Inhalt

VG Augsburg, Beschluss v. 20.09.2023 – Au 8 S 23.1406
Titel:

Erfolgloser einstweiliger Rechtsschutz gegen Haltungsuntersagung sowie Abgabe- und Nachweisverpflichtung für einen Hund

Normenketten:
VwGO § 80 Abs. 5
BayLStVG Art. 7 Abs. 2 Nr. 3, Art. 8
BayVwZVG Art. 31, Art. 36
Leitsätze:
1. Eine konkrete Gefahr iSv Art. 7 Abs. 2 Nr. 3 BayLStVG für die dort genannten Rechtsgüter zeigt sich bereits durch das freie Herumstreunen von Hunden, das wiederholte Stattfinden von gefährlichen Begegnungen mit verschiedenen Betroffenen und der Tatsache, dass der entsprechende Halter sich dennoch weigert, bestandskräftig gewordene Maßnahmen im Hinblick auf die Hundehaltung umzusetzen. (Rn. 41) (redaktioneller Leitsatz)
2. Entscheidend wird hierbei nicht auf die entsprechende Rasse oder Beißkraft des jeweiligen Tieres abgestellt. Selbst wenn es sich um keinen sogenannten großen Hund handelt (hier: Jack Russel), haben Betroffene eine durch das freie Herumstreunen eines solchen Hundes hervorgerufene begründete Angst vor diesem Hund nicht hinzunehmen. (Rn. 41) (redaktioneller Leitsatz)
3. Es ist hierbei auch unerheblich, ob es sich um ein hundetypisches und artgerechtes Verhalten oder ein außergewöhnlich aggressives Verhalten des Hundes handelt. Auch Ersteres kann eine konkrete Gefahr für andere Menschen verursachen. (Rn. 43) (redaktioneller Leitsatz)
4. Je weniger die Bereitschaft des Halters vorhanden ist, die von seinem Hund ausgehenden Gefahren durch Maßnahmen entgegenzuwirken, desto eher ist eine Haltungsuntersagung verhältnismäßig. (Rn. 47) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes, Haltungsuntersagung sowie Abgabe- und Nachweisverpflichtung für einen Hund, konkrete Gefahr, Verhältnismäßigkeit, Zwangsgeldandrohungen, kleiner Hund, Jack Russel, artgerechtes Verhalten, hundetypisches Verhalten, Bereitschaft des Halters
Fundstelle:
BeckRS 2023, 28235

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 2.500,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
1
Die Antragstellerin wendet sich im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gegen eine sofort vollziehbare sicherheitsrechtliche Anordnung eines Hundehaltungsverbotes für ihren Hund samt Abgabeverpflichtung und Verpflichtung eines Nachweises hierüber.
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Die Antragstellerin, wohnhaft im Gemeindegebiet der Antragsgegnerin, ist Halterin des Hundes „...“, einem männlichen Jack Russel, Fellfarbe weiß-braun, aus dem Wurf ...2020.
3
Im Februar 2021 erhielt die Antragsgegnerin Kenntnis, dass der Hund der Antragstellerin regelmäßig durch das Dorf streunen würde und es dabei zu Zwischenfällen mit einer anderen jugendlichen Hundeführerin gekommen sei. Mit Schreiben vom 4. März 2021 forderte die Antragsgegnerin die Antragstellerin auf, durch geeignete Maßnahmen dafür Sorge zu tragen, dass der Hund das Grundstück der Antragstellerin nicht unbeaufsichtigt verlässt und wies die Antragstellerin auf ihre Pflichten als Hundehalterin hin.
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Am 31. August 2021 erhielt die Antragsgegnerin eine Beschwerde, wonach der Hund der Antragstellerin auf einem fremden Anwesen herumgestreunt habe. Angefügt an die Beschwerde war ein Foto des Hundes der Antragstellerin.
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In einer weiteren Beschwerde wurde der Antragsgegnerin dahingehend Mitteilung gemacht, dass der Hund im Oktober am Bahnhof des Dorfes gesehen worden sei und dies regelmäßig vorkomme.
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Mit erneutem Schreiben vom 5. Oktober 2021 wurde die Antragstellerin aufgrund der Beschwerden zu möglicherweise drohenden sicherheitsrechtlichen Anordnungen nach Art. 18 Abs. 2 LStVG angehört. Hierauf meldete sich die Antragstellerin telefonisch bei der Antragsgegnerin. Im Telefongespräch wurden Möglichkeiten zur ausbruchsicheren Unterbringung aufgezeigt, welche die Antragstellerin bis spätestens 10. November 2021 umsetzen solle. Der Inhalt des Telefonats wurde der Antragstellerin mit Schreiben vom 12. Oktober 2021 bestätigt.
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Am 21. Oktober 2021 wurde die Antragstellerin von einem Diensthundeführer einer Polizeiinspektion besucht. Im Rahmen des Besuchs wurden mit der Antragstellerin Maßnahmen erörtert, um den Hund am unbeaufsichtigten Verlassen des Grundstücks zu hindern. Vereinbart wurde, dass entsprechende Maßnahmen bis zum 10. November 2021 ausgeführt werden sollten.
