkunft „…“ den Anforderungen, die an eine Unterbringung von Obdachlosen zu stellen sind, entspricht. Insoweit wird auch auf die Ausführungen unter 2.b. verwiesen.
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2. Die Klage ist nicht begründet. Den Klägern stehen die geltend gemachten Ansprüche nicht zu.
23
a. Den Klägern steht kein Anspruch auf Kostenübernahme für ihre Umsetzung aus der Unterkunft „…“ in den Wohncontainer „…“ gegen die Beklagte zu.
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Es ist bereits unklar, auf welche konkrete Kostenforderung sich der Klageantrag bezieht. Wie der Prozessbevollmächtigte der Beklagten in der mündlichen Verhandlung hierzu angab, wurden anlässlich der Umsetzung der Kläger keinerlei Kostenforderungen bezüglich entstandener Aufwendungen für die Umsetzung selbst geltend gemacht. Hinsichtlich der Unterbringungskosten, welche auf Grundlage der Satzung über die Benutzung von Obdachlosenunterkünften der Gemeinde … (Obdachlosenunterkunftssatzung) vom 30. August 2019 in der aktuellen Fassung sowie der hierzu ergangenen Gebührensatzung vom 30. Juni 2020 geltend gemacht werden, erfolge eine vollständige Übernahme durch das Jobcenter. Von dort werde der Teil der den Klägern zu gewährenden Grundleistungen, soweit er die Unterkunftskosten betreffe, direkt an die Beklagte überwiesen; den Rest der Grundleistungen erhielten die Kläger.
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Die Kostentragungspflicht der Kläger hinsichtlich der Gebühren für die Benutzung der Obdachlosenunterkunft „…“ steht fest aufgrund des bestandskräftigen Bescheids der Beklagten vom 28. November 2019. Ziffer 3 jenes Bescheids ordnet an, dass das Benutzungsentgelt für die neu zugewiesene Obdachlosenunterkunft monatlich pro eingewiesener Person inklusive aller anfallenden Betriebskosten 150,00 EUR (siehe § 9 Nr. 4 der Obdachlosenunterkunftssatzung) betrage. Die Ausgestaltung der Kostenübernahme im Dreiecksverhältnis zwischen den Klägern, der Beklagten und dem Jobcenter kann an dieser Stelle mangels Entscheidungserheblichkeit dahingestellt bleiben.
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b. Zum Klageantrag Nr. 2 ist, die Ausführungen unter 1. ergänzend, auszuführen, dass den Klägern auch kein Anspruch auf Zurverfügungstellung einer Unterkunft zusteht, die einerseits insofern den Mindestanforderungen an Notunterkünfte entspreche, als dass sie eine ladungsfähige Adresse darstellen könne, andererseits genug Raum und Infrastruktur biete, um darin ohne nennenswerte Hindernisse Büroarbeiten verrichten zu können.
27
Im Gerichtsbescheid des Bayerischen Verwaltungsgerichts Bayreuth vom 23. November 2020 (Az. …*), welcher bereits in Rechtskraft erwachsen ist, wurde – wie bereits ausgeführt – festgestellt, dass die den Klägern zugewiesene neue Obdachlosenunterkunft „…“ den Anforderungen entspricht, die an eine Unterbringung von Obdachlosen zu stellen sind. Auf die dortigen Ausführungen wird an dieser Stelle Bezug genommen. Insbesondere bleibt hervorzuheben, dass danach die vorübergehende Unterbringung von Obdachlosen lediglich eine Notmaßnahme darstellt, welche nicht der „wohnungsmäßigen Versorgung“, sondern der Verschaffung einer vorübergehenden Unterkunft einfacher Art dient. Obdachlose Personen müssen daher, weil ihre Unterbringung nur eine Notlösung sein kann, eine weitgehende Einschränkung ihrer Wohnansprüche hinnehmen (st. Rspr., vgl. BayVGH, B.v. 10.10.2008 – 4 C 09.3073 – juris m.w.N.). Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass ein Wohncontainer den Mindestanforderungen an die Unterbringung von Obdachlosen, auch im Hinblick auf sicherheitsrechtliche Aspekte, genügt (vgl. VG Würzburg, B.v. 16.02.2016 – W 5 E 16.161 und B.v. 11.11.2016 – W 5 E 16.1105, juris). Spezielle zu gewährende Anforderungen an Raum und Infrastruktur für Büroarbeiten sind insoweit nicht erforderlich.
