Titel:
Erfolgloser Eilantrag gegen Nutzungsuntersagung für Vergnügungsstätte
Normenketten:
VwGO § 80 Abs. 5
BayVwVfG Art. 37 Abs. 1
Leitsätze:
1. Die sofortige Vollziehung einer rechtmäßigen Nutzungsuntersagung liegt regelmäßig im besonderen öffentlichen Interesse, weil sie die Vorbildwirkungen einer formell illegalen Nutzung bekämpft, dem „Schwarzbauer“ sowie dem „Schwarznutzer“ ungerechtfertigte Vorteile gegenüber dem erst nach Erteilung einer Genehmigung Nutzenden entzieht und ein Unterlaufen der präventiven Kontrolle der Bauaufsicht verhindert. (Rn. 21) (redaktioneller Leitsatz)
2. Es entspricht regelmäßig pflichtgemäßer Ermessensausübung, wenn die Bauaufsichtsbehörde eine formell illegale Nutzung durch den Erlass einer Nutzungsuntersagung unterbindet. (Rn. 28) (redaktioneller Leitsatz)
3. Nach Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG muss ein Verwaltungsakt hinreichend bestimmt sein, d.h. die im Bescheid getroffene Regelung muss für die Beteiligten – gegebenenfalls nach Auslegung – eindeutig zu erkennen und einer unterschiedlichen subjektiven Bewertung nicht zugänglich sein. (Rn. 30) (redaktioneller Leitsatz)
4. Mit der Änderung der Nutzung von einem Restaurantbetrieb zu einer Vergnügungsstätte, wird die Variationsbreite der bisherigen Nutzung verlassen und werden bodenrechtliche Belange neu berührt. (Rn. 33) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Nutzungsuntersagung, Sofortvollzug, Vergnügungsstätte, Vorbildwirkung, pflichtgemäße Ermessensausübung, formell illegale Nutzung, Bestimmtheit, Grundzüge der Planung, Duldung
Vorinstanz:
VG Augsburg, Beschluss vom 27.12.2022 – Au 5 S 22.2286
Fundstelle:
BeckRS 2023, 2751
Tenor
I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 12.500 Euro festgesetzt.
Gründe
1
Der Antragsteller wendet sich gegen eine bauaufsichtliche Nutzungsuntersagung für von ihm betriebene Räumlichkeiten als Vergnügungsstätte.
2
Zuletzt mit Bescheid vom 16. September 1994 wurde im ersten Obergeschoss des Gebäudes H.-Gasse ... im Stadtgebiet der Antragsgegnerin, Grundstück FlNr. … Gemarkung A., der Umbau des Restaurants und die Erweiterung der Küche genehmigt. Der Antragsteller betreibt dort die sogenannte „P. …“. Das Grundstück liegt im Geltungsbereich des einfachen Bebauungsplans Nr. 470 „Beiderseits der M.straße“ der Antragsgegnerin, der den Bereich als Mischgebiet mit ausdrücklichem Ausschluss von Vergnügungsstätten festsetzt.
3
Im Jahr 2012 wurde für die Räumlichkeiten ein Bauantrag auf Nutzungsänderung in eine Vergnügungsstätte beantragt. Hierzu teilte das Bauordnungsamt der Antragsgegnerin mit Schreiben vom 19. Juni 2012 mit, dass das Vorhaben aus bauplanungsrechtlichen Gründen nicht genehmigungsfähig sei. Der Bauantrag wurde darauf mit Schreiben vom 25. Juni 2012 zurückgenommen. Mit Schreiben vom 5. Februar 2014 wandte sich der Antragsteller an das Stadtplanungsamt und begehrte die Genehmigung einer höheren Anzahl an Tanzveranstaltungen. Das Stadtplanungsamt antwortete mit Schreiben vom 6. Februar 2014, dass keine neuen Vergnügungsstätten zulässig seien und verwies den Antragsteller hinsichtlich der Frage der Zulässigkeit von Tanzveranstaltungen an die Ordnungsbehörde der Antragsgegnerin.
4
Nach mehreren Kontrollen im Zeitraum März bis Juli 2022 teilte das Ordnungsamt dem Bauordnungsamt mit, dass in den Räumlichkeiten des Antragstellers vom Betrieb einer Vergnügungsstätte ausgegangen werde und regte die baurechtliche Prüfung einer Nutzungsuntersagung an. Das Bauordnungsamt hörte den Antragsteller mit Schreiben vom 27. September 2022 zu der beabsichtigten Nutzungsuntersagung an. Dieser nahm mit Schreiben vom 12. Oktober 2022 hierzu Stellung.
5
Mit Bescheid vom 19. Oktober 2022 untersagte die Antragsgegnerin dem Antragsteller die Nutzung der Räumlichkeiten im ersten Obergeschoss des Gebäudes H.-Gasse ... auf dem Grundstück FlNr. … Gemarkung A. zum Vergnügungsstättenbetrieb, spätestens ab dem dritten Tag nach Zustellung des Bescheids (Ziffer 1 des Bescheids). Zudem wurde die sofortige Vollziehung angeordnet (Ziffer 2 des Bescheids) und ein Zwangsgeld in Höhe von 10.000 Euro für den Fall der Zuwiderhandlung angedroht (Ziffer 3 des Bescheids). Mit Schreiben vom 7. November 2022 und 17. November 2022 beantragte der Antragsteller jeweils bei der Antragsgegnerin, den Vollzug des Bescheids auszusetzen, was diese mit Schreiben vom 9. November 2022 und 18. November 2022 jeweils ablehnte. Mit Schriftsatz vom 21. November 2022 erhob der Antragsteller Klage zum Verwaltungsgericht Augsburg (Au 5 K 22.2286), über die noch nicht entschieden ist.
6
Mit Schriftsatz vom 2. Dezember 2022 stellte der Antragsteller einen Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes, den das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 27. Dezember 2022 ablehnte. Zur Begründung wurde u.a. ausgeführt, dass nach summarischer Prüfung davon auszugehen sei, dass die Anordnung des Sofortvollzugs formell rechtmäßig gewesen sei und die erhobene Anfechtungsklage keinen Erfolg haben werde. Hiergeben wendet sich der Antragsteller mit seiner Beschwerde.
7
Er ist der Ansicht, dass es allein auf die Erfolgsaussichten der Klage nicht ankomme, da die Anordnung mit erheblichen Grundrechtseingriffen verbunden sei. Die angeordnete Schließung binnen dreier Tage führe zu einem wirtschaftlichen Niedergang und der Beendigung eines Ausbildungsverhältnisses. Die Behörden der Antragsgegnerin hätten seit über zwölf Jahren Kenntnis von der Ausübungsform seines Betriebes. Dies gelte nicht nur für das Ordnungsamt. Vielmehr habe das Bauordnungsamt dem Antragsteller 2014 empfohlen, den Betrieb in der vorliegenden Form zu betreiben und lediglich separate Genehmigungen für die öffentlichen Tanzveranstaltungen durch das Ordnungsamt einzuholen. Der Antragsteller sei nicht ordnungsgemäß angehört worden, da sicherheitsrechtliche Bedenken erst später zur Begründung des Sofortvollzugs mitgeteilt worden seien. Eine Heilung im Gerichtsverfahren sei mangels separatem Nachholungsverfahren nicht erfolgt. Die Anordnung sei unverhältnismäßig, da verschiedene andere Gestaltungen, wie z.B. Beschränkungen der Gästezahl oder der Öffnungszeiten denkbar seien. Die Antragsgegnerin sei ihrer Begründungspflicht zur Anordnung des Sofortvollzugs nicht ausreichend nachgekommen. Das Schreiben vom 6. April 2022 könne zudem als Genehmigung des bisherigen Betriebs interpretiert werden. Der Antragsteller betreibe zudem keine klassische Vergnügungsstätte. Die Nutzungsuntersagung sei zudem unbestimmt, da es dem Adressaten überlassen bleibe, zu interpretieren, welche Art von Veranstaltung unter die Gastronomienutzung falle und welche nicht. Das Verwaltungsgericht habe die Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens nicht geprüft. Es komme nämlich die Erteilung einer Ausnahme von den Festsetzungen des Bebauungsplans in Betracht. Schließlich sei die Fristsetzung unverhältnismäßig und die Nutzungsuntersagung verwirkt.
8
Der Antragsteller beantragt,
9
den Beschluss des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 27. Dezember 2022 in Ziffer 1 und 2 zu ändern und die Anordnung der sofortigen Vollziehung aus Ziffer 2 dieses Bescheids aufzuheben.
10
Die Antragsgegnerin beantragt,
11
die Beschwerde zurückzuweisen.
12
Die Abwägung des Verwaltungsgerichts sei zutreffend anhand der Erfolgsaussichten der Hauptsacheklage erfolgt. Die zuständige Baubehörde habe erst mit Übermittlung der Kontrollen des Ordnungsamtes von dem Vergnügungsstättenbetrieb des Antragstellers Kenntnis erlangt. Eine Erklärung, dass diese Nutzung fortgeführt werden dürfe, sei zu keinem Zeitpunkt erfolgt. Aufgrund der Anhörung war dem Antragsteller eine sachgerechte Stellungnahme möglich; einer Anhörung zum Erlass des Sofortvollzugs bedürfe es nicht. Die Begründung des Sofortvollzugs habe auch noch nachträglich ergänzt werden können. Die Anordnung sei auch verhältnismäßig; es sei nicht Aufgabe der Behörde, ein genehmigungsfähiges Betriebskonzept zu entwickeln. Sämtliche bisherigen Genehmigungen seien rein gaststättenrechtlicher und nicht baurechtlicher Natur gewesen. Baurechtlich sei stets davon ausgegangen worden, dass ein Gaststättenbetrieb vorliege. Das vom Antragsteller zitierte Schreiben vom 6. April 2014 habe weder Verwaltungsaktscharakter noch komme damit eine Duldung der Antragsgegnerin zum Ausdruck. Bei dem Betrieb des Antragstellers handle es sich auch um eine Vergnügungsstätte, da Musik und Tanzfläche eindeutig im Vordergrund stünden. Eine solche sei nicht genehmigungsfähig, da die Grundzüge der Planung berührt würden. Die Nutzungsuntersagung sei bestimmt genug und die Frist angemessen.
13
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten in beiden Instanzen und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.
14
Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Aus den im Beschwerdeverfahren vorgetragenen Gründen, auf deren Prüfung der Verwaltungsgerichtshof beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Sätze 1 und 6 VwGO), ergibt sich nicht, dass der Beschluss des Verwaltungsgerichts aufzuheben oder abzuändern wäre. Die vorzunehmende Abwägung der gegenseitigen Interessen geht demnach zulasten des Antragstellers aus.
15
1. Soweit der Antragsteller geltend macht, das Verwaltungsgericht gehe von einem falschen Sachverhalt aus, bleibt die Beschwerde ohne Erfolg.
16
Das Vorbringen, die Antragsgegnerin habe regelmäßig private und öffentliche Veranstaltungen genehmigt, das Betriebskonzept der Antragstellers sei seit Jahren bekannt, die bisherige Veranstaltungspraxis des Antragstellers sei genehmigt, die brandschutzrechtlichen Anforderungen seien nicht Gegenstand der Anhörung gewesen, nach wie vor könne ein Betrieb mit 200 Personen im ersten Obergeschoss stattfinden, der Störgrad des Betriebs beschränke sich auf die Sichtbarkeit von Lichtreflexionen und die Tanzfläche habe dem Bauantrag aus dem Jahr 2012 zugrunde gelegen, zielt auf das Vorbringen der gegenteiligen Ansicht des Antragstellers in Bezug auf die rechtliche Würdigung des vorliegenden Sachverhalts ab. Dass das Verwaltungsgericht in tatsächlicher Hinsicht von einem unzutreffenden oder unvollständigen Sachverhalt ausgegangen wäre oder diesen fehlerhaft ermittelt hätte, zeigt die Beschwerde nicht auf. Diese gegenteilige rechtliche Würdigung des Sachverhalts durch den Antragsteller führt hier jedoch – wie sich im Folgenden zeigt – nicht zum Erfolg der Beschwerde.
17
2. Das Verwaltungsgericht ist zu Recht von der formellen Rechtmäßigkeit der Anordnung der sofortigen Vollziehung der Nutzungsuntersagung in Ziffer 2 des Bescheids vom 19. Oktober 2022 ausgegangen.
18
a) Für die Anordnung der sofortigen Vollziehung gem. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO bedarf es grundsätzlich keiner vorherigen Anhörung nach Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG (vgl. BayVGH, B.v. 16.3.2016 – 9 CS 16.191 – juris Rn. 7 m.w.N.). Gründe, die ausnahmsweise eine vorherige Anhörung erforderlich erscheinen lassen könnten (vgl. dazu: Schoch in Schoch/Schneider, Verwaltungsrecht, Stand August 2022, § 80 Rn. 257) liegen nicht vor. Insbesondere wird die vom Antragsteller angeführte besondere Grundrechtsrelevanz über die bloße Behauptung hinaus nicht näher dargelegt und ist im Hinblick auf spezielle Freiheitsgrundrechte oder berufsrechtliche Maßnahmen bei der angefochtenen Nutzungsuntersagung auch nicht ersichtlich. Unabhängig davon kommt eine Aufhebung der Anordnung der sofortigen Vollziehung allein wegen fehlender Anhörung regelmäßig nicht in Betracht (vgl. BayVGH, B.v. 14.5.2013 – 20 CS 13.768 – juris Rn. 13).
19
b) Die Anordnung der sofortigen Vollziehung trägt auch dem formalen Begründungserfordernis ausreichend Rechnung.
20
Die Begründung nach § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO muss kenntlich machen, dass sich die Behörde bewusst war, von einem rechtlichen Ausnahmefall Gebrauch zu machen. Hierzu müssen grundsätzlich die besonderen, auf den konkreten Fall bezogenen Gründe angegeben werden, die die Behörde dazu bewogen haben, den Suspensiveffekt auszuschließen (vgl. BayVGH, B.v. 18.10.2021 – 15 CS 21.2407 – juris Rn. 35). An dieses Begründungserfordernis sind jedoch inhaltlich keine allzu hohen Anforderungen zu stellen; es genügt vielmehr jede schriftliche Begründung, die zu erkennen gibt, dass die Behörde eine Anordnung des Sofortvollzugs im konkreten Fall für geboten erachtet (vgl. BayVGH, B.v. 30.1.2019 – 9 CS 18.2533 – juris Rn. 16).
21
Das Verwaltungsgericht hat ausgeführt, dass die im Verwaltungsakt vom 19. Oktober 2022 angeführte Begründung, dass die Fortführung der ungenehmigten Nutzung eine Verfestigung und Nachahmung baurechtswidriger Zustände befürchten lasse, aufgrund ihres Störgrads nicht abgewartet werden könne und eine fehlende Durchsetzung der getroffenen Anordnung auf lange Sicht nicht hinnehmbar sei, dem formellen Begründungserfordernis ausreichend Rechnung trage (BA S. 19). Diese im Bescheid angeführten Aspekte zeigen, dass sich die Behörde jedenfalls der Ausnahmesituation bewusst war und Gründe angeführt hat, die über das bloße Vollzugsinteresse hinausgehen. Dem tritt das Beschwerdevorbringen nicht substantiiert entgegen, zumal die inhaltliche Richtigkeit oder Tragfähigkeit der Begründung des Sofortvollzugs an dieser (formalen) Stelle unerheblich ist (vgl. BayVGH, B.v. 4.1.2023 – 1 CS 22.1971 – juris Rn. 14). Darüber hinaus sind bei einer formell illegalen und nicht offensichtlich genehmigungsfähigen Nutzung – wie hier (s.u.) – nur geringe Anforderungen an die Begründung zu stellen. Die sofortige Vollziehung einer rechtmäßigen Nutzungsuntersagung liegt vielmehr regelmäßig im besonderen öffentlichen Interesse, weil sie die Vorbildwirkungen einer formell illegalen Nutzung bekämpft, dem „Schwarzbauer“ sowie dem „Schwarznutzer“ ungerechtfertigte Vorteile gegenüber dem erst nach Erteilung einer Genehmigung Nutzenden entzieht und ein Unterlaufen der präventiven Kontrolle der Bauaufsicht verhindert (vgl. BayVGH, B.v. 18.9.2017 – 15 CS 17.1675 – juris Rn. 9). Eine darüberhinausgehende Begründung des Sofortvollzugs wäre allenfalls dann erforderlich gewesen, wenn die Behörde den illegalen Zustand mit Wissen und Wollen über einen längeren Zeitraum geduldet hätte (vgl. BayVGH, B.v. 17.10.2012 – 2 CS 12.1835 – juris Rn. 2 m.w.N.). Letzteres ist hier nicht der Fall, worauf das Verwaltungsgericht zutreffend abgestellt hat (s.u.). Auf die vom Antragsteller verneinte Frage, ob die Ergänzung der Begründung der sofortigen Vollziehung um brandschutzrechtliche Aspekte im erstinstanzlichen Schreiben der Antragsgegnerin vom 21. Dezember 2022 zulässig ist, kommt es hier mithin nicht an.
22
3. Das öffentliche Interesse am Sofortvollzug der Nutzungsuntersagung überwiegt in der Sache das gegenläufige Suspensivinteresse des Antragstellers.
23
Im Rahmen eines Verfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO trifft das Gericht aufgrund der sich im Zeitpunkt seiner Entscheidung darstellenden Sach- und Rechtslage eine eigene Ermessensentscheidung darüber, ob die Interessen, die für einen sofortigen Vollzug des angefochtenen Verwaltungsakts sprechen, oder diejenigen, die für die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung streiten, höher zu bewerten sind. Im Rahmen dieser Interessenabwägung sind auch die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache zu berücksichtigen. Diese sind ein wesentliches, aber nicht das alleinige Indiz für und gegen den gestellten Antrag. Wird der in der Hauptsache erhobene Rechtsbehelf bei der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nur möglichen summarischen Prüfung voraussichtlich erfolgreich sein (weil er zulässig und begründet ist), so wird regelmäßig nur die Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung in Betracht kommen. Wird dagegen der in der Hauptsache erhobene Rechtsbehelf voraussichtlich keinen Erfolg haben (weil er unzulässig oder unbegründet ist), so ist dies ein starkes Indiz für die Ablehnung des Eilantrags. Sind schließlich die Erfolgsaussichten offen, findet eine allgemeine, von den Erfolgsaussichten unabhängige Abwägung der für und gegen den Sofortvollzug sprechenden Interessen statt (vgl. BayVGH, B.v. 18.9.2017- 15 CS 17.1675 – juris Rn. 11; B.v. 7.11.2022 – 15 CS 22.1998 – juris Rn. 25; BVerwG, B.v. 11.11.2020, 7 VR 5.20 – juris Rn. 8). Der vom Antragsteller angeführten Änderung dieses Prüfungsmaßstabs wegen erheblicher Grundrechtseingriffe bedarf es an dieser Stelle nicht, da die Grundrechtssensibiliät im Rahmen der Folgenabwägung bzw. des besonderen Vollzugsinteresses zu berücksichtigen ist (vgl. BVerfG, B.v. 20.11.2018 – 2 BvR 80/18 – juris Rn. 8; VGH BW, B.v. 10.12.2013 – 6 S 2112/13 – juris Rn. 29; Schoch in Schoch/Schneider, Verwaltungsrecht, Stand August 2022, § 80 VwGO Rn. 201).
24
a) Die Nutzungsuntersagung vom 19. Oktober 2022 ist voraussichtlich formell rechtmäßig. Soweit der Antragsteller geltend macht, er sei vor Erlass des angefochtenen Bescheids vom 19. Oktober 2022 nicht ausreichend angehört worden, ist dem nicht zu folgen.
25
Nach Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG ist, bevor ein Verwaltungsakt erlassen wird, der in Rechte eines Beteiligten eingreift, diesem Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern. Erforderlich ist hierbei, dass der Inhalt der geplanten Entscheidung erkennbar und dem Betroffenen klar ist, weshalb und wozu eine Äußerung erfolgen soll (vgl. BayVGH, B.v. 16.3.2016 – 9 CS 16.191 – juris Rn. 11). Dies ist hier der Fall. Das Verwaltungsgericht stellt darauf ab, dass der Antragsteller mit Schriftsatz vom 27. September 2022 zu der beabsichtigten Nutzungsuntersagung angehört worden sei und mit Schreiben vom 12. Oktober 2022 von seiner Äußerungsmöglichkeit Gebrauch gemacht habe. Es führt zudem aus, dass die Frage, inwieweit die vom Antragsteller geäußerten Belange und Interessen in der behördlichen Entscheidung Berücksichtigung gefunden hätten, keine (formelle) Frage der Anhörung, sondern der materiellen Rechtmäßigkeit der Anordnung seien (BA S. 20 f.). Hiergegen ist nichts zu erinnern.
26
Der Antragsteller ist insbesondere der Auffassung, dass er zu den von der Antragsgegnerin erstmals im erstinstanzlichen Schriftsatz vom 21. Dezember 2022 geltend gemachten sicherheitsrechtlichen Bedenken hätte angehört werden müssen. Demgegenüber stellt das Verwaltungsgericht darauf ab, dass die sicherheitsrechtlichen Bedenken in Bezug auf die Rettungswegsituation für die Rettung von bis zu 200 Personen aus den Räumlichkeiten des ersten Obergeschosses in Ergänzung zum „Störgrad“ im Rahmen der Anordnung des Sofortvollzugs erfolgten (BA S. 19). Dem tritt das Beschwerdevorbringen nicht entgegen. Der Antragsteller übersieht zudem, dass Gegenstand der Anordnung vom 19. Oktober 2022 die Nutzungsuntersagung wegen fehlender planungsrechtlicher Zulässigkeit einer Vergnügungsstätte und nicht wegen Überschreitens der maximal zulässigen Personenzahl ist. Ob im Hinblick auf die sicherheitsrechtlichen Aspekte im erstinstanzlichen Schreiben der Antragsgegnerin vom 21. Dezember 2022 eine Nachholung im gerichtlichen Verfahren in einer den formellen Anforderungen entsprechenden Weise erfolgt ist, kann daher offenbleiben. Eine Anhörung zu den Gründen, auf die die sofortige Vollziehung gestützt wird, ist – wie oben ausgeführt – hier gerade nicht erforderlich.
27
b) Die angefochtene Nutzungsuntersagung ist voraussichtlich auch materiell rechtmäßig.
28
Nach Art. 76 Satz 2 BayBO kann die Nutzung einer baulichen Anlage untersagt werden, wenn die Nutzung öffentlich-rechtlichen Vorschriften widerspricht. Diese Voraussetzungen sind grundsätzlich schon dann erfüllt, wenn eine bauliche Anlage ohne erforderliche Genehmigung, somit formell illegal, genutzt wird. Da die Nutzungsuntersagung in erster Linie die Funktion hat, den Bauherrn auf das Genehmigungsverfahren zu verweisen, muss grundsätzlich nicht geprüft werden, ob das Vorhaben auch gegen materielles Recht verstößt. Es entspricht regelmäßig pflichtgemäßer Ermessensausübung, wenn die Bauaufsichtsbehörde eine formell illegale Nutzung durch den Erlass einer Nutzungsuntersagung unterbindet (vgl. BayVGH, B.v. 4.1.2023 – 1 CS 22.1971 – juris Rn. 9). Allerdings darf eine formell rechtswidrige Nutzung aus Gründen der Verhältnismäßigkeit regelmäßig dann nicht untersagt werden, wenn sie offensichtlich genehmigungsfähig ist (vgl. BayVGH, B.v. 8.1.2021 – 9 CS 20.2376 – juris Rn. 13). Dies ist hier nicht der Fall.
29
aa) Die angefochtene Nutzungsuntersagung ist nicht unbestimmt.
30
Nach Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG muss ein Verwaltungsakt hinreichend bestimmt sein, d.h. die im Bescheid getroffene Regelung muss für die Beteiligten – gegebenenfalls nach Auslegung – eindeutig zu erkennen und einer unterschiedlichen subjektiven Bewertung nicht zugänglich sein (vgl. BayVGH, B.v. 28.10.2015 – 9 CS 15.1633 – juris Rn. 18), so dass sie ihr Verhalten daran ausrichten können (vgl. OVG NW, B.v. 23.11.2020 – 10 A 2316/20 – juris Rn. 6). Maßgebend ist dabei der erklärte Wille, wie ihn der Empfänger bei objektiver Würdigung verstehen konnte. Bei Ermittlung dieses objektiven Erklärungswerts sind alle dem Empfänger bekannten oder erkennbaren Umstände heranzuziehen. Es reicht aus, wenn sich der Regelungsgehalt aus dem gesamten Inhalt des Bescheids, insbesondere seiner Begründung, sowie den weiteren, den Beteiligten bekannten oder ohne Weiteres erkennbaren Umständen unzweifelhaft erkennen lässt (vgl. VGH BW, U.v. 9.11.2020 – 3 S 2590/18 – juris Rn. 36; BayVGH, B.v. 8.1.2021 – 9 CS 20.2376 – juris Rn. 15).
31
Nach diesen Maßstäben ist die angefochtene Nutzungsuntersagung hinreichend bestimmt. Dem Antragsteller wurde in Ziffer 1 dieses Bescheids die Nutzung seiner Räumlichkeiten zum Vergnügungsstättenbetrieb untersagt. Für die Einstufung des Betriebs kommt es hierbei entgegen der Ansicht des Antragstellers nicht auf eine konkrete Störung an, sondern auf die Würdigung der besonderen Umstände des Einzelfalls (vgl. BVerwG, B.v. 22.7.1988 – 1 B 89.88 – juris Rn. 4). Allein die Erforderlichkeit einer Abgrenzung im Einzelfall und die Verwendung gesetzlich geregelter unbestimmter Rechtsbegriffe machen den Verwaltungsakt nicht unbestimmt. Die Antragsgegnerin hat im Bescheid vom 19. September 2022 den Betrieb des Antragstellers in Abgrenzung zu einer Schank- und Speisewirtschaft ausführlich und anhand der bei den Kontrollen vor Ort getroffenen Feststellungen, insbesondere der Ausstattung, der Einrichtung, der Angebotspalette und den Begleiterscheinungen nach dem Gesamterscheinungsbild als Vergnügungsstätte bewertet. Der untersagte Nutzungsumfang ergibt sich für den Antragsteller damit eindeutig aus dem Verwaltungsakt. Die Nutzungsuntersagung wird auch nicht dadurch unbestimmt, dass es gegebenenfalls zulässige Nutzungen gibt, die von der Untersagungsverfügung nicht erfasst werden (vgl. BayVGH, B.v. 25.8.2016 – 9 ZB 13.1993 – juris Rn. 7); denn ob und in welchem Umfang eine andere Nutzung genehmigungsfähig wäre, ist hier nicht relevant (vgl. BayVGH, B.v. 15.6.2021 – 9 ZB 18.2144 – juris Rn. 9). Schließlich ist die mit Baugenehmigung vom 16. September 1994 erteilte Genehmigung eines Restaurantbetriebs von der Nutzungsuntersagung auch eindeutig nicht erfasst.
32
bb) Die vom Antragsteller ausgeübte Nutzung ist genehmigungspflichtig.
33
Nach Art. 55 Abs. 1 BayBO bedürfen die Errichtung, Änderung und Nutzungsänderung von Anlagen der Baugenehmigung; eine Verfahrensfreiheit nach Art. 57 Abs. 1 BayBO liegt hier nicht vor. Mit der Änderung der Nutzung von einem Restaurantbetrieb entsprechend der Baugenehmigung vom 16. September 1994 zu einer Vergnügungsstätte, wird die Variationsbreite der bisherigen Nutzung verlassen und werden bodenrechtliche Belange neu berührt (vgl. BVerwG, U.v. 18.11.2010 – 4 C 10.09 – juris Rn. 12), da die betriebene Eventlokalität aufgrund anderer rechtlicher Qualität nicht von der Baugenehmigung umfasst wird. Der Einwand des Antragstellers, es handle sich um „keine klassische Vergnügungsstätte“ und „Musik und Tanz“ stünden nicht im Vordergrund, genügt im Hinblick auf die von der Antragsgegnerin anlässlich der Kontrollen vor Ort getroffenen Feststellungen und der Ausführungen des Verwaltungsgerichts (BA S. 25 ff.) nicht, das Ergebnis der Gesamtbetrachtung in Frage zu stellen.
34
cc) Für den Betrieb einer Vergnügungsstätte liegt auch keine Genehmigung vor.
35
Der Interpretation des Antragstellers, das Schreiben des Stadtplanungsamts der Antragsgegnerin vom 6. April 2014 stelle eine Genehmigung seines bisherigen Betriebs dar, ist nicht zu folgen. Die Verwaltungsaktqualität eines behördlichen Schreibens ist nach den allgemeinen Auslegungsgrundsätzen zu bestimmen. Maßgebend hierbei ist der erklärte Wille, wie ihn der Adressat von seinem Standpunkt aus bei verständiger Würdigung verstehen konnte (vgl. Stelkens in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 10. Auflage 2023, § 35 Rn. 71). Ein feststellender Verwaltungsakt – wie die Baugenehmigung (vgl. Decker in Busse/Kraus, BayBO, Stand September 2022, Art. 68 Rn. 26) – muss alle Merkmale des Art. 35 BayVwVfG erfüllen, insbesondere die Regelung und Außenwirkung (vgl. BVerwG, U.v. 5.11.2009 – 4 C 3.09 – juris Rn. 15). Ein feststellender Verwaltungsakt liegt nur dann vor, wenn der betroffene Bürger unter Berücksichtigung aller ihm bekannten oder erkennbaren Umstände nach Treu und Glauben bei der gebotenen objektiven Auslegung aus dem Empfängerhorizont die Erklärung der Behörde als eine verbindliche Regelung auffassen konnte oder musste. Der Adressat des Bescheids muss – letztlich aus Gründen des rechtsstaatlichen Bestimmtheitsgebots – Klarheit darüber haben, ob die Behörde durch einen feststellenden Verwaltungsakt mit verbindlicher Wirkung festlegen wollte, was im Einzelfall rechtens sein soll, oder ob es sich insoweit lediglich um ein grundsätzlich nicht an der Bindungswirkung teilnehmendes Begründungselement handelt. Eine behördliche Erklärung, deren feststellende Regelungsqualität nicht bereits durch Aufnahme in den Tenor des Bescheids dokumentiert worden ist, kann regelmäßig im Weg der Auslegung nur dann als feststellender Verwaltungsakt zu qualifizieren sein, wenn der Regelungswille der Behörde in anderer Weise klar und unmissverständlich zum Ausdruck kommt (vgl. VGH BW, U.v. 2.2.2022 – 13 S 1553/20 – juris Rn. 78; BVerwG, U.v. 5.11.2009 – 4 C 3.09 – juris Rn. 23).
36
Danach ist das Schreiben des Stadtplanungsamts der Antragsgegnerin vom 6. April 2014 nicht als Verwaltungsakt zu qualifizieren. Es fehlt bereits an dem für eine Baugenehmigung notwendigen Antrag (vgl. Decker in Busse/Kraus, BayBO, Stand September 2022, Art. 68 Rn. 39), da das Schreiben des Antragstellers vom 5. April 2014 weder inhaltlich noch in der Form den Anforderungen eines Bauantrags gem. Art. 64 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 BayBO entspricht und der Bauantrag zur Nutzungsänderung in eine Vergnügungsstätte vom 11. April 2014 mit Schreiben vom 25. Juni 2012 zurückgenommen worden war. Der Inhalt des Schreibens vom 6. April 2014 stellt vielmehr eine Auskunft zur planungsrechtlichen Situation von Vergnügungsstätten im Bereich des Grundstücks des Antragstellers in Reaktion auf dessen Anfrage vom 5. April 2014 zur angeblichen Ungleichbehandlung im Hinblick auf die Anzahl möglicher Tanzveranstaltungen dar. Aus dem Wortlaut, dass „ausgehend von der bestehenden baurechtlichen Genehmigung“ es der Ordnungsbehörde obliegt, „über gaststättenrechtliche Konzession und Zulässigkeit von Tanzveranstaltungen zu entscheiden“, ergibt sich nach dem objektiven Erklärungswert gerade keine Regelungswirkung in Bezug auf die (baurechtliche) Genehmigung eines tatsächlichen oder beantragten Betriebes.
37
dd) Die angefochtene Nutzungsuntersagung ist voraussichtlich auch ermessensfehlerfrei und verhältnismäßig.
38
(1) Mit der Nutzungsänderung von einem Restaurantbetrieb zu einer Vergnügungsstätte wird die Variationsbreite der bisherigen Nutzung verlassen und werden bodenrechtliche Belange neu berührt (vgl. BayVGH, B.v. 8.1.2021 – 9 CS 20.2376 – juris Rn. 21). Der vom Antragsteller geführte Betrieb im ersten Obergeschoss des Gebäudes H.-Gasse ... ist nicht offensichtlich genehmigungsfähig, da der Bebauungsplan Nr. 470 „Beiderseits der M.straße“ der Antragsgegnerin ein Mischgebiet (§ 6 BauNVO) unter Ausschluss von Vergnügungsstätten festsetzt (§ 1 Abs. 6 Nr. 1, § 6 Abs. 2 Nr. 8, Abs. 3 BauNVO). Damit kommt die vom Antragsteller begehrte Erteilung einer Ausnahme nach § 31 Abs. 1 BauGB schon mangels rechtlicher Grundlage nicht in Betracht. Soweit der Antragsteller auf die Erteilung einer Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB abzielt, hat das Verwaltungsgericht unter Bezugnahme auf die Begründung des Bebauungsplans ausgeführt, dass diese die Grundzüge der Planung berühren würde und deshalb nicht in Betracht komme. Hiermit setzt sich das Beschwerdevorbringen nicht auseinander. Der Antragsteller kann für die ausgeübte Nutzung auch keinen Bestandsschutz geltend machen, da er keine Baugenehmigung für eine Vergnügungsstätte in den genannten Räumlichkeiten besitzt (vgl. BayVGH, B.v. 22.6.2021 – 9 ZB 20.1826 – juris Rn. 13); die Baugenehmigung vom 16. September 1994 beinhaltet ausweislich des genehmigten Plans eindeutig keine Tanzfläche. Der Vortrag, das Verwaltungsgericht habe andere mögliche genehmigungsfähige Gestaltungsvarianten nicht berücksichtigt, verfängt nicht, da es nicht Aufgabe der Nutzungsuntersagung ist, andere mögliche genehmigungsfähige Nutzungen oder Betriebsvarianten zu bestimmen. Vielmehr ist es Sache des Bauherrn, konkrete Nutzungsentscheidungen zu treffen und deren Genehmigungsfähigkeit vor Betriebsaufnahme zu klären (vgl. BayVGH, B.v. 15.6.2021 – 9 ZB 18.2144 – juris Rn. 9).
39
(2) Der Antragsteller kann sich auch nicht auf Vertrauensschutz berufen, denn die bloße Duldung einer rechtswidrigen baulichen Anlage über längere Zeiträume hinweg im Sinn des schlichten Unterlassens des bauaufsichtlichen Einschreitens schließt auch bei Kenntnis der Bauaufsichtsbehörde den späteren Erlass einer Beseitigungsanordnung regelmäßig nicht aus (vgl. BayVGH, B.v. 4.1.2023 – 1 CS 22.1971 – juris Rn. 11). Etwas Anderes gilt nur dann, wenn die Bauaufsichtsbehörde aufgrund des Hinzutretens besonderer Umstände einen Vertrauenstatbestand geschaffen hat (vgl. BayVGH, B.v. 28.12.2016 – 15 CS 16.1774 – juris Rn. 35). Derartige Umstände liegen hier jedoch nicht vor.
40
Die Antragsgegnerin hatte entgegen der Ansicht des Antragstellers keine positive Kenntnis von der Nutzungsänderung. Ausweislich der Aktenlage bezieht sich die Kenntnis der Antragsgegnerin lediglich auf das Vorliegen ordnungs- bzw. gaststättenrechtlicher Erlaubnisse, nicht jedoch auf die Aufgabe des mit Bescheid vom 16. September 1994 baurechtlich genehmigten Gaststätten- bzw. Restaurantbetriebs. Gaststättenrechtliche Genehmigungen sind jedoch aufgrund des unterschiedlichen Prüfungsmaßstabs nicht in der Lage, bauplanungs- oder bauordnungsrechtliche Anforderungen zu ersetzen. Auch wenn sich die Antragsgegnerin nach außen hin „als Einheit“ behandeln lassen muss, konnte der Antragsteller nicht davon ausgehen, dass die gaststättenrechtlichen Erlaubnisse alle in der Vergangenheit geschehenen Verstöße gegen Bauplanungs- oder Bauordnungsrecht „heilen“ und Vertrauensschutz begründen (vgl. BayVGH, B.v. 26.4.2012 – 9 ZB 09.1726 – juris Rn. 13).
41
Auch aus dem Schreiben des Stadtplanungsamts der Antragsgegnerin vom 6. April 2014 lässt sich kein Vertrauensschutz ableiten, da dieses von der „bestehenden baurechtlichen Genehmigung“ ausgeht, was sich in Folge der Rücknahme des Bauantrags aus dem Jahr 2012 mithin nur auf die Genehmigung aus dem Jahr 1995 beziehen kann. Anhaltspunkte für eine Nutzungsänderung ergeben sich auch nicht aus dem Schreiben des Antragstellers vom 5. April 2014; vielmehr verweist dieser ausdrücklich auf seinen „Lokalbetrieb“, so dass die Antragsgegnerin nicht davon ausgehen musste, dass der mit Baugenehmigung vom 16. September 1994 genehmigte Restaurantbetrieb vollständig aufgeben wurde. Auf die Frage, welche Behördenstelle innerhalb der Antragsgegnerin Kenntnis von der Nutzungsänderung des Antragstellers gehabt hat, kommt es damit nicht an.
42
(3) Soweit der Antragsteller geltend macht, die angefochtene Nutzungsuntersagung sei nicht erforderlich, da es mildere Mittel in Form von Auflagen und Beschränkungen oder alternativen Nutzungskonzepten gebe, greift dieser Einwand nicht. Denn es ist nicht Aufgabe der Nutzungsuntersagung, andere mögliche genehmigungsfähige Nutzungen zu bestimmen, sondern vielmehr Sache des Bauherrn, konkrete Nutzungsentscheidungen zu treffen und deren Genehmigungsfähigkeit vor Betriebsaufnahme zu klären (vgl. BayVGH, B.v. 15.6.2021 – 9 ZB 18.2144 – juris Rn. 9).
43
ee) Die Beschwerde hat auch im Hinblick auf die vom Antragsteller beanstandete Frist von drei Tagen keinen Erfolg. Der Einwand, eine Restaurantnutzung in Übereinstimmung mit der Baugenehmigung vom 16. September 1994 sei aufgrund erfolgter Umbauten nicht möglich, macht die verfügte Fristsetzung nicht unverhältnismäßig. Maßgebend ist insoweit die Untersagung der rechtswidrigen Nutzung und nicht die Möglichkeit der legalen Nutzung. Mangels der vom Antragsteller angeführten „jahrzehntelangen Kenntnis“ der Antragsgegnerin von der Nutzungsänderung liegen auch keine Besonderheiten vor, die eine längere Frist für angezeigt erscheinen ließen. Weitere substantiierte Einwendungen gegen die Zwangsgeldandrohung sind im Beschwerdeverfahren nicht vorgetragen.
44
c) Unter Berücksichtigung der mangelnden Erfolgsaussichten in der Hauptsache, führt die Abwägung auch im Übrigen nicht zu einem Überwiegen des vom Antragsteller geltend gemachten Suspensivinteresses. Soweit der Antragsteller einen besonders schweren Grundrechtseingriff anführt, legt das Beschwerdevorbringen schon keinen spezifischen Eingriffsgehalt in Bezug auf spezielle Freiheitsgrundrechte, berufsrechtliche Maßnahmen (vgl. Schoch in Schoch/Schneider, Verwaltungsrecht, Stand August 2022, § 80 VwGO Rn. 259, 201) oder eine Vorwegnahme der Hauptsache (vgl. BayVGH, B.v. 30.1.2019 – 9 CS 18.2533 – juris Rn. 23 – zur Beseitigungsanordnung) dar. Der von der Antragsgegnerin angeführten Verfestigung baurechtswidriger Zustände tritt das Beschwerdevorbringen nicht entgegen; vielmehr räumt der Antragsteller in der Beschwerdebegründung selbst ein, dass eine Restaurantnutzung im ersten Obergeschoss nicht möglich sei. Soweit der Antragsteller geltend macht, seine wirtschaftliche Existenz hänge vom Weiterbetrieb der Vergnügungsstätte ab, lässt sich dem Beschwerdevorbringen nicht entnehmen, dass die mit der angefochtenen Nutzungsuntersagung verbundene negative Folge gerade Folge des sofortigen Vollzugs derselben wäre und voraussichtlich nicht eintreten würde, wenn die Verfügung erst nach ihrer Bestandskraft vollzogen würde. Der Antragsteller hat vielmehr geltend gemacht, dass der Verlust eines Ausbildungsplatzes und eine drohende Insolvenz generell Folge der Betriebsschließung wären, so dass die Anordnung des Sofortvollzugs schon nicht maßgeblich hierfür ist (vgl. VGH BW, B.v. 13.7.2015 – 6 S 679/15 – juris Rn. 33).
45
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO.
46
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1, § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG i.V.m. Nr. 1.5, 9.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013. Sie folgt der Festsetzung des Verwaltungsgerichts, gegen die keine Einwendungen erhoben wurden.
47
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).