Titel:
Unzulässiger Berufungszulassungsantrag wegen Versäunis der Begründungsfrist
Normenketten:
VwGO § 55d S. 1, § 55a Abs. 3 S. 1, Abs. 4 Nr. 2, § 60, § 124, § 124a Abs. 4 S. 5, § 173 S. 1
ZPO § 85 Abs. 2
Leitsatz:
Die einfache Signatur einer Rechtsmittelschrift setzt die persönliche Versendung durch die den Schriftsatz verantwortende Person voraus; andere Personen als der bevollmächtigte Rechtsanwalt, insbesondere Kanzleimitarbeiter, können sich nur mit einem ihnen selbst zugeordneten Zertifikat und der zugehörigen Zertifikats-PIN in einem besonderen elektronischen Anwaltspostfach anmelden. (Rn. 11) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Ausweisung (Drogendelikte), Versäumnis der Begründungsfrist, Versand über beA durch Kanzleimitarbeiterin mit Zertifikat des Rechtsanwalts, Unzulässige Weitergabe des beA-Zertifikats, Wiederholungsgefahr, Abwägung, Berufungszulassungsverfahren, Unzulässigkeit, Fristversäumnis, Begründungsfrist, Rechtsmittelschrift
Vorinstanz:
VG München, Urteil vom 16.03.2023 – M 24 K 20.6696
Fundstelle:
BeckRS 2023, 29879
Tenor
I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Die Kläger haben die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 10.000,00 Euro festgesetzt.
Gründe
1
Die Kläger verfolgen mit dem Antrag auf Zulassung der Berufung ihre in erster Instanz überwiegend erfolglose Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 23. November 2020 in der Fassung vom 16. März 2023 weiter. Mit diesem Bescheid wurde der Kläger zu 1 (im Folgenden: der Kläger), ein bosnisch-herzegowinischer Staatsangehöriger, aus der Bundesrepublik Deutschland ausgewiesen, gegen ihn ein Einreise- und Aufenthaltsverbot, das zuletzt auf vier Jahre (unter der Bedingung der nachgewiesenen Straffreiheit und Drogenabstinenz) bzw. auf sechs Jahre befristet wurde, angeordnet und seine Abschiebung angeordnet bzw. angedroht. Grund für die Ausweisung waren mehrere strafrechtliche Verurteilungen des Klägers, zuletzt vom 1. Juli 2020 wegen tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte, vorsätzlicher Körperverletzung sowie unerlaubten bewaffneten Handeltreibens und unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren sowie der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt. Die Klägerin zu 2 ist seine Ehefrau, sie ist deutsche Staatsangehörige.
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Mit dem angefochtenen Urteil vom 16. März 2023 hat das Bayerische Verwaltungsgericht München die Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, über dessen Dauer unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden. Im Übrigen wurde die Klage abgewiesen.
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1. Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist bereits unzulässig, da die Frist für die Begründung des Zulassungsantrags nach § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO versäumt worden ist und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 60 Abs. 1 VwGO nicht gewährt werden kann.
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Gemäß § 124a Abs. 4 Satz 5 VwGO ist die Begründung für einen Antrag auf Zulassung der Berufung innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils vorzulegen. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Einreichung der Antragsbegründung beim Verwaltungsgericht wahrt die Frist nicht.
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Da das angefochtene Urteil des Verwaltungsgerichts vom 16. März 2023 dem Bevollmächtigten der Kläger am 13. April 2023 zugestellt wurde, ist die Frist für die Begründung des Antrags auf Zulassung der Berufung somit am 13. Juni 2023 abgelaufen. Bis zum Ablauf dieser Frist ist beim Verwaltungsgerichtshof jedoch keine Zulassungsbegründung eingegangen.
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Am 15. Juni 2023 ist beim Verwaltungsgerichtshof ein Schriftsatz des Klägerbevollmächtigten vom 12. Juni 2023 eingegangen, der an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof adressiert war, jedoch am 12. Juni 2023 über das besondere Anwaltspostfach (beA) an das Verwaltungsgericht München geleitet worden war; dieses leitete den Schriftsatz am 13. Juni 2023 an den Verwaltungsgerichtshof weiter.
