Inhalt

VG Würzburg, Urteil v. 05.09.2023 – W 4 K 21.1521
Titel:

Versagung einer denkmalschutzrechtlichen Abbrucherlaubnis für ein Wohnstallhaus

Normenketten:
VwGO § 113 Abs. 5
BayDSchG Art. 1 Abs. 2 S. 1, Art. 6 Abs. 2 S. 1
Leitsätze:
1. Gewichtige Gründe des Denkmalschutzes im Sinn von Art. 6 Abs. 2 S. 1 BayDSchG ergeben sich in aller Regel aus der die Eigenschaft als Baudenkmal (hier Wohnstallhaus im Landkreis Rhön-Grabfeld) begründenden Bedeutung des Bauwerks (Art. 1 Abs. 2 S. 1 BayDSchG). Sie liegen allenfalls bei völlig unbedeutenden Baudenkmälern nicht vor. Eine „gesteigerte“ Bedeutung ist nicht erforderlich. Die Gründe, die ein Bauwerk zu einem Baudenkmal machen, sind regelmäßig nämlich schon für sich genommen so gewichtig, dass eine Versagung der Abbrucherlaubnis in Betracht kommt. (Rn. 20) (redaktioneller Leitsatz)
2. In finanzieller Hinsicht wird der Eigentümer eines für eine geldwerte Nutzung bestimmten Baudenkmals dann durch die Versagung der Erlaubnis zur Beseitigung unverhältnismäßig belastet, wenn das Objekt nicht mehr wirtschaftlich vernünftig genutzt werden kann (hier verneint). Ausschlaggebend ist, ob sich das Denkmal „selbst trägt“. Ist dies der Fall, sind die einer ertragreicheren Nutzung entgegenstehenden denkmalschutzrechtlichen Anforderungen in der Regel als Sozialbindung des Denkmaleigentums hinzunehmen. (Rn. 25) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
kein Anspruch auf Erteilung einer denkmalschutzrechtlichen Abbrucherlaubnis, insbesondere keine wirtschaftliche Unzumutbarkeit, Verpflichtungsklage, Denkmalschutz, Abbrucherlaubnis, Versagung, gewichtige Gründe, Bedeutung des Bauwerks, Wohnstallhaus, wirtschaftliche Unzumutbarkeit
Fundstelle:
BeckRS 2023, 28652

Tenor

I.    Die Klage wird abgewiesen.
II.    Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.    Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Tatbestand

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Der Kläger begehrt die Erteilung einer denkmalschutzrechtlichen Abbrucherlaubnis für ein Baudenkmal.
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1. Der Kläger ist Eigentümer des Grundstückes FlNr. ...7 der Gemarkung S. Auf diesem Grundstück steht im süd-östlichen Bereich ein Gebäude, das als Einzeldenkmal in der Denkmalliste mit folgendem Text eingetragen ist:
„ …142 G. …, Wohnstallhaus, giebelständiger Fachwerkbau mit massivem Stallteil, Satteldach, Schiebeläden, 16. und 18. Jh.“
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Hinsichtlich dieses Gebäudes hatte die Mutter des Klägers im Jahr 2014 bereits einen Antrag auf Erteilung einer Abbrucherlaubnis gestellt. Nach entsprechenden Voruntersuchungen und Einholung diverser Stellungnahmen wurde dieser Antrag mit Bescheid des Landratsamtes Rh.-Gr. vom 7. September 2016 abgelehnt. Dieser Bescheid wurde in der Folge bestandskräftig.
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Im Jahr 2017 hat der Kläger das vorgenannte Grundstück nach eigenen Angaben im Wege der vorweggenommenen Erbfolge erworben. Eingetragen im Grundbuch als Eigentümer des Grundstücks wurde der Kläger ausweislich des Grundbuchauszugs am 10. April 2014. Mit Bauantrag vom 25. Januar 2018 beantragte der Kläger den Umbau und die Sanierung des denkmalgeschützten Gebäudes mit Einbau einer Doppelgarage. Hierfür wurde dem Kläger mit Baugenehmigung des Landratsamtes Rh.-Gr. vom 7. November 2018 eine entsprechende Baugenehmigung erteilt.
