Inhalt

VGH München, Urteil v. 14.09.2023 – 6 B 23.837
Titel:

Anerkennung der Laufbahnbefähigung für den mittleren, nichttechnischen Verwaltungsdienst

Normenketten:
BBG § 17 Abs. 1, Abs. 3, Abs. 6, § 26 Abs. 1 Nr. 1
BLV § 7 Abs. 2 lit. a, § 8 Abs. 1, § 19 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3
Leitsatz:
Eine abgeschlossene Berufsausbildung zum Bürokaufmann kann in § 17 Abs. 6 BBG berücksichtigt werden, obwohl sie bereits im Rahmen des § 17 Abs. 3 Nr. 1 lit. b BBG als Bildungsvoraussetzung berücksichtigt worden ist. Es gibt insoweit kein „Doppelverwertungsverbot“ dahin, dass die Berufsausbildung bereits mit ihrer Berücksichtigung als allgemeinen Bildungsvoraussetzung für die Laufbahn „verbraucht“ ist. (Rn. 23) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Bundesbeamtenrecht, Laufbahnbefähigung für den mittleren nichttechnischen Verwaltungsdienst, Anerkennung der Laufbahnbefähigung, Hautschulabschluss, abgeschlossene Berufsausbildung, Ausbildung zum Bürokaufmann, hauptberufliche Tätigkeit
Vorinstanz:
VG Regensburg, Urteil vom 30.11.2022 – RN 1 K 22.70
Fundstelle:
BeckRS 2023, 29910

Tenor

I.    Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 30. November 2022 – RN 1 K 22.70 – aufgehoben. Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheids der Generalzolldirektion vom 11. Mai 2021 in der Gestalt des Widerspruchs-bescheids vom 26. August 2021 verpflichtet, die Laufbahnbefähigung des Klägers für den mittleren nichttechnischen Verwaltungsdienst an¬zuerkennen.
II.    Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens beider Instanzen. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Widerspruchsverfahren war not¬wendig.
III.    Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, falls nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV.    Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 5.000,00 Euro fest¬gesetzt.
IV.    Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

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Der Kläger, der als Tarifbeschäftigter bei einem Hauptzollamt der Beklagten seine Verbeamtung anstrebt, begehrt die Anerkennung der Laufbahnbefähigung für den mittleren, nichttechnischen Verwaltungsdienst in der Zollverwaltung.
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Der 1995 geborene Kläger hatte mit Zeugnis vom 23. Juli 2010 den qualifizierenden Hauptschulabschluss erworben und danach eine Ausbildung zum Bürokaufmann absolviert. Laut dem Abschlusszeugnis vom 10. Juni 2013 der Staatlichen Berufsschule verleiht dieses „in Verbindung mit dem Nachweis einer erfolgreich abgeschlossenen Berufsausbildung mit einer Regelausbildungsdauer von mindestens zwei Jahren den mittleren Schulabschluss“. Das Zeugnis der zuständigen Handwerkskammer vom 11. Juli 2013 bescheinigt dem Kläger, dass er die Abschlussprüfung im Ausbildungsberuf Bürokaufmann bestanden hat. Im Zeitraum vom 1. August 2010 bis 30. Juni 2017 war der Kläger bei einem Unternehmen des Bäckergewerbes als Bürokaufmann tätig, zunächst als Auszubildender und nach Abschluss seiner Ausbildung als Sachbearbeiter. Vom 1. Juli 2017 bis 31. Dezember 2018 war er als Objektbetreuer bei einer Immobilienverwaltungsfirma angestellt. Vom 7. Januar 2019 bis 31. März 2019 war er bei einem privaten Unternehmen im Heizungsgewerbe tätig. Seit 1. April 2019 ist der Kläger als Tarifbeschäftigter (Entgeltgruppe 6) an einem Hauptzollamt der Beklagten beschäftigt.
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Die Zollverwaltung ermöglicht Tarifbeschäftigten, sich in der Laufbahn des mittleren Dienstes verbeamten zu lassen, sofern die entsprechenden Voraussetzungen vorliegen. Der Kläger beantragte unter dem 28. Mai 2020 seine Verbeamtung zum nächstmöglichen Termin. Mit Bescheid vom 11. Mai 2021 teilte die Beklagte dem Kläger mit, die Laufbahnbefähigung für den mittleren nichttechnischen Verwaltungsdienst könne nicht anerkannt werden. Er erfülle nicht die sonstigen Voraussetzungen des § 17 Abs. 3 Nr. 2 BBG. Die Ausbildung als Bürokaufmann sei bereits im Rahmen der Bildungsvoraussetzungen gem. § 17 Abs. 3 Nr. 1 BBG herangezogen worden und könne daher nicht erneut als sonstige Voraussetzung gem. § 17 Abs. 3 Nr. 2 BBG herangezogen werden. Der Widerspruch des Klägers blieb ohne Erfolg.
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Das vom Kläger daraufhin angerufene Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 30. November 2022 abgewiesen. Es ist zu dem Ergebnis gekommen, dass beim Kläger neben den Bildungsvoraussetzungen gem. § 17 Abs. 3 Nr. 1 BBG nicht die zudem erforderlichen weiteren sonstigen Voraussetzungen nach § 17 Abs. 3 Nr. 2 BBG vorliegen. Beide, schulische und sonstige, Voraussetzungen müssten kumulativ vorliegen. Hinsichtlich der abgeschlossenen Berufsausbildung gebe es ein Doppelverwertungsverbot.
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Mit seiner vom Verwaltungsgerichtshof zugelassenen Berufung verfolgt der Kläger sein Rechtsschutzziel weiter. Er trägt vor, er habe einen Anspruch auf Anerkennung der Laufbahnbefähigung für den mittleren nichttechnischen Verwaltungsdienst, da er die diesbezüglichen gesetzlichen Voraussetzungen erfülle. Das Verwaltungsgericht sei zu Unrecht von einem grundsätzlichen und umfassenden Doppelverwertungsverbot im Rahmen des § 17 Abs. 3 BBG ausgegangen.
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Der Kläger beantragt,
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das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 30. November 2022 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 11. Mai 2021 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26. August 2021 zu verpflichten, die Laufbahnbefähigung des Klägers für den mittleren nichttechnischen Verwaltungsdienst anzuerkennen.
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Die Beklagte beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Sie ist der Auffassung, die Berufsausbildung des Klägers dürfe nicht doppelt verwendet werden. Sonst stünde der Kläger im Vergleich zu vielen anderen Bewerberinnen und Bewerbern faktisch besser, da er die nach dem Bundesbeamtengesetz sprachlich voneinander getrennt geforderten Kriterien für die Anerkennung der Laufbahnbefähigung kombiniert in einem Paket absolviert hätte.
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Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.
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Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten zum Sach- und Streitstand wird auf die Gerichtsakten und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Berufung des Klägers, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§ 125 Abs. 1 Satz 1 i.V. m. § 101 Abs. 2 VwGO), ist begründet.
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Der Kläger hat – im maßgeblichen Zeitpunkt dieser Entscheidung – einen Anspruch auf Anerkennung der Laufbahnbefähigung für den mittleren nichttechnischen Verwaltungsdienst, weil er entgegen der Ansicht der Beklagten und des Verwaltungsgerichts sowohl die Bildungsvoraussetzungen als auch die sonstigen Voraussetzungen für die Laufbahnzulassung nach § 17 Abs. 3 BBG i.V.m. § 19 BLV erfüllt. Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist demnach aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Versagungs- und Widerspruchsbescheids zu verpflichten, die Laufbahnbefähigung für den mittleren nichttechnischen Verwaltungsdienst anzuerkennen (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
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1. Mindestvoraussetzungen für die Zulassung zu den Laufbahnen des mittleren Dienstes sind gemäß § 17 Abs. 3 BBG – erstens – als Bildungsvoraussetzung der Abschluss einer Realschule (a) oder der erfolgreiche Besuch einer Hauptschule und eine abgeschlossene Berufsausbildung (b) oder der erfolgreiche Besuch einer Hauptschule und eine Ausbildung in einem öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnis (c) oder ein als gleichwertig anerkannter Bildungsstand (d) und – zweitens – als sonstige Voraussetzung ein mit einer Laufbahnprüfung abgeschlossener Vorbereitungsdienst (a) oder eine inhaltlich dessen Anforderungen entsprechende abgeschlossene Berufsausbildung (b) oder eine abgeschlossene Berufsausbildung und eine hauptberufliche Tätigkeit (c). Nach § 17 Abs. 6 BBG müssen Vor- und Ausbildung, Prüfung sowie sonstige Voraussetzungen geeignet sein, die Befähigung für die Laufbahn zu vermitteln.
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Die Bundeslaufbahnverordnung bestimmt – auf der Grundlage von § 26 Abs. 1 BBG – in § 7 ergänzend, dass die Laufbahnbefähigung nur auf zwei Wegen erworben werden kann: entweder durch den erfolgreichen Abschluss eines fachspezifischen Vorbereitungsdienstes oder eines Aufstiegsverfahrens (Nr. 1) oder durch Anerkennung, wenn – außerhalb eines Vorbereitungsdienstes oder Aufstiegsverfahren – die für die entsprechende Laufbahn vorgeschriebene Vorbildung (a) oder die erforderliche Befähigung durch Lebens- und Berufserfahrung (b) erworben worden ist. Die – hier in Streit stehende – Anerkennung der Befähigung für eine Laufbahn des mittleren Dienstes nach § 7 Nr. 2 Buchst. a BLV setzt gemäß § 19 Abs. 1 BLV neben den Bildungsvoraussetzungen voraus: eine abgeschlossene Berufsausbildung, die inhaltlich den Anforderungen eines fachspezifischen Vorbereitungsdienstes entspricht (Nr. 1), oder eine abgeschlossene Berufsausbildung und eine hauptberufliche Tätigkeit von mindestens einem Jahr und sechs Monaten (Nr. 2). Gemäß § 19 Abs. 3 Satz 1 BLV muss die hauptberufliche Tätigkeit nach Fachrichtung und Schwierigkeit der Tätigkeit einer Beamtin oder eines Beamten derselben Laufbahn entsprechen.
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Besitzen Bewerberinnen oder Bewerber die für die entsprechende Laufbahn vorgeschriebene Vorbildung, erkennt die zuständige oberste Dienstbehörde nach § 8 Abs. 1 Satz 1 BLV die Laufbahnbefähigung an.
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2. Nach diesen Vorschriften hat der Kläger Anspruch auf Anerkennung seiner Laufbahnbefähigung für den mittleren nichttechnischen Verwaltungsdienst (§ 6 Abs. 2 Nr. 1 BLV), weil er hierfür sowohl die Bildungsvoraussetzung als auch die sonstige Voraussetzung erfüllt.
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a) Der Kläger erfüllt die Bildungsvoraussetzung des § 17 Abs. 3 Nr. 1 Buchst. b BBG.
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Er hat die Hauptschule ausweislich des Zeugnisses vom 23. Juli 2010 über den qualifizierenden Hauptschulabschluss erfolgreich besucht. Zudem hat er – mit Zeugnis der Handwerkskammer vom 11. Juli 2013 belegt – erfolgreich eine Berufsausbildung als Bürokaufmann abgeschlossen. Dass diese Ausbildung entsprechend § 17 Abs. 6 BBG geeignet ist, die Befähigung für die angestrebte Laufbahn des mittleren nichttechnischen Verwaltungsdienstes zu vermitteln, ist zwischen den Beteiligten unstreitig und wird durch die „Informationsbroschüre Verbeamtung“ für Tarifbeschäftigte in der Zollverwaltung sowie die Verwaltungsvorschriften der Beklagten bestätigt (lfd. Nr. 556 der Anlage 2 zur Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Bundeslaufbahnverordnung vom 1.12.2017, GMBl S. 986).
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Der Kläger dürfte darüber hinaus auch die Bildungsvoraussetzung des § 17 Abs. 3 Nr. 1 Buchst. d BBG erfüllen. Er verfügt zwar nicht über den Abschluss einer Realschule, aber (wohl) über einen als gleichwertig anerkannten Bildungsstand. Denn er hat mit dem Abschlusszeugnis der Staatlichen Berufsschule vom 10. Juni 2013 und dem Zeugnis der Handwerkskammer vom 11. Juli 2013 den mittleren Schulabschluss nachgewiesen, der gemäß Art. 25 BayEUG gegenüber dem Realschulabschluss gleichwertig ist.
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b) Zudem erfüllt der Kläger neben der Bildungsvoraussetzung auch die sonstigen Voraussetzungen nach Maßgabe des § 17 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. c BBG i.V.m. § 19 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 BLV, nämlich – als Alternative zum nicht absolvierten Vorbereitungsdienst mit Laufbahnprüfung – eine abgeschlossene Berufsausbildung (aa) und eine hauptberufliche Tätigkeit von mindestens einem Jahr und sechs Monaten, die nach Fachrichtung und Schwierigkeit der Tätigkeit eines Beamten der angestrebten Laufbahn entspricht (bb).
