Titel:
Versorgungsbezüge, ruhegehaltfähige Dienstzeit, Fachschul- bzw. Hochschulausbildung, Ausbildungszeiten, Voraussetzungen für Aufnahme in die Fachakademie für Hauswirtschaft, Hauswirtschaftliches Grundjahr, Schulzeiten auf Fachoberschule (FOS)
Normenketten:
BayBeamtVG Art. 20 Abs. 1 Nr. 1
GG Art. 3 Abs. 1
Schlagworte:
Versorgungsbezüge, ruhegehaltfähige Dienstzeit, Fachschul- bzw. Hochschulausbildung, Ausbildungszeiten, Voraussetzungen für Aufnahme in die Fachakademie für Hauswirtschaft, Hauswirtschaftliches Grundjahr, Schulzeiten auf Fachoberschule (FOS)
Fundstelle:
BeckRS 2023, 28640
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
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Die 1955 geborene Klägerin, zuletzt als Fachoberlehrerin tätig, wurde auf Antrag mit Ablauf des … August 2019 in den Ruhestand versetzt. Die Klägerin wendet sich im Rahmen der Festsetzung ihrer Versorgungsbezüge gegen die Nichtberücksichtigung ihrer Zeit an der Fachoberschule A* … vom … September 1972 bis … Februar 1973. In dieser Zeit hat ein wöchentlicher Wechsel zwischen Schule und Praktikum stattgefunden. Die Zeiten, in welchen Praktika absolviert wurden, sind nicht streitgegenständlich. Streitgegenständlich sind die Zeiten, in welchen die Klägerin die Schule besucht hat.
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Die Klägerin hat vom *. September 1971 bis … August 1972 die Fachoberschule (FOS) 11. Klasse – Sozialwesen und in der Zeit von … September 1972 bis … Februar 1973 die 11. Klasse – Gestaltung besucht. Während dieser Zeit hat die Klägerin 32 Wochen Praktika absolviert.
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Die Klägerin hat das hauswirtschaftliche Grundjahr nicht abgeleistet. Die Aufnahme in die Fachakademie für Hauswirtschaft erfolgte, da die Klägerin schulische und praktische Erfahrungen an der Fachoberschule gesammelt hatte, zunächst probeweise.
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Mit Bescheid des Landesamtes für Finanzen – Bezügestelle Versorgung – Dienststelle M* … vom … Oktober 2019 wurden die monatlichen Versorgungsbezüge der Klägerin festgesetzt und unter anderem folgende ruhegehaltfähige Dienstzeiten berücksichtigt:
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- 331 Tage (* …1971 bis …1972) – Fachschul- bzw. Hochschulausbildung Art. 20 Abs. 1 Nr. 1 BayBeamtVG
- 81 Tage (* …1973 bis …1973) – vorgeschriebene praktische Ausbildung Art. 20 Abs. 1 Nr. 1 BayBeamtVG
- 314 Tage (* …1973 bis …1975) – Fachschul- bzw. Hochschulausbildung Art. 20 Abs. 1 Nr. 1 BayBeamtVG
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Mit Änderungsbescheid vom … Mai 2020 sowie Widerspruchsbescheid vom … Mai 2020, zugestellt am 26. Mai 2020, wurden unter anderem folgende ruhegehaltfähige Dienstzeiten berücksichtigt:
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- 331 Tage (7.9.1971 bis 2.8.1972) – Fachschul- bzw. Hochschulausbildung Art. 20 Abs. 1 Nr. 1 BayBeamtVG 11. Klasse Fachoberschule, wird als Ersatz für das hauswirtschaftliche Grundjahr angerechnet
- 7 Tage (* …1972 bis …1972)
- 7 Tage (* …1972 bis …1972)
- 7 Tage (* …1972 bis …1972)
- 7 Tage (* …1972 bis …1972)
- 7 Tage (* …1972 bis …1972)
- 10 Tage (* …1972 bis *.1972)
- 7 Tage (* …1973 bis …1.1973)
- 7 Tage (* …1.1973 bis …1973)
- 7 Tage (* …1973 bis …1973) jeweils mit der Erläuterung / Rechtsgrundlage: vorgeschriebene praktische Ausbildung Art. 20 Abs. 1 Nr. 1 BayBeamtVG
- 81 Tage (* …1973 bis …1973) – vorgeschriebene praktische Ausbildung Art. 20 Abs. 1 Nr. 1 BayBeamtVG Klinik St. Barbara
