Titel:
Erfolglose Klage der Nachbarin gegen Maschinenhalle im Außenbereich
Normenketten:
BauGB § 35
VwGO § 86 Abs. 1, § 124 Abs. 2 Nr. 1
Leitsätze:
1. Bei der Geltendmachung eines Verstoßes gegen den Amtsermittlungsgrundsatz (§ 86 Abs. 1 VwGO) muss substantiiert dargelegt werden, hinsichtlich welcher tatsächlichen Umstände Aufklärungsbedarf bestanden hat, welche für geeignet und erforderlich gehaltenen Aufklärungsmaßnahmen hierfür in Betracht gekommen wären und welche tatsächlichen Feststellungen bei Durchführung der unterbliebenen Sachverhaltsaufklärung voraussichtlich getroffen worden wären. (Rn. 9) (redaktioneller Leitsatz)
2. Eigentümer von Wohngrundstücken am Rande zum Außenbereich können nicht damit rechnen, dass in ihrer Nachbarschaft keine (emittierenden) Nutzungen entstehen; sie dürfen nur darauf vertrauen, dass keine mit der Wohnnutzung unverträgliche Nutzung entsteht. (Rn. 16) (redaktioneller Leitsatz)
3. Einen allgemeinen bauplanungsrechtlichen Anspruch des Nachbarn auf Bewahrung des Außenbereichs gibt es nicht. (Rn. 17) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Nachbarklage, Maschinenhalle im bauplanungsrechtlichen Außenbereich, Gebot der Rücksichtnahme, Verfahrensfehler, Ortstermin, unverbaute Aussicht, Bewahrung des Außenbereichs, Gleichheitssatz
Vorinstanz:
VG Augsburg, Urteil vom 22.06.2023 – Au 5 K 22.480
Fundstelle:
BeckRS 2023, 29886
Tenor
I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, die dieser selbst trägt.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 10.000 Euro festgesetzt.
Gründe
1
Die Klägerin wendet sich gegen eine dem Beigeladenen vom Landratsamt Ai.-Fri. erteilte Baugenehmigung zur Errichtung einer Maschinenhalle auf dem westlich an ihr Grundstück unmittelbar angrenzenden Baugrundstück.
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Das in Nord-Süd-Richtung länglich verlaufende Baugrundstück ist im südlichen Teil bereits mit zwei Hallengebäuden an der Grenze zum Grundstück der Klägerin bebaut. Mit Unterlagen vom 8. Juli 2021 beantragte der Beigeladene die Erteilung einer Baugenehmigung zur Errichtung einer Maschinenhalle, die ihm vom Landratsamt mit Bescheid vom 10. Februar 2022 erteilt wurde. Maßgebend für die bauplanungsrechtliche Beurteilung war zu diesem Zeitpunkt die Ortsabrundungssatzung „Erweiterung der Einbeziehungssatzung Wessiszell FlNr. 2368 Gmkg. Wessiszell“ der Gemeinde Dasing, deren Unwirksamkeit mit Urteil des Senats vom 16. März 2023 (Az. 15 N 22.2521) festgestellt wurde.
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Die Klage der Klägerin gegen die Baugenehmigung vom 10. Februar 2022 wies das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 22. Juni 2023 zurück. Zur Begründung wurde u.a. ausgeführt, dass das – nach Unwirksamkeit der Einbeziehungssatzung – im Außenbereich liegende Bauvorhaben gegenüber der Klägerin nicht gegen das Rücksichtnahmegebot verstoße. Hiergegen richtet sich der Antrag auf Zulassung der Berufung der Klägerin.
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Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.
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Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Die von der Klägerin geltend gemachten Zulassungsgründe liegen nicht vor bzw. sind nicht in einer Weise dargelegt, die den gesetzlichen Anforderungen gem. § 124a Abs. 4 Satz 4 und Abs. 5 Satz 2 VwGO genügen. Es liegen weder die geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts vor (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), noch weist die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten auf (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) oder hat die behauptete grundsätzliche Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).
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1. Die Berufung ist nicht nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen.
