Titel:
Unzulässigkeit der Rückforderung ehebedingter Zuwendungen als Hilfantrag in einer Scheidungsfolgesache
Normenkette:
FamFG § 137 Abs. 2
Leitsatz:
Ansprüche auf Rückforderung ehebedingter Zuwendungen können nicht – auch nicht als Hilfsanträge – als Folgesache geltend gemacht werden. (Rn. 14) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
vorzeitige Durchführung des Zugewinnausgleichs, Scheidungsverfahren, Folgesache, Güterrecht, Scheidungsverbund, unbenannte Zuwendungen, ehebedingte Zuwendungen, Verfahrenskostenhilfe
Rechtsmittelinstanz:
OLG Bamberg, Beschluss vom 18.09.2023 – 2 WF 150/23
Fundstelle:
BeckRS 2023, 26317
Tenor
Der Antrag des Antragsgegners vom 11.04.2022 auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe wird abgelehnt.
Gründe
1
Das vorliegende Verfahren wurde eingeleitet mit dem Antrag der Antragsstellerin vom 23.06.2020 auf vorzeitige Durchführung des Zugewinnausgleichs.
2
Im Termin vom 21.09.2020 im Scheidungsverfahren 7 F 1325 /17 wurde die Ehe der Beteiligten rechtskräftig geschieden, zugleich wurde die noch anhängige Folgesache Güterrecht vom Scheidungsverbund abgetrennt. In der Folgesache Zugewinn hat der Antragsgegner von der Antragstellerin die Zahlung von Zugewinnausgleich begehrt.
3
Auf übereinstimmenden Antrag der Verfahrensbevollmächtigten wurde mit Beschluss vom 27.10.2020 die abgetrennte Folgesache Güterrecht zum vorliegenden Verfahren (Antrag der Antragstellerin auf vorzeitige Durchführung des Zugewinnausgleichs) verbunden.
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Im Laufe des weiteren Verfahrens wurde Beweis erhoben durch Erholung eines Sachverständigengutachtens zum Wert der Immobilie nebst Grundstück der Antragsstellerin … .
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Die Antragsgegnervertreterin hat mit Schriftsatz vom 11.04.2022 beantragt, die dem Antragsgegner bewilligte Verfahrenskostenhilfe zu erstrecken auf folgenden beabsichtigten Hilfsantrag:
Sollte sich der vom Antragsgegner geltend gemachte Zugewinnausgleichsanspruch als unbegründet erweisen, wird hilfsweise beantragt,
Die Antragstellerin wird verurteilt, dem Antragsgegner 42.726,97 € zzgl. 5 Prozentpunkte über Basiszins ab Rechtshängigkeit zu bezahlen.
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Der Antragsgegner trägt vor: Mit seinem Hilfsantrag begehre er die Erstattung ehebedingter unbenannter Zuwendungen, die im Vermögen der Antragstellerin verblieben seien.
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Die Antragstellerin hat beantragt,
den Hilfsantrag kostenpflichtig abzuweisen.
8
Die Antragsstellerin trägt vor: Für schuldrechtliche Rückabwicklungsansprüche seien die güterrechtlichen Sonderregelungen über den Zugewinn grundsätzlich abschließend.
9
Unentgeltliche Zuwendungen unter Ehegatten kommen vor allem in Form der Übertragung von Vermögensgegenständen in Betracht. In bestimmten Fällen werden diese Zuwendungen nach der Rechtsprechung des BGH mangels Unentgeltlichkeit im Sinne der §§ 516 ff BGB nicht als Schenkungen, sondern als unbenannte Zuwendungen behandelt. Unbenannte Zuwendungen unter Ehegatten werden nicht unentgeltlich im Sinne der §§ 516 ff BGB erbracht, weil sie nach der übereinstimmenden Vorstellung der Ehegatten um der Ehe willen und als Beitrag zur Verwirklichung oder Ausgestaltung bzw. zur Erhaltung oder Sicherung der ehelichen Lebensgemeinschaft erbracht werden und darin ihre Geschäftsgrundlage haben.
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Eine Rückforderung nach Bereicherungsrecht scheidet aus, weil der Bewirkung der Zuwendung ein familienrechtlicher Vertrag zugrunde liegt, der mit dem Scheitern der Ehe nicht rückwirkend weggefallen ist. Aus diesem Grund ist die Zuwendung mit Rechtsgrund bewirkt worden.
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Ein Ausgleichsanspruch nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage kommt in der Regel nur bei Gütertrennung der Ehegatten in Betracht, da die Vorschriften über den Ausgleich des Zugewinns als Sonderbestimmungen den allgemeinen schuldrechtlichen Regeln, insbesondere über den Wegfall der Geschäftsgrundlage vorgehen. Übertragene Vermögenswerte werden dem Endvermögen des anderen Ehepartners hinzugerechnet. (BGH, Urteil vom 27.06. 2012, Aktenzeichen XII ZR47/09 in FamRZ 2012,17 8 9).
12
Ein Ausgleich nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage kommt nur ausnahmsweise dann in Betracht, wenn der Zugewinnausgleich nicht zu einem angemessenen Vermögensausgleich führt und die Aufrechterhaltung der durch ihre Zuwendung geschaffenen Vermögenslage schlechthin unangemessen und untragbar wäre. Hieran sind jedoch strenge Voraussetzungen zu knüpfen, die nach dem bisherigen Sachvortrag der Beteiligten nicht vorliegen.
13
Eine Rückforderung der ehebedingten Zuwendung wurde von den Beteiligten nicht ausdrücklich für den Fall der Scheidung vereinbart.
14
Der Hilfsantrag im vorliegenden Verfahren ist auch unzulässig. Es liegt eine – hinzuverbundeneabgetrennte Folgesache Zugewinn vor. Wie sich aus dem Katalog des § 137 Abs. 2 FamFG ergibt, können Ansprüche auf Rückforderung ehebedingter Zuwendungen nicht als Folgesache geltend gemacht werden. Dies muss auch für Hilfsanträge gelten.
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Die beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet keine hinreichende Aussicht auf Erfolg, § 113 Abs. 1 FamFG, § 114 ZPO.
16
Der Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe ist daher abzulehnen.-