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Die Änderungen seien erfolgt, da Mindestzeiten einer Ausbildung nach Vollendung des 17. Lebensjahres gem. § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BayBeamtVG berücksichtigt werden könnten, wenn diese vorgeschrieben gewesen seien. Art und Umfang der vorgeschriebenen Ausbildung ergebe sich aus den Ausbildungs- und Prüfungsvorschriften, die zurzeit der Ausbildung für die Laufbahn als vorgeschrieben festgelegt waren. Nach der maßgebenden Verordnung über die Zulassung und Ausbildung von Fachlehrern vom 29. Januar 1975 (ZAF) habe die Zulassung zu der Fachlaufbahn eine fachliche Vorbildung und eine pädagogische Ausbildung vorausgesetzt (§ 2 ZAF). § 4 ZAF habe geregelt, dass ein Nachweis der fachlichen Vorbildung in einer der zugelassenen Fächerverbindungen erforderlich sei. Für die Fächerverbindung Handarbeit und Hauswirtschaft (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 ZAF) seien die Nachweise der fachlichen Vorbildung in Form von entsprechenden Prüfungszeugnissen zu erbringen gewesen. Für eine Prüfung im Fach Hauswirtschaft sei vorgeschrieben gewesen:
a) zwei Jahre Berufsfachschule für Hauswirtschaft,
b) ein Jahr Praktikum in hauswirtschaftlichen Mittel- und Großbetrieben und im textilen Bereich,
c) der Besuch der 2-jährigen Fachakademie für Hauswirtschaft.
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Vorliegend sei statt der vorgeschriebenen zwei Jahre Berufsfachschule die 11. Klasse der Fachoberschule für Sozialwesen als hauswirtschaftliches Grundjahr, entsprechend einer Bestätigung der Fachakademie für Hauswirtschaft vom … August 1973, anerkannt worden und für den Zeitraum vom *. September 1971 bis *. August 1972 als ruhegehaltsfähig berücksichtigt worden (Nr. 20.1.7. BayVV-Versorgung).
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Das einjährige Praktikum sei – nach den im Widerspruchsverfahren vorgelegten Nachweisen – zum Teil während dieses Zeitraums abgeleistet worden. Es habe ein wöchentlicher Wechsel zwischen Schule und Praktikum stattgefunden. Es sei keine zusätzliche Praktikumszeit anrechenbar, da ein Zeitraum nicht mehrfach als ruhegehaltsfähig angerechnet werden könne. Die nach diesem Zeitraum liegenden Zeiten des Praktikums seien aufgrund der Bescheinigung der FOS/BOS A* … vom … Dezember 2019 wochenweise (ohne Weihnachtsferien 1972) als ruhegehaltfähige Dienstzeit anerkannt worden.
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Die Klagepartei hat am 24. Juni 2020 Klage erhoben und zuletzt, mit Schriftsatz vom 17. Mai 2021, beantragt,
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Der Bescheid des Landesamtes für Finanzen – Bezügestelle Versorgung – Dienststelle M* … vom … Oktober 2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheids des Landesamtes für Finanzen – Bezügestelle Versorgung – Dienststelle M* … vom … Mai 2020 nebst anliegendem Änderungsbescheid des Landesamtes für Finanzen vom … Mai 2020, wird dahingehend abgeändert, dass über die bislang bereits anerkannten ruhegehaltfähigen Dienstzeiten hinaus auch der Zeitraum vom … September 1972 bis … Februar 1973 gemäß Art. 20 Abs. 1 Nr. 1 BayBeamtVG als Fachschul- bzw. Hochschulausbildung und als weitere ruhegehaltfähige Dienstzeit anerkannt wird.
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Der Klägerin sei die zweijährige Schulzeit vom … September 1971 bis … August 1973 als hauswirtschaftliches Grundjahr anzuerkennen. Im streitgegenständlichen Zeitraum sei ein wöchentlicher Wechsel zwischen Schule und Praktikum erfolgt. Die Klägerin habe auch einen Anspruch auf Berücksichtigung der Zeiten des hälftigen Schulanteils während ihres zweiten Schuljahrs auf der Fachoberschule im Zeitraum vom … September 1972 bis 21. Februar 1973. Bei Kolleginnen und Kollegen der Klägerin, die das hauswirtschaftliche Grundjahr absolviert hätten, sei insgesamt ein Jahr Schulzeit und ein Jahr Praktikum anerkannt worden. Auch unter dem Grundsatz der Gleichbehandlung habe die Klägerin Anspruch auf Anerkennung der streitgegenständlichen Schulzeit als ruhegehaltfähige Dienstzeit.
