Inhalt

LArbG München, Beschluss v. 19.10.2023 – 3 Ta 172/23
Titel:

Gegenstandswert für Betriebsratsantrag auf Unterlassung der Anordnung von Kurzarbeit und der Annahmeverweigerung angebotener Arbeitsleistung

Normenkette:
RVG § 23 Abs. 3 S. 2 Hs 2
Leitsätze:
Der Gegenstandswert für einen Unterlassungsanspruch des Betriebsrats, mit dem die Unterlassung der Anordnung von Kurzarbeit begehrt wird, ist mit dem dreifachen Ausgangswertes des § 23 Abs. 3 Satz 2 HS 2 RVG anzusetzen.  (Rn. 19)
1. Die seit dem 1.6.2023 für Gegenstands- und Streitwertbeschwerden zuständige Kammer 3 des LAG München gibt die von ihr bisher vertretene Auffassung ausdrücklich auf, dass die Entscheidung des Erstgerichts vom Beschwerdegericht nur auf Ermessensfehler zu überprüfen ist und das Beschwerdegericht keine eigene hiervon unabhängige Ermessensentscheidung zu treffen hat. (Rn. 13) (redaktioneller Leitsatz)
2. Umfang und die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit können regelmäßig keine Herauf- oder Herabsetzung des Gegenstandswertes nach § 23 Abs. 3 S. 2 Hs. 2 RVG rechtfertigen. (Rn. 17) (redaktioneller Leitsatz)
3. Eine Vereinbarung der Beteiligten über die Höhe des Gegenstandswerts ist kein nach § 23 Abs. 3 S. 2 Hs. 2 RVG bei der Gegenstandswertfestsetzung zu berücksichtigender Umstand. (Rn. 22) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Gegenstandswert, Unterlassungsanspruch, Betriebsrat, Mitbestimmungsrecht
Vorinstanz:
ArbG Regensburg, Beschluss vom 09.08.2023 – 4 BV 52/22
Fundstelle:
BeckRS 2023, 29849

Tenor

Die Beschwerde der Arbeitgeberin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Regensburg vom 09.08.2023 – 4 BV 52/22 – wird zurückgewiesen.
Die Arbeitgeberin hat die Gebühr nach Nr. 8614 der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG zu tragen.

Gründe

I.
1
Im vorliegenden Beschwerdeverfahren begehrt die Beteiligte zu 2 (= Antragsgegnerin, im Folgenden Arbeitgeberin) die Festsetzung eines niedrigeren Gegenstandswertes.
2
Die Arbeitgeberin ordnete mit Schreiben vom 28.10. und 31.10.2022 gegenüber 43 der 170 im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmern für die Zeit vom 02. – 04.11.2022 Kurzarbeit an. Eine Zustimmung des Betriebsrats lag hierfür nicht vor. Am 02.11.2022 unterzeichnete der Betriebsrat die zuvor mit der Arbeitgeberin verhandelte Betriebsvereinbarung zur Einführung von Kurzarbeit. Nachdem er von der Durchführung von Kurzarbeit erfuhr, verweigerte er am 03.11.2022 seine Zustimmung und teilte dies der Arbeitgeberin mit. Daraufhin wurde am 04.11.2022 die Kurzarbeit nicht weiter umgesetzt.
3
Mit Schriftsatz vom 15.11.2022 machte der Betriebsrat einen Antrag auf Unterlassung der Anordnung von Kurzarbeit und der Annahmeverweigerung angebotener Arbeitsleistung, verbunden mit einem Antrag auf Androhung von Ordnungsgeld, gerichtlich geltend. Mit Schriftsatz vom 22.06.2023 reichten die Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats einen Vergleichsvorschlag ein und baten um Festsetzung des Gegenstandswerts in Höhe von 20.000,00 €, auf den sich die Beteiligten verständigt hätten. Nach Zustimmungserklärung der Arbeitgeberin mit dem Vergleich hat das Arbeitsgericht einen entsprechenden Vergleich nach § 278 Abs. 6 ZPO festgestellt.
