Inhalt

VGH München, Beschluss v. 01.02.2023 – 24 CS 23.137, 24 CS 22.737
Titel:

Gegenvorstellung gegen Beschluss des OVG unstatthaft

Normenketten:
VwGO § 80 Abs. 5, Abs. 7, § 152a
WaffG § 5 Abs. 1 Nr. 2 lit. b, Abs. 2 Nr. 5
Leitsätze:
1. Seit Inkrafttreten von § 152a VwGO sind Gegenvorstellungen grds. nicht mehr statthaft, denn Rechtsmittel und Rechtsbehelfe gegen verwaltungsgerichtliche Urteile und Beschlüsse sind in der VwGO abschließend aufgeführt und die Gegenvorstellung gehört nicht dazu. (Rn. 2) (redaktioneller Leitsatz)
2. Nur soweit gerichtliche Entscheidungen durch den iudex a quo frei abänderbar sind, kann das Gericht einer Gegenvorstellung Rechnung tragen. (Rn. 3 – 4) (redaktioneller Leitsatz)
3. Bei einem Beschwerdeverfahren im Rahmen eines Eilverfahrens gem. § 80 Abs. 5 VwGO findet eine Beweisaufnahme regelmäßig nicht statt, sondern nur eine summarische Prüfung. (Rn. 5 – 8) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Gegenvorstellung (nicht statthaft), Gegenvorstellung, Anhörungsrüge, iudex a quo, Gericht der Hauptsache, Amtsaufklärungspflicht, Aufbewahrungsverstoß, Waffenrecht
Vorinstanzen:
VGH München, Beschluss vom 16.05.2022 – 24 CS 22.737
VG Regensburg, Beschluss vom 22.02.2022 – RN 4 S 21.2199
VGH München, Beschluss vom 17.11.2022 – 24 CS 22.1522
Fundstelle:
BeckRS 2023, 2761

