Inhalt

VGH München, Beschluss v. 11.10.2023 – 10 ZB 23.1483
Titel:

kein Abschiebungsverbot wegen erforderlicher dauerhafter Unterbringung in Psychiatrie

Normenketten:
AufenthG § 60 Abs. 5, Abs. 7 S. 1
EMRK Art. 3
Leitsatz:
Eine erhebliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes des Ausländers alsbald nach der Abschiebung im Sinne von § 60 Abs. 7 AufenthG droht nicht, wenn nach der Abschiebung im Kosovo in einem Institut für Psychiatrie eine vorübergehende stationäre Behandlung nach internationalen Standards für bis zu sechs Wochen möglich ist, eine Entscheidung über eine dauerhafte stationäre Behandlung erst im Anschluss daran durch eine Kommission getroffen wird; die Entscheidung, eine dauerhafte Unterbringung des Ausländers sicherzustellen, liegt mithin nicht mehr im Verantwortungsbereich der deutschen Ausländerbehörde, sondern im Verantwortungsbereich des Heimatstaats des Klägers. (Rn. 6) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Abschiebungsverbot aus gesundheitlichen Gründen, Zulassungsgründe nicht dargelegt, Kosovo, Abschiebungsverbot, dauerhafte Unterbringung
Vorinstanz:
VG Augsburg, Urteil vom 12.07.2023 – Au 6 K 21.1452
Fundstelle:
BeckRS 2023, 29871

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.
1
Mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung verfolgt der Kläger seine insoweit in erster Instanz erfolglose Klage im Zusammenhang mit einem von ihm geltend gemachten Abschiebungsverbot aus gesundheitlichen Gründen weiter.
2
Der am ... 1981 geborene Kläger ist ein wegen einer schweren, infolge einer paranoiden Schizophrenie im Zustand der Schuldunfähigkeit begangenen Straftat rechtskräftig ausgewiesener kosovarischer Staatsangehöriger. Er befindet sich noch im Maßregelvollzug in stationärer Behandlung. Nach den Feststellungen eines Gutachters besteht mangels stabiler Krankheitseinsicht beim Kläger bei Wegfall der aktuellen Bedingungen des Maßregelvollzugs ein hohes Rückfallrisiko hinsichtlich erneuter unvorhersehbarer Gewaltdelikte. Seine Medikamente nehme der Kläger im engen Setting des Maßregelvollzugs ein, würde diese aber im Falle einer Entlassung sofort absetzen, in kurzer Zeit wieder psychotisch werden und erneut unvorhersehbare schwere Gewaltdelikte begehen.
3
Mit Schreiben vom 7. Mai 2019 ließ der Kläger bei der Ausländerbehörde einen Antrag auf Erteilung einer zunächst unbefristeten Duldung stellen. Die medizinisch-psychiatrische Versorgung des Klägers sowie sein Versicherungsstatus im Kosovo seien offen. Die Ausländerbehörde beteiligte daraufhin das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. Dieses nahm mit Schreiben vom 10. März 2021 dahingehend Stellung, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 AufenthG nicht vorlägen. Daraufhin lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 18. Mai 2021 die Feststellung des Vorliegens zielstaatsbezogener Abschiebungshindernisse nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG für den Kläger ab. Es sei nicht davon auszugehen, dass der Kläger in eine existenzielle Notlage im Falle einer Rückkehr in den Kosovo geraten würde. Er könne auf dortige Sozialleistungen, seinen in der Schweiz lebenden Bruder und Vater sowie seine vier im Kosovo lebenden Schwestern verwiesen werden. Nach den vorgelegten ärztlichen Attesten könne nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit von einer wesentlichen Verschlechterung des Gesundheitszustands des Klägers alsbald nach der Rückkehr in den Kosovo ausgegangen werden. Ihm drohe keine lebensbedrohliche Verschlechterung im Fall einer Rückkehr. Ferner bestünden im Kosovo ausreichend vorhandene Behandlungsmöglichkeiten; eine Behandlung im Universitätsklinikum Pr. sei möglich, bei Engpässen in der Medikamentenbeschaffung sei der Kläger auf eine private Beschaffung zu verweisen.
4
Der Kläger erhob daraufhin Klage mit dem Antrag, den Bescheid aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, ihm eine (dauerhafte) Duldung auszustellen.