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Damit ist eine Begründung des Antrags auf Zulassung der Begründung nicht innerhalb der gesetzlichen Frist vorgelegt worden. Das gilt auch unter Berücksichtigung einer Verpflichtung des Verwaltungsgerichts, einen erkennbar fälschlich bei ihm eingereichten Schriftsatz im ordnungsgemäßen Geschäftsgang an das Oberverwaltungsgericht weiterzuleiten (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 16. Auflage 2022, § 124a Rn. 51; Roth in Posser/Wolff/Decker, BeckOK VwGO, Stand 1.7.2023, § 124a Rn. 59 i.V.m. Rn. 22; OVG Bremen, B.v. 14.4.2023 – 2 LA 38/23 – juris Rn. 6), denn das Verwaltungsgericht hat den Schriftsatz umgehend weitergeleitet.
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Nach entsprechendem Hinweis durch das Gericht wurde vom Klägerbevollmächtigten Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 60 VwGO beantragt und hierzu ausgeführt, die „Berufungsbegründung“ (gemeint offensichtlich: Begründung des Antrags auf Zulassung der Berufung) sei bereits seit Anfang Juni vorbereitet und diktiert worden und hätte mit der Mandantschaft noch abgeglichen werden sollen. Dies sei jedoch aufgrund einer Erkrankung des Bevollmächtigten nicht mehr möglich gewesen. Es sei daher eine langjährig tätige und als äußerst zuverlässig bekannte Sekretärin gebeten worden, den Schriftsatz fristwahrend per beA an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu übersenden. Trotz korrekter Adressierung sei der Schriftsatz an das Verwaltungsgericht München übermittelt worden. Nachforschungen hätten ergeben, dass die Sekretärin im Rahmen der beA-Sendung in der E-Akte des Rechtsanwaltsprogramms R. im PC, wo die Adressen der Gerichte direkt untereinander stünden, offenkundig versehentlich die falsche Adresse angeklickt habe.
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Damit ist jedoch kein Sachverhalt vorgetragen, der darauf schließen lässt, dass der Bevollmächtigte der Kläger, denen sein Verschulden nach § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen ist, ohne Verschulden an der rechtzeitigen Einreichung des Schriftsatzes mit der Begründung des Antrags auf Zulassung der Berufung gehindert war.
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Nach dem Prüfvermerk des Verwaltungsgerichts über den Eingang des Schriftsatzes wurde dieser über das besondere Anwaltspostfach (beA) übermittelt, als Absender ist der Name des Bevollmächtigten sowie – wie sich aus dem Vergleich mit weiteren Schriftsatz-Übermittlungen des Bevollmächtigten ergibt – dessen Nutzer-ID angegeben; die übermittelten Dokumente sind nicht qualifiziert signiert. Nach den Ausführungen in dem Antrag auf Wiedereinsetzung sowie der beigefügten Versicherung an Eides statt hat jedoch tatsächlich nicht der Bevollmächtigte, sondern eine – namentlich benannte – Sekretärin der Kanzlei das Dokument übermittelt.
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Die einfache Signatur einer Rechtsmittelschrift setzt die persönliche Versendung durch die den Schriftsatz verantwortende Person voraus; andere Personen als der bevollmächtigte Rechtsanwalt, insbesondere Kanzleimitarbeiter, können sich nur mit einem ihnen selbst zugeordneten Zertifikat und der zugehörigen Zertifikats-PIN in einem besonderen elektronischen Anwaltspostfach anmelden. Die Überlassung des eigenen Zertifikats des Rechtsanwalts an die Kanzleimitarbeiterin ist nicht zulässig. Der Inhaber eines für ihn erzeugten Zertifikats darf dieses keiner anderen Person überlassen, er hat auch die zugehörige PIN geheim zu halten. Dadurch soll sichergestellt werden, dass die einfache Signatur von der den Schriftsatz verantwortenden Person stammt. Eine Überlassung des Zertifikats an eine nicht angemeldete Person würde es unbefugten Personen ermöglichen, anwaltliche Schriftsätze eigenmächtig zu erstellen oder abzuändern, um sie dann mit einer einfachen Signatur des Rechtsanwalts zu versenden. Bei einer Übermittlung über das besondere elektronische Anwaltspostfach muss die Übertragung in das Postfach dieses Rechtsanwalts erfolgen und dieser – also nicht etwa eine Kanzleimitarbeiterin – der tatsächliche Versender sein. Durch die Überlassung der anwaltlichen Zertifizierung an die Sekretärin hat der Bevollmächtigte der Kläger dieser keine Möglichkeit zur wirksamen Übersendung der Begründungsschrift auf einem sicheren Übermittlungsweg (§ 55d Satz 1, § 55a Abs. 3 Satz 1, Abs. 4 Nr. 2 VwGO) eröffnet (siehe ausführlich BGH, B.v. 20.6.2023 – 2 StR 39/23 – juris Rn. 6 ff.; BGH, B.v. 3.5.2022 – 3 StR 89/22 – juris Rn. 8 ff.; OVG NW, B.v. 14.7.2023 – 8 A 813/23 – juris Rn. 4 ff.).
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2. Aber auch, wenn man den Antrag auf Zulassung der Berufung als zulässig ansehen würde, wäre er unbegründet, denn aus dem der rechtlichen Überprüfung durch den Senat allein unterliegenden Vorbringen im Zulassungsantrag ergeben sich nicht die geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten der Rechtssache im Sinn des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO oder die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache im Sinn von § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO.
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Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bestünden dann, wenn der Kläger im Zulassungsverfahren einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung des Erstgerichts mit schlüssigen Gegenargumenten infrage gestellt hätte (BVerfG, B.v. 10.9.2009 – 1 BvR 814/09 – juris Rn. 11; BVerfG, B.v. 9.6.2016 – 1 BvR 2453/12 – juris Rn. 16). Die von § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO geforderte Darlegung dieses Zulassungsgrundes erfordert eine konkret fallbezogene und hinreichend substanziierte Auseinandersetzung mit den Gründen der angefochtenen Entscheidung; es muss dargelegt werden, dass und weshalb das Verwaltungsgericht entscheidungstragende Rechts- und Tatsachenfragen unrichtig entschieden hat (siehe dazu Roth in Posser/Wolff/Decker, BeckOK VwGO, Stand 1.7.2023, § 124a Rn. 72 f.; Happ in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 124a Rn. 62 ff.).
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Diesen Anforderungen genügt die Zulassungsbegründung nicht.
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Die Zulassungsbegründung führt zunächst an, das Verwaltungsgericht sei rechtsfehlerhaft davon ausgegangen, dass vom Kläger nach wie vor eine gegenwärtige schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgehe, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berühre. Die Prognose zum jetzigen Zeitpunkt falle zu seinen Gunsten aus. Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts lägen beim Kläger stabile persönliche Verhältnisse vor. Die in der Unterbringung nach § 64 StGB absolvierte Therapie habe einen substanziellen Erfolg erzielt. Er sei bereits vor einem Jahr aus dem Maßregelvollzug zur Bewährung entlassen worden. Sowohl die Bewährung als auch die Nachsorge in der Klinik liefen gut. Die Bestätigungen des I.-A.-Kl.vom 2. März 2023 und der Bewährungshilfebericht vom 14. Februar 2023 seien positiv. Überdies habe der Kläger bereits gezeigt, dass er sich straffrei führen könne. Es werde grundsätzlich nicht verkannt, dass er sich auch zunächst noch im geschützten Rahmen der Unterbringung befunden habe, allerdings habe er vor der Entlassung zur Bewährung bereits seit einem Dreivierteljahr zuhause gewohnt und sei einer Arbeit nachgegangen. Insofern befinde er sich nun seit fast zwei Jahren außerhalb des Maßregelvollzugs und habe keine neuen Straftaten begangen. Er habe zwischenzeitlich geheiratet und arbeite regelmäßig in Vollzeit als Produktionshelfer.
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Mit diesem Vorbringen, das im Wesentlichen den Vortrag in der ersten Instanz wiederholt, geht der Kläger jedoch nur teilweise auf die tragenden Erwägungen des Verwaltungsgerichts zur von ihm ausgehenden Wiederholungsgefahr ein. Dieses hat darauf hingewiesen, dass beim Kläger über mehr als 30 Jahre eine manifeste Drogenabhängigkeit bestanden habe. Schon die vorletzte Verurteilung vom 26. April 2016 zeuge davon, dass er in der Drogenkriminalität fest verankert sei. Damals sei die Freiheitsstrafe wegen einer günstigen Sozialprognose aufgrund der familiären und sozialen Integration des Klägers und des Eindrucks der elfmonatigen Untersuchungshaft zur Bewährung ausgesetzt worden; dies habe jedoch keine nachhaltige Drogen- und Straffreiheit des Klägers zur Folge gehabt. Verstärkend trete hinzu, dass eine nach der Verurteilung erfolgte sechsmonatige Drogentherapie erfolglos geblieben sei, da er bereits drei Monate nach Ende der Therapie rückfällig geworden sei. Gegenwärtig habe er zwar erfolgreich die Drogentherapie im Maßregelvollzug absolviert und sich seither in der ambulanten Behandlung erfolgreich bewährt. Doch führe dies allein noch nicht zum Entfallen der Wiederholungsgefahr. Die bislang erfolgreiche Suchtmittelabstinenz lasse nach ständiger Rechtsprechung noch nicht mit der notwendigen Sicherheit auf einen dauerhaften Einstellungswandel und eine innerlich gefestigte Verhaltensänderung schließen, die ein Entfallen der Wiederholungsgefahr rechtfertigen würde. Eine erfolgreich durchgeführte Drogentherapie des Klägers ohne eine nachfolgend ausreichend lange Zeitdauer der Bewährung in Freiheit ohne die protektiven Faktoren, wie sie im Maßregelvollzug, in der Haft oder wie vorliegend aufgrund der Aussetzung der Unterbringung mit einer Bewährungszeit von fünf Jahren und Führungsaufsicht mit Weisungen vorliegen, reiche dafür noch nicht aus (UA Rn. 68).
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Die Begründung des Zulassungsantrags geht mithin nicht auf die vom Verwaltungsgericht angeführten Umstände ein, dass der Kläger bereits vor der letzten – zur Ausweisung Anlass gebenden – Verurteilung zu einer Bewährungsstrafe verurteilt worden war, jedoch die dort gestellte positive Sozialprognose nicht gerechtfertigt hat und überdies schon wenige Monate nach einer „erfolgreich“ abgeschlossenen Drogentherapie wieder rückfällig wurde. Gerade vor diesem Hintergrund ist, in Übereinstimmung mit der ständigen Rechtsprechung des Senats, zu verlangen, dass der betroffene Ausländer nach dem erfolgreichen Abschluss einer erforderlichen Therapie darüber hinaus die damit verbundene Erwartung eines künftig straffreien Verhaltens auch nach Therapieende glaubhaft gemacht hat. Denn solange sich der Ausländer nicht außerhalb des Straf- bzw. Maßregelvollzugs bewährt hat, kann nicht mit der notwendigen Sicherheit auf einen dauerhaften Einstellungswandel und eine innerlich gefestigte Verhaltensänderung geschlossen werden, die ein Entfallen der Wiederholungsgefahr rechtfertigen würde (stRspr des Senats, siehe z.B. BayVGH, B.v. 24.4.2023 – 10 ZB 22.2398 – juris Rn. 10; BayVGH, B.v. 29.4.2020 – 10 ZB 20.104 – juris Rn.7; BayVGH, B.v. 3.4.2020 – 10 ZB 19.2400 – juris Rn. 4; B.v. 11.3.2020 – 10 ZB 19.777 – juris Rn. 9). Dies ist beim Kläger (noch) nicht der Fall. Er wurde erst im Juli 2022 aus dem Maßregelvollzug zur Bewährung entlassen; es wurde eine Bewährungszeit von fünf Jahren festgesetzt sowie Führungsaufsicht mit Weisungen angeordnet. Auch wenn er bereits vorher während des Maßregelvollzugs zuhause wohnen durfte, spricht die seitherige Straffreiheit zwar zugunsten des Klägers, kann aber angesichts der engmaschigen Kontrolle und Überwachung im Rahmen des Vollzugs und der Bewährungs- bzw. Führungsaufsicht und des immer noch geringen Zeitablaufs noch nicht als „Bewährung in Freiheit“ bewertet werden. Aus den vom Kläger erwähnten (Kurz-)Stellungnahmen der Maßregel-Vollzugseinrichtung vom 2. März 2023 und der Bewährungshilfe vom 14. Februar 2023, die dem Verwaltungsgericht vorlagen, ergibt sich insoweit nichts Anderes. Die Begründung des Zulassungsantrags räumt selbst ein, dass der Kläger einen Teil der bisher straf- und drogenfreien Zeit im geschützten Rahmen der Unterbringung verbracht hat; mit der Frage eines Entfallens der Wiederholungsgefahr nach erst kurzer Zeit in Freiheit, und auch diese nur unter dem Druck der Bewährungs- und Führungsaufsicht, setzt sie sich nicht auseinander.
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Die Begründung des Zulassungsantrags macht weiter geltend, das angefochtene Urteil gehe fälschlicherweise davon aus, dass die Ausweisung nicht gegen Art. 6 GG, Art. 8 EMRK verstoße. Der Kläger lebe mit seiner jetzigen Ehefrau (der Klägerin zu 2) und den beiden gemeinsamen Kindern in M., wobei der Sohn noch studiere. Aufgrund der Beistands- und Betreuungsgemeinschaft sei daher eine Ausweisung des Klägers unverhältnismäßig. Die minderjährige Tochter leide an einer sog. Spastischen Seite aufgrund einer früheren Krebserkrankung, sie habe einen Grad der Behinderung von 60 und massiven Hilfsbedarf. Hierzu werde eine Bestätigung eines Universitätsklinikums vorgelegt (diese Bestätigung war jedoch nicht beigefügt).
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Mit der bloßen Behauptung, die Ausweisung sei angesichts der familiären Situation unverhältnismäßig, wird das Vorbringen in keiner Weise den ausführlichen und umfassenden Erwägungen des Verwaltungsgerichts zur Gewichtung des Ausweisungs- und des Bleibeinteresses und zur Abwägung beider (§ 53 Abs. 1, Abs. 2 AufenthG) gerecht (UA Rn. 69-96). Das angefochtene Urteil würdigt unter anderem ausführlich das Zusammenleben mit seiner jetzigen Ehefrau – nicht nur seit der Heirat am 24. Februar 2023, sondern auch das Zusammenleben seit 1995 – und den beiden gemeinsamen Kindern, von denen der Sohn bereits volljährig ist. Auch die Behinderung der mittlerweile 15 Jahre alten Tochter und die vorgetragene enge Beziehung zu ihr und die besonderen Betreuungsleistungen wurden in die Erwägungen einbezogen. Die Ausführungen in der Begründung des Zulassungsantrags bleiben völlig unsubstanziiert und vermögen die Abwägung des Verwaltungsgerichts nicht zu erschüttern.
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Hinsichtlich der noch geltend gemachten Zulassungsgründe der besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) und der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) enthält die Begründung des Zulassungsantrags keinerlei Ausführungen.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
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Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 und 3, § 39 Abs. 1 sowie § 52 Abs. 2 GKG.
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Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).