Titel:
Erfolglose Klage (Asylfolgeantrag) Iran
Normenketten:
AsylG § 3, § 4, § 71 Abs. 1
VwVfG § 51
Leitsätze:
1. Allgemein ist in Iran mit politischer Verfolgung zu rechnen, wenn ein Kläger mit seinen oppositionellen und (exil-)politischen Aktivitäten derart nach außen in Erscheinung getreten ist, dass er zum einen durch die iranischen Sicherheitsbehörden mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit als ernsthafter Regimegegner, welcher auf die Verhältnisse im Iran einzuwirken vermag, identifiziert und qualifiziert worden ist, und dass zum anderen wegen der von ihm ausgehenden Gefahr ein Verfolgungsinteresse des iranischen Staats besteht. (Rn. 34) (redaktioneller Leitsatz)
2. Nach der gegenwärtigen Erkenntnislage wirken die aktuellen landesweiten Unruhen und Proteste im Iran sowie die repressiven Gegenmaßnahmen durch den iranischen Staat bei einer Rückkehr gefahrbegründend bzw. gefahrerhöhend jedenfalls dann, wenn die asylsuchende Person schon zuvor wegen ihres Vorfluchtverhaltens und/oder wegen ihres Verhaltens im Ausland im Fokus der iranischen Sicherheitsbehörden stand und steht. (Rn. 41) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Iran, zulässiger Folgeantrag, teilweise relevante Wiederaufgreifensgründe, Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, keine exponierten exilpolitischen Tätigkeiten, keine eigenen relevanten Aktivitäten, keine Verfolgungsgefahren wegen Aktivitäten des Ehemannes, fehlendes Verfolgungsinteresse des iranischen Staates, keine beachtlich wahrscheinliche Verfolgungsgefahr bei Rückkehr in Iran, keine beachtlich wahrscheinliche Verfolgung wegen Verstoßes gegen Bekleidungsvorschriften, keine relevante Gefahrerhöhung durch aktuelle Ereignisse im Iran, Asylklage, Asylfolgeantrag, exilpolitische Aktivitäten, Ehemann, Arbeiterkommunistische Partei, AKPI, AKI, API, Apostasie, Bekleidungsvorschriften, landesweite Unruhen
Fundstelle:
BeckRS 2023, 281
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Tatbestand
1
Die Klägerin ist iranische Staatsangehörige. Ein erster Asylantrag wurde unanfechtbar abgelehnt (vgl. VG Würzburg, U.v. 30.10.2017 - W 8 K 17.31240 - juris sowie BayVGH, B.v. 23.1.2019 - 14 ZB 17.31930 - juris).
2
Am 6. Februar 2019 stellte die Klägerin einen Antrag auf Durchführung eines weiteren Asylverfahrens (Folgeantrag). Zur Begründung brachte sie im Wesentlichen vor: Sie könne wegen der politischen und parteilichen Aktivitäten ihres Ehemannes (vgl. W 8 K 21.32164) nicht in den Iran zurück. Sie und ihr Ehemann seien keine Muslime mehr. Ihr Mann sei Mitglied der Ex-Muslime. Außerdem sei ihr Mann auch Mitglied der Kommunistischen Partei. Sie sei von den Zielen der Partei überzeugt.
3
Mit Bescheid vom 23. Juli 2019 erkannte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge der Klägerin die Flüchtlingseigenschaft nicht zu (Nr. 1), lehnte den Antrag auf Asylanerkennung ab (Nr. 2) und erkannte den subsidiären Schutzstatus nicht zu (Nr. 3). Weiter stellte es fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Nr. 4). Die Klägerin wurde aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb von 30 Tagen nach Bekanntgabe der Entscheidung, im Falle der Klageerhebung innerhalb von 30 Tagen nach dem unanfechtbaren Abschluss des Asylverfahrens, zu verlassen. Die Abschiebung in den Iran oder in einen anderen Staat wurde angedroht (Nr. 5). Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt: Die Tatsache, dass die Klägerin keine Muslimin mehr sei, sei bereits im Klageverfahren im Rahmen des Erstverfahrens vorgebracht und durch das VG Würzburg erörtert und gewürdigt worden. Hierin sei keine neue Sachlage zu sehen. In Bezug auf die Missachtung der religiösen Bekleidungsvorschriften sei nunmehr gesteigert vorgebracht worden, dass Peitschenhiebe drohen könnten. Im Bezug darauf sei nicht auszuschließen, dass sich eine erneute Betrachtung der Sachlage zugunsten der Klägerin auswirken könnte. Insoweit sei aber nicht ersichtlich, warum sie dies nicht bereits früher vorgetragen habe (§ 51 Abs. 2 VwVfG). Die Voraussetzungen für die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens seien gegeben, soweit sich die Klägerin auf die Aktivitäten ihres Mannes bei der Arbeiterkommunistischen Partei bezieht. Die Klägerin sei aber weder selbst Mitglied der Arbeiterkommunistischen Partei, noch trete sie für diese in irgendeiner Art und Weise in Erscheinung. Sie werde aufgrund des vorgetragenen Interesses an der Partei einer Gefährdung nicht ausgesetzt. Eine Reflexverfolgung komme nicht in Betracht, da auch der Ehemann keine Aktivitäten entfalte, welche ihn als ernsthaften und in gefährlichen Regimegegner erscheinen lassen würden. Abschiebungsverbote lägen ebenfalls nicht vor, auch nicht in Bezug auf die ergänzenden Angaben zum Abfall vom Islam. Allein aus der bloßen Nichtteilnahme an religiösen Riten ergebe sich keine Konfrontation mit dem iranischen Regime. Auch der Hinweis auf eine mögliche Verfolgung wegen Verstoß gegen Bekleidungsvorschriften führe zu keiner anderen Beurteilung. Die Klägerin habe ihre Bereitschaft zur Falschaussage und zu taktischem Verhalten mit Blick auf das Erstverfahren bereits deutlich belegt. Außerdem sei angesichts der Vielzahl der iranischen Frauen, die das Tragen des Hijab (Hidschab) inzwischen ablehnten, nicht anzunehmen, dass ausnahmslos jeder Verstoß entdeckt und geahndet werde.
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Am 14. August 2019 ließ die Klägerin Klage gegen den streitgegenständlichen Bescheid erheben.
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Zur Begründung ließ die Klägerin mit Schriftsatz vom 2. September 2019 auf ihre Angaben gegenüber dem Bundesamt verweisen und ergänzend ausführen: Der Klägerin drohe Reflexverfolgung, bei welcher die Klägerin anstelle ihres Ehemannes (Az.: W 8 K 21.31264) belangt werden würde. Auf die Begründung der Klage im Verfahren des Ehemannes werde Bezug genommen.
