Inhalt

VG Würzburg, Urteil v. 21.09.2023 – W 5 K 23.167
Titel:

Erfolgreiche Klage gegen Kostenbescheid für die Inanspruchnahme der gemeindlichen Feuerwehr

Normenkette:
BayFwG Art. 28
Leitsätze:
1. Gem Art. 28 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 BayFwG ist ua in dem Fall des Abs. 2 Nr. 1 derjenige zum Ersatz der Kosten verpflichtet, der die Gefahr, die zu dem Einsatz geführt hat, „verursacht hat“ oder „sonst zur Beseitigung der von der Feuerwehr behobenen Gefahr verpflichtet“ war. Für die Verursachung im vorgenannten Sinne kommt es auf die adäquate Kausalität an. Verursacher iSd Art. 28 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 Var. 1 BayFwG ist zumeist der Fahrzeuglenker, also der Fahrer, wobei es auf ein Verschulden nicht ankommt. (Rn. 18) (redaktioneller Leitsatz)
2. Art. 28 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 BayFwG setzt kein bewusstes oder individuell vorwerfbares Fehlverhalten („Verschulden“), sondern lediglich das „Verursachen“ einer Gefahr voraus. Davon ist – wie generell im Feuerwehrrecht – stets dann auszugehen, wenn zwischen einem Verhalten des Ersatzpflichtigen und der den Feuerwehreinsatz auslösenden Gefahr ein unmittelbarer Kausalzusammenhang besteht. Die Möglichkeit der Gefahrentstehung bzw. des Schadenseintritts darf dabei nicht außerhalb aller Lebenswahrscheinlichkeit liegen; es muss auch bei wertender Betrachtung gerechtfertigt sein, die eingetretenen Folgen demjenigen zuzurechnen, dessen Verhalten dafür (mit-)ursächlich gewesen ist. (Rn. 18) (redaktioneller Leitsatz)
3. Nach Art. 28 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 BayFwG ist derjenige, der im Fall des Abs. 2 Nr. 1 Halter eines Fahrzeugs iSv Abs. 2 Nr. 1 ist, durch das ein Feuerwehreinsatz veranlasst war, zum Ersatz der Kosten verpflichtet. Halter eines Kraftfahrzeugs iSd § 7 StVG ist derjenige, der es für eigene Rechnung in Gebrauch hat und die Verfügungsgewalt besitzt, die ein solcher Gebrauch voraussetzt, also über Anlass, Zeit und Zeitpunkt der Fahrten bestimmt. Wer in diesem Sinn tatsächlich und wirtschaftlich der Verantwortliche für den Einsatz des Kraftfahrzeugs im Verkehr ist, schafft die vom Fahrzeug ausgehenden Gefahren, für die der Halter nach den strengen Vorschriften des StVG einstehen soll. (Rn. 19) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Kosten für Feuerwehreinsatz, Einsatz im technischen Hilfsdienst, ausgelaufene Betriebsstoffe entlang dem Streckenverlauf einer Buslinie, keine Überzeugungsgewissheit hinsichtlich Verursachung, keine Überzeugungsgewissheit hinsichtlich Haltereigenschaft, Einstellung des strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens gegen Busfahrer
Fundstelle:
BeckRS 2023, 29390

Tenor

I. Der Bescheid der Beklagten vom 5. Juni 2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Landratsamts M. … vom 2. Januar 2023 wird aufgehoben.
II. Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. 
III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Tatbestand

1
Die Klägerin – eine Busunternehmerin – wendet sich gegen einen Kostenbescheid der Beklagten, mit dem ihr Aufwendungen für die Inanspruchnahme der gemeindlichen Feuerwehr auferlegt werden.
1.
2
Ausweislich des Einsatzberichts der Freiwilligen Feuerwehr Ob. am M. wurde diese am 21. November 2019 von der Polizei wegen einer „Dieselspur“ auf der Fahrbahn im Bereich L. …Landratsamt in O. … angefordert. Die weitere Erkundung ergab dem Einsatzbericht zufolge, dass die „Dieselspur“ entlang den Straßen B. …, I. W. …, …, M. … …, R. …, L. …, J. … und K. … verlief. Bei dem Einsatz wurden eine Führungskraft und sechs ehrenamtliche Feuerwehrdienstleistende im Zeitraum von 7:12 Uhr bis 8:42 Uhr eingesetzt und sieben Säcke Ölbindemittel verbraucht. Ausweislich des Einsatzberichts der ebenfalls vor Ort anwesenden Freiwilligen Feuerwehr E. … (O. … a. M...) vom 24. November 2019 wurden zum Zwecke der Unterstützung im Zeitraum von 7:42 Uhr bis 8:47 Uhr fünf weitere ehrenamtliche Feuerwehrdienstleistende eingesetzt, die sechs Säcke Ölbindemittel verbrauchten.
3
Auf den ausgetretenen Betriebsstoffen verunfallte am 21. November 2019 gegen 6:30 Uhr ein Kraftradfahrer. Die Polizeiinspektion Ob. am M. leitete gegen einen bei der Klägerin angestellten Busfahrer der Linie … ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren wegen fahrlässiger Körperverletzung ein. Auf die zugehörige Schadensmeldung vom 21. November 2019 (Bl. 86 der Behördenakte) und auf die Verkehrsunfallanzeige vom 3. Januar 2020 (Bl. 2 ff. der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsakte) wird Bezug genommen. Das Ermittlungsverfahren wurde mit Verfügung der Staatsanwaltschaft A. … vom 20. Januar 2020 (Bl. 17 f. der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsakte) gem. § 170 Abs. 2 StPO eingestellt sowie mit weiterer Verfügung vom 21. April 2020 wiederaufgenommen und zugleich erneut gem. § 170 Abs. 2 StPO eingestellt (Bl. 25 f. der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsakte). In den Gründen wurde ausgeführt, dass sich der Tatvorwurf allein darauf stütze, dass aufgrund einer Nachverfolgung der Ölspur diese identisch mit der Fahrtstrecke der Linie … sei und dass der Tatverdächtige an besagtem Tag Lenker des Busses gewesen sei. Die Ölspur könne jedoch auch von jedem anderen verursacht worden sein. Ein Tatnachweis sei nicht mit der erforderlichen Sicherheit zu führen.
2.
4
Mit Bescheid vom 5. Juni 2020 legte die Beklagte, der Klägerin als Begünstigte des Einsatzes der Freiwilligen Feuerwehr Ob. am 21. November 2019 Kosten in Höhe von 1.023,61 EUR auf. In den Gründen wurde im Wesentlichen ausgeführt: Nach Art. 28 Abs. 1 Satz 1 BayFwG könnten die Gemeinden Ersatz der notwendigen Aufwendungen verlangen, die ihnen durch Ausrücken, Einsätze und Sicherheitswachen gemeindlicher Feuerwehren entstanden seien. Kostenersatz könne gemäß Art. 28 Abs. 2 Nr. 1 BayFwG verlangt werden für Einsätze im abwehrenden Brandschutz und im technischen Hilfsdienst, bei denen die Gefahr oder der Schaden durch den Betrieb von Kraft-, Luft-, Schienen- oder Wasserfahrzeugen oder eines Anhängers, der dazu bestimmt sei, von einem Kraftfahrzeug mitgeführt zu werden, veranlasst gewesen sei, mit Ausnahme der Tätigkeiten, die unmittelbar der Rettung oder Bergung von Menschen oder Tieren gedient hätten. Die Freiwillige Feuerwehr Ob. habe Tätigkeiten durchgeführt, die als technischer Hilfsdienst im Rahmen eines Einsatzes, bei dem die Gefahr durch den Betrieb eines Kraftfahrzeugs veranlasst worden sei, anzusehen seien. Die Kostentragungspflicht der Klägerin ergebe sich aus Art. 28 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BayFwG, da sie die Gefahr laut den Ermittlungen der Polizeiinspektion Ob. verursacht habe. Es stehe im Ermessen der Beklagten, ob sie Kostenersatz verlange. Bei Abwägung der für und gegen die Heranziehung der Klägerin zum Kostenersatz sprechenden Gründe überwiege das gemeindliche Interesse am Ersatz ihrer entstandenen Aufwendungen. Die Stadt Ob. am M. ziehe in ständiger Verwaltungshandhabung Kraftfahrzeughalter zum Kostenersatz in vergleichbaren Fällen heran. Die Höhe der Kosten ergebe sich aus der zugrunde gelegten Kostensatzung.
3.
5
Mit Schreiben vom 25. Juni 2020 erhob die H. … V. … für die Klägerin Widerspruch gegen den vorgenannten Bescheid. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass das für die ausgelaufenen Betriebsstoffe verantwortliche Fahrzeug ausweislich der staatsanwaltschaftlichen Einstellungsverfügung nicht habe ermittelt werden können.
4.
6
Mit Widerspruchsbescheid des Landratsamts M. … vom 2. Januar 2023 wurde der für die Klägerin durch deren Haftpflichtversicherung mit Schreiben vom 25. Juni 2020 erhobene Widerspruch zurückgewiesen. In den Gründen führte das Landratsamt im Wesentlichen aus: Der Widerspruch sei unbegründet. Es handele sich um einen Einsatz, bei dem die Gefahr durch den Betrieb eines Kraftfahrzeugs veranlasst und somit nach Art. 28 Abs. 2 Nr. 1 BayFwG kostenpflichtig gewesen sei. Nach der Schadensmeldung der Polizeiinspektion Ob. am M. vom 21. November 2019 sei die Klägerin aufgrund der Gesamtumstände mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit Verursacherin. Die Stadt Ob. habe denjenigen in Anspruch genommen, der ihr von der Polizei als maßgeblicher Verursacher genannt worden sei. Das Auswahlermessen der Beklagten sei fehlerfrei ausgeübt worden. Sie könne nach Zweckmäßigkeitserwägungen unter Beachtung des Willkürverbots auswählen, vom wem sie Kosten verlange. Die Beklagte habe daher ohne weitere Nachforschungen zu möglichen Mitverursachern der Gefahrenlage die Klägerin zu den Kosten heranziehen können. Das Ermittlungsverfahren sei eingestellt worden. Auf ein Verschulden komme es nicht an, da es sich um eine verschuldensunabhängige Gefährdungshaftung handele. Die Ausführungen der Widerspruchsführerin begründeten keine andere Auffassung des Landratsamts. Die Beklagte habe nach pflichtgemäßem Ermessen gehandelt und Kostenersatz gefordert. Der Kostenbescheid sei zu Recht ergangen.
5.
7
Die Klägerin erhob über ihren Bevollmächtigten am 9. Februar 2023 Anfechtungsklage mit dem Antrag,
den Bescheid der Beklagten vom 5. Juni 2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Landratsamts M. … vom 9. Januar 2023 aufzuheben.
8
Zur Begründung führte die Klägerseite im Wesentlichen aus: Es habe nicht festgestellt werden können, dass ein Fahrzeug der Klägerin die Kraftstoffspur verursacht habe. Es sei kein bestimmtes Fahrzeug, welches für die Spur verantwortlich gewesen sei, ermittelt worden, ebenso wenig wie ein Unfall, eine Leckage oder auch nur ein technischer Mangel an einem der Fahrzeuge der Klägerin. Das gegen einen der Fahrer der Klägerin eingeleitete Ermittlungsverfahren sei nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden. Der Tatvorwurf habe sich auf eine angebliche Nachverfolgung der Ölspur und deren Verlauf entlang der Fahrstrecke von gewissen Linienbussen gestützt. Die Staatsanwaltschaft habe die Erkenntnis gewonnen, dass die Ölspur von jedem anderen (Fahrzeug und Fahrer) verursacht worden sein könnte. Nur weil eine der Ölspuren auf das Betriebsgrundstück der Klägerin geführt habe, ergebe sich hieraus noch keine Haftpflichtverbindlichkeit der Klägerin als Halterin. Die Ölspur hätte auch von einem Betriebsfremden verursacht werden können. An keinem der Fahrzeuge der Klägerin habe ein Defekt, der zu einem Ölverlust geführt hat, festgestellt werden können. Das Vorgehen sei auch willkürlich. Das Landratsamt M. … habe in derselben Angelegenheit die Rechnung des Staatlichen Bauamts A. … (Kosten der Straßenmeisterei M. ….) über einen Betrag von 657,37 EUR wegen Reinigung einer Ölspur letztendlich storniert und den zur Fristwahrung gezahlten Betrag zurückbezahlt.
6.
9
Die Beklagte beantragte,
die Klage abzuweisen.