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Soweit die Kläger eine Unterkunft, welche eine ladungsfähige Adresse darstellen kann, begehren, ist auf die Ausführungen im bereits oben zitierten Gerichtsbescheid zu verweisen, wonach eine Eintragung im Melderegister für Maßnahmen, die im Rahmen der Obdachlosenunterbringung zu treffen sind, keine Bewandtnis hat (vgl. hierzu Holzner, in Beck-online-Kommentar zum Polizei- und Sicherheitsrecht, LStVG, Art. 7 Rn. 151). Maßgeblich ist, dass die Beklagte auf dem Anwesen für die Kläger einen Briefkasten aufgestellt und insbesondere für die Postbediensteten kenntlich gemacht hat, dass die Kläger unter der Anschrift „…“ erreichbar sind. Die komplikationslose umfangreiche Kommunikation des Gerichts mit den Klägern unter dieser Adresse zeigt auch, dass dies funktioniert. Darüber hinaus ist darauf hinzuweisen, dass im Rahmen der Angabe einer ladungsfähigen Anschrift i.S.d. § 82 VwGO bei Obdachlosen oder Personen ohne festen Wohnsitz ausnahmsweise auch die Angabe eines Zustellungsbevollmächtigten oder einer Anschrift, unter der sie für Zustellungen zu erreichen sind, genügt (Kopp/Schenke, VwGO, § 82 Rn. 4; BVerwG, B.v. 14.2.2012 – 9 B 79/11 – juris Rn. 11). Nichtsdestotrotz enthält die Behördenakte Band I eine Meldebestätigung jeweils vom 22. April 2020 für die Kläger, wonach sie mit einziger Wohnung in der Anschrift … mit Einzug am 15. Dezember 2019 gemeldet sind.
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c. Ebensowenig steht den Klägern ein Anspruch auf die Gewährung von Folgenbeseitigungsansprüchen pauschal ab Sonntag, dem 15. Dezember 2019 bis zur einer Abstellung der unter Klageantrag Nr. 1 beschwerten Missstände zu.
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Das Gericht legt jenen Klageantrag unter Zugrundelegung der Klagebegründung mit Schreiben vom 6. September 2021 dahingehend aus, dass die Kläger davon ausgehen, ihre Umsetzung in einen Wohncontainer sei rechtswidrig erfolgt, so dass sie eine entsprechende Kompensation hierfür begehren.
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Ein Folgenbeseitigungsanspruch setzt voraus, dass durch einen hoheitlichen Eingriff, der auch in einem schlicht hoheitlichen Handeln bestehen kann, ein rechtmäßiger Zustand beseitigt und ein rechtswidriger Zustand geschaffen wird. Er hat als Rechtsfolge die Beseitigung der unmittelbaren Vollstreckungsfolgen zum Inhalt, d.h. es ist der Zustand wiederherzustellen, der vor der Vollstreckung bestanden hat.
32
Die Rechtmäßigkeit der Umsetzungsverfügung im Bescheid vom 28. November 2019 wurde im Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts Bayreuth vom 26. März 2020 (Az. …*), auf den im Gerichtsbescheid des Bayerischen Verwaltungsgerichts Bayreuth vom 23. November 2020 (Az. …*) vollumfänglich Bezug genommen wurde, bereits rechtskräftig festgestellt. Damit ist für das Gericht nicht ersichtlich, worin ein geschaffener rechtswidriger Zustand liegen soll. Darüber hinaus erfolgt der Hinweis, dass die Kläger erst ab 7. Januar 2020 tatsächlich umgesetzt worden waren, eine Geltendmachung von Ansprüchen ab 15. Dezember 2019 damit ohnehin nicht möglich wäre.
33
Soweit die Kläger einen Anspruch wegen Vollstreckungsfolgen in Form eines Ersatzanspruchs nach Art. 39 VwZVG geltend machen wollten, sind die Voraussetzungen ersichtlich nicht gegeben, weil der der Vollstreckung zugrundeliegende Verwaltungsakt nicht aufgehoben oder abgeändert ist. Zudem erfolgte die in Nr. II des Bescheids vom 28. November 2019 angedrohte Ersatzvornahme nach mehrmaliger Fristsetzung (zuletzt mit Schreiben vom 23. Dezember 2019). Auch insoweit wird auf die entsprechenden Ausführungen im Gerichtsbescheid des Verwaltungsgerichts Bayreuth vom 23. November 2020 (Az. …*) verwiesen.