4
In der Absicht, den Gegenstandswert auf 5.000,00 € festzusetzen, hörte das Arbeitsgericht die Beteiligten an und setzte den Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit durch Beschluss vom 09.08.2023 – 4 BV 52/22 – schließlich auf 15.000,00 € fest. Ausgehend von Ziff. II. 11. des Streitwertkatalogs für die Arbeitsgerichtsbarkeit sei der Regelwert des § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG abhängig vom Gegenstand des Mitbestimmungsrechts und der Bedeutung des Einzelfalls herauf- bzw. herabzusetzen. In die Ermessensausübung seien die wirtschaftlichen Auswirkungen und die Anzahl der betroffenen Personen eingestellt worden, ohne von einer konkreten Staffelung auszugehen. Durch die Anordnung der Kurzarbeit seien 43 von insgesamt 170 Beschäftigten betroffen gewesen, was bedeute, dass bei 43 Mitarbeitern die Hauptleistungspflichten suspendiert worden seien, wodurch sich in der Summe potenziell eine ganz erhebliche finanzielle und damit wirtschaftliche Auswirkung verbunden habe. Zu Gunsten des Arbeitgebers könne nicht gewertet werden, dass die Maßnahme ggf. wieder rückgängig gemacht worden sei. Anderenfalls stünde die Höhe der Gegenstandswertfestsetzung zur Disposition der Arbeitgeberin.
5
Gegen diesen, ihr am 14.08.2023 zugestellten Beschluss hat die Arbeitgeberin am 21.08.2023 Beschwerde eingelegt. Der Gegenstandswert sei auf 5.000,00 € festzusetzen. Die Arbeitgeberin habe alles getan, um die Anordnung schnellstmöglich rückgängig zu machen. Der Gegenstandswert dürfe nicht als Sanktionsmittel verstanden werden. Die sachliche und rechtliche Befassung des Gerichts sei als durchaus gering einzustufen. Die Arbeitgeberin anerkenne das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats zur Kurzarbeit. Hintergrund der Anordnung sei die irrtümliche Annahme einer bereits gültigen Betriebsvereinbarung gewesen. Die Betriebsvereinbarung sei vom Betriebsrat „abgesegnet“ gewesen.
6
Die Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats haben beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen. Der Gegenstandswert sei sogar mit 20.000,00 € angemessen. Die sachliche und rechtliche Befassung des Gerichts sei kein zulässiges Argument, um eine verminderte Wertfestsetzung zu begründen. Insbesondere könne die Auffassung deshalb nicht überzeugen, weil andernfalls bei einem groben und klaren Rechtsverstoß des Arbeitgebers der Gegenstandswert umso geringer ausfiele, je klarer die Rechtslage sei. Schließlich sei die Beschwerde treuwidrig (§ 242 BGB), da mit der Arbeitgeberin die Bemessung des Gegenstandswert auf 20.000,00 € vereinbart und abgestimmt worden sei.
7
Das Arbeitsgericht hat durch Beschluss vom 11.09.2023 der Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Landesarbeitsgericht München zur Entscheidung vorgelegt. Die Festsetzung des dreifachen Regelwertes als Gegenstandswert sei auch im Hinblick auf die Bemühung der Arbeitgeberin, die Maßnahme der Kurzarbeit schnellstmöglich rückgängig zu machen, gerechtfertigt. Die Festsetzung des Gegenstandswerts stünde andernfalls zur Disposition des Arbeitgebers.
8
Im Rahmen der Anhörung zum Nichtabhilfebeschluss hat die Arbeitgeberin die Auffassung vertreten, dass die Befassung des Gerichts durchaus Einfluss auf die Bemessung des Gegenstandswerts haben könne. Die Beschwerde sei nicht treuwidrig. Es hätten zwischen den Beteiligten keine Gespräche zum Gegenstandswert stattgefunden bzw. es sei ein solcher nicht vereinbart worden. Die Gegenstandswertfestsetzung erfolge allein durch das Gericht.
9
Der Verfahrensbevollmächtigte des Betriebsrats hat nochmals hervorgehoben, dass die Verfahrensbevollmächtigte der Arbeitgeberin telefonisch ihr Einverständnis mit dem Schriftsatz vom 22.06.2023, in dem der vereinbarte Gegenstandswert mitgeteilt worden sei, erklärt habe.
II.
10
Die nach § 33 Abs. 3 Satz 1 RVG statthafte Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet.
11
1. Die Beschwerde ist zulässig. Sie ist form- und fristgerecht eingelegt worden, § 33 Abs. 3 Satz 3 RVG. Der Beschwerdewert des § 33 Abs. 3 Satz 1 RVG ist bei einem um 10.000,00 € niedrigeren Gegenstandswert erreicht.
12
2. Die Beschwerde ist jedoch unbegründet. Der Gegenstandswert ist zu Recht auf 15.000,00 € festgesetzt worden, §§ 33 Abs. 1, 23 Abs. 3 S. 2 HS 2 RVG.
13
a) Die seit dem 01.06.2023 für Gegenstands- und Streitwertbeschwerden zuständige Kammer gibt die von ihr bisher vertretene Auffassung ausdrücklich auf, dass die Entscheidung des Erstgerichts vom Beschwerdegericht nur auf Ermessensfehler zu überprüfen ist und das Beschwerdegericht keine eigene hiervon unabhängige Ermessensentscheidung zu treffen hat (vgl. LAG München, Beschluss vom 06.06.2023 – 3 Ta 59/23 – Rn. 50 f.).
14
b) Die Beschwerdekammer folgt im Interesse der bundesweiten Vereinheitlichung der Rechtsprechung zur Wertfestsetzung und damit verbunden im Interesse der Rechtssicherheit und -klarheit bei bestimmten typischen Fallkonstellationen den Vorschlägen der auf Ebene der Landesarbeitsgerichte eingerichteten Streitwertkommission, die im jeweils aktuellen Streitwertkatalog für die Arbeitsgerichte niedergelegt sind, derzeit in der Fassung vom 09.02.2018 (im Folgenden: Streitwertkatalog 2018, abgedruckt in NZA 2018, 497 ff.; ebenso LAG Nürnberg, Beschluss vom 30.07.2014 – 4 Ta 83/14 – Rn. 18 und Beschluss vom 29.07.2021 – 2 Ta 72/21 – Rn. 9; LAG Hessen, Beschluss vom 04.12.2015 – 1 Ta 280/15 – Rn. 7 m.w.Nachw.; LAG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 09.02.2016 – 5 Ta 264/15 – Rn. 4; LAG Hamburg, Beschluss vom 20.5.2016 – 5 Ta 7/16 – Rn. 10; LAG Sachsen, Beschluss vom 28.10.2013 – 4 Ta 172/13 (2) unter II. 1 der Gründe¸ LAG Hamm Beschluss vom 26.10.2022 – 8 Ta 198/22 – Rn. 11; LAG München, Beschluss vom 06.06.2023 – 3 Ta 59/23 – Rn. 52 f.). Dabei wird nicht verkannt, dass der Streitwertkatalog für die Arbeitsgerichte nicht bindend ist.
15
c) Der aktuell gültige Streitwertkatalog für die Arbeitsgerichtsbarkeit enthält in Ziff. II. 17 die Empfehlung, dass der Gegenstandswert bei einem Beschlussverfahren mit dem Streitgegenstand „Unterlassungsanspruch“ entsprechend dem Wert des streitigen Mitbestimmungsrechts in sozialen Angelegenheit nach II. Nr. 11 Streitwertkatalog 2018 ausgehend vom Hilfswert nach § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG festgesetzt wird und hierbei abhängig vom Gegenstand des Mitbestimmungsrechts und der Bedeutung des Einzelfalls (organisatorische und wirtschaftliche Auswirkungen, Anzahl der betroffenen Arbeitnehmer u. a.) eine Herauf- oder Herabsetzung des Wertes ohne Staffelung erfolgen kann.
16
Diese Empfehlungen des Streitwertkatalogs 2018 berücksichtigen die gesetzlichen Vorgaben, weshalb sie auch von der erkennenden Beschwerdekammer zugrunde gelegt werden. Bei Anträgen auf Unterlassung mitbestimmungswidrigen Verhaltens handelt es sich um nichtvermögensrechtliche Gegenstände, da sie weder auf einer vermögensrechtlichen Beziehung beruhen noch auf Geld oder Geldeswert gerichtet sind (vgl. LAG Hamburg, Beschluss vom 13.01.2014 – 6 Ta 22/13 – unter II. 2. a) der Gründe; LAG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 01.03.2010 – 1 Ta 24/10 – unter II. 2 der Gründe). Für die Bewertung nichtvermögensrechtlicher Gegenstände bestimmt § 23 Abs. 3 S. 2 HS 2 RVG ausdrücklich, dass der Gegenstandswert mit 5.000,00 €, nach Lage des Falles niedriger oder höher, jedoch nicht über 500.000,00 € anzunehmen ist (ebenso NK-ArbR/Müller, 2. Aufl. 2023, RVG § 23 Rn. 35 und 36; GK-ArbGG/Schleusener, November 2020, § 12 ArbGG Rn. 467). In Anlehnung an § 48 Abs. 2 GKG wird dieser Wert unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der Bedeutung der Sache bestimmt (vgl. Riedel/Sußbauer RVG/Potthoff, 10. Aufl. 2015, RVG § 23 Rn. 268; TZA ArbR-Streitwert/Paschke, Teil 1 B. Rn. 121; BAG, Beschluss vom 14.12.2016 – 7 ABR 8/15 – Rn. 40). Demgegenüber können der Umfang und die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit regelmäßig keine Herauf- oder Herabsetzung des Gegenstandswertes rechtfertigen (so auch GK-ArbGG/Schleusener, Nov. 2020, § 12 Rn. 427; Ralf Henssen/Thomas Gerretz in: Däubler/Hjort/Schubert/Wolmerath, Arbeitsrecht, 5. Auflage 2022, § 80 ArbGG Rn. 13; a.A. aber BAG, Beschluss vom 14.12.2016 – 7 ABR 8/15 – Rn. 40). Beides hängt auch vom subjektiven Kenntnisstand und der Arbeitsweise des jeweils mit der Vertretung beauftragten Rechtsanwalts ab (vgl. LAG Hamm, Beschluss vom 10.10.2005 – 10 TaBV 102/05 –), wodurch ein subjektives Element in die nach objektiven Maßstäben vorzunehmende Wertfestsetzung einflösse. Dieses Kriterium würde zudem auch in den Fällen zu einer niedrigeren Gegenstandswertfestsetzung führen, in denen der Arbeitgeber in besonders offensichtlicher Weise ein Mitbestimmungsrecht missachtet hätte. Gründe, diesen Arbeitgeber gebührenrechtlich zu privilegieren, sind nicht ersichtlich. Auch der Einwand, die wirtschaftliche Situation des Arbeitgebers sei (sehr) angespannt, kann die Höhe des Gegenstandswertes regelmäßig nicht mindern (vgl. LAG Hamm, Beschluss vom 02.02.2009 – 10 Ta 801/08 –). Die Bedeutung eines Mitbestimmungsrechts steht nicht in Relation zur finanziellen Lage des Arbeitgebers, der dies verletzt.
17
In der landesarbeitsgerichtlichen Rechtsprechung wurde eine Erhöhung bzw. Vervielfachung des Gegenstandswerts in den Fällen durchgeführt, in denen es um die Verletzung grundlegender Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats von erheblicher Bedeutung ging (vgl. LAG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 01.03.2010 – 1 Ta 24/10 – für das Mitbestimmungsrecht gem. § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG;), eine Vielzahl von Arbeitnehmern betroffen war (vgl. LAG Hamburg, Beschluss vom 13.01.2014 – 6 Ta 22/13 –) und der Arbeitgeber wiederholt und beständig gegen seine betriebsverfassungsrechtlichen Pflichten verstoßen hatte (vgl. LAG Köln, Beschluss vom 04.06. 2007 – 9 Ta 104/07242 –).
18
d) Nach Maßgabe dieser Grundsätze ist mit dem Arbeitsgericht für den Gegenstandswert des hiesigen Beschlussverfahrens ein dreifacher Wert i. S. d. § 23 Abs. 3 S. 2 HS 2 RVG, d. h. 15.000,00 €, festzusetzen. Dies rechtfertigt sich aus der großen Bedeutung des Beschlussverfahrens im Hinblick auf das streitgegenständliche Mitbestimmungsrecht und die Anzahl der betroffenen Arbeitnehmer.
19
Die nicht mitbestimmte Kurzarbeit, die durch den streitgegenständlichen Unterlassungsanspruch unterbunden werden sollte, betrifft das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats aus § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG. Es dient bei Kurzarbeit dazu, die Interessen des Arbeitgebers an einer wirtschaftlichen Betriebsführung und die Interessen der Arbeitnehmer vor Sonderbelastungen durch verkürzte Arbeitszeit, die mit Lohneinbußen verbunden sind, auszugleichen (vgl. Fitting/Schmidt/Trebinger/Linsenmaier/Schelz, 31. Aufl. 2022, BetrVG § 87 Rn. 134). Wegen der Auswirkungen von Kurzarbeit auf die Hauptleistungspflichten aus dem Arbeitsverhältnis ist es als ein besonders bedeutsames Mitbestimmungsrecht anzusehen.
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Zudem waren durch die Anordnung nichtmitbestimmter Kurzarbeit unstreitig 43 von 170 Arbeitnehmer und damit immerhin fast ein Viertel der Gesamtbelegschaft des Betriebs betroffen. Bis zur Klärung des Konflikts zwischen den Betriebsparteien sahen sich die Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen den wirtschaftlichen Auswirkungen der unrechtmäßig angeordneten Kurzarbeit ausgesetzt. In diesem Zusammenhang kann sich die Arbeitgeberin zugunsten einer niedrigeren Wertfestsetzung nicht darauf berufen, sie achte das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats aus § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG, sei nur irrtümlich von einer bereits gültigen Betriebsvereinbarung ausgegangen und habe die Anordnung von Kurzarbeit schnellstmöglich rückgängig zu machen versucht. Der Arbeitgeberin hätte von vornherein klar sein müssen, dass ohne Unterschrift durch den Betriebsrat die verhandelte Betriebsvereinbarung nicht wirksam war (§ 77 Abs. 2 Satz 1 BetrVG). Hierüber konnte sie auch nicht irren, weil ihr die unterschriebene Version der Betriebsvereinbarung unstreitig nicht vorlag, als sie mit Schreiben vom 28. und 31.10.2022 gegenüber 43 Arbeitnehmern die Anordnung zur Kurzarbeit herausgab. Auf die geringen sachlichen und rechtlichen Schwierigkeiten, die der streitgegenständliche Unterlassungsanspruch für die Beteiligten und das Gericht bedeutete, kam es im Anschluss an die vorstehenden Ausführungen nicht an.
21
Soweit sich die Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats auf eine Einigung über die Höhe des Gegenstandswerts von 20.000,00 € berufen und die Beschwerde deswegen als treuwidrig (§ 242 BGB) ansehen, ist ihnen nicht zu folgen. Vereinbarungen der Beteiligten über die Höhe des Gegenstandswerts ist kein nach § 23 Abs. 3 Satz 2 HS 2 RVG bei der Gegenstandswertfestsetzung zu berücksichtigender Umstand und liefe zudem dem Grundsatz der Streitwertwahrheit (vgl. hierzu LAG München, Beschluss vom 23.06.2015 – 3 Ta 170/15 – Rn. 34) zuwider.
22
e) Die Androhung von Ordnungsmitteln im Beschlussverfahren ist hinsichtlich des Gegenstandswertes nicht werterhöhend zu berücksichtigen (vgl. LAG Hamburg, Beschluss vom 28.12.2015 – 6 Ta 24/15 – Rn.19).
III.
23
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst, weil Kosten nicht erstattet werden, § 33 Abs. 9 RVG. Da die Beschwerde zurückgewiesen wird, hat die Arbeitgeberin die Gebühr nach Nr. 8614 der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG zu tragen.
IV.
24
Diese Entscheidung, die gem. § 78 S. 3 ArbGG durch die Vorsitzende der Beschwerdekammer allein ergeht, ist unanfechtbar, § 33 Abs. 4 Satz 3 RVG.