10
Zur Begründung wurde ausgeführt: Die Klage sei zulässig, aber unbegründet. Dies ergebe sich aus dem Verwaltungsvorgang, insbesondere aus den Ausführungen des Landratsamts M. … und der Schadensmeldung der Polizeiinspektion Ob..
7.
11
Die Beteiligten erklärten mit Schriftsätzen vom 23. Mai 2023 (Klägerseite) und 30. Mai 2023 (Beklagtenseite) ihr Einverständnis mit einer Entscheidung des Gerichts ohne mündliche Verhandlung.
8.
12
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichts- und Behördenakte verwiesen. Die Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft A. … betreffend das gegen den bei der Klägerin angestellten Busfahrer eingeleitete Strafverfahren (. … … ….) wurde beigezogen.

Entscheidungsgründe

13
Die zulässige Klage, über die im Einverständnis mit den Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden werden konnte (§ 101 Abs. 2 VwGO), ist begründet.
14
Der Bescheid der Beklagten vom 5. Juni 2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des L. … M. vom 9. Januar 2023 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
15
Die Beklagte hat gegen die Klägerin keinen Anspruch auf Ersatz der Kosten, die ihr durch die Feuerwehreinsätze der Freiwilligen Feuerwehr Ob. und der Freiwilligen Feuerwehr E. … am 21. November 2019 in Höhe von 1.023,61 EUR entstanden sind.
1.
16
Der Kostenersatzanspruch findet seine Rechtsgrundlage in Art. 28 des Bayerischen Feuerwehrgesetzes – BayFwG – vom 23. Dezember 1981 (GVBl S. 626, BayRS 215-3-1-I) in der hier maßgeblichen Fassung des Gesetzes vom 24. Juli 2020 (GVBl S. 350), der den Kostenersatz für das Tätigwerden der gemeindlichen Feuerwehren im Pflichtaufgabenbereich des abwehrenden Brandschutzes und des technischen Hilfsdienstes regelt. Danach können die Gemeinden in den unter Absatz 2 Nrn. 1 bis 8 aufgezählten Fällen Ersatz der notwendigen Aufwendungen verlangen, die ihnen durch Ausrücken, Einsätze und Sicherheitswachen gemeindlicher Feuerwehren (Art. 4 Abs. 1 und 2 BayFwG) oder durch Einsätze hilfeleistender Werkfeuerwehren (Art. 15 Abs. 7 BayFwG) entstanden sind; der Anspruch wird gemäß Art. 28 Abs. 1 Satz 2 BayFwG durch Leistungsbescheid geltend gemacht. Nach Art. 28 Abs. 2 Nr. 1 BayFwG besteht der Kostenersatzanspruch u.a. für Einsätze der Feuerwehr im technischen Hilfsdienst, bei denen die Gefahr oder der Schaden durch den Betrieb eines Kraftfahrzeugs veranlasst war. Einen solchen entgeltlichen technischen Hilfsdienst haben die Freiwilligen Feuerwehren der Beklagten bei dem Einsatz am 21. November 2019 geleistet. Der Einsatz wurde auch unzweifelhaft durch den Betrieb eines Kraftfahrzeugs veranlasst.
2.
17
Der Kostenerstattungsanspruch ist jedoch ausgeschlossen, weil die Kammer nicht mit hinreichender Gewissheit zu der Überzeugung gelangt ist, dass die Klägerin als Erstattungspflichtige in Anspruch genommen werden kann. Anders als die Beklagtenseite meint liegen die Voraussetzungen für eine Inanspruchnahme der Klägerin unter Berücksichtigung des maßgeblichen Sach- und Streitstands weder nach Art. 28 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BayFwG noch nach Art. 28 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BayFwG vor. Im Einzelnen:
18
Gemäß Art. 28 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BayFwG ist u.a. in dem Fall des Abs. 2 Nr. 1 derjenige zum Ersatz der Kosten verpflichtet, der die Gefahr, die zu dem Einsatz geführt hat, „verursacht hat“ oder „sonst zur Beseitigung der von der Feuerwehr behobenen Gefahr verpflichtet“ war. Für die Verursachung im vorgenannten Sinne kommt es auf die adäquate Kausalität an. Verursacher i.S.d. Art. 28 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 Var. 1 BayFwG ist zumeist der Fahrzeuglenker, also der Fahrer, wobei es auf ein Verschulden nicht ankommt (vgl. Schober, Kostenersatz nach Feuerwehreinsätzen in Bayern, 4. Aufl. 2021, Rn. 102). Art. 28 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BayFwG setzt kein bewusstes oder individuell vorwerfbares Fehlverhalten („Verschulden“), sondern lediglich das „Verursachen“ einer Gefahr voraus (BayVGH, B.v. 28.11.2016 – 4 ZB 16.1613 – juris). Davon ist – wie generell im Feuerwehrrecht (vgl. BayVGH, B.v. 28.11.2016 – 4 ZB 16.1613; B.v. 19.7.2013 – 4 ZB 12.2339 – beide juris) – stets dann auszugehen, wenn zwischen einem Verhalten des Ersatzpflichtigen und der den Feuerwehreinsatz auslösenden Gefahr ein unmittelbarer Kausalzusammenhang besteht. Die Möglichkeit der Gefahrentstehung bzw. des Schadenseintritts darf dabei nicht außerhalb aller Lebenswahrscheinlichkeit liegen; es muss auch bei wertender Betrachtung gerechtfertigt sein, die eingetretenen Folgen demjenigen zuzurechnen, dessen Verhalten dafür (mit-)ursächlich gewesen ist (BayVGH, B.v. 28.11.2016 – 4 ZB 16.1613 – juris m.w.N.). Hier ist allerdings schon in keiner Weise ein Verhalten der Klägerin als Busunternehmerin festgestellt worden, welches in adäquat kausaler Weise den Schadenseintritt begründet haben könnte. Insbesondere ist behördlicherseits nicht ermittelt worden, dass die Klägerin ein defektes Fahrzeug, aus dem die ausgetretenen Betriebsstoffe herrühren, zum Einsatz gebracht hat. Zwar mag es tatsächliche Anhaltspunkte für die Annahme der Beklagtenseite geben, dass es sich bei dem in Rede stehenden Fahrzeug um einen Bus der Klägerin handelte, weil die Spur von Betriebsstoffen entlang der Fahrstrecke der von der Klägerin im fraglichen Zeitraum bedienten Buslinie … verlief. Abschließend lässt sich dies jedoch nach dem Dafürhalten der Kammer nicht mit hinreichender Überzeugungsgewissheit feststellen. Denn vor allem konnte weder der im Rahmen des Feuerwehreinsatzes (vgl. Einsatzberichte der Freiwilligen Feuerwehren der Beklagten vom 21.11.2019 und vom 24.11.2019) noch im Rahmen der polizeilichen Ermittlungen ein konkretes Fahrzeug der Klägerin ausgemacht werden, dem sich eine Leckage und/oder die ausgelaufenen Betriebsstoffe zuordnen lassen. Es sind auch keine Bilddokumentationen oder anderweitige tragfähige Feststellungen, etwa zur Art des Betriebsstoffs oder zur Durchgängigkeit bzw. zum genauen Ausmaß der Spur – insbesondere im Bereich des Betriebshofs der Klägerin oder an einzelnen Bushaltestellen – vorhanden, aus denen sich mit hinreichender Gewissheit der Schluss ziehen ließe, dass allein die Klägerin die Gefahr verursacht haben könnte. Das gilt auch unter Berücksichtigung der von der Beklagtenseite hervorgehobenen polizeilichen Schadensmeldung vom 21. November 2019. Diese lässt lediglich vage Angaben (z.B. „MTT konnte lediglich sagen, dass es sich bei dem Verursacher um einen gelben Bus handeln würde mit ´Spilger´[-]Aufschrift; „Linie … fährt auch schon um diese Uhrzeit von E. … nach Ob. und M. …“; „Unweit der Firmenanschrift konnte im Kurvenbereich ebenfalls eine Dieselspur festgestellt werden.“) erkennen, jedoch keine ausreichend validen Feststellungen, worauf die abschließende Annahme gründen könnte, die Klägerin sei „aufgrund der Gesamtumstände mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit“ die Verursacherin der Ölspur. Dementsprechend wurde diese Schadensmeldung bereits in der abschließenden Schadensmeldung der Polizeiinspektion Ob. vom 17. Dezember 2019 einschließlich des Ermittlungsberichts vom 3. Januar 2020 in ihrer Aussagekraft abgeschwächt („Aufgrund des Ausschlussverfahrens[,] begründet nur auf die Weg- und Zeitberechnung der Fahrtstrecke des Busses mit der Linie …, konnte nur ein Kraftomnibusfahrer ermittelt werden. Somit stützt sich der Tatvorwurf ausschließlich auf das Indiz des Kollegen […] aufgenommenen Sachverhalts. Ein technischer Defekt wurde durch die Klägerin nicht angegeben.“). Daraufhin hat die Staatsanwaltschaft A. … das strafrechtliche Ermittlungsverfahren gegen den am fraglichen Tag eingesetzten Fahrer der Klägerin mit Verfügungen vom 20. Januar 2020 und vom 21. April 2020 nach § 170 Abs. 2 StPO unter dem Hinweis darauf eingestellt, dass die Ölspur auch „von jedem anderen“ habe verursacht werden können und dass dem Beschuldigten letztlich nicht mit der erforderlichen Sicherheit nachzuweisen sei, dass er die Ölspur verursacht habe. Es stehen zudem nach Aktenlage keine Mittel zur Verfügung, die sich – ergänzend zu den abgeschlossenen polizeilichen Ermittlungen – für eine weitere Sachverhaltsaufklärung hinsichtlich des von der Beklagtenseite angenommenen Verursachungsbeitrags der Klägerin eignen könnten; die Beklagtenseite hat im gerichtlichen Verfahren den von ihr angenommenen Verursachungsbeitrag der Klägerin auch nicht näher dargelegt, geschweige denn, dass sie zum Zwecke der weiteren Sachverhaltsaufklärung Beweisanträge oder Beweisermittlungsanträge gestellt hätte. Da nach den vorstehenden Ausführungen keine Verursachung durch die Klägerin und auch keine Beseitigungspflicht der Klägerin mit ausreichender Gewissheit angenommen werden kann, kommt es auf das weitere Vorbringen der Klägerseite, wonach das Landratsamt M. … in derselben Angelegenheit die Rechnung des Staatlichen Bauamts As. (Kosten der Straßenmeisterei M. ….) über einen Betrag von 657,37 EUR wegen Reinigung einer Ölspur storniert habe, nicht an. Unabhängig davon scheidet damit eine Inanspruchnahme der Klägerin auf Grundlage von Art. 28 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BayFwG aus.
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Gleiches gilt für eine Ersatzplicht der Klägerin gemäß Art. 28 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BayFwG. Nach dieser Vorschrift ist derjenige, der im Fall des Abs. 2 Nr. 1 Halter eines Fahrzeugs i.S.v. Abs. 2 Nr. 1 ist, durch das ein Feuerwehreinsatz veranlasst war, zum Ersatz der Kosten verpflichtet. Halter eines Kraftfahrzeugs i.S.d. § 7 StVG ist derjenige, der es für eigene Rechnung in Gebrauch hat und die Verfügungsgewalt besitzt, die ein solcher Gebrauch voraussetzt, also über Anlass, Zeit und Zeitpunkt der Fahrten bestimmt. Wer in diesem Sinn tatsächlich und wirtschaftlich der Verantwortliche für den Einsatz des Kraftfahrzeugs im Verkehr ist, schafft die vom Fahrzeug ausgehenden Gefahren, für die der Halter nach den strengen Vorschriften des StVG einstehen soll (Walter in Gsell/Krüger/Lorenz/Reymann, beck-online. Großkommentar, Stand 1.1.2022, § 7 StVG Rn. 72 unter Verweis auf BGH, U.v. 10.7.2007 – 1 BvR 624/03 – NJW 2007, 3120). Vorliegend ergibt sich aus den unter Ziffer 2 aufgeführten Erwägungen, dass sich auch die Haltereigenschaft der Klägerin für das den Feuerwehreinsatz veranlassende Fahrzeug ebenfalls nicht mit hinreichender Überzeugungsgewissheit des Gerichts feststellen lässt.
3.
20
Damit kann offenbleiben, ob die Heranziehung der Klägerin auch im Hinblick auf eine fehlerhafte Ermessensausübung oder der Kostenhöhe nach zu beanstanden wäre.
4.
21
Aus den genannten Gründen war der Klage mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO stattzugeben.
22
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.