Inhalt

VGH München, Beschluss v. 13.02.2023 – 15 ZB 22.2620
Titel:

Baugenehmigung für Mobilfunkanlage - Standort außerhalb der Suchkreisanalyse

Normenkette:
BauGB § 34, § 35
Leitsätze:
1. „Ortsteil“ iSv § 34 Abs. 1 S. 1 BauGB ist jeder Bebauungskomplex im Gebiet einer Gemeinde, der nach der Zahl der vorhandenen Bauten ein gewisses Gewicht besitzt und Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur ist. Ein „Bebauungszusammenhang“ ist gegeben, soweit die aufeinanderfolgende Bebauung trotz vorhandener Baulücken den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit vermittelt. (Rn. 10) (redaktioneller Leitsatz)
2. Einen Bebauungszusammenhang selbst herstellen oder zu seiner Entwicklung beitragen können nur Bauwerke, die optisch wahrnehmbar sind und ein gewisses Gewicht haben, so dass sie geeignet sind, ein Gebiet als einen Ortsteil mit einem bestimmten Charakter zu prägen. Hierzu zählen grundsätzlich nur Bauwerke, die dem ständigen Aufenthalt von Menschen dienen. (Rn. 12) (redaktioneller Leitsatz)
3. Die „Ortsgebundenheit“ eines Vorhabens kann nur dann bejaht werden, wenn – neben der Raum- bzw. Gebietsgebundenheit des Vorhabens – dem Bauherrn ein Ausweichen auf einen – nach der von ihm im Genehmigungsverfahren vorzulegenden Standortanalyse – ebenfalls geeigneten Standort im Innenbereich nicht zumutbar ist. Das ist dann anzunehmen, wenn geeignete Innenbereichsstandorte aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht zur Verfügung stehen. (Rn. 15) (redaktioneller Leitsatz)
4. Das Merkmal der „Ortsgebundenheit“ bei einer Mobilfunksendeanlage ist bereits dann erfüllt, wenn sie an einem funktechnisch geeigneten Standort im Außenbereich errichtet werden soll, um das Angebot an Telekommunikationsdienstleitungen zu verbessern, etwa weil eine Versorgungslücke geschlossen werden soll. Es genügt mithin eine Raum- bzw. Gebietsgebundenheit, die durch eine entsprechende Standortanalyse des Vorhabenträgers nachzuweisen ist. (Rn. 16) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Mobilfunksendeanlage, Außenbereich, Standort außerhalb Suchkreisanalyse, Ortsteil, Bebauungszusammenhang, Ortsgebundenheit, Beeinträchtigung öffentlicher Belange, Photovoltaikanlage
Vorinstanz:
VG Regensburg, Urteil vom 25.04.2019 – RO 2 K 16.1024
Fundstelle:
BeckRS 2023, 2752

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
1
Die Klägerin begehrt die Erteilung einer Baugenehmigung zur Errichtung einer Mobilfunkanlage.
2
Mit Unterlagen vom 5. März 2015 beantragte die Klägerin die Erteilung einer Baugenehmigung zur Errichtung eines 25 m hohen Betonschleudermasten inklusive Betriebskabine und Außenanlagen auf dem Grundstück FlNr. … (jetzt: …1) Gemarkung Z. Das Grundstück befindet sich im Geltungsbereich des vorhabenbezogenen Bebauungsplans Nr. 42 „SO Solarpark S. an der Bahnlinie“ des Beigeladenen, der dort u.a. ein Sondergebiet „Sonnenenergienutzung“ festsetzt. Der Beigeladene verweigerte hierzu sein gemeindliches Einvernehmen. Mit Bescheid vom 30. Mai 2016 lehnte das Landratsamt Regensburg die beantragte Baugenehmigung ab. Hiergegen erhob die Klägerin Klage zum Verwaltungsgericht Regensburg, das diese mit Urteil vom 25. April 2019 abwies. Zur Begründung wurde u.a. ausgeführt, dass der Bebauungsplan unwirksam und das Vorhaben im planungsrechtlichen Außenbereich nicht genehmigungsfähig sei. Mit ihrem Antrag auf Zulassung der Berufung verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Das zwischenzeitlich während der Suche von Alternativstandorten ruhende Verfahren wurde mit Schriftsatz vom 16. Dezember 2022 wieder aufgerufen.