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Mit Antrag vom 19. März 2019 beantragte der Kläger erneut die Erlaubnis für den Abbruch des denkmalgeschützten Wohnstallhauses.
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Mit Bescheid des Landratsamtes Rh.-Gr. vom 28. Oktober 2021 wurde der Antrag auf Erlaubnis nach Art. 6 BayDschG zum Abbruch des Wohnstallhauses abgelehnt. Der Beseitigungserlaubnis stünden gewichtige Gründe des Denkmalschutzes entgegen, da es sich bei dem Gebäude um ein bedeutendes Baudenkmal handele, dessen Verfall noch nicht so weit fortgeschritten sei, dass eine Sanierung von vornherein unmöglich wäre. Beim Wohnstallhaus handele es sich um eines der denkmalpflegerisch, kunstgeschichtlich und hauskundlich bedeutendsten Bauernhäuser des Grabfeldes, in dem sich die Charakteristika der „hennebergisch-fränkischen“ mit der „fränkischen“ Fachwerkbauweise verbinde. Darüber hinaus sei das streitgegenständliche Wohnstallhaus nach Einschätzung des zuständigen Kreisheimatpflegers auch ortsbildprägend. Die Versagung der begehrten Abbrucherlaubnis sei auch verhältnismäßig. Denn ausgehend von den voraussichtlichen Gesamtkosten verbleibe nach Abzug der in Aussicht gestellten Fördermittel lediglich ein Eigenanteil in Höhe von 20.500,00 EUR für den Kläger. Eine wirtschaftliche Unverhältnismäßigkeit liege daher nicht vor. Es werde nicht verkannt, dass sich die Zumutbarkeit einer Sanierung im vorliegenden Fall allein aus der außergewöhnlich hohen Förderzusage der beteiligten öffentlichen Stellen ergebe. Durch die hohe in Aussicht gestellte Förderung werde andererseits die hohe denkmalschutzrechtliche Bedeutung des Anwesens unterstrichen. Zwar existiere noch keine abschließend verbindliche Förderzusage, dies resultiere in erster Linie jedoch aus der fehlenden Mitwirkungsbereitschaft des Klägers. Wegen der Begründung im Einzelnen wird auf den Bescheid vom 28. Oktober 2021 Bezug genommen.
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2. Mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 24. November 2021, eingegangen bei Gericht am 25. November 2021, beantragt der Kläger sinngemäß:
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Unter Aufhebung des Bescheides des Landratsamtes Rh.-Gr. vom 28. Oktober 2021 wird der Beklagte verpflichtet, dem Kläger die am 19. März 2019 beantragte Erlaubnis nach dem Denkmalschutzgesetz zum Abbruch des Wohnstallhauses auf dem Grundstück FlNr. ...7 der Gemarkung S. … … zu erteilen.
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Zur Begründung wurde im Wesentlichen vorgetragen, dass ein gesteigertes Erhaltungsinteresse der Allgemeinheit an diesem Objekt nicht bejaht werden könne. Darüber hinaus sei die Erhaltung des Gebäudes dem Kläger objektiv wirtschaftlich nicht zuzumuten. Dies wäre nur dann der Fall, wenn der Erhalt auf Dauer aus den Einträgen des Baudenkmals finanziert werden könne, was vorliegend jedoch nicht der Fall sei, zumal insbesondere eine Nutzung des Gebäudes zu Wohnzwecken aufgrund der niedrigen Raumhöhe im Obergeschoss nicht möglich sei.
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3. Mit Schriftsatz des Landratsamtes Rh.-Gr. vom 29. Dezember 2021 beantragt der Beklagte,
die Klage abzuweisen.
