Inhalt

VGH München, Beschluss v. 19.10.2023 – 14 C 23.745
Titel:

Funktionale Zuständigkeit – Entscheidung über Kostenerinnerung nach § 165 VwGO bei unanfechtbarer Kostengrundentscheidung

Normenketten:
VwGO § 161 Abs. 2, § 164, § 165
RVGVV Nr. 1002
Leitsätze:
Der Umstand, dass es sich beim Kostenfestsetzungsverfahren um ein von der Kostengrundentscheidung in der Hauptsache abhängiges Nebenverfahren handelt, spricht jedenfalls im Fall einer Unanfechtbarkeit der Kostengrundentscheidung dafür, die Zuständigkeit für verwaltungsgerichtliche Entscheidungen über Anfechtungen von Kostenfestsetzungen (Erinnerungsverfahren) formal nach der Besetzung bei der Kostengrundentscheidung zu bestimmen, und zwar auch dann, wenn die Kostengrundentscheidung ihrerseits gegen Zuständigkeitsvorschriften verstößt (im Anschluss an OVG Berlin-Bbg, B.v. 8.7.2014 – OVG 3 K 52.14 – BeckRS 2014, 53935 unter 2. m.w.N.), und unabhängig davon, dass für zugehörige Streitwertfestsetzungen wegen möglicher Streitwertbeschwerden anderes gelten kann. (Rn. 23)
1. Eine Erledigungsgebühr setzt neben den in Nr. 1002 S. 1 RVGVV genannten „objektiven“ Voraussetzungen (Rechtsbehelf, Erledigung, anwaltliche Mitwirkung) auch ein „subjektives“ Element dahingehend voraus, dass ein „besonderes Bemühen um eine außergerichtliche Erledigung“ gegeben sein muss, das über einen überzeugenden Vortrag sämtlicher für die Mandantschaft sprechender rechtlicher Argumente hinausgeht. Die Mitwirkung muss gerade auf die materiell-rechtliche Erledigung des Rechtsstreits „gerichtet“ sein und auf diese „abzielen“. (Rn. 26) (redaktioneller Leitsatz)
2. Auch anwaltliche Aktivitäten aus der Zeit „vor“ Klageerhebung können für das Entstehen der Erledigungsgebühr nach Nr. 1002 VV RVG relevant sein, etwa wenn während laufender Rechtsbehelfsfrist für eine zwingend (zur Vermeidung von Bestandskraft) zu erhebende Klage ein Einigungsvorschlag unterbreitet und dann gleichwohl (zwecks Fristwahrung) Klage erhoben wird. (Rn. 32) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Erledigungsgebühr bei Rücknahme eines Verwaltungsakts im Verwaltungsgerichtsverfahren, Funktionale Zuständigkeit innerhalb des Verwaltungsgerichts für Entscheidungen über Kostenerinnerungen nach § 165 VwGO bei unanfechtbaren Kostengrundentscheidungen., Zuständigkeit
Vorinstanz:
VG München, Beschluss vom 14.03.2023 – M 19 M 22.2897
Fundstellen:
BayVBl 2024, 58
BeckRS 2023, 29884
DÖV 2024, 168
NVwZ-RR 2024, 3
LSK 2023, 29884

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Antragsgegnerin.

Tatbestand

I.
1
Die Beteiligten streiten über die Erstattungsfähigkeit einer Erledigungsgebühr.
2
Die im Kostenfestsetzungsverfahren beschwerdeführende Antragsgegnerin, eine Vermögensverwaltung, hatte als Klägerin des Ausgangsverfahrens (M 19 K 19.5086) eine naturschutzrechtliche Ersatzpflanzungsanordnung angefochten, die die Untere Naturschutzbehörde, eine kreisfreie Stadt (nachfolgend: Stadt), ihr gegenüber erlassen und auf die städtische Baumschutzverordnung gestützt hatte, nachdem sie an Ersatzpflanzungen, die in einem früheren Baugenehmigungsverfahren beauflagt worden waren, Schnittmaßnahmen entdeckt hatte, die sie für rechtswidrig hielt.
3
Nachdem das Verwaltungsgericht zur mündlichen Verhandlung geladen hatte, nahm die Stadt die Ersatzpflanzungsanordnung noch vor der mündlichen Verhandlung zurück, weil diese direkt an die Vermögensverwaltung adressiert war, anstatt an die – durch die Vermögensverwaltung vertretene – Wohnungseigentümergemeinschaft.
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Daraufhin erklärten die Parteien das Klageverfahren übereinstimmend für erledigt und stellte das Verwaltungsgericht mit in Kammerbesetzung gefasstem Beschluss vom 26. Oktober 2020 – M 19 K 19.5086 – (n.v.) das Klageverfahren ein, erlegte die Kosten des Verfahrens der Stadt auf und setzte den Streitwert auf 10.000 € fest.
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Nachdem der Senat den besagten Streitwertbeschluss auf eine Streitwertbeschwerde der Stadt hin aufgehoben hatte, weil die Kammer angesichts der Zuständigkeit des Berichterstatters (§ 87a Abs. 3, Abs. 1 Nr. 4 VwGO) den Streitwert unzuständiger Weise festgesetzt hatte (BayVGH, B.v. 11.3.2021 – 14 C 21.29 – n.v.), wurde der Streitwert vom Verwaltungsgericht durch den Berichterstatter abermals auf 10.000 € festgesetzt (VG München, B.v. 30.3.2021 – M 19 K 21.1456 – BeckRS 2021, 36674), woraufhin der Senat – im Rahmen einer neuerlichen Streitwertbeschwerde der Stadt – den Streitwert auf 5.000 € herabsetzte (BayVGH, B.v. 8.11.2021 – 14 C 21.1528 – BayVBl 2022, 136).
6
Die Urkundsbeamtin des Verwaltungsgerichts hatte die erstattungsfähigen Anwaltskosten der Vermögensverwaltung zunächst mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 20. November 2020 – M 19 K 19.5086 – (n.v.) auf 757,40 € festgesetzt und dabei den ursprünglich festgesetzten Streitwert von 10.000 € zugrunde gelegt.
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Mit Änderungsbeschluss vom 1. März 2022 – M 19 K 21.1456 – (n.v.) setzte die Urkundsbeamtin anlässlich des Senatsbeschlusses vom 8. November 2021 auf Änderungsantrag der Stadt die erstattungsfähigen Aufwendungen der Vermögensverwaltung auf nur noch 413,90 € fest.
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Dagegen wandte sich die Vermögensverwaltung mit anwaltlichem Schriftsatz vom 8. März 2022 und beantragte dabei zusätzlich die nachträgliche Festsetzung einer Erledigungsgebühr, Letzteres im Hinblick darauf, dass nur die umfangreichen klägerischen Anwaltsschriftsätze für die Einsicht der Stadt maßgeblich gewesen seien, was dann zur Erledigung geführt habe.
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Mit Nachfestsetzungsbeschluss vom 19. April 2022 – M 19 K 21.1456 – (n.v.) änderte daraufhin die Urkundsbeamtin den Änderungsbeschluss vom 1. März 2022 dahingehend, dass nachträglich zusätzlich 315 € als erstattungsfähige Aufwendungen festgesetzt wurden, bestehend aus einer 1,0 Erledigungsgebühr i.H.v. 303 € sowie einer Aktenversendungspauschale i.H.v. 12 €.
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Gegen diesen Nachfestsetzungsbeschluss wandte sich die Stadt mit Erinnerung vom 5. Mai 2022, mit der sie allein die Aufhebung der nachträglichen Festsetzung der Erledigungsgebühr begehrte.
11
Dieser half die Urkundsbeamtin nicht ab und legte den Vorgang mit Schreiben vom 1. Juni 2022 der Kammer vor.