3
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.
II.
4
Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Die von der Klägerin geltend gemachten Zulassungsgründe liegen nicht vor bzw. sind nicht in einer Weise dargelegt, die den gesetzlichen Anforderungen gem. § 124a Abs. 4 Satz 4 und Abs. 5 Satz 2 VwGO genügen.
5
1. Die Berufung ist nicht nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen.
6
Die Klägerin macht ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts geltend (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Ob solche bestehen, ist im Wesentlichen anhand dessen zu beurteilen, was die Klägerin als Rechtsmittelführerin innerhalb offener Frist (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) hat darlegen lassen (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO). Daraus ergeben sich ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts hier nicht.
7
a) Das geplante Bauvorhaben liegt im planungsrechtlichen Außenbereich nach § 35 BauGB.
8
Das Verwaltungsgericht hat ausgeführt, dass der Bebauungsplan Nr. 42 „SO Solarpark S. an der Bahnlinie“ unwirksam sei. Dem tritt das Zulassungsvorbringen nicht entgegen.
9
Es hat weiter ausgeführt, dass das Vorhaben im planungsrechtlichen Außenbereich errichtet werden solle, weil die (ausschließlich) mit einer Photovoltaikanlage bebaute Fläche keinen Ortsteil i.S.d. § 34 Abs. 1 BauGB darstelle (UA S. 9). Dies ist nicht ernstlich zweifelhaft.
10
Die von der Klägerin beabsichtigte Anwendung des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB setzt einen im Zusammenhang bebauten Ortsteil voraus. Die Tatbestandsmerkmale „im Zusammenhang bebaut“ und „Ortsteil“ gehen dabei nicht ineinander auf, sondern sind kumulativer Natur. „Ortsteil“ im Sinne von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist jeder Bebauungskomplex im Gebiet einer Gemeinde, der nach der Zahl der vorhandenen Bauten ein gewisses Gewicht besitzt und Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur ist. Ein „Bebauungszusammenhang“ ist gegeben, soweit die aufeinanderfolgende Bebauung trotz vorhandener Baulücken den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit vermittelt (vgl. BVerwG, U.v. 30.6.2015 – 4 C 5.14 – juris Rn. 11 m.w.N.).
11
Soweit das Zulassungsvorbringen darauf abstellt, der Bebauungszusammenhang werde durch Flächen, auf denen sich ausschließlich bauliche Anlagen ohne maßstabsbildende Kraft befinden, nicht unterbrochen und sogar Freiflächen könnten dem Bebauungszusammenhang zugerechnet werden (vgl. BVerwG, B.v. 2.8.2001 – 4 B 26.01 – juris Rn. 7), differenziert die Klägerin nicht ausreichend zwischen den Tatbestandsmerkmalen des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB und tritt der Begründung des Verwaltungsgerichts, das bereits das Vorliegen eines Ortsteils verneint, nicht substantiiert entgegen.
12
Das Verwaltungsgericht hat zutreffend darauf abgestellt, dass einen Bebauungszusammenhang selbst herstellen oder zu seiner Entwicklung beitragen dabei nur Bauwerke können, die optisch wahrnehmbar sind und ein gewisses Gewicht haben, so dass sie geeignet sind, ein Gebiet als einen Ortsteil mit einem bestimmten Charakter zu prägen. Hierzu zählen grundsätzlich nur Bauwerke, die dem ständigen Aufenthalt von Menschen dienen. Baulichkeiten, die nur vorübergehend genutzt werden oder in einem weiteren Sinn „Nebenanlagen“ zu einer landwirtschaftlichen, (klein-) gärtnerischen oder sonstigen Hauptnutzung sind, sind in aller Regel keine Bauten, die für sich genommen ein für die Siedlungsstruktur prägendes Element darstellen (vgl. BVerwG, B.v. 5.4.2017 – 4 B 46.16 – juris Rn. 6 f.; BayVGH, U.v. 17.11.2021 – 1 N 20.1182 – juris Rn. 18). Dass die vorhandene Photovoltaikanlage Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur im o.g. Sinne ist, lässt sich dem Zulassungsvorbringen nicht entnehmen.
13
Zudem hat das Verwaltungsgericht darauf abgestellt, dass der vorgesehene Bauort auch nicht innerhalb der jenseits der Bundesstraße und der Eisenbahntrasse liegenden Bebauungskomplexe liege. Dem tritt das Zulassungsvorbringen ebenfalls nicht entgegen.
14
b) Das Verwaltungsgericht hat das geplante Vorhaben zutreffend als „sonstiges Vorhaben“ i.S.d. § 35 Abs. 2 BauGB eingestuft.
15
Das Verwaltungsgericht hat eine Privilegierung der geplanten Anlage nach § 35 Abs. 1 Nr. 3 BauGB verneint. Es ist dabei zutreffend davon ausgegangen (UA S. 11 f.), dass die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit eines konkreten Standortes im Außenbereich unter dem Vorbehalt steht, „ob dem Bauherrn der immerhin im Außenbereich privilegierten Anlage ein Ausweichen auf einen Standort im Innenbereich konkret zugemutet werden kann. (…) Danach kann die „Ortsgebundenheit“ nur dann bejaht werden, wenn – neben der Raumbzw. Gebietsgebundenheit des Vorhabens – dem Bauherrn ein Ausweichen auf einen – nach der von ihm im Genehmigungsverfahren vorzulegenden Standortanalyse – ebenfalls geeigneten Standort im Innenbereich nicht zumutbar ist. Das ist dann anzunehmen, wenn geeignete Innenbereichsstandorte aus tatsächlichen (z.B. der Grundstückseigentümer lässt die Errichtung der Anlage auf seinem Grundstück nicht zu) oder rechtlichen (z.B. die Errichtung einer Mobilfunksendeanlage an einem geeigneten Standort ist bauplanungsrechtlich oder aufgrund örtlicher Bauvorschriften unzulässig) Gründen nicht zur Verfügung stehen“ (vgl. BayVGH, B.v. 4.5.2015 – 15 CS 15.361 – juris Rn. 8; BVerwG, U.v. 20.6.2013 – 4 C 2.12 – juris Rn. 14). Das Verwaltungsgericht hat ferner darauf abgestellt, dass der zur Genehmigung beantragte Standort nahezu 300 m außerhalb des Suchkreises und damit deutlich außerhalb des Bereichs liegt, den der Mobilfunknetzbetreiber zunächst selbst als geeignet zur Erreichung der Zweckbestimmung der Sendeanlage definiert hat (UA S. 13). Hiermit setzt sich das Zulassungsvorbringen, das lediglich auf die (fehlende) Verfügbarkeit der ermittelten Standorte innerhalb des Suchkreises abstellt, nicht auseinander.
16
Mobilfunkanlagen sind nicht orts-, sondern lediglich raum- bzw. gebietsgebunden. Etwas Anderes würde nur dann gelten, soweit die topografischen Verhältnisse die Einbeziehung der Anlage in die übergeordnete Mobilfunkstruktur oder weitere – überörtliche – Funktionen der Anlage ausnahmsweise einen ganz bestimmten Standort im Außenbereich erforderten. Das Merkmal der „Ortsgebundenheit“ bei einer Mobilfunksendeanlage ist deshalb bereits dann erfüllt, wenn sie an einem funktechnisch hierfür geeigneten Standort im Außenbereich errichtet werden soll, um das Angebot an Telekommunikationsdienstleitungen zu verbessern, etwa weil durch die Anlage eine bestehende Versorgungslücke geschlossen werden soll. Es genügt mithin eine Raum- bzw. Gebietsgebundenheit, die durch eine entsprechende Standortanalyse des Vorhabenträgers nachzuweisen ist (vgl. BVerwG, U.v. 20.6.2012 – 4 C 2.12 – juris Rn. 12, 13). Der beantragte Standort im Außenbereich – mithin die Ortsgebundenheit i.S.d. § 35 Abs. 1 Nr. 3 BauGB – ist hier jedoch schon nicht durch einen funktechnisch geeigneten Standort nachgewiesen, da der geplante Standort außerhalb des von der Klägerin angegebenen Suchkreises liegt.