5
Mit Urteil vom 12. Juli 2023 verpflichtete das Verwaltungsgericht den Beklagten, dem Kläger eine Duldung zu erteilen und wies die Klage im Übrigen ab. Der Kläger habe einen Anspruch auf eine Duldung, weil der Abschiebung derzeit ein Vollstreckungshindernis entgegenstehe. Die zuständige Staatsanwaltschaft habe die erforderliche Entscheidung über die Zustimmung zur Abschiebung nach § 456a StPO noch nicht getroffen. Auf das „Vorliegen eines inlandsbezogenen Vollstreckungshindernisses aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG wegen der gesundheitlichen Beschwerden des Klägers, einer Widerlegung der gesetzlich vermuteten Reisefähigkeit (§ 60a Abs. 2c AufenthG) sowie etwaiger durch den Beklagten sicherzustellender Modalitäten einer Abschiebung (medizinische Begleitung, Übergabe an kosovarische Stellen)“ komme es daher insoweit nicht an. Im Übrigen sei die Anfechtungsklage gegen den Bescheid des Beklagten vom 18. Mai 2021 zulässig, aber unbegründet. Der Beklagte habe die Feststellung eines Abschiebungsverbots zu Recht abgelehnt. Die Grundversorgung des Klägers im Kosovo sei durch Sozialhilfe sowie familiäre Unterstützung gewährleistet.
6
Es drohe auch keine erhebliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes des Klägers alsbald nach der Abschiebung im Sinne von § 60 Abs. 7 AufenthG. Nach einer im Klageverfahren eingeholten Auskunft des Auswärtigen Amtes sei nach der Abschiebung im Institut für Psychiatrie des Universitätsklinikums Pr. eine vorübergehende stationäre Behandlung nach internationalen Standards für bis zu sechs Wochen möglich. Die nach vorgelegten fachärztlichen Gutachten notwendige dauerhafte stationäre Behandlung sei im Kosovo – nach sechswöchigen Unterbringung im Universitätsklinikum Pr. – derzeit nur im Spezialinstitut in Shtime (ISSH) gewährleistet, wobei eine Unterbringung in dieser Einrichtung der Entscheidung einer kosovarischen Kommission obliegt, die nach einer kosovarischen Verwaltungsvorschrift über eine Aufnahme von Patienten entscheide. Es sei zwar derzeit nicht geklärt und werde bis zur Abschiebung nicht geklärt sein, ob der Kläger in diesem Institut aufgenommen werde, da eine Zusicherung zur Unterbringung im ISSH vor der Rückkehr bzw. Rückführung nicht gegeben werden könne und individuell über das kosovarische Gesundheitsministerium angefragt werden müsse. Allerdings begründe diese Ungewissheit keine erhebliche Gefahr im Sinne des § 60 Abs. 7 AufenthG, da bei wertender Betrachtung innerhalb von sechs Wochen nach der Rückführung eine Klärung der Anschlussbehandlung durch die kosovarischen Behörden erfolgen könne. Danach liege es nicht mehr im Verantwortungsbereich des Beklagten, eine Unterbringung des Klägers sicherzustellen, sondern im Verantwortungsbereich des Heimatstaats des Klägers. Daher könne auch eine etwaige Verschlechterung seines gesundheitlichen Zustands aufgrund einer etwaigen ablehnenden Entscheidung der kosovarischen Kommission dem Beklagten nicht mehr zugerechnet werden.
7
Soweit seine Klage abgewiesen wurde, verfolgt der Kläger sein Begehren mit dem Zulassungsantrag weiter.
8
Wegen der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichts- und Behördenakten.
II.
9
Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist unbegründet, weil sich aus dem der rechtlichen Überprüfung durch den Senat allein unterliegenden Vorbringen im Zulassungsantrag weder die geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (1.) noch tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten der Rechtssache im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO (2.) noch die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO (3.) ergeben.
10
1. Es bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Solche Zweifel bestünden dann, wenn der Kläger im Zulassungsverfahren einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung des Erstgerichts mit schlüssigen Gegenargumenten infrage gestellt hätte (BVerfG, B.v. 10.9.2009 – 1 BvR 814/09 – juris Rn. 11; B.v. 9.6.2016 – 1 BvR 2453/12 – juris Rn. 16). Dies ist jedoch auch dann nicht der Fall, wenn man die Ausführungen des Klägers im Rahmen des Zulassungsgrundes der tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten der Sache mitberücksichtigt.
11
Dabei kann – auch in Ermangelung einer entsprechender Darlegung im Zulassungsantrag – dahinstehen, ob (wie das Verwaltungsgericht meint) eine reine Anfechtungsklage gegen den Beschied des Beklagtem vom 18. Mai 2021 überhaupt zulässig ist, oder es nicht einer Klage auf Verpflichtung des Beklagten, ein Abschiebungsverbot noch § 60 Abs. 5 bzw. Abs. 7 Satz 1 festzustellen oder wenigstens einer entsprechenden Feststellungsklage bedurft hätte (die man dem Klageantrag des Klägers bei entsprechenden Auslegung hätte entnehmen können). Denn das Zulassungsvorbringen legt jedenfalls nicht dar, dass die tragende Annahme des Verwaltungsgerichts, es bestünden keine Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 bzw. Abs. 7 Satz 1 AufenthG, ernstlich zweifelhaft wäre.
12
Hinsichtlich eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK enthält das Zulassungsvorbringen keine durchgreifenden Rügen. Zur Annahme des Verwaltungsgerichts, der Lebensunterhalt des Klägers sei durch Sozialhilfe und Unterstützung von Verwandten gesichert, verhält sich der Kläger nicht.
13
Das Zulassungsvorbringen legt auch nicht substantiiert dar, dass das Verwaltungsgericht zu Unrecht ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG verneint hätte.
14
Das Erstgericht hat im Einklang mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung (auch zu Art. 3 EMRK) zu Recht und vom Zulassungsvorbringen nicht beanstandet angenommen, für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG sei erforderlich, dass sich die vorhandene Erkrankung des Ausländers aufgrund zielstaatsbezogener Umstände in einer Weise verschlimmert, die zu einer erheblichen und konkreten Gefahr für Leib oder Leben führt, dass also eine wesentliche Verschlimmerung der Erkrankung alsbald nach der Rückkehr des Ausländers droht (vgl. BVerwG, U.v. 17.10.2006 – 1 C 18.05 – juris Rn. 15).
15
Die Einwände des Klägers gegen die Anwendung dieses Maßstabs auf den Einzelfall greifen nicht durch. Dass das Verwaltungsgericht – wie der Kläger behauptet – sich überhaupt nicht mit dem Gesundheitszustand des Klägers, seiner Entlassprognose sowie der tatsächlichen Möglichkeit, im Kosovo die erforderliche medizinische Behandlung zu erhalten, befasst und sich vielmehr mit der theoretischen Möglichkeit einer Behandlung zufriedengegeben habe, trifft nicht zu. Das Verwaltungsgericht hat den Gesundheitszustand des Klägers und die von Gutachtern prognostizierten Folgen eines Abbruchs der stationären Behandlung berücksichtigt und seiner Entscheidung uneingeschränkt zu Grunde gelegt. Es hat ausgeführt, dass die stationäre Behandlung des Klägers in den ersten sechs Wochen nach der Abschiebung im Universitätsklinikum Pr. gesichert sei, was auch der Kläger mit dem Zulassungsantrag nicht konkret anzweifelt. Im Übrigen erkennt das Verwaltungsgericht durchaus an, dass es unsicher ist, ob der Kläger danach eine stationäre Anschlussbehandlung erhalten wird. Seine Entscheidung beruht auf der Erwägung, nach Ablauf der ersten sechs Wochen trage der Beklagte keine Verantwortung mehr für den Gesundheitszustand des Klägers, weil die Entscheidung über eine notwendige Anschlussunterbringung in dieser Zeit allein vom kosovarischen Staat getroffenen werde. Mit dieser tragenden rechtlichen Erwägung zur Zurechnung der Folgen einer notwendigen, aber unterbliebenen Behandlung, mit der das Verwaltungsgericht eine „alsbaldige“ erhebliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes verneint (vgl. zu diesem Zusammenhang etwa BVerwG, U.v. 21.4.2022 – 1 C 10.21 – BVerwGE 175 – juris Rn. 21 m.w.N.), setzt sich das Zulassungsvorbringen nicht auseinander.
16
2. Auch der Zulassungsgrund der besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten der Rechtssache im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO liegt nicht vor bzw. ist schon nicht hinreichend dargelegt (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO).
17
Zur Darlegung der besonderen Schwierigkeiten der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) sind die entscheidungserheblichen tatsächlichen oder rechtlichen Fragen in fallbezogener Auseinandersetzung mit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts konkret zu benennen, die diese Schwierigkeiten aufwerfen, und es ist anzugeben, dass und aus welchen Gründen die Beantwortung dieser Fragen besondere Schwierigkeiten bereitet. Es ist eine Begründung dafür zu geben, weshalb die Rechtssache an den entscheidenden Richter (wesentlich) höhere Anforderungen stellt als im Normalfall (BayVGH, B.v. 17.10.2019 – 10 ZB 18.1883 – juris Rn. 10; B.v. 9.5.2019 – 10 ZB 19.317 – juris Rn. 9; B.v. 20.2.2019 – 10 ZB 18.2343 – juris Rn. 18).
