Inhalt

BayObLG, Beschluss v. 11.10.2023 – 207 StRR 306/23
Titel:

Keine Feststellung der weiteren Ersatzpflicht im Adhäsionsverfahren neben einem Grundurteil über Schmerzensgeld

Normenketten:
StPO § 406 Abs. 1 S. 3, § 354 Abs. 1
BGB § 253 Abs. 2
Leitsätze:
Im Hinblick auf den Grundsatz der Einheitlichkeit des Schmerzensgeldes verbleibt neben einem – den noch nicht bezifferbaren Schmerzensgeldanspruch betreffenden – Grundurteil für eine gesonderte Feststellung der Ersatzpflicht für weitere immaterielle Schäden kein Raum. Ein dennoch erfolgter Feststellungsausspruch im Adhäsionsverfahren ist daher vom Revisionsgericht aufzuheben und in entsprechender Anwendung von § 354 Abs. 1 StPO von einer Entscheidung abzusehen (§ 406 Abs. 1 S. 3 StPO). (Rn. 4) (red. LS Alexander Kalomiris)
Im Hinblick auf den Grundsatz der Einheitlichkeit des Schmerzensgeldes verbleibt neben einem – den noch nicht bezifferbaren Schmerzensgeldanspruch betreffenden – Grundurteil für eine gesonderte Feststellung der Ersatzpflicht für weitere immaterielle Schäden kein Raum. Ein dennoch erfolgter Feststellungsausspruch im Adhäsionsverfahren ist daher vom Revisionsgericht aufzuheben und in entsprechender Anwendung von § 354 Abs. 1 StPO von einer Entscheidung abzusehen (§ 406 Abs. 1 S. 3 StPO). (Redaktioneller Leitsatz)   (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Adhäsionsverfahren, Schmerzensgeld, Grundurteil, Feststellungsanspruch, immaterielle Schäden, Absehen von einer Entscheidung
Vorinstanz:
LG Kempten, Urteil vom 24.05.2023 – 4 Ns 420 Js 11423/20
Fundstelle:
BeckRS 2023, 27985

Tenor

I. Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Kempten (Allgäu) vom 24. Mai 2023 wird mit der Maßgabe als unbegründet verworfen, dass die im Adhäsionsausspruch festgestellte Ersatzpflicht des Angeklagten für weitere immaterielle Schäden des Adhäsionsklägers entfällt; insoweit und im Übrigen wird von einer Entscheidung im Adhäsionsverfahren abgesehen.
II. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels, die durch das Adhäsionsverfahren entstandenen besonderen Kosten und die dem Neben- und Adhäsionskläger in der Revisionsinstanz entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Gründe

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1. Die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Revision hat hinsichtlich des Schuld- und Rechtsfolgenausspruches keine Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO). Zur weiteren Begründung wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffende Stellungnahme der Generalstaatsanwaltschaft in ihrer Antragsschrift vom 14. September 2023 Bezug genommen. Ergänzend ist lediglich der Hinweis veranlasst, dass das Landgericht zwar nach Anwendung des Regelstrafrahmens im Rahmen der Strafzumessung im engeren Sinn die Tatsache des bloßen Versuchs nicht ausdrücklich strafmildernd berücksichtigt hat (vgl. Fischer, StGB, 70. Aufl., § 23 Rdn. 3 m. w. N.). Angesichts der umfangreichen Ausführungen zu § 23 Abs. 2 StGB (UA S. 18) schließt der Senat jedoch aus, dass ihm diese Tatsache bei der Strafzumessung aus dem Blick geraten sein könnte.
2
2. Der Adhäsionsausspruch bedarf allerdings im tenorierten Umfang der Korrektur.
3
Entgegen der Auffassung der Revision sind die Adhäsionsanträge zwar aus den in der Antragsschrift der Generalstaatsanwaltschaft vom 14. September 2023 dargestellten Gründen (vgl. auch Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 66. Aufl., § 404 Rdn. 2) wirksam gestellt.
4
Da vom Nebenkläger jedoch hinsichtlich des Schmerzensgeldes ein Leistungsurteil begehrt worden war, aber nur ein Grundurteil ergangen ist, hat das Landgericht der Sache nach im Übrigen von einer Entscheidung über die Adhäsionsanträge gemäß § 406 Abs. 1 Satz 3 und 4 StPO abgesehen, was auch im Tenor zum Ausdruck kommen muss (vgl. BGH, Beschluss vom 15.10.2015, 1 StR 477/15, zitiert nach juris); diesen Ausspruch holt der Senat daher nach. Darüber hinaus wird aus den Urteilsgründen nicht ersichtlich, weshalb es neben dem – den noch nicht bezifferbaren Schmerzensgeldanspruch betreffenden – Grundurteil noch des Feststellungsausspruchs zu „weiteren immateriellen Schäden“ bedurfte. Damit aber verbleibt im Hinblick auf den Grundsatz der Einheitlichkeit des Schmerzensgeldes für eine gesonderte Feststellung einer Ersatzpflicht für weitere immaterielle Schäden kein Raum, zumal die Bezifferung des dem Grunde nach ausgeurteilten Schmerzensgeldanspruchs dem Betragsverfahren vorbehalten ist (vgl. BGH, Beschluss vom 30.11.2021, 1 StR 426/21, zitiert nach juris). Insoweit war daher der Feststellungsausspruch aufzuheben und in entsprechender Anwendung von § 354 Abs. 1 StPO ebenfalls von einer Entscheidung abzusehen (§ 406 Abs. 1 Satz 3 StPO).
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3. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 473 Abs. 1 Sätze 1 und 2, Abs. 4, 472a Abs. 1 und 2 StPO. Angesichts des geringen Erfolgs der Revision ist es nicht unbillig, den Angeklagten mit den gesamten Kosten seines Rechtsmittels und den notwendigen Auslagen des Nebenklägers zu belasten (§ 473 Abs. 4 StPO). Gleiches gilt für die durch das Adhäsionsverfahren entstandenen Kosten und notwendigen Auslagen des Adhäsionsklägers (§ 472a Abs. 2 StPO).