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Hinsichtlich der Begründung wurde zunächst auf den angefochtenen Bescheid Bezug genommen. Ergänzend wurde ausgeführt, dass vorliegend gewichtige Gründe des Denkmalschutzes für die unveränderte Beibehaltung des bisherigen Zustandes des Baudenkmales sprächen. Darüber hinaus sei der Erhalt des Denkmals dem Kläger auch wirtschaftlich zumutbar. Eine wirtschaftliche Unzumutbarkeit sei angesichts der außergewöhnlich hohen Förderzusage nicht erkennbar.
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4. Aufgrund Beschlusses vom 21. März 2023 hat das Gericht am 25. Juli 2023 einen Augenschein über die örtlichen und baulichen Verhältnisse im Bereich des Grundstückes FlNr. ...7 der Gemarkung S. durchgeführt. Auf das entsprechende Protokoll und die im Rahmen des Augenscheintermins angefertigten Lichtbilder wird verwiesen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte und die beigezogene Behördenakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Die Klage ist zulässig, jedoch nicht begründet. Der Kläger hat zum hier maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung keinen Anspruch auf die begehrte Abbrucherlaubnis (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
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1. Vorliegend ist eine denkmalschutzrechtliche Abbrucherlaubnis nach Art. 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. Abs. 3 Satz 1 BayDSchG notwendig, da eine Beseitigung des streitgegenständlichen Wohnstallhauses nach Art. 57 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 BayBO verfahrensfrei ist. Denn das hier streitgegenständliche Gebäude der Gebäudeklasse 3 ist freistehend, wie sich das Gericht im Rahmen des Augenscheintermins überzeugen konnte.
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2. Der Kläger hat allerdings keinen Anspruch auf die begehrte Abbrucherlaubnis, da diese seitens des Landratsamts gemäß Art. 6 Abs. 2 Satz 1 BayDSchG zurecht versagt wurde (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
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Die die Voraussetzungen für die Versagung einer denkmalschutzrechtlichen Erlaubnis regelnde Vorschrift des Art. 6 Abs. 2 Satz 1 BayDSchG ist so auszulegen und anzuwenden, dass den aus Art. 14 GG folgenden Anforderungen an ein Inhalt und Schranken des Grundeigentums bestimmendes Gesetz entsprochen wird. Hierfür muss die Prüfung, ob dem Denkmaleigentümer die (unveränderte) Beibehaltung des bisherigen Zustandes mit den Erhaltungs- und Nutzungspflichten gemäß Art. 4 und Art. 5 BayDSchG zuzumuten ist, zumindest dem Grunde nach im Erlaubnisverfahren erfolgen. Im Fall der Unzumutbarkeit muss die Erlaubnis erteilt werden (vgl. im Einzelnen etwa BayVGH, U.v. 27.9.2007 – 1 B 00.2474 – BayVBl 2008, 141). Bei der Zumutbarkeitsprüfung ist zudem nicht auf die besondere Situation des jeweiligen Eigentümers, sondern auf den für Denkmalbelange aufgeschlossenen Eigentümer abzustellen (BVerfG, B.v. 2.3.1999 – 1 BvL 7/91 – BVerfGE 100, 226/243; BayVGH, U.v. 18.10.2010 – 1 B 06.63 – juris Rn. 38).
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2.1. Bei dem hier streitgegenständlichen Wohnstallhaus handelt es sich zweifelsfrei um ein Baudenkmal, das in die Denkmalliste mit folgendem Text eingetragen ist: „…142 G., Wohnstallhaus, giebelständiger Fachwerkbau mit massivem Stallteil, Satteldach, Schiebeläden, 16. und 18. Jh.“
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2.2. Auch sprechen gewichtige Gründe des Denkmalschutzes für die Beibehaltung des Baudenkmales.