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aa) Der Kläger kann auch insoweit seine den Anforderungen des § 17 Abs. 6 BBG entsprechende abgeschlossene Berufsausbildung zum Bürokaufmann zur Geltung bringen, obwohl sie bereits im Rahmen des § 17 Abs. 3 Nr. 1 Buchst. b BBG als Bildungsvoraussetzung berücksichtigt wird. Entgegen der Ansicht der Beklagten und des Verwaltungsgerichts gibt es insoweit kein „Doppelverwertungsverbot“, nach dem die Berufsausbildung bereits mit ihrer Berücksichtigung als allgemeinen Bildungsvoraussetzung für die Laufbahn „verbraucht“ wäre (in diese Richtung auch VG Stuttgart, B.v. 27.11.2015 – 9 K 5363/15 – juris Rn. 23). Für eine solch einschränkende Auslegung lassen sich weder Wortlaut und Systematik des Gesetzes, noch seiner Entstehungsgeschichte oder dem Regelungszweck Anhaltspunkte entnehmen.
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Freilich müssen nach dem eindeutigen Wortlaut des § 17 Abs. 3 BBG die beiden (Bildungs- und Ausbildungs-) Voraussetzungen nach Nr. 1 und nach Nr. 2 BBG, also ein Realschulabschluss „oder“ eine der Bildungsalternativen (Nr. 1 Buchst. a bis d) „und“ ein mit Laufbahnprüfung abgeschlossener Vorbereitungsdienst „oder“ eine der Ausbildungsalternativen (Nr. 2 Buchst. a bis c), kumulativ vorliegen. Hieraus folgt aber nicht, dass eine abgeschlossene Berufsausbildung nicht auf beiden Ebenen sowohl bei Prüfung der Bildungsvoraussetzung als auch zugleich bei Prüfung der sonstigen Voraussetzungen Berücksichtigung finden könnte. Im Gegenteil sprechen der uneingeschränkte Gesetzeswortlaut und die Systematik des in mehrere Alternativen ausdifferenzierten Anforderungskatalogs an die schulische und berufliche Bildung sowie die praktische Berufserfahrung mit dem ausdrücklichen Ziel einer größeren Flexibilität (vgl. BT-Drucks. 16/7076 S. 103) gegen eine solch einschränkendes Verständnis. In § 17 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. c BBG findet sich hinsichtlich der „abgeschlossenen Berufsausbildung“ – anders als bei Nr. 2 Buchst. b – gerade keine zusätzliche Anforderung dahingehend, dass diese eine bestimmte (über § 17 Abs. 6 BBG hinausgehende) Qualität erfüllen muss. Erst recht wird nichts dafür ersichtlich, dass es sich gegenüber der Bildungsalternative des § 17 Abs. 3 Nr. 1 Buchst. b BBG um eine zusätzliche – zweite – „abgeschlossene Berufsausbildung“ handeln müsste. Auch aus der Gesetzesbegründung ergibt sich kein Anhaltspunkt für ein „Doppelverwertungsverbot“. So heißt es zu § 17 BBG: „Absatz 3 führt die Zulassungsvoraussetzungen für die Laufbahnen des mittleren Dienstes zusammen, die bisher teils im Bundesbeamtengesetz, teils in der Bundeslaufbahnverordnung geregelt waren. Damit wird klargestellt, dass neben einem abgeschlossenen Vorbereitungsdienst auch eine dessen Anforderungen inhaltlich entsprechende Berufsausbildung den Zugang zu den Laufbahnen des mittleren Dienstes eröffnet, wenn die Voraussetzungen der Nummer 1 vorliegen. In den anderen Fällen muss – wie bisher bei den Fachrichtungslaufbahnen – darüber hinaus eine hauptberufliche Tätigkeit nachgewiesen werden, die nach Erwerb der Bildungsvoraussetzungen geleistet wurde. Sie muss geeignet sein, die Befähigung für die Laufbahn zu vermitteln“ (BT-Drucks. 16/7076 S. 104). Entscheidendes Gewicht soll demnach die Qualität der nach Erwerb der Bildungsvoraussetzung ausgeübten hauptberuflichen Tätigkeit haben. Es lassen sich dem Gesetzesentwurf aber keinerlei Hinweise darauf entnehmen, dass eine – nach § 17 Abs. 6 BBG geeignete – abgeschlossene Berufsausbildung durch ihre Berücksichtigung als Bildungsvoraussetzung bei § 17 Abs. 3 Nr. 1 Buchst. b BBG für eine erneute Berücksichtigung bei Nr. 2 Buchst. c verbraucht sein und nur durch eine weitere abgeschlossene Berufsausbildung erfüllt werden könnte.
