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OLG München, Endurteil v. 08.03.2023 – 27 U 1757/22
Titel:

Widerruf einer Verbraucherdarlehensvertrages

Normenketten:
BGB § 355, § 492, § 495
EGBGB Art. 247 § 3 Abs. 1 Nr. 11
Leitsatz:
Im Geltungsbereich der Verbraucherkredit-RL 2008 verlangt Art. 247 § 3 Abs. 1 Nr. 11 EGBGB die Angabe des zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltenden konkreten Prozentsatzes. (Rn. 31) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Widerrufsrecht, Verbraucherdarlehensvertrag, Sollzinsen, Rückabwicklungsschuldverhältnis, Rechtsmissbrauch, Informationspflicht, Pflichtangaben, Verzugszinssatz, Treu und Glauben, RL 2008/48/EG
Vorinstanz:
LG Augsburg, Urteil vom 21.02.2022 – 112 O 1895/21
Rechtsmittelinstanz:
BGH Karlsruhe, Beschluss vom 19.09.2023 – XI ZR 58/23
Fundstelle:
BeckRS 2023, 27284

Tenor

I.    Auf die Berufung der Beklagten wird das Endurteil des Landgerichts Augsburg vom 21.2.2022, Az.: 112 O 1895/21, in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses des Landgerichts Augsburg vom 12.4.2022 aufgehoben.
II.    Die Klage wird abgewiesen.
III.    Der Kläger trägt die Kosten beider Rechtszüge.
IV.    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.
V.    Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit des Widerrufs der auf Abschluss eines Verbraucherdarlehensvertrags gerichteten Willenserklärung des Klägers.
2
Der Kläger erwarb im November 2019 bei der D. GmbH & Co. KG in N. einen Gebrauchtwagen vom Typ BMW M550d xDrive (Fahrzeugidentifikationsnummer: …), 280 kW, Erstzulassungsdatum 5.9.2016, zu einem Kaufpreis von 40.980,00 € brutto.
3
Hinsichtlich dieses Fahrzeugs war bereits ein Rechtsstreit vor dem Senat anhängig. Der Kläger begehrte gegenüber der Herstellerin des Fahrzeugs Schadensersatz wegen angeblicher Abgasmanipulation. Die entsprechende Klage hatte keinen Erfolg (27 U 2394/21, Beschluss des BGH vom 23.5.2022 – VIa ZR 553/21).
4
Zur Finanzierung des über eine Anzahlung von 3.500 € hinausgehenden Kaufpreises schlossen die Parteien am 12.11.2019 einen Darlehensvertrag über 41.602,36 €. Das Darlehen sollte in 59 Monatsraten zu je 400,04 € und einer Schlussrate von 18.000,00 € am 15.11.2024 zurückgezahlt werden.
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Die S. 15 des Vertrages enthält unter Ziffer 3.3 der Allgemeinen Darlehensbedingungen folgende Angabe über die Verzugsfolgen:
„Kommt der Darlehensnehmer/Mitdarlehensnehmer mit Zahlungen in Verzug werden Verzugszinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz pro Jahr berechnet.“
6
Die im Darlehensvertrag enthaltene Widerrufsinformation enthält unter den Widerrufsfolgen folgende Angaben:
„Soweit das Darlehen bereits ausbezahlt wurde, haben Sie es spätestens innerhalb von 30 Tagen zurückzuzahlen und für den Zeitraum zwischen der Auszahlung und der Rückzahlung des Darlehens den vereinbarten Sollzins zu entrichten. Die Frist beginnt mit der Absendung der Widerrufserklärung. Für den Zeitraum zwischen Auszahlung und Rückzahlung ist bei vollständiger Inanspruchnahme des Darlehens pro Tag ein Zinsbetrag in Höhe von 3,03 Euro zu zahlen. …“
7
Das Darlehen wurde vollständig an den KFZ-Händler ausbezahlt.
8
Mit Schreiben vom 18.5.2020 erklärte der Kläger den Widerruf seiner auf Abschluss des Darlehensvertrags gerichteten Willenserklärung. Die Beklagte wies den Widerruf als verfristet zurück. Mit anwaltlichem Schreiben vom 30.6.2020 verlangte der Kläger von der Beklagten die Rückabwicklung des Vertrags und bot ihr die Übergabe des finanzierten Fahrzeugs an.
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Der Kläger hat erstinstanzlich zuletzt beantragt,
I. festzustellen, dass die Klagepartei (primär: wegen des erklärten Widerrufs vom 18.5.2020) nicht zur Zahlung von Zinsen und zur Erbringung von Tilgungsleistungen gemäß Darlehensantrag vom 12.11.2019 (Antragsnummer. …, Nettodarlehensbetrag in Höhe von 37.480,00 EUR, Anzahlung in Höhe von 3.500,00 EUR) verpflichtet ist;
II. hilfsweise hinsichtlich des Hauptantrags zu I.:
festzustellen, dass die Klagepartei wegen des erklärten Widerrufs vom 18.05.2020 nicht zur Zahlung von Zinsen und zur Erbringung von Tilgungsleistungen gemäß Darlehensantrag vom 12.11.2019 (Antragsnummer. …, Nettodarlehensbetrag in Höhe von 37.480,00 EUR, Anzahlung in Höhe von 3.500,00 EUR) verpflichtet ist.
III. hilfs-hilfsweise hinsichtlich der Anträge zu I. und II.:
festzustellen, dass die Klagepartei nicht zur Zahlung von Zinsen und zur Erbringung von Tilgungsleistungen auf den mit der Beklagten geschlossenen Darlehensvertrag vom 12.11.2019 (Antragsnummer. …, Nettodarlehensbetrag in Höhe von 37.480,00 EUR, Anzahlung in Höhe von 3.500,00 EUR) verpflichtet ist.
10
Die Beklagte hat erstinstanzlich beantragt,
die Klage abzuweisen sowie hilfsweise für den Fall des Obsiegens der Klagepartei,
festzustellen, dass die Klagepartei verpflichtet ist, jeden über den vorstehend bezifferten Wertverlust hinausgehenden Wertverlust des BMW M550d mit der Fahrgestellnummer … sowie jeden weiteren Wertverlust bis zur tatsächlichen Rückgabe des Fahrzeugs zu ersetzen.
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Der Kläger hat beantragt,
die Hilfswiderklage abzuweisen.
12
Das Landgericht hat der Klage im Wesentlichen stattgegeben und am 21.2.2022 folgendes Urteil verkündet:
1. Es wird festgestellt, dass die Klagepartei nicht zur Zahlung von Zinsen und zur Erbringung von Tilgungsleistungen auf den mit der Beklagten geschlossenen Darlehensvertrag vom 12.11.2019 (Antragsnummer. …, Nettodarlehensbetrag in Höhe von 37.480,00 EUR, Anzahlung in Höhe von 3.500,00 EUR) verpflichtet ist.
2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
3. Die Widerklage wird abgewiesen.
13
Zur Begründung seiner Entscheidung hat das Landgericht im Wesentlichen ausgeführt, dass die Klagepartei nicht zur Zahlung von Zinsen und zur Erbringung von Tilgungsleistungen auf den mit der Beklagten geschlossenen Darlehensvertrag verpflichtet sei. Ein Feststellungsinteresse liege insoweit vor. Der Kläger habe auch einen Feststellungsanspruch, da er den Widerruf rechtzeitig erklärt habe. Das Widerrufsrecht sei mangels ordnungsgemäßer Pflichtangaben über den Verzugszins im Vertrag nicht erloschen. Die Ausübung des Widerrufsrechts durch den Kläger sei auch nicht nach § 242 BGB rechtsmissbräuchlich. Die Hilfswiderklage sei mangels Feststellungsinteresses unzulässig.
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Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten.
15
Sie beantragt zuletzt,
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Hilfsweise für den Fall des Obsiegens der Klagepartei beantragt sie:
III. Die Klagepartei wird verpflichtet, an die Beklagte Wertersatz für den Wertverlust des BMW M550d, Fahrgestellnummer …, in Höhe von € 3.297,20 nebst Zinsen hieraus i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
16
Sie rügt im Kern, das Erstgericht sei fehlerhaft von der Wirksamkeit des Widerrufs ausgegangen und habe fehlerhaft eine rechtsmissbräuchliche Ausübung des Widerrufsrechts verneint.
17
Der Kläger habe das finanzierte Fahrzeug am 8.6.2022 an die Beklagte zurückgegeben.
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Ausweislich des Gutachtens der TüV ... GmbH vom 20.6.2022 habe das Fahrzeug einen Händlereinkaufswert in Höhe von 23.109,24 €. Der Wertersatz belaufe sich auf 17.870,76 €. Von diesem Betrag ziehe sie im Wege der hilfsweisen „Aufrechnung“ gegenüber nicht rechtshängigen Ansprüchen der Klagepartei auf Rückzahlung der geleisteten Darlehensraten sowie der Anzahlung den unstreitig von der Klagepartei geleisteten Gesamtbetrag von 14.573,56 € ab und beziffere ihren Zahlungsanspruch auf 3.297,20 €.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Berufungsvortrags wird auf die Schriftsätze der Beklagten vom 17.6.2022 (Bl. 454 ff. d. A.), 10.1.2023 (Bl. 573 ff. d. A.) und 22.2.2023 (Bl. 649 ff. d. A.) Bezug genommen.
20
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
21
Hilfsweise beantragt er,
die Hilfs-Widerklage abzuweisen.
22
Für den Fall einer zulässig erhobenen Hilfs-Widerklage erhebt er Wider-Widerklage mit dem Antrag, die Beklagtenpartei zu verurteilen, an die Klagepartei 14.573,56 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz auf diesen Betrag seit dem 12.01.2023 zu zahlen.
23
Er führt im Wesentlichen aus, die Entscheidung des Erstgericht sei zutreffend. Der Widerruf sei nicht verfristet. Eine unzulässige Rechtsausübung liege nicht vor. Der Kläger habe am 3.6.2022 den Besitz an dem Fahrzeug an die Beklagte übertragen.
24
Die Beklagte sei eine 100%-ige Tochtergesellschaft der Fahrzeugherstellerin. Letztere habe die Verwendung von prüfstanderkennenden Abschalteinrichtungen im Typgenehmigungsverfahren verschwiegen. Diese Abschalteinrichtungen hätten den objektiven Wert des Fahrzeugs vermindert.
25
Wegen der weiteren Ausführungen des Klägers wird auf die Schriftsätze vom 5.4.2022 (Bl. 435 d.A.), 1.9.2022 (Bl. 475 ff. d.A.), 7.12.2022 (Bl. 494 ff. d. A.), 12.1.2023 (Bl. 585 ff. d. A.) und 8.2.2023 (Bl. 636 ff. d. A.) Bezug genommen.
26
Der Senat hat am 18.1.2023 mündlich verhandelt. Der in dem Termin von den Parteien geschlossene Vergleich, durch den sich die Beklagte zur Zahlung von 2.400,00 € verpflichtet hat, wurde klägerseits widerrufen. Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf das Protokoll vom 18.1.2023 (Bl. 633 ff. d. A.) verwiesen.

Entscheidungsgründe

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I. Die auf negative Feststellung gerichteten Haupt- und Hilfsanträge des Klägers sind im Kern identisch. Der zulässige Feststellungsantrag (keine Verpflichtung zur Zahlung von Zinsen und zur Erbringung von Tilgungsleistungen) ist indes unbegründet.
28
1. Zwar haben die Parteien – wie das Erstgericht zutreffend ausgeführt hat – einen Darlehensvertrag abgeschlossen.
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2. Der Kläger hat seine auf Abschluss dieses Allgemein-Verbraucherdarlehensvertrags gerichtete Willenserklärung auch wirksam widerrufen.
30
Zutreffend ist das Erstgericht davon ausgegangen, dass dem Kläger bei Abschluss des Darlehensvertrags gemäß § 495 Abs. 1 i.V.m. § 355 BGB ein Widerrufsrecht zustand und die Widerrufsfrist nicht zu laufen begann, da der Kläger nicht die Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB erhalten hat. Die Beklagte hat ihre aus § 492 Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 247 § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 i.V.m. § 3 Abs. 1 Nr. 11 EGBGB resultierende Verpflichtung, über den Verzugszins und die Art und Weise seiner Anpassung zu unterrichten, nicht ordnungsgemäß erfüllt:
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Zwar erfordert die Information über den Verzugszinssatz und die Art und Weise seiner etwaigen Anpassung nach Art. 247 § 3 Abs. 1 Nr. 11 EGBGB nach den Maßstäben des nationalen Rechts nicht die Angabe des zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltenden konkreten Prozentsatzes (vgl. Urteil des BGH vom 5.11.2019, XI ZR 650/18). Im Geltungsbereich der RL 2008/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23.4.2008 über Verbraucherkreditverträge und zur Aufhebung der RL 87/102/EWG des Rates (ABl. 2008, L 133, S. 66, berichtigt in ABl. 2009, L 207, S. 14, ABl. 2010, L 199, S. 40 und ABl. 2011, L 234, S. 46) genügt dies aber den Anforderungen des Art. 247 § 3 Abs. 1 Nr. 11 EGBGB nicht, sondern verlangt die Angabe des zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltenden konkreten Prozentsatzes (ständige Rechtsprechung des BGH, so auch Urteile des BGH vom 12.4.2022, XI ZR 179/21, 26.7.2022, XI ZR 154/21, und 20.9.2022, XI ZR 200/21, XI ZR 250/21 und XI ZR 353/21 sowie vom 25.10.2022, XI ZR 44/22). Dem ist die Beklagte nicht nachgekommen.
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3. Die Ausübung des Widerrufsrechts durch den Kläger war auch nicht nach § 242 BGB rechtsmissbräuchlich oder verwirkt.
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Dabei kann dahinstehen, ob und inwieweit die Rechtsprechung des BGH zur Anwendung des Grundsatzes von Treu und Glauben auf das Widerrufsrecht im Hinblick auf das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 9.9.2021 (C-33/20) und die weitere Rechtsprechung des Gerichtshofs hierzu gegebenenfalls angepasst, d. h. eingeschränkt werden muss (vgl. hierzu Urteil des BGH vom 25.10.2022, XI ZR 44/22). Denn auch auf der Grundlage der bisherigen Rechtsprechung des BGH liegt kein missbräuchliches Verhalten des Klägers vor.
34
Nach umfassender Bewertung der gesamten Fallumstände unter Berücksichtigung der Interessen sämtlicher Beteiligter ist im konkreten Fall eine unzulässige Rechtsausübung nicht zu bejahen:
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Hier datiert der Darlehensvertrag vom November 2019, die Schlussrate in Höhe von 18.000 Euro ist am 15.11.2024 fällig. Die Widerrufserklärung des Klägers datiert vom 18.5.2020. Er hat mithin seine Willenserklärung zum Abschluss des Vertrages binnen 7 Monaten nach Vertragsschluss widerrufen. Der Kläger hat den Vertrag nach Widerruf auch nicht vorbehaltslos weiterbedient, sondern in seiner Widerrufserklärung ausgeführt, dass sämtliche Zahlungen unter dem Vorbehalt der Rückforderung und ohne Anerkennung einer Rechtspflicht fließen. Gegen seine grundsätzliche Verpflichtung, Wertersatz leisten zu müssen, hat sich der Kläger nicht gewendet.
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Soweit die Beklagte meint, der Kläger habe das Fahrzeug trotz seiner Widerrufserklärung weiter genutzt und sich damit widersprüchlich verhalten, genügt dies nicht. Dem Darlehensnehmer, der sich einerseits gehalten sieht, den Fahrzeugwert nicht durch weiteren Gebrauch zum Nachteil des Darlehensgebers aufzuzehren, ist andererseits aber auch nicht zuzumuten, auf die Nutzung des im Fahrzeug verkörperten Werts bis zur Klärung der Rechtslage zu verzichten (vgl. OLG Stuttgart, Urteil vom 2.11.2021 – 6 U 32/19, BeckRS 2021, 32938 Rn. 37).
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Der Kläger hat schließlich auch das Fahrzeug Anfang Juni 2022 an die Beklagte übergeben.
38
Soweit die Beklagte meint, die Klagepartei habe das Institut des Darlehenswiderrufs vorliegend zu Zwecken missbraucht, für die dieses nicht vorgesehen sei, da der Kläger sich offensichtlich wegen angeblicher Mängel des Fahrzeugs vom dem Kaufvertrag lösen möchte, hilft auch dies nicht weiter. Die Ausübung des Widerrufsrechts ist grundsätzlich nicht allein deshalb rechtsmissbräuchlich, weil sie nicht ausschließlich durch den Schutzzweck des Verbraucherwiderrufsrechts motiviert ist.
39
Die Zusammenschau dieser Gesichtspunkte führt in der vorzunehmenden Gesamtabwägung dazu, dass sich die Berufung des Klägers auf sein Widerrufsrecht nicht als missbräuchliche Ausnutzung einer formalen Rechtsstellung darstellt.
40
4. Aufgrund des wirksamen Widerrufs hat sich der Verbraucherdarlehensvertrag in ein Rückabwicklungsschuldverhältnis umgewandelt.
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5. Gleichwohl ist der Kläger bei Widerruf der auf Abschluss des Darlehensvertrags gerichteten Willenserklärung grundsätzlich gemäß § 358 Abs. 4 S. 1 BGB aF, § 357a Abs. 3 S. 1 BGB aF für den Zeitraum zwischen Auszahlung und der Rückzahlung des Darlehens zur Zahlung der vereinbarten Sollzinsen verpflichtet.
42
Ein derartiger Sollzins war auch vereinbart (vgl. Widerrufsfolgen in der Widerrufsinformation). Eine Rückzahlung des Darlehens im Zeitpunkt des Widerrufs ist nicht erfolgt.
43
Etwas Gegenteiliges ergibt sich auch dann nicht, wenn der Verbraucherdarlehensvertrag mit einem weiteren Vertrag, vorliegend einem Kaufvertrag über ein Kraftfahrzeug, verbunden ist. Dies folgt bereits aus dem eindeutigen Wortlaut von § 358 Abs. 4 S. 4 BGB. Eine analoge Anwendung dieser Vorschrift auf den Widerruf des Darlehensvertrags nach § 358 Abs. 2 BGB würde, unabhängig vom Fehlen einer Regelungslücke, in Widerspruch zu § 357a Abs. 3 S. 1 BGB aF treten, der in Umsetzung von Art. 14 Abs. 3 Buchst. B der Verbraucherkreditrichtlinie eine Zinszahlungspflicht des Verbrauchers vorsieht (vgl. Urteil des BGH vom 25.10.2022, XI ZR 44/22).
44
Der auf negative Feststellung gerichtete Antrag des Klägers, dass er weder Zins- noch Tilgungsleistungen schulde, ist damit unbegründet.
45
II. Mangels Bedingungseintritts ist über die hilfsweise für den Fall des Obsiegens der Klagepartei gestellte Widerklage der Beklagten und die hilfsweise hierzu gestellte Wider-Widerklage des Klägers nicht zu entscheiden.
46
Die klägerischen Ausführungen zur Sittenwidrigkeit aufgrund Vorliegens von Abschalteinrichtungen gehen damit ins Leere.
47
III. Vor diesem Hintergrund bedarf es auch keiner Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union zur Frage des Wertersatzes. Die Frage ist hier nicht entscheidungserheblich.
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IV. 1. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
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2. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
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3. Die Revision wird nicht zugelassen, da die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Die Frage der Wirksamkeit des Widerrufs der auf Abschluss eines Verbraucherdarlehensvertrags gerichteten Willenserklärung des Klägers ist eine Einzelfallentscheidung. Sie hängt von der tatrichterlichen Würdigung des Gerichts ab und kann nicht Gegenstand einer grundsätzlichen Klärung durch den Bundesgerichtshof sein.