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Gewichtige Gründe des Denkmalschutzes im Sinn von Art. 6 Abs. 2 Satz 1 BayDSchG ergeben sich in aller Regel aus der die Eigenschaft als Baudenkmal begründenden Bedeutung des Bauwerks (Art. 1 Abs. 2 Satz 1 BayDSchG). Sie liegen allenfalls bei völlig unbedeutenden Baudenkmälern nicht vor. Eine „gesteigerte“ Bedeutung ist nicht erforderlich. Die Gründe, die ein Bauwerk zu einem Baudenkmal machen, sind regelmäßig nämlich schon für sich genommen so gewichtig, dass eine Versagung der Abbrucherlaubnis in Betracht kommt (vgl. BayVGH, U.v. 18.10.2010 – 1 B 06.63 – juris Rn. 35).
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Nach diesem Maßstab sprechen gewichtige Gründe des Denkmalschutzes gegen die Beseitigung des Wohnstallhauses.
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Denn bei diesem Baudenkmal handelt es sich nach Angaben des Bayerischen Landesamts für Denkmalpflege (BayLfD) um eines der denkmalpflegerisch, kunstgeschichtlich und hauskundlich bedeutendsten Bauernhäuser des Grabfeldes, in dem sich die Charakteristika der „hennebergisch-fränkischen“ mit der „fränkischen“ Fachwerkbauweise verbindet (vgl. Blatt 247 ff., insb. Blatt 251 der BA). Nach Angaben des zuständigen Kreisheimatpflegers befindet sich das Haus zudem an einer das Ortsbild prägenden Stelle des Ortes So. und weist viele Besonderheiten auf, die sich „heute nur noch selten im an Fachwerkhäusern nicht armen Landkreis Rhön-Grabfeld finden“ (vgl. Blatt 259 BA). Die vorstehenden Einschätzungen hat der durchgeführte Augenscheintermin der Kammer zweifelsfrei bestätigt. Substantiierte Einwände gegen die Beurteilung des Wohnstallhauses als bedeutendes Baudenkmal hat die Klägerseite selbst nicht vorgetragen.
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Darüber hinaus ist die Denkmaleigenschaft des Wohnstallhauses auch noch nach einer etwaigen Sanierung gegeben, da die Schäden an dem Gebäude noch nicht so weit vorangeschritten sind, dass ein Verfall unausweichlich bzw. eine Sanierung quasi einer Neuerrichtung gleichkäme. Insoweit wird auf die entsprechenden Ausführungen des BayLfD Bezug genommen (vgl. nur Blatt 251 sowie Blatt 284 BA).
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2.3. Die Weigerung der Erteilung der beantragten Abbrucherlaubnis stellt sich auch nicht als unverhältnismäßig dar. Insbesondere handelt es sich nicht um einen Fall der wirtschaftlichen Unzumutbarkeit.
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2.3.1. In finanzieller Hinsicht wird der Eigentümer eines für eine geldwerte Nutzung bestimmten Baudenkmals dann durch die Versagung der Erlaubnis zur Beseitigung unverhältnismäßig belastet, wenn das Objekt nicht mehr wirtschaftlich vernünftig genutzt werden kann. Ausschlaggebend ist, ob sich das Denkmal „selbst trägt“ (vgl. BayVGH, U.v. 12.8.2015 – 1 B 12.79 – juris Rn. 15; B.v. 4.9.2012 – 2 ZB 11.587 – juris Rn. 8; U.v. 18.10.2010 – 1 B 06.63 – juris Rn. 43.; OVG RhPf, U.v. 2.12.2009 – 1 A 10547/09 – juris Rn. 31; OVG NRW, U.v. 15.8.1997 – 7 A 133/95 – juris Rn. 51 ff.; U.v. 4.6.2009 – 10 A 699/07 – juris Rn. 40 ff. m.w.N.). Ist dies der Fall, sind die einer ertragreicheren Nutzung entgegenstehenden denkmalschutzrechtlichen Anforderungen in der Regel als Sozialbindung des Denkmaleigentums hinzunehmen.
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Ob sich das Denkmal „selbst trägt“, ist aufgrund einer Wirtschaftlichkeitsberechnung zu entscheiden (BayVGH, U.v. 12.8.2015 – 1 B 12.79 – juris Rn. 16; B.v. 4.9.2012 – 2 ZB 11.587 – juris Rn. 9; U.v. 18.10.2010 – 1 B 06.63 – juris Rn. 44). Bei dieser Berechnung sind die Sanierungskosten – abzüglich der fiktiven Kosten des in der Vergangenheit unterlassenen Bauunterhalts und der so genannten bau- und sicherheitsrechtlich veranlassten Kosten – sowie die Bewirtschaftungskosten den voraussichtlichen Erträgen, wie Mieteinnahmen, bzw. dem Gebrauchswert des Denkmals sowie den bewilligten oder verbindlich in Aussicht gestellten Zuschüssen aus öffentlichen Mitteln und Steuervergünstigungen gegenüberzustellen (vgl. BayVGH, B.v. 4.9.2012 – 2 ZB 11.587 – juris Rn. 9; U.v. 18.10.2010 – 1 B 06.63 – juris Rn. 44).
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Die Wirtschaftlichkeitsberechnung beruht somit teilweise, insbesondere hinsichtlich der Kosten eines unterlassenen Bauunterhalts, auf einer wertenden Betrachtung. Der ermittelte Betrag entspricht deshalb in der Regel nicht den tatsächlichen finanziellen Aufwendungen des Eigentümers. Nicht geeignet zur Feststellung der wirtschaftlichen Zumutbarkeit ist allerdings eine Vergleichsberechnung, die die Kosten eines Abbruchs und eines Neubaus mit den Kosten einer Sanierung mit entsprechendem Ausbau vergleicht. Es widerspräche den Zielen des Denkmalschutzes und dem Leitbild des für Belange des Denkmalschutzes aufgeschlossenen Eigentümers, würde man die Zumutbarkeit der Erhaltung des Denkmals davon abhängig machen, ob ein Neubau wirtschaftlicher wäre (BayVGH, B.v. 4.9.2012 – 2 ZB 11.587 – juris Rn. 9; U.v. 18.10.2010 – 1 B 06.63 – juris Rn. 44).
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Die den Eigentümer treffende Mitwirkungs- und Darlegungspflicht hinsichtlich der Wirtschaftlichkeitsberechnung (vgl. BayVGH, U.v. 27.9.2007 – 1 B 00.2474 – BayVBl 2008, 141) entspricht dabei der zwischen Denkmaleigentümer und Denkmalbehörden nach Art. 4 und 5 BayDSchG bestehenden Aufgabenverteilung. Denn regelmäßig ist nur der Eigentümer in der Lage, ein geeignetes Nutzungs- und Sanierungskonzept für das Denkmal zu entwickeln und auf die Informationen zuzugreifen, die eine Bewertung der Sanierungsmaßnahmen in denkmalpflegerischer und wirtschaftlicher Hinsicht ermöglichen (vgl. BVerwG, B.v. 17.11.2009 – 7 B 25.09 – NVwZ 2010, 256; BayVGH, U.v. 12.8.2015 – 1 B 12.79 – juris Rn. 16).
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2.3.2. Nach diesen Maßstäben vermag die vom Kläger im Laufe des Gerichtsverfahrens vorgelegte Wirtschaftlichkeitsberechnung (vgl. Anlage zum klägerischen Schriftsatz vom 11.5.2022, Blatt 43 ff. GA) eine wirtschaftlichen (Un-)Zumutbarkeit nicht zu belegen, da diese in mehreren Punkten unzureichend ist.
