Titel:
Offensichtlicher Vollmachtsmissbrauch einer GmbH-Geschäftsführerin
Normenketten:
BGB § 242, § 488 Abs. 1 S. 2
GmbHG § 37 Abs. 2 S. 1
Leitsätze:
1. Der Vertragspartner einer GmbH kann aus der grundsätzlichen Unbeschränkbarkeit der gesetzlichen Vertretungsmacht des GmbH-Geschäftsführers nach Treu und Glauben keine Rechte herleiten, wenn der Geschäftsführer objektiv seine Befugnisse überschreitet und dies für den Geschäftspartner evident ist. (Rn. 45) (redaktioneller Leitsatz)
2. Es handelt sich um eine ungewöhnliche, der Zustimmung der Gesellschafter bedürftige Maßnahme, wenn Gesellschaftsvermögen auf ein Drittkonto übertragen wird, um sie dem Zugriff bestimmter Gesellschaftsgläubiger zu entziehen und andere Gläubiger zur Aufrechterhaltung des Betriebs vorrangig zu befriedigen. (Rn. 49) (redaktioneller Leitsatz)
3. Eine GmbH kann sich mit Erfolg gegenüber ihrem Darlehensgeber auf einen offensichtlichen Vollmachtsmissbrauch ihrer Geschäftsführerin bei Erteilung der Weisung berufen, den Darlehensbetrag auf das private Konto eines Dritten, mutmaßlich des angestellten Betriebsleiters und Lebensgefährten der Geschäftsführerin, auszuzahlen, wenn es sich um ein betriebliches Darlehen handelt, eine Drittauszahlung nicht vereinbart ist, Zinsen und Tilgungen über das Geschäftskonto abgewickelt werden sollen und für den Darlehensgeber nicht erkennbar ist, dass die Auszahlung an den Dritten mit Kenntnis der Gesellschafter erfolgt und im Interesse der GmbH liegt. In einem solchen Fall muss sich dem Darlehensgeber eine Rückfrage bei den Gesellschaftern vor Auszahlung aufdrängen. (Rn. 50 – 58) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Vollmachtsmissbrauch, missbräuchliche Rechtsausübung, GmbH, Geschäftsführer, ungewöhnliches Geschäftsgebaren, Evidenz, Drittauszahlung, Darlehensvalutierung, Auszahlungsanweisung, Rückfrage
Vorinstanz:
LG München I, Urteil vom 26.07.2021 – 10 HK O 9859/19
Fundstelle:
BeckRS 2023, 26658
Tenor
1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts München I vom 26.07.2021, Az. 10 HK O 9859/19, aufgehoben.
2. Der Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts Coburg vom 19.06.2019, Az. 19-7361876-0-3, wird aufgehoben und die Klage abgewiesen.
3. Auf die Widerklage hin wird die Klägerin verurteilt, an die Beklagte 10.000 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 23.09.2019 zu zahlen.
4. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen und die Widerklage abgewiesen.
5. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits. Die Nebenintervenientin trägt die durch die Nebenintervention verursachten Kosten selbst.
6. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrags, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
7. Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird in Abänderung des Beschlusses vom 30.03.2023 auf 29.500,- € festgesetzt.
Entscheidungsgründe
1
Die Klägerin als Darlehensgeberin verlangt die Rückzahlung eines von ihr wegen Zahlungsverzugs der Beklagten gekündigten Darlehens. Die Beklagte begehrt im Wege der Widerklage die Rückzahlung bereits geleisteter Raten. Im Streit steht die Wirksamkeit der Darlehensauszahlung an einen Dritten.
2
Am 13.02.2017 schloss die Klägerin, ein Getränkefachgroßhandel, mit der Beklagten, vertreten durch deren damalige Fremdgeschäftsführerin … Z. einen Darlehens- und Bierlieferungsvertrag für die von der Beklagten betriebene Gaststätte „…)“ in München (Anl. K 1). Früherer Betreiber der Gaststätte war … M., der nach Übernahme durch die Beklagte von dieser als Betriebsleiter angestellt worden war.
3
In dem Darlehens- und Bierlieferungsvertrag gewährte die Klägerin der Beklagten ein mit 2 % jährlich zu verzinsendes Darlehen in Höhe von 30.000 € für Investitionen in der vorgenannten Gaststätte (Ziff. 1). Die Tilgung des Darlehens sollte durch monatliche Zahlungen in Höhe von 500 €, zu leisten jeweils am 1. eines jeden Monats für den laufenden Monat, beginnend mit dem 01.04.2017, erfolgen. Die Beklagte ermächtigte die Klägerin, die Darlehensraten und Zinsen im Lastschriftverfahren von ihrem Konto einzuziehen (Ziff. 2). Zudem sah Ziffer 3 als Gegenleistung der Beklagten für die Darlehensgewährung eine Bezugsverpflichtung und Mindestabnahme bei der Klägerin für Biere des … vor. Regelungen zur Auszahlung des Darlehens enthielt der Vertrag nicht.
4
Entsprechend ihrer Verpflichtung in Ziffer 7 des Vertrages unterzeichneten am 08.02.2013 die Geschäftsführerin der Beklagten … Z. und ihr Lebensgefährte, der angestellte Betriebsleiter … M. für alle Darlehensverbindlichkeiten der Beklagten eine unwiderrufliche, unbefristete und selbstschuldnerische Bürgschaftserklärung (Anl. K 1).
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Die Klägerin refinanzierte das vorgenannte Darlehen über das …, an dessen Gebietsverkaufsleiter … F. sich … M. ursprünglich mit seiner Darlehensanfrage gewandt hatte.
6
Mit E-Mail vom März 2017 bat … M. im Auftrag der Geschäftsführerin der Beklagten Herrn F., das „neue Darlehen“ an „M., Kontonummer …, Bankleitzahl … IBAN …, BIC …“ zu überweisen (Anl. K 2). Diese E-Mail leitete … F. am 15.03.2017 kommentarlos an den damaligen Geschäftsführer der Klägerin … P. weiter. Daraufhin veranlasste dieser am 24.03.2017 ohne weitere Rückfrage bei der Beklagten die Überweisung der Darlehenssumme von 30.000 € auf das genannte Konto, dessen Inhaber nicht die Beklagte, sondern … M., der Vater von … M., war.
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Die Klägerin zog von Juli 2017 bis Dezember 2018 monatliche Tilgungsraten in Höhe von 500 € einschließlich der fälligen Zinsen von dem Geschäftskonto der Beklagten ein, für das diese der Klägerin bereits am 01.01.2016 eine Ermächtigung zum Lastschrifteinzug erteilt hatte (Anl. K 3).
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Aufgrund Widerspruchs der Beklagten kam es bei der Einziehung der Monatsraten für Januar, März und Mai 2019 und der im Zeitraum 10 – 12/2018 angefallenen Zinsen von 100,09 € zu Rücklastschriften, für die Bankspesen in Höhe von insgesamt 9,77 € anfielen (Anl. K 4, 6, 8). Die Tilgungsraten für Februar und April 2019 wurden von der Klägerin ohne Widerspruch eingezogen.
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Mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 04.03.2019 kündigte die Klägerin der Beklagten den Darlehens- und Bierlieferungsvertrag vom 13.02.2017 wegen der nicht geleisteten Rate für Januar 2019 und nicht geleisteter Zinszahlungen für den Zeitraum 10 – 12/2018 fristlos und forderte sie zur Zahlung eines noch offenen Restbetrages in Höhe von 19.103,38 € bis 18.03.2019 auf (Anl. K 7).
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Mit Ausnahme der Rate für April 2019, die von der Klägerin noch eingezogen werden konnte, leistete die Beklagte keine weiteren Zahlungen, so dass die Klägerin das gerichtliche Mahnverfahren einleitete. Nach vorangegangenem Mahnbescheid erließ das Amtsgericht Coburg unter dem Aktenzeichen 19-7361876-0-3 auf Antrag der Klägerin am 19.06.2019, der Beklagten zugestellt am 25.06.2019, Vollstreckungsbescheid über eine Hauptforderung in Höhe von 18.500 € zuzüglich Nebenforderungen und Kosten.
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Nach einem am 08.07.2019 bei Gericht eingegangenen Einspruch der Beklagten verfolgt die Klägerin ihren Anspruch auf Darlehensrückzahlung im Klagewege weiter. Mit Widerklage vom 03.09.2019, der Klagepartei zugestellt am 22.09.2019, fordert die Beklagte von der Klägerin die Rückzahlung bereits geleisteter Zahlungen in Höhe von 11.000 €.
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Die ehemalige Geschäftsführerin der Beklagten … Z. der die Beklagte den Streit verkündet hat, ist dem Rechtsstreit auf Seiten der Klägerin beigetreten.
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Während des erstinstanzlichen Verfahrens wurde von der Klägerin wegen der Darlehensverbindlichkeiten der Beklagten außergerichtlich auch der Bürge … M. in Anspruch genommen, der daraufhin 1.200 € an die Klägerin zahlte.
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Die Klägerin hat in erster Instanz beantragt:
Der Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts Coburg vom 19.06.2019, Az. 19-7361876-0-3, bleibt aufrechterhalten.
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Die Beklagte hat beantragt:
- 1.
-
Der Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts Coburg vom 19.06.2019, Az. 19-7361876-0-3, wird aufgehoben.
- 2.
-
Die Klage wird abgewiesen.
- 3.
-
Auf die Widerklage hin wird die Klägerin verurteilt, an die Beklagte 11.000,00 € zzgl. Zinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
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Die Klägerin hat die Abweisung der Widerklage beantragt.
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Die Beklagte behauptet, dass der angestellte Betriebsleiter und die mit ihm privat liierte Geschäftsführerin der Beklagten das Darlehen nicht für die Gaststätte, sondern für eigene private Zwecke nutzen und es durch die „Umleitung“ der Gelder auf ein Privatkonto der Kontrolle der Beklagten entziehen wollten.
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Sie ist der Auffassung, dass die Anweisung ihrer damaligen Fremdgeschäftsführerin zur Darlehensauszahlung nach den Grundsätzen des Missbrauchs der Vertretungsmacht unwirksam gewesen sei. Wer als Geschäftsführer ohne für den Geschäftspartner erkennbaren Grund ein betriebliches Darlehen auf ein Privatkonto leite, mache sich ersichtlich verdächtig. Mangels wirksamer Darlehensvalutierung bestehe daher kein Rückzahlungsanspruch. Zudem entfalle für die bereits erfolgten Zahlungen an die Klägerin der Rechtsgrund, weswegen ihr gegen die Klägerin ein Zahlungsanspruch zustehe.
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Die Klägerin und die ihr beigetretene Streithelferin behaupten hingegen, dass das Geschäftskontc der Beklagten zum Zeitpunkt der Darlehensauszahlung vom Finanzamt wegen Steuerschulden gepfändet gewesen sei, und die Geschäftsführerin und … M. durch die Überweisung der Darlehenssumme auf das Konto von dessen Vater die Bezahlung anderer Gläubiger zur Aufrechterhaltung des Betriebs der Gaststätte sicherstellen wollten und den Darlehensbetrag jedenfalls auch für Ausgaben der Beklagten verwendet hätten.
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Sie meinen daher, dass es bereits an einem objektiven Missbrauch der Vertretungsmacht fehle. Die Überweisung eines betrieblichen Darlehens auf ein Drittkonto sei nicht verboten und falle in den unternehmerischen Ermessensspielraum des Geschäftsführers.
21
Die Klägerin ist darüber hinaus der Auffassung, dass sich ihr ein etwaiger Treueverstoß der Geschäftsführerin gegenüber der Beklagten nicht habe aufdrängen müssen. Eine Nebenpflicht, Nachforschungen anzustellen, habe nicht bestanden. In jedem Fall ergebe sich aus dem späteren regelmäßigen Einzug der Tilgungsraten vom Geschäftskonto über einen Zeitraum von 20 Monaten die Billigung der Darlehensauszahlung durch die Beklagte.
22
Mit Endurteil vom 26.07.2021, auf dessen tatsächliche Feststellungen ergänzend Bezug genommen wird, hat das Landgericht München I den Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts Coburg vom 19.06.2019, Az. 19-7361876-0-3, aufrechterhalten und die Widerklage abgewiesen. Zur Begründung führt es aus, dass die Beklagte einen für die Klägerin erkennbaren Missbrauch der Vertretungsmacht durch ihre damalige Geschäftsführerin nicht dargelegt und nachgewiesen habe.
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Gegen die Entscheidung des Landgerichts wendet sich die Beklagte mit der Berufung. Sie verfolgt unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Sachvortrages ihre erstinstanzlichen Ziele weiter.
24
Die Beklagte beantragt zuletzt,
unter Aufhebung des Urteils des Landgerichts München I vom 26.07.2021, Az. 10 HK O 9859/19, den Vollstreckungsbescheid vom 19.06.2019 aufzuheben, die Klage abzuweisen und die Widerklage zuzusprechen.
25
Die Klägerin beantragt, den Klageantrag zu 1) wie folgt zu fassen:
„Der Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts Coburg (Az 19-7361876-0-3) vom 19.06.2019 wird dahingehend abgeändert, dass die Hauptforderung gemäß Ziffer I. in Höhe von 17.300,00 € sowie die weiteren Ansprüche gemäß Ziffern II. bis IV. an die Klägerin und die Hauptforderung gemäß Ziffer I. in Höhe von 1.200,00 € an den Bürgen M. Bereiteranger 18, ... M. zu zahlen sind.“
und im Übrigen die Berufung zurückzuweisen.
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Die Klägerin verteidigt das erstinstanzliche Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihrer vor dem Landgericht vorgebrachten Argumente.
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Der Senat hat Beweis erhoben durch uneidliche Einvernahme der Zeugen B…, M. und F.. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll vom 30.03.2023 verwiesen.
28
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien und das Protokoll der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vom 30.03.2023 Bezug genommen.
29
Die zulässige Berufung der Beklagten hat in der Sache überwiegend Erfolg.
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1. Die Berufung der Beklagten ist zulässig, auch soweit mit ihr die Widerklage weiterverfolgt wird.
31
Die Beklagte hat mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 30.08.2021 gegen das erstinstanzliche Urteil, nach welchem sie in vollem Umfang unterlegen war, unbeschränkt Berufung eingelegt.
32
Anschließend hat sie innerhalb der Berufungsbegründung mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 02.11.2021 allerdings nur beantragt, die Klage unter Aufhebung des landgerichtlichen Urteils kostenpflichtig abzuweisen. Auch bei ergänzender Heranziehung der Berufungsbegründung zur Auslegung der Anträge (ständ. Rspr., BGH, Urteil v. 20.07.2005, Az. XII ZR 155/04) war die Verurteilung der Klägerin gemäß der Widerklage zunächst nicht von der Beklagten beantragt, da auch die Berufungsbegründung weder auf die Widerklage noch auf den mit ihr geltend gemachten Rückzahlungsanspruch eingeht.
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Die Beklagte hat jedoch ihren Berufungsantrag in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vom 30.03.2023 in zulässiger Weise auf die Widerklage ausgedehnt, da der in der Berufungsbegründung vom 02.11.2021 enthaltene Antrag der Beklagten mangels weiterer Anhaltspunkte nicht zugleich als Rechtsmittelverzicht hinsichtlich der Abweisung der Widerklage verstanden werden kann (BGH, Urteil v. 24.10.1984, Az. VII ZR 140/83). Auch das fehlende Eingehen auf die Widerklage in der Berufungsbegründung steht der Erweiterung des Berufungsantrags ausnahmsweise nicht gemäß §§ 522 Abs. 1 S. 1, 520 Abs. 3 Nr. 2 ZPO entgegen, da die Begründung, mit der die Beklagte die Abweisung der Klage angreift (fehlende Valutierung des Darlehens) auch ihren Antrag, das Urteil hinsichtlich der Abweisung der Widerklage aufzuheben, deckt (a.a.O.). Eine fehlende Valutierung des Darlehens ließe sowohl den Rückzahlungsanspruch der Klägerin gemäß § 488 Abs. 1 BGB wie auch den Rechtsgrund für bereits geleistete Zahlungen an die Klägerin, deren Rückzahlung die Beklagte im Rahmen der Widerklage begehrt, entfallen.
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2. Die gegen die Klage gerichtete Berufung der Beklagten ist begründet.
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Auf den zulässigen Einspruch der Beklagten war der Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts Coburg vom 19.06.2019 aufzuheben und die Klage abzuweisen, §§ 700 Abs. 1, 343 S. 2 ZPO.
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2.1. Der Klägerin steht gegen die Beklagte der geltend gemachte Anspruch auf Rückzahlung des Darlehens gemäß § 488 Abs. 1 S. 2 BGB in Verbindung mit dem zwischen den Parteien geschlossenen Darlehens- und Bierlieferungsvertrag vom 13.02.2017 nicht zu, da die Beklagte die Darlehensvaluta nicht wirksam im Sinne des § 488 Abs. 1 S. 1 BGB empfangen hat.
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2.1.1. Die Klägerin hat die vereinbarte Darlehenssumme in Höhe von 30.000 € unstreitig nicht an die Beklagte ausgezahlt.
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2.1.2. Auch durch Überweisung des Darlehensbetrages am 24.03.2017 auf das Konto des M. hat die Klagepartei ihre Pflicht zur Hingabe des Darlehens nicht gemäß §§ 362 Abs. 2, 185 Abs. 1 BGB erfüllt.
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Die Beklagte hat die Klägerin nicht wirksam angewiesen, die Darlehenssumme auf das Konto des M. zu überweisen.
40
2.1.2.1. Grundsätzlich gilt ein Darlehen auch als empfangen, wenn der Darlehensgeber es auf Weisung des Darlehensnehmers an einen Dritten ausgezahlt hat (BGH, Urteil v. 17.07.2012, Az. XI ZR 198/11; Urteil v. 25.04.2006, Az. XI ZR 193/04 Tz. 31).
41
2.1.2.2. Im Darlehens- und Bierlieferungsvertrag der Parteien findet sich keine Regelung dazu, wie die Klägerin das Darlehen der Beklagten zur Verfügung zu stellen hat.
42
2.1.2.3. Die mit E-Mail des … M. vom März 2017 an … F. übermittelte Bitte, das Darlehen auf das Konto „M. Kontonummer …, …; Anl. K 2) zu überweisen, die dieser am 15.03.2017 an den damaligen Geschäftsführer der Klägerin weiterleitete, muss die Beklagte nicht als „ihre“ Weisung an die Klägerin gegen sich gelten lassen.
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Zwar handelte M. bei Übermittlung der Bitte zur Darlehensauszahlung im Auftrag der damaligen Geschäftsführerin Z. die kraft organschaftlicher Vertretungsbefugnis die Beklagte im Außenverhältnis unbeschränkt vertreten konnte, §§ 35 Abs. 1 S. 1, 37 Abs. 2 GmbHG.
44
Jedoch ist die von ihr erteilte Anweisung, das Darlehen auf das Konto von … M. zu überweisen, nach den Grundsätzen über einen Missbrauch der Vertretungsmacht unwirksam.
45
2.1.2.3.1. Die aus dem allgemeineren Gedanken der missbräuchlichen Rechtsausübung (§ 242 BGB) entwickelten Grundsätze gelten auch für die gesetzliche Vertretungsmacht des GmbH-Geschäftsführers. Danach kann der Geschäftspartner aus der Unbeschränkbarkeit der Vertretungsmacht ausnahmsweise keine Rechte herleiten, wenn der Geschäftsführer objektiv seine Befugnisse überschreitet und dies für den Geschäftspartner evident war (MüKo-GmbHG/Stephan/Tieves, 3. Aufl., § 37 Rn. 172 ff.; Altmeppen, GmbHG, 11. Aufl., § 37 Rn. 40 ff.).
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2.1.2.3.2. Im zu entscheidenden Fall hat die Geschäftsführerin mit der Anweisung, das mit der Klägerin vereinbarte Betriebsdarlehen der Beklagten auf das Privatkonto von M. auszuzahlen, objektiv pflichtwidrig im Verhältnis zur Beklagten gehandelt.
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Die Veranlassung der Überweisung eines Betriebsdarlehens auf das Privatkonto eines Dritten, zu dem die Gesellschaft in keinerlei Rechtsbeziehung steht, stellt eine vermögensgefährdende Pflichtverletzung des Geschäftsführers dar. Denn damit wird der Gesellschaft nicht nur die Verfügungsmacht und Kontrolle über den ihr zustehenden Darlehensbetrag vorenthalten und dieser in den Zugriffsbereich eines Dritten und dessen etwaiger Gläubiger verbracht. Die Gesellschaft wird auch dem Risiko einer Rückzahlungshaftung ausgesetzt, ohne die Darlehensvaluta erhalten zu haben.
48
Für diese Bewertung kommt es nicht entscheidend darauf an, ob tatsächlich ein Vermögensschaden bei der Gesellschaft eingetreten ist oder ob der Geschäftsführer bewusst zum Nachteil der Gesellschaft gehandelt hat (BGH, Urteil v. 10.04.2006, Az. II ZR 337/05; Lutter/Hommelhoff/Kleindiek, GmbHG, 21. Aufl., § 35 Rn. 23). Das Vorbringen der Klagepartei und die Aussage des Zeugen … M. in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht vom 11.05.2020, die Überweisung des Darlehens auf das Konto von … M. sei im Interesse der Beklagten erfolgt, da zum damaligen Zeitpunkt das Geschäftskonto vom Finanzamt gepfändet gewesen sei und durch die Überweisung der Darlehenssumme auf das Konto des Vaters von dort Rechnungen für den laufenden Betrieb der Gaststätte beglichen werden konnten, vermag daher an der objektiven Pflichtwidrigkeit des Geschäftsführerhandels nichts zu ändern.
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Überdies wäre selbst bei Einstufung der Anweisung als am Unternehmensinteresse orientierte Entscheidung der Ermessensspielraum der Geschäftsführerin (Business Judgment Rule) dahingehend reduziert gewesen, dass es für eine derart ungewöhnliche Maßnahme (Ableitung vcn Geldmitteln der Gesellschaft auf das Konto eines Dritten, um sie dem Zugriff bestimmter Gesellschaftsgläubiger zu entziehen und andere Gläubiger zur Aufrechterhaltung des Betriebs vorrangig zu befriedigen) der Zustimmung der Gesellschafter bedurft hätte (Lutter/Hommelhoff/Kleindiek, a.a.O., § 37 Rn. 10 f.).
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2.1.2.3.3. Entgegen der Ansicht des Landgerichts hat die Beklagte die objektive Evidenz des Missbrauchs der Vertretungsmacht im vorliegenden Fall hinreichend dargelegt und bewiesen.
51
Grundsätzlich hat der Vertretene das Risiko eines Vollmachtmissbrauchs zu tragen. Dem Geschäftsgegner obliegt im Allgemeinen keine besondere Prüfungspflicht, ob und in welcher Weise der Vertreter im Innenverhältnis gebunden ist, von seiner nach außen unbeschränkten Vertretungsmacht nur begrenzten Gebrauch zu machen. Der Vertretene ist aber gegen einen Missbrauch der Vertretungsmacht im Verhältnis zum Vertragsgegner dann geschützt, wenn der Vertreter von seiner Vertretungsmacht in ersichtlich verdächtiger Weise Gebrauch gemacht hat, so dass beim Vertragsgegner begründete Zweifel entstehen mussten, ob nicht ein Treueverstoß des Vertreters gegenüber dem Vertretenen vorliegt. Hierfür sind objektiv erkennbare, massive Verdachtsmomente zu fordern, aufgrund derer sich nach den gesamten Umständen die Notwendigkeit einer Rückfrage des Vertragsgegners beim Vertretenen geradezu aufdrängt (std. Rspr.; vgl. BGH, Urteil v. 29.06.1999, Az. XI ZR 277/98; Urteil v. 18.10.2017, Az. I ZR 6/16).
52
Im vorliegenden Fall erhielt der damalige Geschäftsführer der Klägerin … P. am 15.03.2017 von dem Gebietsverkaufsleiter F. des … eine E-Mail von … M. weitergeleitet, in der dieser um Überweisung des „neuen“ Darlehens auf ein Konto „M.“ unter Angabe einer Kontonummer und Bankleitzahl bat, und veranlasste daraufhin ohne Weiteres die Überweisung der Darlehenssumme auf dieses Konto.
53
Dass sich dem Geschäftsführer P. – dessen Wissen der Klägerin zuzurechnen war – die Notwendigkeit einer Rückfrage bei der Beklagten hätte aufdrängen müssen, schließt der Senat aus folgenden Umständen:
54
… P. kannte als Unterzeichner des am 13.02.2017 abgeschlossenen Darlehens- und Bierlieferungsvertrags dessen Inhalt und wusste, dass dort als Darlehenszweck „Investitionen in der Gaststätte … angegeben war, es sich mithin um ein betriebliches Darlehen handelte, ferner, dass der Vertrag keine Regelungen zu einer Drittauszahlung des Darlehens enthielt und dass die Tilgungsraten und Zinsen im Lastschriftverfahren vom Geschäftskonto der Beklagten eingezogen werden sollten, für das die Klägerin bereits eine Einzugsermächtigung der Beklagten vom 01.01.2016 besaß.
55
Aus dem von … M. an … F. verfassten E-Mail-Text, den er von diesem weitergeleitet bekam (Anl. K 2), konnte der Geschäftsführer der Klägerin durch die Nennung des Namens „M.“ als Kontoinhaber erkennen, dass das Darlehen nicht auf ein Konto der Beklagten, sondern auf ein einer Privatperson gehörendes Konto – sei dies eines des zum damaligen Zeitpunkt angestellten Betriebsleiters … M. oder eines namensgleichen Dritten – überwiesen werden sollte.
56
Ein nachvollziehbarer Grund, warum das betriebliche Darlehen nicht auf ein Konto der Beklagten, sondern auf dieses Privatkonto überwiesen werden sollte, war dem Geschäftsführer der Klägerin zum Zeitpunkt der Anweisung weder bekannt, noch war ein solcher für ihn aus den Umständen erkennbar; insbesondere enthielten der E-Mail-Text von … M. und die anschließende Weiterleitungs-E-Mail von … F. (Anl. K 2) hierzu keinerlei Erklärung. Dass bei der Klägerin die Hintergründe dieser Auszahlungsanweisung nicht bekannt waren, hat sie selbst vorgetragen (Schriftsatz vom 14.10.2019, S. 2). Anderes hat auch die vor dem Senat am 30.03.2023 durchgeführte Beweisaufnahme nicht ergeben. Der Zeuge … F. gab aus Sicht des Senats glaubhaft an, in einem mit … P. vor dem 15.03.2017 geführten Telefonat nicht mit diesem über die Auszahlungsanweisung, sondern lediglich über die Notwendigkeit der Begleichung der früheren Darlehensschuld von … M. für die Freigabe des neuen Darlehens gesprochen zu haben. Den Angaben in der E-Mail zur Auszahlung des neuen Darlehens habe er keine Beachtung geschenkt, da dies Sache der Klägerin als Vertragspartnerin gewesen sei. Der Zeuge … M. erklärte, keinen persönlichen Kontakt mit … P. wegen des Vertrages gehabt zu haben, sondern lediglich … F. per E-Mail die Kontodaten für die Darlehensauszahlung ohne nähere Erläuterung geschickt zu haben.
57
Da der Darlehensvertrag von der Geschäftsführerin der Beklagten unterzeichnet worden war, die Vertragsverhandlungen unstreitig ohne Beteiligung der Gesellschafter der Beklagten geführt worden waren, die Absicherung des Darlehens ebenfalls nur mittels Bürgschaften der Geschäftsführerin und ihres Lebensgefährten, dem angestellten Betriebsleiter … M., erfolgte und die Auszahlungsanweisung per E-Mail von diesem übermittelt wurde, war für … P. bei Empfang der Anweisung nicht erkennbar, ob die Gesellschafter der Beklagten bei dem Darlehensvertrag und dessen Abwicklung einbezogen worden waren. Er konnte somit auch nicht ohne Weiteres davon ausgehen, dass die streitgegenständliche Auszahlungsanweisung dem Willen der Beklagten selbst entsprach.
58
In einer solchen Situation darf ein Darlehensgeber eine Anweisung der Geschäftsführerin der Darlehensnehmerin, das vereinbarte Betriebsdarlehen auf ein Privatkonto auszuzahlen, dessen Inhaber mutmaßlich (mangels Angabe eines Vornamens in der Anweisung aber nicht eindeutig erkennbar) der angestellte Betriebsleiter und zugleich Lebensgefährte dieser Geschäftsführerin ist, nicht ohne Rückfrage bei der Darlehensnehmerin ausführen. Zwar kann die direkte Leistung der Darlehensvaluta an einen Dritten im Interesse des Darlehensnehmers liegen, wenn hierdurch eine eigene Schuld des Darlehensnehmers dem Dritten gegenüber getilgt werden soll oder der Darlehensnehmer seinerseits dem Dritten ein Darlehen gewährt, das damit valutiert werden soll (Beck OGK/Binder, BGB, § 488 Rn. 213). Der Klägerin waren jedoch weder derartige Erklärungen genannt worden noch waren ihr, wie oben dargelegt, Anhaltspunkte für solche Gründe erkennbar. Bekannt war ihr dagegen die persönliche Verflechtung zwischen der Geschäftsführerin der Beklagten und dem mutmaßlichen Empfänger des Darlehens … M.. Die Anweisung der Geschäftsführerin zur Auszahlung des Gesellschaftsdarlehens auf dessen Privatkonto hätte dem als Vertreter der Klägerin handelnden (… P. daher verdächtig vorkommen und ihn insbesondere an die Möglichkeit einer Übervorteilung der Beklagten seitens der Geschäftsführerin durch Ausnutzen ihrer organschaftlichen Vertretungsmacht denken lassen müssen. Das Erfordernis einer Rückfrage bei der Beklagten vor Anweisung der Auszahlung des Darlehens auf das Konto „M.“ musste sich in diesem besonderen Fall geradezu aufdrängen.
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Auf eine Kenntnis des … F. von den desolaten wirtschaftlichen Verhältnissen des … M. und dem tatsächlichen Kontoinhaber … M. sowie auf die Frage, ob dieses Wissen aufgrund dessen möglicher Rolle als Verhandlungsgehilfe der Klägerin zuzurechnen ist, kommt es damit – worauf der Senat in der mündlichen Verhandlung vom 30.03.2023 hingewiesen hat – abweichend von dem Hinweis vom 11.01.2023 nicht mehr an. Bereits die dem Geschäftsführer … P. bekannten Umstände begründeten hier hinreichende Verdachtsmomente für einen Vollmachtsmissbrauch.
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2.1.3. Die Beklagte hat die Überweisung der Darlehenssumme auf das Konto des … M. im Übrigen auch nicht nachträglich genehmigt, §§ 362 Abs. 2, 185 Abs. 2 BGB. Eine ausdrückliche Genehmigung liegt nicht vor, aber auch von einer konkludenten Genehmigung der Beklagten kann nach dem Vorbringen der insoweit darlegungs- und beweisbelasteten Klägerin nicht ausgegangen werden.
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Grundsätzlich kann eine Genehmigung auch durch schlüssiges Verhalten erfolgen. Das setzt jedoch regelmäßig ein entsprechendes Erklärungsbewusstsein des Genehmigenden voraus. Fehlt dieses, so liegt eine Genehmigung vor, wenn der Erklärende bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt hätte erkennen und vermeiden können, dass sein Verhalten nach Treu und Glauben und der Verkehrssitte als Zustimmung aufgefasst werden durfte, und wenn der Empfänger es auch tatsächlich so verstanden hat (MüKo-BGB/Bayreuther, 9. Aufl., § 182 Rn. 10 f.; BGH, Urteil v. 13.7.2005, Az. VIII ZR 255/04).
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Als schlüssiges Verhalten kämen vorliegend die neu von der Klagepartei im Berufungsverfahren vorgetragene Anweisung „der Beklagten“ im Juni 2017, die Tilgungsraten ab Juli 2017 vom Geschäftskonto der Beklagten einzuziehen, und die anschließende Duldung der Einziehung der Tilgungsraten und Zinsen vom Geschäftskonto über einen Zeitraum von 18 Monaten in Betracht.
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Unabhängig von der Frage, ob das neue Tatsachenvorbringen der Klägerin im Berufungsverfahren noch zu berücksichtigen ist, ist eine Beweisaufnahme über die von der Beklagten bestrittene Behauptung einer Anweisung durch Vernehmung der damaligen Geschäftsführerin … Z. aus anderem Grund nicht veranlasst. Denn eine Anweisung der Geschäftsführerin zur Abbuchung der Tilgungsraten durfte die Klägerin bei einem vorherigen Missbrauch der Vertretungsmacht gerade durch diese Geschäftsführerin nicht als genehmigendes Verhalten „der Beklagten“ auffassen, da eine Einbeziehung der Gesellschafter der Beklagten nicht vorgetragen und für die Klägerin auch nicht aus den Umständen ersichtlich war.
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Auch die bloße Duldung der Einziehung der Tilgungsraten vom Geschäftskonto über einen längeren Zeitraum konnte im vorliegenden Sonderfall eines Missbrauchs der Vertretungsmacht durch die Geschäftsführerin von der Klägerin nicht als konkludente Genehmigung der Darlehensauszahlung interpretiert werden, da die Klägerin vor dem Hintergrund des vorherigen missbräuchlichen Handelns der Geschäftsführerin nicht ohne weiteres davon ausgehen konnte, dass die im unternehmerischen Geschäftsverkehr zu erwartende zeitnahe Überprüfung von Kontobewegungen unter Einbeziehung und wahrheitsgemäßer Information der Gesellschafter der Beklagten erfolgt ist.
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2.2. Mangels Hauptanspruchs sind auch die geltend gemachten Ansprüche auf Verzugszinsen und Verzugsschaden unbegründet.
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3. Die gegen die Abweisung der Widerklage gerichtete Berufung der Beklagten hat in der Sache überwiegend Erfolg.
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3.1. Die zulässige Widerklage auf Rückzahlung an die Klägerin rechtsgrundlos geleisteter Zahlungen erweist sich in der Hauptsache in Höhe von 10.000 € als begründet. In Höhe von 1.000 € ist die Widerklage abzuweisen und die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
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3.1.1. Der Anspruch der Beklagten folgt aus § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB.
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3.1.2. Die Klägerin hat von der Beklagten durch Lastschrifteinzug von deren Geschäftskonto bei der Commerzbank im Zeitraum Juli 2017 bis Dezember 2018 sowie im Februar und April 2019 jeweils Zahlungen in Höhe von 500 €, insgesamt einen Betrag in Höhe von 10.000 €, erlangt.
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3.1.3. Die Klägerin hat die eingezogenen Geldbeträge durch Leistung der Beklagten erlangt. Die Zahlung der Commerzbank ist aufgrund der erteilten Einzugsermächtigung der Beklagten als Leistung auf eine vermeintliche Darlehensschuld zuzurechnen (MüKo-BGB/Schwab, 8. Aufl., § 812 Rn. 157).
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3.1.4. Die Beklagte hat auf eine nicht bestehende Schuld im Sinne des § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB geleistet, da ihre vertragliche bzw. sich aus § 488 Abs. 1 S. 2 BGB ergebende Verpflichtung zur Darlehensrückzahlung das Zur-Verfügung-Stellen des Darlehens seitens des Darlehensgebers voraussetzt und diese Voraussetzung, wie in Ziff. 2.1. ausgeführt, nicht gegeben ist.
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3.2. Der Zinsanspruch der Beklagten folgt aus §§ 288 Abs. 2, 291 BGB, § 261 Abs. 2 ZPO.
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3.3. Die Voraussetzungen eines Bereicherungsanspruchs in Höhe von weiteren 1.000 € sind nicht erfüllt. Es fehlt insoweit am Nachweis einer Zuwendung zwischen Beklagter und Klägerin.
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Aufgrund neuen, korrigierten Vorbringens der Klagepartei im Berufungsverfahren (Schriftsatz vom 06.07.2022) erfolgten die Abbuchungen der monatlichen Tilgungsraten durch die Klägerin für die Monate April 2017 bis Juni 2017 nicht, wie im erstinstanzlichen Verfahren zunächst vorgetragen, vom Geschäftskonto der Beklagten, sondern vom Konto des … M.. Dieses neue Vorbringen wurde von der Beklagten lediglich insoweit bestritten, als Darlehensraten vom Valutierungskonto des M. eingezogen worden sein sollen (Schriftsatz vom 24.10.2022). Nicht bestritten wurde die Tatsachenbehauptung, dass die Tilgungsraten für die genannten drei Monate nicht vom Geschäftskonto der Beklagten erfolgt seien. Ein diesbezügliches einfaches Bestreiten wäre zudem unbeachtlich gemäß § 138 Abs. 4 ZPO, da es sich bei Abbuchungen vom eigenen Geschäftskonto um Vorgänge im Bereich der eigenen Wahrnehmungsmöglichkeit handelt.
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Die Tatsache, dass die Klägerin in den Monaten April 2017 bis Juni 2017 keine Tilgungsraten durch Lastschrifteinzug vom Geschäftskonto der Beklagten erhalten hat, war daher als neues unstreitiges Vorbringen unabhängig von den Voraussetzungen des § 531 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 ZPO zuzulassen (Thomas/Putzo/Seiler, ZPO, 44. Aufl., § 531 Rn. 1) und der Nachweis rechtsgrundlos erfolgter Tilgungsleistungen an die Klägerin über einen Betrag von 10.000 € hinaus als nicht geführt anzusehen.
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Auf etwaige Zinszahlungen, die die Klägerin durch Abbuchungen vom Geschäftskonto der Beklagten im Zeitraum Juli 2017 bis Dezember 2018 ggf. erlangt hat, hat die Beklagte ihren Bereicherungsanspruch nicht gestützt.
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Die Widerklage ist somit in Höhe von 1.000 € unbegründet und die Berufung der Beklagten insoweit zurückzuweisen.
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4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Die Kostentragungspflicht hinsichtlich der Nebenintervention ergibt sich aus § 101 Abs. 1 Hs. 2 ZPO.
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5. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 S. 2 ZPO.
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6. Die Revision war nicht nach § 543 Abs. 2 ZPO zuzulassen.
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Bei der Frage, ob im vorliegenden Fall die Weisung der Geschäftsführerin, das Darlehen an einen Dritten auszuzahlen, nach den Grundsätzen des Missbrauchs der Vertretungsmacht unwirksam ist, handelt es sich um eine Einzelfallentscheidung ohne grundsätzliche Bedeutung. Auch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert die Entscheidung des Revisionsgerichts nicht.
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Aufgrund der Erweiterung des Berufungsantrags hinsichtlich der Widerklage (s.o.) war eine Änderung der Streitwertfestsetzung vom 30.03.2023, die lediglich den Berufungsantrag zur Klageabweisung berücksichtigt hatte, von Amts wegen vorzunehmen, § 63 Abs. 3 Nr. 1 GKG.
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Die Höhe des Streitwerts für das Berufungsverfahren wurde in Anwendung der §§ 45 Abs. 1 S. 1, 47, 48 GKG, § 3 ZPO bestimmt.