12
Mit Kammerbeschluss vom 14. März 2023 – M 19 M 22.2897 – (n.v.) wurde der Nachfestsetzungsbeschluss vom 19. April 2022 abgeändert und wurden als erstattungsfähige Aufwendungen lediglich 12 € (Aktenversendungspauschale) festgesetzt.
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Gegen diesen Kammerbeschluss vom 14. März 2023 richtet sich hinsichtlich der Nichtberücksichtigung der Erledigungsgebühr die vorliegende Beschwerde der Vermögensverwaltung, der Antragsgegnerin in dem von der Stadt gegen den Nachfestsetzungsbeschluss angestrengten Anfechtungsverfahren.
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Das Verwaltungsgericht hat der Beschwerde mit Kammerbeschluss vom 18. April 2023 – M 19 M 22.2897 – (n.v.) nicht abgeholfen.
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Die Stadt beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten M 19 K 19.5086, M 19 K 21.1456, M 19 M 22.2897, die Kostenbeiakten M 19 K 19.5086 und M 19 K 21.1456 sowie auf die dem Senat von der Stadt vorgelegte Verwaltungsakte verwiesen.
II.
17
Die zulässige Beschwerde der Antragsgegnerin bleibt in der Sache erfolglos. Das Verwaltungsgericht hat den Nachfestsetzungsbeschluss der Urkundsbeamtin vom 19. April 2022 im Rahmen des Erinnerungsverfahrens zu Recht so gekürzt, dass eine (allein strittige) Erledigungsgebühr nicht verlangt werden kann.
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1. Die Entscheidung über die Beschwerde obliegt dem Senat als Spruchkörper und nicht dem Berichterstatter. Die städtische Anfechtung des Nachfestsetzungsbeschlusses vom 19. April 2022 richtet sich nach § 165 VwGO. Gegen eine – nach Nichtabhilfe seitens der Urkundsbeamtin (§ 165 Satz 2 i.V.m. § 151 Satz 3 i.V.m. § 148 Abs. 1 VwGO) – ergehende verwaltungsgerichtliche Entscheidung (§ 165 Satz 2 i.V.m. § 151 VwGO) ist die Beschwerde nach § 146 VwGO statthaft, über die gemäß § 9 Abs. 3 Satz 1 VwGO stets in Senatsbesetzung zu entscheiden ist, zumal insoweit eine Übertragung auf ein einzelnes Senatsmitglied nicht vorgesehen ist (vgl. BayVGH, B.v. 4.8.2016 – 4 C 16.755 – juris Rn. 10 [a.E.] m.w.N.).
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2. Die Beschwerde hat nicht deshalb Erfolg, weil die zugrundeliegende Kostengrundentscheidung unzuständiger Weise von der Kammer getroffen wurde; denn das ändert nichts daran, dass über die Anfechtung der Kostenfestsetzung in derselben Besetzung wie derjenigen der Kostengrundentscheidung, mithin vorliegend von der Kammer, zu entscheiden war.
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Über Anfechtungen gegen die Festsetzung erstattungsfähiger außergerichtlicher Kosten (§ 165 VwGO) entscheidet nach Nichtabhilfe seitens der Urkundsbeamtin das Gericht des ersten Rechtszugs in derjenigen Besetzung, in der die zugrundeliegende Kostengrundentscheidung getroffen wurde, hier also in der Kammerbesetzung wie im Einstellungsbeschluss vom 26. Oktober 2020 (vgl. BayVGH, B.v. 3.12.2003 – 1 N 01.1845 – NVwZ-RR 2004, 309 unter 1. m.w.N.; B.v. 19.1.2007 – 24 C 06.2426 – NVwZ-RR 2007, 497/498 unter 2.; B.v. 4.8.2016 – 4 C 16.755 – juris Rn. 10).