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Dies beginnt bereits damit, dass die vorgelegte Wirtschaftlichkeitsberechnung allein auf eine Nutzungsvariante (Umbau und Sanierung des historischen Fachwerkhauses bei Einbau einer Doppelgarage) abstellt. Ein Vergleich mit einer Nutzungsalternative (z.B. Sanierung und Umbau in ein Wohnhaus oder eine Ferienwohnung) findet sich dort erst gar nicht (vgl. zu dieser Frage etwa OVG RhPf, U.v. 2.12.2009 – 1 A 10547/09 – juris Rn. 34). Grundsätzlich sollen Baudenkmäler jedoch möglichst entsprechend ihrer ursprünglichen Zweckbestimmung genutzt werden (Art. 5 Satz 1 BayDSchG). Ist dies nicht gegeben, soll für Baudenkmäler eine der ursprünglichen Nutzung gleiche oder gleichwertige Nutzung angestrebt werden (Art. 5 Satz 2 BayDSchG). Soweit dies nicht möglich ist, soll eine Nutzung gewählt werden, die eine möglichst weitgehende Erhaltung der Substanz auf Dauer gewährleistet (Art. 5 Satz 3 BayDSchG). Sind verschiedene Nutzungen möglich, so soll diejenige Nutzung gewählt werden, die das Baudenkmal und sein Zubehör am wenigstens beeinträchtigt (Art. 5 Satz 4 BayDSchG).
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Dass solche Nutzungsalternativen (z.B. Wohnnutzung oder Nutzung als Ferienwohnung) von vornherein ausgeschlossen wären, ist jedenfalls nicht erkennbar, auch wenn im Ober- und Dachgeschoss des Wohnstallhauses die lichte Raumhöhe unter zwei Meter liegt (vgl. hierzu Blatt 165 BA). Jedenfalls im vorangegangenen Abbruch-Antrags-Verfahren ist die Mutter des Klägers noch von einer etwaigen Wohnnutzung ausgegangen (vgl. Blatt 230 BA; vgl. zudem zur Möglichkeit einer Folgenutzung als Ferienwohnung Blatt 277 BA). Der Kläger hat sich vorliegend für eine Nutzungsvariante entschieden, die die geringsten Mieteinnahmen erwarten lässt (monatlich 50,00 EUR, vgl. Blatt 44 GA) und die mit den Vorgaben des Art. 5 Sätze 1 und 2 BayDSchG nur schwerlich vereinbar sein dürfte (vgl. hierzu auch die Stellungnahme der Deutschen Stiftung Denkmalschutz vom 18.8.2017, Blatt 318 BA).
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Ob damit der Erhalt des Baudenkmals für den Kläger als Eigentümer wirtschaftlich unzumutbar ist, lässt sich schon aus diesem Grund anhand der vorgelegten Wirtschaftlichkeitsprüfung nicht ausreichend nachvollziehen. Vielmehr muss der Denkmaleigentümer bei einer Variationsbreite von Nutzungsmöglichkeiten zumindest zwei nicht fernliegende und am ehesten erfolgversprechende Varianten prüfen und die wirtschaftliche Unzumutbarkeit für jede von ihnen darlegen (das OVG NRW geht in seinem Urteil vom 20. März 2009 – 10 A 1406/08 – sogar von drei zu prüfenden Varianten aus). Denn nur so lässt sich bei einer Variationsbreite in etwa abschätzen, ob eine Erhaltung des Denkmals für den Eigentümer zumutbar ist oder nicht. Eine solche den Denkmaleigentümer im Falle eines Abbruchbegehrens treffende (gegebenenfalls kostenintensive) Darlegungslast erscheint im Hinblick auf Sozialpflichtigkeit des Eigentums durchaus noch zumutbar, zumal regelmäßig nur der Eigentümer über die Information bezüglich der wirtschaftlichen Situation des Denkmals und von ihm favorisierter Nutzungen verfügen wird, die zur Darlegung einer Unzumutbarkeit erforderlich sind (in diesem Sinne überzeugend OVG RhPf, U.v. 2.12.2009 – 1 A 10547/09 – juris Rn. 34).
33
Eine wirtschaftliche Unzumutbarkeit scheidet zudem auch deswegen aus, weil es der Kläger bislang auch noch gar nicht versucht hat, das denkmalgeschützte Gebäude zu verkaufen (vgl. S. 2 des Protokolls über den Augenschein, Blatt 89 R der GA). Aus der vorgelegten Wirtschaftlichkeitsberechnung lässt sich somit nicht ersehen, ob – als Alternative – das Baudenkmal nicht zu einem angemessenen Preis zu verkaufen wäre, um eine wirtschaftliche Unzumutbarkeit zu vermeiden. Allein der Umstand, dass der Kläger nebenan (. 16) wohnt und ein Zugang zum Baudenkmal nur über den gemeinsamen Hof erfolgen kann, macht einen etwaigen Verkauf jedenfalls nicht von vornherein unmöglich bzw. (objektiv) unzumutbar, da die Frage des Zugangs zum Wohnstallhaus mit der Teilung des Grundstücks und der Eintragung einer entsprechenden Dienstbarkeit ohne weiteres gelöst werden könnte. Auch aus diesem Grund erweist sich die vorgelegte Wirtschaftlichkeitsberechnung als nicht ausreichend (vgl. zur fehlenden Berücksichtigung einer Veräußerungsmöglichkeit im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsberechnung OVG RhPf, U.v. 2.12.2009 – 1 A 10547/09 – juris Rn. 36).
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Aber selbst wenn man für eine entsprechende Wirtschaftlichkeitsberechnung nicht auch die Berücksichtigung einer Nutzungsalternative und/oder einer Veräußerungsmöglichkeit fordert, ist die hier vorgelegte Wirtschaftlichkeitsberechnung nicht genügend. Denn diese lässt mehrere nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (vgl. nur BayVGH, B.v. 4.9.2012 – 2 ZB 11.587 – juris Rn. 9; U.v. 18.10.2010 – 1 B 06.63 – juris Rn. 44) insoweit erforderliche Angaben vermissen. So finden sich dort keinerlei Angaben zu abzuziehenden (fiktiven) Kosten aufgrund des in der Vergangenheit unterlassenen Bauunterhalts (vgl. hierzu die gesetzliche Pflicht des Art. 4 Abs. 1 Satz 1 BayDSchG sowie Blatt 13 BA). Auch etwaige Steuervorteile und Gebrauchsvorteile für den Kläger nach der Sanierung des Wohnstallhauses bleiben in der vorgelegten Wirtschaftlichkeitsberechnung komplett unberücksichtigt (vgl. hierzu etwa BayVGH, U.v. 12.8.2015 – 1 B 12.79 – juris Rn. 25).
35
Schließlich enthält die vorgelegte Wirtschaftlichkeitsberechnung auch keine validen Angaben zur voraussichtlichen Förderhöhe, es wird dort vielmehr pauschal auf einen „Mindest-Eigenanteil“ von 10% (vgl. S. 2 der Wirtschaftlichkeitsberechnung, Blatt 44 GA) abgestellt. Dies genügt schon deswegen nicht, weil eine konkretere Angabe hinsichtlich etwaiger Zuschüsse an der mangelnden Mitwirkung des Klägers gescheitert ist, da der Kläger bei der Zumutbarkeitsprüfung des Bayerischen Staatsministeriums für Wissenschaft und Kunst im Rahmen einer möglichen Inanspruchnahme des entsprechenden Entschädigungsfonds (vgl. Blatt 423, 411 sowie Blatt 407, 409 und Blatt 393, 399) seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse nicht dargelegt hat und auch bei der Deutschen Stiftung Denkmalschutz keinen entsprechenden Antrag mehr gestellt hat (vgl. Blatt 407 BA). Ob es insoweit tatsächlich bei einem 10%-igen Eigenanteil für den Kläger verbleiben würde, ist daher alles andere als sicher (vgl. hierzu nochmals eindrücklich das Schreiben des BayLfD vom 6.7.2020, Blatt 409 ff. BA).
36
Aus diesen Gründen ist die vorgelegte Wirtschaftlichkeitsberechnung nicht ausreichend. Eine wirtschaftliche (Un-)Zumutbarkeit kann damit jedenfalls nicht angenommen werden. Da der Kläger damit seiner Mitwirkungs- und Darlegungspflicht nicht nachgekommen ist, bedurfte es insoweit auch keiner weiteren Sachverhaltsaufklärung durch das Gericht (vgl. hierzu BayVGH, U.v. 12.8.2015 – 1 B 12.79 – juris Rn. 16; BayVGH, B.v. 4.9.2012 – 2 ZB 11.587 – juris Rn. 10; U.v. 18.10.2010 – 1 B 06.63 – juris Rn. 46). Ein Fall der wirtschaftlichen Unzumutbarkeit liegt demnach nicht vor.
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Zudem ist insoweit schließlich noch zu berücksichtigen, dass der Kläger das Grundstück samt Baudenkmal im Jahr 2017 im Wege der vorweggenommenen Erbfolge erstanden hat (vgl. S. 2 des Protokolls über den Augenscheintermin, Blatt 89R GA). Wer allerdings „sehenden Auges“ ein instandsetzungsbedürftiges Denkmal erwirbt, kann sich wegen der zu diesem Zeitpunkt ersichtlichen Instandsetzungskosten nicht auf „Unzumutbarkeit“ berufen. Denn es würde dem Grundsatz der Sozialpflichtigkeit des Eigentums widersprechen, könnte man unter Ausnutzung der aus dem schlechten Erhaltungszustand eines Gebäudes sich ergebenden Wertminderung ein marodes Denkmal zu einem günstigen Preis – oder sogar kostenlos – erwerben und diesen Vorteil auf Kosten des Denkmalschutzes ohne weiteres durch Abbruch dieses Denkmals realisieren (in diesem Sinne auch OVG RhPf, U.v. 2.12.2009 – 1 A 10547/09 – juris Rn. 38 unter Bezugnahme auf BVerfG, B.v. 16.2.2000 – 1 BvR 242/91 – juris, zur sog. Altlastensanierung). Auch aus diesem Grund ist der Kläger weniger schutzwürdig und eine wirtschaftliche Unzumutbarkeit damit zu verneinen.
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2.4. Darüber hinaus liegen hinsichtlich der Ablehnung der Abbrucherlaubnis durch das Landratsamt auch keine sonstigen, zu berücksichtigenden (vgl. § 114 Satz 1 VwGO) Ermessensfehler vor, also auch nicht solche, die unterhalb der wirtschaftlichen Zumutbarkeitsschwelle lägen (vgl. hierzu etwa BayVGH, U.v. 27.09.2007 – 1 B 00.2474 – juris Rn. 73 und 85). Entsprechende Ermessensfehler hat der Kläger jedenfalls selbst nicht vorgetragen. Dieser geht allein aufgrund der von ihm behaupteten wirtschaftlichen Unzumutbarkeit von einem Ermessensfehler des Landratsamts aus. Sonstige Anhaltspunkte für Ermessensfehler sind nicht ersichtlich.
39
3. Schließlich ist auch der hilfsweise erhobene Antrag auf Neuverbescheidung unbegründet. Denn insoweit sind Ermessensfehler des Landratsamts nicht erkennbar, zumal der Kläger seinen Mitwirkungspflichten nicht nachgekommen ist. Dies betrifft insbesondere seine mangelnde Mitwirkung bei der Zumutbarkeitsprüfung des Bayerischen Staatsministeriums für Wissenschaft und Kunst im Rahmen einer möglichen Inanspruchnahme des entsprechenden Entschädigungsfonds (vgl. Blatt 423, 411 sowie Blatt 407, 409 und Blatt 393, 399) und die unterlassene (erneute) Antragsstellung bei der Deutschen Stiftung Denkmalschutz (vgl. Blatt 407 BA). Hinzu kommt die Vorlage einer – aus diesen und aus anderen Gründen – nicht genügenden Wirtschaftlichkeitsberechnung. Diesbezüglich wird auf die entsprechenden Ausführungen oben unter 2.3.2. Bezug genommen.
40
Die Klage ist daher auch im Hilfsantrag unbegründet. Die Klage war demzufolge insgesamt abzuweisen.
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4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit fußt auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 ff. ZPO.