Titel:
Anfechtung einer Jahresabrechnung
Normenkette:
WEG § 23, § 24, § 28 Abs. 2, § 29, § 44
Leitsätze:
1. Eine Teilanfechtung des Beschlusses über die Jahresabrechnung ist nicht mehr möglich. (Rn. 18 – 19) (redaktioneller Leitsatz)
2. Formelle Fehler bei der Prüfung der Abrechnung durch den Beirat (hier Beteiligung von Nichteigentümern) führen nicht zur Anfechtbarkeit des Beschlusses. (Rn. 21 – 22) (redaktioneller Leitsatz)
3. Hat der Kläger in der Versammlung die Anwesenheit Dritter nicht gerügt, ist ihm eine Anfechtung aus diesem Grund verwehrt, insbesondere wenn er nicht alle Beschlüsse der Versammlung anficht. (Rn. 23 – 26) (redaktioneller Leitsatz)
4. innerhalb der Anfechtungsbegründungsfrist muss der Kläger vortragen, in welchem Maße sich der gerügte Fehler auf seine Zahlungspflicht auswirkt. (Rn. 28 – 30) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Wohnungseigentümerversammlung, Nichtöffentlichkeit, Begründungsfrist, Jahresabrechnung, Teilanfechtung
Fundstellen:
ZMR 2023, 751
LSK 2023, 27532
BeckRS 2023, 27532
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist in Ziff. 2. vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.
4. Der Streitwert wird auf 95.380,13 € festgesetzt.
Tatbestand
1
Gegenstand der Klage ist die Anfechtung des zu TOP 5 der Eigentümerversammlung vom 08.09.2022 gefassten Beschlusses der beklagten Wohnungseigentümergemeinschaft, deren Mitglied die Klägerin als Sondereigentümerin der Wohnung 58/111/11 OG,, ist.
2
Die WEG besteht aus einem Mehrfamilienhaus und drei Reihenhäusern. Alle Wohneinheiten waren an einem einzigen Heizkreislauf angeschlossen. Die Wohnungen der Klägerin und der Miteigentümerin befinden sich im selben Haus.
3
Auf der Eigentümerversammlung vom 20.05.2021 wurde unter TOP 4 die Montage einer neuen Heizungsanlage beschlossen, ferner wurde beschlossen, zwei Heizkreise zu montieren und:
„die Abrechnung dieser Arbeitskreise erfolgt nach 100% Aufteilung und innerhalb der Heizkreise nach 30/70%.“
4
Seit dem Einbau der neuen Heizungsanlage im Jahr 2021 stehen zwei getrennte Heizkreise zur Verfügung. Die Vorlauftemperatur wird jedoch in der Hauptanlage eingestellt und bleibt trotz Einrichtung von zwei Heizkreisläufen für alle Heizkreisläufe gleich und ist nicht separat regelbar. Die Installation der Wärmemengenzähler, welche die Aufteilung der beiden Heizkreise erfassen, erfolgte 2022. Eine Vorerfassung entsprechend der beiden Heizkreise ist erst mit Installation der neuen Wärmemengenzähler möglich, wobei es generell nicht möglich ist, unterjährig eine getrennte Abrechnung zu machen, d. h. erst ab einem bestimmten unterjährigen Zeitpunkt eine Aufteilung nach den zwei Heizkreisen durchzuführen. Die erste, nach zwei Heizkreisen aufgeteilte Abrechnung kann erstmals für das Wirtschaftsjahr 2023 erfolgen.
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In der Eigentümerversammlung vom 08.09.2022 wurde unter TOP 5 der angegriffene Beschluss gefasst. Die Abrechnung 2021 (vgl. Anlage K 2) verteilt aus Kosten für Heizung und Warmwasser von insgesamt 13.650,85 € (ohne Kaltwasser) einen Kostenanteil in Höhe von 3.197,18 € (ohne Kaltwasser) auf die Klägerin.
