Titel:
Konkurrentenstreit zwischen Bewerbern in unterschiedlichen Statusämtern
Normenketten:
GG Art. 33 Abs. 2
BV Art. 94 Abs. 2 S. 2
LlbG Art. 16 Abs. 2
VwGO § 123 Abs. 1
Leitsätze:
1. Die Einschätzung des Dienstherrn, dass die im höheren Statusamt erzielte, um einen Punkt niedrigere Gesamtbewertung eines Bewerbersin etwa gleichwertig ist mit der um einen Punkt besseren, dafür im niedrigeren Statusamt erzielten Gesamtbewertung eines Mitberwerbers und somit ein Beurteilungsvorsprung eines der beiden Bewerber nicht feststellbar ist, ist rechtlich nicht zu beanstanden. (Rn. 41) (redaktioneller Leitsatz)
2. Es ist nicht grob willkürlich, wenn der Dienstherr bei der Binnendifferenzierung im Gesamturteil gleichwertiger Beurteilungen den Dienstposten eines Abteilungsleitersals Dienstposten mit Führungsfunktion einordnet und infolgedessen ausschließlich auf die Kriterien „Führungserfolg“ und „Führungspotential“ abstellt. (Rn. 46) (redaktioneller Leitsatz)
3. Um eine eingehende Prüfung der dienstlichen Beurteilung im Rahmen des Verfahrens im vorläufigen Rechtsschutz betreffend eine Stellenbesetzung zu veranlassen, muss substantiiert vorgetragen werden, warum der Bewertungsspielraum in rechtlich zu beanstandender Weise durch den Beurteiler überschritten worden ist. (Rn. 51) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Einstweilige Anordnung, Stellenbesetzung, Unterschiedliche Statusämter, Dienstliche Beurteilung (inzidente Überprüfung), Modulare Qualifizierung, Beamter, Bewerbung, Anforderungsprofil, Auswahlverfahren, Konkurrentenstreit, dienstliche Beurteilung, Statusamt, Binnendifferenzierung, Superkriterien, Führungsfunktion, vorläufiger Rechtsschutz, Anordnungsanspruch, Darlegungslast
Fundstelle:
BeckRS 2023, 27004
Tenor
I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens. Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Der Streitwert wird auf 22.780,76 EUR festgesetzt.
Gründe
1
Der Antragsteller begehrt vorläufigen Rechtsschutz im Rahmen eines Stellenbesetzungsverfahrens.
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Der Antragsgegner schrieb am … Oktober 2022 intern die streitgegenständliche Stelle „Leiter (m/w/d) der Abteilung 4 – …“ (BesGr. A 15) aus, die am Hauptsitz des Bayerischen Landesamts für … und … zu besetzen war.
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Auf diesen Dienstposten bewarben sich unter anderem der Antragsteller und der Beigeladene. Beide Bewerber verfügen über die Befähigung für die 4. Qualifikationsebene der Fachlaufbahn „Naturwissenschaft und Technik“ mit fachlichem Schwerpunkt „Eichtechnischer Dienst“.
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Der 1963 geborene Antragsteller steht als Eichoberrat (BesGr. A 14) im Dienste des Antragsgegners. Er ist als Referatsleiter beim Landesamt für … und … tätig. In der aktuellen dienstlichen Beurteilung vom … August 2022 erhielt der Antragsteller im Amt der Besoldungsgruppe A 14 das Gesamturteil 11 Punkte. In den Einzelmerkmalen „Führungserfolg“ und „Führungspotential“ erzielte der Antragsteller jeweils 10 Punkte.
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Der 1964 geborene Beigeladene steht als Technischer Rat (BesGr. A 13) im Dienste des Antragsgegners. Er ist als Referatsleiter und seit … März 2019 als stellvertretender Abteilungsleiter beim Landesamt für … und … tätig. In der dienstlichen Beurteilung vom … September 2019 erhielt der Beigeladene im Amt der Besoldungsgruppe A 13 das Gesamturteil 12 Punkte. Zum Zeitpunkt dieser Beurteilung befand sich der Beigeladene in der 3. Qualifikationsebene (QE). Im Jahr 2021 absolvierte er die modulare Qualifizierung für die Ämter ab der Besoldungsgruppe A 14 in der Fachlaufbahn Naturwissenschaft und Technik, fachlicher Schwerpunkt Eichtechnischer Dienst. Mit Schreiben des Bayerischen Staatsministeriums für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie vom … September 2021 wurde der Qualifikationserwerb für Ämter ab der Besoldungsgruppe A 14 anerkannt. Infolgedessen wurde der Beigeladene in der aktuellsten dienstlichen Beurteilung der Vergleichsgruppe 4. QE, Besoldungsgruppe A 13, eichtechnischer Dienst zugeordnet. In dieser Beurteilung vom *. August 2022 für den Beurteilungszeitraum … April 2019 bis … März 2022 erzielte der Beigeladene im Amt der Besoldungsgruppe A 13 das Gesamturteil 12 Punkte. In dem Einzelmerkmal „Führungserfolg“ erzielte der Beigeladene 12 Punkte, im Einzelmerkmal „Führungspotential“ 13 Punkte.
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Mit Auswahlvermerk vom … Dezember 2022 entschied das Bayerische Landesamt für … und …, die streitgegenständliche Stelle mit dem Beigeladenen zu besetzen. Zwar erfüllten sowohl der Antragsteller, als auch der Beigeladene das konstitutive Anforderungsprofil. In Bezug auf das Gesamturteil sei kein Vorsprung eines Bewerbers erkennbar. Da der Antragsteller mit einem um 1 Punkt niedrigeren Gesamturteil in der höheren Besoldungsgruppe beurteilt wurde als der Beigeladene und die Beurteilung im höheren Statusamt aufgrund der gestiegenen dienstlichen Anforderungen grundsätzlich als besser als diejenige aus dem niedrigeren Statusamt angesehen werden könne, könne eine im Wesentlichen gleiche Qualifizierung im Gesamturteil angenommen werden. Für die Binnendifferenzierung sei auf die Einzelkriterien „Führungserfolg“ und „Führungspotential“ abgestellt worden. Bei diesem Vergleich gehe der Beigeladene mit 12 Punkten bei dem Merkmal „Führungserfolg“ und mit 13 Punkten bei dem Merkmal „Führungspotential“ als deutlich leistungsstärkerer Bewerber im Vergleich zur Beurteilung des Antragstellers mit jeweils 10 Punkten hervor. Da er auch insgesamt der leistungsstärkste Bewerber sei, sei er auf den Dienstposten zu bestellen.