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c) Das Vorhaben ist wegen Beeinträchtigung öffentlicher Belange i.S.d. § 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB als „sonstiges Vorhaben“ i.S.d. § 35 Abs. 2 BauGB nicht genehmigungsfähig.
18
Das Verwaltungsgericht hat darauf abgestellt, dass das Bauvorhaben nach § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauGB den Darstellungen des Flächennutzungsplans der Beigeladenen widerspricht. Dem tritt das Zulassungsvorbringen nicht substantiiert entgegen; die Verwirklichung der Photovoltaikanlage ändert nichts am Widerspruch zu den Darstellungen des Flächennutzungsplans. Soweit die Klägerin eine erforderliche Abwägung der Interessen des Bauherrn mit den beeinträchtigten öffentlichen Belangen geltend macht, bezieht sich die von ihr zitierte Entscheidung auf die Frage des „Dienens“ i.R.d. § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB (vgl. BVerwG, U.v. 25.10.1967 – IV C 129.65 – juris Rn. 14), nicht aber auf § 35 Abs. 3 BauGB. Bei sonstigen Vorhaben i.S.d. § 35 Abs. 2 BauGB genügt bereits die Beeinträchtigung der in § 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB genannten Belange (vgl. BayVGH, B.v. 24.5.2016 – 9 ZB 13.2539 – juris Rn. 17 m.w.N.). Dementsprechend führt der Widerspruch zu den Darstellungen des Flächennutzungsplans bei einem sonstigen Vorhaben zu dessen Unzulässigkeit (vgl. Söfker in Ernst/Zinkahn/ Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand August 2022, § 35 Rn. 79).
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d) Der Hinweis auf die Einfügung des § 14 Abs. 1a BauNVO durch das Baulandmobilisierungsgesetz vom 14. Juni 2021 (BGBl I 2021, 1802) führt zu keiner anderen Beurteilung, da § 14 BauNVO im planungsrechtlichen Außenbereich nicht anwendbar ist (vgl. VGH BW, U.v. 26.7.2013 – 3 S 241/12, Rn. 27). Auch der Hinweis darauf, dass nach den Ausführungen des Gesetzgebers zum Baulandmobilisierungsgesetz die Prüfung von Standorten im Innenbereich dann nicht erforderlich sei, wenn die Mobilfunkanlage gerade der Versorgung des Außenbereichs oder der Herstellung eines stabilen Mobilfunknetzes auch im Außenbereich, auch mit Blick auf die Versorgung von Straßen und Feldern, dienen solle und insoweit schon aus technischen Gründen ein geeigneter Standort im Innenbereich nicht in Betracht komme (vgl. BT-Drs. 19/24848, S. 20), verfängt nicht. Weder hat dies insoweit Ausdruck in § 35 Abs. 1 Nr. 3 BauGB gefunden, noch legt das Zulassungsvorbringen die insoweit nötigen Voraussetzungen dar, da der geplante Standort gerade außerhalb des von der Klägerin mittels Suchkreisanalyse ermittelten funktechnisch geeigneten Standorts liegt. Insoweit kommt es auf die behauptete fehlende Verfügbarkeit der Innenbereichsstandorte oder auf eine im Baugenehmigungsverfahren nicht durchzuführende Standortalternativenprüfung für den Außenbereich (vgl. BVerwG, U.v 20.6.2013 – 4 C 2.12 – juris Rn. 14) gar nicht an.
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2. Die Rechtssache weist keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten auf (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO).
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Besondere Schwierigkeiten im Sinne offener Erfolgsaussichten eines Berufungsverfahrens ergeben sich aus dem Zulassungsvorbringen nicht; die unterschiedliche Bewertung des vorliegenden Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht und die Kläger genügt hierfür nicht (vgl. BayVGH, B.v. 14.4.2022 – 15 ZB 21.2827 – juris Rn. 19). Die Rechtssache weist auch keine entscheidungserheblichen Fragen auf, die in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht voraussichtlich das durchschnittliche Maß nicht unerheblich überschreitende Schwierigkeiten bereiten, sich also wegen der Komplexität und abstrakten Fehleranfälligkeit aus der Mehrzahl der verwaltungsgerichtlichen Verfahren herausheben (vgl. BayVGH, B.v. 6.5.2022 – 15 ZB 22.732 – juris Rn. 18). Die Frage, ob es „zulässig ist, weitere Kriterien neben den vom Bundesverwaltungsgericht für die Alternativenprüfung im Rahmen des § 35 Abs. 1 Nr. 3 BauGB aufgestellten Kriterien als Maßstab heranzuziehen“, stellt sich nicht. Der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts liegt zugrunde, dass regelmäßig mehrere Standorte für die Errichtung einer Mobilfunkanlage geeignet sind und diese vom Mobilfunkbetreiber im Wege einer sogenannten Suchkreisanalyse ermittelt werden, in welcher das maßgebliche Areal für eine Mobilfunksendeanlage beschrieben wird (vgl. BVerwG, U.v 20.6.2013 – 4 C 2.12 – juris Rn. 12). Das Bauvorhaben soll hier aber außerhalb des von der Klägerin angegebenen Suchkreises errichtet werden. Insoweit fehlt es für den beantragten Außenbereichsstandort bereits am Nachweis eines funktechnisch geeigneten Standortes.
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3. Die Rechtssache hat auch nicht die von der Klägerin geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).
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Die Zulassung der Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache setzt voraus, dass eine konkrete, noch nicht geklärte Rechts- oder Tatsachenfrage aufgeworfen wird, deren Beantwortung sowohl für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts von Bedeutung war als auch für die Entscheidung im Berufungsverfahren erheblich sein wird und die über den konkreten Fall hinaus wesentliche Bedeutung für die einheitliche Anwendung oder für die Weiterentwicklung des Rechts hat. Zur Darlegung dieses Zulassungsgrundes ist eine Frage auszuformulieren und substantiiert anzuführen, warum sie für klärungsbedürftig und entscheidungserheblich gehalten und aus welchen Gründen ihr eine allgemeine, über den Einzelfall hinausreichende Bedeutung zugemessen wird (vgl. BVerwG, B.v. 22.1.2019 – 5 B 1.19 D – juris Rn. 2; BayVGH, B.v. 21.12.2022 – 15 ZB 22.2199 – juris Rn. 14). Dem genügt das Zulassungsvorbringen hier nicht.
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Die Fragen, ob
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- von dem Vorhabenträger zu fordern ist, „im Rahmen der Alternativenprüfung nach § 35 Abs. 1 Nr. 3 BauGB darzulegen, mit welchen Untersuchungen und Methoden die Ergebnisse der Suchkreisanalyse ermittelt worden sind“,
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- „§ 7a 26. BImSchV die Kommunen” verpflichtet, „an der Alternativensuche für Mobilfunkstandorte mitzuwirken” und
27
- „die Verpflichtung aus § 7a 26. BImSchV zu einer Indizwirkung für das Fehlen von Innenbereichsstandorten im Rahmen der Prüfung des § 35 Abs. 1 Nr. 3 BauGB führen“ kann,
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sind nicht entscheidungserheblich. Denn das Bauvorhaben soll außerhalb des von der Klägerin ermittelten Suchkreises errichtet werden, so dass es insoweit bereits am Nachweis eines funktechnisch geeigneten Standortes fehlt.
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Auch die Fragen, ob
30
- „das Gebot der größtmöglichen Schonung des Außenbereichs ein öffentlicher Belang im Sinne des § 35 Abs. 3 BauGB ist“ und 31
- „ein Vorhaben im Sinne des § 35 Abs. 2 BauGB allein aufgrund der Beeinträchtigung des Gebots der größtmöglichen Schonung des Außenbereichs unzulässig“ ist,
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sind nicht entscheidungserheblich. Denn das Bauvorhaben ist bereits wegen Widerspruchs zu den Darstellungen des Flächennutzungsplans unzulässig.