Tenor

I. Die Gegenvorstellung wird verworfen.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe

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1. Die Gegenvorstellung ist nicht statthaft und daher zu verwerfen.
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Seit Inkrafttreten von § 152a VwGO sind Gegenvorstellungen grundsätzlich nicht mehr statthaft, denn Rechtsmittel und Rechtsbehelfe gegen verwaltungsgerichtliche Urteile und Beschlüsse sind in der Verwaltungsgerichtsordnung abschließend aufgeführt und die Gegenvorstellung gehört nicht dazu (BayVGH, B.v. 18.8.2021 – 24 ZB 21.31134 – nicht veröffentlicht; BVerwG, B.v. 11.4.2017 − 6 C 28.16 − juris Rn. 2; B.v. 12.3.2013 – 5 B 9.13 – juris – Rn. 6; B.v. 5.7.2012 – 5 B 24/12 u.a. – juris Rn. 2; BFH, B.v. 1.7.2009 – V S 10/07 – juris Rn. 14 mit Hinweis auf BVerfG, B.v. 25.11.2008 – 1 BvR 848/07 – BVerfGE 122, 190; vgl. Stuhlfauth in Bader/Funke-Kaiser/Stuhlfauth/von Albedyll, Verwaltungsgerichtsordnung, 8. Aufl. 2021, Vorbemerkung zu §§ 124 ff. Rn. 3; a.A. BSG, B.v. 28.7.2005 – B 13 RJ 178/05 B – juris Rn. 4).
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Nur soweit gerichtliche Entscheidungen durch den iudex a quo frei abänderbar sind, z.B. im Rahmen der Gewährung von Prozesskostenhilfe oder der Festsetzung des Streitwerts, kann das Gericht einer Gegenvorstellung Rechnung tragen (BVerwG, B.v. 27.5.2016 – 3 B 25.16 – juris Rn. 2; BFH a.a.O. Rn. 15; Happ in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, Vorbemerkung § 124 Rn. 7; Rudisile in Schoch/Schneider, Verwaltungsrecht, Stand August 2022 – Vorbemerkung § 124 VwGO Rn. 9, 12).
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Ein solcher Fall liegt hier nicht vor, denn nur das Gericht der Hauptsache kann nach § 80 Abs. 7 VwGO Beschlüsse über Anträge nach § 80 Abs. 5 VwGO jederzeit ändern oder aufheben. Der Verwaltungsgerichtshof ist nicht das Gericht der Hauptsache, denn die Klage ist derzeit noch beim Verwaltungsgericht anhängig. Eine Möglichkeit, seine Beschwerdeentscheidung zu ändern, steht dem Verwaltungsgerichtshof nicht zu und Gegenvorstellungen sind daher ausgeschlossen (Schenke in Kopp/Schenke, VwGO, 28. Aufl. 2022, § 80 Rn. 188; BayVGH, B.v. 22.11.2012 – 3 CE 12.1826 – juris Rn. 2).
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2. Selbst wenn die Gegenvorstellung als statthaft angesehen würde, könnte sie keinen Erfolg haben, weil das Vorbringen keinen Anlass gibt, den angefochtenen Beschluss des Senats zu ändern, insbesondere keinen offensichtlichen Gesetzeswiderspruch oder grobes prozessuales Unrecht aufzeigt (vgl. zu den Anforderungen: BVerwG, B.v. 3.5.2011 – 6 KSt 1.11 – juris Rn. 5 m.w.N.; B.v. 20.2.2017 – 5 B 56.16 – juris Rn. 3).
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Der Antragsteller bemängelt, der Senat hätte den Sachverhalt weiter aufklären müssen, denn die Pflicht zur Amtsaufklärung bestehe auch in der Berufungsinstanz. Dabei übersieht er, dass es sich im Verfahren 24 CS 22.737 um ein Beschwerdeverfahren im Rahmen eines Eilverfahrens gemäß § 80 Abs. 5 VwGO gehandelt hat, in dem eine Beweisaufnahme regelmäßig nicht stattfindet, sondern nur eine summarische Prüfung erfolgt (vgl. Hoppe in Eyermann, VwGO, § 80 Rn. 103).
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Der Antragsteller trägt weiter vor, der Beschluss sei widersprüchlich, da der Senat festgestellt habe, es stehe nicht fest, ob er einen Aufbewahrungsverstoß begangen habe, gleichwohl aber von offenen Erfolgsaussichten ausgegangen sei. Ein solcher Widerspruch ist nicht erkennbar, denn der Senat hat nicht festgestellt, dass der Antragsteller keinen Aufbewahrungsverstoß begangen hat, sondern hat diesbezüglich weiteren Aufklärungsbedarf gesehen, dem im Klageverfahren nachgekommen werden muss. Damit war zum Zeitpunkt der Beschlussfassung des Senats ungeklärt, ob das Landratsamt zutreffend von einem gröblichen Verstoß gegen die Waffengesetze i.S.d. § 5 Abs. 2 Nr. 5 WaffG oder einer absoluten Unzuverlässigkeit des Antragstellers nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b WaffG ausgegangen ist und die Erfolgsaussichten der Klage waren offen. Ob diese Frage durch den weiteren Vortrag und die weiteren Ermittlungen des Antragstellers nunmehr aufgeklärt werden kann, ist im Klageverfahren zu prüfen und zu beurteilen.
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Soweit der Antragsteller kritisiert, das Gericht habe sich in seinem Beschluss vom 16. Mai 2022 nicht mit der Frage befasst, ob die Verpflichtung zur Überlassung der Waffe der Marke Brünner nicht schon deshalb rechtswidrig gewesen sei, weil der Antragsteller die Waffe nicht mehr besessen habe, wird nochmals darauf hingewiesen, dass im Beschwerdeverfahren nur die Gründe geprüft werden, die fristgerecht vorgetragen worden sind (§ 146 Abs. 4 Satz 1 und 6 VwGO; B.v. 16.5.2022 – 24 CS 22.737 – juris Rn. 11). Die Beschwerdebegründung hat sich mit dieser Frage aber nicht auseinandergesetzt.
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3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, da es sich bei der Gegenvorstellung nicht um ein Rechtsmittel i.S.d. § 154 Abs. 2 VwGO handelt.
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4. Eine Streitwertfestsetzung für das Verfahren zur Prüfung der Gegenvorstellung ist entbehrlich, weil dieses gerichtsgebührenfrei ist und Kosten nicht erstattet werden.
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5. Dieser Beschluss ist nach § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.