6
Mit Schriftsatz vom 19. Dezember 2022 ließ die Klägerin ihren Mutterpass übersenden, wonach ihre Entbindung (Termin: ... 2022) unmittelbar bevorstehe, falls noch nicht erfolgt. Weiter ließ sie darauf hinweisen, dass aufgrund der aktuellen Lage im Iran ein Abschiebungsverbot vorliege.
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Die Beklagte beantragte mit Schriftsatz vom 21. August 2019,
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Das Gericht übertrug den Rechtsstreit mit Beschluss vom 27. August 2019 dem Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung.
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In der ersten mündlichen Verhandlung am 18. November 2019 beantragte die Klägerbevollmächtigte,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 23. Juli 2019 zu verpflichten, die Klägerin als Asylberechtigte anzuerkennen sowie der Klägerin die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen;
hilfsweise der Klägerin den subsidiären Schutz zuzuerkennen;
hilfsweise festzustellen, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorliegen;
hilfsweise das Einreise- und Aufenthaltsverbot auf null Monate zu befristen.
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Das Gericht hörte die Klägerin - zusammen mit ihrem Ehemann - informatorisch an.
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Die Klägerbevollmächtigte nahm - ebenso wie in den parallelen Verfahren des Ehemannes (W 8 K 19.31542, jetzt W 8 K 21.31264) und des Kindes (W 8 K 19.31541) - die Klage auf Aufhebung der Nr. 2 des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 23. Juli 2019 und auf Anerkennung der Klägerin als Asylberechtigte zurück. Das Gericht trennte diesen Klageteil ab, führte ihn unter dem Aktenzeichen * * * … fort und stellte ihn infolge der Klagerücknahme auf Kosten der Klägerin ein. Des Weiteren setzte das Gericht das Verfahren bis zur unanfechtbaren Entscheidung über die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft für den Ehemann der Klägerin aus.
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Das Gericht holte eine Auskunft des Auswärtigen Amtes ein, die dieses mit Datum vom 4. Oktober 2021 erteilte.
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Mit Urteil vom 31. Januar 2022 (VG Würzburg, U.v. 31.1.2022 - W 8 K 21.31264 - juris) wies das Gericht die Klage des Ehemannes ab. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof lehnte den Antrag des Ehemannes auf Zulassung der Berufung ab (BayVGH, B.v. 10.10.2022 - 14 ZB 22.30293).
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Mit Beschluss vom 18. Oktober 2022 nahm das Gericht das ausgesetzte Verfahren der Klägerin (vormals W 8 K 19.31540) wieder auf und führt es unter dem Aktenzeichen W 8 K 22.30737 fort.
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In dem weiteren Termin zur mündlichen Verhandlung am 2. Januar 2023 hörte das Gericht die Klägerin ergänzend informatorisch an.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte (einschließlich der Akten im Erstverfahren W 8 K 17.31240 sowie des Ehemannes und des Kindes W 8 K 19.31541 und W 8 K 19. 31542 bzw. W 8 K 21.31264) und die beigezogenen Behördenakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Die Klage, über die entschieden werden konnte, obwohl nicht alle Beteiligten in der mündlichen Verhandlung erschienen sind (§ 102 Abs. 2 VwGO), ist zulässig, aber unbegründet.
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Der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 23. Juli 2019 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 AsylG. Die Voraussetzungen für die Zuerkennung subsidiären Schutzes gemäß § 4 AsylG sowie für die Feststellung von Abschiebungsverboten nach des § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG liegen nicht vor. Die Ausreiseaufforderung und Abschiebungsandrohung sind ebenfalls nicht zu beanstanden (§ 113 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 5 Satz 1 VwGO).
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Das Gericht folgt im Ergebnis sowie in der wesentlichen Begründung dem angefochtenen Bescheid und sieht insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 77 Abs. 2 AsylG). Die Ausführungen des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge decken sich mit den zum Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens gemachten Erkenntnismitteln sowie mit der einschlägigen Rechtsprechung.
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Im Ergebnis war ein weiteres Asylverfahren durchzuführen (vgl. § 71 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 51 VwVfG). Auf die zutreffenden Ausführungen der Beklagten im streitgegenständlichen Bescheid wird Bezug genommen.
21
Das Vorliegen der Voraussetzungen des § 51 VwVfG ist grundsätzlich für jeden selbständigen Wiederaufgreifensgrund eigenständig zu prüfen (BVerwG, U.v. 13.5.1993 - 9 C 49/92 - BVerwGE 92, 278; Funke-Kaiser/Fritz/Vormaier, GK-AsylG, Lfg. 135 25.12.2021, § 71 AsylG Rn. 198).
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Der Klägerin ist es zwar nicht gelungen, das Vorliegen dieser Voraussetzungen bezogen auf ihre Aktivitäten für den Zentralrat der Ex-Muslime (ZdE) sowie im Hinblick auf die Apostasie glaubhaft zu machen. Insbesondere ist insoweit keine neue Sach- und Rechtslage zu erkennen. Insoweit erfolgte kein neues relevantes Vorbringen. Hinsichtlich des Vorbringens zu einer möglichen Bestrafung in Form von Peitschenhieben wegen Verstoß gegen die Kleidervorschrift ist auf § 51 Abs. 2 VwVfG zu verweisen, da nicht ersichtlich ist, dass die Klägerin dieses Vorbringen nicht ohne grobes Verschulden schon im Erstverfahren hätte darlegen können. Allerdings ist mit Blick auf die aktuelle Verfolgung und Sicherheitslage im Iran gleichwohl eine Verschärfung nicht von vornherein auszuschließen.
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Der Klägerin ist es weiter jedenfalls gelungen, die Einhaltung der Voraussetzungen des § 71 AsylG und § 51 VwVfG hinsichtlich der exilpolitischen Aktivitäten ihres Ehemannes, gerade im Zusammenhang mit der Arbeiterkommunistischen Partei Iran (AKPI bzw. AKI bzw. API) glaubhaft zu machen. Hinzu kommt die schon erwähnte aktuelle Situation im Iran.