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4. Die Berufung ist auch nicht wegen Divergenz (§ 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO) zuzulassen.
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Zur Darlegung einer Divergenz gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO ist es erforderlich, aufzuzeigen, welchem abstrakten Rechtssatz oder verallgemeinerungsfähigen Tatsachensatz der Entscheidung des Divergenzgerichts ein bei der Anwendung derselben Rechtsvorschrift in der angefochtenen Entscheidung aufgestellter Rechts- oder Tatsachensatz widerspricht. Dabei muss zwischen den Gerichten ein prinzipieller Auffassungsunterschied über den Bedeutungsgehalt einer bestimmten Rechtsvorschrift oder eines Rechtsgrundsatzes bestehen. Die divergierenden Sätze müssen einander so gegenübergestellt werden, dass die Abweichung erkennbar wird (vgl. BVerwG, B.v. 6.3.2018 – 4 BN 13.17 – juris Rn. 37; BayVGH, B.v. 14.4.2022 – 15 ZB 21.2827 – juris Rn. 35). Das Zulassungsvorbringen zeigt eine solche Divergenz allerdings nicht auf.
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a) Den Ausführungen des Verwaltungsgerichts, dass nicht zum ständigen Aufenthalt dienende bauliche Anlagen keinen Bebauungszusammenhang und damit keinen Ortsteil im Sinne des § 34 Abs. 1 BauGB begründen können, steht die vom Zulassungsvorbringen angeführte Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (B.v. 2.8.2001 – 4 B 26.01) nicht entgegen.
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Das Verwaltungsgericht geht zutreffend davon aus, dass die Anwendung des § 34 BauGB einen im Zusammenhang bebauten Ortsteil voraussetzt. Die Tatbestandsmerkmale „im Zusammenhang bebaut“ und „Ortsteil“ gehen dabei nicht ineinander auf, sondern sind kumulativer Natur. „Ortsteil“ im Sinne von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist jeder Bebauungskomplex im Gebiet einer Gemeinde, der nach der Zahl der vorhandenen Bauten ein gewisses Gewicht besitzt und Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur ist. Ein „Bebauungszusammenhang“ ist gegeben, soweit die aufeinanderfolgende Bebauung trotz vorhandener Baulücken den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit vermittelt (vgl. BVerwG, B.v. 30.6.2015 – 4 C 5.14 – juris Rn. 11; B.v. 24.1.2022 – 9 B 11.21 – juris Rn. 6; BayVGH, B.v. 17.5.2022 – 15 ZB 22.832 – juris Rn. 8). Diese Differenzierung lässt das Zulassungsvorbringen außer Betracht. Eine Photovoltaikanlage mit einer Größe von ca. 450 m x 100 m ist entgegen der Ansicht der Klägerin schon nicht geeignet, eine organische Siedlungsstruktur in diesem Sinne darzustellen. Auch das Bundesverwaltungsgericht geht in der von der Klägerin zitierten Entscheidung davon aus, dass unter den Begriff der Bebauung im Sinne dieser Vorschrift nicht jede beliebige bauliche Anlage fällt. Gemeint sind vielmehr Bauwerke, die für die angemessene Fortentwicklung der vorhandenen Bebauung maßstabsbildend sind. Dies trifft ausschließlich für Anlagen zu, die optisch wahrnehmbar und nach Art und Gewicht geeignet sind, ein Gebiet als einen Ortsteil mit einem bestimmten städtebaulichen Charakter zu prägen. Hierzu zählen grundsätzlich nur Bauwerke, die dem ständigen Aufenthalt von Menschen dienen. Baulichkeiten, die nur vorübergehend genutzt zu werden pflegen, sind unabhängig davon, ob sie landwirtschaftlichen Zwecken (z.B. Scheunen oder Ställe), Freizeitzwecken (z.B. kleine Wochenendhäuser, Gartenhäuser) oder sonstigen Zwecken dienen, in aller Regel keine Bauten, die für sich genommen als ein für die Siedlungsstruktur prägendes Element zu Buche schlagen (vgl. BVerwG, B.v. 2.8.2001 – 4 B 26.01 – Rn. 5).