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Zwar war vorliegend die Kammer bei diesem Beschluss für die Kostengrundentscheidung nicht zuständig angesichts der Berichterstatterzuständigkeit gemäß § 87a Abs. 3, Abs. 1 Nr. 3 und 5 VwGO, weil die übereinstimmende Erledigungserklärung (§ 161 Abs. 2 VwGO) außerhalb der mündlichen Verhandlung und ohne Zusammenhang mit der Sachentscheidung des Spruchkörpers, mithin „im vorbereitenden Verfahren“ erfolgt war (vgl. BayVGH, B.v. 11.3.2021 – 14 C 21.29 – n.v. Rn. 8 m.w.N. zur parallelen Problematik bei der Streitwertfestsetzung).
22
Jedoch ist der unzuständiger Weise gefasste Kammerbeschluss zur Kostengrundentscheidung gemäß § 158 Abs. 2, § 161 Abs. 2 VwGO unanfechtbar, sodass keine Möglichkeit besteht, den besagten Zuständigkeitsfehler zu korrigieren; insoweit unterscheidet sich die rechtliche Lage bei unzuständigen Kostengrundentscheidungen deutlich von derjenigen bei unzuständigen Streitwertbeschlüssen, wo § 68 GKG die Streitwertbeschwerde gerade eröffnet (siehe dazu BayVGH, B.v. 11.3.2021 – 14 C 21.29 – n.v.).
23
Der Umstand, dass es sich beim Kostenfestsetzungsverfahren um ein von der Kostengrundentscheidung in der Hauptsache abhängiges Nebenverfahren handelt, spricht jedenfalls im Fall einer Unanfechtbarkeit der Kostengrundentscheidung dafür, die Zuständigkeit für verwaltungsgerichtliche Entscheidungen über Anfechtungen von Kostenfestsetzungen formal nach der Besetzung bei der Kostengrundentscheidung zu bestimmen, und zwar auch dann, wenn die Kostengrundentscheidung ihrerseits gegen Zuständigkeitsvorschriften verstößt (im Anschluss an OVG Berlin-Bbg, B.v. 8.7.2014 – OVG 3 K 52.14 – BeckRS 2014, 53935 unter 2. m.w.N.), und unabhängig davon, dass für zugehörige Streitwertfestsetzungen wegen möglicher Streitwertbeschwerden anderes gelten kann.
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3. Die Beschwerde bleibt auch in der Sache selbst erfolglos, weil die Tätigkeiten des anwaltlichen Bevollmächtigten die tatbestandlichen Voraussetzungen der Nr. 1002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (VV RVG) nicht erfüllen.
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3.1. Nach Nr. 1002 Satz 1 VV RVG entsteht die Erledigungsgebühr, wenn sich eine Rechtssache ganz oder teilweise nach Aufhebung oder Änderung des mit einem Rechtsbehelf angefochtenen Verwaltungsakts durch die anwaltliche Mitwirkung erledigt. Die Erledigungsgebühr honoriert eine anwaltliche Mitwirkung an einer „außergerichtlichen“ Erledigung eines Rechtsstreits und ist vor dem Hintergrund zu sehen, dass eine „Einigungsgebühr“ den Abschluss eines „Vertrags“ voraussetzt (Nr. 1000 VV RVG), der hier schon nicht geschlossen wäre, und bei Rechtsverhältnissen des öffentlichen Rechts auch nicht anfallen kann, wenn über diese nicht verfügt werden kann (Nr. 1000 Anm. 4 VV RVG; vgl. OVG NW, B.v. 2.6.2022 – 1 E 372/22 – juris Rn. 6 und 9 m.w.N.), weshalb die Erwägungen der Beschwerdebegründung (dort S. 6) zur Einigungsgebühr vorliegend ins Leere gehen.
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Dabei ist geklärt, dass eine solche Erledigungsgebühr neben den in Nr. 1002 Satz 1 VV RVG genannten „objektiven“ Voraussetzungen (Rechtsbehelf, Erledigung, anwaltliche Mitwirkung) auch ein „subjektives“ Element dahingehend voraussetzt, dass ein „besonderes Bemühen um eine außergerichtliche Erledigung“ gegeben sein muss, das über einen überzeugenden Vortrag sämtlicher für die Mandantschaft sprechender rechtlicher Argumente hinausgeht (BayVGH, B.v. 4.8.2016 – 4 C 16.755 – juris Rn. 13 m.w.N.). Die Mitwirkung muss gerade auf die materiell-rechtliche Erledigung des Rechtsstreits „gerichtet“ sein (BayVGH, B.v. 4.8.2016 a.a.O.) und auf diese „abzielen“ (BVerwG, U.v. 21.8.1981 – 4 C 60.79 – NVwZ 1982, 36 a.E.), was etwa bei einer Einwirkung auf den Mandanten, sich mit einer bloßen Teilaufhebung zufrieden zu geben, gegeben sein kann (vgl. OVG NW, B.v. 2.6.2022 – 1 E 372/22 – juris Rn. 20 m.w.N.).
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Soweit die Beschwerdebegründung (dort S. 6 f.) mit dem Umfang des anwaltlichen Prüfungsaufwands argumentiert und insoweit eine wirtschaftliche Kontrollüberlegung für geboten hält, ist dies jedenfalls kein Grund für Abstriche an der in Nr. 1002 VV RVG angelegten Voraussetzung des subjektiven „Abzielens“ gerade auf eine außergerichtliche Erledigung des Rechtsstreits.
28
3.2. Für derartige, nicht auf ein streitiges Obsiegen, sondern gerade auf eine nichtstreitige Erledigung „abzielende“ anwaltliche Aktivitäten ist vorliegend nichts ersichtlich.
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3.2.1. Die im Gefolge des Rücknahmebescheids erfolgte Abgabe der Erledigungserklärung seitens der anwaltlichen Vertretung der Vermögensverwaltung (Schriftsatz vom 23.10.2020) war nur eine Mitwirkung an der formellen Verfahrensbeendigung, die erst „nach“ vollständiger Klaglosstellung erfolgt war, und genügte der besagten subjektiven Anforderung in Nr. 1002 Satz 1 VV RVG deshalb nicht (vgl. OVG NW, B.v. 2.6.2022 – 1 E 372/22 – juris Rn. 19).
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3.2.2. Zwar haben die anwaltlichen Ausführungen zur unrichtigen Adressierung an die Vermögensverwaltung anstatt an die Eigentümer in der Klageschrift vom 2. Oktober 2019 (dort S. 2 unten) und in der anwaltlichen Replik vom 15. November 2019 (dort insbesondere S. 4 oben) letztlich gerade das entscheidende Argument herausgearbeitet, aus dem heraus später der städtische Rücknahmebescheid vom 16. Oktober 2020 erging. An der „objektiven“ Kausalität dieser in der Sache richtigen anwaltlichen Rüge für den späteren Rücknahmebescheid (dazu Beschwerdebegründung S. 5 und S. 7) zweifelt der Senat nicht, wobei zu sehen ist, dass eine „Mitwirkung“ keine „überwiegende“ oder „alleinige“ Herbeiführung der Erledigung des Rechtsstreits durch die anwaltliche Vertretung verlangt, sondern lediglich, dass diese einen nicht ganz unerheblichen oder untauglichen Beitrag hierzu leistet (vgl. BayVGH, B.v. 19.1.2007 – 24 C 06.2426 – NVwZ-RR 2007, 497/499).
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Jedoch deutet in diesen Schriftsätzen nichts darauf hin, dass die anwaltliche Vertretung diese Argumentation („subjektiv“) mit dem „Ziel“ einer unstreitigen Erledigung verfolgt hätte; es wird nicht einmal die später erfolgte Rücknahme angeregt, wobei dahinstehen kann, ob dies gegebenenfalls für ein „Abzielen“ auf die Erledigung hingereicht hätte. Vielmehr spricht der Wortlaut der besagten Schriftsätze für das anwaltliche Ziel eines Obsiegens im streitigen Prozess, was aber – entgegen der Beschwerdebegründung (dort S. 5 ff.) – Teil der anwaltlichen Pflicht zum überzeugenden Vortrag sämtlicher für die Mandantschaft sprechender rechtlicher Argumente ist, ebenso wie die weitere anwaltliche Kritik am Ersatzpflanzungsbescheid insbesondere hinsichtlich dessen Bestimmtheit von der allgemeinen Verfahrensgebühr (Nr. 3100 VV RVG) abgedeckt ist (OVG NW, B.v. 2.6.2022 – 1 E 372/22 – juris Rn. 12 f. m.w.N.) und sich in der für die Vermögensverwaltung günstigen Kostengrundentscheidung des Einstellungsbeschlusses der Kammer vom 26. Oktober 2020 niedergeschlagen hat.
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Auch der in der Beschwerdebegründung (dort S. 3) betonte vorprozessuale anwaltliche Schriftsatz vom 5. Juli 2019 führt nicht zum Entstehen einer Erledigungsgebühr (Nr. 1002 VV RVG). Dagegen spricht schon, dass dieser Schriftsatz noch vor Ergehen des später streitgegenständlichen Ersatzpflanzungsbescheids vom 9. September 2019 verfasst wurde. Zwar können auch anwaltliche Aktivitäten aus der Zeit „vor“ Klageerhebung für Nr. 1002 VV RVG relevant sein, etwa wenn während laufender Rechtsbehelfsfrist für eine zwingend (zur Vermeidung von Bestandskraft) zu erhebende Klage ein Einigungsvorschlag unterbreitet und dann gleichwohl (zwecks Fristwahrung) Klage erhoben wird (vgl. BayVGH, B.v. 19.1.2007 – 24 C 06.2426 – NVwZ-RR 2007, 497/499). All das trifft auf den Schriftsatz vom 5. Juli 2019 aber nicht zu. Abgesehen davon, dass zu diesem Zeitpunkt mangels Bescheids noch keine Rechtsbehelfsfrist angelaufen war, was schon für sich gegen einen hinreichenden Bezug zu einem später erledigten „Rechtsbehelf“ (hier der späteren Anfechtungsklage) spricht, findet sich in diesem Schriftsatz kein hinreichend deutlicher Hinweis auf das Ziel einer nichtstreitigen Erledigung. Vielmehr wird das Vorgehen der Mandantschaft gegen den Vorwurf nicht fachgerechter Baumschnitte verteidigt (a.a.O. S. 1 unten bis S. 2 oben) und es wird die Anordnung einer Ersatzpflanzung als unverhältnismäßig und ermessensfehlerhaft bewertet (a.a.O. S. 2 Mitte). Auch soweit es am Ende des Schriftsatzes heißt, gerne könnten die Dinge gemeinsam mit dem Gärtner vor Ort besprochen werden, und hierfür die Koordination angeboten wird, bringt das das Ziel einer unstreitigen Lösung nicht hinreichend deutlich zum Ausdruck, sondern lässt sich ebenso gut als Ausdruck des Ziels werten, die anwaltliche Position, dass die städtische Absicht einer Ersatzpflanzungsanordnung haltlos sei, auch vor Ort zu belegen.
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Unabhängig davon ist auch zu sehen, dass das letztlich entscheidende anwaltliche Argument der unrichtigen Adressierung im vorprozessualen Schriftsatz vom 5. Juli 2019 noch nicht ausformuliert war, wobei zu sehen ist, dass bereits das Anhörungsschreiben vom 13. Mai 2019 an die Vermögensverwaltung adressiert war.
34
3.2.3. Schließlich ist weder dargetan noch ersichtlich, dass die anwaltliche Vertretung der Vermögensverwaltung auf sonstige Art und Weise auf ihre Mandantschaft eingewirkt hätte mit dem „Ziel“ einer unstreitigen Erledigung, etwa im Wege eines „teilweisen“ Nachgebens.
35
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Ein Streitwert ist nicht festzusetzen, weil nach Nr. 5502 des Kostenverzeichnisses der Anlage 1 des Gerichtskostengesetzes (GKG) eine Festgebühr anfällt.
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5. Diese Entscheidung ist unanfechtbar, § 152 Abs. 1 VwGO.