24
Liegt ein Grund dafür vor, ein weiteres Asylverfahren durchzuführen, sind also Gründe für ein Wiederaufgreifen des Verfahrens in hinreichender Weise dargetan, findet eine erneute Prüfung des Asylbegehrens in der Sache selbst statt, wobei grundsätzlich auch früheres Vorbringen des Asylsuchenden zu berücksichtigen ist. Insofern steht die Rechtskraft eines früheren verwaltungsgerichtlichen Urteils der erneuten sachlichen Prüfung des Asylbegehrens nicht entgegen. Die bedeutet jedoch nicht, dass das mit einem Folgeantrag geltende gemachte Asylbegehren ohne Rücksicht auf den vorgebrachten Grund für das Wiederaufgreifen des Verfahrens in jedem Fall in vollem Umfang einer erneuten Sachprüfung unterzogen werden müsste. Vielmehr besteht die Verpflichtung zur erneuten Sachprüfung nur insoweit, wie der in zulässiger Weise geltend gemachte Grund für die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens reicht. Wird ein Asylbegehren auf mehrere selbständige Asylgründe gestützt, betrifft der in zulässiger Weise geltend gemachte Grund zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens jedoch nur einen von ihnen, so unterliegt der Folgeantrag lediglich hinsichtlich dieses Asylgrunds einer erneuten Sachprüfung (BVerwG, B.v. 05.08.1987 - 9 B 318/86 - Buchholz 402.25, § 14 AsylVfG Nr. 6; Dickten in BeckOK Ausländerrecht, Kluth/Heusch, 31. Ed. Stand 1.10.2022, § 71 Rn 71). Dem folgend war im vorliegenden Asylfolgeverfahren primär zu prüfen, ob der Klägerin asylerhebliche Verfolgung wegen eigener exilpolitischen Aktivitäten bzw. exilpolitischen Aktivitäten des Ehemannes mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit droht, wobei auch die aktuelle Lage im Iran auch mit Blick auf mögliche weitere Verfolgungsaspekte zu berücksichtigen ist (vgl. Funke-Kaiser/Fritz/Vormaier, GK-AsylG, Lfg. 135 25.12.2021, § 71 AsylG Rn. 198 f. mit Verweis auf BverwG, U.v. 20.2.2013 - 10 C 23.12 BVerwGE 146, 67).
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In der Sache ist das Gericht zum gegenwärtigen maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt (§ 77 Abs. 1 AsylG) nicht davon überzeugt, dass bei der Klägerin im Iran die begründete Gefahr (politischer) Verfolgung bestand bzw. besteht oder ihr sonst eine ernsthafte Gefahr mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohte oder droht.
26
Ein Ausländer darf gemäß § 3 ff. AsylG nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Verfolgungshandlungen müssen an diese Gründe anknüpfend mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohen (siehe zum einheitlichen Wahrscheinlichkeitsmaßstab BVerwG, U.v. 1.6.2011 - 10 C 25/10 - BVerwGE 140, 22; U.v. 27.4.2010 - 10 C 5/09 - BVerwGE 136, 377). Eine beachtliche Verfolgungswahrscheinlichkeit liegt dann vor, wenn die für eine Verfolgung sprechenden Umstände ein größeres Gewicht besitzen und deshalb gegenüber den dagegensprechenden Tatsachen überwiegen. Maßgebend ist letztlich, ob es zumutbar erscheint, dass der Ausländer in sein Heimatland zurückkehrt (BVerwG, U.v. 3.11.1992 - 9 C 21/92 - BVerwGE 91, 150; U.v. 5.11.1991 - 9 C 118/90 - BVerwGE 89, 162). Über das Vorliegen einer mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit gegebenen Gefahr politischer Verfolgung entscheidet eine wertende Gesamtbetrachtung aller möglichen verfolgungsauslösenden Gesichtspunkte, wobei in die Gesamtschau alle Verfolgungsumstände einzubeziehen sind, unabhängig davon, ob diese schon im Verfolgerstaat bestanden oder erst in Deutschland entstanden und von dem Ausländer selbst geschaffen wurden oder ob ein Kausalzusammenhang zwischen dem nach der Flucht eingetretenen Verfolgungsgrund und entsprechend den schon in dem Heimatland bestehenden Umständen gegeben ist (BVerwG, U.v. 18.2.1992 - 9 C 59/91 - Buchholz 402.25, § 7 AsylVfG Nr. 1).
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Aufgrund seiner prozessualen Mitwirkungspflicht hat ein Kläger (oder eine Klägerin) seine (ihre) Gründe für seine politische Verfolgung schlüssig und vollständig vorzutragen (§ 25 Abs. 1 und 2 AsylG, § 86 Abs. 1 Satz 1 2. Halbsatz VwGO). Er muss unter Angabe genauer Einzelheiten einen in sich stimmigen Sachverhalt schildern, aus dem sich - als wahr unterstellt - bei verständiger Würdigung die behauptete Verfolgung ergibt. Bei den in die eigene Sphäre des Klägers fallenden Ereignissen, insbesondere seinen persönlichen Erlebnissen, muss er eine Schilderung abgeben, die geeignet ist, den Abschiebungsschutz lückenlos zu tragen. Unauflösbare Widersprüche und erhebliche Steigerungen des Vorbringens sind hiermit nicht vereinbar und können dazu führen, dass dem Vortrag im Ganzen nicht geglaubt werden kann. Bleibt ein Kläger hinsichtlich seiner eigenen Erlebnisse konkrete Angaben schuldig, so ist das Gericht nicht verpflichtet, insofern eigene Nachforschungen durch weitere Fragen anzustellen. Das Gericht hat sich für seine Entscheidung die volle Überzeugung von der Wahrheit, nicht bloß von der Wahrscheinlichkeit zu verschaffen (vgl. hierzu BVerwG, U.v. 16.4.1985 - 9 C 106.84 - BVerwGE 71, 180).
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Der Klägerin ist es nicht gelungen, die für ihre Ansprüche relevanten Gründe in der dargelegten Art und Weise geltend zu machen. Unter Zugrundelegung der Angaben der Klägerin ist das Gericht nicht davon überzeugt, dass eine begründete Gefahr (politischer) Verfolgung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit bestand oder besteht oder sonst eine ernsthafte Gefahr drohte oder droht. Gerade auch aufgrund der Angaben der Klägerin im gerichtlichen Verfahren ist es ihr nicht gelungen, eine mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohende Verfolgungsgefahr aufgrund ihrer Nachfluchtaktivitäten auch unter Berücksichtigung aktueller Verfolgungs- und Sicherheitslage im Iran glaubhaft zu machen.
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Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge hat im streitgegenständlichen Bescheid schon zutreffend ausgeführt: Die Tatsache, dass die Klägerin keine Muslime mehr sei, sei bereits im Klageverfahren im Rahmen des Erstverfahrens vorgebracht und durch das VG Würzburg erörtert und gewürdigt worden. Hierin sei keine neue Sachlage zu sehen. In Bezug auf die Missachtung der religiösen Bekleidungsvorschriften sei nunmehr gesteigert vorgebracht worden, dass Peitschenhiebe drohen könnten. Im Bezug darauf sei nicht auszuschließen, dass sich eine erneute Betrachtung der Sachlage zugunsten der Klägerin auswirken könnte. Insoweit sei aber nicht ersichtlich, warum sie dies nicht bereits früher vorgetragen habe (§ 51 Abs. 2 VwVfG). Die Voraussetzungen für die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens seien gegeben, soweit sich die Klägerin auf die Aktivitäten ihres Mannes bei der Arbeiterkommunistischen Partei bezieht. Die Klägerin sei aber weder selbst Mitglied der Arbeiterkommunistischen Partei, noch trete sie für diese in irgendeiner Art und Weise in Erscheinung. Sie werde aufgrund des vorgetragenen Interesses an der Partei einer Gefährdung nicht ausgesetzt. Eine Reflexverfolgung komme nicht in Betracht, da auch der Ehemann keine Aktivitäten entfalte, welche ihn als ernsthaften und in gefährlichen Regimegegner erscheinen lassen würden. Abschiebungsverbote lägen ebenfalls nicht vor, auch nicht in Bezug auf den ergänzenden Angaben zum Abfall vom Islam. Allein aus der bloßen Nichtteilnahme an religiösen Riten ergebe sich keine Konfrontation mit dem iranischen Regime. Auch der Hinweis auf eine mögliche Verfolgung wegen Verstoß gegen Bekleidungsvorschriften führe zu keiner anderen Beurteilung. Die Klägerin habe ihre Bereitschaft zur Falschaussage und zu taktischem Verhalten mit Blick auf das Erstverfahren bereits deutlich belegt. Außerdem sei angesichts der Vielzahl der iranischen Frauen, die das Tragen des Hijab (Hidschab) inzwischen ablehnten, nicht anzunehmen, dass ausnahmslos jeder Verstoß entdeckt und geahndet werde.