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Die Klägerin macht ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts geltend (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Ob solche bestehen, ist im Wesentlichen anhand dessen zu beurteilen, was die Klägerin als Rechtsmittelführerin innerhalb offener Frist (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) hat darlegen lassen (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO). Aus dem Zulassungsvorbringen ergeben sich solche Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts allerdings nicht.
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a) Die Klägerin macht zunächst geltend, das Verwaltungsgericht habe keinen Ortstermin abgehalten, sondern sich zur Beurteilung der Außenbereichslage des Bauvorhabens nur auf die Unterlagen aus dem Normenkontrollverfahren (Az. 15 N 22.2521), Lichtbilder und Lagepläne gestützt. Sie macht damit einen Verstoß gegen dessen Aufklärungspflicht (§ 86 Abs. 1 VwGO) geltend und leitet damit ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils aus einem Verfahrensfehler des Verwaltungsgerichts ab.
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Die Rüge bleibt jedoch erfolglos. Ein Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO wird in derartigen Fällen nur dann ausreichend dargelegt, wenn dem Darlegungserfordernis der Verfahrensrüge genügt wird. Entspricht das Vorbringen diesen Anforderungen, kommt eine Zulassung nur in Betracht, wenn auch eine entsprechende Verfahrensrüge zu einer Zulassung führen würde. Bei der Geltendmachung eines Verstoßes gegen den Amtsermittlungsgrundsatz (§ 86 Abs. 1 VwGO) muss substantiiert dargelegt werden, hinsichtlich welcher tatsächlichen Umstände Aufklärungsbedarf bestanden hat, welche für geeignet und erforderlich gehaltenen Aufklärungsmaßnahmen hierfür in Betracht gekommen wären und welche tatsächlichen Feststellungen bei Durchführung der unterbliebenen Sachverhaltsaufklärung voraussichtlich getroffen worden wären (vgl. BVerwG, B.v. 30.7.2010 – 8 B 125/09 – juris Rn. 23 m.w.N.). Abgesehen davon, dass es bereits an entsprechenden Darlegungen mangelt, hat die anwaltlich vertretene Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht ausweislich der Niederschrift auch keinen Beweisantrag gestellt. Die Aufklärungsrüge dient jedoch nicht dazu, Versäumnisse eines anwaltlich vertretenen Verfahrensbeteiligten zu kompensieren (vgl. BVerwG, B.v. 15.7.2019 – 2 B 8.19 – juris Rn. 9; B.v. 15.9.2014 – 4 B 23.14 – juris Rn. 19). Nach der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts musste sich diesem auch keine weitere Sachaufklärung aufdrängen (vgl. BayVGH, B.v. 9.3.2023 – 15 ZB 23.151 – juris Rn. 12).
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b) Mit ihrem weiteren Vortrag, es liege eine Sonderkonstellation vor und das Verwaltungsgericht habe keine erschöpfende Wertung und Bewertung des konkreten Sachverhalts vorgenommen, greift die Klägerin die Sachverhalts- und Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts gem. § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO an.
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In diesem Fall kommt eine Zulassung der Berufung wegen ernstlicher Zweifel im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nur in Betracht, wenn aufgezeigt wird, dass die Richtigkeit der richterlichen Überzeugungsbildung mangelhaft ist, weil das Verwaltungsgericht mit Blick auf entscheidungserhebliche Tatsachen von einem unzutreffenden Sachverhalt ausgegangen ist oder die Beweiserhebung gedankliche Lücken oder Ungereimtheiten aufweist, was insbesondere bei einer Verletzung von gesetzlichen Beweisregeln, Denkgesetzen oder allgemeinen Erfahrungssätzen, bei aktenwidrig angenommenem Sachverhalt oder offensichtlich sachwidriger und damit willkürlicher Beweiswürdigung anzunehmen ist (vgl. BayVGH, B.v. 16.9.2019 – 1 ZB 17.1690 – juris Rn. 7; BVerwG, B.v. 26.10.2022 – 4 BN 22.22 – juris Rn. 16). Allein die bloße Möglichkeit einer anderen Bewertung der Beweisaufnahme rechtfertigt die Zulassung der Berufung jedoch nicht (vgl. BayVGH, B.v. 6.2.2023 – 15 ZB 22.2506 – juris Rn. 6).
