Inhalt

Anwaltsgerichtshof München, Urteil v. 01.03.2023 – BayAGH I - 5 - 9/22
Titel:

Vermögensverfall eines Rechtsanwalts - keine Widerlegung der gesetzlichen Vermutung

Normenketten:
BRAO § 14 Abs. 2 Nr. 7
ZPO § 882b
Leitsätze:
1. Für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Widerrufs einer Zulassung zur Rechtsanwaltschaft ist allein auf den Zeitpunkt des Abschlusses des behördlichen Widerrufsverfahrens, also auf den Erlass des Widerrufsbescheids, abzustellen. Die Beurteilung danach eingetretener Entwicklungen, wie z.B. in Form der Begleichung einzelner Forderungen, ist einem Wiederzulassungsverfahren vorbehalten. (Rn. 30) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die gesetzliche Vermutung des Vermögensverfalls durch § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO kommt nicht zur Geltung, wenn der Rechtsanwalt nachweist, dass die der Eintragung zugrunde liegende Forderung im maßgeblichen Zeitpunkt des Widerrufsbescheids bereits getilgt war. (Rn. 36) (redaktioneller Leitsatz)
3. Um gesetzliche Vermutung des Vermögensverfalls zu widerlegen, muss der Rechtsanwalt ein auf den maßgeblichen Zeitpunkt des Widerrufsbescheids bezogenes vollständiges und detailliertes Verzeichnis seiner Gläubiger und Verbindlichkeiten vorlegen und - ggfs. unter Vorlage eines nachvollziehbaren bzw. realistischen Tilgungsplans - dartun, dass seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse bezogen auf den maßgeblichen Zeitpunkt nachhaltig geordnet sind. (Rn. 39) (redaktioneller Leitsatz)
4. Die Geringfügigkeit der der Eintragung zugrunde liegenden Forderung widerlegt die gesetzliche Vermutung des Vermögensverfalls nicht. (Rn. 41) (redaktioneller Leitsatz)
5. Der Vortrag des Rechtsanwalts, derzeit praktisch ausschließlich im Bereich des Straf- und Ordnungswidrigkeitenrechts tätig zu sein und daher fast nie mit der Vereinnahmung von Mandantengeldern zu tun zu haben, genügt nicht, um ungeachtet seines Vermögensverfalls eine Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden ausnahmsweise auszuschließen. (Rn. 43 – 45) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Zulassung zur Rechtsanwaltschaft, Widerruf, Vermögensverfall, geringfügige Forderung, gesetzliche Vermutung, Schuldnerverzeichnis, Einkommens- und Vermögensverhältnisse, Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden
Rechtsmittelinstanz:
BGH Karlsruhe, Beschluss vom 27.09.2023 – AnwZ (Brfg) 18/23
Fundstelle:
BeckRS 2023, 29399

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
III. Das Urteil ist im Kostenausspruch gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
IV. Der Streitwert wird auf 50.000 € festgesetzt.

Tatbestand

1
Die Parteien streiten über den Widerruf der Zulassung des Klägers zur Rechtsanwaltschaft.
I.
2
Der Kläger, geboren am , wurde mit Verfügung des Bayerischen Staatsministeriums der Justiz vom 23.12.1987 zur Rechtsanwaltschaft zugelassen. Die Urkunde wurde am 13.01.1988 ausgehändigt. Seinen Kanzleisitz hat er aktuell in .
3
Mit Schreiben vom 22.03.2022, zugestellt am 24.03.2022, wurde der Kläger gemäß § 32 BRAO i.V.m. Art. 28 BayVwVfG zu einem möglichen Widerruf seiner Zulassung zur Rechtsanwaltschaft wegen Vermögensverfalls gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO angehört. Er wurde dabei u.a. über die bekannt gewordene, seit 30.12.2021 bestehende Eintragung des Klägers im beim Amtsgericht Hof geführten Schuldnerverzeichnis (Az. ) informiert. Der Kläger äußerte sich hierzu nicht.
4
Mit Bescheid vom 04.05.2022, zugestellt am 06.05.2022, widerrief die Beklagte die Zulassung des Klägers zur Rechtsanwaltschaft nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO wegen Vermögensverfalls.
II.
5
Die Beklagte begründet ihren Bescheid im Wesentlichen wie folgt:
"Die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft sei gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO zu widerrufen, weil der Kläger in Vermögensverfall geraten sei und dadurch die Interessen der Rechtssuchenden gefährdet seien."