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Ergänzend ist anzumerken, dass das Vorbringen der Klägerin im gerichtlichen Verfahren im Ergebnis keine andere Beurteilung rechtfertigt.
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Soweit die Klägerin auf die exilpolitischen Aktivitäten des Ehemanns verweist, kann auf das den Ehemann betreffende Urteil vom 31. Januar 2022 (VG Würzburg, U.v. 31.1.2022 - W 8 K 21.31264 - juris; siehe dazu auch BayVGH, B.v. 10.10.2022 - 14 ZB 22.30293) Bezug genommen werden. Das Gericht hat in diesem Verfahren betreffend - den im Vergleich zur Klägerin zu aktiveren - Ehemann der Klägerin eine beachtliche Wahrscheinlichkeit der Verfolgungsgefahr verneint. Das Gleiche gilt erst recht für die Klägerin, die im Wesentlichen nur auf ihren Ehemann verwiesen hat, ohne eigene relevante Aktivitäten geltend zu machen. Sie hat auch in der mündlichen Verhandlung am 2. Januar 2023 auf explizite Nachfrage des Gerichts dahingehende eigene Aktivitäten ausdrücklich verneint. Erst im Verlauf der weiteren mündlichen Verhandlung schob die Klägerin, nachdem das Gericht darauf verwiesen hatte, dass primär auf die eigenen Aktivitäten der Klägerin abzustellen sei, gesteigert nach, dass sie doch anlässlich der aktuellen Ereignisse im Iran vor ca. sechs bis sieben Wochen an einer Demonstration bzw. an weiteren kleineren Aktionen teilgenommen habe und Parolen gerufen habe, auch wenn diese nur kurz gewesen seien. An der Glaubhaftigkeit dieses Vorbringens bestehen stehen erhebliche Zweifel. Abgesehen davon, dass die Klägerin ebenso wie ihr Ehemann schon im ersten Asylverfahren unwahre Angaben gemacht hatten und auch im Verfahren des Folgeverfahrens des Ehemannes vieles für ein asyltaktisches Verhalten und Vorbringen sprach, ist nicht überzeugend, dass die Klägerin auf gerichtlichen Vorhalt ihrer widersprüchlichen Aussagen in der mündlichen Verhandlung erklärte, sie sei heute im Stress gewesen und habe es zunächst vergessen es zu sagen. Die Klägerin war vor der mündlichen Verhandlung unter Fristsetzung mit Verweis auf § 87b Abs. 3 VwGO ausdrücklich aufgefordert worden, neuen relevanten Tatsachenvortrag zu leisten, ohne aber etwas vorzubringen. Des Weiteren hat sie ihr kurzes Vorbringen zur Demonstrationsteilnahme und zu angeblichen sonstigen Aktionen in Würzburg nicht einmal im Ansatz durch substanziierte Angaben oder gar durch entsprechende Beweismittel oder Beweisangebote glaubhaft gemacht. Vielmehr hat das Gericht den eindruck, dass die Klägerin nachträglich aufgebauscht hat, um Vorteile im Asylverfahren zu erlangen. Vielmehr erscheint ihre zuvor getätigte Aussage plausibel, dass die Klägerin deshalb nicht an relevanten exilpolitischen Aktionen teilgenommen hat, weil sie wegen Betreuung ihres Kindes und wegen des Besuches des Deutschkurses dafür keine Zeit hatte.
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Hinsichtlich einer möglichen Reflexgefährdung in Folge von Sippenhaft bzw. Reflexverfolgung hat die eigens eingeholte Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 4. Oktober 2021 ausdrücklich angemerkt, dass Personen wegen der Aktivitäten von Familienmitgliedern durchaus Repressalien ausgesetzt gewesen bzw. verhört oder auch verhaftet worden seien. Vorliegend könne auch eine Reflexverfolgung der Klägerin nicht ausgeschlossen werden. Dies setze aber voraus, dass ein beachtliches Verfolgungsinteresse gegenüber dem Ehemann der Klägerin bestehe, wenn der iranische Staat diesen als ernsthaften Regimegegner qualifiziert habe. Zum einen hat das Gericht aber in der zitierten Entscheidung zum Ehemann der Klägerin eine beachtliche wahrscheinliche Verfolgungsgefahr für diesen verneint. Zum anderen bedeutet die Auskunft des Auswärtigen Amtes, dass eine Reflexverfolgung von Angehörigen nicht ausgeschlossen sei, nicht, dass eine solche Reflexverfolgung auch in jedem Fall tatsächlich bei jedem Familienangehörigen mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohen würde. Gerade angesichts des Gesamtbildes fehlen zur Überzeugung des Gerichts greifbare Anhaltspunkte für eine mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohenden Reflexverfolgung gerade der Klägerin.
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Darin hat sich auch nichts durch die aktuelle Verfolgung- und Sicherheitslage im Iran geändert.
34
Denn nach der Rechtsprechung ist zunächst allgemein mit politischer Verfolgung zu rechnen, wenn ein Kläger mit seinen oppositionellen und (exil-)politischen Aktivitäten derart nach außen in Erscheinung getreten ist, dass er zum einen durch die iranischen Sicherheitsbehörden mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit als ernsthafter Regimegegner, welcher auf die Verhältnisse im Iran einzuwirken vermag, identifiziert und qualifiziert worden ist, und dass zum anderen wegen der von ihm ausgehenden Gefahr ein Verfolgungsinteresse des iranischen Staats besteht (vgl. VG Würzburg, U.v. 19.12.2022 - W 8 K 22.30631; U.v. 7.11.2022 - W 8 K 22.30541 - juris Rn. 27 ff.; U.v. 7.11.2022 - W 8 K 21.30749 - juris Rn. 33 ff.; U.v. 3.6.2022 - W 8 K 22.30034 - juris Rn. 24 ff.; U.v. 31.1.2022 - W 8 K 21.31264 - juris Rn. 66 ff.; U.v. 16.10.2017 - W 8 K 17.31567 - juris Rn. 23 und 35; U.v. 15.2.2017 - W 6 K 16.32201 - juris Rn. 31 und 42; jeweils mit weiteren Nachweisen zur Erkenntnislage und zur Rechtsprechung). Dabei ist zu bedenken, dass der iranische Staat sowohl die Überwachung möglicher Regimekritiker verstärkt als auch seine Repressionen deutlich verschärft hat und nach der aktuellen Erkenntnislage im Einzelfall auch Personen gefährdet sein können, die nicht exilpolitisch herausgehoben aktiv waren (vgl. im Einzelnen auch VG Würzburg, U.v. 7.11.2022 - W 8 K 22.30541 - juris Rn. 26 ff.; U.v. 7.11.2022 - W 8 K 21.30749 - juris Rn. 32 ff. sowie VG Aachen, U.v. 16.12.2022 - 10 K 2871/18 A - juris Rn. 36 ff.; U.v. 5.12.2022 - 10 K 2406/20.A - juris Rn. 35 ff., 50 ff., 52 ff., 59).
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Die aktuelle Lage im Iran stellt sich wie folgt dar:
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Im Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 30. November 2022 (Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage im Iran, Stand: 18.11.2022) ist ausgeführt, dass die aktuelle iranische Regierung innen-, außen- und wirtschaftspolitisch massiv unter Druck geraten ist und daher auf Systemerhalt mit allen Mitteln ausgerichtet ist. Jegliche Formen von Dissens werden mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln unterdrückt. Teile der iranischen Bevölkerung sind aufgrund ethnischer oder religiöser Zugehörigkeit, politischer, künstlerischer oder intellektueller Betätigung oder aufgrund ihrer sexuellen Orientierung starken Repressionen ausgesetzt. Jede Person, die öffentlich Kritik an Missständen übt oder sich für die Menschenrechte organisiert, setzt sich der Gefahr einer strafrechtlichen Verfolgung aus (S. 4). Gegen Regimekritiker und Aktivisten wird unerbittlich vorgegangen. Es kommt regelmäßig zu „ungeklärten“ Todesfällen in Gefängnissen. Die Zahl der Todesurteile und Hinrichtungen steigt (S. 5). Je gefährlicher Proteste in ihrer Größe, Sichtbarkeit, Dauer oder Grad ihrer Politisierung für die Regierung werden, desto härter gehen die Sicherheitskräfte dagegen vor. Tote und Verletzte Demonstrierende werden zur Abschreckung sogar gezielt verursacht, zumindest in Kauf genommen. Demonstrierende werden als von außen (neuerdings auch Deutschland) gezielt instrumentalisierte Aufrührer und bedrohliche Straftäter dargestellt, um die Gewalt zu rechtfertigen. Seit dem Tod einer 22-jährigen kurdischen Iranerin (Mahsa „Dschina“ Amini) am 16. September 2022 kommt es zu anhaltenden landesweiten Protesten. Bisher sind nach Angaben von Menschenrechtsorganisationen über 50 Minderjährige im Zusammenhang mit den Protesten getötet worden. Personen, die in den sozialen Medien aktiv waren und über Kontakte zum Ausland verfügen, unterliegen daher vermutlich einer besonderen Gefahr der Strafverfolgung (S. 6). Besonders schwerwiegend und verbreitet sind staatliche Repressionen gegen jegliche Aktivitäten, die als Angriff auf das politische System empfunden werden oder islamische Grundsätze in Frage stellen. Dabei sind Gruppierungen, die die Interessen religiöser oder ethnischer Minderheiten vertreten, besonders stark im Fokus und sind stärkerer Repression ausgesetzt. Als Rechtsgrundlage dienen weitgefasste Straftatbestände. Personen, deren öffentliche Kritik sich gegen das System der islamischen Republik Iran als solches richtet und die zugleich intensive Auslandskontakte unterhalten, können der Spionage beschuldigt werden. Strafverfolgung erfolgt selbst bei niederschwelliger Kritik oftmals willkürlich und selektiv. Inhaftierten droht insbesondere bei politischer Strafverfolgung eine Verletzung der körperlichen und mentalen Unversehrtheit (psychische und physische Folter, Isolationshaft als Form der Bestrafung, Misshandlung, sexuelle Übergriffe) (S. 9 f.). Von Seiten des iranischen Regimes werden vor allem „ausländische Medien“ beschuldigt, die Proteste initiiert zu haben und zu lenken. Das Internet wird stark eingeschränkt. Darüber hinaus wird der Internetverlauf „gefiltert“ bzw. mitgelesen. Jede Person, die sich regimekritisch im Internet äußert, läuft Gefahr, mit dem Vorwurf konfrontiert zu werden, einen „Cyber-Krieg“ gegen das Land führen zu wollen und Proteste anzustacheln (S. 11 f.). Das Regime verfolgt (vermeintlich und tatsächlich) militante separatistische Gruppierungen (vor allem die kurdisch-marxistischen Komalah-Partei sowie die DPIK usw.) (S. 14). Muslimen ist es verboten zu konvertieren und auch an Gottesdiensten anderer Religionen teilzunehmen. Die Konversion sowie Missionstätigkeiten unter Muslimen wird strafrechtlich verfolgt. Muslimische Konvertiten und Mitglieder protestantischer Kirchen sind willkürlichen Verhaftungen und Schikanen ausgesetzt (S. 15 f.). Fälle von Sippenhaft existieren, meist in politischen Fällen; üblicher ist jedoch, dass Familienmitglieder unter Druck gesetzt werden, um im Sinne einer Unterlassung politischer Aktivitäten auf die Angeklagten einzuwirken (S. 17). Die exilpolitische Gruppe Mujahedin-e Khalq (MEK/MKO) wird als Terrororganisation eingestuft und gilt als Staatsfeind. Mitglieder werden mit allen Mitteln bekämpft. Auch Aktivitäten kurdischer exilpolitischer Gruppen werden genau beobachtet und sanktioniert. Iraner, die im Ausland leben, sich dort öffentlich regimekritisch äußerten, sind von Repressionen bedroht, nicht nur, wenn sie in den Iran zurückkehren. Ihre im Iran lebenden Familien werden regelmäßig unter Druck gesetzt (S. 19). Auf eine Vielzahl von Verbrechen steht die Todesstrafe, wie auch die im November 2022 im Zusammenhang mit der angeblich gewaltsamen Teilnahme an Protesten verhängten Todesurteile erneut zeigen (S. 21). Hinweise auf extralegale Tötungen existieren, besonders im Rahmen von Folter in Gefängnissen. Glaubhafte Hinweise liegen vor, dass Sicherheitskräfte ab September 2022 gezielt auf Köpfe und lebenswichtigen Organe von Demonstrierenden schossen bzw. dass Personen durch sonstige rohe Gewaltanwendung bei den Protesten ums Leben kamen. Willkürliche Festnahmen, Haft und unverhältnismäßige Strafen sind in politischen Fällen üblich (S. 22). Allein der Umstand, dass eine Person in Deutschland einen Asylantrag gestellt hat, löst bei Rückkehr keine staatlichen Repressionen aus. Ausgenommen davon sind Personen, die seitens iranischer Sicherheitsbehörden als ernsthafte Regimegegner identifiziert werden und an denen ein Verfolgungsinteresse besteht. Die Auswirkungen der aktuellen Proteste und deren blutigen Niederschlagung auf Rückkehrende lässt sich im Augenblick nicht abschließend einschätzen. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass Rückkehrende verstärkt von den Sicherheitsbehörden überprüft werden. Bereits vor den aktuellen Protesten ist es in Einzelfällen zu einer Befragung durch die Sicherheitsbehörden über den Auslandsaufenthalt gekommen, deren Ausgang sich der Kenntnis des Auswärtigen Amtes entzieht. Insbesondere in Fällen, in denen der Iran illegal verlassen worden ist, muss mit einer Befragung gerechnet werden. Bisher wurde kein Fall bekannt, in dem Zurückgeführte im Rahmen der Befragung psychisch oder physisch gefoltert worden sind. Der Chef der Judikativen hat explizit Exil-Iraner und Iranerinnen ermutigt, nach Iran zurückzukehren, und ihnen eine Rückkehr ohne Inhaftierung in Aussicht gestellt, sofern dies mit der iranischen Justiz koordiniert wird (S. 25).
