Inhalt

VG München, Urteil v. 02.08.2023 – M 5 K 20.3287
Titel:

Rechtswidrige Rücknahme von Ernennungen – Versäumnis der zwingend erforderlichen Mitwirkung des Landespersonalausschusses 

Normenketten:
BeamtStG § 12 Abs. 1 Nr. 4
BayBG Art. 21 Abs. 2, Art. 112 S. 2
LlbG Art. 17 Abs. 4, Abs. 5
Leitsätze:
1. Dem Dienstherrn steht bei der Entscheidung, ob eine Entschließung des Landespersonalausschusses herbeizuführen ist, kein Ermessen zu; er hat auch nicht zu prüfen, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Zustimmung im jeweiligen Einzelfall vorliegen oder ob nach der Praxis des LPA mit einer nachträglichen Zustimmung zu rechnen ist oder nicht. (Rn. 40) (redaktioneller Leitsatz)
2. Der Landespersonalausschuss muss in einem förmlichen Verfahren nachträglich darüber entscheiden, ob er seine Zustimmung zur Beförderung eines Beamten vor Ablauf der Beförderungswartezeiten erteilt; der Dienstherr darf – auch aus Gründen der Rechtsklarheit und mit Rücksicht auf die Formenstrenge im Beamtenernennungsrecht sowie nicht zuletzt im Hinblick auf sein vorangehendes Verhalten bei der Ernennung – eine Ernennung nach § 12 Abs. 1 Nr. 4 BeamtStG erst zurücknehmen, wenn der LPA eine nachträgliche Zustimmung abgelehnt hat. (Rn. 50) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Rücknahme von Ernennungen, Verkürzte Beförderungsfrist, Dienstherrenwechsel, Ordnungsgemäße Nachholung der Beteiligung des Landespersonalausschusses/LPA, Bindungswirkung des Beschlusses des LPA, Rücknahme der Ernennung, Mitwirkung des Landespersonalausschusses, Landespersonalausschuss, Nachholung, verkürzte Beförderungsfrist, Bindungswirkung des Beschlusses des Landespersonalausschusses, Beförderung, Dienstherrnwechsel
Fundstellen:
BayVBl 2024, 608
LSK 2023, 27010
BeckRS 2023, 27010

Tenor

I. Der Bescheid der Beklagten vom … Januar 2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom … Juli 2020 wird aufgehoben.
II. Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1
Der im Jahr 1971 geborene Kläger begehrt die Aufhebung der Rücknahme der Ernennung zum Verwaltungsamtmann und zum Verwaltungsamtsrat.
2
Im Zeitraum vom … November 2014 bis … Juli 2018 stand der Kläger als Geschäftsleiter im Dienste der Gemeinde D. Mit Wirkung zum … August 2018 wurde der Kläger zur Beklagten (Gemeinde B.F.) versetzt, bei der er bis … Januar 2022 tätig war. Seit … Februar 2022 steht der Kläger in Diensten der Gemeinde B.
3
Mit Wirkung zum … Januar 2013 wurde der Kläger zum Verwaltungsoberinspektor (Besoldungsgruppe A 10) ernannt. Die Gemeinde D. ernannte den Kläger mit Wirkung zum … Januar 2016 zum Verwaltungsamtmann (Besoldungsgruppe A 11) und mit Wirkung zum … März 2018 zum Verwaltungsamtsrat (Besoldungsgruppe A 12).
4
Der Versorgungsverband teilte der Gemeinde D. – wohl im Juli 2018 (Bl. 130 f. der Behördenakte) mit, dass Unstimmigkeiten bei den Beförderungen des Klägers aufgefallen seien.
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Mit Wirkung zum … August 2018 wurde der Kläger von der Gemeinde D. zur Beklagten (Gemeinde B.F.) versetzt.
6
Der Kläger teilte der Beklagten am … August 2018 mit, dass die Gemeinde D. einen Antrag auf Verkürzung der regelmäßigen Beförderungszeit stellen wird (Besprechungsprotokoll v. … August 2018, Bl. 105 der Behördenakte).
7
Mit Schreiben vom … August 2018 stellte die Gemeinde D. einen Antrag auf nachträgliche Zustimmung zur vorzeitige Beförderung an den Bayerischen Landespersonalausschuss (LPA), den dieser mit Beschluss vom … Dezember 2018 ablehnte. Die nachträgliche Zustimmung zu den beiden Beförderungen werde versagt. Die rechtswidrig ausgesprochene Beförderung zum Verwaltungsamtmann sei für die Zeit vom … Januar 2016 bis … Januar 2016, die Beförderung zum Verwaltungsamtsrat sei (vollständig) zurückzunehmen. Die dreijährige Beförderungswartezeit des Art. 17 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 LlbG sei jeweils nicht eingehalten worden. Besondere Umstände, die eine Ausnahme hiervon nach Art. 17 Abs. 4, Abs. 5 Satz 2 und 3 LlbG zuließen, lägen nicht vor. Dem Antrag wäre auch dann nicht stattgegeben worden, wenn dieser zeitlich vor der Beförderungsentscheidung gestellt worden wäre. Der Beschluss des LPA vom … Dezember 2018 wurde mit Zuleitungsschreiben vom … Dezember 2018 der Gemeinde D. mitgeteilt.
8
Mit Schreiben vom … Juli 2019 teilte die 1. Bürgermeisterin der Gemeinde D. (Frau G.) dem 1. Bürgermeister der Beklagten (Herrn W.) mit, dass der LPA den Antrag auf nachträgliche Genehmigung der Beförderungen des Klägers abgelehnt habe. Der Beschluss des LPA war dem Schreiben angehängt. Zudem teilte sie mit, dass die Beklagte als Dienstherrin für die Rücknahme der Ernennung zuständig sei. Diese habe die Rücknahme der Ernennung zwingend zu vollziehen.
9
Mit Schreiben vom … August 2019 beantragte der 1. Bürgermeister für die Beklagte die nachträgliche Zustimmung durch den LPA zu den vorzeitigen Beförderungen des Klägers zum Verwaltungsamtmann und Verwaltungsamtsrat.
10
Der LPA teilte der Beklagten mit Schreiben vom … September 2019 mit, dass die Gemeinde D. für die Antragstellung nach Art. 17 Abs. 4 LlbG zuständig sei, da diese auch zum Zeitpunkt der vorzeitigen Ernennung Dienstherrin des Klägers gewesen sei. Allerdings sei die Frage der Zuständigkeit für die Antragstellung nach einem Dienstherrenwechsel noch nicht gerichtlich geklärt. Eine erneute Befassung des LPA hätte keinen inhaltlichen Mehrwert, da bereits feststehe, dass eine Zustimmung zu den Beförderungen (erneut) verweigert werden würde. Aus diesem Grund sei eine erneute förmliche Antragstellung nicht erforderlich. Es werde daher angeregt, dass die Beförderungen des Klägers auf Grundlage des Beschlusses des LPA vom … Dezember 2018 zurückgenommen werden.
11
Mit Schreiben vom … September 2019 nahm der 1. Bürgermeister für die Beklagte den Antrag vom … August 2019 auf erneute Beschlussfassung des LPA zurück.
12
Mit Schreiben vom … November 2019 hörte die Beklagte den Kläger zur beabsichtigten Rücknahme der Ernennungen an. Eine Stellungnahme des Klägers ging nicht ein.
13
Mit Bescheid vom … Januar 2020 nahm die Beklagte die mit Wirkung ab dem … Januar 2016 ausgesprochene Ernennung zum Verwaltungsamtmann für die Zeit vom … Januar 2016 bis … Januar 2016 und die mit Wirkung zum … März 2018 ausgesprochene Ernennung zum Verwaltungsamtsrat mit Wirkung für die Vergangenheit zurück. Die beiden Beförderungen seien abweichend von der dreijährigen Mindestwartezeit des Art. 17 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 LlbG erfolgt. Der LPA habe die Ernennungen weder vorab, noch nachträglich bewilligt. Die Rücknahme beruhe auf einem wirksamen Gemeinderatsbeschluss vom … Oktober 2019. Der Kläger sei vor Erlass des Bescheids angehört worden.
14
Mit Schreiben vom … Februar 2020 legte der Klägerbevollmächtigte Widerspruch gegen den Bescheid der Beklagten vom … Januar 2020 ein. Es sei kein ordnungsgemäßer Antrag auf nachträgliche Genehmigung an den LPA gestellt worden. Die Rücknahme der Ernennungen sei zu spät erfolgt.
15
Mit Widerspruchsbescheid vom … Juli 2020 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Die Voraussetzungen für die Rücknahme der Ernennungen nach § 12 Abs. 1 Nr. 4 BeamtStG lägen vor. Die Gemeinde D. habe den LPA ordnungsgemäß beteiligt. Der LPA habe mit Beschluss vom … Dezember 2018 förmlich entschieden. Die Beklagte habe den LPA erneut (überobligatorisch) beteiligt, woraufhin der LPA die Zustimmung zur vorzeitigen Beförderung mit Schreiben vom … September 2019 endgültig verweigert habe. Die Rücknahme sei auch rechtzeitig erfolgt.
16
Mit Schriftsatz vom … Juli 2020 hat der Klägerbevollmächtigte für den Kläger Klage erhoben. Zuständig für die Rücknahme der Beförderung und für die Antragstellung auf nachträgliche Genehmigung beim LPA sei die Gemeinde D., also die Behörde, die im Zeitpunkt der vorzeitigen Ernennung für den Beamten zuständig gewesen sei. Dieses Verständnis sei sachgerecht, da nur diese Behörde nähere Informationen und Kenntnisse zu den Beförderungen habe. Selbst wenn die Beklagte zuständig gewesen sein sollte, habe diese die unterbliebene Mitwirkung des LPA nicht ordnungsgemäß nachgeholt. Das Schreiben vom … August 2019 stelle schon keinen ordnungsgemäßen Antrag dar, da eine konkrete Begründung nicht enthalten sei. Zudem sei die Jahresfrist für die Rücknahme der Ernennungen abgelaufen.
17
Der Kläger hat beantragt,
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Der Bescheid vom … Januar 2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom … Juli 2020 wird aufgehoben.
19
Die Beklagte hat beantragt,
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die Klage abzuweisen,
21
die Klage jedoch nicht näher begründet.
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Bezüglich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und vorgelegten Behördenakten sowie auf die Niederschrift vom 2. August 2023 verwiesen.

Entscheidungsgründe

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1. Die Klage ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg. Der Bescheid der Beklagten vom … Januar 2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom … Juli 2020 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung/VwGO). Die teilweise Rücknahme der Ernennung zum Verwaltungsamtmann (Ziff. 1 des Bescheids) und die Rücknahme der Ernennung zum Verwaltungsamtsrat (Ziff. 2 des Bescheids) verstoßen gegen materielles Recht. Zwar hat die Beklagte formell rechtmäßig gehandelt, als sie in eigener Zuständigkeit die Ernennungen zurückgenommen hat (dazu unter a). Allerdings ist die Beklagte zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Voraussetzungen nach § 12 Abs. 1 Nr. 4 des Gesetzes zur Regelung des Statusrechts der Beamtinnen und Beamten in den Ländern/Beamtenstatusgesetz/BeamtStG vorliegen (dazu unter b). Die Beklagte hat es versäumt, die zwingend erforderliche Mitwirkung des Landespersonalausschusses (im Folgenden: LPA) ordnungsgemäß nachzuholen.
24
Maßgeblich ist für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage, da es sich um eine Anfechtungsklage handelt und sich dem materiellen Recht keine Anhaltspunkte für einen abweichenden Beurteilungszeitpunkt entnehmen lassen, der Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung (Schübel-Pfister in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 113 Rn. 56).
25
a) Die Beklagte verfügte als Dienstherrin des Klägers im Zeitpunkt der Rücknahme der Ernennung über die nötige Verbandskompetenz. Dies gilt ungeachtet der Tatsache, dass die zurückgenommenen Ernennungen von der früheren Dienstherrin des Klägers, der Gemeinde D. angeordnet worden sind.
26
Da keine speziellen Regelungen zu der Frage existieren, welcher Dienstherr im Falle eines Dienstherrenwechsels für die Rücknahme von Ernennungen zuständig ist, ist auf die allgemeinen Zuständigkeitsvorschriften zurückzugreifen.
27
Die Zuständigkeit für die Rücknahme von Ernennungen auf Grundlage des § 12 Abs. 1 Nr. 4 BeamtStG regelt Art. 21 Abs. 2 des Bayerischen Beamtengesetzes/BayBG. Hiernach wird die Rücknahme einer Ernennung von der obersten Dienstbehörde erklärt. Oberste Dienstbehörde ist nach Art. 2 BayBG die oberste Behörde des Dienstherrn in dem Dienstbereich, in dem der Beamte oder die Beamtin ein Amt bekleidet. Für Gemeinden ist zudem Art. 136 BayBG heranzuziehen, wonach Zuständigkeiten, die nach diesem Gesetz oder dem Beamtenstatusgesetz einer Behörde des Dienstherrn übertragen sind, bei den Gemeinden von den nach Gesetz, Rechtsverordnung oder Satzung zuständigen Organen oder Stellen wahrgenommen werden.
28
Zum maßgeblichen Zeitpunkt der Rücknahme der Ernennung mit Bescheid vom … Januar 2020 stand der Kläger im Dienste der Beklagten (Gemeinde B.F.) und bekleidete dort das (konkret-funktionelle) Amt des Geschäftsleiters. Dafür, dass damit die oberste Dienstbehörde des Dienstherrn gemeint sein soll, der die Ernennung angeordnet hat, ist nichts ersichtlich. Schon nach dem Wortlaut und der Verwendung der Zeitform Präsens (Dienstherr, in dessen Dienstbereich der Beamte ein Amt „bekleidet“) liegt es nahe, auf den zum Zeitpunkt der Rücknahme aktuellen Dienstherrn abzustellen. Dem Gesetz kann nicht entnommen werden, dass in der Konstellation des Dienstherrenwechsels stets im Sinne eines actus contrarius-Gedanken der ernennende Dienstherr zuständig sein soll. Vielmehr geht das BayBG jedenfalls für die Organkompetenz davon aus, dass nicht die Ernennungsbehörde (vgl. Art. 18 BayBG), sondern die oberste Dienstbehörde zuständige Behörde für die Rücknahme von Ernennungen ist. Hätte der Gesetzgeber gewollt, dass die ernennende Behörde stets eigene Ernennungen zurücknehmen können soll, so hätte die Zuständigkeit hierfür durch Gesetz der Ernennungsbehörde übertragen werden müssen. Dies ist jedoch nicht erfolgt.
29
Auch teleologische Erwägungen sprechen für die Zuständigkeit der Beklagten für die Rücknahme der Ernennungen. Denn nach einer Versetzung besteht nur zum aktuellen Dienstherrn eine Rechtsbeziehung in Form eines Beamtenverhältnisses (vgl. § 15 Abs. 3 Satz 2 BayBG bzw. Art. 48 Abs. 4 BayBG). Es entspricht praktischen Bedürfnissen, dass statusrechtliche Fragen, die zum Kern des Beamtenverhältnisses gehören, nicht mehr vom abgebenden Dienstherrn, sondern vom aufnehmenden Dienstherrn beantwortet werden, da mit diesem aktuell ein Beamtenverhältnis begründet ist.
30
Eine abweichende Betrachtung ist auch nicht vor dem Hintergrund der Rechtsprechung angezeigt, die zu der Frage ergangen ist, welcher Dienstherr nach einem Dienstherrenwechsel infolge Versetzung für einen Ausgleichsanspruch des Beamten wegen Zuvielarbeit zuständig ist. In diesem Zusammenhang hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof entschieden, dass der Wortlaut „wird fortgesetzt“ in Art. 48 Abs. 4 BayBG nicht bedeute, dass der aufnehmende Dienstherr im Wege der Gesamtrechtsnachfolge alle „Altforderungen“ des abgebenden Dienstherrn übernehme. Stattdessen trete der neue Dienstherr mit der Versetzung (lediglich) „ex nunc“ an die Stelle des alten Dienstherrn. Dies sei notwendig, um den neuen Dienstherrn nicht mit Forderungen aus einem abgeschlossenen Lebenssachverhalt zu belasten, die ausschließlich das Verhältnis des Beamten bzw. der Beamtin zum abgebenden Dienstherrn betreffen. Dies entspreche dem Ziel dieser Vorschrift, je nach Einzelfall die unterschiedlichen Interessen des abgebenden und des aufnehmenden Dienstherrn sowie die Fürsorge und den Schutz des Beamten miteinander in einen sachgerechten Ausgleich zu bringen (vgl. BayVGH, U.v. 16.12.2019 – 3 B 17.1814 – juris, insb. Rn. 30 f.).
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In Anwendung dieser Grundsätze tritt die Beklagte „ex nunc“ an die Stelle der Gemeinde D. und kann in eigener Zuständigkeit die Ernennungen zurücknehmen. Bei den Ernennungen handelt es sich nicht um Forderungen, die auf einen abgeschlossenen Sachverhalt zurückzuführen sind, die nur das Verhältnis des Klägers zur Gemeinde D. betreffen. Vielmehr geht es bei den Ernennungen um das Statusrecht, den Kernbereich des Beamtenverhältnisses. Eine einmal erfolgte Ernennung hat immer auch Auswirkungen auf künftige Beamtenverhältnisse zu neuen Dienstherrn. Das Amt im statusrechtlichen Sinn ist Anknüpfungspunkt für weitere statusrechtliche Veränderungen (z.B. Beförderungen). Es entspricht auch den Interessen des Beamten, dass derjenige Dienstherr die Rücknahme der Ernennung vorzunehmen hat, der nach aktuellem Stand auch für die Fürsorge und den Schutz des Beamten verantwortlich ist. Auch der aufnehmende Dienstherr hat ein Interesse daran, seiner Ansicht nach rechtswidrig vom abgebenden Dienstherrn vorgenommene Ernennungen rückgängig machen zu können. Dies entspricht auch praktischen Bedürfnissen und erleichtert den Übertritt des Beamten zu einem neuen Dienstherrn. Denn ein solcher Übertritt wäre erschwert, wäre der neue Dienstherr darauf angewiesen, dass der alte Dienstherr rechtswidrige Ernennungen zurücknimmt.
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b) Die in eigener Zuständigkeit erlassenen Bescheide über die Rücknahme der Ernennungen sind jedoch materiell rechtswidrig, da die Voraussetzungen nach § 12 Abs. 1 Nr. 4 BeamtStG nicht vorliegen. Die Beklagte hat es versäumt, die zwingend erforderliche und zunächst unterbliebene Mitwirkung des Landespersonalausschusses (im Folgenden: LPA) ordnungsgemäß nachzuholen.
33
aa) Eine Ernennung ist nach § 12 Abs. 1 Nr. 4 BeamtStG mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, wenn eine durch Landesrecht vorgeschriebene Mitwirkung einer unabhängigen Stelle oder einer Aufsichtsbehörde unterblieben ist (hierzu unter aaa) und nicht nachgeholt wurde (hierzu unter bbb). In diesem Fall kann die Ernennung gemäß Art. 21 Abs. 2 Satz 2 BayBG innerhalb einer Frist von einem Jahr zurückgenommen werden, nachdem die oberste Dienstbehörde, bei den Gemeinden die in beamtenrechtlichen Angelegenheiten zur Vertretung nach außen berechtigte Stelle, von der Ernennung und dem Rücknahmegrund Kenntnis erlangt hat.
34
Die Regelung des § 12 BeamtStG stellt eine für das Beamtenrecht spezielle und zugleich abschließende Regelung für die Rücknahme beamtenrechtlicher Ernennungen dar. Wegen der Subsidiarität des Bayerischen Verwaltungsverfahrensgesetzes scheidet ein (ergänzender) Rückgriff auf Art. 44 und 45 BayVwVfG sowie auf Art. 48 und 49 BayVwVfG aus. Diese Tatsache begründet – zusammen mit der abschließenden Regelung der Nichtigkeitstatbestände in § 11 BeamtStG – den Grundsatz der Ämterstabilität (Baßlsperger in Weiss/Niedermaier/Summer/Zängl, Beamtenrecht in Bayern, Stand März 2023, § 12 BeamtStG Rn. 1a). §§ 11 und 12 BeamtStG sind Ausdruck des hergebrachten Grundsatzes (Art. 33 Abs. 5 GG) der „Rechtsbeständigkeit“ bzw. der „gesteigerten Bestandskraft“ der Ernennungen, wonach im Interesse der Rechtssicherheit und der Ämterstabilität die Nichtigkeits- und Rücknahmetatbestände durch eine abschließende und erschöpfende Regelung beschränkt sein sollen (vgl. BVerwG, U.v. 23.2.1989 – 2 C 25/87 – juris Rn. 25). Zweck der Regelung ist es vor allem, die Entschließungsfreiheit des Dienstherrn zu schützen, die durch unlautere Einwirkung oder durch Unkenntnis eines für die Entscheidung besonders wesentlichen Gesichtspunktes beeinträchtigt war, sowie das Berufsbeamtentum von ungeeigneten Personen möglichst frei zu halten (Plog/Wiedow, Bundesbeamtengesetz, Band 1, Stand November 2011, § 12 BeamtStG Rn. 2).
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aaa) Die landesrechtlich vorgeschriebene Mitwirkung an der Ernennung des LPA als unabhängige Stelle im Sinne von § 12 Abs. 1 Nr. 4 BeamtStG ist unterblieben. Denn der LPA hat weder die Ernennung des Klägers zum Verwaltungsamtmann, noch dessen Ernennung zum Verwaltungsamtsrat vorab bewilligt.
36
Der LPA ist eine unabhängige Stelle in diesem Sinn, da dieser gemäß Art. 112 Satz 2 BayBG seine Tätigkeit innerhalb der gesetzlichen Schranken unabhängig und in eigener Verantwortung ausübt.
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Zudem liegt eine Ernennung vor, hinsichtlich derer das Landesrecht eine Mitwirkung des LPA vorsieht (vgl. Baßlsperger in Weiss/Niedermaier/Summer/Zängl, a.a.O., § 12 BeamtStG Rn. 17). Gesetzlich vorgeschrieben ist die Mitwirkung des LPA im Zusammenhang mit Beförderungen in Art. 17 Abs. 4 und Abs. 5 Sätze 2 und 3 des Leistungslaufbahngesetzes/LlbG. Nach Art. 17 Abs. 4 LlbG kann der LPA auf Antrag der obersten Dienstbehörde sonstige Ausnahmen von [den Beförderungsverboten in] Abs. 1 Satz 1 und 3 zulassen. Nach Art. 17 Abs. 5 Satz 2 LlbG können Ausnahmen nach Art. 17 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 bis 3 LlbG unbeschadet der Abs. 2 und 3, ferner nur unter den Voraussetzungen des Satzes 1 sowie dann zugelassen werden, wenn sich eine Ernennung aus Gründen, die nicht in der Person des Beamten oder der Beamtin liegen, erheblich verzögert hat. Diese Ausnahmen bewilligt nach Art. 17 Abs. 5 Satz 3 LlbG der LPA auf Antrag der obersten Dienstbehörde. Nach Art. 17 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3b) LlbG darf eine Beförderung nicht erfolgen vor Ablauf einer Dienstzeit von drei Jahren ab einem Amt der Besoldungsgruppe A 10 nach der letzten Beförderung oder nach Dienstzeitbeginn bei Einstellung in einem Beförderungsamt.
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Gemessen daran hätte sowohl die Ernennung des Klägers zum Verwaltungsamtmann (A 11), als auch zum Verwaltungsamtsrat (A 12) die vorherige Bewilligung durch den LPA bedurft, da beide Ernennungen vor Ablauf der Beförderungsfristen (Dienstzeit von drei Jahren nach der letzten Beförderung) erlassen worden sind. Die Ernennung des Klägers zum Verwaltungsoberinspektor erfolgte mit Wirkung zum … Januar 2013, sodass eine Ernennung zum Verwaltungsamtmann erst mit Wirkung zum … Januar 2016 hätte erfolgen dürfen. Die Ernennung zum Verwaltungsamtsrat zum … März 2018 erfolgte ebenfalls vor Ablauf der drei Jahre seit der letzten Beförderung. Der LPA hat keine Bewilligung erlassen, um diese verfrühten Beförderungen zu heilen.
39
bbb) Die Beklagte hat es zudem versäumt, diese unterbliebene Mitwirkung des LPA gemäß § 12 Abs. 1 Nr. 4 BeamtStG ordnungsgemäß nachzuholen. Die Beklagte hat als zuständige Dienstherrin (1) die Nachholung der Mitwirkung des LPA jedoch nicht ordnungsgemäß durchgeführt (2).
40
Die Rücknahmevorschrift des § 12 Abs. 1 Nr. 4 BeamtStG sieht diesen vorrangigen „Heilungstatbestand“ ausdrücklich vor. Diese Vorschrift dient (auch) dem Schutz des Beamten vor nachteiligen Folgen etwaiger Fehler der Behörde. Dem Dienstherrn steht bei der Entscheidung, ob eine Entschließung des LPA herbeizuführen ist, kein Ermessen zu. Er hat auch nicht zu prüfen, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Zustimmung im jeweiligen Einzelfall vorliegen oder ob nach der Praxis des LPA mit einer nachträglichen Zustimmung zu rechnen ist oder nicht. Der Beamte hat durch die Aushändigung der Ernennungsurkunde eine Rechtsposition erhalten, in die der Dienstherr nicht mehr eingreifen darf. Dieser darf – auch aus Gründen der Rechtsklarheit und mit Rücksicht auf die Formenstrenge im Beamtenernennungsrecht sowie nicht zuletzt im Hinblick auf sein vorangehendes Verhalten bei der Ernennung – die Rücknahme des Beamtenverhältnisses durch Verwaltungsakt nicht vor einer Entschließung des LPA aussprechen (BVerwG, U.v. 22.5.1980 – 2 C 31/78 – ZBR 1981, 225, juris, insb. Rn. 41).
41
(1) Die Zuständigkeit für die Nachholung der Beteiligung des LPA im Falle eines Dienstherrenwechsels ist nicht explizit geregelt, sodass die bestehenden allgemeinen Vorschriften heranzuziehen sind. Nach Art. 17 Abs. 5 Satz 3 LlbG beantragt die oberste Dienstbehörde die Ausnahmebewilligung durch den LPA. Auch im LlbG findet nach Art. 2 Abs. 3 LlbG der Begriff der obersten Dienstbehörde des Art. 2 BayBG Anwendung, sodass oberste Dienstbehörde die oberste Behörde des Dienstherrn in dem Dienstbereich ist, in dem der Beamte oder die Beamtin ein Amt bekleidet. Statt der obersten Dienstbehörde handelt bei Gemeinden die in beamtenrechtlichen Angelegenheiten zur Vertretung nach außen berechtigte Stelle (vgl. Art. 136 BayBG). Zuständig ist damit die oberste Dienstbehörde im Zeitpunkt der Antragstellung. Dafür, dass damit die oberste Dienstbehörde des Dienstherrn gemeint sein soll, der die Ernennung angeordnet hat, ist nichts ersichtlich. Es ist vielmehr zweckmäßig, dass der Dienstherr, der die Rücknahme der Ernennung anstrebt, zuvor auch die Nachholungsmöglichkeit der Beteiligung des LPA in den Blick zu nehmen hat. Soweit der Bevollmächtigte des Klägers darauf hinweist, dass die ernennende Dienstherrin die sachnähere Behörde wäre, um einen Antrag an den LPA zu stellen und zu begründen, folgt hieraus nichts Anderes. Es steht dem neuen Dienstherrn frei, sich Informationen über die Hintergründe der erfolgten Ernennungen einzuholen. Ein Auseinanderfallen von der Behörde, die die Ernennungen zurücknehmen will und der Behörde, die den Antrag beim LPA stellt, wird dem Zweck des § 12 Abs. 1 BeamtStG, die Entschließungsfreiheit des Dienstherrn zu schützen und das Berufsbeamtentum von ungeeigneten Personen möglichst frei zu halten (Plog/Wiedow, Bundesbeamtengesetz, Band 1, Stand November 2011, § 12 BeamtStG Rn. 2), nicht in gleicher Weise gerecht. Dieser Zweck kann nur dann effektiv durchgesetzt werden, wenn der aktuelle Dienstherr nicht auf die Mitwirkung des ehemaligen Dienstherrn angewiesen ist, sondern die Tatbestandsmerkmale der Rücknahme einer zuvor unterlassenen Beteiligung des LPA aus eigener Kraft erfüllen kann.
42
(2) Jedoch hat die (zuständige) Beklagte die Mitwirkung des LPA nicht ordnungsgemäß nachgeholt. Sie kann sich weder auf den auf Antrag der Gemeinde D. erlassenen Beschluss des LPA vom … Dezember 2018 berufen (a), noch hat sie selbst die Beteiligung des LPA ordnungsgemäß nachgeholt (b).
43
(a) Der Beschluss des LPA vom**. Dezember 2018 entfaltet gegenüber der Beklagten (Gemeinde B.F.) keinerlei Wirkungen. Mit diesem Beschluss hat der LPA auf Antrag der abgebenden Gemeinde D. den Beförderungen des Klägers zum Verwaltungsamtmann und Verwaltungsamtsrat die nachträgliche Zustimmung versagt. Dieser Beschluss entfaltet seine Bindungswirkung jedoch nur gegenüber der Gemeinde D. und nicht auch gegenüber der Beklagten.
44
Hierfür spricht bereits das Rubrum des Beschlusses, das auf einen Antrag der Gemeinde D. Bezug nimmt. Zudem ordnet der LPA im Beschluss an, dass die Gemeinde D. die Beförderungen zurückzunehmen hat. Adressat des Beschlusses ist gerade die Gemeinde D.
45
Entscheidend ist jedoch, dass nach Art. 119 Abs. 3 BayBG, soweit dem LPA eine Entscheidungsbefugnis eingeräumt ist, dessen Beschlüsse die beteiligten Verwaltungen binden. Die Entscheidung über die nachträgliche Zustimmung nach Art. 17 Abs. 4, Abs. 5 Sätze 2 und 3 LlbG fällt in die Befugnis des LPA. An diesem Beschluss beteiligt ist von Seiten der Verwaltung lediglich die Gemeinde D. Diese hat den Antrag auf Beschlussfassung an den LPA gestellt und ist als einzige Verwaltung im Beschluss namentlich benannt. Eine hiervon abweichende Betrachtung ist auch nicht aus dem Gesichtspunkt angebracht, dass die Gemeinde B.F. zum Zeitpunkt des Beschlusserlasses des LPA bereits neue Dienstherrin des Klägers war. Denn diese Tatsache führt nicht zu einer automatischen Stellung der Beklagten als Beteiligte im Verfahren zwischen der abgebenden Gemeinde D. und dem LPA (vgl. auch den Grundgedanken des BayVGH, wonach bei einer Versetzung keine Gesamtrechtsnachfolge der annehmenden Gemeinde eintritt, U.v. 16.12.2019 – 3 B 17.1814 – juris, insb. Rn. 30 f.).
46
Im Übrigen ist der Beklagten der Beschluss des LPA nicht durch den LPA mitgeteilt worden, wie es in § 6 Abs. 2 Satz 1 der Geschäftsordnung des LPA für antragstellende Verwaltungen und sonstige Antragsberechtigte zwingend vorgesehen ist. Der LPA hat die Beklagte mithin nicht als antragstellende Verwaltung oder sonstige Antragsberechtigte angesehen. Dafür, dass der Beschluss des LPA nicht an die Beklagte gerichtet war, spricht auch, dass der LPA im Schreiben der Geschäftsstelle vom 24. September 2019 die Ernennungsbehörde, mithin die Gemeinde D. als für die Antragstellung zuständige Behörde angesehen hat.
47
(b) Daneben genügen auch die von der Beklagten unternommenen Versuche, die nach § 12 Abs. 1 Nr. 4 BeamtStG erforderliche Nachholung der Beteiligung des LPA vorzunehmen, nicht den verfahrensrechtlichen Anforderungen an eine ordnungsgemäße Beteiligung.
48
Die nach § 12 Abs. 1 Nr. 4 BeamtStG vorgesehene Nachholung der Beteiligung des LPA muss ordnungsgemäß durchgeführt werden (Baßlsperger in Weiss/Niedermaier/Summer/Zängl, a.a.O., § 12 BeamtStG Rn. 17). Die verfahrensrechtlichen Anforderungen an eine ordnungsgemäße Nachholung der Mitwirkung des LPA ergeben sich dabei sowohl aus den Art. 112 ff. BayBG als auch aus der „Geschäftsordnung des Bayerischen Landespersonalausschusses“ (in der Bekanntmachung vom … April 2011 Az.: L 3-1005/I-25). Aufgrund des im Beamtenrecht geltenden Prinzips der Formenstrenge muss der Dienstherr die gesetzlich vorgeschriebene nachträgliche Beteiligung des LPA nach § 12 Abs. 1 Nr. 4 BeamtStG i.V.m. Art. 17 Abs. 5 Satz 3 LlbG formgebunden in die Wege leiten. Dies setzt eine Antragstellung durch den Dienstherrn voraus. Der Antrag muss darauf gerichtet sein, eine nachträgliche Entschließung des LPA über die verfrühte Beförderung zu erwirken. Der Antrag muss erkennen lassen, dass der Dienstherr eine formgebundene Entscheidung durch den LPA begehrt. Das Erfordernis der Antragstellung dient dazu, ein förmliches Verfahren vor dem LPA in Gang zu setzen. Denn nur ein förmlicher Antrag des Dienstherrn ist objektiv geeignet, ein solches Verfahren einzuleiten. Durch eine Antragstellung wird also verhindert, dass Unklarheiten darüber bestehen, ob der LPA im Rahmen eines förmlichen Verfahrens zu entscheiden hat (vgl. zu alldem VG Bayreuth, U.v. 24.10.2014 – B 5 K 14.245 – juris Rn. 50).
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Das vor dem LPA durchzuführende Verfahren ist formgebunden. Der LPA übt seine Tätigkeit durch das Abhalten von Verhandlungen aus. Gemäß Art. 117 Abs. 1 Satz 1 BayBG finden seine Verhandlungen in nicht öffentlichen Sitzungen statt. Zur näheren Ausgestaltung des Geschäftsgangs gibt sich der LPA nach Art. 116 BayBG eine Geschäftsordnung/GeschO. Nach Art. 120 Abs. 1 Satz 1 BayBG bedient sich der LPA zur Vorbereitung der Verhandlungen (und Durchführung seiner Beschlüsse) einer Geschäftsstelle (§ 1 Abs. 1 GeschO). Nach § 3 Abs. 2 GeschO stellt die Geschäftsstelle für jede Sitzung eine Tagesordnung auf, in der die einzelnen Beratungsgegenstände aufgeführt sind, und lädt die ordentlichen Mitglieder des LPA unter Beifügen der Tagesordnung zu den Sitzungen (§ 3 Abs. 3 GeschO). Nach Beratung und Beschlussfassung (§§ 4 und 5 GeschO) sind die Beschlüsse durch die Geschäftsstelle nach schriftlicher Abfassung und in der Regel nach Unterzeichnung der Niederschrift auszufertigen und den antragstellenden Verwaltungen und den sonstigen Antragsberechtigten mitzuteilen (§ 6 Abs. 2 Satz 1 GeschO).
50
Der LPA muss in diesem förmlichen Verfahren nachträglich darüber entscheiden, ob er seine Zustimmung zur Beförderung eines Beamten vor Ablauf der Beförderungswartezeiten erteilt. Der Dienstherr darf – auch aus Gründen der Rechtsklarheit und mit Rücksicht auf die Formenstrenge im Beamtenernennungsrecht sowie nicht zuletzt im Hinblick auf sein vorangehendes Verhalten bei der Ernennung – eine Ernennung nach § 12 Abs. 1 Nr. 4 BeamtStG erst zurücknehmen, wenn der LPA eine nachträgliche Zustimmung abgelehnt hat (vgl. BVerwG, U.v. 22.5.1980 – 2 C 31/78 – ZBR 1981, 225, juris Rn. 41; VG Bayreuth, U.v. 24.10.2014 – B 5 K 14.245 – juris Rn. 50).
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Für die Frage, ob der LPA nachträglich ordnungsgemäß beteiligt wurde, ist nicht zuletzt auch entscheidend, dass der LPA neben den ihm in sonstigen Vorschriften des Bayerischen Beamtengesetzes oder des Leistungslaufbahngesetzes eingeräumten Befugnissen nach Art. 115 Abs. 1 BayBG verschiedene Aufgaben wahrzunehmen hat. So obliegt dem LPA beispielsweise gemäß Art. 115 Abs. 1 Nr. 7 BayBG die Aufgabe, die Dienstherrn in laufbahnrechtlichen Angelegenheiten zu beraten.
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Gemessen an diesen Grundsätzen hat die Beklagte die nachträgliche Zustimmung des LPA nicht ordnungsgemäß selbst beantragt, weil sie bereits das vorgehend beschriebene Verfahren vor dem LPA nicht formgebunden eingeleitet hat. Folglich hat kein förmliches Verfahren entsprechend den Vorschriften der „Geschäftsordnung des Bayerischen Landespersonalausschusses“ unter Beteiligung der Beklagten stattgefunden. Ein Beschluss des LPA ist ihr gegenüber nicht ergangen.
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Zwar hat die Beklagte mit Schreiben vom … August 2019 eine Beschlussfassung des LPA über die Bewilligung der Beförderungen des Klägers beantragt. Der LPA hat daraufhin jedoch kein förmliches Verfahren eingeleitet, sondern stattdessen durch die Geschäftsstelle mitteilen lassen, dass eine Antragstellung und (erneute) Beschlussfassung durch den LPA nicht als erforderlich angesehen werde, da auf Antrag der Gemeinde B.F. der LPA die Bewilligung der Beförderungen mit verkürzten Beförderungsfristen bereits abgelehnt worden sei. Daraufhin hat der Erste Bürgermeister für die Beklagte den Antrag auf (erneute) Beschlussfassung des LPA mit Schreiben vom 26. September 2019 zurückgezogen. Es ist keine förmliche Entscheidung des LPA in Form eines Beschlusses gegenüber der Beklagten ergangen.
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Auch das Schreiben der Geschäftsstelle des LPA vom … September 2019 vermag einen förmlichen Beschluss des LPA nicht zu ersetzen. Unter dem … September 2019 hat die Geschäftsstelle des LPA festgehalten, dass aus ihrer Sicht keine Notwendigkeit für eine erneute Beschlussfassung des LPA bestehe; eine solche habe keinen inhaltlichen Mehrwert, da aufgrund der bereits erfolgten Ablehnung der Zustimmung zu den vorzeitigen Beförderungen gegenüber der Gemeinde D. gerade feststehe, dass der LPA (erneut) seine Zustimmung verweigern werde. Eine erneute Antragstellung sei daher vor der Rücknahme der Ernennung nach § 12 Abs. 1 Nr. 4 BeamtStG nicht erforderlich.
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Die Prüfung erfolgte aus Sicht der Geschäftsstelle im Hinblick auf den bereits gegenüber der Gemeinde D erlassenen Beschluss vom … Dezember 2018. Die Geschäftsstelle des LPA hat zwar aus ihrer Sicht eine nachträgliche Zustimmung des LPA ausgeschlossen. Das ist aber lediglich die rechtliche Einschätzung der Geschäftsstelle des LPA, die eine Entschließung des LPA, zu der es vorliegend nicht gekommen ist, nicht zu ersetzen vermag. Die bloße Einschätzung der Geschäftsstelle des LPA darüber, wie der Ausschuss im Fall des Klägers aller Voraussicht nach entscheiden würde, ist rechtlich nicht von Bedeutung. Insbesondere kann, obwohl es um die identischen Ernennungen geht, nicht ausgeschlossen werden, dass die Beklagte als neuer Dienstherr neue Gesichtspunkte vorträgt, die eine vorzeitige Beförderung rechtfertigen könnten. Selbst wenn dem nicht so wäre, erachtet das Gericht das Erfordernis, auch in dem Fall, in dem der LPA auf Antrag eines anderen Dienstherrn bereits einen ablehnenden Beschluss erlassen hat, eine erneute Beschlussfassung durch den LPA auf Antrag des neuen Dienstherrn zu verlangen, nicht als reine Förmelei. Vielmehr dient dieses restriktive Verständnis dem Schutz des Beamten, der durch die Aushändigung einer Ernennungsurkunde eine Rechtsposition erhalten hat, in die der Dienstherr nicht mehr eingreifen darf. Dem Dienstherrn steht bei der Entscheidung, ob eine Entschließung des LPA herbeizuführen ist, kein Ermessen zu. Er hat auch nicht zu prüfen, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Zustimmung im jeweiligen Einzelfall vorliegen oder ob nach der Praxis des LPA mit einer nachträglichen Zustimmung zu rechnen ist oder nicht (vgl. BVerwG, U.v. 22.5.1980 – 2 C 31/78 – ZBR 1981, 225, juris, insb. Rn. 41). Entscheidend ist vorliegend, dass die Beklagte unter Verletzung des Grundsatzes der Formenstrenge ihren Antrag auf Entschließung des LPA zurückgezogen und ihre Rücknahmeentscheidung nach § 12 Abs. 1 Nr. 4 BeamtStG ohne eine im förmlichen Verfahren beschlossene und die Beklagte bindende (siehe bereits oben, Rn. 43 ff.) nachträgliche Entschließung des LPA getroffen hat.
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Auch wenn die Beklagte durch die Stellungnahme des LPA fehlgeleitet worden sein mag, wäre es ihr möglich gewesen, anstelle der Rücknahme des eigenen Antrags auf eine Beschlussfassung zu bestehen. Dass diese Möglichkeit selbst dann besteht, wenn eine Beschlussfassung über denselben Antrag begehrt wird, ergibt sich aus § 10 Sätze 2 und 3 der Geschäftsordnung des LPA. Hiernach trifft der Generalsekretär eine Feststellung darüber, ob eine erneute Beschlussfassung stattfinden soll. Gegen einen ablehnenden Bescheid, wonach eine erneute Beschlussfassung nicht stattfinden soll, kann der Antragsteller bzw. die Antragstellerin auf beschlussmäßige Entscheidung bestehen. Vorliegend hat die Beklagte erstmalig einen Antrag auf Beschlussfassung beim LPA gestellt. Eine erneute Beschlussfassung im Sinne des § 10 GeschO liegt schon nicht vor. In einem solchen Fall, in dem erstmalig eine Beschlussfassung des LPA beantragt wird, muss der LPA nach dem Rechtsgedanken des § 10 GeschO erst recht zu einer förmlichen Entscheidung (im Sinne des § 5 GeschO) veranlasst werden können.
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c) Da die Beklagte mangels ordnungsgemäßer Beteiligung des LPA die Voraussetzungen des § 12 Abs. 1 Nr. 4 BeamtStG nicht erfüllt hat, kann dahinstehen, ob die Rücknahme der Ernennungen auch rechtzeitig innerhalb der Jahresfrist des Art. 21 Abs. 2 Satz 2 Alt. 2 BayBG erfolgte.
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2. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO.
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3. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 und 2 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.