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Derartige Mängel in der verwaltungsgerichtlichen Überzeugungsbildung, die auf eine völlig unvertretbare Beweiswürdigung hinauslaufen, zeigt die Zulassungsbegründung indes nicht auf. Das Verwaltungsgericht ist unter Würdigung der konkreten örtlichen Umstände zu dem Ergebnis gekommen, dass das angefochtene Bauvorhaben dem Außenbereich zuzuordnen ist (UA S. 13). Dies ist weder ernstlich zweifelhaft (vgl. BayVGH, U.v. 16.3.2023 – 15 N 22.2521 – juris Rn. 32) noch tritt das Zulassungsvorbringen dem substantiiert entgegen. Hinsichtlich der Ausführungen im Normenkontrollverfahren (Az. 15 N 22.2521) hat sich das Verwaltungsgericht die tatsächlichen Feststellungen des Senats zu eigen gemacht; dass diese unzutreffend sind, zeigt das Zulassungsvorbringen nicht auf. Das Verwaltungsgericht hat ferner Lagepläne und Luftbilder herangezogen, die regelmäßig ohne Weiteres verwertbar sind. Das Zulassungsvorbringen zeigt nicht auf, dass der mit einer Ortsbesichtigung erreichbare Zweck mit deren Hilfe nicht ebenso zuverlässig erreicht wird (vgl. BVerwG, B.v. 3.12.2008 – 4 BN 26.08 – juris Rn. 3; BayVGH, B.v. 19.8.2022 – 15 ZB 22.1400 – juris Rn. 15). Gleiches gilt für die Frage der Beurteilung des Gebots der Rücksichtnahme durch das Verwaltungsgericht.
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Entgegen der Ansicht der Klägerin ist das zur Genehmigung gestellte, von der Klägerin angefochtene, zwischenzeitlich aber bereits errichtete Bauvorhaben nicht für die Beurteilung eines Bebauungszusammenhangs oder die Abgrenzung des Innenvom Außenbereichs maßgebend (vgl. BVerwG, U.v. 6.12.1967 – IV C 94.96 – juris Rn. 27; Spannowsky in Spannowsky/Uechtritz, Beck’scher Online-Kommentar BauGB, Stand 1.6.2023, § 34 Rn. 17.3).
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c) Die von der Klägerin geltend gemachte Verletzung des Rücksichtnahmegebots liegt nicht vor.
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Dem Gebot der Rücksichtnahme kommt drittschützende Wirkung zu, soweit in qualifizierter und zugleich individualisierter Weise auf schutzwürdige Interessen eines erkennbar abgegrenzten Kreises Dritter Rücksicht zu nehmen ist. Die Anforderungen, die das Gebot der Rücksichtnahme im Einzelnen begründet, hängen dabei wesentlich von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls ab. Je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung desjenigen ist, dem die Rücksichtnahme im gegebenen Zusammenhang zu Gute kommt, desto mehr kann er an Rücksichtnahme verlangen. Je verständlicher und unabweisbarer die mit dem Vorhaben verfolgten Interessen sind, umso weniger braucht derjenige, der das Vorhaben verwirklichen will, Rücksicht zu nehmen. Abzustellen ist darauf, was einerseits dem Rücksichtnahmebegünstigten und andererseits dem Rücksichtnahmeverpflichteten nach Lage der Dinge zuzumuten ist (vgl. BVerwG, U.v. 18.11.2004 – 4 C 1.04 – juris Rn. 22; BayVGH, B.v. 13.12.2022 – 15 ZB 22.2149 – juris Rn. 11).