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Nach den Reise- und Sicherheitshinweisen des Auswärtigen Amt für Iran, einschließlich Reisewarnung, droht selbst deutschen Staatsangehörigen bzw. Doppelstaatlern die konkrete Gefahr, willkürlich festgenommen, verhört und zu langen Haftstrafen verurteilt zu werden. In jüngster Zeit kam es zu einer Vielzahl willkürlicher Verhaftungen auch ausländischer Staatsangehöriger. Seit dem 18. September 2022 kommt es nach dem Tod einer jungen Iranerin nach ihrer Festnahme durch die Sittenpolizei in der Hauptstadt Teheran sowie in vielen weiteren Landesteilen zu Protesten und Auseinandersetzungen mit Sicherheitskräften. Polizei und Sicherheitskräfte gehen gewaltsam gegen Demonstrierende vor, es gibt Tote und Verletzte. Im räumlichen Umfeld von Demonstrationen kommt es zu willkürlichen Verhaftungen auch unbeteiligter ausländischer Staatsangehöriger. Es sind weitgehende Einschränkungen der Kommunikationsdienste zu beobachten (insbesondere mobiles Internet, Instagram, WhatsApp, VBNs) und weiter zu erwarten. Selbst Personen, die in der Vergangenheit ohne Probleme ein- und ausreisen konnten, können bei einem erneuten Aufenthalt willkürlich aufgrund zeitlich weit zurückliegender oder neuer Tatvorwürfe festgenommen werden. Strafrechtliche Vorschriften sind häufig so vage formuliert, dass eine Vielzahl möglicher Verhaltensweisen erfasst werden kann, ohne dass dies dem Betroffenen vorher deutlich sein muss. Die Rechtsprechung ist mitunter eindeutig politisch motiviert. Aufgrund im Iran weit ausgelegter Begriffe, wie zum Beispiel „nationale Sicherheit“, „Spionage“, „Terrorismus“ oder so genannter „Korruption auf Erden“ können zum Beispiel bloße Äußerungen, das Teilen, Kommentieren oder Liken von Beiträgen in sozialen Medien, aber auch persönliche Aufzeichnungen wie Tagebücher oder Notizen für eine Strafverfolgung ausreichen. Es kommt oft ohne nachvollziehbare Gründe zu Verhören und/oder Verhaftungen. Auch Familienangehörige von Inhaftierten werden regelmäßig unter Druck gesetzt. Auch in Deutschland getätigte Meinungsäußerungen und Handlungen können im Iran als regierungskritisch wahrgenommen werden und deshalb zu strafrechtlichen Konsequenzen führen. Gleiches gilt für regierungskritische Äußerungen im Internet bzw. das bloße Teilen oder Liken eines fremden Beitrags. Vor Reisen nach Iran wird gewarnt. Personen, die sich beabsichtigt oder zufällig am Umfeld von Demonstrationen aufhalten, droht die Festnahme und Verurteilung (Auswärtiges Amt, Iran: Reise- und Sicherheitshinweise, Reisewarnung, Stand: 2.1.2023, unverändert gültig seit 3.11.2022).
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Medienberichten ist zu entnehmen, dass seit Beginn der landesweiten Proteste bis in den November hinein, schon allein nach offiziellen Angaben, mehr als tausend Personen angeklagt worden sind. Fast 15.000 Menschen sind festgenommen worden, denen schwere Strafen drohen, um einen abschreckenden Effekt zu erzielen. Bei den seit Mitte September anhaltenden Protesten sind mindestens 318 Menschen getötet worden, darunter 49 Minderjährige und 38 Einsatzkräfte. Mit scharfer Munition wird direkt in Menschenmengen geschossen, teilweise auch mit kleinen Metallgeschossen, die wie Schrot zersplittern. Ärzte, die Verletzte behandeln wollen, werden daran gehindert und sind selbst von Repressalien bedroht. Selbst wer nicht direkt an den Demonstrationen teilnimmt, sondern sich selbst nur solidarisch erklärt oder die Gewalt des Staates verurteilt, gerät ins Visier des Regimes. Mehr als 14.000 Personen sind festgenommen worden; nicht alle davon sind selbst auf der Straße gewesen. Verhaftete werden im Staatsfernsehen öffentlich vorgeführt und vorverurteilt. Verschiedene Vorwürfe, wie etwa Krieg gegen Gott oder Korruption auf Erden, werden erhoben, auf denen in der islamischen Republik Iran die Todesstrafe steht. Die iranische Justiz wirft den Demonstranten subversive Aktivitäten vor, wie Angriffe auf die Sicherheitskräfte oder öffentliche Gebäude (vgl. Zeit-Online, Bereits mindestens tausend iranische Demonstranten angeklagt, vom 8.11.2022; tagesschau.de., Droht Protestteilnehmern die Todesstrafe? vom 7.11.2022; NZZ, Irans Regime droht seinen Gegnern mit der Todesstrafe vom 3.11.2022; FAZ, 1.000 Demonstranten im Teheran angeklagt vom 1.11.2022).
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Mittlerweile ziehen sich Proteste durch das ganze Land und die gesamte iranische Bevölkerung. Es gab Kundgebungen in 160 Städten. Das iranische Regime machte - nicht zum ersten Mal - das Ausland verantwortlich. Die Regierung ging und geht mit großer Brutalität gegen die Muslimen vor. Es gibt viele Videos von Polizeigewalt und Repressionen. Immer wieder gehen auch Einsatzkräfte in zivil gegen Demonstrierende vor. Inzwischen soll es bis heute nach Angaben von Menschenrechtsorganisationen rund 500 Tote geben, außerdem sollen mehr als 18.000 Menschen festgenommen worden sein. Auf Seiten der Einsatzkräfte des Regimes gab es demnach mehr als 60 Tote. Es gibt eine Reihe von Todesurteilen. Die ersten Verurteilten wurden hingerichtet, teilweise nach einem erzwungenen Geständnis, wobei das erpresste Geständnis seit vielen Jahren im Iran System hat. Auch auf Seiten der Demonstrierenden kommt es zu Gewalt bis hin zur Tötung von Einsatzkräften. Der Revolutionsführer Al Chamenei hat entschieden, auf nackte Gewalt zu setzen. Die Staatskräfte sind angewiesen, mit Härte vorzugehen und auch den Tod von Protestierenden in Kauf zu nehmen. Die Gewalt wird wahllos eingesetzt. Selbst zufällige Passanten, Jugendliche und Kinder bleiben nicht verschont. Inhaftierte berichten über lange Verhöre, Schläge, Schlafentzug und Drohungen, auch Familienangehörige festzunehmen. Geständnisse oder Reuebekenntnisse werden unter Folter erpresst und auf Video aufgenommen. Auch Augenzeugen und Familienangehörige werden drangsaliert (vgl. etwa zuletzt Deutschlandradio - Drei Monate Proteste im Iran vom 17.12.2022; Die Zeit, Gehängt im Namen Gottes vom 15.12.2022; FAZ, Iran warnt vor einem Bürgerkrieg vom 18.11.2022 sowie Amnesty International, Journal, „Frau, Leben, Freiheit“ vom 7.12.2022; „Mullah muss weg“ vom 5.12.2022; „Mindestens 21 Menschen von Todesstrafe bedroht“ vom 18.11.2022 sowie Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing-Notes vom 19.12.2022, 12.12.2022, 6.12.2022, 28.11.2022, 21.11.2022, 15.11.2022, 7.11.2022 usw.).
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Die iranische Regierung kennt weiterhin ausdrücklich keine Gnade. Sie sieht Feinde des Iran und deren Verbündete im Inland hinter den Protesten. Als Feinde begreift die iranische Führung die USA und Israel aber auch Saudi-Arabien, Großbritannien, Frankreich und Deutschland. Es gibt mehr als 500 Tode. Des Weiteren gibt es schwere Vorwürfe gegen Sicherheitskräfte im Iran, bewusst sexualisierte Gewalt gegen Demonstrantinnen einzusetzen bis hin zur Vergewaltigung (siehe FR, Keine Gnade im Iran vom 28.12.2022; NZZ, Schwere Vorwürfe gegen Polizisten im Iran: Vergewaltigen sie Demonstrantinnen? vom 25.12.2022).
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Nach dieser Erkenntnislage wirken die aktuellen landesweiten Unruhen und Proteste im Iran sowie die repressiven Gegenmaßnahmen durch den iranischen Staat bei einer Rückkehr gefahrbegründend bzw. gefahrerhöhend jedenfalls, wenn die asylsuchende Person schon zuvor wegen ihres Vorfluchtverhaltens und/oder wegen ihres Verhaltens im Ausland im Fokus der iranischen Sicherheitsbehörden stand und steht.
42
Gleichwohl ist nach der Erkenntnislage gesamtbetrachtend nicht davon auszugehen, dass jeder Iraner bzw. jede Iranerin, die sich im Ausland aufgehalten hat bei einer Rückkehr mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit mit politischer Verfolgung zu rechnen hat. Vielmehr ist auf den jeweiligen Einzelfall abzustellen. Konkret bleibt weiter im Einzelfall zu prüfen, ob jemand aufgrund seiner Aktivitäten im Iran bzw. exilpolitischen Aktivitäten von den iranischen Behörden als Regimegegner erkannt und identifiziert wird und im Falle einer Rückkehr deswegen mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit in Gefahr gerät. Angesichts der aktuellen Massenproteste im Iran und auch in Deutschland ist lebensfremd und unwahrscheinlich, dass jeglicher Teilnehmer unterschiedslos bei einer Rückkehr mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit mit flüchtlingsrelevanten Repressalien rechnen muss (ebenso VG Aachen, U.v. 16.12.2022 - 10 K 2871/18 A - juris Rn. 43 ff.; U.v. 5.12.2022 - 10 K 2406/20 A - juris Rn. 57 ff., vgl. ferner auch VG Berlin, U.v. 14.7.2022 - 3 K 427.19 A - juris Rn. 11).
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Nach diesem Lagebild ist nicht davon auszugehen, dass bei der Klägerin wegen ihrer behaupteten vereinzelten Teilnahme an einer Demonstration bzw. an sonstigen kürzeren Aktionen - selbst wenn man diese zu ihren Gunsten unterstellen wollte, obwohl ihr Vorbringen dazu wie ausgeführt äußerst zweifelhaft ist - eine mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohende Verfolgungsgefahr besteht.
44
Eine andere Beurteilung rechtfertigt sie auch nicht aus dem klägerischen Vorbringen betreffend die Verstöße gegen die Bekleidungsvorschriften, insbesondere gegen die Verpflichtung zur Tragung eines Hidschabs im Iran. Denn nach der eigens eingeholten Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 4. Oktober 2021 ist das Abziehen des Hidschabs zwar grundsätzlich mit 10 Tagen bis zwei Monaten und einer Geldstrafe strafbewährt. Sofern das Kopftuch aktiv in der Öffentlichkeit abgezogen wird (vor allem mit der Intention, gegen Kleidervorschriften zu protestieren), kann die Betreffende zudem mit 74 Peitschenhieben bestraft werden. Dem Richter steht bezüglich des Strafmaßes eines weites Ermessen zu, so dass er von kodifizierenden Strafrahmen abweichen kann. Dem Auswärtigen Amt sind weiter Fälle bekannt, in denen sogar mehrjährige Haftstrafen ausgesprochen worden sind. Demgegenüber ist jedoch laut Auswärtigen Amt festzuhalten, das in der iranischen Alltagsrealität nicht jedes Herunterziehen des Hidschabs, das den Behörden - wenn überhaupt - bekannt wird, strafrechtlich verfolgt wird - ignorieren oder mündliche Ermahnungen seitens der iranischen Behörden sind ebenso möglich. Im korruptionsanfälligen iranischen Justizsystem ist zudem in der Praxis ein Freikauf durchaus möglich.
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Auch wenn nach der - oben skizzierten - aktuellen Verfolgungs- und Sicherheitslage im Iran einerseits ein verschärftes Vorgehen der Sicherheitskräfte gerade bei Verstoß gegen Hidschab-Gebot anzunehmen ist, ist andererseits festzuhalten, dass nicht jeder Verstoß in der Praxis bekannt wird und geahndet wird. Abgesehen davon hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung am 2. Januar 2023 ausdrücklich berichtet, dass sie zwar schon in der Vergangenheit Probleme gehabt habe, einmal sei ihr auch der Führerschein entzogen und das Auto konfisziert worden, dies sei vor ca. sieben bis acht Jahren gewesen. Sie habe auch beim dritten geahndeten Verstoß eine Geldstrafe in Höhe von 300.000 Toman erhalten. Allerdings räumte sie selbst ein, dass in der letzten Zeit vor ihrer Ausreise (ca. ein Jahr) in dieser Beziehung nichts weiter vorgefallen sei. Es ist davon auszugehen, dass sich die Klägerin im Iran entweder an die Bekleidungsvorschriften gehalten hat bzw. bei Verstößen diese nicht geahndet worden sind. Deshalb scheint es durchaus zumutbar, dass die Kläger bei einer Rückkehr sich ebenfalls wieder an die religiösen Bekleidungsvorschriften in ihrem Land halten könnte. Jedenfalls hat die Klägerin zur Überzeugung des Gerichts nichts vorgebracht, dass ihr ein solches Verhalten etwa wegen einer identitätsprägenden Verwestlichung oder aus religiösen Gründen unzumutbar sein sollte, so dass nicht die Annahme getroffen werden kann, dass die Klägerin tatsächlich etwas aus einem inneren Zwang heraus gegen die Bekleidungsvorschriften verstoßen müsste und ihr deswegen mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit Verfolgungsmaßnahmen drohen würden (vgl. OVG LSA, U.v. 2.3.2022 - 4 LB 785/20 OVG - juris Rn. 55; VG Trier, U.v. 21.1.2022 - 11 K 3538/20.TR, 8036505 - juris S. 7 f.; VG Hamburg, U.v. 20.7.2021 - 10 A 5156/18 - juris Rn. 34; U.v. 7.7.2021 - 10 A 2109/19 - juris Rn. 43; VG Gießen, U.v. 4.6.2021 - 5 K 513/20.GI.A, 7758789- juris S. 9 f.; vgl. schon zum Erstverfahren VG Würzburg, U.v. 30.10.2017 - W 8 K 17.31240 - juris Rn. 34 ff.).
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Auch wenn nach alledem eine Verfolgung der Klägerin bei einer potentiellen Rückkehr in den Iran nicht mit letzter Sicherheit ausgeschlossen werden mag, besteht nach der Auskunftslage und der darauf basierenden Rechtsprechung nach Überzeugung des Gerichts jedenfalls keine beachtliche Wahrscheinlichkeit der Verfolgung bei einer Rückkehr in den Iran.
47
Schließlich ist auch nicht anzunehmen, dass der Klägerin sonst bei einer Rückkehr politische Verfolgung droht, etwa wegen des Auslandsaufenthalts oder der Asylantragstellung in Deutschland. Auslandsaufenthalte sind nicht verboten. Allein der Umstand, dass eine Person in Deutschland einen Asylantrag gestellt hat, löst bei Rückkehr keine staatlichen Repressionen aus; ausgenommen davon sind Personen, die - anders als hier - seitens der iranischen Sicherheitsbehörden als ernsthafte Regimegegner identifiziert wurden und an denen ein Verfolgungsinteresse besteht. Die Auswirkungen der aktuellen Proteste und der blutigen Niederschlagung auf mögliche Rückkehrende lässt sich im Augenblick nicht abschließend einschätzen. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass Rückkehrende verstärkt von den Sicherheitsdiensten überprüft werden. Bereits vor den aktuellen Protesten ist es in Einzelfällen zu einer Befragung durch Sicherheitsbehörden über den Auslandsaufenthalt gekommen. Insbesondere in Fällen, in denen Iran illegal verlassen worden ist, muss mit einer Befragung gerechnet werden. Bisher ist kein Fall bekannt geworden, in dem Zurückgeführte im Rahmen der Befragung psychisch oder physisch gefoltert wurden. Exiliraner werden explizit ermutigt zurückzukehren; ihnen wird bei Koordinierung mit der iranischen Justiz eine Rückkehr ohne Inhaftierung in Aussicht gestellt. Personen, die das Land illegal verlassen und sonst keine weiteren Straftaten begangen haben, können von iranischen Auslandsvertretungen ein Passersatzpapier bekommen und in den Iran zurückkehren. Abgesehen davon akzeptiert die iranische Regierung unter Verweis auf die Verfassung grundsätzlich ausschließlich freiwillige Rückkehr (Freizügigkeit). Nur bei unterstützter Rückkehr (also im weiteren Sinne auch Umwandlung von Abschiebung in „freiwillige“ Rückkehr durch finanzielle oder sonstige Anreize) ist eine Kooperation realistisch. Konsularkonsultationen über eine Zusammenarbeit bei der Rückführung sind, insbesondere hinsichtlich der Rücknahme schwerer Straftäter, waren noch nicht erfolgreich (siehe zum Ganzen Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der islamischen Republik Iran, Stand Dezember 2020 vom 5.2.2021, S. 25 f.; Stand 23.12.2021 vom 28.1.2022, S. 4 f. und 21 f.; Stand 18.11.2022 vom 30.11.2022, S. 5 und S. 25 sowie OVG NRW, U.v. 6.9.2021 - 6 A 139/19.A - juris Rn. 74; vgl. im Übrigen VG Würzburg, U.v. 2.1.2020- juris Rn. 36; U.v. 19.8.2019 - W 8 K 19.30846 - juris Rn. 42 jeweils m.w.N. zur Rspr.).
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Nach dem vorstehend Gesagten sind weiter insgesamt betrachtet keine Anhaltspunkte ersichtlich, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des subsidiären Schutzes gemäß § 4 AsylG vorliegen, weil wie schon ausgeführt bei der Klägerin ein ernsthafter Schaden nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit droht.
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Des Weiteren bestehen auch keine Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG, wie das Bundesamt im streitgegenständlichen Bescheid ebenfalls schon zutreffend ausgeführt hat. Insofern ist von einem Regelfall gemeinsamer Rückkehr im Familienverband auszugehen (vgl. BayVGH, U.v. 29.10.2020 - 14 B 20.30408 - InfAuslR 2021, 130 - juris LS 3 und Rn. 66).
50
Schließlich sind auch die Ausreiseaufforderung und die Abschiebungsandrohung nicht zu beanstanden. Auch insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Bundesamtsbescheid Bezug genommen und von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen (§ 77 Abs. 2 AsylG).
51
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylG.