Titel:
Erfolglose Asylklage einer ugandischen Staatsangehörigen
Normenketten:
GG Art. 16a
AsylG § 3, § 4
AufenthG § 60 Abs. 5, Abs. 7
Leitsatz:
Die politische Lage in Uganda kann als relativ stabil bezeichnet werden und der ugandische Staat ist grundsätzlich schutzbereit und -fähig. (Rn. 14) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Asylklage, Uganda, Nichtstaatliche Bedrohung, Polizei schutzbereit und –fähig, ruandische Akteure, Streitigkeiten, Bruder, Polizeischutz, schutzbereiter Staat, politische Lage, nichtstaatliche Bedrohung
Fundstelle:
BeckRS 2023, 29467
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
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Die 1954 geborene Klägerin ist ugandische Staatsangehörige. Sie reiste am .. Juli 2019 auf dem Luftweg in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte hier am … August 2019 einen Asylantrag.
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Bei ihrer Anhörung trug die Klägerin vor, dass sie sich seit 2007 bei ihrer kranken Mutter in Ruanda aufgehalten habe, die 2010 verstorben sei. Einer ihrer Brüder in Ruanda sei General der ruandischen Armee gewesen und später Botschafter in Indien. Er habe Probleme mit dem ruandischen Präsidenten gehabt. Daher sei er nach Südafrika gegangen. Dort halte er sich immer noch auf, nachdem er bei einem Attentat von Anhängern des ruandischen Präsidenten angeschossen worden sei. Diese Anhänger hätten dann einen weiteren Bruder verfolgt und in Ruanda ins Gefängnis gesteckt. Die Klägerin hätte sechs Monate nach dessen Inhaftierung einen Rechtsanwalt für ihren Bruder beauftragt. Nach der zweiten Gerichtssitzung seien Polizisten zu ihr und ihrem Vater gekommen und hätten sie mitgenommen. Sie hätten ihre Pässe abgeben müssen. Sie sei dann mit ihrem Vater nach Uganda ausgereist. Das sei im Jahr 2012 gewesen. Von 2012 bis 2018 habe sie mit ihrem Vater in Uganda gelebt. Im April 2018 sei ihre Wohnung in Uganda von Unbekannten angegriffen worden. Man habe die Fenster unter Strom gesetzt und Säure durch die Fenster gestreut. Dadurch sei ihr Vater schwer verletzt worden und schließlich verstorben. Sie habe sich an die Polizei gewandt, die ihre Wohnung für zwei Tage bewacht habe. Direkt nach der Bestattung ihres Vaters sei sie nach Südafrika gereist. Bei einer Rückkehr nach Uganda befürchte sie, dass sie wieder Übergriffen ausgesetzt sein könnte, die von Ruanda ausgingen.
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Mit Bescheid vom … April 2020 lehnte das Bundesamt den Antrag auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (Nr. 1), auf Asylanerkennung (Nr. 2) sowie auf subsidiären Schutz (Nr. 3) als unbegründet ab. In Nr. 4 des Bescheids ist festgestellt, dass das Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) vorliege. Der Bescheid wurde mit Postzustellungsurkunde am 19. Mai 2020 zugestellt.
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Am 28. Mai 2020 hat die Klagepartei Klage erhoben und zuletzt beantragt,
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den Bescheid des Bundesamtes vom ... April 2020 in Nrn. 1, 2 und 3 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die Klägerin als Asylberechtigte anzuerkennen, hilfsweise festzustellen, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft vorliegen, weiter hilfsweise die Beklagte zu verpflichten, den subsidiären Schutzstatus zuzuerkennen.
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Die Beklagte hat die Akte vorgelegt und keinen Antrag gestellt.
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Am 14. Juni 2023 fand mündliche Verhandlung statt.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte in diesem Verfahren, die vorgelegte Behördenakte sowie die Niederschrift vom 14. Juni 2023 verwiesen.
Entscheidungsgründe
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1. Die zulässige Klage ist unbegründet.
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Die Klägerin hat kein Verfolgungs- oder Lebensschicksal geschildert, das die Anerkennung als Asylberechtigte (Art. 16a Abs. 1 des Grundgesetzes/GG) bzw. die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (§ 3 des Asylgesetzes/AsylG) rechtfertigen würde.
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a) Es ist bereits offen, ob die von der Klägerin befürchteten Übergriffe an asylerhebliche Merkmale im Sinn des Art. 16a Abs. 1 GG anknüpfen (Jarass in Jarass/Pieroth, GG, 17. Auflage 2022, Art. 16a Rn. 11 ff.). Nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 des Asylgesetzes /AsylG ist für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft erforderlich, dass sich ein Ausländer aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb seines Herkunftslandes befindet. Auch eine kriminelle Verfolgung muss an ein in § 3 AsylG genanntes Merkmal anknüpfen, um als politische Verfolgung gelten zu können. Eine Verfolgung i.S. des § 3 AsylG kann nach § 3c Nr. 3 AsylG auch von nichtstaatlichen Akteuren ausgehen, sofern der Staat oder ihn beherrschende Parteien oder Organisationen einschließlich internationale Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, Schutz vor der Verfolgung zu bieten (VG Augsburg, B.v. 6.4.2017 – 4 S 17.31616 – juris Rn. 17).
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Die von der Klägerin als befürchtet vorgetragenen Maßnahmen von mutmaßlich ruandischen Akteuren in Uganda knüpfen wohl nicht an asylerhebliche Merkmale an. Denn aufgrund von Streitigkeiten zwischen dem Präsidenten von Ruanda und dem Bruder der Klägerin sieht diese die Gefahr, dass sie wie ihre Brüder von ruandischen Agenten verfolgt werden. Eine irgendwie geartete politische Dimension dieser Tat oder der Drohungen wurden nicht vorgetragen und ist auch nicht ersichtlich. Denn die Klägerin hat hierzu lediglich angegeben, dass es Differenzen zwischen ihrem in Südafrika lebenden Bruder und dem Präsidenten von Ruanda gegeben habe.
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b) Schließlich sieht das Gericht bei einer Rückkehr der Klägerin nach Uganda nicht die von ihr vorgetragene Befürchtung, Opfer von ruandischer Seite initiierten Anschlägen werden zu können. Die Klägerin hat zusammen mit ihrem Vater von 2012 bis 2018 im Wesentlichen unbehelligt in Uganda gelebt. Erst im Jahr 2018 habe es einen Anschlag gegeben, nach dem die Polizei – so die Angaben der Klägerin beim Bundesamt – für zwei Tage ihr Haus bewacht habe. Hinzu kommt der Umstand, dass sich die Vorkommnisse im Jahr 2018 ereignet haben und mittlerweile fünf Jahre zurückliegen, sodass weitere (kriminelle) Bedrohungen durch ruandische Akteure in Uganda aufgrund des Zeitablaufs unwahrscheinlich sind. Die Klägerin hat auch angegeben, dass ihre Familie erst nach der Beerdigung ihres Vaters in das Bewusstsein der Leute in Uganda getreten sei, vorher hätten sie als „ganz normale Leute“ gegolten. Zusammen mit dem Zeitablauf kann daher nicht davon ausgegangen werden, dass bei einer (fiktiven) Rückkehr der Klägerin nach Uganda heute noch die von ihr befürchtete Bedrohungslage existieren könnte.
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c) Entscheidend ist, dass die von der Klägerin befürchteten Anschläge nicht vom ugandischen Staat ausgehen. Auch im Schreiben des Bruders der Klägerin, das mit eidesstattlicher Versicherung vom ... März 2019 vorgelegt wurde, ist in Nr. 13 ausdrücklich angegeben, dass der Klägerin jede Unterstützung gewährt werden sollte, um der Regierung in Rwanda fernzubleiben. Vielmehr hat der ugandische Staat der Familie der Klägerin für die Beerdigung ihres Vaters und – so die Aussage der Klägerin beim Bundesamt – auch zwei Tage nach einem vorangegangenen Anschlag auf ihr Haus Polizeischutz geboten. Im Übrigen ist der ugandische Staat grundsätzlich schutzbereit und -fähig (Länderinformationsblatt Uganda des Österreichischen Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 29. Juli 2017, S, 7 ff. -trotz Korruption). Nach dem Länderinformationsblatt Uganda des Österreichischen Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 29. Juli 2017 (S. 6 f.) kann die politische Lage in Uganda als relativ stabil bezeichnet werden. Der ugandische Staat duldet die von der Klägerin befürchteten Anschläge nicht und geht auch dagegen vor.
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d) Das Bundesamt hat im Übrigen auch zu Recht die Zuerkennung subsidiären Schutzes (§ 4 AsylG) abgelehnt. Es sind keine Gesichtspunkte vorgetragen oder sonst ersichtlich, die die Rechtmäßigkeit dieser Entscheidung in Frage stellen könnten.
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Zur weiteren Begründung wird auf den Bescheid des Bundesamtes vom ... April 2020 verwiesen (§ 77 Abs. 2 AsylG).
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2. Die Klägerin hat als unterlegene Beteiligte nach § 154 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung/VwGO die Kosten des Verfahrens zu tragen.
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Nach § 83 b AsylG ist das Verfahren gerichtskostenfrei.