Titel:
Kein Anspruch auf Einstellung in den gehobenen Dienst der Bundespolizei bei Überschreitung der Höchstaltersgrenze
Normenketten:
BPolLV § 5 Abs. 3 S. 2, Abs. 5 S. 1
VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 1
Leitsätze:
1. Die Darlegung von ernstlichen Zweifeln iSv § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO erfordert, dass vom Rechtsmittelführer ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung des Verwaltungsgerichts mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt wird. (Rn. 6 – 7) (redaktioneller Leitsatz)
2. § 5 Abs. 5 S. 1 BPolLV, wonach bei erheblichem dienstlichen Interesse das Bundespolizeipräsidium Ausnahmen von den Höchstaltersgrenzen zulassen kann, besteht allein im öffentlichen Interesse und begründet kein subjektives Recht eines Bewerbers auf ein öffentliches Amt. (Rn. 10) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Bundespolizei, Ablehnung der Einstellung in den gehobenen Dienst, Höchstaltersgrenze, Ausnahmen
Vorinstanz:
VG München, Urteil vom 28.06.2023 – M 21b K 22.6282
Fundstelle:
BeckRS 2023, 29911
Tenor
I. Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 28. Juni 2023 – M 21b K 22.6282 – wird abgelehnt.
II. Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 9.345,24 € festgesetzt.
Gründe
1
Der Antrag des Klägers‚ die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zuzulassen‚ bleibt ohne Erfolg.
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Die innerhalb der Darlegungsfrist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO geltend gemachten Zulassungsgründe liegen nicht vor (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO).
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1. Der Kläger begeht die Feststellung, dass die Ablehnung seiner Einstellung in den gehobenen Dienst der Bundespolizei rechtswidrig war. Am 27. Januar 2022 bewarb er sich im Alter von 39 Jahren um eine Einstellung in den Vorbereitungsdienst des gehobenen Polizeivollzugsdienstes der Bundespolizei zum Einstellungstermin 1. September 2022. Mit Bescheid vom 28. April 2022 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass seine Bewerbung um die Einstellung in den gehobenen Polizeivollzugsdienst nicht berücksichtigt werden könne, weil er die zulässige Höchstaltersgrenze nach § 5 BPolLV von unter 34 Jahren zum Zeitpunkt des Einstellungstermins bereits überschritten habe und sich der Bewerbung keine Hinweise entnehmen ließen, die eine Ausnahme von dieser Höchstaltersgrenze ermöglichten. Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 4. Oktober 2022 zurück.
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Mit Urteil vom 28. Juni 2023 wies das Verwaltungsgericht die Klage ab. Die Klage sei als Fortsetzungsfeststellungsklage gemäß § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO (doppelt) analog zulässig. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Zulassung zum weiteren Auswahlverfahren und Einstellung in den Vorbereitungsdienst des gehobenen Polizeivollzugsdienstes der Bundespolizei gehabt. Er habe zum Einstellungstermin die rechtmäßig festgesetzte Altershöchstgrenze von unter 34 Jahren gemäß § 5 Abs. 3 Satz 2 BPolLV überschritten, die im vorliegenden Fall nicht nach § 5 Abs. 4 Satz 1 BPolLV angehoben gewesen sei. Die Voraussetzungen für eine Ausnahme nach § 5 Abs. 5 Satz 1 oder 2 BPolLV hätten nicht vorgelegen.
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2. Die vom Kläger gegen das erstinstanzliche Urteil vorgebrachten Zulassungsgründe, auf deren Prüfung der Senat beschränkt ist (§ 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO), rechtfertigen nicht die Zulassung der Berufung nach § 124 Abs. 2 VwGO.
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a) An der Richtigkeit des angegriffenen Urteils bestehen keine ernstlichen Zweifel im Sinn von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.
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Dieser Zulassungsgrund wäre begründet, wenn vom Rechtsmittelführer ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung des Verwaltungsgerichts mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt würde (vgl. BVerfG, B.v. 23.6.2000 – 1 BvR 830/00 – NVwZ 2000, 1163/1164; B.v. 23.3.2007 – 1 BvR 2228/02 – BayVBl 2007, 624). Das ist nicht der Fall.