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Das Landesamt für Finanzen hat für den Beklagten beantragt,
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Der streitgegenständliche Zeitraum betreffe die Schulzeiten der 11. Klasse der Fachoberschule – Gestaltung. Eine Anerkennung sei schon deshalb ausgeschlossen, da kein Abschluss dieser Klasse erfolgt sei und es sich nicht um einen im weitesten Sinne hauswirtschaftlichen Zweig handeln würde.
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Mit Schriftsatz vom 8. Juli 2020 erklärte das Landesamt für Finanzen für den Beklagten sein Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung. Der Klägerbevollmächtigte verzichtete mit Schriftsatz vom 29. Oktober 2020 auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.
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Zu den weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte und den Inhalt der vorgelegten Behördenakte.
Entscheidungsgründe
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Mit Zustimmung der Beteiligten kann das Gericht nach § 101 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) über die Verwaltungsstreitsache ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
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Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg.
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1. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Anerkennung der im Zeitraum vom … September 1972 bis … Februar 1973 fallenden Schulwochen der 11. Klasse FOS – Gestaltung als ruhegehaltfähige Dienstzeit. Der Bescheid des Landesamtes für Finanzen – Bezügestelle Versorgung – Dienststelle M* … vom … Oktober 2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheids des Landesamtes für Finanzen – Bezügestelle Versorgung – Dienststelle M* … vom … Mai 2020 nebst Änderungsbescheid des Landesamtes für Finanzen vom … Mai 2020 erweist sich als rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
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Für die Anrechnung ruhegehaltfähiger Dienstzeiten im Beamtenversorgungsrecht ist grundsätzlich das bei Eintritt des Versorgungsfalls geltende Recht zugrunde zu legen (vgl. BVerwG, B.v. 6.5.2014 – 2 B 90.13 – ZBR 2014, 375, juris Rn. 6), hier Art. 20 des Bayerischen Beamtenversorgungsgesetzes (BayBeamtVG) vom 5. August 2010 (GVBl S. 410), der am 1. Januar 2011 an die Stelle der im Wesentlichen damit übereinstimmenden Vorschrift (vgl. LT-Drs. 16/3200 S. 466) des § 12 des Beamtenversorgungsgesetzes (BeamtVG) in der bis zum 31. August 2006 geltenden Fassung (vgl. § 108 Abs. 1 BeamtVG) getreten ist. Die zu § 12 BeamtVG a.F. sowie zum entsprechenden § 23 des Soldatenversorgungsgesetzes (SVG) ergangene Rechtsprechung ist deshalb grundsätzlich auch auf Art. 20 BayBeamtVG übertragbar.
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a) Nach Art. 20 Abs. 1 BayBeamtVG kann die Mindestzeit der vorgeschriebenen Ausbildung (insbesondere Fachschul-, Hochschul- und praktische Ausbildung, Vorbereitungszeit, übliche Prüfungszeit) (Nr. 1) sowie einer praktischen hauptberuflichen Tätigkeit, die für die Übernahme in das Beamtenverhältnis vorgeschrieben ist (Nr. 2), als ruhegehaltfähige Dienstzeit berücksichtigt werden, die Regelstudienzeit einer Fachschul- oder Hochschulausbildung einschließlich der Prüfungszeit bis zu drei Jahren.
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Zeiten der geforderten allgemeinen Regelschulbildung sind nicht anzurechnen; dies gilt auch für eine andere Art der Ausbildung, durch die die an sich geforderte allgemeine Schulbildung ersetzt wird (Art. 20 Abs. 3 BayBeamtVG). Angeknüpft wird dabei an den Bildungsstand, der für das Dienstverhältnis allgemein vorgeschrieben ist, in das der Beamte eingestellt wurde. Was danach als allgemeine Schulbildung bzw. als zusätzlich vorgeschriebene oder als förderliche Ausbildung anzuerkennen ist, bestimmt sich nach den jeweiligen Vorschriften des Laufbahnrechts, die zur Zeit der Einstellung bzw. der Ausbildung des Beamten gegolten haben (vgl. BayVGH, B.v. 12.11.2009 – 14 ZB 09.1484 – juris Rn. 4).