34
d. Schließlich steht den Klägern kein Anspruch auf die auch nur vorübergehende Übernahme von Kosten durch die Beklagte für die Einlagerung ihres Inventars ab dem 7. Januar 2020 zu.
35
Im Rahmen der Durchsetzung der Umsetzung der Kläger von der Unterkunft „…“ in den Wohncontainer „…“ am 7. Januar 2020 wurden u.a. Gegenstände im Eigentum der Kläger seitens der Beklagten ab 10. Januar 2020 in zwei Lagerboxen der Firma … in … eingelagert. Die Kläger hätten es – wie bereits im Gerichtsbescheid vom 23. November 2020 ausgeführt wurde – selbst in der Hand gehabt, bei persönlicher Anwesenheit an diesem Tag über den Verbleib ihrer Gegenstände zu entscheiden und die von ihnen dringend benötigten Gegenstände an sich zu nehmen, so dass es zu einer Einlagerung gar nicht gekommen wäre.
36
Der Einlagerung zu Grunde liegt ein Mietvertrag zwischen der Beklagten und … vom 7. Januar 2020 (Behördenakte Band II a.E.) jeweils für eine Lagereinheit (Abteil-Nr. …*) auf dem Grundstück … Ausweislich des Vertrags erfolgt die Anmietung als Lager und wird auf unbestimmte Zeit geschlossen. Als Mietpreis wird ein Betrag von monatlich 147,61 EUR brutto ausgewiesen.
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Hingegen ist das Verhältnis zwischen Beklagter und den Klägern im Rahmen der Zuweisung einer Obdachlosenunterkunft mit Bescheid vom 28. November 2019 und damit auch die in Tenorziffer II. des Bescheids verfügte Einlagerung auf Kosten der Kläger vollumfänglich dem öffentlichen Recht zuzurechnen. Soweit die Kläger, wie mit Schriftsatz vom 24. Januar 2022 ausgeführt, auch hinsichtlich der Einlagerungskosten Folgenbeseitigungsansprüche geltend machen, ist im Rahmen der Einlagerung des Inventars der Kläger durch die Beklagte keine Schaffung eines rechtswidrigen Zustands ersichtlich.
38
Es ist festzustellen, dass zur Kostentragung für die Einlagerung ihrer Gegenstände dem Grunde nach die Kläger verpflichtet sind.
39
Dies ergibt sich bereits aus dem rechtskräftigen Bescheid der Beklagten vom 28. November 2019. Nach dessen Tenorziffer II. werde die Beklagte, sofern eingebrachtes Inventar nicht bis zum genannten Termin aus der bisherigen Wohnung entfernt werde, dieses auf Kosten der Kläger entfernen und einlagern. Der Kostenbetrag hierfür werde vorläufig auf 2.000,00 EUR veranschlagt. Das Recht auf Nachforderung bleibe unberührt. Der Kostenbescheid der Gemeindeverwaltung sei abzuwarten. In den Gründen wird ausgeführt, gemäß Art. 29 Abs. 2 Nr. 2, Art. 19 Abs. 1 und 2, Art. 32 und Art. 36 Abs. 2 des Bayerischen Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetzes (VwZVG) könne die unterlassene Handlung auf Kosten der Säumigen vorgenommen werden.
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Zwischenzeitlich ergingen nach den Ausführungen des Bevollmächtigten der Beklagten in der mündlichen Verhandlung Leistungsbescheide über Einlagerungskosten, wobei gegen keinen einzigen der Bescheide Widerspruch erhoben worden sei.
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Darüber hinaus legt bereits § 7 Nr. 1 der Obdachlosenunterkunftssatzung fest, dass die überlassenen Räume nach Beendigung des Nutzungsverhältnisses vollständig geräumt und besenrein zurückzugeben seien. Nach § 7 Nr. 2 der Satzung habe der Benutzer beim Auszug aus der Unterkunft seine gesamte Habe mitzunehmen. Würden zurückgelassene Gegenstände nicht innerhalb einer gesetzten Frist abgeholt oder sei die Adresse des Eigentümers unbekannt, würden die zurückgelassenen Gegenstände als Abfall entsorgt.
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Dabei kann eine Satzung über die Benutzung einer gemeindlichen Einrichtung (Art. 24 Abs. 1 Nr. 1 der Gemeindeordnung Bayern – GO) auch „nachwirkende“ Handlungs- oder Duldungspflichten der früheren Einrichtungsbenutzer und entsprechende Eingriffsbefugnisse des Einrichtungsträgers enthalten (BayVGH, B.v. 20.12.2016 – 4 CE 16.1939 – juris Rn. 15). Ein unabweisbarer Regelungsbedarf besteht hier dann, wenn der private Eigentümer – ohne auf das Eigentum zu verzichten (§ 959 BGB) – zur erneuten Inbesitznahme seiner Sachen (einstweilen) nicht bereit oder nicht fähig ist, so dass diese (vorläufig) beim Träger der Obdachloseneinrichtung verbleiben und dort Lagerfläche beanspruchen. Dass dieser jene Belastung nicht auf Dauer hinzunehmen bereit ist (…), begegnet auch im Hinblick auf die grundrechtliche Garantie des Eigentums (Art. 14 GG) keinen prinzipiellen Bedenken (BayVGH, B.v. 20.12.2016 – 4 CE 16.1939 – juris Rn. 17).
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Auch wurde bereits mit Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts Bayreuth vom 26. März 2020 (Az. B 1 E 20.54) festgestellt, dass die Zurverfügungstellung von Lagerraum zur Aufbewahrung persönlicher Gegenstände nicht in die Aufgabe der Obdachlosenbehörde falle (vgl. Bengl/Berner/Emmerig, LStVG-Kommentar, Art. 7 Rn. 186).
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Die zugrundeliegende Kostentragung wurde auch durch Schreiben der Beklagten an die Kläger vom 10. Juni 2020 (Behördenakte Band II) nochmals deutlich gemacht. Hier wird ausgeführt, dass für die Anmietung der Lagerboxen bei … die aus den beiliegenden Rechnungskopien ersichtlichen Kosten angefallen seien. Jene Kosten seien bislang für die Kläger „vorgestreckt“ worden und würden diesen nun seitens der Beklagten in Rechnung gestellt. Auf welchem Wege – so im Rahmen einer Ersatzvornahme oder eines Schuldverhältnisses aus Geschäftsführung ohne Auftrag (vgl. hierzu BVerwG, B.v. 2.11.1994 – 4 B 172/94 – juris) – kann an dieser Stelle dahingestellt bleiben.
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e. Weitere seitens der Kläger angeregte Aktenbeiziehungen oder Beweisanregungen waren nicht entscheidungsrelevant.
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Soweit die Kläger mit Schreiben vom 3. November 2021 die Beiziehung ihrer Leistungsakte beim Jobcenter (Landkreis …*) zum Verfahren beantragten, ist – wie im Rahmen der Ablehnung des Terminverlegungsantrags der Kläger ausgeführt – eine Entscheidungserheblichkeit bzw. Vorgreiflichkeit dieser Frage für die Beurteilung der Klageanträge nach Auffassung des Gerichts nicht ersichtlich.
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Der Antrag der Kläger mit Schreiben vom 24. Januar 2022, alle Akten der Gemeindeverwaltung … bzw. des Gemeinderats zuzuziehen, welche das Sanierungsvorhaben „…“ beträfen, sowie eine Bilddokumentation zu dem Anwesen vorzulegen wird seitens des Gerichts als Beweisanregungsantrag betrachtet. Die Kläger erschienen in der mündlichen Verhandlung nicht und machten mithin den Antrag nicht geltend. Jedenfalls wurde auch insoweit keine Entscheidungsrelevanz hinsichtlich der gestellten Klageanträge – insbesondere angesichts vorliegender, bereits rechtskräftiger Entscheidungen bezüglich der Rechtmäßigkeit der Umsetzung der Kläger – gesehen, so dass auch von Amts wegen im Rahmen der Amtsermittlungspflicht eine Beziehung nicht veranlasst war.
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3. Die Klage ist daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 und § 159 VwGO abzuweisen. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung basiert auf § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. Zivilprozessordnung (ZPO).