Titel:
Fortnahme, Veräußerung, Bestandsreduzierung, Anordnung der Sterilisation, Androhung von Zwangsmitteln, Duldung des Betretens
Normenketten:
TierSchG § 16a Abs. 1 S. 1, 2 Nr. 1, 2, 3
TierSchG § 2
TierSchG § 16 Abs. 3 S. 1
Schlagworte:
Fortnahme, Veräußerung, Bestandsreduzierung, Anordnung der Sterilisation, Androhung von Zwangsmitteln, Duldung des Betretens
Fundstelle:
BeckRS 2023, 30258
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
1
Der Kläger wendet sich gegen den Bescheid des Landratsamts … (im Folgenden: Landratsamt) vom 12. April 2021, in dem Anordnungen zu seiner Hundehaltung getroffen wurden. Er ist Inhaber einer Hundehaltung auf dem Anwesen …, … mit Zweitwohnsitz in der …, … Mit Bescheid vom 12. April 2021 (zugestellt am 17. April 2021) verpflichtete das Landratsamt den Kläger, die Fortnahme aller in seiner Obhut bzw. auf dem Anwesen in … gehaltenen Hunde und die anderweitige pflegliche Unterbringung im Tierheim S. auf seine Kosten zu dulden (Nr. 1). Gemäß Nr. 2 des Bescheids hat der Kläger die Kosten in Höhe von derzeit 15 EUR pro Tag pro Hund, die im Rahmen der Unterbringung der Hunde im Tierheim bis zur Eigentumsübertragung anfallen, zu tragen und dem Landratsamt zu erstatten. Über den Betrag ergehe eine gesonderte Kostenrechnung. In Nr. 3 des Bescheids wurde angeordnet, dass der Hundebestand des Klägers auf maximal zwei nicht zeugungsfähige Hunde bzw. nicht tragfähige Hündinnen reduziert werde. Werde dieser Festlegung zuwidergehandelt, indem mehr als die genannten zwei Hunde gehalten werden, werde für jede Zuwiderhandlung ein Zwangsgeld in Höhe von 500,00 EUR fällig (Nr. 4). Der Kläger habe die endgültige Fortnahme und Veräußerung der in Nr. 1 genannten fortgenommenen und anderweitig untergebrachten Hunde zu dulden. Ausgenommen seien die in Nr. 3 genannten Hunde (Nr. 5). Der Kläger werde verpflichtet, bis spätestens 30. April 2021 geeignete Personen mit Kaufinteresse zu benennen (Nr. 6) und das Betreten seines Anwesens durch beauftragte Vertreter des Landratsamts und der im Rahmen der Amtshilfe hinzugezogenen Polizeibeamten zur Fortnahme der Hunde am 21. April 2021 um 10.00 Uhr zu dulden (Nr. 7). Falls dieser Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen werde, werde die Anwendung unmittelbaren Zwangs angedroht (Nr. 8). Die sofortige Vollziehung der Nrn. 1bis 3 und 5 bis 7 wurde angeordnet (Nr. 9).
2
Bei Kontrollen am 27. November 2020 bzw. 30. November 2020 sei festgestellt worden, dass der Fußboden der Garage verkotet und die Futter- und Wasserbehälter verdreckt sowie schadhaft gewesen seien. Es habe eine nur eingeschränkte Raumbelichtung gegeben. Aufgrund zahlreicher Gegenstände habe Verletzungsgefahr für die Tiere bestanden. Auch im Wohnhaus, in welchem sich die Hunde ebenfalls aufgehalten hätten, habe im Erdgeschoss ein mangelhafter Hygienezustand geherrscht. Die während des Krankenhausaufenthalts des Klägers von 9. November 2020 bis 30. November 2020 von ihm beauftragte Person habe sich überfordert gefühlt, weswegen die Tiere über mehrere Wochen keinen Freilauf gehabt hätten. Der Kläger habe gegenüber dem Landratsamt erklärt, Probleme damit zu haben, seinen Hunden kontrollierten Auslauf zu gewähren. Am 30. November 2020 habe man mit dem Kläger eine Vereinbarung geschlossen, wonach drei Hunde und vier Welpen freiwillig an das Tierheim abgegeben werden. Bei einer weiteren Anlasskontrolle am 23. Februar 2021 in …, …, habe man in einem provisorisch errichteten Auslauf im hinteren Bereich des Wohnhauses fünf Hunde vorgefunden. Es hätten sich dort u.a. Teile eines alten rostigen Stacheldrahts befunden. Eine Schutzhütte oder Rückzugsmöglichkeiten seien nicht vorhanden gewesen. Ein schwarzbrauner Mischlingsrüde (13 Jahre alt) habe geriatrische Erscheinungen im Bereich des Bewegungsapparates gezeigt. Ein jüngerer rotbrauner Kuhhundrüde (ca. ein Jahr alt) sei auf den linken Hintergliedmaßen deutlich lahm gegangen. Der Kläger sei aufgefordert worden, die beiden Rüden tierärztlich untersuchen und dies bis zum 10. März 2021 bestätigen zu lassen. Die Bestätigung sei bislang nicht erfolgt. In dem Bauwagen, der sich neben dem Rinderstall befinde, seien drei weitere Hunde untergebracht worden. Am 23. Februar 2021 hätten diese Hündinnen die Rinder über die Weide gejagt. Der Bauwagen, in dem die Hündinnen gehalten worden seien, sei stark verkotet gewesen. Mit Bescheid vom 25. März 2021 sei der Kläger dazu verpflichtet worden, die Fortnahme des Kuhhundrüden zu dulden. Dies sei am 31. März 2021 gescheitert, da der Kläger nicht in der Lage gewesen sei, seine Hunde unter Kontrolle zu halten.