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Ab Mai 2022 häuften sich die Beschwerden über den regelmäßig freilaufenden Hund der Antragstellerin. Die Antragsgegnerin erhielt durch eine Beschwerde Kenntnis, dass sich am 11. Mai 2022 ein Zwischenfall dahingehend ereignete, dass der Hund angerannt kam, bellte und knurrte, als Spaziergänger – darunter Kinder – auf dem Gehweg des Haltergrundstücks vorbeiliefen, wobei ein Übergriff auf den Hund der Passanten lediglich durch Eingreifen einer Spaziergängerin verhindert werden konnte. Zudem wurde die Antragsgegnerin dahingehend informiert, dass der Hund seit Mitte August 2022 nahezu täglich unbeaufsichtigt durch die Ortschaft laufe.
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Die Ereignisse nahm die Antragsgegnerin nach erfolgter Anhörung zum Anlass, mit bestandskräftigem Bescheid vom 25. August 2022 gegenüber der Antragstellerin Anordnungen nach Art. 18 Abs. 2 LStVG zu treffen. Die Antragstellerin wurde verpflichtet durch geeignete Maßnahmen dafür zu sorgen, dass ihr Hund auf dem Halteranwesen ausbruchsicher untergebracht wird und das Anwesen nicht eigenständig verlassen kann (Ziffer 1.1). Im Folgenden wurden geeignete Maßnahmen beispielhaft ausgeführt (Ziffer 1.1.1) und verfügt, dass es in der Verantwortung der Antragstellerin liege, welche Maßnahme diese zur ausbruchsicheren Unterbringung ihres Hundes ergreifen wolle (Ziffer 1.1.2). Für die Verwirklichung geeigneter Maßnahmen i.S.v. Ziffer 1.1.1 des Bescheids wurde der Antragstellerin eine Frist bis spätestens 9. September 2022 eingeräumt (Ziffer 1.1.3). Zudem wurde bestimmt, dass sich der Hund bis zur Fertigstellung der Maßnahmen nicht frei auf dem Anwesen bewegen darf (Ziffer 1.1.4). Die Verpflichtungen nach Ziffer 1.1 des Bescheids seien sofort zu erfüllen (Ziffer 1.2). Die sofortige Vollziehung der Ziffer 1 des Bescheides wurde angeordnet (Ziffer 2). Für den Fall der Zuwiderhandlung gegen Ziffer 1.1.1 des Bescheids wurde ein Zwangsgeld i.H.v. 100,00 EUR angedroht (Ziffer 3).
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Nach einer erneuten Beschwerde über den freilaufenden Hund am 31. August 2022 wurde mit Schreiben vom 31. August 2022 ein Zwangsgeld in Höhe von 100,00 EUR für fällig erklärt sowie ein erneutes Zwangsgeld in Höhe von 250,00 EUR angedroht. In der Beschwerde wurde im Wesentlichen ausgeführt: der herumstreunende Hund sei einer Spaziergängerin mit Baby und Hund begegnet. Der betreffende Hund habe diese verfolgt. Hierbei habe die Spaziergängerin so große Angst gehabt, dass sie über eine Wiese mit ihrem Baby und Hund gerannt sei, um sich in Sicherheit zu bringen.
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Aufgrund von erneuten Beschwerden gegenüber der Antragsgegnerin fand am 13. September 2022 ein zweiter Besuch eines Diensthundeführers einer Polizeiinspektion gemeinsam mit dem Ordnungsamt statt. An diesem Vor-Ort-Termin wurde festgestellt, dass keinerlei Maßnahmen getroffen worden waren, weshalb ein Aufschub bis Ende September 2022 gewährt wurde. Am 5. Oktober 2022 fand ein erneuter Ortstermin statt. An diesem wurde festgestellt, dass ein provisorischer Zwinger aufgestellt worden war. Im Gespräch teilte die Antragstellerin mit, dass der Hund „...“ fortan lediglich im Haus gehalten werde und angeleint ausgeführt werden würde.
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Am 10. Februar 2023 erhielt die Antragsgegnerin erneut eine Beschwerde über den freilaufenden Hund der Antragstellerin, weshalb mit Schreiben vom 16. Februar 2023 ein weiteres Zwangsgeld in Höhe von 500,00 EUR angedroht sowie ein Zwangsgeld in Höhe von 250,00 EUR fällig erklärt wurde. In der Beschwerde wurde ausgeführt, dass der betreffende Hund knurrend auf einen Passanten zugelaufen sei und nach dessen Hund geschnappt habe.
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Seit Mai 2023 häuften sich erneut die Beschwerden über den herumstreunenden Hund der Antragstellerin. Hierzu reichten die Beschwerdeführer Fotos des herumstreunenden Hundes ein, weshalb mit Schreiben vom 11. Mai 2023 erneut ein Zwangsgeld in Höhe von 500,00 EUR für fällig erklärt wurde.
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Mit Schreiben vom 11. Mai 2023 wurde die Antragstellerin zu einer möglichen Haltungsuntersagung sowie einer Abgabeverpflichtung angehört. Sowohl am 15. Juni 2023 wie auch am 26. Juni 2023 sowie am 19. Juli 2023 erreichten die Antragsgegnerin Beschwerden über den herumstreunenden Hund. In der Beschwerde vom 19. Juli 2023 führte der Betroffene im Wesentlichen aus, dass er dem freilaufenden Hund begegnet sei. Da der Betroffene jedoch selbst mit seinen zwei Hunden unterwegs gewesen sei, sei dieser langsam zurückgewichen, da er eine mögliche Reaktion des Hundes „...“ nicht habe einschätzen können.
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Mit Bescheid vom 26. Juli 2023 ordnete die Antragsgegnerin gegenüber der Antragstellerin eine unbefristete Untersagung der Haltung ihres Jack Russel „...“ an (Ziffer 1.1). Die Antragstellerin habe bis spätestens einen Monat ab Zustellung ihren Hund „...“ an zuverlässig und geeignete Halter abzugeben (Ziffer 1.2). Für die Abgabe habe die Antragstellerin bis spätestens einen Monat nach Zustellung des Bescheids dem Ordnungsamt der Antragsgegnerin einen Nachweis vorzulegen, in welchem der Name, die Anschrift sowie die Unterschrift des neuen Halters vermerkt sei (Ziffer 1.3). Zudem habe die Antragstellerin bis zur Abgabe sicherzustellen, dass der Hund das Grundstück nicht eigenständig verlasse und lediglich angeleint ausgeführt werden dürfe, im Übrigen würden die Anordnungen des Bescheids vom 25. August 2023 unverändert weiter gelten (Ziffer 1.4). Hinsichtlich der Anordnungen der Ziffer 1 des Bescheides ordnete die Antragsgegnerin die sofortige Vollziehung an (Ziffer 2). Im Falle einer Zuwiderhandlung gegen Ziffer 1.2 sowie Ziffer 1.4 wurde jeweils ein Zwangsgeld in Höhe von 500,00 EUR sowie im Falle einer Zuwiderhandlung gegen Ziffer 1.3 wurde ein Zwangsgeld in Höhe von 100,00 EUR angedroht (Ziffer 3). Die Antragstellerin habe die Kosten des Verfahrens, eine Gebühr in Höhe von 75,00 EUR sowie Auslagen in Höhe von 4,11 EUR zu tragen (Ziffer 4).
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Der Bescheid stütze sich auf Art. 7 Abs. 2 Nr. 3 LStVG. Bei der Haltung des Hundes „...“ durch die Antragstellerin sei es wiederholt zu Gefahrensituationen bzw. Beeinträchtigungen gekommen, weshalb die Voraussetzungen für eine konkrete Gefahr im Sinne des Art. 7 Abs. 2 Nr. 3 LStVG vorliegen würden. Die Halterin zeige keinerlei Einsicht. Vorgeschlagene Maßnahmen würden nicht umgesetzt sowie Versprechen nicht eingehalten werden. Die Untersagung sei verhältnismäßig, da sich die Hundehalterin dauerhaft und hartnäckig weigere, bestehenden sicherheitsrechtlichen Anordnungen nach Art. 18 Abs. 2 LStVG nachzukommen. Aufgrund der erfolglos verhängten Zwangsgelder zur Durchsetzungen der Anordnungen würden keine milderen Mittel zur Verfügung stehen. Es sei davon auszugehen, dass weitere Zwangsgelder nicht zur Einhaltung der Hundehalterpflichten führen würden. Die Haltungsuntersagung stelle eine rechtlich und tatsächlich mögliche sowie geeignete Maßnahme dar, um ein Ende der Gefährdung durch den freilaufenden Hund herbeizuführen. Sie sei zudem angemessen sowie zumutbar. Unter Berücksichtigung der Sachlage sowie einer Interessenabwägung sei die Wahl auf die Haltungsuntersagung gefallen. Es sei nicht hinnehmbar, dass die Anwohner eines Ortes durch die wiederholte Missachtung der öffentlichen Interessen der Gefährdung durch den freilaufenden Hund ausgesetzt seien. Eine Abgabe des Hundes binnen eines Monats sei zudem möglich, notfalls könne der Hund beispielsweise von einem Tierschutzverein übernommen werden.
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Die Anordnung der sofortigen Vollziehung sei im öffentlichen Interesse erfolgt. Im Rahmen einer Abwägung zwischen den Interessen der Öffentlichkeit am Schutz von Personen und dem Interesse der Hundehalterin sei dem Interesse der Bevölkerung Vorrang einzuräumen. Es sei notwendig, dass aufgrund der bereits erfolgten Sicherheitsstörungen die Anordnungen sofort wirksam und nicht hinausgeschoben werden würden. Eine Rechtfertigung für das öffentliche Interesse am Sofortvollzug sei in dem hohen Stellenwert, welcher der körperlichen Unversehrtheit von Menschen zukomme, zu sehen. Die Androhung des Zwangsgelds beruhe auf Art. 29, 30, 31 und 36 des BayVwZVG. Im Hinblick auf die Erfüllung der auferlegten Pflichten sei eine Frist von einem Monat angemessen.
18
Mit Schreiben vom 30. Juli 2023 teilte die Antragstellerin mit, dass die dem Bescheid zugrundeliegenden Vorfälle am 15. und 26. Juni 2023 sowie der am 19. Juli 2023 sich nicht habe ereignen können, da der streitgegenständliche Hund an der Leine ausgeführt werde und sich nachts im geschlossenen Haus befinde. Die Antragsgegnerin verwies auf den Bescheid sowie vorliegende Fotos und Zeugenaussagen.
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Gegen den streitgegenständlichen Bescheid ließ die Antragstellerin am 25. August 2023 Klage erheben (Au 8 K 23.1365).
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Am 1. September 2023 ließ die Antragstellerin im vorliegenden Verfahren Antrag auf vorläufigen Rechtschutz stellen.
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Die Antragstellerin trägt im Wesentlichen vor, dass der streitgegenständliche Bescheid rechtswidrig sei. Der seitens der Antragsgegnerin im Bescheid unterstellte Sachverhalt hinsichtlich des streunenden Hundes sei weitestgehend unzutreffend. Der Hund sei weder im Hinblick auf seine Rasse noch seine persönlichen Eigenschaften aggressiv. Von diesem Hund gehe und ginge auch bislang keine Gefahr für Dritte aus. Diese Behauptung stelle auch die Antragsgegnerin nicht auf. Für die Antragstellerin und ihre Familie stelle der Hund ein Familienmitglied dar. Der Halterin und ihrem Hund würden schwere psychische Beeinträchtigungen drohen, sofern sie bis zur endgültigen Entscheidung des Verfahrens getrennt werden würden. Es seien keine überwiegenden Interessen der Antragsgegnerin im Hinblick auf den Sofortvollzug erkennbar. Ein überwiegendes Interesse wäre möglicherweise lediglich dann anzunehmen, wenn der Hund durch aggressives, Dritte gefährdendes Verhalten in Erscheinung getreten wäre. Dies sei jedoch nicht der Fall gewesen. Zudem habe der betreffende Hund auch keine Größe, die Personen verängstigen würde.
22
Die Antragstellerin beantragt,
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die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 26. Juli 2023 wiederherzustellen.
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Die Antragsgegnerin hat unter Vorlage der Behördenakte keinen Antrag gestellt.
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Das Ordnungsamt habe durch – namentlich gekennzeichnete – schriftliche Zeugenaussagen Kenntnis von den Vorfällen erhalten. Zum Teil wären Fotos beigefügt worden. In diesen wären die Vorkommnisse detailliert und nachvollziehbar geschildert worden. Die vorgetragenen Beschwerden seien zudem von unterschiedlichen Personen herangetragen worden. Aus diesem Grund könnte grundsätzlich von der Richtigkeit der Beschwerden ausgegangen werden. Zudem handle es sich um getroffene Einzelfallanordnungen, welche gegenüber Hunden jeder Art und Rasse möglich seien, weshalb es nicht darauf ankomme, ob die betreffende Rasse – Jack Russel – allgemein als aggressiv gelte. Überdies könne eine etwaige Gefährlichkeit eines Hundes nicht durch Aussagen, welche die Gutmütigkeit und Harmlosigkeit des Tieres bestätigen würde, widerlegt werden. Auch genüge hierfür aufgrund eine von konkreten Anhaltspunkten indizierte etwaige Gefährlichkeit nicht das bloße Bestreiten. Es liege nicht nur eine konkrete Gefahr vor, sondern darüber hinaus sei es bereits zu sicherheitsrechtlichen Störungen gekommen. Mehrere Personen seien durch das Verhalten des Tieres verängstigt worden. Nach der Rechtsprechung genüge allein das Angstgefühl von einem streunenden Hund für eine Beeinträchtigung der „Gesundheit“, mithin als Störung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung. Darüber hinaus sei das Schutzgut „Eigentum“ verletzt worden. Der Hund der Antragstellerin habe sich bei seinem Streunen auch nachweislich im Garten eines Nachbarn aufgehalten. Dieser habe die Befürchtung, dass seine reinrassige Hündin durch den Rüden der Antragstellerin gedeckt worden sei. Ob die Abgabe des Hundes – wie seitens des Bevollmächtigten der Antragstellerin vorgetragen – zu psychischen Beeinträchtigungen führen würde, könne seitens der Antragsgegnerin nicht beurteilt werden. Zwar handele es sich bei der Untersagung um die einschneidendste Maßnahme, diese sei jedoch verhältnismäßig, da seitens der Antragstellerin eine dauerhafte und hartnäckige Weigerung vorgelegen habe, die bestehenden Anordnungen im Sinne von Art. 18 LStVG auszuführen. Auch die bislang verhängten Zwangsgelder seien erfolglos geblieben. Die Antragstellerin selbst hätte die Haltungsuntersagung vermeiden können. Die Antragstellerin habe sich stets uneinsichtig gezeigt und fadenscheinige Gründe vorgetragen, weshalb Maßnahmen im Hinblick auf den Hund nicht durchgeführt worden seien. Aus Sicht der Antragstellerin stelle das Herumstreunen ihres Hundes eine Lappalie dar, da dieser freiheitsliebend sei und es natürlich sei, wenn dieser läufige Hündinnen aufsuche. Das Angstgefühl der Betroffenen sei für diese nicht von Belang gewesen.
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Ohne die Anordnung einer sofortigen Vollziehung käme es mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu weiteren Sicherheitsstörungen. Seit mehreren Monaten würden die geforderten Maßnahmen nicht korrekt umgesetzt und die zu deren Durchsetzungen angeordneten Zwangsgelder seien mehrfach erfolglos geblieben. Der Hund rufe bei den Betroffenen Angstgefühle hervor, weshalb das Schutzgut der Gesundheit beeinträchtigt werde. Da mit weiteren Störungen zu rechnen sei, sei es weder für die Antragsgegnerin noch für die Anwohner zumutbar, dass die Wirksamkeit der Anordnungen hinausgeschoben werde. Aufgrund des hohen Rangs des Schutzgutes bestehe ein überwiegendes öffentliches Interesse, dass jedwede Gefahr ausgeschlossen werde.
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Die Antragstellerin hat am 4. September 2023 einen Übernahmevertrag mit ihrer Tochter über den betreffenden Hund geschlossen. Ein Termin zur Ummeldung der Tochter von der Adresse der Antragstellerin zur neuen Wohnung wurde vereinbart.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, auch im Verfahren Au 8 K 23.1365, und der beigezogenen Behördenakte der Antragsgegnerin Bezug genommen.
II.
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Der Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz bleibt ohne Erfolg.
30
Der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung nach § 80 Abs. 5, Abs. 2 S. 1 Nr. 4 VwGO ist zulässig, aber unbegründet. Die im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzes gemäß § 80 Abs. 5 VwGO durch das Verwaltungsgericht vorzunehmende eigenständige Abwägung zwischen dem Aussetzungsinteresse der Antragstellerin und dem öffentlichen Vollzugsinteresse fällt zu Lasten der Antragstellerin aus. Nach der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung dürfte die Klage der Antragstellerin in dem zur Entscheidung des Gerichts gestellten Umfang voraussichtlich ohne Erfolg bleiben (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Gründe, gleichwohl im Interesse der Antragstellerin die aufschiebende Wirkung ihrer erhobenen Klage wiederherzustellen, sind nicht ersichtlich.
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1. Im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach § 80 Abs. 5 VwGO hat das Gericht eine eigene Ermessensentscheidung anhand der in § 80 Abs. 2 Satz 1 VwGO niedergelegten Kriterien zu treffen. Aufgrund des Antrags ist im Rahmen einer Interessensabwägung zu prüfen, ob das Aussetzungsinteresse der Antragstellerin das Interesse der Antragsgegnerin an einer sofortigen Vollziehung überwiegt. Wesentliches Element im Rahmen der insoweit gebotenen Abwägung der widerstreitenden Vollzugs- und Suspensivinteressen ist die Beurteilung der Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache, die dem Charakter des Eilverfahrens entsprechend nur aufgrund einer summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage erfolgen kann. Erweist sich der Rechtsbehelf als offensichtlich erfolglos, so wird das Interesse der Antragstellerin an einer Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage schwächer zu gewichten sein, als das gegenläufige Interesse der Antragsgegnerin.
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2. Im Rahmen der summarischen Prüfung erweist sich die Anordnung des Sofortvollzugs im Sinne des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO als formell rechtmäßig.
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Ob die vorgetragene Begründung der Antragsgegnerin das besondere Vollzugsinteresse nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO trägt, ist für die Frage der formellen Rechtmäßigkeit des Sofortvollzugs grundsätzlich unerheblich. Vielmehr bedarf es einer Prüfung, ob sich die Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung im Sinne des § 80 Abs. 3 VwGO als ausreichend erweist. Ist dies nicht der Fall, hat das Gericht ohne weitere Sachprüfung die Vollziehungsanordnung aufzuheben (Hoppe in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 80 Rn. 98). An die im Bescheid gegebene Begründung für die sofortige Vollziehung sind keine übermäßig hohen Anforderungen zu stellen, soweit darin der Ausnahmecharakter der Vollziehungsanordnung für die Behörde erkennbar wird (Hoppe in Eyermann, VwGO, § 80 Rn. 54 ff.).
34
Die in den Gründen des streitgegenständlichen Bescheids unter Ziffer III enthaltene Begründung für die Anordnung der sofortigen Vollziehung genügt den Anforderungen des § 80 Abs. 3 VwGO. Es handelt sich um keine formelhafte Begründung. Vielmehr werden auf den konkreten Einzelfall bezogene Äußerungen getroffen. Die Begründung des Sofortvollzugs zeigt deutlich, dass der Antragsgegnerin der Ausnahmecharakter der Vorschrift bewusst war. Aus der Begründung ergibt sich, weshalb ein Sofortvollzug angeordnet worden ist und dass sich die Antragsgegnerin mit den Folgen einer ansonsten grundsätzlich aufschiebenden Wirkung einer Klage auseinandergesetzt hat. Die Antragsgegnerin hat in ihrer Begründung die sich gegenüberstehenden Interessen aufgezeigt, eine dementsprechende Abwägung vorgenommen und im Rahmen der Anordnung eines Sofortvollzugs der Gesundheit der Betroffenen den Vorrang eingeräumt.
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3. Die summarische Überprüfung der Sach- und Rechtslage ergibt, dass die im streitgegenständlichen Bescheid getroffenen Anordnungen voraussichtlich rechtmäßig sind und die Antragstellerin nicht in ihren Rechten verletzt ist (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die im angefochtenen Bescheid verfügte Haltungsuntersagung (Ziffer 1.1), die Abgabeverpflichtung (Ziffer 1.2) sowie der Nachweis hierüber (Ziffer 1.3) wie auch die Aufforderung bis zur Abgabe die bisherigen Anordnungen hinsichtlich der Hundehaltung einzuhalten (Ziffer 1.4) sind nach summarischer Prüfung voraussichtlich rechtmäßig. Rechtsgrundlage für die genannten Anordnungen ist Art. 7 Abs. 2 Nr. 3 LStVG.
36
Das Gericht nimmt nach § 117 Abs. 5 VwGO Bezug auf die Begründung des streitgegenständlichen Bescheids und macht sich diese zu eigen. Ergänzend hierzu wird nachfolgend ausgeführt:
37
a) Die in Ziffer 1.1 des Bescheids der Antragstellerin gegenüber verfügte unbefristete Haltungsuntersagung für ihren Hund „...“ ist voraussichtlich rechtmäßig.
38
Rechtsgrundlage hierfür ist Art. 7 Abs. 2 Nr. 3 LStVG. Nach dieser Regelung können die Sicherheitsbehörden zur Erfüllung ihrer Aufgaben für den Einzelfall Anordnungen nur treffen, um Gefahren abzuwehren oder Störungen zu beseitigen, die Leben, Gesundheit oder die Freiheit von Menschen oder Sachwerte, deren Erhaltung im öffentlichen Interesse geboten erscheint, bedrohen oder verletzen.
39
Ungeachtet der Begründung im streitgegenständlichen Bescheid unterliegt die von der Antragsgegnerin getroffene Einschätzung hinsichtlich der Gefahrenprognose in vollem Umfang der gerichtlichen Kontrolle (vgl. BayVGH, U.v. 15.3.2005 – 24 BV 04.2755 – juris Rn. 22). Seitens der Antragstellerin wurde lediglich vorgetragen, dass die Antragsgegnerin ihrem Bescheid einen unzutreffenden Sachverhalt zugrunde gelegt habe. Eine nähere Begründung hierzu erfolgte nicht. Aus der Behördenakte ist zu entnehmen, dass sich die Antragstellerin gegenüber der Antragsgegnerin nach Erlass des Bescheids dahingehend äußerte, dass die dem Bescheid zugrundeliegenden Vorfälle am 15. und 26. Juni 2023 sowie der am 19. Juli 2023 sich nicht hätten ereignen können, da der streitgegenständliche Hund an der Leine ausgeführt werde und sich nachts im geschlossenen Haus befinde. Hiergegen wandte die Antragsgegnerin ein, dass für die Juni-Vorfälle Fotos sowie für den Vorfall im Juli eine schriftliche Zeugenaussage vorliege. Das Gericht geht im vorliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes davon aus, dass die von Anwohnern im Gemeindegebiet nachvollziehbar geschilderten und zum Teil durch eingereichte Fotos untermalten Vorfälle tatsächlich so stattgefunden haben, diese insbesondere auch nicht von Belastungseifer getragen sind (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die an die Antragsgegnerin gelangten Beschwerden wurden an diese über einen längeren Zeitraum hinweg von unterschiedlichen Personen und in unterschiedlichen Konstellationen herangetragen. Etwaige Belastungstendenzen sind nicht ersichtlich und auch nicht vorgetragen.
40
b) Unter Berücksichtigung des gegenwärtigen Sach- und Streitstandes ist die von der Antragsgegnerin getroffene Gefahrenprognose gerichtlich nicht zu beanstanden.
41
Eine konkrete Gefahr im Sinne von Art. 7 Abs. 2 Nr. 3 LStVG für die dort genannten Rechtsgüter, zeigt sich bereits durch das freie Herumstreunen von Hunden, das wiederholte Stattfinden von gefährlichen Begegnungen mit verschiedenen Betroffenen und der Tatsache, dass der entsprechende Halter sich dennoch weigert, bestandskräftig gewordene Maßnahmen im Hinblick auf die Hundehaltung umzusetzen (BayVGH, B.v. 16.8.2022 – 10 ZB 22.786 – juris Rn. 11; VG Bayreuth, U.v. 25.1.2022 – B 1 K 21.807 – juris Rn. 46). Entscheidend wird hierbei nicht auf die entsprechende Rasse oder Beißkraft des jeweiligen Tieres abgestellt (BayVGH, U.v. 9.11.2010 – 10 BV 06.3053 – juris Rn. 25). Zwar handelt es sich bei dem streitgegenständlichen Jack Russel wohl um keinen sogenannten großen Hund. Dennoch haben Betroffene eine durch das freie Herumstreunen eines Hundes hervorgerufene begründete Angst vor diesem Hund nicht hinzunehmen (vgl. VG Ansbach, U.v. 18.7.2013 – AN 5 K 13.00762 – juris Rn. 28). Im vorliegenden Fall ist es darüber hinaus nicht lediglich zu Begegnungen, welche durch ein Angstgefühl der Betroffenen begleitet war, gekommen, sondern darüber hinaus zu vielfachen gefahrträchtigen Situationen.
42
Bereits mit bestandskräftigem Bescheid vom 25. August 2022 ordnete die Antragsgegnerin Maßnahmen nach Art. 18 Abs. 2 LStVG an, um sicherzustellen, dass eine ausbruchsichere Unterbringung für den betreffenden Hund geschaffen wird, sodass dieser das Halteranwesen nicht mehr eigenständig verlassen kann. Bereits kurz nach den erfolgten Anordnungen kam es am 31. August 2022 zu einem erneuten Zwischenfall, bei welchem der betreffende Hund „...“ bei einem Spaziergang eine Frau mit Baby und Hund verfolgte und auf diese zu rannte, sodass diese aus Angst über eine Wiese flüchtete. Mehrfach wurde der Hund seit Februar 2021 bis zum Erlass des streitgegenständlichen Bescheids herrenlos streunend im Gemeindegebiet gesichtet (Februar/August/September 2021; Mai/Juni/August 2022; Februar/Mai/Juni/Juli 2023). Zum Teil kam es hierbei zu ungewolltem Kontakt mit dem herrenlos herumstreunenden Hund dergestalt, dass dieser die Betroffenen anknurrte bzw. anbellte (Mai 2022/Februar 2023) sowie nach einem anderen Hund schnappte (Februar 2023). Zudem äußerten die Betroffenen mehrfach, dass sie aufgrund des herrenlos streunenden Hundes „Angst“ empfinden würden. Bei einem Vorfall im Mai 2022 ereignete sich eine Begegnung auf dem Gehweg vor dem Haltergrundstück. Hierbei liefen Spaziergänger, darunter auch Kinder, am Grundstück vorbei, als der betreffende Hund der Antragstellerin bellend und knurrend herausgerannt kam. Hierbei konnte ein Übergriff auf den Hund der Spaziergänger nur durch Eingreifen der Passanten verhindert werden.
43
Diese Vorfälle belegen das vom Hund der Antragstellerin ausgehende Gefahrenpotenzial. Es steht zum aktuellen Sach- und Streitstand fest, dass sich der Hund der Antragstellerin nach den Angaben der Betroffenen gefahrdrohend gezeigt hat, ohne dass die Antragstellerin hiergegen in Folge Maßnahmen ergriffen hätte. Entgegen der Ansicht der Antragstellerin ist es hierbei unerheblich, ob es sich um ein hundetypisches und artgerechtes Verhalten oder ein außergewöhnlich aggressives Verhalten des Hundes gehandelt hat. Auch Ersteres kann eine konkrete Gefahr für andere Menschen verursachen (vgl. etwa BayVGH, B.v. 5.1.2016 – 10 CS 15.2369 – juris Rn. 25). Gefahrenverschärfend wirkt sich das Verhalten der Antragstellerin selbst aus. Ausweislich der getätigten Äußerungen sowie dem mangelnden Nachkommen der getroffenen Anordnungen trotz sachkundiger Hilfe durch einen Diensthundeführer und dem Gewähren eines Aufschubs, fehlt es der Antragstellerin weiterhin an einem entsprechenden Problembewusstsein. Ankündigungen in der Vergangenheit, ihren Hund ausbruchsicher unterzubringen, ist die Antragstellerin nicht nachgekommen.
44
Hiervon ausgehend ist die von der Antragsgegnerin angestellte Gefahrenprognose, dass es bei der vorliegenden Halter-Hund-Konstellation hinreichend wahrscheinlich zu erwarten steht, dass es zu einer Verletzung der Rechtsgüter der Gesundheit sowie Eigentum kommen wird, gerichtlich nicht zu beanstanden.
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c) Der Antragstellerin ist richtiger Adressat der Anordnung nach Art. 9 Abs. 2 LStVG. Der am 4. September 2023 mit der Tochter der Antragstellerin geschlossene Übernahmevertrag über den betreffenden Hund ändert hieran nichts. Die Antragsgegnerin hat im Rahmen des Erlasses des Bescheids das ihr zustehende Ermessen erkannt, Ermessensfehler sind nicht ersichtlich.
46
d) Entgegen der Ansicht des Bevollmächtigten der Antragstellerin handelt es sich im vorliegenden Fall um keine unverhältnismäßigen Anordnungen. Vielmehr hat die Antragsgegnerin den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit aus Art. 8 Abs. 1 LStVG berücksichtigt, insbesondere zeigte diese ein deutliches Bewusstsein für die Tatsache, dass es sich für einen Hundehalter um die einschneidendste denkbare Maßnahme handelt.
47
Von einer umfassenden Untersagung der Hundehaltung ist die Untersagung der Haltung eines bestimmten Hundes zu unterscheiden (vgl. BayVGH, B.v. 12.3.2018 – 10 ZB 18.103 – juris Rn. 8; B.v. 6.3.2015 – 10 ZB 14.2166 – juris Rn. 8; VG Würzburg, B.v. 11.12.2018 – W 9 S 18.1522 – juris; vgl. auch BeckOK Polizei- und Sicherheitsrecht Bayern, Stand: April 2023, Art. 18 LStVG Rn. 196). Unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten ist insbesondere zu prüfen, ob nicht mildere, aber gleich geeignete Mittel in Erwägung zu ziehen sind. Die Missachtung einer getroffenen behördlichen Anordnung nach Art. 18 Abs. 2 LStVG reicht für sich genommen noch nicht aus, um eine Haltungsuntersagung zu rechtfertigen. Vielmehr hat die Behörde vor Erlass einer solchen grundsätzlich erst Zwangsmittel zur Durchsetzung von für geeignet befundenen, bereits getroffenen Maßnahmen einzusetzen (vgl. zum Ganzen VG Würzburg a.a.O.). Je weniger die Bereitschaft des Halters vorhanden ist, die von seinem Hund ausgehenden Gefahren durch Maßnahmen entgegenzuwirken, desto eher ist eine Haltungsuntersagung verhältnismäßig (vgl. BayVGH, B.v. 20.8.2021 – 10 CS 21.2097 – juris Rn. 19).
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Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze, handelt es sich im vorliegenden Fall um eine verhältnismäßige Maßnahme. Nach den ersten der Antragsgegnerin bekannt gewordenen Vorfällen hat diese zunächst einen Hinweis auf die Pflichten als Hundehalter erteilt und einen Ortstermin vorgenommen. In der Folge wurden durch die Antragsgegnerin Anordnungen im Sinne von Art. 18 Abs. 2 LStVG getroffen, welche bestandskräftig geworden sind. Es wurden erfolglos Zwangsmittel zur Durchsetzung der mit Bescheid vom 25. August 2022 verfügten Anordnungen zur Haltung des Hundes eingesetzt, insbesondere wurde durch die Antragsgegnerin nach dem erstmals fällig gestellten Zwangsgeld erneut ein Zwangsgeld angedroht, welches der Antragstellerin gegenüber letztlich wiederum fällig gestellt wurde. Mithin wurden aufgrund der Anordnungen im Sinne von Art. 18 Abs. 2 LStVG seit Erlass des Bescheides drei Mal Zwangsgelder fällig gestellt. Folglich wurden über Monate hinweg entsprechende Zwangsgelder fällig gestellt. Es ist insoweit nicht davon auszugehen, dass mildere Mittel, beispielsweise in Form von weiteren Anordnungen im Sinne von Art. 18 Abs. 2 LStVG, die gleiche Wirksamkeit entfalten würden. Zudem wurde die Haltungsuntersagung entsprechend der der Gefahrenprognose zugrundeliegenden Halter-Hund-Konstellation lediglich auf die Haltung des Hundes „...“ gestützt, folglich auf einen bestimmten Hund begrenzt.
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4. Demzufolge erweisen sich bei summarischer Prüfung auch die Ziffern 1.2, 1.3, 1.4 und 1.5 des streitgegenständlichen Bescheides hinsichtlich der Abgabe- und Nachweisverpflichtung sowie die weiterhin geltenden Anordnungen des Bescheids vom 25. August 2022 zur Haltung sowie des formulierten Anordnungsvorbehalts voraussichtlich als rechtmäßig. Wird die Haltung eines Hundes untersagt, ist zugleich auch nach Art. 7 Abs. 2 Nr. 3 LStVG dessen Abgabe innerhalb einer bestimmten Frist anzuordnen. Anhaltspunkte dafür, dass es sich um keine angemessene Frist handelt, sind nicht ersichtlich. Insbesondere fand eine Abgabe des Hundes ausweislich des vorgelegten Übernahmevertrags bereits statt. Der in Ziffer 1.5 des Bescheids formulierte Anordnungsvorbehalt ist ebenso nicht zu beanstanden. Gegenteiliges wurde seitens der Antragstellerin auch nicht vorgetragen. Die in Ziffer 3 des Bescheids enthaltenen Zwangsgeldandrohungen begegnen voraussichtlich keinen rechtlichen Bedenken. Sie finden ihre Rechtsgrundlage in Art. 29 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1, Art. 31, Art. 36 Abs. 1 und Abs. 5 VwZVG und sind jeweils als geeignetes und gleichzeitig mildestes Mittel rechtlich nicht zu beanstanden. Die Höhe der Zwangsgeldandrohung(en) steht mit Art. 31 Abs. 2 Satz 1 VwZVG in Einklang. Fehler bei der Ermessensausübung sind nicht ersichtlich.
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5. Selbst unter Berücksichtigung der jeweiligen im Rahmen der Interessenabwägung gegenüberstehenden Interessen überwiegt im vorliegenden Fall das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehbarkeit der Anordnungen das Interesse der Antragstellerin an der Aussetzung. Zwar wurde seitens des Bevollmächtigten der Antragstellerin vorgetragen, dass es aufgrund der Abgabe des betreffenden Hundes zu schweren psychischen Beeinträchtigungen kommen könne. Eine nähere Begründung hierzu ist seitens der Antragstellerin bislang nicht erfolgt. Grundsätzlich handelt es sich hierbei um eine typische Folge einer Haltungsuntersagung mit Abgabeverpflichtung, weshalb eine etwaige hieraus resultierende Belastung für die Betroffenen hinzunehmen wäre (vgl. BayVGH, B.v. 20.8.2021 – 10 CS 21.2097 – juris Rn. 22). Insbesondere zeigten vielfältige mildere Maßnahmen sowie Absprachen in der Vergangenheit keinen Erfolg. Auch vor dem Hintergrund der erfolgten Abgabe des betreffenden Hundes an die Tochter der Antragstellerin kann von einem Überwiegen des Aussetzungsinteresses der Antragstellerin nicht ausgegangen werden.
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6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung richtet sich nach § 53 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. § 52 Abs. 2 GKG. Für das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes wurde der Streitwert halbiert (Ziffer 1.5 des Streitwertkatalogs).