6
Der Kläger sei in das beim Amtsgericht Hof geführte Schuldnerverzeichnis eingetragen (Az. ). Damit werde gesetzlich vermutet, dass er sich in Vermögensverfall befinde, § 14 Abs. 2 Nr. 7 2. Halbsatz BRAO.
7
Diese Vermutung habe der Kläger nicht widerlegt. Es sei Sache des Rechtsanwalts, im Einzelnen nachzuweisen, dass tatsächlich ein Vermögensverfall nicht bestehe. Die hierzu erforderliche umfassende Darlegung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse und die Vorlage eines erfolgversprechenden Tilgungsplans sei nicht erfolgt.
8
Eine Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden sei infolge des Vermögensverfalls des Rechtsanwalts regelmäßig gegeben. Anhaltspunkte dafür, dass ausnahmsweise nicht von einer Gefährdung auszugehen sei, seien weder vorgetragen noch ersichtlich.
III.
9
Gegen den Widerrufsbescheid wendet sich der Kläger mit seiner Klage vom 05.06.2022, eingegangen am 07.06.2022 (dem Dienstag nach Pfingstmontag).
10
Der Kläger beantragt,
Der Bescheid der Beklagten vom 04.05.2022 wird aufgehoben.
11
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
12
In der Klage führt der Kläger aus, dass ihm unerklärlich sei, wie die Beklagte zu der Vermutung gelange, der Kläger befinde sich in Vermögensverfall. Der Kläger wisse nicht, warum er im Schuldnerverzeichnis eingetragen sein solle. Er versuche, dies baldigst zu klären, um den Vorwurf zu entkräften. Er selbst habe keine Kenntnis von so einer Eintragung.
13
Der Kläger erwägt, ob die Eintragung im Schuldnerverzeichnis etwas mit technischen Problemen seines beA-Postfachs zu tun habe.
14
Jedenfalls habe es den Anschein, als sei dies auch ein Anlass für die Beklagte gewesen, dem diesbezüglich "unliebsamen" Kläger nun auch noch die Zulassung als Rechtsanwalt und damit die Existenzgrundlage zu entziehen.
15
Der Kläger kündigte weiteres Vorbringen nach Aufklärung der Hintergründe an und beantragte eine Fristverlängerung zur Ergänzung der Klagebegründung bis 07.07.2022.
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Der Kläger sei derzeit praktisch ausschließlich im Bereich des Straf- und Ordnungswidrigkeitenrechts tätig und habe daher fast nie mit der Vereinnahmung von Mandantengeldern zu tun.
17
Der Kläger versichert sein Vorbringen anwaltlich.
18
Die beantragte Fristverlängerung hat der Senat bewilligt. Eine Ergänzung der Klagebegründung ist bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung nicht eingegangen.
19
Lediglich in einer Erinnerung vom 04.08.2022 (Bl. 18/19) gegen den Kostenansatz infolge der vorläufigen Festsetzung des Streitwerts nimmt der Kläger Bezug auf eine Eintragung im Schuldnerverzeichnis aufgrund einer "ganz geringen Forderung", "die schon längst bezahlt" sei.
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Die Beklagte führt in ihrer Klageerwiderung vom 11.07.2022 (Bl. 14/16) aus, dass die Klage unbegründet sei. Der Widerruf der Zulassung des Klägers wegen Vermögensverfalls sei rechtmäßig gewesen. Der Kläger sei zum Zeitpunkt des Widerrufsbescheides wegen Nichtabgabe der Vermögensauskunft im Schuldnerverzeichnis des Amtsgerichts Hof eingetragen gewesen. Dieser Eintrag bestehe bis heute fort. Damit werde gesetzlich vermutet, dass er sich in Vermögensverfall befinde, § 14 Abs. 2 Nr. 7 2. Halbsatz BRAO. Sofern ein Vermögensverfall feststehe, trete eine Beweislastumkehr ein und der betroffene Rechtsanwalt müsse nachweisen, dass ein Vermögensverfall nicht vorliege. Hierauf sei der Kläger mit Anhörungsschreiben vom 22.03.2022, zugestellt am 24.03.2022, hingewiesen worden. Es sei ihm ausdrücklich erläutert worden, dass durch die erfolgte Eintragung im Schuldnerverzeichnis des Amtsgerichts Hof gesetzlich vermutet werde, dass er sich in Vermögensverfall befinde und diese Vermutung nur widerlegt werden könne, wenn er seine gesamte Vermögenssituation darstelle, sämtliche gegen ihn erhobene Forderungen aufliste und im Einzelnen darlege, wie er diese erfüllen werde. Eine umfassende Darstellung der Vermögensverhältnisse des Klägers liege bis heute nicht vor. Ein Ermessensspielraum bestehe bei dieser Entscheidung nicht.