3
Rechtsgrundlage für die Duldungspflicht der Fortnahme und anderweitigen pfleglichen Unterbringung sei § 16a Abs. 1 Satz 1 Tierschutzgesetz (TierSchG). Es lägen eine erhebliche Vernachlässigung sowie schwerwiegende Verhaltensstörungen der Tiere vor. Es sei gegen Vorschriften der Reinigung und Reinhaltung (§ 2 Nr. 1 TierSchG) verstoßen worden. Außerdem zähle zu einer guten Behandlung auch das rechtzeitige und konsequente Kümmern um erkrankte Tiere sowie die Gesundheitsvorsorge und -fürsorge. Bei Kontrollen am 30. November 2020 und am 23. Februar 2021 habe sich das Wohnhaus, in welchem sich die Hunde aufgehalten hätten, in einem mangelhaften und unhygienischen Zustand befunden. Selbiges gelte für den Bauwagen. Die Anzahl der Tiere sei für den Kläger zu groß und zu unübersichtlich, um sich um das einzelne Individuum ausreichend zu kümmern. Der Kläger habe den einjährigen Kuhhundrüden erheblich vernachlässigt. Dieser habe eine rangniedrige Stellung gehabt und sei den Übergriffen seiner Rudelgenossen ausgesetzt gewesen. Die Tiere seien nicht verhaltensgerecht untergebracht worden (§ 2 Nr. 1 TierSchG). Es sei dringend erforderlich, dass die weiblichen Tiere getrennt untergebracht würden, sofern sie nicht sterilisiert seien oder nicht nachweislich eine Läufigkeitsunterdrückung erfolgt sei. Eine Rückzugsmöglichkeit des schwächeren Rüden habe auch nicht bestanden. Der Kläger habe nichts unternommen, um die Schmerzen des Altrüden zu lindern. Auch die Verletzungen beim Jungrüden seien nicht behandelt worden. Den Hunden habe kein sauberer Schlaf- und Aufenthaltsbereich zur Verfügung gestanden. Der Kläger sei mit Schreiben vom 10. Dezember 2020 aufgefordert worden, einen sicheren Auslauf zu bauen. Er habe einen Metallgitterzaun aufgestellt. Bei Kontrollen im Januar und Februar 2021 hätten aber keine Pfotenabdrücke oder Kothaufen im Schnee festgestellt werden können. Auch die Hunde, die in der Gartenlaube gehalten worden seien, seien in ihrer Bewegungsfreiheit über einen längeren Zeitraum stark eingeschränkt gewesen, § 2 Nr. 2 TierSchG. Eine erhebliche Vernachlässigung sei auch darin zu sehen, dass der Garagenraum mit Gegenständen zugestellt worden sei, die eine erhebliche Verletzungsgefahr für die Hunde begründeten. Die Hunde hätten zum Teil schwerwiegende Verhaltensstörungen aufgezeigt (scheu). Aufgrund der amtstierärztlichen Feststellungen im Rahmen der Vor-Ort-Kontrollen am 30. November 2020, 23. Februar 2021 und 31. März 2021 sei zu erwarten, dass die Hunde ohne behördliche Intervention weitere erhebliche Leiden bzw. Schmerzen oder Schäden erfahren würden. Die Anordnung in Nr. 2 des Bescheids ergebe sich aus § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 TierSchG. Die Anordnung in Nr. 3 stütze sich auf § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TierSchG i.V.m. § 2 Nrn. 1 und 2 TierSchG. Auch die Voraussetzungen für eine Bestandsreduzierung nach § 16 Abs. 1 Sätze 1 und 2 Nr. 1 TierSchG lägen vor. Es folgen Ausführungen zur Verhältnismäßigkeit. Die Eignung der Hunde für das Treiben der Mutterkuhherde werde bezweifelt, da der Kläger seine Hunde gegenüber der Rinderherde nicht unter Kontrolle habe halten können. Dass er die Hunde zur Bewachung seines Anwesens bräuchte, sei dahingehend unerheblich, als die Hunde die meiste Zeit in dem Bauwagen eingesperrt gewesen seien. Die Tiere seien als Wachhunde zudem ungeeignet, da sie sich bei Kontrollen der Veterinäre versteckt hätten. Die Anordnung des Zwangsgeldes stütze sich auf Art. 29 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1, Art. 30, 31 und 36 des Bayerischen Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetzes (VwZVG). Nr. 5 des Bescheids stütze sich auf § 16a Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Nr. 2 Halbs. 2 TierSchG. Die Veräußerung sei zulässig, da der Kläger laut Nr. 3 des Bescheids nicht mehr als zwei Hunde halten dürfe. Eine Fristsetzung zur Herstellung einer den Anforderungen des § 2 TierSchG entsprechenden Haltung sei daher entbehrlich. Eine Rückkehr aller Hunde in die Hundehaltung des Klägers sei nicht möglich, da nicht zu erwarten sei, dass durch gezieltes Training eine wesentliche Änderung erreicht werden könne. Der Kläger erhalte die in Nr. 3 genannten beiden Hunde nur zurück, wenn eine den Anforderungen des § 2 TierSchG entsprechende Haltung sichergestellt werden könne. Es werde ihm freigestellt, welche Hunde zu ihm als Halter zurückkehren. Die Rückgabe erfolge, wenn der Kläger bis spätestens 7. Mai 2021 näher bezeichnete Voraussetzungen erfüllt habe. Die Duldungsanordnung in Nr. 7 beruhe auf § 16a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 16 Abs. 2, 3 Satz 1 TierSchG. Ohne das Betreten des Anwesens, auf dem die Hunde gehalten würden, sei die notwendige Fortnahme der betreffenden Hunde nicht möglich. Die Anordnung sei verhältnismäßig, was ausgeführt wird. Die Androhung des unmittelbaren Zwangs in Nr. 8 stütze sich auf Art. 29 Abs. 1 und 2 Nr. 4, 34, 36 und 37 VwZVG. Die Anwendung der sonstigen zulässigen Zwangsmittel lasse keinen zweckentsprechenden Erfolg erwarten.
4
Mit Schreiben vom 19. Mai 2021, eingegangen beim Verwaltungsgericht Bayreuth am 20. Mai 2021, wandte sich der Kläger an das Verwaltungsgericht Bayreuth mit dem
„Antrag auf Verlängerung der Widerspruchsfrist“.
5
Da er in der Zeit vom 27. April 2021 bis zum 12. Mai 2021 gegen seinen Willen in der Bezirksklinik festgesetzt gewesen sei, habe er keine Möglichkeit gehabt, mit der Außenwelt Kontakt aufzunehmen. Er beantrage die Verlängerung der Widerspruchsfrist um 14 Tage und füge seinen Widerspruch diesem Antrag bei. Beigefügt war seine Stellungnahme gegenüber dem Landratsamt mit seinem nicht veröffentlichten Leserbrief an die … In dem Leserbrief legte er dar, dass er die Hunde als Wachhunde sowie zum Treiben und Bewegen der ganzjährig freilaufenden Rinderherde benötige. Da die Hunde auf ihren eingezäunten Flächen oft ohne Leine unterwegs seien, sei er darauf angewiesen, dass sie um fremde Menschen einen Bogen machten, sich nur von ihm streicheln ließen und von anderen Menschen kein Futter nähmen. In der Stellungnahme führte er an, dass er einen Grünlandbetrieb mit ganzjähriger Freilandhaltung seiner Mutterkuhherde einschließlich eines mitlaufenden Bullen führe. Zum Umtreiben der Herde brauche er drei Hunde. Seine „drei Damen“ seien eingearbeitet und hätten seit vier Jahren keinen Nachwuchs. Eine Sterilisierung sei nicht sinnvoll. Sie würden die Kühe nicht beißen. Zu bewachen seien Gebäude, Maschinen auf etwa 3.000 qm sowie eine im Aufbau befindliche Gartenanlage mit umliegender Weidefläche von 6.000 qm. Auf Grund der Scheu der Hunde gehe von diesen keine Gefahr für Menschen aus. Man könne derzeit nicht von einer tierquälerischen Hundehaltung sprechen, da viele Mängel behoben seien und er wieder ausgiebig mit den Hunden unterwegs sein könne.
6
Ergänzend führte der Kläger an, ohne die drei Treibhunde könnten weitere Auflagen des Veterinäramts nicht erfüllt werden. Seine Rinderherde habe wieder Wildtierverhalten angenommen und könne nur mit Hilfe der Hunde in die Fanganlage getrieben werden, wo sie fixiert und einer tierärztlichen Behandlung zugänglich seien. Auch sei das Eintreiben der Tiere zum Verladen und zum Verkauf einzelner Tiere notwendig. Die Beschädigungen und Materialverluste während seiner Abwesenheit legten nahe, dass sein Eigentum ohne die Wachhunde nicht hinreichend geschützt sei. Er stelle mit seinem Widerspruch folgenden Antrag:
„Der Bescheid vom 12. April 2021 wird vollständig aufgehoben.
Die drei Treibhunde kommen unversehrt kurzfristig auf meinen Betrieb zurück.
Der Senior mit seinen dreizehn Jahren darf seinen Lebensabend mit seiner Enkelin (die vertragen sich gut!) hier am Haus verbringen, wegen mir auch sterilisiert.
Die Tierarztkosten im relevanten Zeitraum, soweit sie wirklich die Gesundheit der Tiere betreffen übernehme ich.
Die übrigen vier Hunde bin ich bereit abzugeben, sofern sie sich überhaupt im Gewahrsam des Tierheims befinden. Allerdings bestehe ich darauf, dass bei der Unterbringung dieselben Maßstäbe angesetzt werden, wie bei mir, speziell was Auslauf und Bewegung angeht.“
7
Auf einen Hinweis des Gerichts, dass das Schreiben zunächst als unklares Rechtshilfeersuchen gewertet werde, zeigte sich mit Schreiben vom 7. Juni 2021, eingegangen beim Verwaltungsgericht Bayreuth am 8. Juni 2021, die Bevollmächtigte des Klägers an und teilte mit, dass das Schreiben des Klägers vom 19. Mai 2021 als Klage und als Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu werten sei.
8
Sie stellte den Antrag,
den Bescheid des Landratsamts … vom 12. April 2021 aufzuheben.
9
Die Bevollmächtigte des Klägers führte mit Schreiben vom 5. August 2021 aus, dass der Kläger zum Zeitpunkt der Kontrolle am 23. Februar 2021 bereits monatelang erkrankt gewesen sei, die Hunde nicht mehr ausreichend im Training gestanden hätten und die Rinder nicht mehr hinreichend an den Kläger und die Hunde gewöhnt gewesen seien. Die 2020/2021 durch den Beklagten vorgefundene Situation sei ein „Ausreißer“ in der langjährigen Berufstätigkeit des Klägers gewesen. Der Kläger beabsichtige, im Laufe der nächsten vier Jahre die Herde zu verkleinern und dann zu veräußern. Die Rückgabe der Treiberhunde sei unabdingbare Voraussetzung für die Freilandhaltung der Herde. Die Situation, dass die Hündinnen gedeckt worden seien, würde ebenfalls aus der Erkrankung des Klägers resultieren, der die Hunde nicht ausreichend habe trennen können. Der Schäferhundrüde des Klägers sei nun nicht mehr am Leben. Eine Sterilisation der Hündinnen würde einen materiellen Schaden von mehreren Tausend Euro betragen. Es solle die Möglichkeit zur Nachzucht für die Hunde dieser eher seltenen Rasse erhalten werden. Die bloße Möglichkeit, die Hündinnen könnten entlaufen und dann gedeckt werden, genüge nicht für einen derart schweren Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb des Klägers. Zum jetzigen Zeitpunkt entspreche die Haltung der Hunde durch den Kläger den Anforderungen an das Tierschutzgesetz. Es wurde angeboten, einzelne Hunde des Klägers zu verkaufen; ein Interesse an einer Zucht bestehe seitens des Klägers nicht (Schreiben der Bevollmächtigten des Klägers vom 29. Juli 2021).
10
Das Landratsamt stimmte einem vom Gericht vorgeschlagenen Vergleich vom 12. August 2021 nicht zu, da der Kläger laut Zeitungsbericht in einer Gerichtsverhandlung vom 25. August 2021 zu einer Geldstrafe von 3.600 EUR verurteilt worden sein soll (Strafbefehl GA, Bl. 115 ff.). Zudem solle gegen ihn ein zweijähriges Hundehaltungsverbot ausgesprochen worden sein. Nach Kenntnis des Landratsamts habe der Kläger Berufung eingelegt.
11
Mit Schreiben vom 29. Oktober 2021 begründete die Bevollmächtigte des Klägers die Klage. Die Nrn. 1, 2 und 3 des Bescheids seien unverhältnismäßig aufgrund der Fortnahme aller Hunde. Nr. 5 greife übermäßig in das Eigentumsrecht des Klägers ein, indem ihm die Duldung der Veräußerung auferlegt werde. Der Kläger habe das Bestimmungsrecht über den Verbleib der Tiere. Nr. 7 gehe insoweit ins Leere, da dem Kläger der angefochtene Bescheid erst nach dem Termin vom 21. April 2021 zur Kenntnis gelangt sei. Bereits anlässlich der Kontrolle am 30. November 2020 habe der Kläger freiwillig sieben der Hunde abgegeben und sich um die Beseitigung von Mängeln, soweit eingeräumt, bemüht. Der Kläger sei im November 2020 mehrere Wochen im Krankenhaus gewesen und habe sich deshalb nicht ausreichend um die Tiere kümmern können. Das scheue Verhalten der Hunde bezüglich fremder Personen sei aufgrund ihrer Eigenschaft als Arbeitshunde artgerecht. Richtig sei, dass der Kläger seine Beziehung zu den Tieren nicht ausreichend habe stabilisieren können, weswegen sie bei der Kontrolle am 23. Februar 2021 nicht hinreichend auf ihn gehört hätten. Die geriatrischen Erscheinungen des alten Mischlingsrüden würden zugestanden. Es treffe generell zu, dass über einen gewissen Zeitraum eine Vernachlässigung der Hunde vorliege. Der Kläger habe in der Zeit, in der er seine Verpflichtungen nicht habe erfüllen können, drei verschiedene Personen mit einzelnen dieser Verpflichtungen beauftragt, weswegen zu prüfen sei, ob er dadurch entlastet sei. Der gegenständliche Bescheid stelle zwar fest, dass nicht alle Hunde betroffen seien, erkläre jedoch ohne weitere Begründung, die Fortnahme aller Hunde sei erforderlich. Der Kläger halte seit 40 Jahren Rinder in Freilandhaltung unter Einsatz von Hütehunden. Eine so große Anzahl an Hunden wie im fraglichen Zeitraum habe es nie gegeben, ebensowenig wie Unterbringungsmängel. Nr. 3 des Bescheids verstoße gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, da der Kläger für den Betrieb seiner Landwirtschaft (Rinderherde) auf drei Hütehunde angewiesen sei. Auch die Anordnung der Sterilisierung sei unverhältnismäßig, da der Kläger nie die Absicht der planmäßigen Zucht gehabt habe.
12
Das Landratsamt führte mit Schreiben vom 11. Januar 2022 aus, hinsichtlich des Vortrags zu Nr. 5 sei dem Kläger in Nr. 6 des Bescheids die Möglichkeit gegeben worden, geeignete Personen mit Kaufinteresse zu benennen. Der Bescheid vom 12. April 2021 sei per Postzustellungsurkunde am 17. April 2021 zugestellt worden. Es sei keine ausreichende Beseitigung der Missstände durch den Kläger erfolgt. Die Scheu der Hunde sei nicht artgerecht. Es werde kein wesentlicher Unterschied zwischen scheuem und ängstlichem Verhalten gesehen; die Eignung solcher Hunde als Wachhunde sei fraglich. Geriatrische Beschwerden könnten zumindest verlangsamt werden. Der Kläger lege dar, dass er keine stabile Beziehung zu seinen Hunden gehabt habe, womit die Annahme von Sozialisierungsmängeln der Hunde bestätigt werde. Der Kläger habe im November 2020 17 Hunde gehalten. Bereits 2009 habe der Kläger 17 Hunde gehalten. Auch zu diesem Zeitpunkt hätten ähnliche Verstöße gegen das Tierschutzgesetz hinsichtlich der Haltungsbedingungen bestanden (hierzu Aktenvorlage, BA Band III). Bereits in der Vergangenheit habe der Kläger Maßnahmen bezüglich seiner Hundehaltung immer nur nach mehrmaliger Aufforderung umgesetzt, womit nicht davon ausgegangen werden könne, dass sich der Kläger um die Beseitigung der Mängel bemühe. Es gebe keine belegbaren Zahlen dazu, wie viele Hütehunde für eine Rinderherde dieser Größenordnung benötigt würden.
13
Mit (Änderungs-)Bescheid vom 18. August 2022 wurde der gegenständliche Bescheid dahingehend geändert, dass die Reduzierung des Hundebestands des Klägers auf drei nicht zeugungsfähige bzw. nicht tragfähige Hunde bis zum 30. November 2022 aufgenommen wurde. Erforderliche Untersuchungen seiner Rinder könnten andernfalls nicht durchgeführt werden. Die Hunde würden daneben zur Reduzierung des Rinderbestands auf 15 Rinder benötigt. Eine Sterilisation bzw. Kastration sei bei diesen Hunden nicht sinnvoll, da diese nach dem Eingriff für mehrere Wochen nicht belastbar seien. Es sei eine Läufigkeitsunterdrückung vor der Rückgabe der Hunde an den Kläger durchzuführen. Es erging ein weiterer Änderungsbescheid vom 1. Dezember 2022 zur Aufnahme einer Fristverlängerung bis zum 28. Februar 2023. Die überfälligen Rinder-Untersuchungen hätten noch nicht abgeschlossen werden können. Am 28. November 2022 habe eine behördliche Nachschau in … stattgefunden. Es seien keine Auffälligkeiten bezüglich der drei Hunde festgestellt worden.
14
Mit erneutem Änderungsbescheid vom 16. Februar 2023 wurde der gegenständliche Bescheid dahingehend geändert, dass der Kläger ab dem 1. März 2023 dauerhaft drei nicht zeugungsfähige bzw. nicht tragfähige Hunde in seiner Obhut halten könne. Da es bezüglich der Haltung der drei Hunde aus tierschutzrechtlicher Sicht keine relevanten Beanstandungen gegeben habe, erscheine dies gerechtfertigt. Eine medikamentöse Läufigkeitsunterdrückung sei dabei nicht ausreichend.
15
Mit Zwischengerichtsbescheid des Verwaltungsgerichts Bayreuth vom 12. Oktober 2021 wurde festgestellt, dass die Klage zulässig ist.
16
Alle Änderungsbescheide wurden seitens der Klägerbevollmächtigten zum Gegenstand des Verfahrens gemacht.
17
Auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 6. Juni 2023 wird verwiesen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird gemäß § 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Behördenakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
18
Die teilweise zulässige Klage hat keinen Erfolg.
19
1. Soweit sich die Klage auch gegen Nr. 9 des Bescheids wendet, ist diese unstatthaft. Nr. 9 des Bescheids stellt keinen Verwaltungsakt nach Art. 35 Satz 1 Bayerisches Verwaltungsverfahrensgesetz (BayVwVfG) dar, sondern ist eine verfahrensrechtliche Nebenentscheidung zum Hauptverwaltungsakt, die rechtliche Aussagen zum Zeitpunkt der Wirksamkeit des Verwaltungsaktes trifft. Rechtsschutz gegen die erfolgte Anordnung der sofortigen Vollziehung richtet sich daher ausschließlich nach § 80 Abs. 5 VwGO und ist nicht im Rahmen eines Klageverfahrens zu gewähren (vgl. hierzu Schmidt in Eyermann, Verwaltungsgerichtsordnung, 14. Auflage 2014, § 80 Rn. 33 m.w.N; Schoch in Schoch/Schneider/Bier, Verwaltungsgerichtsordnung, Stand: 36. EL Februar 2019, § 80 Rn. 199 m.w.N.).
20
2. Die Klage auf Aufhebung des Bescheids vom 12. April 2021 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 16. Februar 2023 ist unbegründet. Die Anordnung der Duldung der Fortnahme der im Bescheid genannten, in Obhut des Klägers befindlichen Hunde mit Unterbringung im Tierheim S. auf seine Kosten (b.) sowie von deren Veräußerung bei Gewährung der Benennung von Kaufinteressenten (c.), die Reduzierung des Hundebestands des Klägers auf drei nicht zeugungs- bzw. nicht tragfähige Hunde unter Zwangsgeldandrohung (d.) sowie die Verpflichtung zur Duldung des Betretens seines Anwesens unter Androhung der Anwendung unmittelbaren Zwangs (e.) erweisen sich als rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
21
a. Wie in der mündlichen Verhandlung konkretisiert wurde, richtet sich die Klage auf Aufhebung des Bescheids vom 12. April 2021 in Gestalt des Änderungsbescheids vom 16. Februar 2023.
22
b. Die Anordnung der Duldung der Fortnahme aller in der Obhut des Klägers befindlichen Hunde mit Ausnahme der in Nr. 3 des Bescheids genannten Hunde (Nr. 1 des Bescheids), mit der Folge der Kostentragung der anderweitigen Unterbringung der Tiere im Tierheim S. in Nr. 2 des Bescheids ist rechtmäßig. Notwendige Maßnahme bei Fortnahme und Sicherstellung von Tieren ist deren pflegliche Unterbringung auf Kosten des Tierhalters (VG Berlin, U.v. 19.8.2014 – 24 K 406.12 – juris LS). Die Kostentragungspflicht durch den betroffenen Tierhalter ist in der gesetzlichen Regelung des § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Halbs. 1 Tierschutzgesetz (TierSchG) vorgesehen. So können Kosten für Hin- und Rücktransport, für Ernährung, Pflege und Unterbringung sowie für medizinisch indizierte tierärztliche Behandlungs- und Prophylaxemaßnahmen verlangt werden (Hirt, in Hirt/Maisack/Moritz/Felde, TierSchG, 4. Aufl. 2023, § 16a Rn. 39). Ihre Rechtsgrundlage findet die Fortnahme bzw. die diesbezügliche Duldungsanordnung in § 16a Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Nr. 2 TierSchG. Jene Voraussetzungen liegen vor.
23
aa. Eine erhebliche Vernachlässigung sowie schwerwiegende Verhaltensstörungen i.S.d. § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 TierSchG ist in Bezug auf die betroffenen Hunde feststellbar. Nach § 16a Abs. 1 Satz 1 TierSchG trifft die zuständige Behörde die zur Beseitigung festgestellter Verstöße und die zur Verhütung künftiger Verstöße notwendigen Anordnungen. Nach § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Halbs. 1 TierSchG kann die Behörde insbesondere ein Tier, das nach dem Gutachten des beamteten Tierarztes mangels Erfüllung der Anforderungen des § 2 TierSchG erheblich vernachlässigt ist oder schwerwiegende Verhaltensstörungen aufzeigt, dem Halter fortnehmen und so lange auf dessen Kosten anderweitig pfleglich unterbringen, bis eine den Anforderungen des § 2 TierSchG entsprechende Haltung des Tieres durch den Halter sichergestellt ist. Nach § 2 TierSchG muss, wer ein Tier hält, betreut oder zu betreuen hat, dieses seiner Art und seinen Bedürfnissen entsprechend angemessen ernähren, pflegen und verhaltensgerecht unterbringen (Nr. 1), darf die Möglichkeit des Tieres zu artgemäßer Bewegung nicht so einschränken, dass ihm Schmerzen oder vermeidbare Leiden oder Schäden zugefügt werden (Nr. 2) und muss über die für eine angemessene Ernährung, Pflege und verhaltensgerechte Unterbringung des Tieres erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten verfügen (Nr. 3). Eine schwerwiegende Verhaltensstörung liegt vor, wenn das Verhalten hinsichtlich Modalität, Intensität oder Frequenz eine dauernde Abweichung vom Normalverhalten zeigt (Metzger, in Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, TierSchG, Stand August 2022, § 16a Rn. 16). Von einer erheblichen Vernachlässigung im Sinne von § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 TierSchG ist auszugehen, wenn die Bedingungen, unter denen das jeweilige Tier gehalten wird, erheblich hinter dem Standard zurückbleiben, der durch § 2 TierSchG und die zu dessen Konkretisierung erlassenen Bestimmungen vorgegeben ist (VG Düsseldorf, B.v. 18.10.2016 – 23 L 1756/16 – juris Rn. 36). Eine erhebliche Vernachlässigung kann auch in einer Gefährdung der Tiere liegen, ohne dass es bereits zu Schmerzen, Leiden oder Schäden bei den vernachlässigten Tieren gekommen sein muss (vgl. Hirt, in Hirt/Maisack/Moritz/Felde, TierSchG, § 16a Rn. 22, m.w.N.).
24
Bei der Frage, ob die Anforderungen des § 2 TierSchG erfüllt sind, kommt dem beamteten Tierarzt eine vorrangige Beurteilungskompetenz zu (vgl. BayVGH, B.v. 25.9.2020 – 23 ZB 20.1254 – juris Rn. 37; B.v. 14.7.2020 – 23 CS 20.1087 – juris Rn. 7; B.v. 9.11.2018 – 9 CS 18.1002 – juris Rn. 7; B.v. 31.1.2017 – 9 CS 16.2021 – juris Rn. 15; Metzger in Lorz/Metzger, TierSchG, 7. Aufl. 2019, § 15 Rn. 19 u. § 16a Rn. 41). Dabei sind insbesondere in formeller Hinsicht an das Gutachten des beamteten Tierarztes, sofern es inhaltlich nachvollziehbar ist, keine allzu hohen Anforderungen zu stellen. Bereits ein Aktenvermerk kann ausreichen. Es ist rechtlich unbedenklich, wenn das Gutachten des beamteten Tierarztes erst nach der Wegnahme der Tiere aktenkundig gemacht wurde, wenn der Tierarzt bei der Wegnahme anwesend war und somit die Wegnahme auf der Grundlage der fachlichen Einschätzung des Amtsveterinärs erfolgte. Die Feststellungen in einem amtstierärztlichen Gutachten können nicht schon durch pauschales Bestreiten oder unsubstantiierte gegenteilige Behauptungen erschüttert werden (vgl. Hirt, in Hirt/Maisack/Moritz/Felde, TierSchG, § 16a Rn. 23, m.w.N.).
25
Gemessen an diesen Grundsätzen sind das Vorliegen einer erheblichen Vernachlässigung und einer schwerwiegenden Verhaltensstörung der betroffenen Hunde im Zeitpunkt des Bescheiderlasses am 12. April 2021 zu bejahen. Von der Richtigkeit der getroffenen amtstierärztlichen Feststellungen ist auszugehen, da diese für das Gericht – auch in der durchgeführten mündlichen Verhandlung – schlüssig und plausibel dargelegt wurden und vom Kläger nicht substantiiert in Zweifel gezogen werden konnten. Vielmehr wurde mit Schreiben seiner Bevollmächtigten vom 29. Oktober 2021 eine Vernachlässigung der Hunde über einen gewissen Zeitraum zugestanden. Auch in der mündlichen Verhandlung wurde klägerseits geäußert, dass die Hundehaltung zum Zeitpunkt der Fortnahme im April 2021 nicht in Ordnung war. Die Feststellungen des Landratsamts zu den Defiziten bei der Hundehaltung des Klägers werden durch die Aktenlage gestützt und sind zum Teil auch durch Lichtbilder (insb. BA, Bl. 2 ff., 13 ff., 58 ff.) belegt.
26
Die Fortnahme erfolgte insbesondere aufgrund zweier amtstierärztlicher Anlasskontrollen am Klägeranwesen am 27. November 2020 (Formblatt Dokumentation Tierschutzkontrolle BA Band I, Bl. 10 f.) sowie am 30. November 2020 (Formblatt Dokumentation Tierschutzkontrolle BA Band I, Bl. 7 ff.). Weitere angemeldete Anlasskontrollen fanden am 23. Februar 2021 (Formblatt Dokumentation Tierschutzkontrolle BA Band I, Bl. 53 f., 57 f.) sowie am 31. März 2021 (Formblatt Dokumentation Tierschutzkontrolle BA Band I, Bl. 114 f.)*statt. Zu weiteren versuchten Kontrollterminen (vgl. BA Bl. 100 ff.) war der Kläger nicht an seinem Anwesen anzutreffen. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird zu den tatsächlichen Feststellungen der Zustände im Rahmen der klägerischen Hundehaltung (17 Hunde im November 2020) im Zeitpunkt der Kontrollen auf die diesbezüglichen Ausführungen im gegenständlichen Bescheid verwiesen. Zusammenfassend wurden diverse hygienische Mängel der nicht ausreichend gegen Verletzungen gesicherten Unterbringungen der Hunde sowie scheues bis ängstliches Verhalten der Hunde gegenüber Menschen festgestellt. Des Weiteren erhielten die Hunde demnach – sei es durch den Kläger selbst oder durch von ihm in seiner Abwesenheit mit der Fürsorge für die Hunde beauftragte Personen – über einen längeren Zeitraum nicht ausreichend Auslauf. Zudem existierten nach den Feststellungen der Amtsveterinäre keine Rückzugsmöglichkeiten, z.B. für läufige Hündinnen bzw. für den Kuhhundrüden aufgrund rangniederer Stellung.
27
Damit ergeben sich Verstöße gegen § 2 Nr. 1 TierSchG hinsichtlich der Pflege der Tiere einschließlich Gesundheitsfürsorge (vgl. Hirt, in Hirt/Maisack/Moritz/Felde, TierSchG, 4. Auflage 2023, § 2 Rn. 23) und angemessener Unterbringung. Hervorzuheben ist insoweit auch der Verstoß durch die Zusammenfassung besonders großer Tierbestände auf engem Raum. Der Halter ist bei einer derartigen Anzahl von ihm gehaltener Tiere nicht mehr in der Lage, dem einzelnen Tier die erforderliche Pflege und Betreuung zukommen zu lassen (vgl. VG Würzburg, U.v. 12.3.2009 – W 5 K 08.799 – juris Rn. 21). Das Gesetz fordert aber Pflege, Überwachung und Betreuung des Einzeltieres, insbesondere auch des schwächsten (Hirt, in Hirt/Maisack/Moritz/Felde, TierSchG, 4. Auflage 2023, § 2 Rn. 29 m.w.N.). Des Weiteren ergeben sich Verstöße gegen § 2 Nr. 2 TierSchG durch die Einschränkung des freien Auslaufs der Hunde als artgemäße Bewegung. Der Kläger hat die Ausführungen des Landratsamts im gegenständlichen Bescheid, wonach er zugegeben habe, Probleme damit zu haben, seinen Hunden einen kontrollierten Auslauf zu gewähren, nicht bestritten. Insbesondere während seines mehrwöchigen Krankenhausaufenthalts im November 2020 hatten die Hunde keinerlei Auslauf erhalten. Durch den fehlenden Auslauf konnten die Hunde u.a. über längere Zeiträume ihrem artgemäßen Ausscheidungsverhalten nur innerhalb ihrer Unterbringung nachkommen, wobei die Ausscheidungen nur unregelmäßig entfernt wurden, wodurch den Hunden jedenfalls vermeidbare – d.h. ohne vernünftigen Grund (Hirt, in Hirt/Maisack/Moritz/Felde, TierSchG, 4. Aufl. 2023, § 2 Rn. 48) – Leiden zugefügt wurden. Dabei kann auch ohne äußerlich wahrnehmbare Indizien bereits das bloße Ausmaß einer Verhaltenseinschränkung den Schluss auf tierisches Leid zulassen (so VG Regensburg, U.v. 22.1.2019 – RN 4 K 17.306 – juris Rn. 49 unter Verweis auf BayVGH, B.v. 27.4.2004 – 25 CS 04.1010 – juris Rn. 3 m.w.N.). Eine erhebliche Vernachlässigung der Hunde ist mithin gegeben.
28
Das scheue bis ängstliche Verhalten der Hunde gegenüber den kontrollierenden Personen bei den Kontrollterminen zeigt nach den Feststellungen der Amtsveterinäre erhebliche Sozialisierungsmängel der Hunde, worin Abweichungen vom Normalverhalten der Tiere und damit Verhaltensstörungen liegen. Nicht einmal der Kläger selbst hat nach den übereinstimmenden Schilderungen der Beteiligten ausreichend Einwirkungsmöglichkeiten auf seine Hunde, was u.a. der Biss einer seiner Hündinnen beim Versuch des Anleinens durch den Kläger bei der Kontrolle am 31. März 2021 zeigte. Aufgrund der anhaltenden Dauer (Dokumentationen der Kontrollen 2020/2021 sowie einzelne Vermerke hierzu bereits von 2009, vgl. digitale Akte „Goetze_Anlage“, Bl. 1, 8) jener Mängel bei einer Vielzahl der Hunde sind diese als schwerwiegend einzuordnen. Der Argumentation der Klägerbevollmächtigten mit Schreiben vom 29. Oktober 2021, wonach das scheue Verhalten bei Arbeitshunden wie den gegenständlichen Hunden erwünscht und artgerecht sei, kann hingegen nicht gefolgt werden. Dem stehen bereits die Feststellungen des Amtsveterinärs (siehe Stellungnahme vom 26. Februar 2021, BA Band I, Bl. 74 ff., vgl. auch Bl. 113 ff.), dem wie ausgeführt eine vorrangige Beurteilungskompetenz zukommt, entgegen, wonach bei der Kontrolle offensichtlich gewesen sei, dass die Hunde nahezu durchgehend unzureichend gegenüber menschlichen Bezugspersonen sozialisiert gewesen seien. Dies zeige sich auch in der sehr begrenzten Einflussnahmemöglichkeit des Klägers auf die Tiere. Dieser Sachverhalt mache deutlich, dass der Kläger mit der Haltung seiner Hunde in dem derzeitigen Umfang klar überfordert sei. Jene Feststellungen konnten durch das klägerische Vorbringen nicht erschüttert werden. Eine einzelne Verhaltensstörung reicht zur Verwirklichung des Tatbestands bereits aus (Hirt, in Hirt/Maisack/Moritz/Felde, TierSchG, 4. Auflage 2023, § 16a Rn. 22), womit dahinstehen kann, ob die Treiberhündinnen die Rinder des Klägers bei der Kontrolle am 23. Februar 2021 gebissen hatten.
29
Ohne dass es hierauf für die Voraussetzungen des § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 TierSchG ankommt, wurden im Rahmen einer tierärztlichen Begutachtung der klägerischen Hunde am 26. Februar 2021 darüber hinaus bereits Auffälligkeiten (geriatrische Erscheinungen des 13-jährigen Mischlingsrüden, Lahmheit des Kuhhundrüden) festgestellt, die auf das Vorliegen von Schmerzen und Leiden hindeuten. Die daraufhin verfügte Vorlage einer tierärztlichen Bescheinigung einer medizinischen Versorgung (vgl. BA Band I, Bl. 76 ff.) erfolgte nicht.
30
bb. Es sind keine Ermessensfehler ersichtlich. Nach § 16a Abs. 1 Satz 1 TierSchG trifft die Behörde die zur Beseitigung festgestellter und zur Verhütung künftiger Verstöße notwendigen Anordnungen. Der Wortlaut dieser Norm spricht dafür, dass der Behörde kein Entschließungsermessen zusteht, sondern dass sie bei festgestellten oder drohenden Verstößen gegen das Tierschutzgesetz nicht untätig bleiben darf, sondern einschreiten muss. Das „Wie“ des Einschreitens, d.h. die Wahl der konkreten Maßnahmen, steht dabei im Ermessen der Behörde. Ihr Auswahlermessen wird durch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geleitet und beschränkt (OVG Lüneburg, U.v. 8.11.2018 – 11 LB 34/18 – juris Rn. 57 m.w.N.).
31
cc. Auch im Rahmen der Verhältnismäßigkeit der Maßnahme ergeben sich keine rechtlichen Bedenken.
32
Die Fortnahme setzt dabei grundsätzlich nicht voraus, dass an den Halter vorher Anordnungen nach § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TierSchG zur Herstellung einer tierschutzkonformen Haltung ergangen sind (vgl. BayVGH, B.v. 22.9.2009 – 9 CS 08.2859 – juris Rn. 4). Trotzdem wies das Landratsamt den Kläger mit Schreiben vom 10. Dezember 2020 (BA Band I, Bl. 24 f.) auf rechtliche Vorgaben der Hundehaltung hin und setzte ihm eine Frist zur Abhilfe. Bei Nachkontrollen war jedoch keine ausreichende Beseitigung der tierschutzwidrigen Zustände erfolgt. Mit weiterem Schreiben vom 24. März 2021 (BA Band I, Bl. 110 ff.) wurde der Kläger zu den beabsichtigten Maßnahmen angehört. Auch wurde mit Schreiben vom 26. Mai 2021 (BA Band I, Bl. 165 f.) eine Fristverlängerung für die Sicherstellung der im gegenständlichen Bescheid angeordneten Auflagen gewährt, deren Erfüllung die Bedingung für eine Rückkehr von Hunden auf das Klägeranwesen darstellte. Innerhalb dieser Frist erfolgte keinerlei Rückmeldung seitens des Klägers (vgl. E-Mail vom 23. Juni 2021, BA Band I, Bl. 173).
33
Die Fortnahme aller zu diesem Zeitpunkt noch in der Obhut des Klägers befindlichen Tiere führt zu keiner anderen Beurteilung. Auch wenn nur einige Tiere eines Bestandes vernachlässigt sind, ist es im Interesse eines wirksamen Tierschutzes möglich, dem Halter alle Tiere wegzunehmen (Hirt, in Hirt/Maisack/Moritz/Felde, TierSchG, 4. Auflage 2023, § 16a Rn. 22 m.w.N. aus der Rechtsprechung). Jedenfalls in der Gesamtbetrachtung ergibt sich eine Vielzahl von nach ihrer Art gewichtigen Verstößen, welche die Voraussetzungen des § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 TierSchG erfüllen. So konnte es nicht hingenommen werden, auch nur einen reduzierten Bestand an Hunden im – wie festgestellt – tierschutzwidrigen Umfeld des Klägeranwesens zu belassen. Vielmehr war es angemessen, jenen reduzierten Tierbestand dem Kläger erst nach nachgewiesener Herstellung tierschutzgemäßer Zustände zurückzugeben.
34
Die Ausführungen des Klägers, die Hunde als Wach- und Hütehunde für seine Rinderherde zu benötigen, führen nicht dazu, dass über die tierschutzwidrigen Haltungsbedingungen hinweggesehen werden kann. Ebensowenig entbindet den Kläger die dargelegte Abwesenheit aufgrund eines Krankenhausaufenthalts von 9. bis 30. November 2020 von seinen Pflichten als Tierhalter. Auch im Rahmen der Beauftragung Dritter mit der Fürsorge für die Tiere muss eine vollumfängliche Einhaltung tierschutzgemäßer Zustände sichergestellt werden; ein bloßes Bemühen des Klägers um Ersatz genügt mithin nicht und kann nicht, wie von der Klägerbevollmächtigten mit Schreiben vom 29. Oktober 2021 vorgetragen, zur Entlastung des Klägers führen. Zudem gilt es hier zu berücksichtigen, dass selbst dem Kläger nach den amtstierärztlichen Feststellungen nur eine beschränkte Einflussnahme auf seine Hunde möglich zu sein scheint. Das Vorbringen seitens des Klägers, zwischenzeitlich tierschutzgemäße Zustände hergestellt zu haben, führt ebenfalls zu keiner anderen Einschätzung. Maßgeblich ist der Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung zur Fortnahme der Tiere, zu dem wie ausgeführt eine Vernachlässigung der Tiere sogar zugestanden wurde.
35
Soweit die Klägerbevollmächtigte die vorgefundene Situation am Klägeranwesen 2020/2021 hinsichtlich dessen Hundehaltung als „Ausreißer“ in dessen langjähriger Tierhaltung bezeichnet, ist anzuführen, dass es sich um keinen einmaligen Zustand handelte, sondern zwischen den einzelnen Kontrollen seit Ende 2020 keine ausreichende Beseitigung der festgestellten Verstöße erfolgte. Zudem ist anzumerken, dass das Landratsamt mit Schreiben vom 11. Januar 2022 darlegte, dass bereits Ende 2009/Anfang 2010 17 Hunde vom Kläger gehalten wurden und ähnliche Bemängelungen bezüglich der Einhaltung der Vorgaben des Tierschutzgesetzes hinsichtlich der Haltungsbedingungen vorlagen (vgl. digitale BA „Goetze_Anlage“). Dem Kläger seien damals bis März 2011 immer wieder Fristen zur Behebung von Mängeln hinsichtlich seiner Hundehaltung gewährt worden.
36
c. Die Anordnung der Duldung der endgültigen Fortnahme und Veräußerung der fortgenommenen Tiere nach Nr. 5 (mit Ausnahme der Tiere nach Nr. 3) des Bescheids unter Gewährung der Benennung von Kaufinteressenten (Nr. 6) erging rechtmäßig.
37
Nach § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 TierSchG kann die zuständige Behörde ein fortgenommenes Tier veräußern, wenn eine anderweitige Unterbringung des Tieres nicht möglich ist oder nach Fristsetzung eine den Anforderungen des § 2 TierSchG entsprechende Haltung durch den Halter nicht sicherzustellen ist. Im maßgeblichen Zeitpunkt der Fortnahme der Tiere im April 2021 war eine dem § 2 TierSchG entsprechende Haltung durch den Kläger nicht sichergestellt, was von ihm auch größtenteils zugestanden wird. Der Kläger befand sich von 27. April 2021 bis zum 12. Mai 2021 in einer Bezirksklinik und konnte sich allein deshalb nicht um die Beseitigung der – wie festgestellt – tierschutzwidrigen Zustände auf seinem Anwesen kümmern. Wegen der für sofort vollziehbar (Nr. 9) erklärten Bestandsreduzierung in Nr. 3 des Bescheids ist eine Fristsetzung hier ausnahmsweise entbehrlich (vgl. BayVGH, B.v. 31.1.2017 – 9 C 16.2022 – juris Rn. 17 in Bezug auf ein Tierhaltungsverbot; B.v. 27.4.2004 – 25 CS 04.2360 – juris Rn. 3; VGH BW, B.v. 17.3.2005 – 1 S 381/05 – juris Rn. 14). Gleiches gilt, weil ein zeitnahes ordnungsgemäßes Verhalten des Tierhalters hier nicht zu erwarten war (vgl. Metzger in Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Stand Sept. 2016, § 16a TierSchG Rn. 12; Hirt/Maisack/Moritz, TierSchG, 3. Aufl. 2016, § 16a Rn. 33). Angesichts der in den amtstierärztlichen Gutachten festgestellten massiven Verstößen gegen § 2 TierSchG sowie der gesundheitlichen Situation des Klägers war nicht damit zu rechnen, dass dieser die Voraussetzungen für eine artgerechte Haltung von 17 Hunden herstellen könnte. Eine Möglichkeit zur anderweitigen Unterbringung der Hunde auf Kosten des Halters als milderes Mittel gegenüber der Veräußerung war im Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung nicht ersichtlich (vgl. VG Bremen, U.v. 27.10.2022 – 5 K 75/20 – juris Rn. 37). Die Fortnahmeanordnung wurde in Nr. 9 des gegenständlichen Bescheids für sofort vollziehbar erklärt (vgl. Hirt, in Hirt/Maisack/Moritz/Felde, Tierschutzgesetz, § 16a Rn. 33a; VG Augsburg, B.v. 6.6.2017 – Au 1 S 17.645 – juris Rn. 44).
38
Soweit im gegenständlichen Bescheid in den Gründen zu Nr. 5 (S. 19 f. des Bescheids) Auflagen zur Herstellung tierschutzgemäßer Zustände genannt werden, die der Kläger zu erfüllen hat, damit ihm die in Nr. 3 genannten Hunde zurückgegeben werden, begegnen diese keinen rechtlichen Bedenken. Im Übrigen führte die Bevollmächtigte des Klägers mit Schreiben vom 29. Oktober 2021 aus, dass sich der Kläger bereit erklärt habe, jene Auflagen durchzuführen und damit die Verhängung jener Auflagen nicht mehr angefochten werde.
39
Ermessensfehler sind nicht ersichtlich.
40
Auch erweist sich die Bestimmung als verhältnismäßig. Die in der Veräußerungsanordnung liegende Beeinträchtigung des Eigentums des Tierhalters hält sich angesichts des Staatsziels Tierschutz, Art. 20a GG, im Rahmen der von Art. 14 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 GG gezogenen Schranken und Begrenzungen (BayVGH, B.v. 13.11.2020 – 23 CS 20.2354 – juris Rn. 19; Hirt in Hirt/Maisack/Moritz/Felde, Tierschutzgesetz, § 16a Rn. 33a). Zudem ist die Anordnung in Nr. 5 des Bescheids im Zusammenspiel mit Nr. 6 des Bescheids zu betrachten, wonach der Kläger verpflichtet wurde, bis zum 30. April 2021 geeignete Personen mit Kaufinteresse zu benennen. Es war dem Kläger mithin möglich, auf den Verbleib der Hunde bzw. den zu erzielenden Kaufpreis einzuwirken, wovon der Kläger keinen Gebrauch gemacht hat. Die Mitteilung an das Tierheim mit Schreiben vom 26. Mai 2021 (BA Band I, Bl. 166) mit der Freigabe zur Veräußerung der Tiere war angesichts der mit jedem Tag der Unterbringung steigenden Kosten erforderlich. Die drei Hündinnen, an denen der Kläger ein Rückholungsinteresse bekundet hatte, wurden dabei ausgenommen.
41
d. Auch die Anordnung der dauerhaften Reduzierung des klägerischen Hundebestands auf maximal drei nicht zeugungsfähige bzw. nicht tragfähige Hunde ab dem 1. März 2023 in Nr. 3 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 16. Februar 2023 unter Androhung eines Zwangsgeldes im Falle der Zuwiderhandlung in Nr. 4 des Bescheids (in der Fassung der Nr. 2 des Änderungsbescheids vom 16. Februar 2023) erweist sich als rechtmäßig.
42
aa. Die Voraussetzungen der Rechtsgrundlage für die Anordnung der Bestandsreduzierung § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TierSchG (so BayVGH, B.v. 4.7.2019 – 23 CS 19.754 – juris Rn. 5) sind gegeben. Hiernach kann die Behörde im Einzelfall die zur Erfüllung der Anforderungen des § 2 TierSchG erforderlichen Maßnahmen anordnen. Wie unter 2.b.aa ausgeführt, lagen zum maßgeblichen Zeitpunkt Verstöße gegen § 2 TierSchG in der Hundehaltung des Klägers vor. Darüber hinaus liegen auch die strengeren Voraussetzungen von § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TierSchG vor, womit dahinstehen kann, auf welche Nr. des § 16a Abs. 1 Satz 2 TierSchG die Maßnahmen zu stützen ist. So sind, wie ebenfalls unter 2.b.aa ausgeführt, bei einer tierärztlichen Untersuchung am 26. Februar 2021 geriatrische Erscheinungen bei einem 13-jährigen Mischlingsrüden sowie Lahmheit des Kuhhundrüden festgestellt worden, welche in der Folge trotz behördlicher Anordnung nicht tierärztlich behandelt wurden und zu Schmerzen bei den Tieren führten (vgl. u.a. BA Band I, Bl. 74 ff.). Mithin liegen länger anhaltende Schmerzen vor. Im Übrigen bedarf es in den Fällen, in denen die Haltungsbedingungen als solche geeignet sind, Tieren erhebliche Leiden zuzufügen, regelmäßig keiner weiteren Feststellung, dass die Gesundheit der Tiere durch die Haltungsbedingungen bereits Schaden genommen hat (BayVGH, B.v. 1.4.2021 – 23 ZB 21.297 – juris Rn. 15), womit nicht maßgeblich ist, ob alle Hunde bereits von Schmerzen bzw. Leiden betroffen waren. Auch ergibt sich im Rahmen einer insoweit vorzunehmenden Prognose die gerechtfertigte Annahme, dass der Kläger weiterhin derartige Zuwiderhandlungen begehen wird. So wurden ähnliche behördliche Anordnungen zur Hundehaltung bereits 2009/2010 wenn überhaupt nur zögerlich umgesetzt und insbesondere die behördlichen Anordnungen von Ende 2020/Anfang 2021 kaum, was im Rahmen der Nachkontrollen Anfang 2021 verifiziert wurde. Zu berücksichtigen bleibt in diesem Zusammenhang ebenfalls der wechselhafte gesundheitliche Zustand des Klägers, der in den letzten Jahren zu mehrwöchigen Abwesenheiten geführt hatte, ohne dass die tierschutzrechtlichen Verpflichtungen ausreichend von Dritten wahrgenommen wurden.
43
Die Anordnung der quartalsweisen Vorstellung der dem Kläger belassenen Hunde unter Vorlagepflicht einer tierärztlichen Bescheinigung dient dabei der Sicherstellung der zukünftigen Einhaltung der tierschutzrechtlichen Bestimmungen.
44
Es ergeben sich insoweit keine Bedenken im Rahmen der Verhältnismäßigkeit der Anordnung, insbesondere da gerade kein sofortiges generelles Hundehaltungsverbot verfügt wurde, sondern nach der Beseitigung der tierschutzwidrigen Zustände die Rückkehr von einzelnen Hunden zum Kläger ermöglicht wurde. Vielmehr kam das Landratsamt dem Kläger aufgrund dessen Argumentation zur Erforderlichkeit des Einsatzes von drei statt zwei Hunden zur Betreuung seiner Rinderherde durch die Erhöhung der Hundeanzahl entgegen.
45
bb. Die vom Kläger angegriffene Anordnung der Sterilisation der ihm dauerhaft belassenen Hündinnen ist nicht zu beanstanden (vgl. BayVGH, B.v. 29.12.1999 – 25 ZS 99.3660 – juris Rn. 4; VG München, B.v. 30.1.2008 – M 18 S 07.4940 – juris Rn. 50; VG Würzburg, B.v. 30.11.1999 – W 5 S 99.1390 – juris Rn. 51 ff.); das Landratsamt muss sich nicht auf die Anordnung einer Läufigkeitsunterdrückung beschränken. Zu Recht hat das Landratsamt auch diese Maßnahme auf § 16 a Satz 2 Nr. 1 i.V.m. § 2 TierSchG gestützt (vgl. BayVGH, B.v. 29.12.1999 – 25 ZS 99.3660 – juris Rn. 4).
46
Die Anzahl der zu betreuenden Hunde überforderte den Kläger – wie ausgeführt – offensichtlich, so dass eine Begrenzung der Anzahl der Tiere erforderlich war. Die Anordnung der Sterilisation der verbleibenden weiblichen Tiere war geboten, um eine Ausweitung des Tierbestands zu unterbinden (VG München, B.v. 30.1.2008 – M 18 S 07.4940 – juris Rn 50). Das klägerische Vorbringen, die Nachzuchtmöglichkeit für die seltenen Kuhhunde, welche besondere Verhaltensmuster im Rahmen der Rinderhaltung innehätten, seien unbedingt für seinen Nachfolger in der Rinderhaltung zu erhalten, führt zu keiner anderen Beurteilung. Zunächst steht nicht fest, ob jener offenbar noch nicht bestimmte Nachfolger an der Haltung der Kuhhunde überhaupt Interesse hätte. Des Weiteren kann eine derartige Argumentation das festgestellte Vorliegen der tierschutzwidrigen Zustände in der Hundehaltung des Klägers nicht überwiegen. Die mehrfache uferlose Vermehrung seines Hundebestands zeigt – wie das Landratsamt zu Recht anführt – dass die bisher nach klägerischem Vorbringen vorgenommene Läufigkeitsunterdrückung nicht ausreichend effektiv war. Das Vorbringen des Klägers, während seiner krankheitsbedingten Abwesenheit habe er eine Trennung der Hunde nicht verhindern können, womit es zur Fortpflanzung gekommen sei, kann dies nicht entkräften, da angesichts der Krankengeschichte des Klägers nicht davon ausgegangen werden kann, dass er zukünftig ununterbrochen vor Ort sein wird. Da der Kläger selbst vorträgt, an einer Zucht der Hunde kein Interesse zu haben, erscheint sein Vorbringen zum Eingriff in das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb fernliegend.
47
cc. Die Androhung des Zwangsgeldes begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Die Androhung von Zwangsgeld in Nr. 2 des Änderungsbescheids vom 16. Februar 2023 in Bezug auf eine dauerhafte Reduzierung des Hundebestands auf drei Hunde ersetzt dabei die Zwangsgeldandrohung im Ursprungsbescheid in Bezug auf die Reduzierung auf zwei Hunde. Wie das Landratsamt im Änderungsbescheid ausführte, dient diese dazu, den Kläger zur Umsetzung der festgelegten Verpflichtungen anzuhalten. Die Zwangsgeldandrohung ist insbesondere nicht zu unbestimmt. Aus der Formulierung ist erkennbar, für welchen Fall der Nichterfüllung einer Handlungs-, Duldungs- oder Unterlassungspflicht ein Zwangsgeld in welcher Höhe droht (VGH BW, U.v. 17.8.1995 – 5 S 71/95 – NVwZ-RR 1996, 612). Die Höhe des festgelegten Zwangsgeldes von 500,00 EUR pro Verstoß gegen die Anordnung der Reduzierung der Hundeanzahl bzw. die Vorlagepflicht bezüglich Nachweisen erscheint ausreichend und angemessen.
48
e. Unabhängig von deren inzwischen eingetretener Erledigung erweisen sich die Anordnungen in den Nrn. 7 und 8 des gegenständlichen Bescheids als rechtmäßig, wonach unter Androhung der Anwendung unmittelbaren Zwangs eine zeitlich definierte Duldungsanordnung hinsichtlich des Betretens des Klägeranwesens erging.
49
Nach § 16 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 TierSchG können durch die zuständigen Personen u.a. Grundstücke und Transportmittel des Auskunftspflichtigen während der Geschäfts- und Betriebszeit betreten, besichtigt und dort zur Dokumentation Bildaufzeichnungen angefertigt werden. Dies gilt nach § 16 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2b TierSchG zur Verhütung dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung auch für Wohnräume des Auskunftspflichtigen; das Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung (Art. 13 des Grundgesetzes) wird insoweit eingeschränkt. Augenscheinlich handelt es sich bei dem Gebäude auf dem Grundstück … in … um kein Wohngebäude des Klägers; hier scheinen ausschließlich Hunde zu leben. Unabhängig davon lägen die strengeren Voraussetzungen auch des § 16 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2b TierSchG durch die festgestellten Verstöße gegen § 2 TierSchG vor. Es handelte sich um eine angekündigte, da mit Bescheid vom 12. April 2021 für den 21. April 2021 um 10 Uhr vormittags verfügte Duldungsanordnung, die der angeordneten Fortnahme der im Bescheid definierten Hunde zur Beendigung tierschutzwidriger Zustände diente. Die Anordnung erging zu Recht umfangreich, da im Vorhinein nicht feststand, wo sich auf dem Anwesen überall Hunde aufhielten. Die Duldungsanordnung begegnet keinen Bedenken hinsichtlich ihrer Verhältnismäßigkeit. Wie ausgeführt war der Kläger bei mehreren behördlichen Kontrollversuchen nicht an seinem Anwesen anzutreffen, die Beendigung der festgestellten tierschutzwidrigen Zustände duldete jedoch keinen weiteren Aufschub, womit die Anordnung der Duldung des Betretens seines Grundstücks erforderlich war.
50
Soweit die Bevollmächtigte des Klägers vortrug, Nr. 7 des gegenständlichen Bescheids gehe ins Leere, da dieser dem Kläger erst nach dem 21. April 2021 zur Kenntnis gelangt sei, ist dem nicht zuzustimmen. Der Bescheid wurde am 17. April 2021 zugestellt (Zustellnachweis, BA Band I, Bl. 132). Mit der Einlegung in den Briefkasten des Klägers gilt das Dokument als zugestellt, Art. 3 Abs. 2 Satz 1 VwZVG i.V.m. § 180 der Zivilprozessordnung (ZPO).
51
Auch die Androhung der Anwendung unmittelbaren Zwangs in Nr. 8 des Bescheids für den Fall, dass der Kläger der Duldungspflicht aus Nr. 7 des Bescheids nicht nachkomme, begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Die Androhung des Zwangsmittels wurde zugestellt, Art. 36 Abs. 7 Satz 1 VwZVG. Die sofortige Vollziehung hinsichtlich der Nr. 7 des Bescheids wurde in dessen Nr. 9 angeordnet. Die Voraussetzungen des Zwangsmittels (Art. 34 VwZVG) lagen vor und begegnen angesichts der geschilderten (tierschutzwidrigen) Umstände keinen Bedenken im Rahmen der Verhältnismäßigkeit.
52
3. Gemäß § 154 Abs. 1 VwGO trägt der Kläger als Unterliegender die Kosten des Verfahrens.
53
4. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.