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Der Personalrat wurde am … Dezember 2022 über die beabsichtigte Besetzung des Dienstpostens mit dem Beigeladenen informiert und stimmte dieser am … Januar 2023 zu.
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Mit Schreiben vom … Januar 2023 teilte der Antragsgegner dem Antragsteller mit, dass beabsichtigt sei, den Dienstposten mit dem Beigeladenen als leistungsstärkstem Bewerber zu besetzen.
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Der Klägerbevollmächtigte erhob mit Schriftsatz vom 18. Januar 2023 Widerspruch, über den bisher soweit ersichtlich nicht entschieden wurde.
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Der Antragstellerbevollmächtigte hat mit Schriftsatz vom 20. Januar 2023 den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt. Zur Begründung führt dieser Mängel im Beurteilungsverfahren an. Es hätten – abweichend von der bisherigen Praxis – keine Abstimmungsgespräche mit allen sieben Referatsleitern gleichzeitig stattgefunden. Zudem sei das Gesamturteil vergeben worden, ohne dass zuvor ein Quervergleich der Beamten derselben Vergleichsgruppe auf Referats- und Abteilungsebene stattgefunden habe. Die Anwendung eines identischen Vergleichsmaßstabs sei so nicht sichergestellt. Zudem sei eine Zurechnung der Beurteilung zum Beurteiler, der die Beurteilungsentwürfe lediglich abgezeichnet habe, zweifelhaft. Außerdem sei die Vergleichsgruppe zu klein. Im Übrigen habe die Personalratstätigkeit des Antragstellers nicht Eingang in die Beurteilung gefunden. Auch sei die Beurteilung des Beigeladenen nicht plausibel und nachvollziehbar. Denn dieser habe trotz seiner Beförderung im Beurteilungszeitraum ein Gesamtprädikat von 12 Punkten erhalten, ohne dass die Gründe hierfür der Beurteilung entnommen werden könnten. Dabei habe das Bayerische Staatsministerium für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie in einem Begleitschreiben zur periodischen Beurteilung vom … April 2022 explizit darauf verwiesen, dass bei einer Beförderung im Beurteilungszeitraum bereits die Vergabe des gleichen Gesamturteils wie bei der Vorbeurteilung eine besondere Leistungssteigerung voraussetze, die in der neuen Vergleichsgruppe vorliegen müsse. Eine Erhöhung des Gesamturteils um einen Punkt sei nur in begründeten Ausnahmefällen denkbar und im Feld „gesonderte Bemerkungen“ qualifiziert verbal zu begründen.
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Außerdem habe der Antragsgegner die Gesamturteile des Antragstellers und des Beigeladenen aus unterschiedlichen Statusämtern in schematischer Weise verglichen, ohne dabei die Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen. Die pauschale Vorgehensweise, pro Statusamt einen Punkt in der Beurteilung hinzuzurechnen, genüge nicht. Der Antragsgegner habe für die Binnendifferenzierung in rechtlich fehlerhafter Weise auf die Einzelmerkmale „Führungserfolg“ und „Führungspotential“ und nicht auch auf sonstige leistungsbezogene Kriterien („Fachkenntnisse“, „Auffassungsgabe“ und „Entscheidungsfreude“) abgestellt. Aus der Ausschreibung gehe hervor, dass für den konkreten Dienstposten ein vertieftes Verständnis physikalisch-technischer Fragestellungen wesentlich sei. Dieses Kriterium müsse daher auch im Leistungsvergleich Berücksichtigung finden. Der Antragsgegner habe das höhere Statusamt des Antragstellers bei dem Vergleich der Punktwerte der Einzelmerkmale der dienstlichen Beurteilung „Führungserfolg“ und „Führungserfahrung“ nicht berücksichtigt. Dies ergebe sich aus dem Auswahlvermerk. Die mit Schriftsatz vom 25. Januar 2023 abgegebene Erklärung hierzu sei nachgeschoben und damit unbeachtlich. Es sei nicht ausgeschlossen, dass dieser Fehler kausal für das Auswahlergebnis gewesen ist.
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Der Beigeladene erfülle das konstitutive Anforderungsprofil nicht. Die Formulierung der Ausschreibung, dass der Dienstposten „am Hauptsitz“ zu besetzen sei, impliziere, dass der Bewerber vor Ort präsent sein müsse. Der Beigeladene könne sich jedoch – wie aus der E-Mail vom … November 2022 hervorgehe, eine Versetzung nicht vorstellen.
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Der Antragsteller hat beantragt,
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Dem Antragsgegner wird im Wege einer einstweiligen Anordnung untersagt, die intern ausgeschriebene Stelle des Leiters (m/w/d) der Abteilung 4 – … am Hauptsitz in … … einem anderen Bewerber zu übertragen oder mit einem anderen Bewerber zu besetzen, so lange nicht über die Bewerbung des Antragstellers bestandskräftig entschieden ist.
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Der Antragsgegner hat beantragt,
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den Antrag abzulehnen.
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Die Auswahlentscheidung stehe im Einklang mit dem Leistungsgrundsatz. Es sei zunächst auf die dienstlichen Beurteilungen abgestellt worden. Die Gegenüberstellung der Gesamturteile der Beurteilungen habe keinen signifikanten Leistungsvorsprung des Antragstellers oder des Beigeladenen ergeben. Sodann habe man die Einzelkriterien „Führungserfolg“ und „Führungspotential“ verglichen. Diese Kriterien seien im Vermerk zur Besetzung des Dienstpostens vom … Oktober 2022 als wesentliche Beurteilungskriterien im Sinne von Art. 16 Abs. 1 Satz 2 LlbG festgelegt worden und daher für die Binnendifferenzierung maßgeblich. Da der Beigeladene bei dem Kriterium „Führungserfolg“ 12 Punkte und bei dem Kriterium „Führungspotential“ 13 Punkte erzielt habe, der Antragsteller lediglich jeweils 10 Punkte, sei offensichtlich und unstrittig festgestanden, dass der Beigeladene einen deutlichen Leistungsvorsprung gegenüber dem Antragsteller vorweisen könne und daher der am besten geeignetste Bewerber sei. Aus dem Auswahlvermerk gehe hervor, dass das Gesamturteil des Antragstellers wegen seines höheren Statusamtes um einen Punkt angehoben worden sei. Für den Vergleich der Einzelmerkmale sei daher offensichtlich gewesen, dass selbst bei einer Anhebung der Einzelkriterien unter Berücksichtigung des höheren Statusamtes das Niveau der Punktwerte des Beigeladenen nicht erreicht worden wäre, weswegen auf einen rechnerischen Vergleich verzichtet worden sei. Aus einem solchen rechnerischen Vergleich, bei dem die Einzelmerkmale für den Antragsteller auf jeweils 11 Punkte angehoben würden, ergebe sich ganz klar ein deutlicher Leistungsvorsprung des Beigeladenen gegenüber dem Antragsteller von drei Punkten.