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Zu einem im Zusammenhang bebauten Ortsteil können allerdings auch Grundstücke gehören, auf denen sich nur bauliche Anlagen ohne maßstabbildende Kraft befinden; denn selbst unbebaute Flächen können einem Bebauungszusammenhang zuzurechnen sein. Maßgeblich ist, wie weit eine aufeinander folgende Bebauung trotz etwa vorhandener Baulücken nach der Verkehrsauffassung den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit vermittelt und die zur Bebauung vorgesehene Fläche selbst diesem Zusammenhang angehört. Das ist nicht nach geographisch-mathematischen Maßstäben zu entscheiden. Vielmehr bedarf es einer umfassenden Wertung und Bewertung der konkreten Gegebenheiten. Ein Bebauungszusammenhang scheidet z.B. auch bei einer Grundstückslage am Ortsrand nicht von vornherein aus. Zwar endet er in aller Regel am letzten Baukörper; örtliche Besonderheiten können es aber rechtfertigen, ihm noch bis zu einer natürlichen Grenze (z.B. Fluss, Waldrand o.ä.) ein oder mehrere Grundstücke zuzuordnen, die unbebaut sind und trotz des Vorhandenseins von Baulichkeiten sonst nicht zur Prägung der Siedlungsstruktur beitragen (vgl. BVerwG, B.v. 2.8.2001 – 4 B 26.01 – Rn. 7). Auch dies hat das Verwaltungsgericht berücksichtigt, in dem es ausgeführt hat, dass der vorgesehene Bauort nicht innerhalb der jenseits der Bundesstraße und der Eisenbahntrasse liegenden Bebauungskomplexe liege (UA. 10). Mit der abweichenden Beurteilung eines Einzelfalls lässt sich eine Divergenzrüge aber nicht begründen (vgl. BVerwG, B.v. 6.4.2016 – 1 B 22.16 – juris Rn. 7).
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b) Auch die geltend gemachte Abweichung von den Kriterien der Ortsgebundenheit (BVerwG, U.v. 20.6.2013 – 4 C 2.12) liegt nicht vor.
38
Nach der angeführten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts ist das Merkmal der „Ortsgebundenheit“ bei einer Mobilfunksendeanlage bereits dann erfüllt, wenn sie an einem funktechnisch hierfür geeigneten Standort im Außenbereich errichtet werden soll, um das Angebot an Telekommunikationsdienstleistungen zu verbessern, etwa weil durch die Anlage eine bestehende Versorgungslücke geschlossen werden soll. Es genügt mithin eine Raum- bzw. Gebietsgebundenheit, die durch eine entsprechende Standortanalyse des Vorhabenträgers nachzuweisen ist (vgl. BVerwG, U.v. 20.6.2013 – 4 C 2.12 – juris Rn. 13). Hierbei geht das Bundesverwaltungsgericht davon aus, dass regelmäßig mehrere Standorte für die Errichtung einer Mobilfunksendeanlage geeignet sind und diese vom Mobilfunkbetreiber im Wege einer sogenannten Suchkreisanalyse ermittelt werden, in welcher das maßgebliche Areal für eine Mobilfunksendeanlage beschrieben wird (vgl. BVerwG, U.v. 20.6.2013 a.a.O. Rn. 12). Nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts liegt die hier beantragte Anlage aber außerhalb der Suchkreisanalyse der Klägerin. Es fehlt mithin schon am Nachweis eines funktechnisch geeigneten Standortes für die Inanspruchnahme des geplanten Außenbereichsstandortes.
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Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO. Da der Beigeladene im Zulassungsverfahren einen rechtlich die Sache förderlichen Beitrag geleistet hat, entspricht es der Billigkeit, dass dieser seine außergerichtlichen Kosten erstattet erhält (§ 162 Abs. 3 VwGO).
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Die Streitwertfestsetzung für das Zulassungsverfahren beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG. Sie folgt der Festsetzung des Verwaltungsgerichts, gegen die keine Einwendungen erhoben wurden.
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Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Entscheidung wird das angegriffene Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO).