Inhalt

VGH München, Beschluss v. 21.02.2023 – 19 ZB 23.45
Titel:

Erfolgloser Berufungszulassungsantrag eines USAmerikaners gegen Ausweisung

Normenketten:
VwGO § 124a Abs. 4 S. 4, Abs. 5 S. 2
AufenthG § 53, § 54 Abs. 1 Nr. 1a
StAG § 5 Abs. 1
Leitsatz:
Maßgeblicher Zeitpunkt für die rechtliche Beurteilung der Ausweisung ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung oder bei der Entscheidung über den Antrag auf Zulassung der Berufung der Zeitpunkt der Entscheidung des Berufungsgerichts (stRspr, vgl. BVerwG BeckRS 2017, 107747; BeckRS 2013, 56760). (Rn. 8) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Ausweisung, Einbürgerungsverfahren, Berufungszulassungsverfahren, ernstliche Richtigkeitszweifel, Ausländerrecht, Straftaten, USAmerikaner, Ausweisungsinteresse
Vorinstanz:
VG Würzburg, Urteil vom 07.11.2022 – W 7 K 21.471
Fundstellen:
InfAuslR 2023, 190
LSK 2023, 2790
BeckRS 2023, 2790

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger hat die Kosten des Berufungszulassungsverfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert für das Berufungszulassungsverfahren wird auf 5.000,00 Euro festgesetzt.

Gründe

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Der Antrag auf Zulassung der Berufung bleibt ohne Erfolg.
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Der am ... 1990 im Bundesgebiet als Sohn einer USamerikanischen Mutter und eines deutschen Vaters (Vaterschaftsanerkennung am ... 1991) geborene, ledige und seit 1. Juni 1993 fortlaufend (zuletzt bis 2.4.2021) verlängerte Aufenthaltserlaubnisse aus familiären Gründen besitzende Kläger, ein USamerikanischer Staatsangehöriger, wendet sich gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 7 November 2022, durch das seine Klage gegen den Bescheid des Beklagten vom 9. März 2021 abgewiesen worden ist. Mit diesem Bescheid hat der Beklagte den Kläger aus der Bundesrepublik Deutschland ausgewiesen (Nr. 1 des Bescheids), gegen ihn ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet, das unter der Bedingung, dass der Kläger zum Ablauf der Frist durch Vorlage einer geeigneten Bescheinigung gegenüber der deutschen Auslandsvertretung nachweist, in der Zwischenzeit nicht mehr straffällig geworden zu sein, auf die Dauer von vier Jahren ab Ausreise, im Übrigen auf die Dauer von sieben Jahren ab Ausreise befristet worden ist (Nr. 2 des Bescheids), und ihm unter Setzung einer Frist zur freiwilligen Ausreise von 30 Tagen nach Bekanntgabe des Bescheides die Abschiebung, insbesondere nach Amerika, angedroht (Nr. 3 des Bescheids). Mit Schriftsatz vom 4. November 2022 änderte der Beklagte die Nr. 3 des Bescheids dahingehend, dass die Wörter „nach Bekanntgabe“ durch die Wörter „ab Unanfechtbarkeit“ und das Wort „Amerika“ durch die Wörter „Vereinigte Staaten von Amerika“ ersetzt wurden.
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Zur Begründung führt das Verwaltungsgericht an, die Klage sei unzulässig, soweit sie auf Aufhebung bzw. Feststellung der Rechtswidrigkeit der Ausreisefristsetzung in Ziffer 3 Satz 1 des streitgegenständlichen Bescheids vom 9. März 2021 gerichtet sei. Soweit das Klagebegehren auf Aufhebung von Ziffer 1, 2 und der übrigen Regelungen in Ziffer 3 gerichtet sei, erweise sich die Klage als zwar zulässig, aber unbegründet. Die Ausweisungsverfügung unter Ziffer 1 des streitgegenständlichen Bescheids sei rechtmäßig. Bei dem Kläger handle es sich im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung um einen USamerikanischen Staatsbürger, mithin um einen Ausländer i.S.d. § 53 Abs. 1 AufenthG, gegenüber dem der Erlass einer Ausweisungsverfügung zulässig sei. Zwar habe der Kläger gegenüber dem Landratsamt A. mit Schriftsatz vom 4. November 2021 erklärt, dass er durch Erklärung nach § 5 Abs. 1 StAG die deutsche Staatsangehörigkeit erwerben wolle. Allerdings sei gegen den Kläger bereits zu diesem Zeitpunkt aufgrund der mittlerweile im rechtskräftigen Urteil des Amtsgerichts O.a.M. vom 19. September 2022 abgeurteilten Taten strafrechtlich ermittelt worden. Zudem sei ein weiteres strafrechtliches Ermittlungsverfahren wegen des Besitzes von Marihuana nach § 154 StPO in Bezug auf diese Tat im prozessualen Sinn eingestellt und zur Verfolgung einer Verkehrsordnungswidrigkeit gemäß § 24a StVG an die Verwaltungsbehörde abgegeben worden. Das staatsangehörigkeitsrechtliche Verfahren des