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Soweit die Klägerin unter Bezugnahme auf den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 20. August 1992 (Az. 4 NB 3.92 – juris Rn. 12) anführt, das Verwaltungsgericht habe ihren Anspruch auf Gebietsbewahrung nicht beachtet, geht es hier nicht um abwägungserhebliche Belange der Klägerin im Rahmen der Bauleitplanung. Im Übrigen ist weder ersichtlich noch dargelegt, inwieweit sich der Gebietstyp durch die Zulassung des Bauvorhabens ändert. Soweit die Klägerin den geltend gemachten Anspruch dahingehend versteht, dass die bisher unbebaute Fläche auch weiterhin unbebaut bleiben müsste, übersieht sie, dass es gerade keinen Anspruch oder Vertrauensschutz auf Freihaltung des bisherigen Außenbereichs gibt (vgl. BVerwG, B.v. 28.7.1999 – 4 B 38.99 – juris Rn. 6; BayVGH, B.v. 11.10.2022 – 15 ZB 22.867 – juris Rn. 70; B.v. 17.6.2010 – 15 ZB 09.2132 – juris Rn. 14). Eigentümer von Wohngrundstücken am Rande zum Außenbereich – wie hier die Klägerin – können nicht damit rechnen, dass in ihrer Nachbarschaft keine (emittierenden) Nutzungen entstehen; sie dürfen nur darauf vertrauen, dass keine mit der Wohnnutzung unverträgliche Nutzung entsteht (vgl. BVerwG, B.v. 7.7.2004 – 4 BN 16.04 – juris Rn. 7). Mit den Ausführungen des Verwaltungsgerichts zu § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB befasst sich das Zulassungsvorbringen nicht.
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Zu der von der Klägerin wiederholt angeführten besonderen Wohn- und Lebensqualität aufgrund ihrer Lage am Rande zum Außenbereich mit (unverbauter) Aussicht hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, dass dies kein schutzwürdiger Belang sei (UA S. 14). Hiergegen ist nichts zu erinnern (vgl. BVerwG, U.v. 28.10.1993 – 4 C 5.93 – juris Rn. 24; BayVGH, B.v. 2.3.2018 – 9 CS 17.2597 – juris Rn. 21; B.v. 17.6.2010 – 15 ZB 09.2132 – juris Rn. 13). Einen allgemeinen bauplanungsrechtlichen Anspruch des Nachbarn auf Bewahrung des Außenbereichs gibt es nicht (vgl. BayVGH, B.v. 29.10.2020 – 15 ZB 20.469 – juris Rn. 9).
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Das Verwaltungsgericht hat ferner ausgeführt, dass das Bauvorhaben gegenüber der Klägerin keine erdrückende oder einmauernde Wirkung habe (UA S. 16). Der von der Klägerin hiergegen angeführte (städtebauliche) Kontrast zur umgebenden Bebauung ist im Hinblick auf die Umgebungsbebauung sowie die auf dem Baugrundstück bereits vorhandenen Maschinenhallen nicht ersichtlich. Maßgebend ist vielmehr eine Gesamtschau der örtlichen Gegebenheiten. Die örtliche Situation mag für die Klägerin unbefriedigend sein. Dass das Bauvorhaben des Beigeladenen allerdings derart übermächtig erscheint, dass das Wohngebäude der Klägerin nur noch oder überwiegend wie eine vom herrschenden Grundstück dominierte Fläche ohne eigene baurechtliche Charakteristik wahrgenommen wird (vgl. BayVGH, B.v. 10.3.2023 – 15 ZB 22.2583 – juris Rn. 17), lässt sich weder den vorliegenden Plänen und Luftbildern noch dem Zulassungsvorbringen entnehmen.
19
Der von der Klägerin bemühte Widerspruch zu einer sinnvollen städtebaulichen Entwicklung bzw. Planungsbedürfnis im Hinblick auf mögliche bodenrechtliche Spannungen sowie eine möglicherweise objektive Rechtswidrigkeit des Bauvorhabens ist für den Erfolg einer Nachbarklage nicht ausreichend (vgl. BayVGH, B.v. 11.10.2022 – 15 ZB 22.867 – juris Rn. 70; B.v. 1.3.2018 – 9 ZB 16.270 – juris Rn. 11; Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand Mai 2023, § 35 Rn. 186). Ein subjektives Recht des Einzelnen auf Bauleitplanung gibt es nach § 1 Abs. 3 Satz 2 BauGB gerade nicht (vgl. BVerwG, B.v. 16.1.2017 – 7 B 1.16 – juris Rn. 13; B.v. 24.4.1997 – 4 B 65.97 – juris Rn. 3).
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Aufgrund des Grundstückszuschnitts und der Situation auf dem Baugrundstück sowie der dort bereits vorhandenen Bebauung bestehen auch keine Anhaltspunkte für die von der Klägerin behauptete Schikane (vgl. BayVGH, B.v. 25.8.2008 – 15 ZB 07.3033 – juris Rn. 8). Eine Standortwahl ausschließlich zum Zwecke der Schädigung der Klägerin ist weder ersichtlich noch dargelegt.
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d) Soweit die Klägerin eine Verletzung des Gleichheitssatzes geltend macht, bleibt der Antrag ebenfalls erfolglos.
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Dass der Beigeladene „kein Recht auf eine derartige Bebauung im Außenbereich“ habe, der Beigeladene nach Ansicht der Klägerin über eine landwirtschaftliche Tätigkeit getäuscht habe und die Genehmigungsfähigkeit nach § 35 Abs. 1 und 2 BauGB aufgrund der zum Zeitpunkt der Genehmigungserteilung (noch) geltenden Einbeziehungssatzung nicht (abschließend) geprüft worden sei, macht die Baugenehmigung gegebenenfalls objektiv rechtswidrig, führt aber nicht zwangsläufig zu einem Erfolg der Klage der Klägerin. Denn für die Begründetheit ihrer Nachbarklage kommt es nach § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO auf eine subjektive Rechtsverletzung des klagenden Nachbarn an und nicht – wie von der Klägerin unter Verweis auf das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs vom 5. August 2020 (Az. 1 N 18.1535 – juris Rn. 32) angeführt – auf die Berücksichtigung abwägungserheblicher Belange im Rahmen einer Bauleitplanung (vgl. BVerwG, U.v. 28.10.1993 – 4 C 5.93 – juris Rn. 19; U.v. 13.6.1980 – IV C 31.77 – juris Rn. 13, 17; BayVGH, B.v. 11.10.2022 – 15 ZB 22.867 – juris Rn. 70). Unabhängig davon, dass das Zulassungsvorbringen schon keine vergleichbare Situation zwischen Klägerin und Beigeladenem darlegt, besteht im Übrigen auch kein Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht (vgl. BVerwG, B.v. 22.4.1995 – 4 B 55.95 – juris Rn. 4; BayVGH, B.v. 5.7.2023 – 9 ZB 23.758 – juris Rn. 6).
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2. Die Rechtssache weist keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten auf (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO).
24
Besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO weist eine Rechtssache dann auf, wenn die Beantwortung der für die Entscheidung erheblichen Fragen in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht voraussichtlich das durchschnittliche Maß nicht unerheblich überschreitende Schwierigkeiten bereitet, wenn sie sich also wegen der Komplexität und abstrakten Fehleranfälligkeit aus der Mehrzahl der verwaltungsgerichtlichen Verfahren heraushebt (vgl. BayVGH, B.v. 6.5.2022 – 15 ZB 22.732 – juris Rn. 18) und die im Zulassungsverfahren erforderliche kursorische Prüfung der Rechtssache anhand des verwaltungsgerichtlichen Urteils keine hinreichend sichere Prognose über den voraussichtlichen Ausgang des Rechtstreits zulässt (vgl. BayVGH, B.v. 3.7.2023 – 15 ZB 10.3161 – juris Rn. 14). Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor.