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Schließlich lässt sich ein „Doppelverwertungsverbot“ auch nicht mit Sinn und Zweck der Regelung rechtfertigen. Das Verwaltungsgericht meint, es sei geboten, um eine ungerechtfertigte Benachteiligung von Absolventen einer Realschule gegenüber Hauptschulabsolventen zu vermeiden; denn erstere hätten einen höheren Schulabschluss, müssten aber die sonstigen Voraussetzungen uneingeschränkt erbringen, während bei letzteren ohne „Doppelverwertungsverbot“ ein deutlich geringerer Kompetenzzuwachs ausreichen würde. Dieser Argumentation kann sich der Senat nicht anschließen. Zum einen stehen die vier Alternativen, die der Gesetzgeber in § 17 Abs. 3 Nr. 1 BBG als Bildungsvoraussetzung für den mittleren Dienst festgelegt hat, gleichwertig nebeneinander, obwohl die jeweiligen Bildungsgänge unterschiedliche Dauer und verschiedene Inhalte haben, also auch unterschiedliche theoretische und berufspraktische Kenntnisse vermitteln (vgl. Plog/Wiedow, BBG, § 17 Rn. 11). Wenn § 17 Abs. 3 Nr. 2 BBG zusätzlich als sonstige Voraussetzungen Alternativen zum Vorbereitungsdienst (Buchst. a) festlegt und dabei entweder eine inhaltlich den Anforderungen des Vorbereitungsdienstes entsprechende abgeschlossene Berufsausbildung verlangt (Buchst. b) oder eine abgeschlossene Berufsausbildung und eine hauptberufliche Tätigkeit (Buchst. c), dann gelten diese Anforderungen für alle Personen, die eine der Bildungsvoraussetzungen erfüllen, in gleicher Weise. Wenn im Fall eines Hauptschulabsolventen mit abgeschlossener Berufsausbildung (§ 17 Abs. 3 Nr. 1 Buchst. b BBG) dieser spezielle Bildungsgang mit schulischer und betrieblicher Berufsausbildung – anders als bei einem Realschulabsolventen – in zeitlicher wie inhaltlicher Hinsicht besondere, zur schulischen Bildung hinzukommende zusätzliche Elemente enthält, die mit dem Vorbereitungsdienst vergleichbar sind, besteht keine Notwendigkeit, diese bereits erworbenen zusätzlichen Kompetenzen im Bereich von Berufsausbildung und -praxis bei § 17 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. c BBG auszublenden.
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bb) Neben der abgeschlossenen Berufsausbildung erfüllt der Kläger die weitere Voraussetzung einer hauptberuflichen Tätigkeit (§ 17 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. c BBG) von mindestens einem Jahr und sechs Monaten (§ 19 Abs. 1 Nr. 2 BLV), die nach Fachrichtung und Schwierigkeit der Tätigkeit eines Beamten der angestrebten Laufbahn entspricht (§ 19 Abs. 3 Satz 1 BLV).
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Der Kläger hat nach dem Abschluss seiner Berufsausbildung über mehrere Jahre eine hauptberufliche Tätigkeit bei privaten Arbeitgebern ausgeübt und ist seit 1. April 2019 als Tarifbeschäftigter beim Hauptzollamt in der Entgeltgruppe 6 TVöD hauptberuflich (§ 2 Abs. 5 BLV) tätig. Jedenfalls mit dieser Tätigkeit erfüllt er die gesetzlichen Anforderungen nicht nur hinsichtlich der Dauer, sondern auch hinsichtlich ihrer Geeignetheit, die Befähigung für den mittleren nichttechnischen Verwaltungsdienst zu vermitteln. Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts ist es unschädlich, dass der Kläger diese Tätigkeit im Bereich der Zollverwaltung und nicht bei einem privaten Arbeitgeber ausgeübt hat. Vielmehr ergibt sich aus § 19 Abs. 3 Satz 3 BLV, dass die hauptberufliche Tätigkeit auch als Tarifbeschäftigter im öffentlichen Dienst ausgeübt worden sein kann und dass sich in diesem Fall die Bewertung der Schwierigkeit nach der tarifrechtlichen Bewertung dieser Tätigkeit richtet.
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Da die hauptberufliche Tätigkeit des Klägers beim Hauptzollamt mit der Entgeltgruppe 6 TVöD bewertet und diese im Vergleich mit den beamtenrechtlichen Laufbahnen dem mittleren Dienst zuzuordnen ist, steht demnach außer Frage, dass sie nach Fachrichtung und Schwierigkeit der Tätigkeit eines Beamten der vom Kläger angestrebten Laufbahn entspricht.
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3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Widerspruchsverfahren war gemäß § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO für notwendig zu erklären, da es dem Kläger im Hinblick auf die aufgeworfenen rechtlichen Fragestellungen nicht zumutbar war, das Verfahren selbst zu führen
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Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.
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Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.