21
In seiner Klage bestätige der Kläger die ungeordneten Vermögensverhältnisse. Er trage vor, er wisse nicht, warum er in das Schuldnerverzeichnis eingetragen worden sei. Selbst auf die Anhörung vom 22.03.2022, die ihm per Post zugestellt worden sei, habe der Kläger nicht reagiert.
22
Der Senat hat am 01.03.2023 mündlich verhandelt. Zu dieser Verhandlung war der Kläger gemäß Verfügung vom 15.11.2022 per Postzustellungsurkunde am 18.11.2022 geladen worden. In der Ladung ist darauf hingewiesen worden, dass beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann (§ 102 Abs. 2 VwGO). Der Kläger ist im Termin nicht erschienen, ohne sein Ausbleiben zu entschuldigen. Der Senat hat ohne ihn verhandelt und wie aus dem Tenor ersichtlich entschieden.
23
Wegen der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, auf die beigezogenen Personal- und Sachakten und auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 01.03.2023.

Entscheidungsgründe

24
Die zulässige Klage erweist sich als in der Sache erfolglos.
I.
25
Die Klage ist form- und fristgerecht erhoben worden, § 74 Abs. 1 S. 2 VwGO i.V.m. § 112 c Abs. 1 BRAO. Gemäß Art. 15 Abs. 2 BayAGVwGO war ein Vorverfahren nach § 68 VwGO nicht durchzuführen.
II.
26
Die Klage ist jedoch unbegründet, da der durch Bescheid vom 04.05.2022 erfolgte Widerruf der Zulassung des Klägers zur Rechtsanwaltschaft sowohl formell als auch materiell rechtmäßig ist und den Kläger nicht in seinen Rechten verletzt, § 113 Abs. 1 S. 1 VwGO i.V.m. § 112 c Abs. 1 BRAO.
27
Bedenken hinsichtlich der formellen Rechtmäßigkeit bestehen nicht.
28
Auch die materiellen Voraussetzungen für den Widerruf der Zulassung waren bei Erlass des angegriffenen Bescheids erfüllt.
29
Rechtsgrundlage des Widerrufs wegen Vermögensverfalls ist § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO. Nach dieser Vorschrift ist die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft zu widerrufen, wenn der Rechtsanwalt in Vermögensverfall geraten ist, es sei denn, dass dadurch die Interessen der Rechtsuchenden nicht gefährdet sind.
30
1. Für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Widerrufs einer Zulassung zur Rechtsanwaltschaft ist allein auf den Zeitpunkt des Abschlusses des behördlichen Widerrufsverfahrens, also auf den Erlass des Widerrufsbescheids, abzustellen. Die Beurteilung danach eingetretener Entwicklungen, wie z.B. in Form der Begleichung einzelner Forderungen, ist einem Wiederzulassungsverfahren vorbehalten (st. Rspr. des BGH; vgl. nur Beschlüsse vom 24.10.2022 - AnwZ (Brfg) 20/22, juris Rn. 5; vom 17.11.2020 - AnwZ (Brfg) 20/20, juris Rn. 10; vom 18.02.2019 - AnwZ (Brfg) 65/17, juris Rn. 4; vom 20.05.2015 - AnwZ (Brfg) 7/15, juris Rn. 5; vom 10.03.2014 - AnwZ (Brfg) 77/13, juris Rn. 3; vom 29.06.2011 - AnwZ (Brfg) 11/10, juris Rn. 9 ff.).
31
2. Der Kläger befand sich am 04.05.2022, dem Zeitpunkt des Erlasses des Widerrufsbescheids, in Vermögensverfall.
32
a) Ein Vermögensverfall im Sinn von § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO liegt vor, wenn der Rechtsanwalt in ungeordnete, schlechte Verhältnisse geraten ist, die er in absehbarer Zeit nicht ordnen kann, und außer Stande ist, seinen Verpflichtungen nachzukommen. Beweisanzeichen hierfür sind insbesondere die Erwirkung von Schuldtiteln und Vollstreckungsmaßnahmen gegen ihn (st. Rspr. des BGH, vgl. nur Beschlüsse vom 24.10.2022- AnwZ (Brfg) 20/22, juris Rn. 7; vom 17.11.2020 - AnwZ (Brfg) 20/20, juris Rn.14; vom 29.04.2019 - AnwZ (Brfg) 21/19, juris Rn. 5; vom 10.03.2014 - AnwZ (Brfg) 77/13, juris Rn. 3). Gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 7 Hs. 2 BRAO wird ein Vermögensverfall kraft Gesetzes vermutet, wenn ein Insolvenzverfahren über das Vermögen des Rechtsanwalts eröffnet oder der Rechtsanwalt in das vom Vollstreckungsgericht zu führende Verzeichnis (§ 26 Abs. 2 InsO, § 882b ZPO) eingetragen ist.
33
b) Ausweislich der in der Personalakte enthaltenen Auskünfte aus dem Schuldnerverzeichnis vom 07.02.2022, 08.02.2022, 04.05.2022 und 11.07.2022 war für den Kläger jeweils eine Eintragung enthalten. Aus den Auskünften vom 08.02.2022 und 11.07.2022 ist ersichtlich, dass sich die vorhandene Eintragung des Klägers unter der Verfahrensnummer  auf eine Anordnung vom 30.12.2021, Aktenzeichen , wegen Nichtabgabe der Vermögensauskunft (§ 882c Abs. 1 Nr. 1 ZPO, § 284 Abs. 9 Nr. 1 AO) bezog. Nach der ebenfalls in der Personalakte enthaltenen Auskunft der zuständigen Gerichtsvollzieherin zum Stichtag 03.02.2022 lag dieser Eintragung eine Forderung des , über 249,34 € zugrunde.
34
Der Kläger hatte die Eintragung in der Klage zunächst angezweifelt, letztlich aber eine Eintragung "aufgrund einer ganz geringen Forderung" eingeräumt. Vor diesem Hintergrund und angesichts der Auskünfte aus dem Schuldnerverzeichnis und von der Gerichtsvollzieherin ist der Senat davon überzeugt, dass der Kläger am 04.05.2022 in das vom Vollstreckungsgericht zu führende Verzeichnis entsprechend der obigen Darstellung eingetragen war.
35
Gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO wird der Vermögensverfall des Klägers deshalb vermutet.
36
c) Die Vermutung käme nicht zur Geltung, wenn der Rechtsanwalt nachweist, dass die der Eintragung zugrunde liegende Forderung im maßgeblichen Zeitpunkt des Widerrufsbescheids bereits getilgt war (BGH, Beschluss vom 29.07.2016 - AnwZ (Brfg) 9/16, juris Rn. 5).
37
Dies ist vorliegend nicht der Fall. Der Kläger behauptet zwar im Schriftsatz vom 04.08.2022, die Forderung sei "schon längst bezahlt", er legt aber weder das Datum dar noch stellt er seine Behauptung unter Beweis.
38
3. Der Kläger hat die gesetzliche Vermutung des Vermögensverfalls auch nicht widerlegt.
39
Um die Vermutung des Vermögensverfalls zu widerlegen, muss er ein auf den maßgeblichen Zeitpunkt des Widerrufsbescheids bezogenes vollständiges und detailliertes Verzeichnis seiner Gläubiger und Verbindlichkeiten vorlegen und - ggfs. unter Vorlage eines nachvollziehbaren bzw. realistischen Tilgungsplans - dartun, dass seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse bezogen auf den maßgeblichen Zeitpunkt nachhaltig geordnet sind (st. Rspr. des BGH, vgl. nur Beschlüsse vom 24.10.2022 - AnwZ (Brfg) 20/22, juris Rn. 8; vom 01.02.2021 - AnwZ (Brfg) 34/20, juris Rn. 8; vom 29.07.2016 - AnwZ (Brfg) 9/16, juris Rn. 6; vom 10.03.2014 - AnwZ (Brfg) 77/13, juris Rn. 3).
40
Entsprechender Vortrag des Klägers liegt nicht vor.
41
Die Geringfügigkeit der der Eintragung zugrunde liegenden Forderung widerlegt die gesetzliche Vermutung nicht. Denn der Umstand, dass es der Kläger sogar wegen einer vergleichsweise geringfügigen Forderung zu einer Zwangsvollstreckungsmaßnahme und einer Eintragung im Schuldnerverzeichnis hat kommen lassen, spricht für und nicht gegen das Vorliegen eines Vermögensverfalls (BGH, Beschluss vom 24.10.2022 - AnwZ (Brfg) 20/22, juris Rn. 10; Urteil vom 03.05.2021 - AnwZ (Brfg) 63/18, juris Rn. 42) .
42
4. Anhaltspunkte dafür, dass ungeachtet des Vermögensverfalls des Klägers eine Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden ausscheidet, sind weder von ihm vorgetragen noch sonst ersichtlich.
43
Mit dem Vermögensverfall eines Rechtsanwaltes ist nach der in § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO zum Ausdruck gekommenen Wertung des Gesetzgebers grundsätzlich eine Gefährdung der Interessen der Rechtssuchenden, insbesondere im Hinblick auf den Umgang des Rechtsanwalts mit Mandantengeldern und den darauf möglichen Zugriff seiner Gläubiger, verbunden. Auch wenn diese Regelung nicht im Sinne eines Automatismus zu verstehen ist, die Gefährdung daher nicht zwangsläufig und ausnahmslos schon aus dem Vorliegen eines Vermögensverfalls folgt, kann die Gefährdung im nach der gesetzlichen Wertung vorrangigen Interesse der Rechtssuchenden nur in seltenen Ausnahmefällen verneint werden, wobei den Rechtsanwalt hierfür die Feststellungslast trifft (vgl. z.B. BGH, Beschluss vom 20.11.2017 - AnwZ (Brfg) 46/17, juris Rn. 11; Beschluss vom 01.02.2019 - AnwZ (Brfg) 76/18, juris Rn. 7; Beschluss vom 05.02.2019 - AnwZ (Brfg) 50/ 18, juris Rn. 13) .
44
Die Annahme einer derartigen Sondersituation setzt mindestens voraus, dass der Rechtsanwalt seine anwaltliche Tätigkeit nur noch für eine Rechtsanwaltssozietät ausübt und mit dieser rechtlich abgesicherte Maßnahmen verabredet hat, die eine Gefährdung der Mandanten effektiv verhindern. Selbst auferlegte Beschränkungen des in Vermögensverfall geratenen Rechtsanwalts sind dagegen grundsätzlich nicht geeignet, eine Gefährdung der Rechtsuchenden auszuschließen (BGH, Beschluss vom 24.10.2022 - AnwZ (Brfg) 20/22, juris Rn. 13; Beschluss vom 12.12.2018 - AnwZ (Brfg) 65/18, juris Rn. 7).
45
Der Vortrag des Klägers, derzeit praktisch ausschließlich im Bereich des Straf- und Ordnungswidrigkeitenrechts tätig zu sein und daher fast nie mit der Vereinnahmung von Mandantengeldern zu tun zu haben, genügt diesen Anforderungen nicht.
III.
46
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 112c Abs. 1 BRAO, der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 167 Abs. 1 und 2 VwGO, § 709 S. 1 und 2 ZPO i.V.m. § 112c Abs. 1 BRAO. Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Berufung sind nicht gegeben, § 112 e BRAO i.V.m. § 124 Abs. 2 VwGO.
47
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 194 Abs. 2 S. 1 BRAO, wonach in Verfahren, die Klagen auf Zulassung zur Rechtsanwaltschaft oder deren Rücknahme oder Widerruf betreffen, ein Streitwert von 50.000 ? anzunehmen ist. Die Festsetzung eines geringeren Werts nach § 194 Abs. 2 S. 2 BRAO war nicht veranlasst. Umfang und Bedeutung der Sache sind nicht geringer als in anderen Verfahren, die den Widerruf der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft wegen Vermögensverfalls zum Gegenstand haben. Trotz schlechter Vermögens- und Einkommensverhältnisse des betroffenen Rechtsanwalts legt der Bundesgerichtshof in diesen Fällen üblicherweise den Streitwert von 50.000 ? zugrunde (vgl. BGH, Beschluss vom 20.05.2014 - AnwZ (Brfg) 74/13, juris Rn. 6). Dem schließt sich der Senat an.
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Durch die nunmehrige endgültige Streitwertfestsetzung ist die vorläufige Festsetzung durch Beschluss des Senats vom 10.06.2022 hinfällig. Über die hiergegen mit Schriftsatz vom 04.08.2022 (Bl. 18/19) eingelegte Erinnerung des Klägers ist daher nicht mehr zu entscheiden.