Klägers sei derzeit ausgesetzt (§ 5 Abs. 1 Satz 2, § 12a Abs. 3 StAG), weshalb der Kläger zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung die deutsche Staatsangehörigkeit nicht erworben habe. Auf die Möglichkeit des Erwerbs der deutschen Staatsangehörigkeit sei der Kläger auch hingewiesen worden, insbesondere im Jahr 2007. Tatsächlich um den Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit bemüht habe er sich jedoch erst unter dem Eindruck des streitgegenständlichen Bescheids. Erwächse die Ausweisung in Bestandskraft, könne bei Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit ggf. nachträglich das Wiederaufgreifen des Verfahrens nach Art. 51 BayVwVfG beantragt werden. Der Beklagte habe auch zu Recht angenommen, dass von dem persönlichen Verhalten des Klägers eine konkrete Wiederholungsgefahr in Bezug auf die Begehung weiterer Straftaten und damit eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung durch seinen Aufenthalt im Bundesgebiet gemäß § 53 Abs. 1 AufenthG ausgehe. Die – bei Vorliegen einer tatbestandsmäßigen Gefährdungslage nach § 53 Abs. 1 AufenthG – unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls nach § 53 Abs. 2 AufenthG vorzunehmende Abwägung der Ausweisungsinteressen mit dem Bleibeinteresse des Klägers ergebe vorliegend, dass das öffentliche Interesse an der Ausweisung des Klägers überwiege. Daneben könne die Ausweisung des Klägers auch rechtmäßiger Weise auf generalpräventive Erwägungen gestützt werden. Die Ausweisung sei auch zur Gefahrenabwehr geeignet, erforderlich und angemessen und somit verhältnismäßig. Auch die unter Ziffer 2 des streitgegenständlichen Bescheids erfolgte Anordnung und Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots begegne keinen rechtlichen Bedenken. Auch die übrigen Bestandteile der Ausreiseaufforderung und Abschiebungsandrohung in Ziffer 3 des streitgegenständlichen Bescheids, die durch den Änderungsbescheid des Beklagten vom 4. November 2022 nicht aufgehoben worden seien, begegneten keinen rechtlichen Bedenken und entsprächen den gesetzlichen Anforderungen des § 50 Abs. 1, § 58 und § 59 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 AufenthG.
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Das der rechtlichen Überprüfung durch den Senat ausschließlich unterliegende Vorbringen in der Begründung des Zulassungsantrags (§ 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO) rechtfertigt keine Zulassung der Berufung. Der ausschließlich geltend gemachte Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), dessen Beurteilung sich grundsätzlich nach dem Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs richtet (vgl. z.B. BVerwG, U.v. 15.1.2013 – 1 C 10.12 – juris Rn. 12), sodass eine nachträgliche Änderung der Sach- und Rechtslage bis zum Zeitpunkt der Entscheidung in dem durch die Darlegung des Rechtsmittelführers vorgegebenen Prüfungsrahmen zu berücksichtigen ist (BayVGH, B.v. 20.2.2017 – 10 ZB 15.1804 – juris Rn. 7), liegt nicht vor. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils ergeben sich aus dem Zulassungsvorbringen des Klägers auch unter Berücksichtigung der aktuellen Entwicklung nicht.
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Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts bestünden nur dann, wenn die Klägerseite im Zulassungsverfahren einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten infrage gestellt hätte (BVerfG, B.v. 10.9.2009 – 1 BvR 814/09 – juris Rn. 11; B.v. 9.6.2016 – 1 BvR 2453/12 – juris Rn. 16). Solche schlüssigen Gegenargumente liegen bereits dann vor, wenn im Zulassungsverfahren substantiiert rechtliche oder tatsächliche Umstände aufgezeigt werden, aus denen sich die gesicherte Möglichkeit ergibt, dass die erstinstanzliche Entscheidung unrichtig ist (BVerfG, B.v. 20.12.2010 – 1 BvR 2011/10 – juris Rn. 19). Es reicht nicht aus, wenn Zweifel lediglich an der Richtigkeit einzelner Rechtssätze oder tatsächlicher Feststellungen bestehen, auf welche das Urteil gestützt ist. Diese müssen vielmehr zugleich Zweifel an der Richtigkeit des Ergebnisses begründen. Das wird zwar regelmäßig der Fall sein. Jedoch schlagen Zweifel an der Richtigkeit einzelner Begründungselemente nicht auf das Ergebnis durch, wenn das angefochtene Urteil sich aus anderen Gründen als richtig darstellt (BVerwG, B.v. 10.3.2004 – 7 AV 4/03 – juris Rn. 9).
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Zur Begründung des Zulassungsgrundes der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils lässt der Kläger vortragen, das angegriffene Urteil stehe unter dem Vorbehalt, dass der Kläger nicht doch noch die deutsche Staatsangehörigkeit erwerben könne. Der Kläger sei am ... 1990 als nicht eheliches Kind einer amerikanischen Mutter und eines deutschen Vaters geboren worden. Nach der zum Zeitpunkt der Geburt geltenden Rechtslage habe ein nicht eheliches Kind die deutsche Staatsangehörigkeit nur dann erwerben können, wenn die Mutter deutsche Staatsangehörige gewesen sei. Da jedoch eine wirksame Vaterschaftsanerkennung durch den nicht ehelichen deutschen Vater vorliege, stehe dem Kläger ein Erklärungsrecht nach § 5 StAG zu. Der Kläger habe davon am 4. November 2021 gegenüber dem Landratsamt A. Gebrauch gemacht und eine Erklärung zum Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit abgegeben. Das Einbürgerungsverfahren habe jedoch nicht zu Ende gebracht werden können, weil der Kläger seinen Wohnort im Landkreis A. aufgegeben habe. Der Kläger sei in das Stadtgebiet A. gezogen, habe sich jedoch aus formalen Gründen nicht anmelden können. Inzwischen habe jedoch der Kläger wieder einen Wohnsitz im Landkreis A. begründet. Mit dem der Zulassungsbegründung beigefügten Schreiben vom 5. Dezember 2022 habe die Einbürgerungsbehörde des Landratsamtes A. das Einbürgerungsverfahren nach § 5 Abs. 1 StAG fortgesetzt. Fehlerhaft mache jedoch die Einbürgerungsbehörde einen Ausschlussgrund im Sinne des § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG i.V.m. § 54 Abs. 1 Nr. 2 oder 4 AufenthG geltend. Dem Kläger stehe nach § 5 Abs. 1 StAG ein Einbürgerungsanspruch zu und ein Ausschlussgrund aufgrund der Vorstrafen des Klägers sei nicht gegeben. Der Ausschlussgrund nach § 5 Abs. 1 StAG verlange eine Freiheits- oder Jugendstrafe wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten von zwei Jahren oder mehr. Der Kläger habe durch Urteil des Amtsgerichts O. vom 5. August 2019 wegen Diebstahls unter Einbeziehung von Verurteilungen vom 10. Januar 2019 und 7. März 2019 eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und mit Urteil des Amtsgerichts O. vom 12. März 2015 wegen Sachbeschädigung eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten bekommen, daneben noch Geldstrafen. Anders als nach § 12a Abs. 1 Satz 2 StAG, der im Rahmen des § 5 Abs. 1 StAG nicht entsprechend anwendbar sei, finde nach § 5 Abs. 1 StAG bei mehreren Verurteilungen keine Addition von Geld- und Freiheitsstrafen statt. Das von der Einbürgerungsbehörde geltend gemachte besonders schwerwiegende Ausweisungsinteresse im Sinne des § 54 Abs. 1 Nr. 1a AufenthG sei kein Ausschlussgrund nach § 5 Abs. 1 i.V.m. § 11 StAG. Im Übrigen sei dieser Tatbestand auch nicht erfüllt, weil der Kläger nicht wegen vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden sei. Ebenso wenig seien schwerwiegende Ausweisungsgründe nach § 54 Abs. 2 Nr. 1, 4 und 9 AufenthG Ausschlussgründe nach § 5 Abs. 1 i.V.m. § 11 StAG. Das Landratsamt A. habe mit Schreiben vom 2. Februar 2023 nunmehr mitgeteilt, dass ein Ausschlussgrund nach § 11 StAG nicht vorliege. Lediglich Auskünfte von beteiligten Behörden müssten noch abgewartet werden.
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Mit seinem Zulassungsvorbringen hat der Kläger die Entscheidung des Verwaltungsgerichts nicht ernstlich im Sinn des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO in Zweifel gezogen.
8
Der Kläger lässt mit Schriftsatz vom 13. Februar 2023 insoweit zutreffend ausführen, dass maßgeblich für die rechtliche Beurteilung der Ausweisung die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung oder – wie hier bei der Entscheidung über den Antrag auf Zulassung der Berufung – der Entscheidung des Berufungsgerichts ist (stRspr, vgl. BVerwG, U.v. 22.02.2017 – 1 C 3/16 – juris Rn. 18; U.v. 30.7.2013 – 1 C 9.12 – juris Rn. 8 m.w.N.).
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Zu diesem maßgeblichen Zeitpunkt ist der Kläger weiterhin Ausländer i.S.d. § 53 Abs. 1 AufenthG. Unabhängig davon, ob es zutrifft, dass – wie der Kläger meint – seine Einbürgerung nunmehr „konkret absehbar“ ist (vgl. Schriftsatz vom 13.2.2023), benennt der Kläger insoweit keine Norm, die seine Auffassung, die Ausweisungsentscheidung und die Entscheidung des Verwaltungsgerichts hätten sich überholt und eine Ausweisung, deren Verfallsdatum auf der Stirn geschrieben sei, sei bereits rechtswidrig, stützen würde. Eine solche ist auch nicht ersichtlich.
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Soweit der Kläger in seinem Zulassungsvorbringen Ausführungen zum besonders schwerwiegenden Ausweisungsinteresse nach § 54 Abs. 1 Nr. 1a AufenthG machen lässt (das von der Einbürgerungsbehörde geltend gemachte besonders schwerwiegende Ausweisungsinteresse im Sinne des § 54 Abs. 1 Nr. 1a AufenthG sei kein Ausschlussgrund nach § 5 Abs. 1 i.V.m. § 11 StAG), bezieht sich dieses Vorbringen unzweifelhaft auf das Einbürgerungsverfahren. Zudem zieht der Kläger das besonders schwerwiegende Ausweisungsinteresse nach § 54 Abs. 1 Nr. 1a AufenthG damit nicht in Zweifel, zumal zuvor im Zulassungsvorbringen wiedergegeben wird, dass der Kläger durch strafgerichtliches Urteil vom 5. August 2019 wegen Diebstahls unter Einbeziehung von Verurteilungen vom 10. Januar 2019 und 7. März 2019 zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt worden ist. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem im Zulassungsvorbringen im Anschluss an den oben wiedergegebenen Vortrag („Das von der Einbürgerungsbehörde geltend gemachte besonders schwerwiegende Ausweisungsinteresse im Sinne des § 54 Abs. 1 Nr. 1a AufenthG ist kein Ausschlussgrund nach § 5 Abs. 1 i.V.m. § 11 StAG.“) getätigte Vorbringen, im Übrigen sei „dieser Tatbestand“ auch nicht erfüllt, weil der Kläger nicht wegen vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden sei. Denn der Kläger meint mit „dieser Tatbestand“ unzweifelhaft den Tatbestand des § 5 Abs. 1 StAG. Dass der Kläger insoweit ausführt, dass er nicht zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von „mindestens einem Jahr“ verurteilt worden sei, kann lediglich als Versehen angesehen werden (gemeint war offensichtlich ‚von mindestens zwei Jahren‘). Denn nach dem Gesetzeswortlaut des § 5 Abs. 1 StAG dürfen die Betroffenen nicht wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe „von zwei Jahren oder mehr verurteilt worden sein“. Im Rahmen des § 54 Abs. 1 Nr. 1a AufenthG reicht hingegen die rechtskräftige Verurteilung zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr. Sollte der Kläger mit seinen Ausführungen doch beabsichtigt haben, die verwaltungsgerichtliche Annahme eines besonders schwerwiegenden Ausweisungsinteresses nach § 54 Abs. 1 Nr. 1a AufenthG in Zweifel zu ziehen, wird das Zulassungsvorbringen insoweit dem Darlegungsgebot nach § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO nicht gerecht. Eine substantiierte Auseinandersetzung mit den weiteren Ausführungen des Verwaltungsgerichts zu § 54 Abs. 1 Nr. 1a AufenthG („Die drei Fälle des Diebstahls (Tatzeitraum: 1. bis 9. September 2018), wegen derer der Kläger mit strafgerichtlichen Urteil vom 5. August 2019 rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt wurde, wurden auch serienmäßig begangen i.S.d. § 54 Abs. 1 Nr. 1a Buchst. d) Alt. 2 AufenthG“) enthält das Zulassungsvorbringen nicht.
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Die vom Verwaltungsgericht angenommenen schwerwiegenden Ausweisungsinteressen nach § 54 Abs. 2 Nr. 1 und 9 AufenthG zieht der Kläger mit seinem Zulassungsvorbringen ebenfalls nicht in Zweifel, sondern macht lediglich geltend, dass die schwerwiegenden Ausweisungsgründe nach § 54 Abs. 2 Nr. 1, 4 und 9 AufenthG ebenso wenig Ausschlussgründe nach § 5 Abs. 1 i.V.m. § 11 StAG seien.
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Die übrigen Ausführungen des Verwaltungsgerichts zur Ausweisung, zur Anordnung und Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots sowie zur Ausreiseaufforderung und Abschiebungsandrohung greift das Zulassungsvorbringen schon gar nicht an.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 63 Abs. 3 Satz 1, § 47, § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Ziff. 8.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013.
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Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).