6
Die Klägerin rügt, dass entgegen § 29 Abs. 2 WEG nicht der von der Beklagten gewählte Beirat die Jahresabrechnung, sondern ein Gremium von Rechnungsprüfern und zwar, und, geprüft hätten. und seien keine Eigentümer und damit keine Mitglieder der WEG. Beide Nichteigentümer hätten an der streitbetroffenen Versammlung teilgenommen, ohne dass ersichtlich wäre, weshalb sie hierzu ermächtigt gewesen sein sollten.
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Die vorgenommene Verteilung der Heizkosten und der Kosten für die Erwärmung des Wassers widerspräche den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung. Obwohl der Einbau der neuen Heizung noch im Sommer 2021 erfolgt sei und mit Einbau der neuen Heizungsanlage laut Beschluss zwei getrennte Heizkreise hätten eingeführt werden sollen, die die Heizkosten zu 100% verbrauchsabhängig zwischen dem Haus 48 und den Reihenhäusern aufteilen sollen und erst innerhalb des Hauses 48 und innerhalb der Reihenhäuser dann 70/30%, enthalte die streitbefangene Heizkostenabrechnung eine solche Aufteilung und getrennte Verteilung nach zwei Heizkreisen nicht, obwohl dies mithilfe einer Zwischenablesung auch ohne weiteres möglich gewesen wäre. Eine sachgerechte und dem WEG-Beschluss entsprechende Verteilung sei auch jetzt nachträglich noch möglich, wenn der Jahresverbrauch nach der Gradtagszahlentabelle monatsweise oder tagesweise der alten und der neuen Heizung zugeordnet werde.
8
Sie trägt vor, der Sanierungsgrad in den einzelnen Wohnungen und Reihenhäusern sei sehr unterschiedlich, so sei beispielsweise die Wohnung der Klägerin vollständig grundsaniert und neuwertig, während andere Wohnungen – etwa von der Miteigentümerin – unter erheblichem Instandhaltungrückstau litten. Der sehr unterschiedliche Sanierungsplan der Häuser, der Leitungen und vor allem der Heizkörper erfordere eigentlich getrennte Heizkreisläufe mit separat regelbarer Vorlauftemperatur.
9
Die Klägerin beantragt,
Der auf der Wohnungseigentümerversammlung vom 08.09.2022zu TOP 5: Jahresabrechnung 2021 samt Fälligkeit (§ 28 Abs. 2 u. 3 WEG) gefasste Beschluss „Die Nachschüsse bzw. Anpassungen der beschlossenen Vorschüsse aus den Einzelabrechnungen für das Jahr 2021 mit Ausdruck vom 08.08.2022 werden genehmigt und fällig gestellt. Der Einzug der Forderungen erfolgt frühestens zwei Wochen nach Beschlussfassung. Etwaige Guthaben der Eigentümer aufgrund der Anpassung der beschlossenen Vorschüsse hat der Verwalter, sofern kein Rückstand besteht, zu diesem Termin auszukehren.“ wird insoweit für ungültig erklärt, wie die Gesamtkosten für Heizung und Warmwasser in Höhe von 13.650,85 € mit einem Anteil von 3.197,18 € auf die Klägerin verteilt werden.
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Die Beklagte beantragt,
Die Klage wird abgewiesen.
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Die Beklagte ist der Ansicht, die Klägerin habe nicht unter Beweisantritt vorgetragen, weshalb die Erfassung von zwei Heizkreisläufen dazu führen solle, dass ihre Heizkostenabrechnung im Vergleich geringer ausfalle. Selbst bei Einrichtung von zwei Heizkreisläufen würden die Kosten der Heizung für die Klägerin nicht sinken. Da sich die Wohnung der Miteigentümerin im gleichen Haus wie die Wohnung der Klägerin befinde, werde hier keine unterschiedliche Erfassung wegen eines anderen Heizkreislaufs erfolgen. Bei zehn Wohnungen im gleichen Haus könnten nicht für jede Wohnung andere Vorlauftemperaturen eingerichtet werden.
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Allein die Aufteilung in zwei Heizkreisläufe ohne Einbau weiterer Verbrauchserfassungsgeräte würde noch nicht zur Möglichkeit einer getrennten Erfassung führen, eine Zwischenablesung hätte daher keinen Sinn gemacht.
13
Nicht nachvollziehbar sei, wie eine Heizkostenverteilung nach der Gradtagszahlen-Tabelle erfolgen solle. Damit werde versucht, einen unterjährigen Verbrauch, z.B. bei einem Mieterwechsel, festzustellen, wenn valide Werte nicht vorliegen. Vorliegend seien jedoch für jeden Nutzer die Verbrauchswerte des gesamten Jahres bekannt und der Heizkostenabrechnung zugrunde gelegt worden. Eine Zuweisung von Kosten nach der Gradtagstabelle führe nur zur Möglichkeit der Aufteilung von Kosten innerhalb einer Wohneinheit, der Verbrauch bei getrennten Heizkreisläufen könne damit nicht dargestellt werden.
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Zur Ergänzung des Tatbestands wird im übrigen Bezug genommen auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der öffentlichen Sitzung vom 01.06.2022. Beweis wurde nicht erhoben.
Entscheidungsgründe
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Die Klage ist zulässig, jedoch unbegründet.
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1. Das Amtsgericht München ist örtlich und sachlich ausschließlich zuständig, §§ 43 Nr. 4 WEG, 23 Nr. 2 c GVG.
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2. Sowohl die einmonatige Klage – als auch die zweimonatige Klagebegründungsfrist des § 45 Satz 1 WEG wurden eingehalten.
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3. Während es nach bisheriger Rechtslage möglich war, die Anfechtung auf einzelne Positionen der Abrechnung zu beschränken (Teilanfechtung), bspw. wenn ein fehlerhafter Umlageschlüssel verwendet wurde, und dann der Genehmigungsbeschluss auch nur im Umfang der Anfechtung für ungültig erklärt wurde, kommt nach der WEG-Reform unter Geltung des § 28 Abs. 2 Satz 1 WEG eine Teilanfechtung nur noch in engen Grenzen in Betracht. In sachlicher Hinsicht scheidet eine Zerlegung des Vorschusses zur Kostentragung in einzelne Kostenpositionen aus. Auch eine Zerlegung in persönlicher Hinsicht scheidet regelmäßig aus.
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Wird dennoch – wie hier – eine auf einzelne Kostenpositionen beschränkte „Teilanfechtungsklage“ erhoben, ist im Wege der Auslegung zu ermitteln, ob in Wirklichkeit nicht der Beschluss im Hinblick auf die Kostentragung insgesamt angefochten wurde und die Nennung der Kostenpositionen lediglich der Begründung dient. Letzteres ist im Regelfall, so auch hier, anzunehmen (vgl. Lehmann-Richter/Wobst, WEG-Reform 2020, Rz 882 ff).
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4. Der angegriffene Beschluss ist weder nichtig, noch widerspricht er aus den innerhalb der materiellen Ausschlussfrist des § 45 Satz 1 WEG vorgetragenen Gründen ordnungsgemäßer Verwaltung.
21
a) Soweit die Klägerin rügt, dass entgegen § 29 Abs. 2 WEG nicht der von der Beklagten gewählte Beirat, sondern ein Gremium von Rechnungsprüfern die Jahresabrechnung geprüft hätten, welche keine Eigentümer und damit keine Mitglieder der WEG seien, hat dies keine Auswirkung auf die Beschlussfassung.
22
Zum einen dürfen sich die Verwaltungsbeiräte für die ihnen obliegende Prüfung fachkundiger Hilfe bedienen, z. B. durch Hinzuziehung von Wirtschaftsprüfern oder vereidigten Buchprüfern (vgl. Hügel/Elzer, 3. Aufl. 2021, WEG § 29 Rn. 49), zum anderen stellt allein die Untätigkeit des Beirats keinen Anfechtungsgrund dar. Allein mit Blick auf eine fehlende Prüfung/Stellungnahme kann ein Beschluss nach § 28 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 WEG nicht für ungültig erklärt werden (BayObLG NJW-RR 2004, 443 (444); KG NJW-RR 2003, 1596; LG Berlin ZMR 2013, 735 (736)). Es handelt sich sowohl bei § 29 Abs. 2 Satz 2 WEG als auch bei einer entsprechenden Vereinbarung um eine Sollvorschrift, deren Nichtbeachtung einen Beschluss zwar im Einzelfall – etwa wegen Ermessensausfalls –, aber nicht notwendigerweise ungültig macht (LG Baden-Baden ZMR 2009, 473) (vgl. Hügel/Elzer, 3. Aufl. 2021, WEG § 29 Rn. 45-52).