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Der Zulassungsantrag meint, das Verwaltungsgericht habe den Ausnahmetatbestand des § 5 Abs. 5 Satz 1 BPolLV aus mehreren Gründen fehlerhaft angewendet. Damit hält er den entscheidungstragenden Erwägungen im erstinstanzlichen Urteil nichts Stichhaltiges entgegen, das Zweifel an seiner Richtigkeit begründet und weiterer Prüfung in einem Berufungsverfahren bedarf.
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Nach § 5 Abs. 3 Satz 2 BPolLV kann in den Vorbereitungsdienst für den gehobenen oder höheren Polizeivollzugsdienst in der Bundespolizei eingestellt werden, wer noch nicht 34 Jahre alt ist. Einstellungshöchstaltersgrenzen dienen der Schaffung eines ausgewogenen zeitlichen Verhältnisses zwischen Lebensdienstzeit und Ruhestandszeit. Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass sich die Alimentation des Beamten im Ruhestand nur rechtfertigt, wenn dessen Arbeitskraft dem Dienstherrn zuvor über einen längeren Zeitraum zur Verfügung gestanden hat (BVerwG, U.v. 11.10.2016 – 2 C 11.15 – juris Rn. 18; BVerfG, B.v. 21.4.2015 – 2 BvR 1322/12, 2 BvR 1989/12 – juris Rn. 80). Bei bestimmten Berufen wie dem Polizeivollzugsdienst stellt das Alter ein Eignungsmerkmal dar (BVerfG, B.v. 21.4.2015 – 2 BvR 1322/12, 2 BvR 1989/12 – juris Rn. 68).
10
Der Kläger hat zum Einstellungszeitpunkt am 1. September 2022 die Altershöchstgrenze überschritten, da er zu diesem Zeitpunkt 39 Jahre alt war. Entgegen den Ausführungen im Zulassungsantrag kann er sich nicht auf die Ausnahmevorschrift des § 5 Abs. 5 Satz 1 BPolLV berufen. Denn diese Vorschrift besteht allein im öffentlichen Interesse und begründet kein subjektives Recht eines Bewerbers auf ein öffentliches Amt. Danach darf das Bundespolizeipräsidium Ausnahmen von Absatz 3 bis zu den Höchstaltersgrenzen nach Absatz 4 Satz 2 dann zulassen, wenn ein erhebliches dienstliches Interesse besteht. Die Norm gewährt ausschließlich dem Dienstherrn die Möglichkeit, von der Einstellungshöchstaltersgrenze Ausnahmen im eigenen Interesse zuzulassen. Das folgt schon aus ihrem Wortlaut, der „erhebliches dienstliches Interesse“ voraussetzt. Entsprechendes folgt aus Satz 3 der Vorschrift, der im Hinblick auf den Begriff des öffentlichen Interesses erläutert, dass dieses insbesondere vorliegt, wenn die Ausnahmeerteilung zur Sicherstellung der erforderlichen Aufgabe erforderlich ist (vgl. BVerwG, U.v. 11.10.2016 – 2 C 11.15 – juris Rn. 27, 28; BayVGH, B.v. 28.9.2018 – 6 ZB 18.1642 – juris Rn. 11). Daher kommt es entgegen den Ausführungen im Zulassungsantrag nicht darauf an, ob der Kläger die individuellen Voraussetzungen des § 5 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 BPolLV besitzt.
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Die Stellungnahme des Einstellungsberaters vom 18. März 2022 ist – wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat – vor diesem rechtlichen Hintergrund irrelevant.
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b) Die Rechtssache weist keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten auf (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO).
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Entgegen der Ansicht des Klägers liegen hinsichtlich der Fragen, ob das Volontariat als Berufsabschluss im Sinne des § 5 Abs. 5 Nr. 1 BPolLV zu sehen ist und inwieweit eine berufliche Erfahrung besonders förderlich im Sinne des § 5 Abs. 5 Nr. 2 BPolLV ist, keine besonderen tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten vor, die in einem Berufungsverfahren zu klären wären. Denn auf diese Fragen kommt es im hiervorliegenden Fall aus den oben genannten Gründen nicht an.
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3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47, § 52 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 GKG.
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Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit ihm wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).