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Das Beurteilungsverfahren stehe im Einklang mit den gesetzlichen Vorgaben. In einem ersten Schritt seien die Vergleichsgruppen nach Besoldungsgruppen, Fachlaufbahnen (technisch/nichttechnisch) und nach fachlichen Schwerpunkten (beschusstechnisch/eichtechnisch) gebildet worden. In einem zweiten Schritt hätten die unmittelbaren Vorgesetzen ein Ranking vom Leistungsstärksten zum Leistungsschwächsten innerhalb der Vergleichsgruppe erstellt. In einem dritten Schritt sei zentral durch den Behördenleiter auf Basis dieses Rankings ein Gesamturteil gebildet worden. In einem vierten Schritt seien anhand des Gesamturteils von den unmittelbaren Vorgesetzen die Einzelmerkmale in Beurteilungsbeiträgen herausgearbeitet worden. In einem fünften Schritt habe der Abteilungsleiter das Ranking und die Beurteilungsbeiträge erhalten und anhand dessen einen Quervergleich innerhalb der Vergleichsgruppe für die ihm unterstehende Abteilung vorgenommen. Zudem sei eine mündliche Abstimmung auf Abteilungsleiterebene erfolgt, die den Quervergleich innerhalb der Vergleichsgruppen abteilungsübergreifend zum Gegenstand gehabt habe. In einem weiteren Schritt habe der Behördenleiter als Beurteiler einen Quervergleich über alle ihm vorgelegten Beurteilungsbeiträge vorgenommen.
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In diesem Verfahren werde ein einheitlicher Beurteilungsmaßstab durch verschiedene Maßnahmen, beispielsweise durch eine zu Jahresbeginn 2022 durchgeführte Schulung zum Beurteilungswesen für Führungskräfte und durch die Bereitstellung einheitlicher Formblätter sichergestellt. Im Übrigen sei der unmittelbare Vorgesetzte des Antragstellers und des Beigeladenen derselbe gewesen. Der Behördenleiter habe während des gesamten Beurteilungsverfahrens in engem Austausch mit dem unmittelbaren Vorgesetzten gestanden.
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Die Berücksichtigung der Personalratstätigkeit des Antragstellers wäre eine verbotene Begünstigung im Sinne von Art. 8 BayPVG, die die periodische Beurteilung fehlerhaft mache.
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Die Beurteilung von 12 Punkten des Beigeladenen sei plausibel und nachvollziehbar. Die Beförderung des Beigeladenen zum … Februar 2019 sei zwei Monate vor Beginn des maßgeblichen Beurteilungszeitraums erfolgt. Der Beigeladene sei einer der leistungsstärksten Beamten der bayerischen Eichverwaltung. Er habe im Jahr 2019 eine modulare Qualifizierung für Ämter ab der Besoldungsgruppe A 14 in der Fachlaufbahn Naturwissenschaft und Technik, fachlicher Schwerpunkt Eichtechnischer Dienst durchlaufen und zudem die größte Abteilung der Bayerischen Eichverwaltung stellvertretend geleitet. Trotz dieser Zusatzbelastungen habe der Beigeladene stetig eine Verbesserung und Leistungssteigerung in seinen Aufgabengebieten gezeigt.
22
Der ausgewählte Beamte, der mit Beschluss vom 27. Januar 2023 zum Verfahren beigeladen wurde, hat sich im Verfahren nicht geäußert.
23
Bezüglich weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichts- und vorgelegten Behördenakten verwiesen.
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Der zulässige Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist unbegründet.
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1. Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) kann das Gericht auch schon vor Klageerhebung eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung des Rechts der Antragspartei vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Nach Satz 2 des § 123 Abs. 1 VwGO sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung – vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen – notwendig erscheint, um insbesondere wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern. § 123 Abs. 1 VwGO setzt daher sowohl einen Anordnungsgrund, das heißt ein Bedürfnis für die Inanspruchnahme vorläufigen Rechtschutzes in Form der Gefährdung eines eigenen Individualinteresses, als auch einen Anordnungsanspruch voraus, das heißt die bei summarischer Überprüfung der Sach- und Rechtslage hinreichende Aussicht auf Erfolg oder zumindest auf einen Teilerfolg des geltend gemachten Begehrens in der Hauptsache. Die Antragspartei hat die hierzu notwendigen Tatsachen glaubhaft zu machen.
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2. Der Anordnungsgrund in Form der besonderen Dringlichkeit der begehrten einstweiligen Anordnung ist gegeben. Das Auswahlverfahren für die streitgegenständliche Stelle ist grundsätzlich abgeschlossen. Eine Ernennung des Beigeladenen steht unmittelbar bevor. Der Bewerbungsverfahrensanspruch des Antragstellers als übergangener Bewerber lässt sich nur vor der Ernennung des ausgewählten Konkurrenten mittels einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO effektiv sichern, da sich der um eine Stellenauswahl geführte Rechtsstreit mit der endgültigen Besetzung der ausgeschriebenen Stelle erledigt (vgl. BVerfG, B.v. 29.6.2003 – 2 BvR 311/03 – NVwZ 2004, 95). Nach herrschender Auffassung in der Rechtsprechung (BVerwG, U.v. 4.11.2010 – 2 C 16/09 – NVwZ 2011, 358) ist mit der endgültigen anderweitigen Besetzung einer Stelle das Besetzungsverfahren grundsätzlich abgeschlossen mit der Folge, dass dem Begehren des Antragstellers, die Auswahlentscheidung zu seinen Gunsten vorzunehmen, nicht mehr entsprochen werden könnte, weil der Dienstherr die Ernennung des Beigeladenen in der Regel nicht mehr rückgängig machen könnte.
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3. Der Antragsteller hat jedoch keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht.
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a) Der Antragsteller hat einen Bewerbungsverfahrensanspruch, das heißt einen Anspruch darauf, dass der Dienstherr den Dienstposten unter Berücksichtigung des in Art. 33 Abs. 2 Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland (GG), Art. 94 Abs. 2 Satz 2 Verfassung für den Freistaat Bayern (BV) normierten Leistungsgrundsatzes vergibt und seine Auswahlentscheidung nur auf Gesichtspunkte stützt, die unmittelbar Eignung, Befähigung und fachliche Leistung der Bewerber betreffen (vgl. BVerfG, B.v. 26.11.2010 – 2 BvR 2435/10 – NVwZ 2011, 746; B.v. 2.10.2007 – 2 BvR 2457/04 – NVwZ 2008, 194; BVerwG, U.v. 17.8.2005 – 2 C 36.04 – juris).
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Die Ermittlung des – gemessen an den Kriterien der Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung – am besten geeigneten Bewerbers hat stets in Bezug auf das konkret angestrebte Amt zu erfolgen. Maßgeblich ist insoweit der Aufgabenbereich des Amtes, auf den bezogen die einzelnen Bewerber untereinander zu vergleichen sind und anhand dessen die Auswahlentscheidung vorzunehmen ist (BayVGH, B.v. 3.7.2019 – 3 CE 19.1118 – juris Rn. 6). Diese Vorgaben dienen zwar vornehmlich dem öffentlichen Interesse an einer bestmöglichen Besetzung, berücksichtigen aber zugleich das berechtigte Interesse eines Kandidaten an einem angemessenen beruflichen Fortkommen. Der Bewerber hat daher einen Anspruch auf rechtsfehlerfreie Auswahl (BVerwG, U.v. 25.8.1988 – 2 C 28/85 – juris; BayVGH, B.v. 25.5.2011 – 3 CE 11.605 – BayVBl 2011, 565; VG München, B.v. 24.10.2012 – M 5 E 12.2637 – juris).
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Aus der Verletzung dieses Anspruches folgt zwar regelmäßig nicht ein Anspruch auf Einstellung oder Beförderung. Vielmehr ist es im Hinblick auf den Beurteilungs- und Ermessensspielraum des Dienstherrn bei der Auswahlentscheidung grundsätzlich nicht Aufgabe des Gerichts, den besser geeigneten Bewerber zu bestimmen und eine eigene Prognose der Erfolgsaussichten der Bewerbung vorzunehmen (vgl. BayVGH, B.v. 5.1.2012 – 7 CE 11.1432 – juris). Der unterlegene Bewerber kann aber eine erneute Entscheidung über seine Bewerbung beanspruchen, wenn seine Auswahl möglich erscheint (BVerfG, B.v. 26.11.2010 – 2 BvR 2435/10 – NVwZ 2011, 746). Aufgrund der Verfahrensabhängigkeit des sich aus Art. 33 Abs. 2 GG ergebenden subjektiven Rechts und der Garantie von Art. 19 Abs. 4 GG sind die Verwaltungsgerichte bei der Auslegung und Anwendung des § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO in beamtenrechtlichen Konkurrentenstreitigkeiten gehalten, den Erfordernissen eines effektiven Rechtsschutzes im Eilverfahren besonders Rechnung zu tragen (vgl. BVerfG, B.v. 29.6.2003 – 2 BvR 311/03 – NVwZ 2004, 95).
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b) Über die Eignung des Bewerberfeldes kann in einem gestuften Auswahlverfahren befunden werden (BVerwG, B.v. 20.6.2013 – 2 VR 1/13 – juris). Bewerber, welche die allgemeinen Ernennungsbedingungen oder die laufbahnrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllen oder die aus sonstigen Eignungsgründen für die Ämtervergabe nicht in Betracht kommen, können in einer ersten Auswahl ausgeschlossen und müssen somit nicht mehr in den Leistungsvergleich einbezogen werden (BVerwG, B.v. 20.6.2013, a.a.O. Rn. 23; BVerwG, B.v. 6.4.2006 – 2 VR 2.05 – juris Rn. 7; BayVGH, B.v. 22.11.2016 – 3 CE 16.1912 – juris Rn. 20). Dies gilt grundsätzlich auch für Bewerber, die zwingende Vorgaben eines rechtmäßigen Anforderungsprofils nicht erfüllen (BVerwG, B.v. 20.6.2013, a.a.O., Rn. 23).
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Anschließend ist die Auswahl für die Besetzung eines Beförderungsdienstpostens unter mehreren Bewerbern in erster Linie auf aktuelle dienstliche Beurteilungen zu stützen, denn sie bilden den gegenwärtigen bzw. zeitnah zurückliegenden Stand ab und können somit am besten als Grundlage für die Prognose dafür dienen, welcher der Konkurrenten die Anforderungen der zu besetzenden Stelle voraussichtlich am besten erfüllen wird (BVerwG, B.v. 27.9.2011 – 2 VR 3/11 – NVwZ-RR 2012, 71; vgl. zum Ganzen auch: BayVGH, B.v. 18.6.2012 – 3 CE 12.675 – juris; VG München, B.v. 26.10.2012 – M 5 E 12.3882 – juris; B.v. 24.10.2012 – M 5 E 12.2637 – juris).
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Hierbei ist darauf zu achten, dass die dem Vergleich der Konkurrenten zugrunde gelegten Beurteilungen untereinander vergleichbar sind; das ist i.d.R. der Fall, wenn die Beurteilungen im selben Statusamt erzielt worden sind. (Erst) bei gleichem Gesamturteil hat der Dienstherr zunächst die Beurteilungen umfassend inhaltlich auszuwerten und Differenzierungen in der Bewertung einzelner Leistungskriterien oder in der verbalen Gesamtwürdigung zur Kenntnis zu nehmen, sog. Binnendifferenzierung oder inhaltliche Ausschöpfung (BVerwG, B.v. 19.12.2014 – 2 VR 1.14 – juris Rn. 35).
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4. Die streitgegenständliche Auswahlentscheidung entspricht diesen Grundsätzen und ist rechtlich nicht zu beanstanden.
35
a) Der Auswahlvermerk vom … Dezember 2022 genügt den formellen rechtlichen Anforderungen an die Darstellung der wesentlichen Auswahlerwägungen. In dieser Hinsicht macht der Antragsteller auch keine Einwände geltend.
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b) Die Auswahlentscheidung ist auch materiell-rechtlich nicht zu beanstanden.
37
aa) Die an erster Stelle des Auswahlvorgangs stehende Prüfung der Erfüllung des konstitutiven Anforderungsprofils der Ausschreibung ergab laut Auswahlvermerk, dass sowohl der Antragsteller, als auch der Beigeladene die hierin genannten Anforderungen erfüllen. Soweit der Antragsteller vorträgt, dies treffe für den Beigeladenen nicht zu, da der streitgegenständliche Dienstposten nach dem Wortlaut des Ausschreibungstextes „am Hauptsitz“ zu besetzen sei und der Beigeladene nicht bereit sei, seinen Wohnort an diesen Hauptsitz zu verlegen, kann dem nicht gefolgt werden. Denn die Stellenbesetzung am Hauptsitz impliziert gerade nicht, dass eine dauerhafte örtliche Präsenz des ausgewählten Bewerbers zur Erledigung der Aufgaben des Dienstpostens zwingend erforderlich ist. Dieses Verständnis bestätigt der Auswahlvermerk, aus dem explizit hervorgeht, dass die Aufgabenwahrnehmung vom Dienstort Augsburg verbunden mit regelmäßigen Dienstreisen zum Hauptsitz … … erfolgen könne.
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bb) Der Antragsgegner hat im Rahmen des Leistungsvergleichs in rechtmäßiger Weise einen Leistungsgleichstand der beiden Bewerber nach einem Vergleich der Gesamturteile der dienstlichen Beurteilungen angenommen.
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Der Leistungsvergleich erfolgte im selben Beurteilungssystem auf Grundlage von dienstlichen Beurteilungen vom 3. August 2022 für den Beurteilungszeitraum … April 2019 bis … März 2022 in unterschiedlichen Statusämtern. So erzielte der Antragsteller das Gesamturteil von 11 Punkten im Amt der Besoldungsgruppe A 14 und der Beigeladene das Gesamturteil von 12 Punkten im Amt der Besoldungsgruppe A 13.
40
Bei Beurteilungen in verschiedenen Statusämtern ist anhand der gesamten Umstände zu prüfen, ob sie als gleichwertig mit dem Ergebnis einer „Pattsituation“ angesehen werden können. Dabei können z.B. der Abstand der Gesamtprädikate und ihr Verhältnis zu der anhand einer Punkteskala vergebbaren Höchstpunktezahl, aber auch die Gewichtung und Wertung der Ergebnisse in einzelnen Beurteilungsmerkmalen („Binnendifferenzierung“) anhand eines spezifischen Anforderungsprofils der zu besetzenden Stelle von Bedeutung sein (vgl. BayVGH, B.v. 11.12.2009 – 3 CE 09.2350 – juris Rn. 38). Sind danach Bewerber als im Wesentlichen gleich geeignet einzustufen, kann der Dienstherr weiter auf einzelne Gesichtspunkte abstellen. So kann er der dienstlichen Erfahrung, der Verwendungsbreite oder der Leistungsentwicklung, wie sie sich aus dem Vergleich der aktuellen mit früheren dienstlichen Beurteilungen ergibt, Vorrang einräumen. Der Dienstherr kann aber auch auf die in Art. 16 Abs. 1 Satz 4 und 5 LlbG aufgeführten weiteren Erkenntnismittel zurückgreifen (BayVGH, B.v. 8.2.2018 – 3 CE 17.2304 – RiA 2018, 131, juris Rn. 8; B.v. 5.8.2014 – 3 CE 14.771 – BayVBl 2015, 127, juris Rn. 37 f.).
41
Die Einschätzung des Antragsgegners, dass die im höheren Statusamt erzielte, um einen Punkt niedrigere Gesamtbewertung des Antragstellers in etwa gleichwertig ist mit der um einen Punkt besseren, dafür im niedrigeren Statusamt erzielten Gesamtbewertung des Beigeladenen und somit ein Beurteilungsvorsprung eines der beiden Bewerber nicht feststellbar ist, ist rechtlich nicht zu beanstanden (vgl. BayVGH, B.v. 1.2.2008 – 3 CE 07.3227 – juris Rn. 26). Bei einer solchen Konstellation ist es in der Regel von der dem Dienstherrn zukommenden Einschätzungsprärogative gedeckt, wenn er von einem Beurteilungsgleichstand ausgeht (vgl. BayVGH, B.v. 10.11.2015 – 3 CE 15.2044 – juris Rn. 31; B.v. 28.5.2010 – 3 CE 10.748 – juris Rn. 62).
42
Mangels zutage getretener Besonderheiten konnte auch im vorliegenden Fall eine solche Wertung getroffen werden. Der Antragsgegner hat vorliegend nicht etwa schematisch darauf abgestellt, dass die vom Antragsteller im höheren Statusamt erzielte Beurteilung automatisch zu einem Beurteilungsvorsprung führt. Ausweislich des Auswahlvermerks vom … Dezember 2022 ist er vielmehr zu der Einschätzung gelangt, dass die Beurteilungen nicht formal gleich, sondern als gleichwertig anzusehen sind, weil sich die beiden Bewerber in unterschiedlichen Besoldungsstufen befinden und das Gesamturteil des Beigeladenen formal um einen Punkt über der des Antragstellers liegt. Es verstößt daher nicht gegen Art. 33 Abs. 2 GG, wenn der Antragsgegner den Statusvorsprung des Antragstellers als durch die bessere Note des Beigeladenen kompensiert ansieht.
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cc) Die nach dem festgestellten Leistungsgleichstand nach einem Vergleich der Gesamturteile vorgenommene Binnendifferenzierung anhand der Superkriterien „Führungserfolg“ und „Führungspotential“ ist rechtlich nicht zu beanstanden und steht im Einklang mit dem Besetzungsvermerk vom *. Oktober 2022.
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(1) Art. 16 Abs. 2 Satz 1 LlbG bestimmt, dass bestimmte Einzelkriterien gegenüber zu stellen sind (Binnendifferenzierung), sofern sich beim Vergleich der Gesamturteile der Beurteilungen kein Vorsprung ergibt. In den Vergleich der Einzelkriterien sind allerdings nur die wesentlichen Beurteilungskriterien (sog. „Superkriterien“) einzubeziehen (Art. 16 Abs. 2 Satz 2 LlbG), die sich nach Art. 16 Abs. 2 Satz 3 i.V.m. Art. 58 Abs. 3 LlbG bestimmen, soweit hiervon – wie vorliegend – nicht abgewichen wurde, Art. 16 Abs. 2 Satz 4 und 5 LlbG (BayVGH, B.v. 6.2.2017 – 3 CE 17.184 – juris, Rn 3; VG Ansbach, B.v. 29.10.2019 – AN 1 K 19.00688 – juris Rn. 46).
45
Der Antragsgegner hat bei der Durchführung des Leistungsvergleichs in rechtlich nicht zu beanstandender Weise auf die Superkriterien „Führungserfolg“ und „Führungspotential“ abgestellt. Ist mit dem Dienstposten eine Führungsfunktion verbunden, gibt Art. 16 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 LlbG – vorbehaltlich der hier nicht genutzten Abweichungsmöglichkeit – zwingend vor, dass wesentliche Kriterien für die Beurteilung die Kriterien „Führungserfolg“ und „Führungspotential“ sind. Dass diese Kriterien bei der Vergabe des konkreten Dienstpostens maßgeblich sein sollen, hat das Bayerische Landesamt für … und …t im Ausschreibungsvermerk vom … Oktober 2022 explizit festgelegt.
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Soweit der Antragsteller vorträgt, in der Binnendifferenzierung hätten die bereits im Anforderungsprofil genannten leistungsbezogenen Kriterien, insbesondere die Merkmale „Fachkenntnisse“, „Auffassungsgabe“ und „Entscheidungsfreude“ anstelle der gewählten Kriterien maßgeblich sein müssen, da ein vertieftes Verständnis physikalischer Zusammenhänge für den Dienstposten wesentlich sei, kann dem nicht gefolgt werden. Zwar können auch die Kriterien „Fachkenntnisse“ und „Entscheidungsfreude“ wesentliche Beurteilungskriterien im Sinne des LlbG sein. Dies ist jedoch nur bei solchen Dienstposten mit sachbearbeitender Funktion bzw. bei Dienstposten, die Sachbearbeitungsaufgaben beinhalten, der Fall (vgl. Art. 16 Abs. 2 Satz 3 Nrn. 2 bis 4 LlbG). Es ist vorliegend nicht grob willkürlich, dass der Antragsgegner den streitgegenständlichen Dienstposten des Leiters der Abteilung 4 – … – als Dienstposten mit Führungsfunktion eingeordnet und infolgedessen ausschließlich auf die vom Gesetz vorgegebenen Kriterien „Führungserfolg“ und „Führungspotential“ abgestellt hat. Es ist weder ersichtlich noch vorgetragen, dass auf dem maßgeblichen Dienstposten Sachbearbeitungsaufgaben wahrgenommen werden. Auch sind Anhaltspunkte dafür, dass der Antragsteller das Anforderungsprofil insgesamt besser erfüllen würde als der Beigeladene, insbesondere besser befähigt sei, physikalisch-technischer Zusammenhänge zu verstehen, weder vorgetragen noch aus den Akten ableitbar.
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(2) Wie bereits bei dem Vergleich der Gesamturteile der Beurteilungen muss auch bei der Binnendifferenzierung im Rahmen der Bewertung der (wesentlichen) Einzelmerkmale das höhere Statusamt des Antragstellers Berücksichtigung finden (vgl. BayVGH, B.v. 25.6.2013 – 3 CE 13.300 – juris Rn. 39, 41). Infolgedessen kann der Beigeladene in seinem niedrigeren Statusamt nur dann als der besser Geeignete angesehen werden, wenn er in den Merkmalen „Führungsverhalten“ und „Führungspotential“ wesentlich besser als der Antragsteller beurteilt worden ist (vgl. BayVGH, B.v. 25.6.2013 – 3 CE 13.300 – juris Rn. 39, 41).
48
In Anwendung dieser Grundsätze kann es keine Rolle spielen, dass der Antragsgegner – wie vom Antragsteller vorgetragen – im Auswahlvermerk auf eine rechnerische Anhebung der Punktwerte des Antragstellers infolge seines höherwertigeren statusrechtlichen Amts verzichtet hat. Denn der Antragsgegner hat in seinem Auswahlvermerk in Verbindung mit den im Schriftsatz vom 24. Januar 2023 getroffenen Konkretisierungen den Beigeladenen aufgrund des Punkteunterschieds von 2 Punkten bei dem Einzelkriterium „Führungserfolg“ und von 3 Punkten bei dem Einzelkriterium „Führungspotential“ in rechtlich nicht zu beanstandender Weise als „deutlich leistungsstärksten Bewerber“ im Vergleich zum Antragsteller bewertet und daher als wesentlich besser beurteilt angesehen (vgl. BayVGH, B.v. 25.6.2013 – 3 CE 13.300 – juris Rn. 39, 41). Die Ausführungen in der Antragserwiderung vom 24. Januar 2023 verdeutlichen, dass für den Antragsgegner der Leistungsvorsprung des Beigeladenen bei den Superkriterien so deutlich war, dass auf einen rechnerischen Vergleich im Auswahlvermerk verzichtet worden ist. Dies ist rechtlich nicht zu beanstanden. Auch bei einer rechnerischen Anhebung um einen Punkt bestünde ein Leistungsvorsprung des Beigeladenen von insgesamt drei Punkten in den Superkriterien.
49
dd) Schließlich konnte die der Auswahlentscheidung zugrundeliegende periodische Beurteilung für den Antragsteller vom … August 2022 auch als taugliche Grundlage für den Leistungsvergleich herangezogen werden. Der Antragsteller kann nicht mit Erfolg geltend machen, dass die für den Leistungsvergleich herangezogene dienstliche Beurteilung rechtswidrig sei. Denn durchgreifende Mängel in der aktuellen periodischen Beurteilung sind weder hinreichend vorgetragen, noch anderweitig für das Gericht erkennbar.
50
Einwendungen gegen die Beurteilung können unmittelbar in einem Bewerbungsverfahren als auch in einem ggf. daran anschließenden Konkurrentenstreitverfahren geltend gemacht werden (vgl. BayVGH, B.v. 28.2.2014 – 3 CE 14.32 – juris Rn. 25; BVerwG, U.v. 18.4.2002 – 2 C 19/01 – juris Rn. 15). Die – mögliche – Fehlerhaftigkeit einer Beurteilung ist bereits im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes zu beachten, wenn sie Einfluss auf den Ausgang des Hauptsacheverfahrens haben kann (vgl. BVerwG, B.v. 21.1.2004 – 2 VR 3/03 – juris Rn. 11).
51
Bei der Rechtskontrolle einer dienstlichen Beurteilung im Rahmen eines Stellenbesetzungsverfahrens ist die Geltendmachung eines durchgreifenden Mangels der Beurteilung erforderlich, der dazu führt, dass der Dienstherr plausibel machen muss, dass und wie die Beurteilung ordnungsgemäß zustande gekommen ist. Es ist von der Antragstellerpartei zu verlangen, dass diese insoweit nicht nur moniert, die Beurteilung sei nicht ordnungsgemäß zustande gekommen, sondern dass konkret darlegt wird, aus welchem Grund die Beurteilung fehlerhaft ist und warum dieser Mangel auf das Ergebnis der Auswahlentscheidung durchschlägt (BayVGH, B.v. 28.2.2014 – 3 CE 14.32 – juris Rn. 28; OVG NW, B.v. 5.6.2012 – 1 B 368/12 – juris Rn. 8; VG München, B.v. 14.4.2014 – M 5 E 14.442; B.v. 30.10.2014 – M 5 E 14.3148). Die pauschale Rüge, es werde bestritten, dass Wertungsmaßstäbe sachgerecht und fehlerfrei angesetzt und die unmittelbaren Vorgesetzten ordnungsgemäß beteiligt worden seien, bedingt keine Geltendmachung eines durchgreifenden Mangels der dienstlichen Beurteilung, die zu einer eingehenden Überprüfung führt (BayVGH, B.v. 28.2.2014 – 3 CE 14.32 – juris Rn. 29; VG München, B.v. 14.4.2014 – M 5 E 14.442). Um eine eingehende Prüfung der dienstlichen Beurteilung im Rahmen des Verfahrens im vorläufigen Rechtsschutz betreffend eine Stellenbesetzung zu veranlassen, muss daher substantiiert vorgetragen werden, warum der Bewertungsspielraum in rechtlich zu beanstandender Weise durch den Beurteiler überschritten worden ist (vgl. zum Ganzen: VG München, B.v. 10.2.2015 – M 5 E 14.4011).
52
Nach diesen Grundsätzen sind bei den zugrunde zu legenden periodischen Beurteilungen des Antragstellers sowie des Beigeladenen keine Fehler ersichtlich.
53
Soweit der Antragsteller vorträgt, die Vergleichsgruppe sei zu klein, ist dem nicht zu folgen. Es ist nicht erkennbar, dass weitere Beamte in die Vergleichsgruppe hätten eingestellt werden müssen. Andere Beamtinnen und Beamten seien bayernweit hinsichtlich ihrer Tätigkeit nicht hinreichend vergleichbar. Die Rechtsprechung, wonach eine hinreichend große und homogene Vergleichsgruppe sicherzustellen ist (vgl. BVerwG, U.v. 24.11.2005 – 2 C 34/04 – BVerwGE 124, 364, juris Rn. 15; BayVGH, B.v. 14.8.2014 – 3 CE 14.377 – juris), ist auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar. Denn sie bezieht sich auf die Konstellation, in der bei dienstlichen Beurteilungen Richtwerte für die Notenvergabe im Sinne einer Quotenregelung vorgegeben sind. Dies ist vorliegend jedoch nicht der Fall.
54
Soweit der Antragsteller rügt, die Anwendung eines einheitlichen Beurteilungsmaßstabs sei nicht sichergestellt gewesen, insbesondere, da eine referats- bzw. abteilungsübergreifende Abstimmung des Rankings und der Beurteilungsbeiträge nicht gleichzeitig mit allen sieben Referatsleitern stattgefunden habe, ist schon nicht substantiiert dargelegt, inwieweit dieser Mangel im konkreten Fall auf das Ergebnis der Auswahlentscheidung durchschlagen sollte. Es ist insbesondere nicht erkennbar, weshalb zur Sicherstellung eines einheitlichen Beurteilungsmaßstabs zwingend gleichzeitig alle sieben Abteilungsleiter anwesend zu sein haben.
55
Der Dienstherr hat das gewählte Beurteilungssystem tatsächlich gleichmäßig auf alle Beamten anzuwenden, die bei beamtenrechtlichen Entscheidungen über ihre Verwendung und über ihr dienstliches Fortkommen miteinander in Wettbewerb treten können. Deshalb müssen die Beurteilungsmaßstäbe gleich sein und gleich angewendet werden. Insbesondere müssen die beurteilenden Vorgesetzten von demselben Begriffsinhalt der verwendeten Noten ausgehen (so BVerwG, U.v. 2.3.2000 – 2 C 7/99 – NVwZ-RR 2000, 621, juris Rn. 18).
56
Diesen Anforderungen ist der Antragsgegner mit einer Vielzahl von Maßnahmen nachgekommen. Der Antragsgegner hat dargelegt, dass Abstimmungsrunden mit den Abteilungsleitern der Abteilungen 3, 4 und 5 geführt wurden, die für die Beamtinnen und Beamten im eichtechnischen Dienst, die zu beurteilen waren, zuständig waren. Wieso zur Anwendung eines einheitlichen Beurteilungsmaßstabs auch fachfremde Abteilungsleiter hinzuzuziehen sind, ist nicht ersichtlich. Neben Schulungsmaßnahmen für beurteilende Führungskräfte Anfang des Jahres 2022 seien verschiedene Formblätter, die die Beurteilungskriterien, die Bildung von Vergleichsgruppen sowie die Erstellung von Beurteilungsbeiträgen konkretisieren, ausgegeben worden. Zudem habe derselbe unmittelbare Vorgesetzte den Beurteilungsbeitrag für den Antragsteller und den Beigeladenen erstellt. Anhaltspunkte für die Anwendung eines uneinheitlichen Beurteilungsmaßstabs sind nicht ersichtlich.
57
In der Rechtsprechung ist auch kein Grundsatz erkennbar, der besagt, dass ein Beurteilungsverfahren nur dann rechtmäßig wäre, wenn ein Quervergleich der zu beurteilenden Beamten vor der (erstmaligen) Vergabe des Gesamturteils durchgeführt wird. Ausweislich des Vortrags des Antragsgegners hat der Beurteiler zum Abschluss des Verfahrens einen Quervergleich über die vorgelegten Beurteilungsbeiträge vorgenommen. Es ist nicht ersichtlich, dass der Beurteiler vor der Durchführung dieses Quervergleichs an die (vorläufigen) Gesamturteile gebunden gewesen sein sollte und eine Abänderung nicht mehr möglich gewesen wäre.
58
Auch hinsichtlich des Vortrags, der Beurteiler habe die erstellten Beurteilungsentwürfe lediglich „abgezeichnet“, hat der Antragsteller nicht substantiiert vorgetragen. Weder aus dem Vortrag des Antragsgegners, noch aus dem angewandten Beurteilungsverfahren kann entnommen werden, dass sich der Beurteiler an die Vorgaben des unmittelbaren Vorgesetzten gebunden gefühlt hat. Er sei als Behördenleiter jederzeit in regem Austausch mit dem unmittelbaren Vorgesetzten des Antragstellers und des Beigeladenen gestanden und kenne zudem die Arbeitsweise der Bewerber seit vielen Jahren aus eigener Erfahrung. Entgegenstehende Anhaltspunkte bestehen nicht.
59
Es war zudem rechtmäßig, die Personalratstätigkeit des Antragstellers in der dienstlichen Beurteilung nicht zu berücksichtigen. Denn nach Art. 8 des Bayerischen Personalvertretungsgesetzes (BayPVG) dürfen Personalratsmitglieder wegen ihrer Personalratstätigkeit nicht benachteiligt und auch nicht begünstigt werden, sodass sich diese Tätigkeit nicht auf die dienstliche Beurteilung auswirken darf.
60
ee) Soweit der Antragsteller vorträgt, dass das Gesamtprädikat von 12 Punkten des Beigeladenen in der periodischen Beurteilung aus dem Jahr 2022 nicht hinreichend begründet und insgesamt in rechtswidriger Weise zu positiv ausgefallen sei, kann dem nicht gefolgt werden.
61
Der Antragsteller hat in der periodischen Beurteilung aus dem Jahr 2019 wie auch in der periodischen Beurteilung aus dem Jahr 2022 das Gesamturteil von 12 Punkten erhalten. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass der Beigeladene in der Beurteilung aus dem Jahr 2019 mit Beamten der 3. Qualifikationsebene der Besoldungsgruppe A 13 verglichen wurde. Im Jahr 2021 hat der Beigeladene, wie auch aus den ergänzenden Bemerkungen zur dienstlichen Beurteilung hervorgeht, die modulare Qualifizierung abgeschlossen. Das zuständige Wirtschaftsministerium hat daraufhin den Qualifikationserwerb für die 4. Qualifikationsebene festgestellt. Infolgedessen ist der Beigeladene in der Beurteilung aus dem Jahr 2022 nicht mehr mit Beamten der Besoldungsgruppe A13 der 3. Qualifikationsebene, sondern mit Beamten der Besoldungsgruppe A13 der 4. Qualifikationsebene verglichen worden. Dies ist rechtlich nicht zu beanstanden.
62
Selbst wenn durch den Wechsel in die neue Vergleichsgruppe (A13 der 4. Qualifikationsebene) eine (leichte) Erhöhung des Leistungsniveaus eingetreten sein mag, liegt bei dem Beigeladenen keine unplausible Leistungssteigerung vor. Dies gilt insbesondere mit Blick auf das besonders positive Leistungsbild des Beigeladenen, das der Antragsgegner in der Antragserwiderung substantiiert gezeichnet hat. Hiernach handele es sich bei dem Beigeladenen um einen der leistungsstärksten Beamten der bayerischen Eichverwaltung. Dieser habe stetig eine Verbesserung und Leistungssteigerung in seinen Aufgabengebieten gezeigt, obwohl er die Leitung der größten Abteilung innerhalb der Bayerischen Eichverwaltung übernommen und gleichzeitig die modulare Qualifizierung durchgeführt habe.
63
Dass der Beigeladene wie schon in der Beurteilung aus 2019 nun auch in der Beurteilung aus dem Jahr 2022 ein Gesamturteil von 12 Punkten erzielt hat, hat auch in der Beurteilung selbst nicht qualifiziert begründet werden müssen. Insoweit sieht das Begleitschreiben zur periodischen Beurteilung vom … April 2022 des Bayerischen Staatsministeriums für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie ein qualifiziertes verbales Begründungserfordernis nur vor, wenn der zu beurteilende Beamte im Beurteilungszeitraum befördert worden ist und das Gesamturteil zur Vorbeurteilung um (mindestens) einen Punkt erhöht worden ist. Bei einer Beförderung im Beurteilungszeitraum und einem gleichbleibenden Gesamturteil müsse eine besondere Leistungssteigerung in der neuen Vergleichsgruppe vorliegen. Diese Vorgaben haben nicht beachtet werden müssen, da der Beigeladene im Beurteilungszeitraum nicht befördert, sondern (lediglich) einer neuen Vergleichsgruppe zugeordnet worden ist. Im Übrigen konnte der Antragsgegner eine stetige Leistungssteigerung des Beigeladenen plausibel darlegen.
64
c) Der Personalrat ist über die Auswahlentscheidung informiert worden (Blatt 76 ff. der Akten) und hat der Auswahlentscheidung am … Januar 2023 ausdrücklich zugestimmt (Blatt 79 der Akten).
65
5. Der Antragsteller hat als unterlegener Beteiligter nach § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens zu tragen. Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten unter Billigkeitsgesichtspunkten selbst, da er weder einen Antrag gestellt noch sonst das Verfahren gefördert hat (§ 154 Abs. 3, § 162 Abs. 3 VwGO).
66
6. Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 bis 4 Gerichtskostengesetz (GKG) – ein Viertel der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen (Jahresbezüge des Antragstellers nach Angaben des Antragsgegners im angestrebten Amt A 15 Stufe 11: 91.123,06 EUR, hiervon ein Viertel; vgl. BayVGH, B.v. 5.11.2019 – 3 CE 19.1896 – juris Rn. 32; B.v. 3.7.2019 – 3 CE 19.1118 – juris Rn. 26).