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b) Soweit sie rügt, an der streitbetroffenen Versammlung hätten zwei Nichteigentümer teilgenommen, ohne dass ersichtlich wäre, weshalb sie hierzu ermächtigt gewesen sein sollten, liegt bereits keine wirksame Rüge des Verstoßes gegen den Grundsatz der Nichtöffentlichkeit vor.
24
Beschlüsse der Eigentümerversammlung nach § 23 Abs. 1 WEG, die unter Verstoß gegen das Prinzip der Nichtöffentlichkeit zustande kommen, sind auf Antrag nach § 23 Abs. 4 WEG für ungültig zu erklären, wenn sich die Ursächlichkeit des Verstoßes für die Beschlussfassung nicht ausschließen lässt. Die Nichtöffentlichkeit der Eigentümerversammlung hat den Zweck, diese von sachfremden Einwirkungen freizuhalten. Die Wohnungseigentümer sollen in ihrer Versammlung auftretende Meinungsverschiedenheiten dort grundsätzlich allein unter sich austragen. Außenstehende Dritte sollen nicht auf den Ablauf der Versammlung und dadurch womöglich auf die Meinungsbildung der Wohnungseigentümer Einfluss nehmen können (vgl. OLG Hamm ZMR 2007, 133 ff, 134; BayObLG ZMR 2004, 603f nach juris).
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Formelle Fehler bei der Durchführung der Versammlung begründen dann die Anfechtung, wenn sich die Mängel auf das Ergebnis der Beschlussfassungen zumindest ausgewirkt haben können. Steht hingegen fest, dass das Ergebnis der Abstimmungen durch den Verfahrensfehler nicht beeinflusst worden ist, reicht der formelle Mangel allein nicht aus, um einen Beschluss für ungültig zu erklären (vgl. KG NJW-RR 1997, 1171f, 1172).
26
Ausweislich des Versammlungsprotokolls hat die Klägerin in der Eigentümerversammlung vom 08.09.2022 die Anwesenheit der beiden Nichteigentümer nicht gerügt. Selbst wenn bei der hier angegriffenen Beschlussfassung nicht teilnahmeberechtigte Personen, insbesondere ohne wirksame Bevollmächtigung durch Eigentümer, anwesend gewesen sein sollten, ist der von der Klägerin angefochtene Beschluss nicht schon allein deshalb für ungültig zu erklären. Denn wenn von den in der Versammlung anwesenden Eigentümern keine Rüge hinsichtlich der Anwesenheit an sich nicht teilnahmeberechtigter Personen bei der Eigentümerversammlung erhoben wird, kann diesem Verhalten der Eigentümer jedenfalls ein stillschweigender Verzicht auf die Einhaltung der Nichtöffentlichkeit entnommen werden (vgl. OLGR Frankfurt 2005, 736-740 nach juris). Eine Berufung zu einem späteren Zeitpunkt darauf, dass die Beschlüsse wegen eines Verstoßes gegen die Nichtöffentlichkeit der Eigentümerversammlung verfahrensfehlerhaft zustande gekommen sind, ist den Eigentümern, wenn sie rügelos die Anwesenheit einer dritten Person zugelassen haben, aus den Grundsätzen von Treu und Glauben verwehrt. Dieses gilt vorliegend insbesondere für die Klägerin, da sie nicht etwa alle in dieser Versammlung gefassten Beschlüsse mit dieser Begründung angefochten hat, sondern lediglich den ihr nicht genehmen (vgl. OLG Hamburg Beschluss vom 11.4.2007 – 2 Wx 2/07, BeckRS 2007, 11791, beck-online).
27
c) Nach dem unbestrittenen Vortrag der Beklagten erfolgte die Installation der Wärmemengenzähler, welche die Aufteilung der beiden Heizkreise erfassen, erst im Jahr 2022 und ist eine Vorerfassung entsprechend der beiden Heizkreise erst mit Installation der neuen Wärmemengenzähler möglich, wobei es generell nicht möglich ist, unterjährig eine getrennte Abrechnung zu machen, d. h. erst ab einem bestimmten unterjährigen Zeitpunkt eine Aufteilung nach den zwei Heizkreisen durchzuführen, so dass die erste, nach zwei Heizkreisen aufgeteilte Abrechnung erstmals für das Wirtschaftsjahr 2023 erfolgen kann. Da die Vorlauftemperatur in der Hauptanlage eingestellt wird und daher trotz Einrichtung von zwei Heizkreisläufen für alle Heizkreisläufe gleich bleibt und nicht separat regelbar ist, entsprach die vorgenommene Verteilung der Heizkosten auf der Grundlage der Messwerte der „alten“ Verbrauchserfassungsgeräte den Vorgaben der Heizkostenverordnung und damit ordnungsgemäßer Verwaltung.
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d) I. ü. beschließen gem. § 28 Abs. 2 S. 1 WEG die Wohnungseigentümer nur über Nachschüsse bzw. die Anpassung der Vorschüsse. Die Jahresabrechnung ist als Rechenwerk nicht Beschlussgegenstand. Daher führen Fehler der Abrechnung nur zur Anfechtbarkeit des Beschlusses, soweit der Fehler sich auf die Abrechnungsspitze auswirkt. Die Beschlussanfechtungsklage kann nicht allein darauf gestützt werden, dass der Verwalter die Abrechnung nicht ordnungsgemäß aufgestellt hat. Der Kläger ist im Rahmen einer Beschlussmängelklage nach § 44 Abs. 1 WEG zur Wahrung der Anfechtungsfrist gehalten, innerhalb der zweimonatigen Begründungsfrist den wesentlichen tatsächlichen Kern der Gründe vorzutragen, auf die er seine Anfechtungsklage stützen will (vgl. BGH v. 27.03.2009 – V ZR 196/08, NJW 2009, 2132, 2133). Betreibt er die Ungültigerklärung eines Beschlusses, mit dem Vorschüsse oder Nachschüsse festgesetzt werden, genügt es nicht, wenn er lediglich pauschal die Anwendung eines unrichtigen Kostenverteilungsschlüssels rügt oder die Höhe einer Kostenposition angreift. Vielmehr muss er innerhalb der Begründungsfrist auch vortragen, dass und in welchem Maße sich der gerügte Fehler auf seine Zahlungspflicht auswirkt. Diese Anforderung trägt den Regelungsabsichten des Gesetzgebers Rechnung. Die Neufassung des § 28 WEG zielt darauf ab, dass „die Zahl der in der Praxis häufigen Streitigkeiten über den Wirtschaftsplan und die Jahresabrechnung verringert werden“. Um dieses Ziel zu erreichen, soll es – so die Gesetzesbegründung – „für den Erfolg einer Anfechtungsklage nicht mehr genügen, dass lediglich Teile des Wirtschaftsplans oder der Jahresabrechnung fehlerhaft sind, solange sich dieser Fehler nicht auf die Zahlungspflicht des Wohnungseigentümers auswirkt“ (BT-Drucks. 19/18791, S. 76). Daraus ergibt sich unmittelbar, dass der Anfechtungskläger den maßgeblichen Beschlussmangel – die fehlerhafte Ermittlung der ihn treffenden Zahlungspflichten – innerhalb der Anfechtungsbegründungsfrist vortragen muss (vgl. LG Berlin, Urteil vom 30. August 2022 – 55 S 7/22 WEG –, juris).
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Diesen Anforderungen genügt die Klagebegründung der Klägerin nicht, die allenfalls pauschal die Anwendung eines unrichtigen Kostenverteilungsschlüssels rügt und die und damit nur Umstände vorgetragen hat, aus denen sich möglicherweise ein relevanter Beschlussmangel ergeben kann. Die Klagebegründung enthält jedoch keinerlei Vortrag dazu, dass und in welchem Maße sich die gerügten Fehler auf die Zahlungspflicht der Klägerin auswirken.
30
Soweit sie rügt, obwohl der Einbau der neuen Heizung noch im Sommer 2021 erfolgt sei und mit Einbau der neuen Heizungsanlage laut Beschluss zwei getrennte Heizkreise hätten eingeführt werden sollen, die die Heizkosten zu 100% verbrauchsabhängig zwischen dem Haus 48 und den Reihenhäusern aufteilen sollen und erst innerhalb des Hauses 48 und innerhalb der Reihenhäuser dann 70/30%, enthalte die streitbefangene Heizkostenabrechnung eine solche Aufteilung und getrennte Verteilung nach zwei Heizkreisen nicht, obwohl dies mithilfe einer Zwischenablesung auch ohne weiteres möglich gewesen wäre, ist weder dargetan noch ersichtlich, dass und inwieweit eine derartige Aufteilung sich auf die Abrechnungsspitze der Klägerin ausgewirkt hätte.
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Soweit sie der Ansicht ist, eine sachgerechte und dem WEG-Beschluss entsprechende Verteilung sei auch jetzt nachträglich noch möglich, wenn der Jahresverbrauch nach der Gradtagszahlentabelle monatsweise oder tagesweise der alten und der neuen Heizung zugeordnet werde, verkennt sie, dass – worauf die Beklagte zutreffend hingewiesen hat – eine Zuweisung von Kosten nach der Gradtagstabelle nur zur Möglichkeit der Aufteilung von Kosten innerhalb einer Wohneinheit führt, aber damit nicht der Verbrauch bei getrennten Heizkreisläufen dargestellt werden kann.
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Soweit sie schließlich vorträgt, der Sanierungsgrad in den einzelnen Wohnungen und Reihenhäusern sei sehr unterschiedlich, so sei beispielsweise die Wohnung der Klägerin vollständig grundsaniert und neuwertig, während andere Wohnungen – etwa von der Miteigentümerin – unter erheblichem Instandhaltungrückstau litten, der sehr unterschiedliche Sanierungsplan der Häuser, der Leitungen und vor allem der Heizkörper erfordere eigentlich getrennte Heizkreisläufe mit separat regelbarer Vorlauftemperatur, beinhaltet dieser Vortrag keine Rüge eines abrechnungsrelevanten Fehlers des angegriffenen Beschlusses.
33
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
34
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 49 GKG.
35
Danach ist der Streitwert in Verfahren nach § 44 Absatz 1 des Wohnungseigentumsgesetzes auf das Interesse aller Wohnungseigentümer an der Entscheidung festzusetzen. Er darf den siebeneinhalbfachen Wert des Interesses des Klägers und der auf seiner Seite Beigetretenen sowie den Verkehrswert ihres Wohnungseigentums nicht übersteigen.
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Wird ein nach Inkrafttreten des Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetzes gefasster Abrechnungsbeschluss gemäß § 28 Abs. 2 WEG mit dem Ziel angefochten, den Beschluss insgesamt für ungültig erklären zu lassen, bemisst sich der Streitwert grundsätzlich nach dem Nennbetrag der Jahresabrechnung. Das für die Berechnung der Grenzen des § 49 Satz 2 GKG maßgebliche Individualinteresse des Klägers entspricht seinem Anteil am Nennbetrag der Abrechnung (BGH, Urteil vom 24. Februar 2023 – V ZR 152/22 –).
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Das Interesse aller Wohnungseigentümer an der Entscheidung beträgt EUR 125.782,23.
38
Dieser Betrag übersteigt den siebeneinhalbfachen Wert des Interesses der Klägerin ((4.509,08 EUR + 8.208,27 EUR) x 7,5), so dass der Streitwert vorliegend auf EUR 95.380,13 festzusetzen war.