Titel:
Wahrnehmung der Verkehrssicherungspflicht im Bereich eines geschützten Landschaftsbestandteils
Normenketten:
BNatSchG § 29
GG Art. 20 Abs. 3
VwGO § 40 Abs. 1 S. 1, § 43
Leitsätze:
1. Wo eine Umgehung der für Gestaltungsklagen geltenden Bestimmungen über Fristen und Vorverfahren nicht droht, steht § 43 Abs. 2 VwGO der Feststellungsklage ebenso wenig entgegen wie in den Fällen, in denen diese den effektiveren Rechtsschutz bietet. (Rn. 26) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Verkehrssicherungspflicht geht nicht aufgrund der Unterschutzstellung eines Grundstücks als geschützter Landschaftsbestandteil über; sie verbleibt beim Grundstückseigentümer. (Rn. 32 – 33) (redaktioneller Leitsatz)
3. Die Pflicht zum Erhalt von geschützten Landschaftsbestandteilen ist keine ausschließlich öffentliche Pflicht. Verpflichtet zum Erhalt ist auch der Eigentümer, wenn in verfassungsrechtlich zulässiger Weise eine Begrenzung seiner Eigentümerbefugnisse durch die Entscheidung nach dem Naturschutzrecht vorgenommen wurde. (Rn. 34) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs für Frage der Verkehrssicherungspflicht, Feststellungsinteresse an Klärung der Verkehrssicherungspflicht, Verkehrssicherungspflicht an geschützten Landschaftsbestandteilen (kein) Vertrauensschutz durch langjährige Übernahme der Behörde, Verkehrssicherungspflicht an geschützten Landschaftsbestandteilen, (kein) Vertrauensschutz durch langjährige Übernahme der Behörde, Wohnungseigentümergemeinschaft, Pflicht zum Erhalt von geschützten Landschaftsbestandteilen, Waldeigentümer, Straßenverkehrssicherungspflicht
Fundstelle:
BeckRS 2023, 2865
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist insoweit vorläufig vollstreckbar.
3. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festgesetzten Kosten abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
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Die Klägerin, eine Wohnungseigentümergemeinschaft und Eigentümerin der Grundstücke Flur-Nr. …, … und … der Gemarkung …, begehrt die Feststellung, dass die Beklagte zur Wahrnehmung der Verkehrssicherungspflicht im Bereich des geschützten Landschaftsbestandteils … auf dem Grundstück der Klägerin, Flur-Nr. … der Gemarkung …, verpflichtet ist.
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Mit der Verordnung über geschützte Landschaftsbestandteile im Stadtgebiet … vom 19. Februar 1990, zuletzt geändert durch Änderungsverordnung vom 30. Juli 2001, hat die Beklagte einen Waldbestand mit einer Fläche von 1,35 ha, der sich u.a. auf dem Grundstück Flur-Nr. … befindet, als Landschaftsbestandteil … unter Schutz gestellt. Es handelt sich hierbei um einen ost- und südexponierten Leitenwaldrest mit altem Laubbaumbestand. Hinsichtlich der Widmung des durch den Waldbestand führenden … ist Blatt 115 sowie 125 ff. der Behördenakte zu entnehmen, dass der sich auf dem Flurgrundstück … befindliche Teil als Orts straße und das auf Flur-Nr. … befindliche Stück als beschränkt-öffentlicher Weg (Gehund Radweg) gewidmet ist. Der … liegt hiernach zur Gänze auf städtischen Flächen. Das Wegenetz auf der Flur-Nr. … (Straße „…“ bzw. unbenannte Verbindungen zwischen den einzelnen Wohnhäusern) ist privat und zu einem großen Teil als Eigentümerweg gewidmet.
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Gemäß § 4 Abs. 1 der Verordnung über geschützte Landschaftsbestandteile im Stadtgebiet … ist es verboten, die geschützten Landschaftsbestandteile ohne Genehmigung der Beklagten zu entfernen, zu zerstören, zu verändern oder zu beschädigen oder Handlungen vorzunehmen, die geeignet sind, eine Zerstörung, Veränderung oder Beschädigung der geschützten Landschaftsbestandteile herbeizuführen. Gemäß § 4 Abs. 2 der Verordnung ist es u.a. verboten, in kleinflächigen Waldbeständen Rodungen oder Kahlschläge vorzunehmen (Nr. 1).
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Ausgenommen von den genannten Verboten sind nach § 5 der Verordnung über geschützte Landschaftsbestandteile im Stadtgebiet … u.a. unaufschiebbare Sicherungsmaßnahmen, die zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für Leben, Gesundheit oder bedeutender Sachwerte erforderlich sind; die Sicherungsmaßnahmen sind der Stadt … anzuzeigen (Nr. 4). Zudem können gemäß § 6 Abs. 1 der Verordnung bei Vorliegen der in den Nrn. 1., 2. oder 3. genannten Voraussetzungen verbotene Handlungen im Einzelfall zulassen werden.
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Bislang hat die Beklagte die Verkehrssicherungspflicht an den durch Verordnung geschützten Landschaftsbestandteilen auf stadteigenen sowie auf Privatflächen, somit auch im Bereich des …, übernommen. Das städtische Grünflächenamt hat dabei ausweislich der Behördenakte zweimal jährlich den gesamten Baumbestand im belaubten wie auch im unbelaubten Zustand kontrolliert. Zusätzliche Sonderkontrollen erfolgten nach Wetterereignissen durch die Hausverwaltung der Klägerin. Sofern sich aufgrund dieser Kontrollen Missstände ergeben hatten, wurden von Seiten der Beklagten regelmäßig Verkehrssicherungsmaßnahmen, wie zum Beispiel Kroneneinkürzungen und Fällungen, durchgeführt.
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Mit Beschluss vom 8. Oktober 2009 erachtete der Umweltausschuss der Beklagten die bisher von der Verwaltung durchgeführten Baumkontrollen und Verkehrssicherungsmaßnahmen im … am … für ausreichend und beauftragte sie mit der entsprechenden Weiterführung. Der Beschlussfassung lag die Annahme zugrunde, dass laut Rechtsprechung bei naturschutzrechtlich geschützten Naturdenkmälern und Landschaftsbestandteilen die Behörde die Verkehrssicherungspflicht treffe.
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In einer Sitzung am 13. Oktober 2016 beschloss der Umweltausschuss der Beklagten mehrheitlich, dass die Verkehrssicherungspflicht an Naturdenkmälern und geschützten Landschaftsbestandteilen zukünftig nicht mehr (freiwillig) durch die untere Naturschutzbehörde, sondern von den jeweiligen Eigentümern wahrgenommen werden soll. Um die Akzeptanz der Eigentümer zu erhöhen, sollten alle betroffenen Eigentümer im Vorfeld rechtzeitig über die geänderte Verfahrensweise, ihre Verkehrssicherungspflicht und die Möglichkeiten einer staatlichen Förderung solcher Maßnahmen informiert sowie alle betroffenen Landschaftsbestandteile und Naturdenkmäler vor der Übergabe der Verkehrssicherungspflicht kontrolliert und dabei festgestellte Gefährdungspotenziale beseitigt werden.
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Mit Schreiben vom 28. November 2016 teilte die Beklagte der Hausverwaltung der Klägerin – und den übrigen Eigentümern der Grundstücke, welche Teil eines geschützten Landschaftsbestandteils sind bzw. auf denen sich ein Naturdenkmal befindet – mit, dass auf Grundlage des Beschlusses des Umweltausschusses vom 13. Oktober 2016 beabsichtigt sei, die Wahrnehmung der Verkehrssicherungspflicht voraussichtlich im zweiten Halbjahr 2017 wieder an die jeweiligen Grundstückseigentümer abzugeben. Von der bislang freiwillig übernommenen Verkehrssicherungspflicht solle künftig abgesehen werden. Vor dieser „Übergabe“ der Verkehrssicherungspflicht würden jedoch alle betroffenen geschützten Landschaftsbestandteile durch die Beklagte nochmals im belaubten und unbelaubten Zustand kontrolliert und die zu diesem Zeitpunkt notwendigen Maßnahmen zur Herstellung der Verkehrssicherungspflicht veranlasst. Nach der Übergabe seien künftige Verkehrssicherungskontrollen und Maßnahmen zur Vermeidung eventueller Gefährdungen durch die Grundstückseigentümer zu veranlassen. Schließlich wurde angekündigt, dass nach den o. g. Zustandskontrollen sowie vor der Übergabe der Verantwortung für die Verkehrssicherungspflicht eine nochmalige Information stattfinde.
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Zwischen Februar 2017 und März 2018 wurden ausweislich der Behördenakte alle im Stadtgebiet der Beklagten gelegenen Landschaftsbestandteile und Naturdenkmäler durch die Beklagte als untere Naturschutzbehörde und das Grünflächenamt augenscheinlich auf ihre Verkehrssicherheit überprüft und anschließend die erforderlichen Sicherungsmaßnahmen durchgeführt. Das streitgegenständliche Gebiet … wurde ausweislich Blatt 79 der Behördenakte im unbelaubten Zustand am 24. März 2017 und im belaubten Zustand am 27. Juli 2017 sowie 28. September 2017 überprüft. Hierbei wurde als durchzuführende Maßnahme angegeben, dass noch Totholz vorhanden war; dies werde von einer externen Firma (beauftragt durch die Hausverwaltung) erledigt. Die Hausverwaltung wisse Bescheid, dass die Kosten durch die Beklagte übernommen werden, eine Kontaktaufnahme mit der Beklagten habe jedoch nach Aktenlage nicht stattgefunden.
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In seiner Sitzung am 6. Dezember 2018 wurde der Umweltausschuss der Beklagten darüber in Kenntnis gesetzt, dass nunmehr alle im Stadtgebiet gelegenen Landschaftsbestandteile und Naturdenkmäler auf ihre Verkehrssicherheit hin überprüft und die erforderlichen Sicherungsmaßnahmen veranlasst worden seien. Die Wahrnehmung der Verkehrssicherungspflicht werde nun zum 1. Januar 2019 an die Eigentümer übergeben.
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Mit Schreiben vom 13. Dezember 2018 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass – wie bereits mit Schreiben vom 28. November 2016 angekündigt – die bisher durch die Beklagte durchgeführte Wahrnehmung der Verkehrssicherungspflicht im Bereich des geschützten Landschaftsbestandteils … zum 1. Januar 2019 wieder an die Grundstückseigentümerin übertragen werde. Da den Eigentümern ein verkehrssicherer Gehölzbestand übergeben werden solle, seien im Zeitraum zwischen Februar 2017 und März 2018 alle im Stadtgebiet gelegenen Landschaftsbestandteile auf ihre Verkehrssicherheit hin überprüft und anschließend die gegebenenfalls erforderlichen Sicherungsmaßnahmen veranlasst worden. Nach der Übergabe seien künftige Verkehrssicherungskontrollen und Maßnahmen zur Vermeidung eventueller Gefährdungen durch die Grundstückseigentümer zu veranlassen. Unabsehbare Sicherungsmaßnahmen, die zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für Leben, Gesundheit oder bedeutende Sachwerte erforderlich sind, bedürften nach § 5 Nr. 4 der Verordnung über geschützte Landschaftsbestandteile im Stadtgebiet … keiner Genehmigung. Die Maßnahmen seien dem Amt für Umwelt, Ordnung und Verbraucherschutz – soweit möglich – rechtzeitig vorher, anderenfalls unverzüglich nachträglich, anzuzeigen. Für die bei größeren Pflegemaßnahmen entstehenden Kosten gebe es unter Umständen die Möglichkeit einer staatlichen Förderung. Bei eventuell entstehenden „Härtefällen“ werde sich die Stadt um eine Lösung bemühen.
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Mit Schreiben vom 28. Dezember 2018 wandten sich die Klägerbevollmächtigten an die Beklagte und teilten mit, dass ihrer Auffassung nach die Beklagte auch ab dem 1. Januar 2019 für den geschützten Landschaftsbestandteil … verkehrssicherungspflichtig sei. Die Klägerin habe den Baumbestand auf ihrem Grundstück am 22. November 2018 von der Firma … untersuchen lassen. Dabei seien an verschiedenen Bäumen verkehrssicherheitsrelevante Zustände festgestellt worden. Insbesondere seien vier Bäume als hochgradig gefahrbringend eingestuft worden. Dies sei ein Beleg dafür, dass die Beklagte ihre Verkehrssicherungspflicht entgegen der gemachten Ankündigungen vernachlässigt habe. Durch die Unterschutzstellung des geschützten Landschaftsbestandteils … sei auch die Verkehrssicherungspflicht für die insoweit „geschützten“ Gefahrenquellen auf die Naturschutzbehörde übergegangen. Auch aufgrund der Erteilung von Baugenehmigungen für die Errichtung von Wohnhäusern ohne ausreichenden Abstand zu den Waldflächen liege die Verkehrssicherungspflicht weiterhin bei der Beklagten. Schließlich sei darauf hinzuweisen, dass entlang des … die Beklagte ohnehin die Verkehrssicherungspflicht für diejenigen Bäume trage, die zum Straßenbegleitgrün zählen. Die Beklagte wurde aufgefordert, bis zum 15. Januar 2019 verbindlich zu erklären, dass sie die Verkehrssicherungspflicht weiterhin erfüllen werde.
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Am 3. Januar 2019 teilte die Beklagte den Klägerbevollmächtigten telefonisch mit, dass in den Jahren 2017/2018 auf dem streitgegenständlichen Grundstück keine Maßnahmen durchgeführt worden seien. Die Hausverwaltung … habe eine eigene Baumpflegefirma beauftragen wollen. Für die Durchführung der abzustimmenden Maßnahmen sei eine Kostenübernahme zugesichert worden. Allerdings habe sich die Hausverwaltung nicht gemeldet. Daher sei davon ausgegangen worden, dass keine Erforderlichkeit bestehe. Die Stadt habe die Bäume heute angesehen. Nach Kalkulation der Kosten werde ein Ortstermin zur Absprache der erforderlichen Maßnahmen vereinbart; die Kosten trage die Stadt. Im Anschluss werde die Verkehrssicherungspflicht übergeben.
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Hieraufhin wurde ausweislich der Behördenakte (Bl. 122) der Baumbestand auf dem streitgegenständlichen Grundstück im Zeitraum 21. Januar bis 25. Januar 2019 vom Grünflächenamt der Beklagten in einen verkehrssicheren Zustand gebracht.
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Mit Schreiben vom 5. März 2021, eingegangen bei Gericht am selben Tag, ließ die Klägerin, vertreten durch den Hausverwalter …, durch ihre Bevollmächtigten Klage erheben und beantragen,
Es wird festgestellt, dass die Beklagte zur Wahrnehmung der Verkehrssicherungspflicht im Bereich des geschützten Landschaftsbestandteils … auf dem Grundstück der Klägerin, Flur-Nr. … der Gemarkung …, verpflichtet ist.
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Zur Begründung der Klage wurde im Wesentlichen Folgendes vorgetragen: Im November 2017 sei durch die … der gesamte Baumbestand auf dem Grundstück der Klägerin überprüft und ein Baumkataster, das dem Schriftsatz beigefügt wurde, erstellt worden. Es seien darin Arbeiten empfohlen worden, die zur Erhaltung eines verkehrssicheren Zustandes durchgeführt werden sollten. Es habe nicht festgestellt werden können, dass die Beklagte die im Schreiben vom 28. November 2016 angekündigten Maßnahmen vor einer „Übergabe“ durchgeführt hätte. Die Klägerin habe den Baumbestand am 22. November 2018 von der … nochmals untersuchen lassen. Dabei seien an verschiedenen Bäumen verkehrssicherheitsrelevante Zustände festgestellt worden. … habe auf einem Plan insbesondere vier Bäume eingezeichnet, die er als hochgradig gefahrbringend eingestuft habe. Nach seiner Auffassung seien hier verkehrssichernde Maßnahmen zu ergreifen. Eine offizielle „Übergabe“ der Verkehrssicherungspflichten habe bis heute nicht stattgefunden. Da die Beklagte trotz Aufforderung nicht erklärt habe, dass sie die Verkehrssicherungspflicht weiterhin erfüllen werde, sei nun Klage auf Feststellung geboten. Die Klägerin habe ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Wahrnehmung der Verkehrssicherungspflicht für den geschützten Landschaftsbestandteil … durch die Beklagte, da es bereits in der Vergangenheit zu Schadensfällen gekommen sei. So habe am 9. August 2009 der Bewohner der Doppelhaushälfte … gemeldet, dass tags zuvor ein belaubter Ast von einem Baum des Wäldchens auf dem Grundstück der Klägerin abgebrochen und ca. zwei Meter neben seiner im Garten spielenden Tochter gelandet sei. Solchen Vorkommnissen müsse vorgebeugt werden. Auch sei diese Feststellung für die Klägerin natürlich von wirtschaftlichem Belang, sei es durch die Übernahme der Kosten der Baumkontrolle und -pflege als auch der Inanspruchnahme und damit verbunden der Verpflichtung eines Ausgleichs bei eventuell weiteren eintretenden Schäden. Die Beklagte sei auch weiterhin verpflichtet, die Verkehrssicherungspflicht im geschützten Landschaftsbestandteil … auf dem Grundstück der Klägerin auszuüben. Die Beklagte habe bereits im Jahr 2009 ausweislich einer Beschlussvorlage für die Sitzung des Umweltausschusses am 8. Oktober 2009 (an) erkannt, dass sie als Behörde bei naturschutzrechtlich geschützten Naturdenkmälern und Landschaftsbestandteilen die Verkehrssicherungspflicht treffe. Es sei dabei auch festgelegt worden, dass die Beklagte die Kosten der Maßnahmen trage. Insofern könne die Beklagte nicht durch einfache Schreiben vom 28. November 2016 bzw. 13. Dezember 2018 Abstand von ihrer Verpflichtung zur Wahrnehmung der Verkehrssicherungspflicht nehmen. Schon aus der Unterschutzstellung der Landschaftsbestandteile ergebe sich der Übergang der Verkehrssicherungspflicht von dem Eigentümer des Grundstücks auf die Naturschutzbehörde. Dies finde seine Gründe darin, dass die einschlägigen Schutzvorschriften den notwendigen Sicherungsmaßnahmen für die Eigentümerin des Grundstücks Hindernisse bereite. Die Eigentümerin treffe nach gängiger Rechtsprechung also lediglich eine Überwachungs- und Meldepflicht, wohingegen die Verkehrssicherungspflicht an sich bei der Naturschutzbehörde, die den geschützten Landschaftsbestandteil festlegt, liege (vgl. OLG Celle, U.v. 22.5.1957 – 3 U 57/56; OLG Koblenz, U.v. 10.1.1979 – 1 U 1040/77). Für die notwendige Beibehaltung der Verkehrssicherungspflicht bei der Beklagten sprächen auch die in der Vergangenheit für die Errichtung von Wohnhäusern erteilten Baugenehmigungen trotz nicht ausreichenden Abstands zu den Waldflächen der Klägerin. Die Beklagte habe bei der Erteilung der Baugenehmigungen für die angrenzenden Wohnhäuser (z.B. … und …*) gegen den bauordnungsrechtlichen Grundsatz aus Art. 4 BayBO verstoßen, wonach ein Baugrundstück und das auf ihm zu errichtende Gebäude u.a. nicht durch seine Lage im Wald oder in der Nähe am Waldrand gefährdet werden dürfe und Gebäude deshalb in einer solchen Entfernung zum Waldrand errichtet werden müssten, die mindestens der voraussehbaren Stammhöhe im Zeitpunkt der Hiebereife entspreche. Dies sei je nach Sachlage ein mittlerer Erfahrungswert von 25 Metern (vgl. Simon/Busse-Wolf, BayBO, Art. 4 Rn. 44). Die Beklagte habe dadurch das Haftungsrisiko für die Klägerin erhöht, ohne für eine Haftungsfreistellung o. ä. zu sorgen. Darüber hinaus weisen einzelne Bäume in dem geschützten Landschaftsbestandteil … zwischenzeitlich auch keinen verkehrssicheren Zustand auf. Aus diesem Grund sei es nicht gerechtfertigt, der Klägerin die Verkehrssicherungspflicht für einen Landschaftsbestandteil, der von der Beklagten in der Vergangenheit offenbar auch nicht ausreichend gesichert und gepflegt worden sei, „zu übertragen“. Schließlich sei auch noch darauf hinzuweisen, dass die Beklagte die Verkehrssicherungspflicht entlang des … für diejenigen Bäume, die zum Straßenbegleitgrün zählen, ohnehin trage, auch wenn die Bäume nicht auf öffentlichem Straßengrund stehen.
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Mit Schreiben vom 12. Mai 2021 beantragte die Beklagte
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Zur Begründung wurde im Wesentlichen wie folgt ausgeführt: Ausgangspunkt für die „Übertragung“ der Verkehrssicherungspflicht bei allen im Stadtgebiet befindlichen Naturdenkmälern und geschützten Landschaftsbestandteilen auf die jeweiligen Grundstückseigentümer sei das Schreiben des Bayerischen Staatsministeriums für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz (StMUGV) vom 5. Mai 2006 (vgl. Blatt 30-36 der Behördenakte). Das StMUVG führe in Nummer 2.4 hierzu aus, dass in der Schutzverordnung Ausnahmebestimmungen getroffen werden können, wie sie auch in Baumschutzverordnungen üblich seien. Dies habe zur Folge, dass bei unabsehbaren Maßnahmen am Naturdenkmal im Rahmen der Verkehrssicherungspflicht eine Ausnahme vom Veränderungsverbot bestehe. Träger der Verkehrssicherungspflicht, so das StMUGV, bliebe danach der Eigentümer. Diese Auffassung habe zwischenzeitlich auch Eingang in die Kommentare gefunden (vgl. Schumacher/Fischer-Hüftle, BNatSchG, § 60 Rn. 16 ff.). Zwar bezögen sich diese Ausführungen auf Naturdenkmäler gemäß § 28 BNatSchG, sie seien jedoch inhaltlich vollständig auf die wesensgleichen Schutzverordnungen für geschützte Landschaftsbestandteile nach § 29 BNatSchG übertragbar (vgl. auch Art. 12 Abs. 3 BayNatSchG a.F.). In § 5 Nr. 4 der Verordnung über geschützte Landschaftsbestandteile im Stadtgebiet … sei eine entsprechende Ausnahmeregelung enthalten. Die Grundstückseigentümer seien somit nicht aus rechtlichen Gründen eingeschränkt bzw. daran gehindert, bei verkehrssicherungsrelevanten Situationen umgehend die notwendigen Maßnahmen veranlassen zu können. Die Einholung einer Befreiung sei nicht erforderlich. Auch die Stadt … und die Landeshauptstadt … verträten die Rechtsauffassung, dass die Verkehrssicherungspflicht von geschützten Landschaftsbestandteilen (und Naturdenkmälern) den jeweiligen Eigentümern obliege, und hätten durch ähnliche Verordnungen die Grundstückseigentümer für die Veranlassung von Verkehrssicherungsmaßnahmen in die Pflicht genommen. Der Umweltausschuss der Beklagten habe daraufhin am 13. Oktober 2016 mehrheitlich den Beschluss getroffen, dass die Wahrnehmung der Kontroll- und Sicherungsmaßnahmen im Rahmen der Verkehrssicherungspflicht nicht mehr freiwillig durch die untere Naturschutzbehörde wahrgenommen werden solle. Mit der „Übertragung“ der Verkehrssicherungspflicht zum 1. Januar 2019 sei nicht dem gefassten Beschluss vom 8. Oktober 2009 zuwidergehandelt worden. Die Stadt habe vielmehr von ihrem Recht Gebrauch gemacht, die Sachlage aufgrund einer geänderten Rechtsauffassung neu zu beurteilen. Auch bei Baumschutzverordnungen, die ebenfalls nach § 29 NatSchG erlassen würden, sei herrschende Meinung, dass nicht die jeweilige Kommune die Verkehrssicherung aller im Stadtgebiet unter die Baumschutzverordnung fallender Bäume wahrnehmen müsse, sondern die einzelnen Eigentümer der Bäume. Bei den erteilten Baugenehmigungen für die benachbarten Anwesen handele es sich um Genehmigungen, die in den Jahren 2002/2003 bzw. 2005 im vereinfachten Genehmigungsverfahren nach Art. 59 BayBO, bei dem Art. 4 BayBO nicht vom Prüfprogramm umfasst werde, beurteilt worden seien. Zudem gehe aus dem Bebauungsplan Nummer … der Beklagten hervor, dass der Bereich des … als Grünfläche – waldartig – festgesetzt sei. Aufgrund dieser Formulierung sei davon auszugehen, dass der schon damals bestehende Baumbestand nicht als Waldfläche eingestuft worden sei. Somit könne das Abstellen der Klägerin auf den 25 Meter (Wald-)Abstand bezüglich der benachbarten Bebauung nicht zum Tragen kommen. Diese Interpretation werde auch dadurch erhärtet, dass der im Falle einer Waldfläche notwendige Abstand der Bebauung durch die Gebäude der Klägerin bzw. die Baugrenzen im Bebauungsplan nicht eingehalten werde bzw. eingehalten werden musste. Des Weiteren fehle der Grünfläche die im Waldgesetz verankerte freie Zugänglichkeit durch die Allgemeinheit. Der Abschluss aller Verkehrssicherungsmaßnahmen sei dem Umweltausschuss am 6. Dezember 2018 berichtet und zustimmend zur Kenntnis genommen worden. Dieser Beschluss habe als Grundlage dafür gedient, dass die Verkehrssicherungspflicht durch Schreiben vom 13. Dezember 2018 auf die Grundstückseigentümer habe übertragen werden können. Dass sich zum Zeitpunkt der Übergabe der Landschaftsbestandteil … nicht in einem verkehrssicheren Zustand befunden habe, sei der Tatsache geschuldet gewesen, dass die Hausverwaltung … der getroffenen Vereinbarung nicht nachgekommen sei. Da seitens der Hausverwaltung keine Rechnung eingereicht worden sei, sei vom Grünflächenamt angenommen worden, dass keine zusätzlichen Maßnahmen notwendig gewesen seien. Dies sei jedoch unschädlich für den Übergang der Verkehrssicherungspflicht, da das Versäumnis bei der Klägerschaft gelegen habe und die Stadt zudem zeitnah nach Übertragung der Verkehrssicherungspflicht, am 25. Januar 2019, die Maßnahmen zur Herstellung eines verkehrssicheren Zustandes nachgeholt habe. Soweit der … auf dem Grundstück Flur-Nr. …, Gemarkung …, liege, seien die Teilflächen nach Auskunft des Tiefbauamtes als Eigentümerweg gewidmet, ebenso weitere Verbindungswege zwischen den Häusern. Die Straßenbaulast einschließlich der Verkehrssicherungspflicht für diese Wege obliege demnach der Klägerin. Für den … komme die Beklagte der ihr obliegenden Verkehrssicherungspflicht nach. Diese beschränke sich auf die Begegnung von Gefahren, die aus der Zulassung eines öffentlichen Verkehrs für die Verkehrsteilnehmer entstehen können. Diese Pflicht erstrecke sich über den Zustand der Fahrbahn hinaus auch auf Gefahren, die von außerhalb des Straßenzugs ausgehen. Nicht dazu gehören jedoch nach Auffassung der Beklagten Bäume, die unauffällig als Bestandteil eines neben dem öffentlichen Weg gelegenen Gehölzbestands stehen und äußerlich nicht der Straße zuzuordnen seien (vgl. BGH VersR 1989, 477). Die Verkehrssicherungspflicht der Stadt entlang des … beschränke sich im Wesentlichen auf evident erkennbar kranke Randbäume oder in eindeutiger Schieflage Richtung Weg stehende Bäume. Zudem lasse sich durch diese begrenzte Verkehrssicherungspflicht für den Gehölzbestand entlang des … keine grundsätzliche Verantwortung für die Verkehrssicherungspflicht der Beklagten für den gesamten geschützten Landschaftsbestandteil … ableiten.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakte Bezug genommen. Hinsichtlich des Verlaufs der mündlichen Verhandlung wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.
Entscheidungsgründe
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Der Verwaltungsrechtsweg ist für die zulässige, jedoch unbegründete Klage eröffnet.
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1. Der Verwaltungsrechtsweg ist eröffnet.
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Der Verwaltungsrechtsweg ist in allen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art gegeben, soweit die Streitigkeiten nicht durch Bundesgesetz einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen sind (§ 40 Abs. 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO). Es handelt sich im vorliegenden Falle um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit nichtverfassungsrechtlicher Art.
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Die Klägerin erstrebt die Feststellung, dass die Beklagte zur Wahrnehmung der Verkehrssicherungspflicht im Bereich des geschützten Landschaftsbestandteils … auf dem Grundstück der Klägerin, Flur-Nr. … der Gemarkung …, verpflichtet ist. Die Rechtsnatur von Verkehrssicherungspflichten ist umstritten. Während in der Literatur zunehmend von einer einheitlich öffentlich-rechtlichen Einordnung der Verkehrssicherungspflichten jedenfalls hinsichtlich öffentlicher Sachen plädiert wird, ohne dass es hierzu einer ausdrücklichen hoheitlichen Ausgestaltung bedürfe (vgl. z.B. Unruh, in Fehling/Kastner/Störmer, Verwaltungsrecht, 5. Auflage 2021, § 40 Rn. 144), folgert die überwiegende Rechtsprechung das Gebot zumutbarer Gefahrenvermeidung aus §§ 823, 836 BGB und gelangt daher grundsätzlich zu einer privatrechtlichen Qualifizierung der Verkehrssicherungspflicht (vgl. BGH, B.v. 27.10.1988 – III ZR 23/88 – juris Rn. 3). Anderes gilt jedoch für den Fall, dass die Verkehrssicherungspflicht ausdrücklich (etwa durch Fachgesetz, z.B. Art. 69 BayStrWG) öffentlich-rechtlich ausgestaltet ist oder die Verkehrssicherungspflicht durch einen Organisationsakt der öffentlichen Verwaltung als öffentlich-rechtlich festgelegt worden ist. Zwar ergibt sich vorliegend eine Zuordnung der Verkehrssicherungspflicht zum öffentlichen Recht nicht bereits aus den Regelungen des – öffentlich-rechtlichen – Naturschutzrechts (in diese Richtung aber VG Frankfurt (Oder), U.v. 29.4.2003 – 7 K 300/00 – juris). Jedoch hatte die Beklagte vorliegend aufgrund eines Beschlusses des Umweltausschusses bislang die Verkehrssicherungspflicht für alle Landschaftsbestandteile und damit auch das streitgegenständliche Grundstück übernommen. Indem die Klägerin anführt, dass die Beklagte die ursprünglich übernommene Verkehrssicherungspflicht nicht wirksam auf die Klägerin als Eigentümerin übertragen hat bzw. übertragen konnte, macht sie eine Verkehrssicherungspflicht geltend, die – aufgrund behördlicher Übernahmeerklärung – dem öffentlichen Recht zugeordnet ist. Es ist somit das Bestehen einer infolge öffentlich-rechtlicher Überlagerung hoheitlich obliegender Verkehrssicherungspflicht zum Verfahrensgegenstand gemacht. Zur Entscheidung sind die ordentlichen Gerichte auch nicht nach § 40 Abs. 2 Satz 1 VwGO berufen, denn es handelt sich nicht um einen Schadensersatzanspruch aus der Verletzung öffentlich-rechtlicher Pflichten.
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2. Die Klage ist zulässig.
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Die Klägerin ist beteiligten- und prozessfähig (vgl. §§ 61 Nr. 2, 62 Abs. 3 VwGO), da sie als Wohnungseigentümergemeinschaft gemäß § 9a Wohnungseigentumsgesetz (WEG) in vollem Umfang rechtsfähig ist und klagen und verklagt werden kann. Sie wird gemäß § 9b WEG ordnungsgemäß durch den Verwalter vertreten.
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Die hier erhobene Klage ist als Feststellungsklage (§ 43 VwGO) zulässig. Bei dem Bestehen oder Nichtbestehen einer Verkehrssicherungspflicht der Beklagten im Bereich des geschützten Landschaftsbestandteils … auf dem Grundstück der Klägerin Flur-Nr. … der Gemarkung … handelt es sich um ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis i.S.d. § 43 Abs. 1 VwGO. Insbesondere liegt auch keine Anfechtungsklage gemäß § 42 VwGO vor, zu der die Feststellungsklage subsidiär wäre. Denn bei den Schreiben der Beklagten vom 28. November 2016 sowie 13. Dezember 2018, in denen der Klägerin mitgeteilt wurde, dass die Verkehrssicherungspflicht hinsichtlich des durch Verordnung geschützten Landschaftsbestandteils … wieder an die Grundstückseigentümerin übertragen werde, handelt es sich nicht um einen Verwaltungsakt i.S.d. Art. 35 Satz 1 Bayerisches Verwaltungsverfahrensgesetz (BayVwVfG). Die Schreiben selbst waren nicht auf die unmittelbare Herbeiführung einer Rechtsfolge gerichtet, so dass es an der für einen Verwaltungsakt erforderlichen Regelungswirkung fehlt. Vielmehr wurde in den Schreiben nur der Beschluss des Umweltausschusses der Beklagten vom 13. Oktober 2016 umgesetzt und die Klägerin als Grundstückseigentümerin darüber informiert, dass die Beklagte die Verkehrssicherungspflicht nicht länger auf freiwilliger Basis, also ohne entsprechende Rechtspflicht, tragen werde. Die Rechtsfolge aus der Rücknahme der Übernahmeerklärung ergibt sich mangels spezieller Regelung der Verkehrssicherungspflicht in der Verordnung über geschützte Landschaftsbestandteile im Stadtgebiet … bzw. in deren gesetzlicher Grundlage aus den allgemeinen Grundsätzen zur Verkehrssicherungspflicht an geschützten Landschaftsbestandteilen. Zwar hätte die Klägerin die Möglichkeit gehabt, bei der Beklagten zunächst einen Antrag zu stellen, sie bezüglich des streitgegenständlichen Grundstücks von der Verkehrssicherungspflicht zu entbinden und dieses Anliegen im Falle einer Ablehnung des Antrages im Wege der Verpflichtungsklage weiter zu verfolgen. Dieser Weg erschien jedoch zum einen nicht naheliegend, weil die Verordnung über geschützte Landschaftsbestandteile im Stadtgebiet … kein Befreiungs- oder Entbindungsverfahren vorsieht und die Beklagte mit ihrem vorprozessualen Verhalten eine solche Entbindung zudem der Sache nach bereits abgelehnt hatte. Unabhängig davon ist die Vorschrift des § 43 Abs. 2 VwGO ihrem Zweck entsprechend ohnehin einschränkend auszulegen und anzuwenden. Wo eine Umgehung der für Gestaltungsklagen geltenden Bestimmungen über Fristen und Vorverfahren nicht droht, steht § 43 Abs. 2 VwGO der Feststellungsklage ebenso wenig entgegen wie in den Fällen, in denen diese den effektiveren Rechtsschutz bietet (vgl. BVerwG, U.v. 29.4.1997 – 1 C 2.95 – juris Rn. 25). Eine Umgehung von Fristen und Vorverfahren droht hier nicht. Auch kann die zwischen den Beteiligten streitige Frage sachgerecht und in einer dem Rechtsschutzinteresse der Klägerin vollständig Rechnung tragenden Weise durch Feststellungsurteil geklärt werden.
27
Die Klägerin hat ein gemäß § 43 Abs. 1 VwGO erforderliches berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens dieses Rechtsverhältnisses. Ob die Klägerin die Verkehrssicherungspflicht für das streitgegenständliche Grundstück trägt, mithin für den Erhalt und Fortbestand eines verkehrssicheren Zustands verantwortlich ist, ist zwischen den Beteiligten umstritten. Die Klägerin verweist zurecht darauf, dass sie von Dritten zivilrechtlich in Anspruch genommen werden könnte, sollten diese auf dem Grundstück zu Schaden kommen. Die begehrte verwaltungsgerichtliche Feststellung entfaltet zwar keine rechtsweg- und personenübergreifende Bindungswirkung mit Blick auf eine etwaige Pflichtverletzung, kann jedoch zumindest unter dem Gesichtspunkt des Verschuldens der Klägerin relevant sein (vgl. VGH BW, U.v. 23.2.2022 – 5 S 947/21 – juris Rn. 45 (bezogen auf die Feststellung der Räum- und Streupflicht)). Läge die Verkehrssicherungspflicht bei der Klägerin, wäre diese gehalten, regelmäßige Kontrollen am Gehölzbestand auf eigene Kosten durchzuführen bzw. durchführen zu lassen und ggf. durch Eingriffe einen verkehrssicheren Zustand zu erhalten. Der Klägerin kann nicht zugemutet werden, entweder sicherheitshalber, ggf. also ohne das Bestehen einer Rechtspflicht, teils kostenintensive Maßnahmen der Verkehrssicherung zu übernehmen, oder den Eintritt eines Schadensfalls abzuwarten mit der Folge offener Erfolgsaussichten im zivilrechtlichen Haftungsprozess. Zudem ist es im Interesse der Allgemeinheit, etwaigen Schadensfällen durch beispielsweise herabfallende Äste vorzubeugen, so dass die Verantwortlichkeit hierfür nicht in Streit stehen sollte.
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Auch steht der Klägerin ein Rechtsschutzbedürfnis für die Klage zur Seite, da es keinen einfacheren Weg zur Klärung gibt, zumal ihre diesbezüglichen Vorsprachen bei der Beklagten ohne Erfolg blieben.
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3. Die Klage ist jedoch unbegründet, denn die Beklagte ist nicht zur Wahrnehmung der Verkehrssicherungspflicht im Bereich des geschützten Landschaftsbestandteils … auf dem Grundstück der Klägerin, Flur-Nr. … der Gemarkung …, verpflichtet.
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a) Die Beklagte trägt im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung nicht mehr aufgrund der mit Beschluss des Umweltausschusses vom 8. Oktober 2009 (fortführend) übernommenen Baumkontrollen und Verkehrssicherungsmaßnahmen im … am … die Verkehrssicherungspflicht. Denn in seiner Sitzung am 13. Oktober 2016 beschloss der (beschlussfähige) Umweltausschuss der Beklagten mehrheitlich, dass die Verkehrssicherungspflicht an Naturdenkmälern und geschützten Landschaftsbestandteilen zukünftig nicht mehr (freiwillig) durch die untere Naturschutzbehörde, sondern von den jeweiligen Eigentümern wahrgenommen werden soll. In seiner Sitzung am 6. Dezember 2018 wurde der Umweltausschuss der Beklagten schließlich berichtend darüber in Kenntnis gesetzt, dass nunmehr alle im Stadtgebiet gelegenen Landschaftsbestandteile und Naturdenkmäler auf ihre Verkehrssicherheit hin überprüft und die erforderlichen Sicherungsmaßnahmen veranlasst worden seien. Die Wahrnehmung der Verkehrssicherungspflicht werde nun zum 1. Januar 2019 an die Eigentümer übergeben. Der Einwand der Klägerseite, die Beklagte könne nicht durch einfache Schreiben vom 28. November 2016 bzw. 13. Dezember 2018 Abstand von ihrer Verpflichtung zur Wahrnehmung der Verkehrssicherungspflicht nehmen, geht aufgrund der genannten, den Schreiben zugrundeliegenden Beschlüssen des Umweltausschusses ins Leere. Für die Entscheidung des Gerichts nicht erheblich ist, dass die Beklagte wohl nicht zeitlich vor dem 1. Januar 2019 das streitgegenständliche Grundstück in einen verkehrssicheren Zustand gebracht hat, da jedenfalls das bei den Kontrollen im Jahr 2017 aufgefundene Totholz nicht entfernt wurde. Ebenfalls unerheblich ist, wem es anzulasten ist, dass der Baumbestand auf dem streitgegenständlichen Grundstück erst im Zeitraum 21. Januar bis 25. Januar 2019 vom Grünflächenamt der Beklagten – insoweit zwischen den Beteiligten unstrittig – in einen verkehrssicheren Zustand gebracht wurde. Jedenfalls durch diese Maßnahmen waren nämlich die Voraussetzungen, unter denen der Umweltausschuss eine Aufgabe der bisherigen (freiwilligen) Ausübung der Verkehrssicherungspflicht an geschützten Landschaftsbestandteilen beschlossen hatte, erfüllt. Spätestens zu diesem Zeitpunkt ergibt sich die Verkehrssicherungspflicht somit nicht aus einer fortdauernden (freiwilligen) Übernahme durch die Beklagte.
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b) Ein Eingriff in die Eigentumsfreiheit aus Art. 14 Abs. 1 GG liegt nicht vor. Die Aussicht auf eine Freistellung von der Verkehrssicherungspflicht ist keine von der Eigentumsfreiheit geschützte Rechtsposition. Auch aus dem Grundsatz des Vertrauensschutzes, der seine verfassungsrechtliche Grundlage im Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG und dessen Postulat nach Rechtssicherheit findet, kann die Klägerin einen Anspruch auf Übernahme der Verkehrssicherungspflicht durch die Beklagte nicht herleiten. Ebenso wenig ergibt sich ein entsprechender (einfach-rechtlicher) „Kontinuitätsschutz“ unter Rückgriff auf den allgemeinen, aus dem Rücksichtnahmegebot entwickelten Grundsatz von Treu und Glauben. Nach Auffassung des Gerichts war es der Beklagten unbenommen, eine zuvor – auf Grundlage eines Beschlusses des Umweltausschusses – übernommene Selbstverpflichtung mit Wirkung für die Zukunft aufzugeben mit der Folge, dass hiernach wieder die allgemeinen Grundsätze zur Übernahme der Verkehrssicherungspflicht bei geschützten Landschaftsbestandteilen gelten. Dabei kann dahinstehen, ob die Beklagte mit der langjährigen, zugunsten der Klägerin (und weiteren Grundstückseigentümern) übernommenen Ausübung der Verkehrssicherheitspflicht eine ihr zuzurechnende relevante Vertrauensgrundlage geschaffen hat. Ein hierauf beruhendes Vertrauen der Klägerin wäre im konkreten Fall nämlich nicht (billigerweise) schützenswert, da keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, diese Übernahme werde auf Dauer Bestand haben. Auch der Grundsatz des Vertrauensschutzes verbietet es der Beklagten nicht, ihre Verwaltungspraxis für die Zukunft zu ändern, wenn hierfür ein sachlich einleuchtender Grund besteht und die Änderung auf alle neu Betroffenen Anwendung findet. Da die Beklagte bei Übernahme der Selbstverpflichtung von einer – ursprünglich wohl auch bestehenden – Rechtspflicht ausgegangen war, lag der Änderung der bestehenden Verwaltungspraxis – die sich auf alle Eigentümer von Grundstücken, die kraft Verordnung zu geschützten Landschaftsbestandteilen erklärt wurden, erstreckt – ein sachgerechter Grund zugrunde. Jedenfalls überwiegt das öffentliche Interesse an der sparsamen Verwendung von öffentlichen Mitteln das Interesse der Klägerin an der fortdauernden Befreiung von der Verkehrssicherungspflicht für das streitgegenständliche Grundstück. Der Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes machte es jedoch erforderlich, die Verwaltungspraxis hinsichtlich der Übernahme der Verkehrssicherungspflicht erst nach einer angemessenen Übergangszeit umzustellen. Die Klägerin wurde von der Beklagten bereits mit Schreiben vom 28. November 2016 darüber in Kenntnis gesetzt, dass beabsichtigt sei, die Wahrnehmung der Verkehrssicherungspflicht an geschützten Landschaftsbestandteilen voraussichtlich im zweiten Halbjahr 2017 wieder an die jeweiligen Grundstückseigentümer abzugeben. Bereits mit dieser Übergangsfrist wäre dem Vertrauensschutz wohl Genüge getan, da die Klägerin ausreichend Zeit gehabt hätte, Dispositionen zu treffen, wie beispielsweise eine Firma mit der Sicherstellung eines verkehrssicheren Zustands zu beauftragen. Dass die Beklagte den anvisierten Termin zur Übergabe der Verkehrssicherungspflicht nicht eingehalten hat, vermag einen neuen Vertrauenstatbestand nicht zu begründen. Die Klägerin durfte sich hiernach lediglich darauf verlassen, dass vor der endgültigen Übergabe der Verkehrssicherungspflicht erneut eine Information durch die Beklagte erfolgen würde. Dies ist jedoch mit Schreiben vom 13. Dezember 2018 erfolgt.
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c) Die Verkehrssicherungspflicht ist auch nicht aufgrund der Unterschutzstellung des streitgegenständlichen Grundstücks als geschützter Landschaftsbestandteil auf die Beklagte übergegangen (ebenso Mühlbauer in Lorz/Konrad/Mühlbauer/Müller-Walter/Stöckel, Naturschutzrecht, 3. Auflage 2013, § 29 BNatSchG Rn. 12; Wittek/Otto, u.a. KommJur 2009, Heft 10, 373; Kraft in Lütkes/Ewer, BNatSchG, 2. Auflage 2018, § 60 Rn. 5; Horst, MDR 2000, 1161; in diese Richtung auch BGH, U.v. 17.9.2004 – V ZR 230/03 – juris, in dem eine Verantwortlichkeit der Naturschutzbehörde nicht erörtert wurde; a.A. Wedekind, KommJur 2009, Heft 7, 257; Hötzel, VersR 2004, 1234).
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Die Verkehrssicherungspflicht ergibt sich entweder aus dem Fachrecht oder – soweit fachgesetzlich nicht normiert – aus der allgemeinen Verkehrssicherungspflicht des § 823 BGB. Sie lässt sich dem Grundsatz nach als allgemeine Rechtspflicht umschreiben, wonach derjenige, der in seinem Einfluss- und Verantwortungsbereich Gefahren schafft, andauern lässt oder beherrscht, alle geeigneten, erforderlichen und zumutbaren Vorkehrungen zum Schutz Dritter treffen muss (vgl. Staudinger in Schulze, Bürgerliches Gesetzbuch, 11. Auflage 2021, § 823 BGB Rn. 60). Weder die Verordnung über geschützte Landschaftsbestandteile im Stadtgebiet … selbst noch die ihr zugrundeliegenden Rechtsgrundlagen im BayNatSchG bzw. BNatSchG treffen eine Aussage darüber, wer in geschützten Landschaftsbestandteilen die Verkehrssicherungspflicht zu tragen hat. Nach Auffassung des Gerichts verbleibt auch bei durch Verordnung unter Schutz gestellten Landschaftsbestandteilen die Verkehrssicherungspflicht bei dem Grundstückseigentümer. Hierfür spricht schon, dass durch die Unterschutzstellung eines Landschaftsbestandteils keine Gefahrenlage geschaffen wird; sie ist entweder schon vorhanden oder entsteht zukünftig, was der Eigentümer jedoch durch die ihm obliegende Unterhaltungspflicht ganz oder weitgehend verhindern kann. Zwar ist es dem Eigentümer eines geschützten Landschaftsbestandteils aufgrund von § 4 Abs. 1 der Verordnung über geschützte Landschaftsbestandteile im Stadtgebiet … verboten, die geschützten Landschaftsbestandteile ohne Genehmigung der Beklagten zu entfernen, zu zerstören, zu verändern oder zu beschädigen oder Handlungen vorzunehmen, die geeignet sind, eine Zerstörung, Veränderung oder Beschädigung der geschützten Landschaftsbestandteile herbeizuführen. Darüber hinaus ist es gemäß § 4 Abs. 2 Nr. 1 der genannten Verordnung verboten, in kleinflächigen Waldbeständen Rodungen oder Kahlschläge vorzunehmen. Diese Verbote gelten jedoch nicht absolut, vielmehr können – bei Vorliegen der Voraussetzungen – gemäß den §§ 5 und 6 der genannten Verordnung Ausnahmen und Befreiungen beansprucht werden. Mithin steht das Verbot, mit dem unter Schutz gestellten Landschaftsbestandteil nach Belieben umzugehen, unter einem Erlaubnisvorbehalt, so dass es – bei Vorliegen der Voraussetzungen – auf Antrag des Grundstückseigentümers ganz oder teilweise aufzuheben ist. Da die Klägerin als Eigentümerin für unaufschiebbare Sicherungsmaßnahmen, die zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für Leben, Gesundheit oder bedeutender Sachwerte erforderlich sind, nicht einmal die vorherige Zustimmung der Behörde einholen muss (vgl. § 5 Nr. 4 der Verordnung über geschützte Landschaftsbestandteile im Stadtgebiet …*), ist ihr die Erfüllung der Verkehrssicherungspflicht und die tatsächliche Möglichkeit zur Abwendung einer Gefahr nicht unmöglich gemacht. Die mit dem Baumbestand verknüpfte Verkehrssicherungspflicht hält sich ebenso wie die Beachtung der baumschutzrechtlichen Bestimmungen im Rahmen der Sozialbindung des Art. 14 Abs. 2 GG (vgl. HessVGH, U.v. 6.8.1992 – 3 UE 2486/91 – juris zu einer Unterschutzstellung durch Baumschutzsatzung). Der Eigentümer behält neben seiner Eigentümerstellung die Verfügungsbefugnis über das Grundstück und damit die Verantwortung; er hat dementsprechend das Haftungsrisiko zu tragen (vgl. OVG Berlin, U.v. 16.8.1996 – 2 B 26/93 – NVwZ-RR 1997, 530, 532; BayVGH, B.v. 25.7.2013 – 14 ZB 12.2275 – juris; jeweils zu Unterschutzstellungen durch Baumschutzverordnungen). Die Behörde hingegen ist an der Verfügungsgewalt nicht beteiligt und bedürfte insbesondere für jede Maßnahme die Einwilligung des Eigentümers. Sie entscheidet auf Antrag nur darüber, wie der Eigentümer mit seiner Verfügungsgewalt unter naturschutzrechtlichen Gesichtspunkten umgehen darf, indem sie beispielsweise eine Befreiung erteilt. Erst wenn der vom Eigentümer gestellte Antrag auf Ausnahme oder Befreiung unzulässigerweise abgelehnt wurde, haftet die Naturschutzbehörde nach Amtshaftungsgrundsätzen, ohne dass die Verkehrssicherungspflicht auf sie übergegangen ist (vgl. Otto, UPR 2006, 143 mit Verweis auf OLG Hamm, U.v. 8.1.1993 – 9 U 100/92 – juris).
34
Die Verlagerung der Verkehrssicherungspflicht für einen geschützten Landschaftsbestandteil lässt sich auch nicht damit begründen, dass eine öffentliche Verpflichtung zum Erhalt von Landschaftsbestandteilen als landschaftspflegerische Aufgabe besteht. Die Pflicht zum Erhalt von geschützten Landschaftsbestandteilen ist nämlich keine ausschließlich öffentliche Pflicht. Verpflichtet zum Erhalt ist auch der Eigentümer, wenn in verfassungsrechtlich zulässiger Weise eine Begrenzung seiner Eigentümerbefugnisse durch die Entscheidung nach dem Naturschutzrecht vorgenommen wurde. Bei der Unterschutzstellung handelt es sich um eine die Sozialpflichtigkeit des Eigentums konkretisierende Inhaltsbestimmung nach Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG (vgl. hinsichtlich Naturdenkmälern Otto, UPR 2006, 143).
35
Teilweise enthalten Landesgesetze die ausdrückliche Regelung, wonach die Unterschutzstellung den Eigentümer nicht von der Verkehrssicherungspflicht und den üblichen Pflege- und Unterhaltungsmaßnahmen entbindet (vgl. z.B. § 19 Abs. 3 LNatSchG SH; § 25 Abs. 4 Satz 2 LNatG M-V; jeweils zu Unterschutzstellung von Naturdenkmälern). Diese Vorschriften enthalten jedoch keine die Haftungslage verändernde Regelung; ihnen kommt nur eine klarstellende Bedeutung zu (vgl. Otto, VersR 2007, 1492).
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Soweit der Klägerbevollmächtigte zur Begründung auf ältere Rechtsprechung verweist, ist darauf hinzuweisen, dass sich diese auf das bis zum Inkrafttreten des Bundesnaturschutzgesetzes bis 1976 fortgeltende Reichsnaturschutzgesetz bezog. § 15 RNatSchG begründete ausdrücklich eine Zuständigkeit der Naturschutzbehörde für Schutz- und Erhaltungsmaßnahmen (vgl. hierzu Otto, UPR 2006, 143).
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d) Auch aus der heranrückenden Wohnbebauung durch die Erteilung von Baugenehmigungen für angrenzende Wohnhäuser (z.B. … und …*) kann nicht gefolgert werden, dass die Verkehrssicherungspflicht für das streitgegenständliche Grundstück von der Beklagten zu übernehmen ist. Zum einen handelte es sich bei den erteilten Baugenehmigungen für die benachbarten Anwesen – insoweit wohl unstreitig – um Genehmigungen, die im vereinfachten Genehmigungsverfahren nach Art. 59 Bayerische Bauordnung (BayBO) erteilt wurden, bei dem Art. 4 BayBO – sofern dessen Anwendungsbereich überhaupt eröffnet sein sollte – nicht vom Prüfprogramm umfasst ist. Zum anderen dienen die Einhaltung der Anforderungen des Art. 3 Abs. 1 Satz 1 BayBO und die Regelung des Art. 4 Abs. 1 Nr. 1 BayBO den Interessen der Allgemeinheit und haben grundsätzlich keinen nachbarschützenden Charakter; der Eigentümer von Waldflächen kann daher trotz durch die Bebauung möglicherweise steigender Haftungsrisiken nicht die Freihaltung der Baumfallgrenze verlangen (vgl. BayVGH, B.v. 26.4.2021 – 15 CS 21.1081 – juris Rn. 33; B.v. 16.12.2019 – 1 ZB 18.268 – juris Rn. 9 f.). Den Waldeigentümern steht auch kein Anspruch auf Einräumung einer Haftungsfreistellung zu (vgl. Schönfeld in BeckOK Bauordnungsrecht Bayern, Spannowsky/Manssen, Stand: 1.12.2022, Art. 4 BayBO Rn. 12).
38
e) Schließlich ergibt sich keine (teilweise) Verkehrssicherungspflicht der Beklagten hinsichtlich auf dem streitgegenständlichen Grundstück stehender Bäume entlang des … Zwar bezieht sich die Straßenverkehrssicherungspflicht auf Gefahren, die von dem Zustand des Straßenkörpers selbst ausgehen und gehören zum Straßenkörper regelmäßig auch die Straßenbäume. Die Straßenverkehrssicherungspflicht erstreckt sich jedoch grundsätzlich nicht auf Bäume, die auf den an die öffentliche Straße angrenzenden Privatgrundstücken stehen. Dies soll i.d.R. sogar gelten, wenn ein Baum so steht, dass bei seinem Umstürzen der Gehweg oder die Fahrbahn gefährdet wird (vgl. Zeitler, BayStrWG, Stand: September 2021, Art. 30 Rn. 11 m.w.N.). Lässt der Straßenbaulastträger solche Bäume regelmäßig kontrollieren, führt dies zu sich überschneidenden Pflichtenkreisen, bei denen der private Eigentümer aber der nach außen uneingeschränkt Verkehrssicherungspflichtige bleibt; dessen Sicherungs- und Kontrollpflichten verändern sich lediglich (vgl. Landscheidt, Götker, NZV 1995, 89).
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Die Klage war daher vollumfänglich abzuweisen.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die vorläufige Vollstreckbarkeit im Kostenpunkt ergibt sich aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.