Titel:
Kein Eintrag eines Canabis anbauenden Vereins in das Register aufgrund einer unrechtmäßigen Satzung
Normenketten:
GG Art. 9 Abs. 2
BGB § 134
BtMG § 29
Leitsatz:
Das Registergericht überprüft die komplette Vereinssatzung auf ihre Rechtmäßigkeit und nicht, was der Verein tatsächlich für Aktivitäten entfaltet. Zwar kann ein tatsächlich gelebter, verbotener Vereinszweck bei einer rechtmäßigen Satzung zum Löschungsverfahren führen, jedoch kann umgekehrt der Mangel einer unrechtmäßigen, weil teilweise verbotenen Satzung nicht durch einen tatsächlich gelebten, legalen Vereinszweck geheilt werden. (Rn. 3) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Vereinsregistersache, Hinderungsgrund, Canabis, gemeinschaftlicher Anbau, Eigenbedarf
Rechtsmittelinstanz:
OLG München, Beschluss vom 04.10.2023 – 31 Wx 153/23 e
Fundstelle:
BeckRS 2023, 26753
Tenor
Die Anmeldung vom 28.03.2023 – UVZ-Nr. 458/2023 des Notars Dr. jur. T… W… in M. wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Gründe
1
Die Anmeldung ist zurückzuweisen. Der Eintragung steht folgender Hinderungsgrund entgegen:
2
Der in der Satzung enthaltene Vereinszweck „gemeinschaftlicher Anbau von Cannabis für den Eigenbedarf seiner Mitglieder unter legalen Bedigungen unter Ausschluss der Öffentlichkeit“ ist, wie auch in § 2 der angemeldeten Satzung vom 19.03.2023 steht, nach der derzeitigen Gesetzeslage illegal. Er verstößt gegen § 29 Betäubungsmittelgesetz. Dem Verein ist daher die Eintragung in das Vereinsregister zu versagen, § 9 Absatz 2 Grundgesetz. Der Zusatz in der Vereinssatzung, dass der Anbau von Cannabis „unter legalen Bedigungen“ erfolgen soll, ändert nichts an der Tatsache, dass diese legalen Bedigungen derzeit nicht vorliegen und daher der beabsichtigte Verein auch nicht etwa vorsorglich eintragbar ist. Dass im Vereinszweck auch legale Tätigkeiten wie der Einsatz für die Legalisierung von Cannabis, Öffentlichkeitsarbeit, Jugendschutz und Verbraucherschutz mit enthalten sind, heilt nicht den vorliegenden Gesetzesverstoß und behebt nicht das Eintragungshindemis. Die Eintragung ist abzulehnen, auch wenn nur Teile der Satzung unzulässig sind und beispielsweise nicht den zwingenden Vorgaben des Bürgerlichen Gesetzbuches zum Verein entsprechen.
3
Das Registergericht überprüft die komplette Vereinssatzung auf ihre Rechtmäßigkeit und nicht, was der Verein tatsächlich für Aktivitäten entfaltet. Zwar kann ein tatsächlich gelebter, verbotener Vereinszweck bei einer rechtmäßigen Satzung zum Löschungsverfahren führen (Stöber/Otto, Handbuch zum Vereinsrecht, 12. Auflage Rz. 63), jedoch kann umgekehrt der Mangel einer unrechtmäßigen, weil teilweise verbotenen Satzung nicht durch einen tatsächlich gelebten, legalen Vereinszweck geheilt werden.
4
Die gesamte Vereinsgründung ist als nichtig anzusehen nach § 134 Bürgerliches Gesetzbuch, da sie in ihrem Hauptzweck, dem gemeinschaftlichen Anbau von Cannabis, gegen das Betäubungsmittelgesetz in der derzeit geltenden Form verstößt.
5
Bei der Eintragung hat das Registergericht ausschließlich die derzeitige Gesetzeslage zu berücksichtigen. Es ist hierbei nicht an die Handhabung anderer Registergerichte gebunden.
6
Der in der Stellungnahme vom 02.05.2023 gezogene Vergleich mit dem steuerbegünstigten Zwe[xxx] nach Abgabenordnung verfängt nicht, da die Verfolgung steuerbegünstigter Zwecke grundsätzlich möglich und zulässig ist. Dass dieser Zweck einer Bestätigung des Finanzamtes bedarf, und im Einzelfall eventuell nicht erreicht wird, ist unschädlich, da die Steuerbegünstigung keine Eintragungsvoraussetzung für Idealvereine ist.