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b) Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Berücksichtigung der Zeiten des Schulbesuchs im Zeitraum vom … September 1972 bis … Februar 1973 – weder nach Art. 20 Abs. 1 Nr. 1 BayBeamtVG, noch nach Art. 20 Abs. 1 Nr. 2 BayBeamtVG.
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aa) Eine Berücksichtigung der Ausbildungszeit der Klägerin nach Art. 20 Abs. 1 Nr. 1 BayBeamtVG scheidet schon deshalb aus, weil die Zeiten des Schulbesuchs einer FOS nach den bei der Ableistung geltenden Laufbahnvorschriften nicht für die Übernahme in das Beamtenverhältnis vorgeschrieben war bzw. die geforderte allgemeine Regelschulbildung ersetzte.
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(1) Nach Art. 20 Abs. 1 Nr. 1 BayBeamtVG (§ 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtVG) kann die Mindestzeit der außer der allgemeinen Schulbildung vorgeschriebenen Ausbildung (Fachschul-, Hochschul- und praktische Ausbildung, Vorbereitungsdienst, übliche Prüfungszeit) als ruhegehaltfähige Dienstzeit berücksichtigt werden. Eine Ausbildung ist vorgeschrieben, wenn sie nach den laufbahnrechtlichen Regelungen zur Zeit ihrer Ableistung zur Übertragung des ersten statusrechtlichen Amtes erforderlich ist. Bei der Ausbildung muss es sich um eine allgemeine normative Einstellungsvoraussetzung handeln, die der Bewerber erfüllen muss, um in das Beamtenverhältnis übernommen zu werden. Eine nützliche oder förderliche Ausbildung genügt nicht. Berücksichtigungsfähig sind auch Zeiten einer anderen als der vorgeschriebenen Ausbildung, soweit sie auf die vorgeschriebene Ausbildung angerechnet worden sind oder sie ersetzt haben (zum Ganzen: BVerwG, B.v. 5.12.2011 – 2 B 103/11 – juris Rn. 11 f. m.w.N.).
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Nach der maßgebenden Verordnung über die Zulassung und Ausbildung von Fachlehrern vom 29. Januar 1975 (BayGVBl. Nr. 2/1975 Seite 20; im Folgenden: ZAF) setzte die Zulassung zu der Fachlaufbahn eine fachliche Vorbildung und eine pädagogische Ausbildung voraus (§ 2 ZAF). § 4 Abs. 1 ZAF sieht vor, dass die fachliche Vorbildung in einem Fach durch die erfolgreiche Ablegung der Fachprüfung nachgewiesen wird. Nach § 4 Abs. 2 ZAF kann das Staatsministerium für Unterricht und Kultus andere Ausbildungen als gleichwertige Vorbildung anerkennen. Entsprechend den Ausführungen des Beklagten sowie der Klagepartei ist der Nachweis durch den Abschluss der zweijährigen Fachakademie für Hauswirtschaft erfolgt. Voraussetzung für die Aufnahme in die Fachakademie für Hauswirtschaft ist der Besuch der Berufsfachschule für Hauswirtschaft sowie ein entsprechendes Praktikum.
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(2) Die Aufnahme der Klägerin in die Fachakademie für Hauswirtschaft ist ausweislich des Schreibens der Fachakademie für Hauswirtschaft vom … August 1973 trotz Fehlens des hauswirtschaftlichen Grundjahres erfolgt. Die Klägerin hat die Berufsfachschule für Hauswirtschaft nicht besucht. Die Aufnahme in die Fachakademie für Hauswirtschaft erfolgte probeweise mit der Maßgabe, dass eine Versetzung an die Berufsfachschule für Hauswirtschaft / hauswirtschaftliches Grundjahr erfolgt, wenn aufgrund des fehlenden hauswirtschaftlichen Grundjahres die Klägerin dem Unterricht nicht in befriedigender Weise folgen könne. Eine Aussage, welche Zeiten des Besuches der FOS, vom … September 1971 bis *. August 1972 11. Klasse – Sozialwesen und vom … September 1972 bis … Februar 1973 11. Klasse – Gestaltung, dazu geführt haben, dass auf das hauswirtschaftliche Grundjahr verzichtet wurde, enthält das Schreiben vom *. August 1973 nicht.
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(3) Die Beklagte hat in rechtlich nicht zu beanstandender Weise die Zeit vom *. September 1971 bis *. August 1972 11. Klasse – Sozialwesen als Ersatz für das hauswirtschaftliche Grundjahr angerechnet und die Schulzeiten im Zeitraum vom … September 1972 bis … Februar 1973 11. Klasse – Gestaltung auf das hauswirtschaftliche Grundjahr nicht angerechnet und als nicht-ruhegehaltfähige Zeiten gewertet.
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Gegen die Anrechnung der streitgegenständlichen Schulzeiten spricht, dass es sich bei den Schulzeiten der FOS von … September 1972 bis … Februar 1973 der 11. Klasse – Gestaltung um Zeiten handelt, die zur allgemeinen Schulbildung zählen und nach Art. 20 Abs. 3 BayBeamtVG nicht als ruhegehaltsfähig berücksichtigt werden können. Der Besuch der Fachoberschule ist als allgemeine Schulbildung anzusehen, da er zum allgemeinen Bildungsabschluss der Fachhochschulreife führt (BVerwG, B.v 20.7.1989 – 2 B 33/88 – ZBR 1990, 125, juris Rn. 4; Nabizad in: Stegmüller/Schmalhofer/Bauer, Beamtenversorgungsgesetz des Bundes und der Länder, Stand: April 2023, § 12 BeamtVG, Rn. 111), welcher weder für die Aufnahme in die Fachakademie für Hauswirtschaft noch für die Übernahme in das Beamtenverhältnis vorgeschrieben war oder die geforderte allgemeine Regelschulbildung ersetzt hat. Zumal die Klägerin lediglich die 11. Klasse – Sozialwesen abgeschlossen, die 11. Klasse – Gestaltung abgebrochen und die 12. Klasse nicht besucht hat, sodass sie durch den Besuch an der FOS keinen Abschluss erworben hat.
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Weiter spricht auch Nr. 20.1.3 der Bayerischen Verwaltungsvorschriften zum Versorgungsrecht (VV-BayBeamtVG) gegen eine Berücksichtig der streitgegenständlichen Zeiten als ruhegehaltfähige Zeiten. Demnach können Ausbildungszeiten nur berücksichtigt werden, wenn sie mit den vorgeschriebenen Prüfungen erfolgreich abgeschlossen wurden (so auch Zahn in: Stegmüller/Schmalhofer/Bauer, Beamtenversorgungsgesetz des Bundes und der Länder, Stand: April 2023, § 12 BeamtVG, Rn. 58). Die Fachhochschulreife wird durch den Besuch der Fachoberschule im 11. und 12. Schuljahr erworben, sofern der Schüler die Abschlussprüfung am Ende des 12. Schuljahres besteht (Nabizad in: Stegmüller/Schmalhofer/Bauer, Beamtenversorgungsgesetz des Bundes und der Länder, a.a.O., § 12 BeamtVG, Rn. 111). Die Klägerin hat die 12. Klasse der FOS nicht besucht sowie die 11. Klasse der FOS – Gestaltung nicht mit einer Prüfung abgeschlossen, da sie diese während des laufenden Schuljahr am … Februar 1973 abgebrochen hat.
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Daneben würde eine Berücksichtig der streitgegenständlichen Zeiten als ruhegehaltfähige Zeiten zu einer teilweisen Doppelberücksichtigung führen. Die 11. Klasse der FOS – Sozialwesen und die 11. Klasse der FOS – Gestaltung weisen zum Teil – in den allgemeinbildenden Fächern – einen identischen Lehrinhalt auf, da beide Zweige der FOS zu einem allgemeinbildenden Schulabschluss führen. Aus der aktuell geltenden Fassung der Schulordnung ergibt sich ein Überwiegen der allgemeinbildenden Fächer (Anlage 1 zu § 12 der Schulordnung für die Berufliche Oberschule – Fachoberschulen und Berufsoberschulen (Fachober- und Berufsoberschulordnung – FOBOSO) vom 28.8.2017, GVBl. S. 451) sieht vor, dass die Summe der allgemeinbildenden Fächer – welche für alle Zweige der FOS identisch ist – neun und die Summe der Profilbereiche sieben Stunden beträgt).
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bb) Der Beklagte verstößt auch nicht gegen Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland (Grundgesetz/GG), Art. 118 Abs. 1 Verfassung des Freistaates Bayern (BV), indem er – wie von der Klagepartei vorgetragen – bei Kolleginnen und Kollegen der Klägerin, welche das hauswirtschaftlich Grundschuljahr absolviert haben, dieses hauswirtschaftliche Grundschuljahr sowie ein Jahr Praktikumszeit als ruhegehaltfähige Dienstzeit anerkannt hat.
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(1) Eine Behörde kann nach dem Grundsatz der Selbstbindung der Verwaltung verpflichtet sein, eine durch Verwaltungsvorschriften vorgegebene oder durch tatsächliche Übung entstandene Verwaltungspraxis bei der Ausübung eines Ermessensspielraums einzuhalten. Maßgeblich für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit unter dem Blickwinkel des Gleichbehandlungsgebots ist die in ständiger Praxis geübte tatsächliche Handhabung (BVerwG, B.v. 29.6.2017 – 1 WB 11/16 – juris Rn. 40).
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Für die Bestimmung des Prüfungsmaßstabes ist maßgeblich darauf abzustellen, ob die Ungleichbehandlung an personenbezogene Merkmale anknüpft, oder ob es sich nur um eine unterschiedliche Behandlung verschiedener Sachverhalte handelt (vgl. zu dieser Unterscheidung: Jarass, NJW 1997, S. 2545; Jarass in: Jarass/Pieroth, GG, 17. Aufl. 2022, Art. 3 GG Rn. 23 ff.). Bei einer unterschiedlichen Behandlung von verschiedenen Sachverhalten ist eine Willkürprüfung ausreichend (BVerfG, B.v. 19.12.2012 – 1 BvL 18/11 – BVerfGE 133, 1, juris Rn. 66). Im Hinblick auf Einzelmaßnahmen der Verwaltung liegt demnach ein Gleichheitsverstoß vor, wenn die Entscheidung der Verwaltung unverständlich bzw. willkürlich ist (Jarass in: Jarass/Pieroth, GG, 17. Aufl. 2022, Art. 3, Rn. 43). Eine Ungleichbehandlung ist mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar, wenn sie „bei einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise nicht als willkürlich angesehen werden kann“ (So: BVerfG, U.v. 5.11.2014 – 1 BvL 18/11 – BVerfGE 137, 350, juris Rn. 51 m.w.N.).
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Die unterschiedliche Behandlung durch den Dienstherren hinsichtlich der Anerkennung von ruhegehaltfähigen Dienstzeiten knüpft an verschiedene Sachverhalte und nicht an personenbezogene Merkmale an. Der Beklagte unterscheidet zwischen den Sachverhalten derjenigen Personen, die für die Aufnahme in die Fachakademie für Hauswirtschaft das hauswirtschaftlich Grundschuljahr und ein Jahr Praktikumszeit absolviert haben – wie es der Regelfall ist –, und dem davon abweichenden Sachverhalt der Klägerin, welche – ohne dass sie das hauswirtschaftliche Grundschuljahr abgeleistet hat – probeweise auf die Fachakademie für Hauswirtschaft aufgenommen wurde, da sie eine andere Vorbildung hat.
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(2) Gemessen an den oben dargestellten Grundsätzen ist es rechtlich nicht zu beanstanden, wenn der Beklagte beide Sachverhalte unterschiedlich wertet. Es ist nicht willkürlich, wenn die – wie oben dargestellt – unterschiedlichen Arten der Vorbildung, insbesondere betreffend den zeitlichen Umfang, sowie der Tatsache, dass die Fachoberschule zur Regelschulausbildung zählt und die streitgegenständlichen Schulzeiten durch die Klägerin unterjährig abgebrochen wurde, bei der Bemessung der ruhegehaltfähigen Dienstzeiten unterschiedlich berücksichtigt werden. Auch führt der Beklagte – in rechtlich nicht zu beanstandender Weise und nicht gegen das Willkürverbot verstoßend – weiter an, dass es sich bei der 11. Klasse der Fachoberschule – Gestaltung nicht um einen im weitesten Sinne hauswirtschaftlichen Zweig handele.
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2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung richtet sich nach § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.