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Die Abgrenzung des Innenbereichs vom Außenbereich sowie die Beurteilung des Rücksichtnahmegebots sind regelmäßig Gegenstand einer Vielzahl verwaltungsgerichtlicher Entscheidungen. Die im Vorfeld erfolgte Feststellung der Unwirksamkeit der Einbeziehungssatzung durch den Senat (vgl. BayVGH, U.v. 15.3.2023 – 15 N 22.2521) hat das Verwaltungsgericht berücksichtigt und dementsprechend die Baugenehmigung am Maßstab des § 35 BauGB geprüft. Die bauplanungsrechtliche Prüfung des Bauvorhabens im Rahmen der hier anhängigen Nachbarklage nach § 35 BauGB ist auch nicht per se tatsächlich oder rechtlich schwierig. Aus den Ausführungen zu § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ergibt sich nicht, dass sich das Verfahren hier wegen seiner Komplexität und abstrakten Fehleranfälligkeit aus der Mehrzahl der verwaltungsgerichtlichen Verfahren heraushebt (vgl. BayVGH, B.v. 11.10.2022 – 15 ZB 22.867 – juris Rn. 72). Die lediglich unterschiedliche Bewertung des Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht und die Klägerin genügt nicht für die Annahme besonderer tatsächlicher oder rechtlicher Schwierigkeiten (vgl. BayVGH, B.v. 5.12.2022 – 15 ZB 22.2051 – juris Rn. 11).
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3. Die Rechtssache hat auch nicht die von der Klägerin geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).
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Die Zulassung der Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache setzt voraus, dass eine konkrete, noch nicht geklärte Rechts- oder Tatsachenfrage aufgeworfen wird, deren Beantwortung sowohl für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts von Bedeutung war als auch für die Entscheidung im Berufungsverfahren erheblich sein wird und die über den konkreten Fall hinaus wesentliche Bedeutung für die einheitliche Anwendung oder für die Weiterentwicklung des Rechts hat. Zur Darlegung dieses Zulassungsgrundes ist eine Frage auszuformulieren und substantiiert anzuführen, warum sie für klärungsbedürftig und entscheidungserheblich gehalten und aus welchen Gründen ihr eine allgemeine, über den Einzelfall hinausreichende Bedeutung zugemessen wird (vgl. BVerwG, B.v. 22.1.2019 – 5 B 1.19 D – juris Rn. 2; BayVGH, B.v. 30.5.2023 – 15 ZB 23.574 – juris Rn. 18). Dem genügt das Zulassungsvorbringen hier nicht.
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Abgesehen davon, dass schon keine Frage formuliert wird, ist die Reichweite des Bebauungszusammenhangs und damit die Abgrenzung des Innenbereichs vom Außenbereich stets das Ergebnis einer Bewertung des konkreten Sachverhalts und damit einer Einzelfallbetrachtung (vgl. BVerwG, B.v. 24.3.2023 – 4 BN 28.22 – juris Rn. 4; B.v. 8.10.2015 – 4 B 28.15 – juris Rn. 6; BayVGH, B.v. 6.2.2023 – 15 ZB 22.2506 – juris Rn. 8). Gleiches gilt für die Beurteilung einer Beeinträchtigung des Rücksichtnahmegebots (vgl. BVerwG, U.v. 15.9.2022 – 4 C 3.21 – juris Rn. 10; B.v. 29.10.2002 – 4 B 60.02 – juris Rn. 5; BayVGH, B.v. 10.3.2023 – 15 ZB 22.2583 – juris Rn. 14). Darüberhinausgehende verallgemeinerungsfähige Aspekte zeigt das Zulassungsvorbringen nicht auf.
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Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO. Der Beigeladene hat im Zulassungsverfahren zwar einen Antrag gestellt, allerdings mit der bloßen Bezugnahme auf die Stellungnahme des Beklagten keinen eigenen die Sache förderlichen Beitrag geleistet. Es entspricht daher der Billigkeit, dass er seine außergerichtlichen Kosten für das Zulassungsverfahren selbst trägt (§ 162 Abs. 3 VwGO).
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Die Streitwertfestsetzung für das Zulassungsverfahren beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 9.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013. Sie folgt der Festsetzung des Verwaltungsgerichts, gegen die keine Einwendungen erhoben wurden.
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Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Entscheidung wird das angegriffene Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO).