Titel:
Keine Schätzung des Umlagebetrags für Pflegeausbildungsfonds bei neu gegründeten Pflegeeinrichtungen
Normenketten:
PflBG § 26 Abs. 3 Nr. 2, § 33 Abs. 4 S. 2
PflAFinV § 12 Abs. 2, § 18 Abs. 2 S. 4
VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 1, Nr. 3
Leitsatz:
Bei neu gegründeten Pflegeeinrichtungen, bei denen es keine Zahlen aus der Vergangenheit gibt, die als Grundlage für die Berechnung des monatlichen Umlagebetrags nach § 18 Abs. 2 S. 4, § 12 Abs. 3 PflAFinV herangezogen werden könnten, kann solange kein Umlagebetrag festgesetzt werden, bis Angaben zu den entsprechenden Parametern möglich sind; eine Schätzung ist unzulässig. (Rn. 15 – 16) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Kosten der Pflegeausbildung, Ausgleichsfonds, Neugründung einer Pflegeeinrichtung, Ermittlung des Umlagebetrags, Pflegeausbildung, Umlagebetrag, Neugründung, Plegeeinrichtung, Schätzung
Vorinstanz:
VG Augsburg, Urteil vom 13.09.2021 – Au 9 K 20.857
Fundstelle:
BeckRS 2023, 2745
Tenor
I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Die Beklagte trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 2.104,49 EUR festgesetzt.
Gründe
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Der Kläger ist ein als Einzelunternehmen betriebener ambulanter Pflegedienst mit aktivem Geschäftsbetrieb vom 1. Februar 2020 bis 30. September 2020. Mit Bescheid vom 11. Mai 2020 setzte die Beklagte gegenüber dem Kläger die von ihm im Kalenderjahr 2020 in den Ausgleichsfonds nach dem Pflegeberufegesetz zu leistenden Einzahlungen auf insgesamt 2.104,49 Euro fest. Zur Begründung führte die Beklagte aus, der Kläger sei seinen Mitteilungspflichten nach § 11 Abs. 2 Satz 1 und 2 und Abs. 4 PflAFinV nicht nachgekommen. Deshalb habe sie sowohl die Zahl der Vollzeitäquivalente der Pflegefachkräfte als auch die abgerechneten Punkte oder Zeitwerte bezogen auf den Stichtag 15. Dezember 2018 (Zahl der Vollzeitäquivalente) bzw. das Bezugsjahr 2018 geschätzt.
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Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger Klage zum Verwaltungsgericht. Dieses hob daraufhin den Bescheid der Beklagten mit Urteil vom 13. September 2021 auf. Zur Begründung führte das Verwaltungsgericht aus, nach den gesetzlichen Regelungen bestehe für den Kläger für das Finanzierungsjahr 2020 keine Einzahlungsverpflichtung in den Pflegeausbildungsfonds. Dies folge daraus, dass es sich bei dem am 1. Februar 2020 aufgenommenen ambulanten Pflegebetrieb des Klägers um eine Neugründung gehandelt habe, die der gesetzlichen Regelung in § 18 Abs. 2 Satz 2 bis 4 PflAFinV unterliege. Da die Verordnung für die Berechnung des einzelnen Umlagebetrags bei Neugründungen – anders als bei einem Verstoß gegen Mitteilungspflichten – keine Modifikation enthalte, bemesse sich der festzusetzende Betrag nach § 18 Abs. 2 Satz 4, § 12 Abs. 3 PflAFinV. Aufgrund fehlender Anpassung der Berechnungsgrundlagen in § 18 Abs. 2 Satz 4 PflAFinV für neu gegründete Pflegeeinrichtungen sei nach der eindeutigen gesetzlichen Regelung für den hier maßgeblichen Finanzierungszeitraum 2020 ausgehend vom Festsetzungsjahr 2019 das Bezugsjahr 2018 maßgeblich. Da der Betrieb des Klägers aber erst im Februar 2020 seine Tätigkeit aufgenommen habe, lägen für ihn für den maßgeblichen Bezugszeitraum 2018 keine für die Berechnung notwendigen Punkte und Zeitwerte vor. Zwingende rechtliche Folge sei somit, dass der Einzahlungsbetrag des Klägers für das Finanzierungsjahr 2020 auf Null festzusetzen sei. Wegen der vom Verordnungsgeber erfolgten Bezugnahme auf das Jahr 2018 sei eine Verletzung der Mitteilungs- bzw. Mitwirkungspflichten nach § 18 Abs. 2 Satz 2 PflAFinV bzw. § 11 Abs. 4 PflAFinV durch den Kläger begrifflich bereits nicht denkbar, weil dieser mangels Geschäftsbetriebs im Bezugsjahr 2018 keine berechnungsrelevanten Unterlagen habe vorlegen können. Daher habe die Beklagte die mit der Verletzung von Mitwirkungspflichten begründete Schätzung fehlender Berechnungsgrundlagen zu Lasten des Klägers nicht vornehmen dürfen.
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Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrem Antrag auf Zulassung der Berufung und beruft sich dabei auf die Zulassungsgründe nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 und 3 VwGO. Der Kläger tritt dem entgegen. Die Landesanwaltschaft Bayern hat sich als Vertreter des öffentlichen Interesses am Verfahren beteiligt.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten verwiesen.
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Der Antrag der Beklagten auf Zulassung der Berufung bleibt ohne Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 1 und 3 VwGO sind nicht in einer den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügenden Art und Weise dargelegt bzw. liegen nicht vor.
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1. Die Beklagte zeigt keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) auf.
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Ernstliche Zweifel im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO sind anzunehmen, wenn in der Antragsbegründung ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt werden (vgl. etwa BVerfG, B.v. 10.9.2009 – 1 BvR 814/09 – NJW 2009, 3642) und die Zweifel an der Richtigkeit einzelner Begründungselemente auf das Ergebnis durchschlagen (BVerwG, B.v. 10.3.2004 – 7 AV 4.03 – DVBl 2004, 838/839). Schlüssige Gegenargumente in diesem Sinne liegen dann vor, wenn der Rechtsmittelführer substantiiert rechtliche oder tatsächliche Umstände aufzeigt, aus denen sich die gesicherte Möglichkeit ergibt, dass die erstinstanzliche Entscheidung im Ergebnis unrichtig ist (vgl. BVerfG, B.v. 20.12.2010 – 1 BvR 2011/10 – NVwZ 2011, 546/548). Welche Anforderungen an Umfang und Dichte der Darlegung zu stellen sind, hängt wesentlich von der Intensität ab, mit der die Entscheidung begründet worden ist (Happ in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 124a Rn. 64 m.w.N.).
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a) Diesen Darlegungsanforderungen genügt das Zulassungsvorbringen der Beklagten nicht. Es erschöpft sich im Wesentlichen darin, den erstinstanzlichen Vortrag im Stile einer Berufungsbegründung zu wiederholen bzw. zu präzisieren. Die Beklagte setzt sich nicht im gebotenen Maß und der vorliegend gebotenen Tiefe mit den Feststellungen des Verwaltungsgerichts auseinander. Sie erläutert nicht, aus welchen Gründen sie die Entscheidung des Verwaltungsgerichts für ernstlich zweifelhaft hält, sondern stellt lediglich ihre hiervon abweichende Rechtsauffassung dar. Substantiierte Gründe, warum dies zu ernstlichen Zweifeln an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils führt, legt sie mit diesem Vorbringen nicht dar.
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b) Unabhängig davon bestehen keine Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts.
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aa) Soweit die Beklagte ausführt, das Verwaltungsgericht habe verkannt, dass die Einzahlungsverpflichtung des Klägers bereits mit Abschluss des Versorgungsvertrags begründet werde, was sich aus § 7 Abs. 1 Nr. 3 des Gesetzes über die Pflegeberufe (Pflegeberufegesetz – PflBG) in der Fassung vom 17. Juli 2017 (BGBl. I S. 2754) i.V.m. § 72 SGB XI ergebe, kann sie nicht durchdringen. Die dem Grunde nach bestehende Verpflichtung des klägerischen Pflegedienstes, als zugelassene ambulante Pflegeeinrichtung am Ausgleichsfonds teilzunehmen, ergibt sich aus § 26 Abs. 3 Nr. 2 PflBG i.V.m. § 7 Abs. 1 Nr. 3 PflBG. Diese Teilnahmeverpflichtung ist vorliegend unstreitig. Der Kläger wendet sich vielmehr allein gegen die Höhe der Einzahlungsverpflichtung für das Jahr 2020.
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bb) Das Verwaltungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Beklagte mangels Vorliegens tatsächlicher Zahlen nicht berechtigt war, die für die Bemessung des konkreten Umlagebetrags erforderlichen Parameter, insbesondere den Umsatz der Pflegeeinrichtung des Klägers nach § 36 SGB XI, im Wege einer Schätzung zu ermitteln.
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Rechtsgrundlage für die Festsetzung der jeweiligen Umlagebeträge zur Finanzierung der Pflegeausbildung ist § 33 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 4 Satz 2 PflBG. § 33 Abs. 1 PflBG schreibt die jeweiligen Anteile am ermittelten Finanzierungsbedarf fest. Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen führen ihre Anteile am Ausbildungsfonds in monatlichen Teilbeträgen an die Beklagte ab, § 33 Abs. 2 PflBG. Die Aufteilung im – hier ausschließlich relevanten – ambulanten Sektor richtet sich jeweils nach der in der Vergangenheit abgerechneten Leistung. Gemäß § 12 Abs. 3 der Verordnung über die Finanzierung der beruflichen Ausbildung nach dem Pflegeberufegesetz sowie zur Durchführung statistischer Erhebungen (Pflegeberufe-Ausbildungsfinanzierungsverordnung – PflAFinV) vom 2. Oktober 2018 (BGBl. I S. 1622) bemisst sich der Anteil, der auf die einzelne ambulante Pflegeeinrichtung entfällt, nach dem Verhältnis der in den zwölf Monaten vor dem 1. Januar des Festsetzungsjahres (vgl. § 1 Abs. 3 PflAFinV) von der Einrichtung nach dem Elften Buch Sozialgesetzbuch entsprechend dem im Land geltenden Abrechnungssystem abgerechneten Punkte oder Zeitwerte zur Gesamtzahl der Punkte oder Zeitwerte im selben Zeitraum. Nach § 11 Abs. 2 PflAFinV teilen die stationären und ambulanten Pflegeeinrichtungen der zuständigen Stelle – hier der Beklagten – bis zum 15. Juni des Festsetzungsjahres die Anzahl der Vollzeitäquivalente der Pflegefachkräfte mit, die am 15. Dezember des Vorjahres des Festsetzungsjahres in der Einrichtung beschäftigt oder eingesetzt sind. Ambulante Einrichtungen teilen dabei zusätzlich mit, welcher Anteil an Vollzeitäquivalenten auf Pflegeleistungen nach dem Elften Buch Sozialgesetzbuch entfällt.
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Gemäß § 2 Abs. 6 Satz 5 der „Vereinbarung der Verfahrensregelungen im Zusammenhang mit der Einzahlung der Finanzierungsmittel und den in Rechnung zu stellenden Zuschlägen gem. § 33 Abs. 6 Pflegeberufegesetz (PflBG) sowie weiterer Regelungen zur Festsetzung der Ausbildungsbudgets und zur Abrechnung der Ausgleichszuweisungen und der Umlagebeträge“ (im Folgenden: Vereinbarung) ist die fondsführende Stelle berechtigt, zur Berechnung der Umlagebeträge derjenigen stationären und ambulanten Pflegeeinrichtungen, die ihren Mitteilungspflichten nach § 11 Abs. 2 bis 4 PflAFinV trotz ordnungsgemäßen Verfahrens nicht oder nicht ausreichend nachgekommen sind, die Angaben nach § 11 Abs. 2 bis 4 PflAFinV zu schätzen.
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Wie das Verwaltungsgericht zutreffend festgestellt hat, sind die Tatbestandsvoraussetzungen dieser Regelung nicht erfüllt. Denn § 2 Abs. 6 Satz 5 der Vereinbarung knüpft die Möglichkeit einer Schätzung der Angaben nach § 11 Abs. 2 bis 4 PflAFinV daran, dass Pflegeeinrichtungen ihren diesbezüglichen Mitteilungspflichten nicht oder nicht ausreichend nachgekommen sind. Der Feststellung des Verwaltungsgerichts, dass der Kläger mangels Geschäftsbetriebs im Jahr 2018 keine berechnungsrelevanten Unterlagen vorlegen und deshalb schon keine Verletzung von Mitteilungspflichten bestehen konnte, tritt die Beklagte im Zulassungsverfahren nicht entgegen. Sie geht vielmehr in der Zulassungsbegründung ebenfalls davon aus, dass „von der Einrichtung keine entsprechenden Werte vorgelegt werden konnten“. Eine Anwendung von § 2 Abs. 6 Satz 5 der Vereinbarung scheidet daher als Rechtsgrundlage für eine Schätzung im Jahr der Neugründung schon deshalb aus, weil der Kläger keine Mitteilungspflicht verletzt hat.
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Soweit die Beklagte meint, sie sei „im Sinne einer pragmatischen Vorgehensweise und auch um die Pflegeeinrichtung am Umlageverfahren zu beteiligen“, befugt, im Rahmen einer Schätzung den entsprechenden Umsatz nach § 36 SGB XI zu ermitteln, da dies ansonsten dazu führe, dass gegenüber Pflegeeinrichtungen, wie der des Klägers, für „ein bis zwei Jahre“ überhaupt keine Einzahlungsbescheide erlassen werden könnten, übersieht sie, dass es keine Rechtsgrundlage gibt, die sie zu einer Schätzung der für die Berechnung des monatlichen Umlagebetrags relevanten Parameter ermächtigt. Ob ein derartiger, für den Betreiber der Einrichtung wesentlicher Eingriff allein auf eine ausdrückliche Regelung in der Vereinbarung gestützt werden könnte oder ob hierfür vielmehr eine normative Ermächtigungsgrundlage zwingend notwendig wäre, bedarf keiner Entscheidung. Denn eine Regelung in der Vereinbarung, die die Beklagte bei Pflegeeinrichtungen, die den Betrieb neu aufgenommen haben, zu einer solchen Schätzung ermächtigen würde, widerspräche jedenfalls § 18 Abs. 2 PflAFinV.
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Der Verordnungsgeber hat in § 18 Abs. 2 PflAFinV ausdrückliche Regelungen in Bezug auf Pflegeeinrichtungen getroffen, die den Betrieb neu aufgenommen haben. Nach Satz 2 der Regelung haben diese Pflegeeinrichtungen die Mitteilungen nach § 11 Abs. 3 und 4 „unverzüglich vorzunehmen“. Der monatliche Umlagebetrag gegenüber derartigen Pflegeeinrichtungen soll nach § 18 Abs. 2 Satz 3 und 4 PflAFinV „zum nächstmöglichen Zeitpunkt“ auf der Grundlage der Ermittlungen nach § 12 Abs. 2 oder 3 PflAfFinV festgesetzt werden. Die Formulierungen in § 18 Abs. 2 Satz 2 bis 4 PflAFinV zeigen, dass die Berechnung des Umlagebetrags auch bei Pflegeeinrichtungen, die den Betrieb neu aufgenommen haben, nach dem gleichen System erfolgen soll, wie bei bereits tätigen Pflegeeinrichtungen. Auch die Verordnungsbegründung zu § 18 Abs. 2 PflAFinV dokumentiert den in § 18 Abs. 2 Satz 2 bis 4 PflAFinV zum Ausdruck gebrachten Willen des Verordnungsgebers, den monatlichen Umlagebetrag bei Pflegeeinrichtungen, die den Betrieb neu aufgenommen haben, anhand tatsächlicher Zahlen zu ermitteln. Diese führt ausdrücklich aus: „Der Finanzierungsbedarf für Pflegeeinrichtungen, die den Betrieb aufgenommen haben, errechnet sich nach § 12 Abs. 2 oder 3. Dabei werden bezüglich der Gesamtzahl der vereinbarten Pflegefachkräfte nach Vollzeitäquivalenten nach § 12 Abs. 2 und der Gesamtzahl der Punkte oder Zeitwerte nach § 12 Abs. 3 die im Festsetzungsjahr ermittelten Werte zugrunde gelegt“ (BR-Drs. 360/18, S. 33). Da es bei Pflegeeinrichtungen, wie der des Klägers, keine Zahlen aus der Vergangenheit gibt, die als Grundlage für die Berechnung des monatlichen Umlagebetrags nach § 18 Abs. 2 Satz 4, § 12 Abs. 3 PflAFinV herangezogen werden könnten, kann solange kein Umlagebetrag festgesetzt werden, bis Angaben zu den entsprechenden Parametern möglich sind.
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Regelungen dafür, wie der Umlagebetrag zur Finanzierung der Pflegeausbildung bei Pflegeeinrichtungen, die den Betrieb neu aufgenommen haben, in den ersten beiden Jahren ihrer Tätigkeit zu ermitteln ist, sind weder im Pflegeberufegesetz noch in der Pflegeberufe-Ausbildungsfinanzierungsverordnung enthalten. Ungeachtet dessen, dass sich der in der Begründung zu § 18 Abs. 2 PflAFinV zum Ausdruck gebrachte Wille, die im Festsetzungsjahr – und damit im Vorjahr des jeweiligen Finanzierungszeitraums nach dem Pflegeberufegesetz (vgl. § 1 Abs. 3 PflAFinV) – ermittelten Werte zugrunde zu legen, im Verordnungstext nicht niederschlägt, lässt sich die vorhandene Regelungslücke – entgegen der Ansicht der Beklagten – nicht einfach auf pragmatischem Wege lösen.
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Ausgehend von § 18 Abs. 2 Satz 2 bis 4 PflAFinV hat das Verwaltungsgericht somit zutreffend festgestellt, dass für die Pflegeeinrichtung des Klägers im relevanten Bezugszeitraum 2018 keine für die Berechnung notwendigen Punkte oder Zeitwerte vorlagen und daher für das Finanzierungsjahr 2020 kein monatlicher Umlagebetrag geltend gemacht werden kann. Das Verwaltungsgericht hat den Bescheid vom 11. Mai 2020 somit zu Recht aufgehoben.
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2. Die Berufung ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) zuzulassen.
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Der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung i.S.v. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO erfordert, dass eine Rechts- oder Tatsachenfrage für die Entscheidung des Rechtsstreits erheblich, bislang höchstrichterlich oder obergerichtlich nicht geklärt und über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus bedeutsam ist; die Frage muss ferner im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Fortentwicklung des Rechts einer berufungsgerichtlichen Klärung zugänglich sein und dieser Klärung auch bedürfen (stRspr, vgl. BVerwG, B.v. 22.1.2019 – 5 B 1.19 D – juris Rn. 2 m.w.N.; B.v. 25.8.2015 – 1 B 40.15 – BayVBl 2016, 104 Rn. 6 m.w.N.; BayVGH, B.v. 4.6.2018 – 14 ZB 17.390 – juris Rn. 14 m.w.N.). Um einen auf grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache gestützten Zulassungsantrag zu begründen, muss der Rechtsmittelführer innerhalb der Frist des § 124 Abs. 4 Satz 4 VwGO (1.) eine konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage formulieren, (2.) ausführen, weshalb diese Frage für den Rechtsstreit entscheidungserheblich ist, (3.) erläutern, weshalb die formulierte Frage klärungsbedürftig ist, und (4.) darlegen, weshalb der Frage eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt (vgl. BayVGH, B.v. 7.2.2017 – 14 ZB 16.1867 – juris Rn. 15 m.w.N.).
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Diesen Darlegungsanforderungen kommt die Beklagte nicht nach. Die Zulassungsbegründung wirft weder ausdrücklich eine konkret klärungsbedürftige Frage auf, noch enthält sie die nach § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO erforderlichen weiteren Ausführungen. Selbst wenn man die Passage in der Zulassungsbegründung, „dass bei neu gegründeten Pflegeeinrichtungen, für die im Bezugszeitraum nach § 12 PflAFinV noch keine Daten vorliegen, die Beklagte berechtigt ist, im Rahmen der Schätzung den Einzahlungsbetrag festzulegen“ als konkrete Frage verstünde, scheidet eine Zulassung der Berufung nach § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO aus. Denn diese Frage mag zwar für eine Vielzahl von Fällen relevant sein, sie lässt sich jedoch – wie oben unter 1. dargestellt – unter Heranziehung des Pflegeberufegesetzes und der Pflegeberufe-Ausbildungsfinanzierungsverordnung beantworten und ist damit nicht klärungsbedürftig. Allein der – durchaus nachvollziehbare – Einwand der Beklagten, eine Nichtbeteiligung neugegründeter Pflegeeinrichtungen im Gründungsjahr sei mit Blick auf die Bedeutung der Pflegeausbildungsfinanzierung ein sinnwidriges Ergebnis, vermag der Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung zu verleihen.
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3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 47 Abs. 3, § 52 Abs. 3 Satz 1 GKG und entspricht der Streitwertfestsetzung im erstinstanzlichen Verfahren.
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Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).