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OLG München, Hinweisbeschluss v. 01.03.2023 – 27 U 7270/22 e
Titel:

Kein Schadensersatz wegen angeblicher Verwendung unzulässiger Abschalteinrichtungen

Normenkette:
BGB § 826
Leitsätze:
1. Ein Automobilhersteller handelt gegenüber dem Fahrzeugkäufer sittenwidrig, wenn er entsprechend seiner grundlegenden strategischen Entscheidung im eigenen Kosten- und Gewinninteresse unter bewusster Ausnutzung der Arglosigkeit der Erwerber, die die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben und die ordnungsgemäße Durchführung des Typgenehmigungsverfahrens als selbstverständlich voraussetzen, Fahrzeuge mit einer – evident unzulässigen – Motorsteuerung in Verkehr bringt, deren Software bewusst und gewollt so programmiert ist, dass die gesetzlichen Abgasgrenzwerte nur auf dem Prüfstand beachtet, im normalen Fahrbetrieb hingegen überschritten werden, und damit unmittelbar auf die arglistige Täuschung der Typgenehmigungsbehörde abzielt. (Rn. 7) (redaktioneller Leitsatz)
2. Das Kriterium der Prüfstandsbezogenheit ist grundsätzlich geeignet, um zwischen nur unzulässigen Abschalteinrichtungen und solchen, deren Implementierung die Kriterien einer sittenwidrigen vorsätzlichen Schädigung erfüllen können, zu unterscheiden. Die Tatsache, dass eine Manipulationssoftware ausschließlich im Prüfstand die Abgasreinigung verstärkt aktiviert, indiziert eine arglistige Täuschung der Genehmigungsbehörden. (Rn. 9) (redaktioneller Leitsatz)
3. Der Umstand, dass die Abgasrückführung im Fahrzeug durch eine temperaturabhängige Steuerung des Emissionskontrollsystems gesteuert ist, die die Abgasreinigung an der Außentemperatur orientiert, reicht nicht aus, um dem Verhalten der für den Hersteller handelnden Personen ein sittenwidriges Gepräge zu geben. (Rn. 10) (redaktioneller Leitsatz)
4. Die vom Kraftfahrt-Bundesamt erteilte Typgenehmigung bildet die Grundlage der Fahrzeugproduktion und des Inverkehrbringens des typgenehmigten Fahrzeugs und stellt einen Verwaltungsakt dar, so dass eine sittenwidrige Schädigung des Herstellers nur dann in Betracht kommt, wenn und soweit er die Mitarbeiter des Kraftfahrt-Bundesamts bei der Erteilung der Typgenehmigung arglistig getäuscht hätte. Selbst wenn die Angaben des Herstellers gegenüber dem Kraftfahrt-Bundesamt unvollständig gewesen sein sollten, wäre dies noch kein konkreter Anhaltspunkt für deren Bewusstsein, eine unzulässige Abschalteinrichtung bei Verheimlichung dieses Umstands zu verwenden bzw. verwendet zu haben. (Rn. 19) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Abschalteinrichtung, Thermofenster, Abgasrückführung, Prüfstandsbezogenheit, Typgenehmigung
Vorinstanz:
LG Augsburg, Urteil vom 11.11.2022 – 124 O 1278/22
Fundstelle:
BeckRS 2023, 3008

Tenor

1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Augsburg vom 11.11.2022, Az. 124 O 1278/22, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil er einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.
2. Hierzu besteht Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 14.04.2023.
3. Der Senat beabsichtigt, den Streitwert im Berufungsverfahren auf bis zu 5.000,00 € festzusetzen. Binnen vorgenannter Frist können die Parteien auch zum Streitwert des Berufungsverfahrens Stellung nehmen.

Entscheidungsgründe

I.
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1. Die Berufung ist zulässig, insbesondere an sich statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Die Berufung lässt noch hinreichend erkennen, welche Gründe der Kläger den Erwägungen des Landgerichts entgegensetzt.
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2. Die Berufung ist aber offensichtlich unbegründet. Zu Recht ist das Landgericht in der angefochtenen Entscheidung davon ausgegangen, dass ein Schadensersatzanspruch des Klägers gegen die Beklagte nicht begründet ist. Die hiergegen mit der Berufung erhobenen Rügen verfangen nicht. Zu den Berufungsangriffen ist Folgendes anzumerken:
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a) aa) Mangels vertraglicher Beziehungen zwischen den Parteien kommt allenfalls eine deliktische Haftung der Beklagten im Zusammenhang mit dem vom Kläger am 27.06.2017 bei der vorgenommenen Erwerb des Fahrzeugs Fahrzeug-Identifizierungsnummer (FIN): ..., Abgasnorm: EU6, Datum der Erstzulassung: 18.04.2016, Kilometerstand bei Erwerb: 51.600 km, zum Preis von 15.999,00 € brutto (Anlage K 1) in Betracht. Offenbleiben kann deshalb, ob das Fahrzeug des Klägers einen Mangel im Sinne des § 434 BGB in der bis zum 31.12.2021 gültigen Fassung aufweist.
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bb) Gemäß § 311 Abs. 3 BGB i. V. m. § 241 Abs. 2 BGB kann ausnahmsweise eine persönliche Haftung eines Dritten wegen Verletzung vorvertraglicher Aufklärungspflichten in Betracht kommen, wenn der Dritte zwar nicht selbst Vertragspartner ist, aber in besonderem Maße Vertrauen für sich in Anspruch genommen hat und dadurch die Vertragsverhandlungen und den Vertragsschluss erheblich beeinflusst hat. Um ein solches Vertrauen in besonderem Maße für sich in Anspruch zu nehmen, muss der Dritte unmittelbar oder mittelbar durch eine für ihn handelnde Person an den Vertragsverhandlungen teilgenommen haben (vgl. BGH, NJW-RR 2005, 23, 25; Grüneberg/Grüneberg, BGB, 82. Auflage 2023, § 311 Rn. 63). Im vorliegenden Fall hat der Kläger das Fahrzeug nicht bei der Beklagten, sondern bei der erworben. Dass bei Abschluss des Kaufvertrages ein(e) Vertreter(in) der Beklagten als Vermittler(in) oder Sachwalter(in) zugegen gewesen wäre, hat der Kläger nicht behauptet.
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b) aa) Der Senat teilt in Übereinstimmung mit der obergerichtlichen Rechtsprechung die Auffassung, dass für eine deliktische Haftung der Beklagten der Kläger grundsätzlich die volle Darlegungs- und Beweislast für alle Anspruchsvoraussetzungen trägt (vgl. BGH, Urteil vom 23.06.2022 – VII ZR 442/21, BeckRS 2022, 19714 Rn. 25; BGH, NJW 2019, 3638, 3641; OLG München, NJW-RR 2019, 1497, 1498; Senat, Hinweisbeschluss vom 13.11.2020 – 27 U 4262/20). Bei der Inanspruchnahme einer juristischen Person hat der Anspruchsteller dementsprechend auch darzulegen und zu beweisen, dass ein verfassungsmäßig berufener Vertreter (§ 31 BGB) die objektiven und subjektiven Tatbestandsvoraussetzungen des § 826 BGB verwirklicht hat (vgl. BGH, NJW-RR 2021, 1029 Rn. 14; BGH, NJOZ 2021, 1327 Rn. 15; BGH, NJW 2020, 1962 Rn. 35).
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bb) Selbst wenn man unter Beachtung der vorgenannten Grundsätze zugunsten der Klagepartei hinsichtlich des Schadenseintritts das erleichterte Beweismaß des § 287 ZPO für ausreichend erachten würde und berücksichtigt, dass ein Schaden im Sinne des § 826 BGB auch in einer auf einem sittenwidrigen Verhalten beruhenden Belastung mit einer ungewollten Verpflichtung liegen kann, ohne dass es auf die objektive Werthaltigkeit von Leistung und Gegenleistung ankommt (vgl. BGH, NJW-RR 2022, 740 Rn. 26; BGH, NJW 2022, 1674 Rn. 12; BGH, NJW-RR 2021, 1029 Rn. 23 m. w. N.), und der Weiterverkauf eines Fahrzeugs einen Schaden des Klägers nicht ohne Weiteres entfallen lässt (vgl. BGH, NJW 2021, 3594 Rn. 24 ff.), steht vorliegend dem Kläger gegen die Beklagte weder ein Schadensersatzanspruch aus § 826 BGB i. V. m. § 31 BGB (analog) bzw. § 831 BGB noch aus anderen deliktsrechtlichen Vorschriften zu. Das Landgericht hat das Verhalten der Beklagten auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen mit Recht nicht als verwerflich im Sinne des § 826 BGB angesehen. Es fehlt vorliegend jedenfalls an der schlüssigen Darlegung eines sittenwidrigen Verhaltens bezüglich eines Anspruchs aus § 826 BGB wie auch eines Schädigungsvorsatzes der Beklagten.
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(1) (a) Sittenwidrig ist ein Verhalten, das gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt. Dafür genügt nicht schon der Verstoß gegen vertragliche oder gesetzliche Pflichten; vielmehr muss eine besondere Verwerflichkeit des Verhaltens hinzutreten, die sich aus dem verfolgten Ziel, den eingesetzten Mitteln, der zu Tage tretenden Gesinnung oder den eingetretenen Folgen ergeben kann (vgl. BGH, Beschluss vom 29.09.2021 – VII ZR 126/21, BeckRS 2021, 33038 Rn. 10; BGH, Beschluss vom 15.09.2021 – VII ZR 2/21, BeckRS 2021, 37995 Rn. 10 f.; BGH, NJW 2014, 1380 Rn. 8 m. w. N.). Schon zur Feststellung der Sittenwidrigkeit kann es daher auf Kenntnisse, Absichten und Beweggründe des Handelnden ankommen, die die Bewertung seines Verhaltens als verwerflich rechtfertigen (vgl. BGH, Beschluss vom 15.09.2021 – VII ZR 2/21, BeckRS 2021, 37995 Rn. 10; BGH, Urteil vom 28.06.2016 – VI ZR 541/15, BeckRS 2016, 17389 Rn. 17 m. w. N.). Insbesondere bei mittelbaren Schädigungen kommt es ferner darauf an, dass den Schädiger das Unwerturteil, sittenwidrig gehandelt zu haben, gerade auch in Bezug auf die Schäden desjenigen trifft, der Ansprüche aus § 826 BGB geltend macht (BGH, NJW 2021, 1814 Rn. 12; BGH, NJW 2021, 921 Rn. 14). Nach diesen Leitlinien handelt ein Automobilhersteller gegenüber dem Fahrzeugkäufer sittenwidrig, wenn er entsprechend seiner grundlegenden strategischen Entscheidung im eigenen Kosten- und Gewinninteresse unter bewusster Ausnutzung der Arglosigkeit der Erwerber, die die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben und die ordnungsgemäße Durchführung des Typgenehmigungsverfahrens als selbstverständlich voraussetzen, Fahrzeuge mit einer – evident unzulässigen (vgl. BGH, NJW 2021, 921 Rn. 21) – Motorsteuerung in Verkehr bringt, deren Software bewusst und gewollt so programmiert ist, dass die gesetzlichen Abgasgrenzwerte nur auf dem Prüfstand beachtet, im normalen Fahrbetrieb hingegen überschritten werden, und damit unmittelbar auf die arglistige Täuschung der Typgenehmigungsbehörde abzielt (BGH, Urteil vom 23.06.2022 – VII ZR 442/21, BeckRS 2022, 19714 Rn. 22; BGH, NJW-RR 2022, 740 Rn. 25; BGH, NJW 2021, 1669 Rn. 19). Ein solches Verhalten steht einer unmittelbaren arglistigen Täuschung der Fahrzeugerwerber in der Bewertung gleich (vgl. BGH, NJW 2021, 1669 Rn. 19). Bereits die objektive Sittenwidrigkeit des Herstellens und des Inverkehrbringens von Kraftfahrzeugen mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung im Verhältnis zum Fahrzeugerwerber setzt daher voraus, dass es in Kenntnis der Abschalteinrichtung und im Bewusstsein ihrer – billigend in Kauf genommenen – Unrechtmäßigkeit geschieht (vgl. BGH, Beschluss vom 15.09.2021 – VII ZR 52/21, BeckRS 2021, 47558 Rn. 19). Fehlt es hieran, ist bereits der objektive Tatbestand der Sittenwidrigkeit nicht erfüllt (BGH, NJW 2021, 921 Rn. 19; BGH, NZV 2021, 525 Rn. 13).
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(b) Vorliegend vermag der Senat auf Basis des gesamten klägerischen Vortrags, u. a. der vom Kläger in Bezug genommenen Gesichtspunkte der öffentlichen Gesundheit und Umwelt, Presseveröffentlichungen, Messergebnisse, gutachterlichen Stellungnahmen und des von ihm behaupteten Strebens der Beklagten nach rücksichtsloser Gewinnmaximierung, der fehlenden Sachkunde und des fehlenden Einblicks des Klägers in die Funktionsweise der Motorsteuerung und den Behauptungen des Klägers zu den vom ihm als unzulässig qualifizierten Abschalteinrichtungen in einer Zusammenschau aller Gesichtspunkte (vgl. BGH, NJW 2021, 1814 Rn. 12; BGH, Urteil vom 21.12.2021 – VI ZR 277/20, BeckRS 2021, 44559 Rn. 8; BGH, NJW 2020, 2798 Rn. 32; HK-BGB/Ansgar Staudinger, 11. Auflage 2021, § 826 Rn. 7) nicht darauf zu schließen, dass die Beklagte bei der Entscheidung zum Einbau des konkreten Motors in das Fahrzeug des Klägers in sittenwidriger Weise tätig wurde. Die Berufung zeigt insoweit weder vom Landgericht festgestellten noch von diesem übergangenen Sachvortrag der insoweit darlegungsbelasteten Klagepartei (vgl. BGH, NJW 2021, 1814 Rn. 29) auf, dem für ein solches Vorstellungsbild der für die Beklagte handelnden Personen sprechende Anhaltspunkte zu entnehmen wären. Zwar ist ein Sachvortrag zur Begründung eines Anspruchs bereits dann schlüssig und erheblich, wenn die Partei Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet und erforderlich sind, das geltend gemachte Recht als in der Person der Partei entstanden erscheinen zu lassen. Die Angabe näherer Einzelheiten ist nicht erforderlich, soweit diese für die Rechtsfolgen nicht von Bedeutung sind. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Partei keine unmittelbare Kenntnis von den Vorgängen hat (vgl. BGH, Beschluss vom 10.01.2023 – VIII ZR 9/21, BeckRS 2023, 1723 Rn. 14 ff.). Der Kläger darf sich hierbei auf nur vermutete Tatsachen stützen, denn er kann mangels Sachkunde und Einblick in die Produktionsabläufe der Beklagten keine sichere Kenntnis von Einzeltatsachen haben, weswegen er diese als Vermutungen in den Rechtsstreit einführen können muss (vgl. BGH, NJW 2022, 935 Rn. 18, 22; BGH, NJW 2021, 3721 Rn. 22; BGH, NZV 2021, 525 Rn. 21; BGH, VersR 1995, 433 Rn. 15 ff.). Zudem hat der Kläger – soweit er die Einholung eines Sachverständigengutachtens beantragt – die zu begutachtenden Punkte zu bezeichnen (vgl. § 403 ZPO), wobei der Kläger sich nicht dazu äußern muss, welche Anhaltspunkte er für die Richtigkeit der in die Sachkenntnis des Sachverständigen gestellten Behauptung(en) hat (vgl. BGH, Beschluss vom 15.09.2021 – VII ZR 2/21, BeckRS 2021, 37995 Rn. 27). Unbeachtlich ist der auf Vermutungen gestützte Sachvortrag einer Partei erst dann, wenn die Partei ohne greifbare Anhaltspunkte für das Vorliegen eines bestimmten Sachverhalts willkürlich Behauptungen „aufs Geratewohl“ oder „ins Blaue hinein“ aufstellt (BGH, NJW 2021, 3721 Rn. 23; BGH, NZV 2021, 525 Rn. 22 m. w. N.). Eine grundlegende strategische Entscheidung der Beklagten im eigenen Kosten- und Gewinninteresse, die unmittelbar auf die arglistige Täuschung der Typgenehmigungsbehörde bzw. des Klägers als Fahrzeugerwerbers abzielt (vgl. BGH, NJW 2021, 1669 Rn. 19), ist aber nicht dargetan. Ein solches Vorstellungsbild der für die Beklagte handelnden Personen zeigt die Berufung nicht auf.
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(aa) Das Kriterium der Prüfstandsbezogenheit ist grundsätzlich geeignet, um zwischen nur unzulässigen Abschalteinrichtungen und solchen, deren Implementierung die Kriterien einer sittenwidrigen vorsätzlichen Schädigung erfüllen können, zu unterscheiden. Die Tatsache, dass eine Manipulationssoftware ausschließlich im Prüfstand die Abgasreinigung verstärkt aktiviert, indiziert eine arglistige Täuschung der Genehmigungsbehörden (vgl. BGH, Beschluss vom 10.01.2023 – VIII ZR 9/21, BeckRS 2023, 1723 Rn. 28; BGH, Beschluss vom 29.09.2021 – VII ZR 126/21, BeckRS 2021, 33038 Rn. 18). Ein sittenwidriges Vorgehen der Beklagten kommt deshalb in Betracht, wenn deren verfassungsmäßig berufene Vertreter zumindest wussten, dass die Motoren des streitgegenständlichen Typs mit einer auf arglistige Täuschung des Kraftfahrt-Bundesamts abzielenden Prüfstanderkennungssoftware ausgestattet waren, und die von der Beklagten hergestellten Fahrzeuge in Kenntnis dieses Umstandes mit diesem Motor versahen und in den Verkehr brachten (vgl. BGH, Urteil vom 21.12.2021 – VI ZR 875/20, BeckRS 2021, 44363 Rn. 11). Anlass, von dieser höchstrichterlichen Rechtsprechung (vgl. BGH, Beschluss vom 29.09.2021 – VII ZR 126/21, BeckRS 2021, 33038 Rn. 18 ff. m. w. N.) abzuweichen, besteht nicht; die Berufung vermag insoweit keine durchgreifenden Bedenken aufzuzeigen. Der Kläger zeigt keinen Vortrag auf, aus dem sich – über die bloße pauschale Behauptung hinaus – greifbare Anhaltspunkte für die Verwendung einer solchen Steuerungsstrategie in dem streitgegenständlichen Fahrzeug ergeben könnten (vgl. BGH, NJW 2021, 3721 Rn. 27; BGH, NZV 2021, 525 Rn. 23). Zwar kann bei Vorliegen weiterer Umstände auch die Funktionsweise einer Abschalteinrichtung, wenn sie nicht prüfstandsbezogen ist, Rückschlüsse auf eine als sittenwidrig zu bewertende Täuschungsabsicht der Beklagten zulassen (vgl. BGH, Beschluss vom 29.09.2021 – VII ZR 126/21, BeckRS 2021, 33038 Rn. 19). Umstände, die auf eine sittenwidrige Bewusstseinslage der Beklagten schließen ließen, werden vorliegend aber von der Klagepartei weder dargelegt noch sind diese ersichtlich.
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Der Umstand, dass die Abgasrückführung im Fahrzeug des Klägers nach seinem Sachvortrag durch eine temperaturabhängige Steuerung des Emissionskontrollsystems gesteuert ist, die die Abgasreinigung an der Außentemperatur orientiert, reicht – auch wenn zugunsten des Klägers unter Berücksichtigung der Urteile des Europäischen Gerichtshofs vom 14.07.2022 (C-128/20, BeckRS 2022, 16622, C-134/20, BeckRS 2022, 16621, C-145/20, BeckRS 2022, 16620) in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht unterstellt wird, dass eine derartige temperaturbeeinflusste Steuerung der Abgasrückführung als unzulässige Abschalteinrichtung im Sinne von Art. 5 Abs. 2 S. 1 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 zu qualifizieren ist – nicht aus, um dem Verhalten der für die Beklagte handelnden Personen ein sittenwidriges Gepräge zu geben (vgl. BGH, NJW 2021, 3721 Rn. 15 ff.; BGH, NJW 2021, 921 Rn. 19; BGH, Urteil vom 16.09.2021 – VII ZR 286/20, BeckRS 2021, 30338 Rn. 15 ff.; BGH, Urteil vom 20.07.2021 – VI ZR 1154/20, BeckRS 2021, 30885 Rn. 13). Die Frage ist nach inzwischen gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. BGH, Beschluss vom 25.11.2021 – III ZR 202/20, BeckRS 2021, 41003 Rn. 14) höchstrichterlich abschließend geklärt (vgl. BGH, NJW 2021, 3324 Rn. 40), nachdem hierzu nicht nur eine, sondern zwischenzeitlich mehrere einschlägige Entscheidungen des Bundesgerichtshofs ergangen sind (vgl. BGH, NJW-RR 2022, 243 Rn. 21 ff.; BGH, Urteil vom 13.01.2022 – III ZR 205/20, BeckRS 2022, 3677 Rn. 21 ff., 26 ff.; BGH, Beschluss vom 12.01.2022 – VII ZR 424/21, BeckRS 2022, 7010 Rn. 27 ff. BGH, NJW 2021, 3721 Rn. 15 f., 19 ff., 24 ff. m. w. N.). Ein Thermofenster führt nicht dazu, dass bei erkanntem Prüfstandbetrieb eine verstärkte Abgasrückrührung aktiviert und der Stickoxidausstoß gegenüber dem normalen Fahrbetrieb reduziert wird, sondern arbeitet in beiden Fahrsituationen im Grundsatz in gleicher Weise. Unter den für den Prüfzyklus maßgebenden Bedingungen (Umgebungstemperatur, Luftfeuchtigkeit, Geschwindigkeit, Widerstand etc.) entspricht die Rate der Abgasrückführung im normalen Fahrbetrieb derjenigen auf dem Prüfstand (vgl. BGH, Urteil vom 13.01.2022 – III ZR 205/20, BeckRS 2022, 3677 Rn. 28). Einen Vortrag des Klägers, aus dem sich hinreichende Anhaltspunkte für eine Vergleichbarkeit der temperaturabhängigen Steuerung des Emissionskontrollsystems mit einer Prüfstandserkennungssoftware entnehmen ließen, zeigt die Berufung nicht auf. Soweit der Kläger zur Wirkungsweise des Thermofensters vorgetragen hat, dass die Abgasnachbehandlungssysteme bei Temperaturen unter 17 Grad Celsius bzw. über 30 Grad Celsius nicht unwesentlich heruntergefahren und unterhalb von 5 Grad Celsius komplett abgeschaltet werden, kann von einer Abschalteinrichtung, die „exakt“ auf die Prüfbedingungen im Neuen Europäischen Fahrzyklus (NEFZ) abgestimmt ist, schon nach dem eigenen Vorbringen des Klägers ersichtlich keine Rede sein (vgl. BGH, VersR 2022, 1242 Rn. 21).
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(bb) Das streitgegenständliche Fahrzeug ist im Zusammenhang mit dem Emissionsverhalten nach den unstreitigen Feststellungen des Landgerichts von einem (angefochtenen und nicht bestandskräftigen) Bescheid des Kraftfahrt-Bundesamts am 17.10.2018, der die Installation des von der Beklagten bis dahin auf freiwilliger Basis angebotenen Software-Updates verpflichtend anordnete (Herstellercode der Rückrufaktion: E152025000 (17-R-021)) betroffen. Dieses ist für den Senat nach §§ 314, 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO bindend (vgl. BGH, NJW-RR 2012, 622, 623). Der Senat hat gemäß § 314 ZPO von der Richtigkeit des erstinstanzlichen Tatbestandes, der auch Tatbestandsfeststellungen erfasst, die sich in den Entscheidungsgründen finden, auszugehen, soweit dessen Beweiskraft reicht (vgl. BGH, Beschluss vom 19.10.2022 – IV ZR 223/21, BeckRS 2022, 31469 Rn. 3 f.; BGH, NJW 1997, 1931; MüKoZPO/Musielak, 6. Auflage 2020, ZPO § 314 Rn. 3; Zöller/Feskorn, 34. Auflage 2022, ZPO § 314 Rn. 5). Konkrete Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit dieser entscheidungserheblichen Feststellung begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten, zeigt der Kläger nicht auf. Ob ein Fahrzeug von einem Rückruf des Kraftfahrt-Bundesamts betroffen ist, lässt sich aufgrund der Vielzahl von Varianten mit unterschiedlichen Hubräumen und Leistungsstufen nicht allein aus der Motorbezeichnung ableiten. Unabhängig davon sind greifbare Anhaltspunkte für die Verwendung einer unzulässigen Abschalteinrichtung nicht erst dann gegeben, wenn das Kraftfahrt-Bundesamt auch bezüglich Fahrzeugen der oder gar des konkreten Fahrzeugtyps der Klagepartei eine Rückrufaktion angeordnet hat (vgl. BGH, Urteil vom 23.06.2022 – VII ZR 442/21, BeckRS 2022, 19714 Rn. 28; BGH, NJW 2020, 1740 Rn. 13). Auch begründet allein der verpflichtende Rückruf eines Pkws durch das Kraftfahrt-Bundesamt nach der mittlerweile gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung für sich noch keine deliktische Haftung des Motorenherstellers (vgl. BGH, Beschluss vom 29.09.2021 – VII ZR 126/21, BeckRS 2021, 33038 Rn. 14; OLG Celle, Urteil vom 14.04.2021 – 7 U 1955/19, BeckRS 2021, 10567 Rn. 28 ff.; OLG Koblenz, Urteil vom 18.01.2021 – 12 U 1294/20, BeckRS 2021, 1168 Rn. 30). Denn es verbietet sich im Rahmen des § 826 BGB ein Verhalten aus der ex post-Perspektive zu bewerten, es also – unter Zugrundelegung heutiger Anschauungen und Verhältnisse – rückwirkend als sittenwidrig einzustufen (vgl. BGH, NJW 2020, 2798 Rn. 31).
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(cc) Eine sittenwidrige Manipulation der Beklagten ist nicht darin zu sehen, dass – wie klägerseits behauptet – das On-Board-Diagnosesystem (OBD-System) so programmiert wurde, dass trotz eines deutlicher Überschreitung des zulässigen Stickoxidausstoßes keine Fehler im Speicher ersichtlich sind, erforderliche und vorgeschriebene Fehlermeldungen nicht gemeldet werden und das OBD-System keine Fehlermeldung anzeigt, wenn kein AdBlue eingespritzt wird. Ein On-Board-Diagnosesystem ist ein System für die Emissionsüberwachung, das in der Lage ist, mithilfe rechnergespeicherter Fehlercodes den Bereich von Fehlfunktionen anzuzeigen (Art. 3 Nr. 9 VO 715/2007/EG). Das Fahrzeug ist mit einem solchen System auszustatten (Art. 4 Nr. 1 VO 692/2008/EG). In Art. 4 Nr. 2 VO 692/2008/EG wird verlangt, dass das System so ausgelegt, gebaut und im Fahrzeug installiert ist, dass es in der Lage ist, während der gesamten Lebensdauer des Fahrzeugs bestimmte Arten von Verschlechterungen oder Fehlfunktionen zu erkennen. Der Begriff der Fehlfunktion bezeichnet nach Art. 2 Nr. 20 der Verordnung 692/2008/EG der Kommission vom 18.07.2008 zur Durchführung und Änderung der Verordnung 715/2007/EG (ABl. L 199 vom 28.07.2008) den Ausfall oder das fehlerhafte Arbeiten eines emissionsrelevanten Bauteils oder Systems, der beziehungsweise das ein Überschreiten der in Anhang XI Absatz 3.3.2 genannten Emissionsgrenzwerte zur Folge hätte, oder den Fall, dass das OBD-System nicht in der Lage ist, die grundlegenden Anforderungen von Anhang XI an die Überwachungsfunktionen zu erfüllen (vgl. BGH, Urteil vom 08.12.2021 – VIII ZR 190/19, BeckRS 2021, 44235 Rn. 90). Die UN/ECE-Regelung Nr. 83 sieht in der zum 23.06.2011 in Kraft getretenen Fassung (ABl. 2012 L 42/1, S. 174) im Anhang 11 und 3.3.2 vor, dass das OBD-System die Fehlfunktionen eines emissionsrelevanten Bauteils oder Systems anzeigen muss, wenn diese Fehlfunktion dazu führt, dass die Abgasemissionen bestimmte Schwellenwerte übersteigen (vgl. OLG Karlsruhe, Urteil vom 23.06.2021 – 6 U 142/20, BeckRS 2021, 19764 Rn. 89). Daraus ist in der obergerichtlichen Rechtsprechung geschlossen worden, Veranlassung des OBD-Systems für eine Messung von Schwellenwerten (diese modifiziert im Anhang XI zur VO 692/2008/EG) bestehe nur im Fall des Ausfalls emissionsrelevanter Bauteile oder Systeme; hingegen sei es nicht Aufgabe des OBD-Systems, konstante Messungen der Schadstoffemissionen vorzunehmen, bei Überschreitung bestimmter Schwellenwerte Signale zu setzen bzw. zu speichern oder zwischen einer rechtlich zulässigen und einer rechtlich unzulässigen Abschalteinrichtung zu unterscheiden (vgl. BGH, Urteil vom 08.12.2021 – VIII ZR 190/19, BeckRS 2021, 44235 Rn. 90 f.; OLG Karlsruhe, Urteil vom 27.08.2021 – 8 U 14/20, BeckRS 2020, 48082 Rn. 71 f.; OLG Hamm, Urteil vom 28.01.2021 – 18 U 21/20, BeckRS 2021, 10679 Rn. 132). Soweit die Motorsteuerung, mag sie auch als unzulässig zu qualifizierende Elemente umfassen, bestimmungsgemäß arbeitet, besteht bei dieser Sichtweise kein Anlass zu Fehlermeldungen (vgl. BGH, Urteil vom 08.12.2021 – VIII ZR 190/19, BeckRS 2021, 44235 Rn. 90 f.; OLG Karlsruhe, Urteil vom 23.06.2021 – 6 U 142/20, BeckRS 2021, 19764 Rn. 89). Vor diesem Hintergrund liegt bereits eine anzeigepflichtige Fehlfunktion bei Überschreitung der Emissionsgrenzwerte im realen Fahrbetrieb nicht vor. Der Vortrag des Klägers rechtfertigt keine andere Beurteilung. Unabhängig davon kommt eine Sittenwidrigkeit im Sinne des § 826 BGB – was hier nicht der Fall ist – nur in Betracht, wenn über die bloße Kenntnis von der Verwendung des genannten Systems mit der in Rede stehenden Funktionsweise in dem streitgegenständlichen Motor auch Anhaltspunkte dafür erkennbar wären, dass dieses von Seiten der Beklagten in dem Bewusstsein geschah, möglicherweise gegen gesetzliche Vorschriften zu verstoßen und dieser Gesetzesverstoß billigend in Kauf genommen wurde (vgl. BGH, NJW 2021, 1814 Rn. 28; OLG Stuttgart, NZV 2019, 579, 584 f.). Der insoweit erfolgte Beweisantritt des Klägers dient der Ausforschung von Tatsachen, die es ihm erst ermöglichen könnten, die behauptete Billigung/Veranlassung der Verwendung des aus Sicht des Klägers manipulierten OBD-Systems bzw. der Nichtoffenlegung der klägerseits vorgetragenen Manipulationen gegenüber dem Kraftfahrt-Bundesamt substantiiert vorzutragen.
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(dd) Soweit der Kläger sein Begehren darauf stützt, dass die Beklagte das streitgegenständliche Fahrzeug mit weiteren, nach Auffassung des Klägers unzulässigen/prüfstandsbezogenen Abschalteinrichtungen/„defeat devices“ (u. a. 1180- bzw. 1200-Sekunden-Software mit Wechsel in einen anderen („schmutzigen“) Abgasmodus, Höhenerkennung, Geschwindigkeitserkennung, Drehzahlerkennung, Antriebsmodus) unter Einsatz eines SCR-Katalysators mit dem Harnstoff AdBlue in Verkehr gebracht habe, die nach bestrittenem Vortrag des Klägers abhängig von verschiedenen Bedingungen/Initialisierungsparametern (u. a. Umgebungstemperatur, Umgebungsluftdruck (unterhalb 91,5 kPa), Motordrehzahl (ab 2.400 U/min bzw. oberhalb von 2.750 / 2.900 U/min), Geschwindigkeit von 140 / 145 km/h, Last, Kühlwasser, Öltemperatur) durch ein kumulatives Zusammenwirken der verschiedenen Softwaremodifikationen zu einer ausschließlich unter exakt den Prüfstandsbedingungen ordnungsgemäß funktionierenden Abgasreinigung führen, erweist sich dieses als unschlüssig. Gleiches gilt für die – ohne Bezug auf eine fachliche Publikation bzw. ohne einen konkreten, das streitgegenständliche Fahrzeug betreffende Sachvortrag (vgl. BGH, Beschluss vom 13.12.2022 – VIII ZR 298/21, BeckRS 2022, 40874 Rn. 24 f.) – erfolgte Behauptung des Klägers, dass die Beklagte einen minderwertigen (unterdimensionierten) SCR-Katalysator bzw. einen minderwertigen Kühler verbaut habe, der den zu erwartenden thermischen Belastungen von vornherein nicht standhalten könne, dass auf dem Rollenprüfstand mehr AdBlue eingespritzt werde, um die gesetzlichen Grenzwerte einzuhalten und das Software-Update negative Auswirkungen habe, namentlich in Form eines erhöhten Kraftstoffverbrauchs, eines erhöhten CO₂-Emissionswertes, einer geringeren Motorleistung, höheren Geräuschemissionen und einem Defekt des AGR-Ventils nach spätestens 10.000 gefahrenen Kilometern.
14
Die Beklagte hat hierzu u. a. vorgetragen, dass das streitgegenständliche Fahrzeug keine manipulative Umschaltlogik, wie sie die Rechtsprechung bei Fahrzeugen des Volkswagen-Konzerns festgestellt hat, enthalte. Das Emissionskontrollsystem des streitgegenständlichen Fahrzeugs erfülle alle gesetzlichen Vorgaben und enthalte keine Prüfzyklus- oder Prüfstandserkennungssoftware, was auch das Kraftfahrt-Bundesamt und die Volkswagen-Untersuchungskommission des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Intrastruktur (BMVI) bereits Anfang 2016 ausdrücklich für den streitgegenständlichen Fahrzeugtyp bestätigt hätten. Die Beklagte hat die temperaturabhängige Drosselung des AGR-Systems damit begründet, dass bei bestimmten Temperaturen (unter – 10°C bzw. hinsichtlich der AdBlue Dosierung unter – 30 °C bzw. über + 50°C) wegen des Temperaturgefälles die Versottung des AGR-Systems und damit die Beschädigung des Motors und seiner Bauteile droht. Das Fahrzeug, hinsichtlich dessen das Kraftfahrt-Bundesamt im Oktober 2018 mittels eines (angefochtenen und nicht bestandskräftigen) Rückrufbescheids eine Nachrüstung des ursprünglichen Emissionskontrollsystems in noch nicht (freiwillig) nachgerüsteten Fahrzeugen angeordnet habe, unterscheide nicht zwischen dem Betrieb auf dem Prüfstand und auf der Straße. Bereits im Frühjahr 2016 habe die Beklagte dem Kraftfahrt-Bundesamt ein Software-Update zur behördlichen Freigabe vorgestellt. Mit Bescheid vom 21.02.2017 habe das Kraftfahrt-Bundesamt nach umfassenden Verifizierungsprüfungen die uneingeschränkte Freigabe des Software-Updates für den streitgegenständlichen Fahrzeugtyp erteilt und bestätigt, dass die NOx-Werte auch nach dem Software-Update eingehalten werden bzw. in nachgerüsteten Fahrzeugen keine unzulässigen Abschalteinrichtungen enthalten seien und das Software-Update keine nachteiligen Folgen für den Kraftstoffverbrauch oder die CO₂-Emissionen habe. Beeinträchtigungen typgenehmigungsrelevanter Größen durch das Software-Update seien – amtlich festgestellt – nicht zu erwarten. Außerdem habe die Beklagte zum Zeitpunkt des Gebrauchtwagenkaufs des Klägers im Juni 2017 bereits (beginnend aus eigenem Antrieb Ende 2015 durch eine Unterrichtung der Öffentlichkeit über die geplante und sodann entwickelte Verbesserung des Emissionskontrollsystems u. a. des streitgegenständlichen Fahrzeugtyps mittels eines Software-Updates) in Abstimmung mit dem Kraftfahrt-Bundesamt und öffentliche Bekanntgabe von Informationen begonnen, eine etwaige Arglosigkeit potentieller Käufer zu beseitigen.
15
Demgegenüber hat der Kläger in seiner Berufungsbegründung keine greifbaren Anhaltspunkte für die Richtigkeit seiner Behauptungen aufgezeigt. In tatsächlicher Hinsicht ist nicht dargetan, an welcher Basis-/Vergleichsgröße der Kläger hinsichtlich des streitgegenständlichen Fahrzeugs seine Aussagen festmachen will. Auch unter Rückgriff auf das erstinstanzliche Vorbringen des Klägers ist ein hinreichender Sachvortrag, welcher einer Beweiserhebung zugänglich wäre, nicht feststellbar. Zwar kommt einer Freigabebestätigung des Kraftfahrt-Bundesamts, dass die nach einem Software-Update vorhandenen Abschalteinrichtungen zulässig seien, eine für das hiesige Verfahren bindende Tatbestandswirkung nicht zu (vgl. BGH, Urteil vom 26.01.2022 – VIII ZR 140/20, BeckRS 2022, 2329 Rn. 34 f.; BGH, Beschluss vom 14.12.2021 – VIII ZR 386/20, BeckRS 2021, 44341 Rn. 34). Der Freigabebescheid des Kraftfahrt-Bundesamts führt aber dazu, dass die Beklagte das Vorbringen des Klägers unter Berufung auf diese Freigabebestätigung substantiiert bestreiten kann (vgl. BGH, Urteil vom 26.01.2022 – VIII ZR 140/20, BeckRS 2022, 2329 Rn. 45). Vorliegend ging dem Pflichtrückruf des Kraftfahrt-Bundesamts vom 17.10.2018 zunächst eine freiwillige Serviceaktion der Beklagten voraus, in deren Rahmen das vom Kraftfahrt-Bundesamt bereits am 21.02.2017 freigegebene Softwareupdate bei vielen Opel Insignia Fahrzeugen nachgerüstet wurde. Nur weil innerhalb des vom Kraftfahrt-Bundesamt vorgegebenen Zeitraums für die Umrüstung nicht alle Fahrzeuge erreicht werden konnten, ordnete das Kraftfahrt-Bundesamt mit Bescheid vom 17.10.2018 schließlich die Durchführung des bereits genehmigten Softwareupdates als verpflichtend an (vgl. OLG Schleswig, Beschluss vom 14.04.2022 – 7 U 190/21, BeckRS 2022, 8917 Rn. 27). Ob dieser Rückruf rechtmäßig war, ist streitig und muss im Verwaltungsverfahren geklärt werden. Der Rückrufbescheid vom 17.10.2018 bestätigt zudem, was bereits die Untersuchungskommission „Volkswagen“ nach umfassender Prüfung festgestellt hat: Kein Opel-Fahrzeug enthält oder enthielt eine unzulässige Prüfstands- oder Prüfzykluserkennung. Auf Seite 5 des Rückrufbescheids vom 17.10.2018 heißt es ausdrücklich: „Der Klarheit halber sei festgehalten, dass das Kraftfahrt-Bundesamt derzeit keinen Hinweis hat, dass Opel eine Erkennung verwendet, die zwischen Prüfstands- und Straßenbetrieb unterscheidet“. Auch in dem Freigabebescheid des Kraftfahrt-Bundesamts vom 21.02.2017 heißt es, dass „keine unzulässigen Abschalteinrichtungen festgestellt und die Grenzwerte und die anderen Anforderungen eingehalten wurden“ (vgl. OLG Schleswig, Beschluss vom 14.04.2022 – 7 U 190/21, BeckRS 2022, 8917 Rn. 27).
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In der gutachterlichen Stellungnahme des werden ebenso wie im Rechtsgutachten des delt, die nicht darauf schließen lassen, dass im streitgegenständlichen Fahrzeug eine unzulässige Abschalteinrichtung enthalten ist. Gleiches gilt hinsichtlich der vom Kläger vorgelegten Stellungnahme von, der der Autor selbst nur einen „vorläufigen Charakter“ beimisst (vgl. Anlage K 6, S. 1). Zudem belegen die vom Kläger vorgelegten Gutachten des ..., des (dessen gutachterliche Bewertung Motoren der – nicht streitgegenständlichen Fahrzeuge – Zafira Tourer 1.6 CDTi und Astra Tourer 1.6 CDTi betreffen) und das Gutachten der TU München einen technischen Expertenstreit über die Grenzen der Emissionsminderungsfähigkeit des AGR-Systems, nicht hingegen – anders als dieses bei Fahrzeugen des Volkswagen-Konzerns mit Motoren des Tys EA189 der Fall war – eine Strategie zur Täuschung des Kraftfahrt-Bundesamts und der Kunden der Beklagten. Die Fachhochschule Bern hat sich in einer öffentlichen Erklärung vom 02.11.2015 von den vom Kläger als Beweis angebotenen Testergebnissen distanziert, weil sie diese Tests nicht selbst durchgeführt, sondern lediglich den Rollenprüfstand der Deutschen Umwelthilfe (DUH) zur Verfügung gestellt hat. Die Tests bezeichnet die Fachhochschule Bern zudem als unvollständig, verzerrt und tendenziös.
17
Eine Beweiserhebung über die Behauptungen des Klägers liefe hier letztlich auf einen in der Zivilprozessordnung nicht vorgesehenen Ausforschungsbeweis hinaus. Ein Sachverständiger müsste durch aufwändige Tests erst ermitteln, ob und wenn ja, nach welcher konkreten Zeit, Strecke, Motordrehzahl oder welchem konkreten Schadstoffausstoß – gegebenenfalls in Abhängigkeit der Last – die Abgasrückführung bei dem Fahrzeug des Klägers gedrosselt bzw. deaktiviert wird. Es ist für den Senat auch in keiner Weise ersichtlich, dass der Einbau der vom Kläger behaupteten und als unzulässige Abschalteinrichtungen im Sinne von Art. 5 Abs. 2 S. 1 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 beanstandeten technischen Einrichtungen von Seiten der Beklagten in dem Bewusstsein geschah, hiermit möglicherweise gegen die gesetzlichen Vorschriften zu verstoßen, und dass ein solcher Gesetzesverstoß billigend in Kauf genommen wurde. Der Kläger hat – gemessen an den oben genannten Maßstäben – eine im Fall ihrer Erweislichkeit die Tatbestandsmerkmale des § 826 BGB erfüllende Indizienkette nicht vorgetragen, zumal im Rahmen des Berichts der Untersuchungskommission „Volkswagen“ der streitgegenständliche Motor hinsichtlich einer prüfstandsbezogenen Abgasbehandlung als unauffällig bewertet worden ist. Der angebotene Zeugen- und Sachverständigenbeweis des Klägers dient der Ausforschung von Tatsachen, die es ihm erst ermöglichen könnten, die behauptete Billigung/Veranlassung der Verwendung der nach Auffassung des Klägers unzulässigen/prüfstandsbezogenen Abschalteinrichtungen substantiiert vorzutragen.
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(ee) Der Hinweis des Klägers auf Diskrepanzen zwischen Stickoxidemissionen unter Prüfstandbedingungen, die nach damaliger Rechtslage (Euro-6-Norm) zur Erlangung der Typgenehmigung allein maßgeblich waren, und unter normalen Betriebsbedingungen auf der Straße genügt als greifbarer Anhaltspunkt für die Verwendung einer unzulässigen Steuerungsstrategie seitens der Beklagten nicht (vgl. BGH, NZV 2021, 525 Rn. 23). Zu bedenken ist, dass Fahrzeuge der Abgasnorm Euro 4 oder 5 oder 6 im Neuen Europäischen Fahrzyklus noch ohne Realmessfahrt typgenehmigt wurden. Die erste Abgasnorm, bei der eine Realmessung („Real Driving Emission“-Prüfverfahren (RDE)) vorgesehen ist, ist die Norm Euro 6d-TEMP, der das streitgegenständliche Fahrzeug aber nicht unterliegt (vgl. OLG Celle, Urteil vom 13.11.2019 – 7 U 367/18, BeckRS 2019, 29587 Rn. 28 f.; LG Stuttgart, Urteil vom 22.06.2021 – 8 O 115/21, BeckRS 2021, 15833 Rn. 34). Höhere Abgaswerte im Realbetrieb im Vergleich zu den Werten im Rahmen des NEFZ sprechen zudem nicht per se für das Vorliegen einer Abschalteinrichtung. Die Abweichung der Messwerte im Realbetrieb von den Messwerten nach NEFZ ist als Indiz für eine Abschalteinrichtung, und noch dazu für eine Manipulationssoftware, die die Voraussetzungen des § 826 BGB erfüllen könnte, angesichts der gravierenden Unterschiede der Bedingungen, unter denen die Messung erfolgt, grundsätzlich ungeeignet (vgl. BGH, Hinweisbeschluss vom 15.09.2021 – VII ZR 2/21, BeckRS 2021, 37995 Rn. 30; OLG Stuttgart, Urteil vom 28.06.2022 – 24 U 115/22, BeckRS 2022, 16112, Rn. 44; OLG Brandenburg, Urteil vom 08.06.2022 – 4 U 148/21, BeckRS 2022, 13740 Rn. 30). Die vom Kläger angesprochene Überschreitung der geltenden NOx-Grenzwerte um ein Vielfaches (1,75-, 3- bzw. 5-fache) im realen Fahrbetrieb ist vor diesem Hintergrund nicht geeignet, übermäßige Stickoxid-Emission des streitgegenständlichen Fahrzeugs der Abgasnorm EU6 zu begründen. Eine Abweichung zwischen Real- und Prüfstandsbetrieb, die derart erheblich ist, dass sie für sich genommen schon als greifbarer Anhaltspunkt für die Existenz einer Prüfstandserkennungssoftware dienen könnte (vgl. BGH, Beschluss vom 25.11.2021 – III ZR 202/20, BeckRS 2021, 41003 Rn. 17: 9,7-fache Überschreitung für ein Fahrzeug der Abgasnorm Euro 5), ist hier jedenfalls aufgrund des Vortrags der Klagepartei nicht ersichtlich. Im Übrigen ist eine Vergleichbarkeit erst dann gegeben, wenn die Messung der Emissionen im Realbetrieb zumindest denselben Hersteller, dieselbe Abgasnorm und denselben Motortyp betrifft. Eine herstellerübergreifende Vergleichbarkeit scheidet von vorneherein aus. Ebenso gilt dies für den Vergleich bei verschiedenen Abgasnormen, weil diesen deutlich verschiedene NOx-Grenzwerte zugrunde liegen (Euro 5: 180mg/km; Euro 6: 80mg/km). Dies gilt auch dann, wenn derselbe Motortyp des Herstellers betroffen ist, weil der Einordnung desselben Motortyps in verschiedene Abgasnormen eine unterschiedliche Abgasnachbehandlung (SCR-Katalysator und/oder NOx-Speicherkatalysator) zugrunde liegt. Schließlich scheidet auch eine Vergleichbarkeit verschiedener Motortypen desselben Herstellers aus. Denn aus der – hier einmal unterstellten – Existenz einer unzulässigen Abschalteinrichtung in einem Motortyp kann nicht der Schluss gezogen werden, dass eine solche Abschalteinrichtung ebenso in dem anderen Motortyp eingebaut wurde. Im Ergebnis bedeutet dies, dass alle die Emissionsmessungen, die andere als den streitgegenständlichen Motortyp bzw. Abgasnormen betreffen, von vornherein nicht relevant sein können (vgl. OLG Brandenburg, Urteil vom 08.06.2022 – 4 U 148/21, BeckRS 2022, 13740 Rn. 33).
19
(ff) Die vom Kraftfahrt-Bundesamt erteilte Typgenehmigung bildet die Grundlage der Fahrzeugproduktion und des Inverkehrbringens des typgenehmigten Fahrzeugs und stellt einen Verwaltungsakt dar, so dass eine sittenwidrige Schädigung der Klagepartei nur dann in Betracht kommt, wenn und soweit die Beklagte die Mitarbeiter des Kraftfahrt-Bundesamts bei der Erteilung der Typgenehmigung arglistig getäuscht hätte (vgl. OLG Brandenburg, Hinweisbeschluss vom 29.01.2021 – 11 U 113/20, BeckRS 2021, 7532 Rn. 27). Selbst wenn die Angaben der Beklagten gegenüber dem Kraftfahrt-Bundesamt tatsächlich unvollständig gewesen sein sollten, wäre dies noch kein konkreter Anhaltspunkt für deren Bewusstsein, eine unzulässige Abschalteinrichtung bei Verheimlichung dieses Umstands zu verwenden bzw. verwendet zu haben. Es wäre zunächst Sache des Kraftfahrt-Bundesamts gewesen, vermeintlich unvollständige Angaben im Typgenehmigungsverfahren nach dem Amtsermittlungsgrundsatz gemäß § 24 Abs. 1 S. 1 und 2 VwVfG zu monieren (vgl. BGH, NJW 2021, 3721 Rn. 26; BGH, Beschluss vom 29.09.2021 – VII ZR 223/20, BeckRS 2021, 33847 Rn. 14 BGH, Beschluss vom 15.09.2021 – VII ZR 101/21, BeckRS 2021, 34034 Rn. 20). Denn das Kraftfahrt-Bundesamt hat zunächst zu prüfen, ob die Antragsunterlagen im Hinblick auf die gesetzlichen Vorgaben vollständig sind. Fehlt es daran, hat es den Antragsteller aufzufordern, die Antragsunterlagen zu ergänzen. Kommt der Antragsteller dem nicht nach, lehnt die Behörde den Antrag ab (vgl. OLG München, Hinweisbeschluss vom 01.03.2021 – 8 U 4122/20, BeckRS 2021, 9658 Rn. 60; Führ, NVwZ 2017, 265, 269). Zu den Emissionsstrategien des streitgegenständlichen Fahrzeugs waren im Rahmen der Typgenehmigung keine Angaben des Herstellers im sog. Beschreibungsbogen gefordert. Die genaue Beschreibung der Emissionsstrategien wurde erst ab 16.05.2016 mit der Verordnung (EU) 2016/646 der Kommission vom 20.04.2016 eingeführt, also nach der Erteilung der Typgenehmigung bzw. der Erstzulassung des in Rede stehenden Fahrzeugs. Anders als bei einer Prüfstandserkennungssoftware mit Umschaltlogik könnte aus dem – unterstellten – Fehlen derartiger ergänzender Angaben nicht darauf geschlossen werden, dass die Beklagte damit unmittelbar auf die arglistige Täuschung der Typgenehmigungsbehörde abgezielt oder dies auch nur billigend in Kauf genommen hätte (vgl. OLG München, Hinweisbeschluss vom 01.03.2021 – 8 U 4122/20, BeckRS 2021, 9658 Rn. 61). Selbst ein – hier gegebener – verpflichtender Rückruf des Kraftfahrt-Bundesamts indiziert ohne das Hinzutreten weiterer Umstände nicht das Vorliegen einer unzulässigen prüfstandsbezogenen Abschalteinrichtung, über die das Kraftfahrt-Bundesamt bei Erteilung der Typgenehmigung getäuscht worden sein müsse (vgl. BGH, Urteil vom 24.03.2022 – VII ZR 266/20, BeckRS 2022, 8394 Rn. 20). Anhaltspunkte für wissentlich unterbliebene oder unrichtige Angaben der Beklagten im Typgenehmigungsverfahren, die noch dazu auf ein heimliches und manipulatives Vorgehen oder eine Überlistung des Kraftfahrt-Bundesamts und damit auf einen bewussten Gesetzesverstoß hindeuten würden (vgl. BGH, Beschluss vom 29.09.2021 – VII ZR 223/20, BeckRS 2021, 33847 Rn. 14), legt der Kläger nicht dar.
20
(gg) Zu berücksichtigen ist auch, dass das sittenwidrige Verhalten eines verfassungsmäßig berufenen Vertreters der Beklagten nicht mittels einer Zurechnung fremden Wissens entsprechend § 166 BGB begründet werden kann. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs setzt die Haftung einer juristischen Person aus § 826 BGB in Verbindung mit §§ 30, 31 BGB voraus, dass einer ihrer verfassungsmäßig berufenen Vertreter im Sinne des § 31 BGB den objektiven und subjektiven Tatbestand des § 826 BGB persönlich verwirklicht hat. Über eine Wissenszusammenrechnung führt kein Weg zu dem für das Merkmal der Sittenwidrigkeit im Sinne des § 826 BGB erforderliche moralische Unwerturteil (vgl. BGH, NJW 2021, 1669 Rn. 23).
21
Auf der vorgenannten Grundlage kann das Verhalten der Beklagten – unabhängig von der Frage der Tatbestandswirkung der EG-Typgenehmigung – bei der gebotenen Gesamtbetrachtung mangels eines objektiv sittenwidriges Handelns mit dem Ziel der Kostensenkung und Gewinnmaximierung nicht einer arglistigen Täuschung der Typgenehmigungsbehörde bzw. des Klägers als Fahrzeugerwerbers gleichgesetzt werden.
22
(2) Zudem fehlt es jedenfalls an dem für eine deliktische Haftung notwendigen Schädigungsvorsatz der Beklagten, der bei einem verfassungsmäßig berufenen Vertreter der Beklagten hätte vorliegen müssen (vgl. BGH, NJW 2021, 1669 Rn. 32).
23
Ein solcher Vortrag ist den schriftsätzlichen Ausführungen des Klägers nicht zu entnehmen. Der Anspruchsteller hat darzulegen und zu beweisen, dass der Vorstand, ein Mitglied des Vorstands oder ein anderer verfassungsmäßiger Vertreter nach § 31 BGB des in Anspruch genommenen Unternehmens die objektiven und subjektiven Tatbestandsvoraussetzungen des § 826 BGB verwirklicht hat (vgl. BGH, NJW 2020, 1962 Rn. 35). Es genügt nicht, wenn die relevanten Tatumstände lediglich objektiv erkennbar waren und der Handelnde sie hätte kennen können oder kennen müssen oder sie sich ihm sogar hätten aufdrängen müssen; in einer solchen Situation ist lediglich ein Fahrlässigkeitsvorwurf gerechtfertigt (vgl. BGH, NJW 2021, 3721 Rn. 32). Eine sekundäre Darlegungslast der Beklagten zu Vorgängen innerhalb ihres Unternehmens, die auf eine Kenntnis ihrer verfassungsmäßig berufenen Vertreter von der Verwendung der unzulässigen Abschalteinrichtung schließen lassen sollen, setzt jedenfalls voraus, dass das (unstreitige oder nachgewiesene) Parteivorbringen hinreichende Anhaltspunkte enthält, die einen solchen Schluss nahelegen (vgl. BGH, NJOZ 2022, 916 Rn. 14). Fehlt es – wie hier – bereits an einem ansatzweisen schlüssigen Vortrag, ist für eine sekundäre Darlegungslast der Beklagten kein Raum. Allein aus der hier zu unterstellenden objektiven Unzulässigkeit der vom Kläger behaupteten Abschalteinrichtungen folgt kein Vorsatz hinsichtlich der Schädigung der Fahrzeugkäufer (vgl. BGH, Beschluss vom 12.01.2022 – VII ZR 424/21, BeckRS 2022, 7010 Rn. 38; BGH, Beschluss vom 10.11.2021 – VII ZR 415/21, BeckRS 2021, 45434 Rn. 37). Der pauschale Verweis des Klägers auf die Unkenntnis der Mitarbeiter des Kraftfahrt-Bundesamts ist unsubstantiiert. Dem Sachvortrag des diesbezüglich darlegungsbelasteten Klägers, der Vorstand der Beklagten hätte – wie sich aus der Anlage K 8 ergebe – vom Einbau unzulässiger Abschalteinrichtungen in den Fahrzeugen der Beklagten Kenntnis gehabt, lässt sich nicht entnehmen, auf welche Art und Weise dieser die Kenntnis hinsichtlich des gegenständlichen Fahrzeugtyps der Emissionsklasse EU6 erlangt haben soll. Bei den von der Klagepartei benannten Zeugen bleibt unklar, inwieweit sie ohne einen nicht vorgetragenen konkreten Bezug zum streitgegenständlichen Fahrzeug der Emissionsklasse EU6 Angaben zu einer möglichen strategischen Entscheidung des Vorstands der Beklagten geben können. Dass die Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main – was gerichtsbekannt ist – aufgrund vorausgegangener Ermittlungen gegen die Beklagten im Jahr 2021 wegen Verletzung von Dokumentationspflichten ein Bußgeld in Höhe von 64,8 Mio. € verhängt hat, vermag einen Vorsatz der Beklagten gleichfalls nicht zu begründen.
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Ein Schädigungsvorsatz der Beklagten bzw. ihrer verfassungsmäßigen Vertreter (§ 31 BGB) oder Verrichtungsgehilfen (§ 831 BGB) lässt sich auch nicht daraus ableiten, dass das streitgegenständliche Fahrzeug nach Vortrag des Klägers mit einem sogenannten „Thermofenster“-Mechanismus ausgestattet ist (vgl. BGH, NJW 2021, 3721 Rn. 32). Anders als bei einer Software, die die Situation auf dem Prüfstand erkennt, deswegen in einen anderen Modus schaltet und deren Unzulässigkeit deshalb ebenso wie die Gefahr eines Widerrufs der erschlichenen Betriebszulassung auf der Hand liegt, ist dies beim sog. „Thermofenster“ gerade nicht der Fall. Es sind vorliegend keine Anhaltspunkte dafür erkennbar, dass der Einbau der Einrichtung mit der in Rede stehenden Funktionsweise in den streitgegenständlichen Motor in Kenntnis des Risikos einer Betriebsbeschränkung oder -untersagung der betroffenen Fahrzeuge bzw. in dem Bewusstsein geschehen ist, hiermit möglicherweise gegen die gesetzlichen Vorschriften zu verstoßen und dieser Gesetzesverstoß billigend in Kauf genommen wurde. Denn der Einschätzung im Hinblick auf das Thermofenster konnte auch eine möglicherweise falsche, aber bis zur Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 17.12.2020, NJW 2021, 1216 bzw. bis zu den Urteilen des Europäischen Gerichtshofs vom 14.07.2022 in den Rechtssachen Az. C-128/20, C-134/20 und C-145/20 (vgl. Pressemitteilung des Gerichtshofs der Europäischen Union Nr. 124/22 vom 14.07.2022) dennoch vertretbare Gesetzesauslegung zugrunde liegen, dass es sich um eine zulässige Abschalteinrichtung handele (vgl. BGH, Beschluss vom 15.09.2021 – VII ZR 101/21, BeckRS 2021, 34034 Rn. 24). Im Hinblick auf die unsichere Rechtslage ist nicht dargetan, dass sich den für die Beklagte tätigen Personen die Gefahr einer Schädigung des Klägers hätte aufdrängen müssen (vgl. BGH, Beschluss vom 13.10.2021 – VII ZR 50/21, BeckRS 2021, 38656 Rn. 19). Eine möglicherweise nur fahrlässige Verkennung der Rechtslage genügt für die Feststellung des erforderlichen Vorsatzes nicht. Auch aus einer etwaig unterbliebenen Offenlegung der genauen Wirkungsweise des Thermofensters gegenüber dem Kraftfahrt-Bundesamt folgen keine Anhaltspunkte dafür, dass die für die Beklagte handelnden Personen in dem Bewusstsein agierten, eine unzulässige Abschalteinrichtung zu verwenden. Denn dem Kraftfahrt-Bundesamt war die Verwendung von Thermofenstern bei allen Herstellern und die in diesem Zusammenhang geführte rechtliche Diskussion um den Motorschutz bekannt. Es war deshalb zu einer Überprüfung des Emissionsverhaltens der Fahrzeuge – gegebenenfalls nach weiteren Rückfragen beim Hersteller – ohne weiteres in der Lage (vgl. BGH, Urteil vom 13.01.2022 – III ZR 205/20, BeckRS 2022, 3677 Rn. 25 m. w. N.). Unerheblich ist hierbei, ob es andere technische Möglichkeiten gab, mit denen auch bei geringerer Reduzierung der Abgasrückstände das Risiko von Motorschäden vermieden und zugleich die weiteren Schadstoffgrenzen eingehalten werden konnten. Unabhängig davon, ob solche Möglichkeiten der Beklagten auch bekannt gewesen waren, kann es keine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung darstellen, wenn ein Kfz-Hersteller nicht der Vorreiter der technischen Entwicklung ist (OLG Düsseldorf, Urteil vom 12.03.2020 – I-5 U 110/19, BeckRS 2020, 9904 Rn. 42), zumal die Verordnung (EG) 715/2007 den Einsatz einer bestimmten Technologie nicht vorschreibt (vgl. EuGH, NJW 2022, 3769 Rn. 92).
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(3) Die Erklärungslast des Gegners ist in Bestehen und Umfang davon abhängig, wie die darlegungspflichtige Partei vorgetragen hat (vgl. BGH, Beschluss vom 29.06.2022 – VII ZR 327/21, BeckRS 2022, 19588 Rn. 12; BGH, Urteil vom 23.06.2022 – VII ZR 442/21, BeckRS 2022, 19714 Rn. 25). Vorliegend ist die Beklagte dem Vortrag der Klagepartei entgegengetreten und hat ausgeführt, dass und warum der Vorwurf des Klägers jeder Grundlage entbehrt. Soweit die Beklagte hierbei dem Vortrag des Klägers durch einfaches Bestreiten entgegengetreten ist, ist dieses nicht unzulässig. Ob und inwieweit die nicht darlegungsbelastete Partei ihren Sachvortrag substantiieren muss, lässt sich nur aus dem Wechselspiel von Vortrag und Gegenvortrag bestimmen, wobei die Ergänzung und Aufgliederung des Sachvortrags bei hinreichendem Gegenvortrag immer zunächst Sache der darlegungs- und beweispflichtigen Partei ist (vgl. BGH, NJW-RR 2022, 634 Rn. 18; BGH, NJW 2021, 1669 Rn. 26 m. w. N.). In der Regel genügt daher gegenüber einer Tatsachenbehauptung der darlegungspflichtigen Partei das einfache Bestreiten des Gegners (BGH, Urteil vom 24.03.2022 – VII ZR 266/20, BeckRS 2022, 8394 Rn. 24). Die Hinweise des Klägers auf die sekundäre Darlegungs- und Beweislast der Beklagten aufgrund eines klägerischen Informationsdefizits (vgl. BGH, NJOZ 2021, 1049 Rn. 13 ff.; BGH, NJOZ 2021, 1046 Rn. 15 ff.) gehen ins Leere. Einer sekundären Darlegungslast fehlt es vorliegend an der erforderlichen Grundlage. Eine etwaige sekundäre Darlegungslast der Gegenseite setzt voraus, dass der Anspruchsteller zumindest hinreichende, greifbare Anhaltspunkte hierfür dargelegt hat (vgl. OLG München, NJW-RR 2019, 1497, 1500 Rn. 44), d. h. sie kommt erst zum Tragen, wenn – was hier nicht gegeben ist – die primär darlegungs- und beweisbelastete Partei Anknüpfungstatsachen schlüssig vorgetragen hat und sich daraus eine gewisse Wahrscheinlichkeit für die Richtigkeit ihres Vortrags ergibt (vgl. BGH, Beschluss vom 12.01.2022 – VII ZR 491/21, BeckRS 2022, 6617 Rn. 26; BGH, NJW 2015, 947, 948; OLG Stuttgart, NZV 2019, 579, 586 Rn. 90). In diesem Fall hat der Gegner nach den Grundsätzen der sekundären Darlegungslast auf die Behauptungen der darlegungs- und beweisbelastete Partei substanziiert, das heißt mit näheren Angaben zu erwidern, wenn sein Bestreiten nach § 138 Abs. 2 und 3 ZPO beachtlich sein soll (vgl. BGH, Beschluss vom 12.01.2022 – VII ZR 491/21, BeckRS 2022, 6617 Rn. 25; BGH, NJW-RR 2019, 467 Rn. 17 m. w. N.). Die Betroffenheit einer Vielzahl von Fahrzeugen reicht für eine sekundäre Darlegungslast der Beklagten nicht aus (vgl. BGH, Beschluss vom 12.01.2022 – VII ZR 424/21, BeckRS 2022, 7010 Rn. 39). Die sekundäre Darlegungslast führt weder zu einer Umkehr der Beweislast noch zu einer über die prozessuale Wahrheitspflicht und Erklärungslast (§ 138 Abs. 1 und 2 ZPO) hinausgehenden Verpflichtung des in Anspruch Genommenen, dem Anspruchsteller alle für seinen Prozesserfolg benötigten Informationen zu verschaffen (vgl. BGH, NJW 2021, 1669 Rn. 27; Zöller/Greger, ZPO vor § 284 Rn. 34). Auch begründet eine sekundäre Darlegungslast keine prozessuale Verpflichtung, Urkunden vorzulegen. Eine Pflicht zur Vorlage von Urkunden der nicht beweisbelasteten Partei folgt nur aus den speziellen Vorschriften der §§ 422, 423 ZPO oder aus einer Anordnung des Gerichts nach § 142 Abs. 1 ZPO (vgl. BGH, Beschluss vom 23.02.2022 – VII ZR 252/20, BeckRS 2022, 9437 Rn. 13).
26
Insbesondere obliegt es vorliegend nicht der Beklagten darzulegen, mit welchen Angaben ihre Entscheidungsträger die Verwendung des sogenannten „Thermofensters“ bzw. der weiteren, klägerseits vorgetragenen unzulässigen Abschalteinrichtungen gegenüber dem Kraftfahrtbundesamt begründet und auf welcher Grundlage sie dieses/diese in Anwendung der Ausnahmeregelung des Art. 5 Abs. 2 S. 2 VO (EG) Nr. 715/2007 für zulässig gehalten haben (OLG Bremen, NJOZ 2021, 489 Rn. 54 m. w. N.). Vielmehr ist grundsätzlich der Kläger als Gläubiger des geltend gemachten Anspruchs in vollem Umfang darlegungs- und beweisbelastet für die Voraussetzungen einer Haftung der Beklagten nach § 826 BGB (vgl. BGH, NJW 2020, 1962 Rn. 35), was auch die tatsächlichen objektiven und subjektiven Umstände einschließt, aus denen sich der Vorwurf der Sittenwidrigkeit ergeben soll. Zwar ist hinsichtlich der Bestimmung des Art. 5 Abs. 2 der VO (EG) 715/2007, die eng auszulegen ist, davon auszugehen, dass eine Abschalteinrichtung nur dann „notwendig“ im Sinne dieser Bestimmung ist, wenn zum Zeitpunkt der EG-Typgenehmigung dieser Einrichtung oder des mit ihr ausgestatteten Fahrzeugs keine andere technische Lösung unmittelbare Risiken für den Motor in Form von Beschädigung oder Unfall, die beim Fahren eines Fahrzeugs eine konkrete Gefahr hervorrufen, abwenden kann (vgl. EuGH, NJW 2022, 3769 Rn. 94 m. w. N.). Die Verwendung einer Abschalteinrichtung ist aber auch für den Fall der Unzulässigkeit derselben nicht ohne weiteres als sittenwidrig anzusehen, sondern bedarf nach den oben dargelegten Kriterien auch des Vorliegens der zusätzlichen Voraussetzungen einer besonderen Verwerflichkeit des Verhaltens der Beklagten. Daraus ergibt sich, dass auch nicht das Vorliegen der Voraussetzungen des Art. 5 Abs. 2 S. 2 VO (EG) Nr. 715/2007 bzw. ein Handeln der Beklagten in der Annahme des Vorliegens dieser Voraussetzungen lediglich ausnahmsweise eine ansonsten begründete Sittenwidrigkeit entfallen ließe (in diesem Fall wäre eine Darlegungs- und Beweislast der Beklagten hinsichtlich der Voraussetzungen dieser Ausnahme bzw. ihres Vertrauens auf deren Anwendung anzunehmen, vgl. BGH, NJW-RR 2009, 1207 Rn. 23), sondern es bleibt vielmehr insoweit bei der vollen Darlegungs- und Beweislast des Klägers (vgl. OLG Bremen, NJOZ 2021, 489 Rn. 54).
27
Anders als der Kläger meint, ist der Vortrag des Klägers von der Beklagten auch nicht im Sinne des § 138 Abs. 3 ZPO zugestanden. Die Last, sich auf die Behauptungen des Gegners zu erklären, setzt entsprechend schlüssige Behauptungen voraus (vgl. Musielak/Voit/Stadler, 19. Auflage 2022, ZPO § 138 Rn. 10; Zöller/Greger, ZPO § 138 Rn. 9). Da von vornherein unschlüssiger Vortrag gerade nicht den Schluss auf die geltend gemachte Rechtsfolge zulässt, muss er im Grunde nicht bestritten werde, um die Folge nach § 138 Abs. 3 ZPO auszuschließen (vgl. MüKoZPO/Fritsche, ZPO § 138 Rn. 18). Ungeachtet dessen hat die Beklagte bereits in der Klageerwiderung dargelegt, das aus ihrer Sicht der Kläger unsubstantiiert ins Blaue hinein vorgetragen habe. Unter diesen Umständen kann nicht geschlossen werden, dass die Beklagte Vortrag des Klägers unstreitig im Sinne von § 138 Abs. 3 ZPO stellen wollte.
28
(4) Für eine Anordnung des Senats gemäß §§ 273 Abs. 2 Nr. 2, 5, 142 Abs. 1 ZPO gegenüber der Beklagten bzw. dem Kraftfahrt-Bundesamt des Inhalts, dass diesen aufgegeben wird, den Rückrufbescheid des Kraftfahrt-Bundesamtes offenzulegen und diesen zur Akte zu reichen, besteht unter Berücksichtigung insbesondere der DIN EN ISO 9001 als Norm im Qualitätsmanagement und des möglichen Erkenntniswertes und der Verhältnismäßigkeit einer Anordnung, des Umstandes, dass die gesamte Softwareausstattung des streitgegenständlichen Fahrzeugs dem Kläger nicht zugänglich ist und unter Beachtung berechtigte Belange des Geheimnis- und Persönlichkeitsschutzes der Beklagten kein Anlass. Die Vorschrift des § 142 ZPO befreit die Partei, die sich auf eine Urkunde bezieht, nicht von ihrer Darlegungs- und Substanziierungslast (vgl. BGH, NJW 2014, 3312 Rn. 29). Dementsprechend darf das Gericht die Urkundenvorlegung nicht zum Zwecke bloßer Informationsgewinnung, sondern nur bei Vorliegen eines schlüssigen, auf konkrete Tatsachen bezogenen Vortrags anordnen (vgl. BGH, NJW 2014, 3312 Rn. 29). Dieses ist hier nicht der Fall. Auch der erfolgte Hinweis des Klägers auf die sekundäre Darlegungs- und Beweislast der Beklagten geht insoweit ins Leere. Eine allgemeine prozessuale Aufklärungspflicht der nicht darlegungs- und beweispflichtigen Partei besteht nicht (vgl. BGH, NJW 2007, 155 Rn. 7).
29
cc) Auch die Voraussetzungen der §§ 823 Abs. 2, 31 BGB/831 BGB i. V. m. § 263 Abs. 1 StGB sind nicht erfüllt, da es auch hier an der substantiierten Darlegung eines entsprechenden Vorsatzes gemäß §§ 15, 16 Abs. 1 StGB der Beklagten im Zeitpunkt des Fahrzeugerwerbs hinsichtlich des objektiven Tatbestandsmerkmals der Erregung oder Unterhaltung eines Irrtums der vermeintlich geschädigten Klägers fehlt. Im Übrigen wäre auch die für den Betrugstatbestand erforderliche Stoffgleichheit zwischen einer etwaigen Vermögenseinbuße des Klägers mit den denkbaren Vermögensvorteilen, die ein verfassungsmäßiger Vertreter (§ 31 BGB) oder Verrichtungsgehilfe (§ 831 BGB) der Beklagten für sich oder einen Dritten erstrebt haben könnte, nicht gegeben, weil diese bzw. die Beklagte keinen unmittelbaren Vorteil aus dem Kaufvertrag des Klägers mit der ziehen konnten (vgl. BGH, NJW 2020, 2798, 2801). Ein etwaiger dem Kläger entstandener Schaden kann stoffgleich allenfalls mit dem Vorteil sein, der dem Verkäufer aus dem Fahrzeugverkauf zugeflossen ist (vgl. BGH, VersR 2022, 1242 Rn. 26; BGH, Beschluss vom 14.09.2021 – VI ZR 491/20, BeckRS 2021, 29971 Rn. 14; BGH, NJW 2020, 2798, 2801 OLG Karlsruhe, Urteil vom 12.05.2021 – 6 U 15/20, BeckRS 2021, 16080 Rn. 124).
30
dd) (1) Ebenfalls kann der Kläger den geltend gemachten Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte nicht aus § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 31 BGB bzw. § 831 BGB, Art. 5 Abs. 1, 2 i. V. m. Art. 3 Nr. 10 VO (EG) Nr. 715/2007, Art. 4 Abs. 2 UAbs. 2 (EG) Nr. 715/2007 bzw. den §§ 6 Abs. 1, 27 Abs. 1 EG-FGV herleiten. Dieser Anspruch scheitert – neben der fehlenden schlüssigen Darlegung des erforderlichen subjektiven Tatbestandes, s. o. – bereits am Schutzcharakter des Art. 5 VO (EG) Nr. 715/2007 bzw. der §§ 6 Abs. 1, 27 Abs. 1 EG-FGV (vgl. BGH, NJW 2020, 2798, 2799 f.; BGH, NJW 2020, 1962 Rn. 76; OLG Düsseldorf, Urteil vom 12.03.2020 – I-5 U 110/19, BeckRS 2020, 9904 Rn. 47 ff.; OLG Bremen, NJOZ 2021, 489, 495 ff.). Gleiches gilt hinsichtlich eines Schadensersatzanspruchs des Klägers aus § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. Art. 18 Abs. 1 der RL 2007/46/EG (vgl. BGH, Beschluss vom 14.02.2022 – VIa ZR 204/21, BeckRS 2022, 3564; BGH, Hinweisbeschluss vom 15.06.2021 – VI ZR 566/20, BeckRS 2021, 20209 Rn. 8).
31
(2) Ein Grund zur Aussetzung des Verfahrens gemäß § 148 ZPO (analog) liegt nicht vor. Die ausstehende Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union in der Rechtssache C-100/21 zu der Frage, ob Bestimmungen der RL 2007/46/EG Drittschutz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB vermitteln, ist für den anhängigen Rechtsstreit nicht vorgreiflich. Daran ändern auch die Schlussanträge des Generalanwalts vom 02.06.2022 in der Rechtssache C-100/21 nichts (vgl. OLG Schleswig, Beschluss vom 18.07.2022 – 7 U 198/21, BeckRS 2022, 18482 Rn. 27), zumal nach Art. 252 Abs. 2 AEUV der Generalanwalt öffentlich in völliger Unparteilichkeit und Unabhängigkeit begründete Schlussanträge zu den Rechtssachen, in denen nach der Satzung des Europäischen Gerichtshofs seine Mitwirkung erforderlich ist, stellt und der Europäische Gerichtshof weder an diese Schlussanträge noch an ihre Begründung durch den Generalanwalt gebunden ist (vgl. EuGH, NJW 2020, 667 Rn. 49).
32
(a) Zwar haben ausweislich der Stellungnahme der Europäischen Kommission vom 19.12.2019, Rn. 75 ff., in der aufgrund des Vorabentscheidungsersuchens des Landgerichts Gera inzwischen aus dem Register des Europäischen Gerichtshofs gestrichenen Rechtssache C-663/19 die RL 2007/46/EG und die Verordnung (EG) Nr. 715/2007 insofern drittschützende Wirkung zugunsten der Fahrzeugerwerber, als deren Interesse betroffen ist, „dass ein erworbenes Fahrzeug zur Nutzung im Straßenverkehr zugelassen wird und dass diese Nutzung nicht aufgrund mangelnder Übereinstimmung mit dem genehmigten Typ bzw. den für diesen Typ geltenden Rechtsvorschriften untersagt wird“. Der Verordnung (EG) Nr. 715/2007, die unmittelbar anwendbar ist, misst aber selbst der Generalanwalt in seinen Schlussanträgen vom 02.06.2022 keine Wirkung zum Schutz der Interessen eines individuellen Erwerbers eines Kraftfahrzeugs, das mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung ausgestattet ist, zu (vgl. OLG Nürnberg, Beschluss vom 11.07.2022 – 2 U 3838/21, BeckRS 2022, 16603 Rn. 17 unter Hinweis auf Generalanwalt beim EuGH, Schlussantrag vom 02.06.2022 – C-100/21, ECLI:ECLI:EU:C:2022:420, Rn. 41). Selbst wenn man der Auffassung des Generalanwalts folgen sollte, dass die Art. 18 Abs. 1, Art. 26 Abs. 1 und Art. 46 der RL 2007/46/EG dahingehend auszulegen seien, dass sie die Interessen eines individuellen Erwerbers eines Kraftfahrzeugs schützen, insbesondere das Interesse, kein Fahrzeug zu erwerben, das mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung gemäß Art. 5 Abs. 2 der VO (EG) Nr. 715/2007 ausgestattet ist (vgl. Generalanwalt beim EuGH, Schlussantrag vom 02.06.2022 – C-100/21, ECLI:ECLI:EU:C:2022:420, Rn. 50), ändert dies nichts daran, dass die RL 2007/46/EG selbst mangels unmittelbarer Geltung (vgl. Art. 288 Abs. 3 AEUV) als Schutzgesetz ausscheidet (vgl. OLG Nürnberg, Beschluss vom 11.07.2022 – 2 U 3838/21, BeckRS 2022, 16603 Rn. 18 ff.; Grüneberg/Sprau, BGB § 823 Rn. 57 m. w. N.).
33
(b) Unabhängig von der Frage, ob die Vorschriften der RL 2007/46/EG bzw. die zur Umsetzung der Richtlinie erlassenen §§ 6 und 27 EG-FGV auch drittschützend sind, ist die Rückabwicklung eines angeblich ungewollten Vertrags nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs jedenfalls nicht vom Schutzzweck des Typgenehmigungsrechts erfasst. Neben weiteren Voraussetzungen kommt es für einen Schadensersatzanspruch nach § 823 Abs. 2 BGB nämlich darauf an, dass sich im konkreten Schaden die Gefahr verwirklicht hat, vor der die betreffende Norm schützen sollte (vgl. BGH, NJW 2020, 1962 Rn. 73; OLG Schleswig, Beschluss vom 18.07.2022 – 7 U 198/21, BeckRS 2022, 18482 Rn. 29). Das – auch hier – geltend gemachte wirtschaftliche Selbstbestimmungsinteresse, nicht zur Eingehung einer ungewollten Verbindlichkeit veranlasst zu werden, liegt nicht im sachlichen Aufgabenbereich der Vorschriften des Typgenehmigungsrechts bzw. des deutschen Umsetzungsrechts (vgl. BGH, Urteil vom 24.03.2022 – III ZR 270/20, BeckRS 2022, 10055 Rn. 28; BGH, NJW 2020, 1962 Rn. 75 f.; OLG Schleswig, Beschluss vom 18.07.2022 – 7 U 198/21, BeckRS 2022, 18482 Rn. 29). Daran haben auch die Schlussanträge des Generalanwalts vom 02.06.2022 in der Rechtssache C-100/21 nichts geändert. Die Schlussanträge haben nur solche Schäden im Blick, die dadurch entstehen, dass ein Fahrzeug nicht zugelassen oder nicht weiterveräußert werden kann (vgl. Generalanwalt beim EuGH, Schlussantrag vom 02.06.2022 – C-100/21, ECLI:ECLI:EU:C:2022:420, Rn. 48). Schäden, die aus einer etwaig ungültigen und auch den Käufer schützenden Übereinstimmungsbescheinigung resultieren – z. B. Schäden aus einer verzögerten Fahrzeugzulassung oder einer konkret drohenden Betriebsuntersagung –, machen Kläger aber regelmäßig nicht geltend, wenn sie behaupten, einen vermeintlich ungewollten Vertrag rückgängig machen zu wollen (vgl. BGH, NJW 2020, 1962 Rn. 74 ff.; OLG Schleswig, Beschluss vom 18.07.2022 – 7 U 198/21, BeckRS 2022, 18482 Rn. 29).
34
(c) So liegt der Fall auch hier. Das Fahrzeug des Klägers ist zugelassen und die Betriebserlaubnis nicht wieder entzogen worden. Als verletztes Schutzgut macht der Kläger sein wirtschaftliches Selbstbestimmungsrecht und damit den Schutz des Käufers vor dem Abschluss eines ungewollten Vertrags geltend (vgl. Berufungsbegründung, S. 59, 61). Der Bundesgerichtshof war berechtigt, die Frage, ob ein bestimmtes Interesse dem sachlichen Schutzbereich einer Norm unterfällt, selbst zu entscheiden. Denn die Bestimmung des sachlichen Anwendungsbereichs eines Schutzgesetzes obliegt den nationalen Gerichten (vgl. EuGH, NVwZ 2013, 565 Rn. 45 ff.; BGH, NVwZ 2022, 896 Rn. 11; Generalanwalt beim EuGH, Schlussantrag vom 02.06.2022 – C-100/21, ECLI:ECLI:EU:C:2022:420, Rn. 55, 61). Der Bundesgerichtshof geht davon aus, dass bei Verfahren, in denen lediglich eine Verletzung des wirtschaftlichen Selbstbestimmungsrechts geltend gemacht wird, sämtliche für den Fall relevanten europarechtlichen Fragestellungen geklärt sind (sog. „acte clair“, vgl. BGH, NJW 2020, 1962 Rn. 74 ff.). Vor diesem Hintergrund besteht kein Anlass, im Hinblick auf das vom Kläger in der Berufungsbegründung in Bezug genommene Votum des Generalanwalts in der Rechtssache C-100/21 im vorliegenden Berufungsverfahren ein Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union in der vorgenannten Rechtssache abzuwarten (vgl. OLG Schleswig, Beschluss vom 18.07.2022 – 7 U 198/21, BeckRS 2022, 18482 Rn. 39 m. w. N.). Der Senat schließt sich den überzeugenden Erwägungen des Bundesgerichtshofs an (vgl. BGH, Urteil vom 24.03.2022 – III ZR 270/20, BeckRS 2022, 10055 Rn. 29 m. w. N.). Die Berufungsbegründung gibt keinen Anlass, davon abzuweichen.
35
(3) Darüber hinaus fehlt es bezüglich des sog. Thermofensters am gemäß § 823 Abs. 2 BGB erforderlichen Verschulden der Beklagten. Fahrlässigkeit hinsichtlich eines Verstoßes gegen drittschützende Normen kann hier nicht festgestellt werden.
36
(a) Maßstab für die Bestimmung der Fahrlässigkeit im Rahmen von § 823 Abs. 2 BGB ist § 276 Abs. 2 BGB (vgl. BGH, VersR 1968, 378, 379; MüKoBGB/Wagner, 8. Auflage 2020, BGB § 823 Rn. 611). Gemäß dieser Vorschrift handelt fahrlässig, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt. Welche Sorgfalt jeweils erfordert wird, ist ohne Rücksicht auf die individuellen Kenntnisse und Fähigkeiten des Betroffenen nach einem objektiven Maßstab zum Zeitpunkt der Verursachung des Schadens bzw. dem Zeitpunkt, zu dem eine Schadensabwendung in Betracht kam, zu beurteilen (vgl. BGH, NJW 2021, 1818 Rn. 32 m. w. N.; OLG Hamm, Beschluss vom 04.08.2022 – 21 U 106/21, BeckRS 2022, 19655 Rn. 10; Grüneberg/Grüneberg, BGB, § 276 Rn. 15 f). Fahrlässigkeit setzt unter anderem die Erkennbarkeit der Rechtswidrigkeit voraus. Ein Rechtsirrtum ist nur ganz ausnahmsweise unvermeidbar, wenn der Schuldner nach sorgfältiger Prüfung der Sach- und Rechtslage mit einem Unterliegen im Rechtsstreit nicht zu rechnen brauchte. Es genügt zum Beispiel, wenn die zuständige Aufsichtsbehörde die Rechtsfrage zugunsten des Schuldners beantwortet hätte. In diesem Fall sind auch die sonst zu fordernden Erkundigungen des Schuldners über Bestand und Umfang seiner Verpflichtung entbehrlich und scheidet eine Haftung nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit dem Schutzgesetz aus (vgl. BGH, NJW-RR 2017, 1004, 1005; OLG Hamm, Urteil vom 24.06.2022 – 30 U 90/21, BeckRS 2022, 18539 Rn. 66; OLG Hamm, Beschluss vom 04.08.2022 – 21 U 106/21, BeckRS 2022, 19655 Rn. 10).
37
(b) Unter Beachtung dieser Grundsätze hat die Beklagte durch den Einbau eines sog. Thermofensters in das streitgegenständliche Fahrzeug nicht fahrlässig gehandelt. Das Kraftfahrt-Bundesamt ist und war gemäß § 2 Abs. 1 EG-FGV in Verbindung mit Art. 3 Nr. 29 und Art. 4 Abs. 4 und Abs. 2 der RL 2007/46/EG diejenige Behörde, die in Deutschland für die Einhaltung der unionsrechtlichen Vorgaben zu sorgen hat. Hätte die Beklagte das Kraftfahrt-Bundesamt um entsprechende Auskunft gebeten, hätte das Kraftfahrt-Bundesamt das von der Beklagten im Fahrzeug des Klägers verwendeten Thermofenster jedoch nicht als unzulässig beurteilt (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 24.06.2022 – 30 U 90/21, BeckRS 2022, 18539 Rn. 65 ff., 69 f.). Dieser Schluss ist im Hinblick auf das Thermofenster schon deshalb gerechtfertigt, weil dem Kraftfahrt-Bundesamt sowohl das Vorhandensein als auch die grundsätzliche Funktionsweise und die in diesem Zusammenhang geführte rechtliche Diskussion um den Motorschutz seit Jahren bekannt ist (vgl. BGH, VersR 2022, 1173 Rn. 25; OLG Hamm, Urteil vom 24.06.2022 – 30 U 90/21, BeckRS 2022, 18539 Rn. 70). Da das Verschulden nach objektiv-normativen Kriterien verkehrskreisbezogen festzustellen ist, ergibt sich eine Bewertung als pflichtwidrig insofern nicht.
38
ee) Zwar kann sich ein Anspruch des Verbrauchers auch aus einer Verletzung des § 16 Abs. 1 UWG ergeben, da dieser Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB ist (vgl. BGH, GRUR 2008, 818, 825 Rn. 87 Bornkamm, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, 40. Auflage 2022, UWG § 16 Rn. 32). Eine Verletzung von § 16 Abs. 1 UWG setzt aber zumindest bedingten Vorsatz voraus (vgl. Bornkamm, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG § 16 Rn. 17), welcher hier aus den oben dargelegten Gründen nicht gegeben ist.
39
ff) Dem Kläger steht gegen die Beklagte auch kein Schadensersatzanspruch gemäß § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 1 GWB, Art. 101 AEUV zu. Einen schlüssigen Sachverhalt, dass die Beklagte an wettbewerbsbeschränkenden Absprachen beteiligt war, trägt der Kläger nicht vor.
40
c) Es liegt keine Verletzung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) der Klagepartei vor. Vorliegend hat das Landgericht für die Beurteilung des Streitfalls bedeutsames beweisbewehrtes Vorbringen in den Schriftsätzen des Klägers nicht übergangen, zumal das Landgericht in seinem Urteil namentlich auf die Frage eines Schädigungsvorsatzes der Beklagten, auf den Bescheid des Kraftfahrt-Bundesamts vom 17.10.2018 und das vom Kläger behauptete Thermofenster eingegangen ist. Dessen ungeachtet lässt das angefochtene Urteil auch im Übrigen erkennen, dass das Landgericht das gesamte Vorbringen des Klägers sowie dessen Beweisangebote zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat (vgl. BGH, NJW-RR 2022, 928 Rn. 5). Das Landgericht hat insbesondere den Kern des Inhalts der Anträge des Klägers nicht verkannt. Nicht zu beanstanden ist auch, dass das Landgericht dem vom Kläger angebotenen Zeugen- und Sachverständigenbeweis hinsichtlich der vom Kläger nicht von (unstreitigen oder bewiesenen) Anhaltspunkten getragen, pauschal behaupteten Abschalteinrichtungen nicht nachgekommen ist. Konkrete Indizien für die Richtigkeit seiner Behauptungen hat der Kläger nicht aufgezeigt. Der Einholung eines Sachverständigengutachtens bzw. der Anhörung der vom Kläger angebotenen Zeugen bedarf es aus den o. g. Gründen auch aufgrund des Vortrags des Klägers in der Berufungsbegründung nicht.
41
d) Mangels eines Anspruchs in der Hauptsache steht dem Kläger auch kein Anspruch auf Zinsen zu. Die Berufung erweist sich daher insgesamt als unbegründet.
42
e) Dem Antrag des Klägers auf Zulassung der Revision ist nicht zu entsprechen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Klärungsbedürftige Rechtsfragen stellen sich nicht. Gründe im Sinne des § 543 ZPO stehen dem Beschlussverfahren nicht entgegen. Die Voraussetzungen einer Haftung gemäß § 826 BGB sind höchstrichterlich abstrakt seit langem geklärt (vgl. BGH, Beschluss vom 01.12.2022 – VII ZR 278/20, BeckRS 2022, 42610 Rn. 11) und durch die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 25.05.2020 – VI ZR 252/19, BGHZ 225, 316 hinsichtlich der Entwicklung und des Einsatzes einer unzulässigen Abschalteinrichtung im Rahmen der Abgasreinigung weiter konkretisiert worden. Ob die Voraussetzungen für eine Haftung der Beklagten gemäß § 826 BGB wegen einer unzulässigen Abschalteinrichtung vorliegen, hängt von den in tatrichterlicher Würdigung des jeweiligen Sachvortrags zu treffenden Feststellungen des Berufungsgerichts ab und kann nicht Gegenstand einer grundsätzlichen Klärung durch den Bundesgerichtshof sein (vgl. BGH, Beschluss vom 21.03.2022 – VIa ZR 334/21, BeckRS 2022, 10201 Rn. 13; BGH, Beschluss vom 12.01.2022 – VII ZR 424/21, BeckRS 2022, 7010 Rn. 18). Grundsätzliche Bedeutung ist insbesondere nicht deshalb anzunehmen, weil im Revisionsverfahren eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union gemäß Art. 267 AEUV notwendig wäre (vgl. BGH, Beschluss vom 03.11.2022 – III ZR 308/20, BeckRS 2022, 33427 Rn. 2).
II.
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Aus den dargelegten Gründen hat die Berufung unter keinem Gesichtspunkt Aussicht auf Erfolg. Der Senat beabsichtigt daher, die Berufung des Klägers gemäß § 522 Abs. 2 S. 1 ZPO zurückzuweisen.
44
Nach Sachlage empfiehlt es sich, zur Vermeidung unnötiger weiterer Kosten die Rücknahme der Berufung binnen o. g. Frist zu prüfen. Im Falle einer Rücknahme ermäßigt sich gemäß Nr. 1222 S. 2 KV zum GKG die Gebühr für das Verfahren im Allgemeinen von 4,0 auf 2,0. gez.