18
Diesen Anforderungen genügt das Zulassungsvorbringen nicht. Der Kläger setzt sich mit der tragenden Erwägung des Verwaltungsgerichts zum Verantwortungsübergang auf die kosovarischen Behörden – wie bereits dargelegt – nicht auseinander und zeigt dementsprechend auch nicht auf, dass diese Frage erhöhte Anforderungen an das Verwaltungsgericht gestellt hätte. Die Feststellung des Gesundheitszustandes eines Betroffenen anhand medizinischer Unterlagen und die Feststellung der Möglichkeit der Behandlung im Herkunftsland durch Einholung einer amtlichen Auskunft weisen dagegen in aller Regel keine besonderen tatsächlichen Schwierigkeiten auf. Welche Rolle der Umstand, dass der Kläger im Maßregelvollzug untergebracht ist, für die Rückkehrprognose spielen soll, erschließt sich dem Gericht nicht. Im Übrigen merkt der Senat an, dass den Strafverfolgungsbehörden und -gerichten bei der Frage, ob gegen einen Täter eine Haftstrafe oder eine Maßnahme der Besserung und Sicherung verhängt wird, kein Ermessen zukommt, dessen Ausübung bei der Entscheidung über Abschiebungsverbote berücksichtigt werden könnte.
19
3. Schließlich liegt der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO liegt nicht vor bzw. ist schon nicht hinreichend dargelegt (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO).
20
Die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) setzt voraus, dass für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts eine konkrete, jedoch fallübergreifende Rechts- oder Tatsachenfrage von Bedeutung ist, deren noch ausstehende obergerichtliche Klärung im Berufungsverfahren zu erwarten ist und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zu einer bedeutsamen Weiterentwicklung des Rechts geboten erscheint. Klärungsbedürftig sind solche Rechts- oder Tatsachenfragen, deren Beantwortung zweifelhaft ist oder zu denen unterschiedliche Auffassungen vertreten werden und die noch nicht oder nicht hinreichend ober- oder höchstgerichtlich geklärt sind (vgl. BVerfG, B.v. 28.4.2011 – 1 BvR 3007/07 – juris Rn. 21; Happ in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 124 Rn. 38). Ein derartiger Klärungsbedarf besteht nicht, wenn die Rechtsfrage bereits geklärt ist oder auf der Grundlage der bestehenden Rechtsprechung mithilfe der anerkannten Auslegungsregelungen auch ohne Durchführung eines Berufungsverfahrens beantwortet werden kann (stRspr, BVerwG, B.v. 9.4.2014 – 2 B 107.13 – juris Rn. 9 m.w.N.; BVerfG, B.v. 29.7.2010 – 1 BvR 1634/04 – juris Rn. 64). Dementsprechend verlangt die Darlegung (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) der rechtsgrundsätzlichen Bedeutung, dass eine konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage formuliert und aufgezeigt wird, weshalb die Frage im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Fortentwicklung des Rechts klärungsbedürftig und entscheidungserheblich (klärungsfähig) ist; ferner muss dargelegt werden, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung dieser Frage besteht (vgl. BayVGH, B.v. 23.1.2020 – 10 ZB 19.2235 – Rn. 4; B.v. 14.2.2019 – 10 ZB 18.1967 – juris Rn. 10; Happ in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 124a Rn. 72).
21
Diesen Anforderungen genügt das Zulassungsvorbringen vorliegend nicht. Der Kläger hält für klärungsbedürftig, „inwieweit der Staat zunächst freiheitsentziehende Maßnahmen treffen darf, welche im vorliegenden Fall für den Kläger gegebenenfalls lebenslang sein könnten, um dann – aus welchen Erwägungen heraus auch immer – sich davon zu distanzieren“. Abgesehen davon, dass damit keine konkrete Rechtsfrage formuliert ist, ist die Entscheidungserheblichkeit nicht dargelegt. Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist (noch) das Bestehen von zielstaatsbezogenen Abschiebungsverboten. Welchen Einfluss freiheitsentziehende Maßnahmen auf deren Feststellung haben sollen, legt das Zulassungsvorbringen nicht dar und ist auch sonst nicht ersichtlich.
22
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
23
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 und 3 sowie § 52 Abs. 2 GKG.
24
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).