Inhalt

VGH München, Beschluss v. 19.09.2023 – 8 CS 23.1085
Titel:

Fehlendes Rechtsschutzbedürfnis für die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung

Normenketten:
VwGO § 80 Abs. 5, § 146
BayVwVfG Art. 49 Abs. 2 S. 1 Nr. 3
LuftSiG § 7 Abs. 1a S. 1, S. 2 Nr. 1
Leitsätze:
1. Auch für eine Beschwerde gegen die abgelehnte Anordnung der aufschiebenden Wirkung ist ein Rechtsschutzbedürfnis erforderlich. Dieses fehlt, wenn der mit der Beschwerde verfolgte Zweck nicht mehr erreicht werden kann oder sich die Rechtsstellung des Beschwerdeführers nicht mehr verbessern kann. Maßgeblicher Zeitpunkt ist der der gerichtlichen Entscheidung. (Rn. 8) (redaktioneller Leitsatz)
2. Das Rechtsschutzbedürfnis für die positive Feststellung seiner luftsicherheitsrechtlichen Zuverlässigkeit fehlt dem Beschwerdeführer, wenn er eine Tätigkeit, die eine sicherheitsrechtliche Überprüfung nach § 7 LuftSiG voraussetzt, auf eigenen Wunsch hin nicht mehr ausübt. (Rn. 9) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Luftsicherheitsrechtliche Zuverlässigkeit, Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung, Unzulässige Beschwerde, Fehlendes Rechtsschutzbedürfnis bei Aufgabe der Arbeitsstelle
Vorinstanz:
VG Regensburg, Beschluss vom 31.05.2023 – RN 8 S 23.899
Fundstelle:
BeckRS 2023, 26280

Tenor

I. Die Beschwerde wird verworfen.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
1
Der Antragssteller begehrt die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen den Widerruf seiner luftsicherheitsrechtlichen Zuverlässigkeit.
2
Der Antragsteller arbeitete seit 1. Juli 2013 als Mitarbeiter in der Flugzeugabfertigung am Flughafen München. Die Zuverlässigkeit des Antragstellers wurde zuletzt am 6. November 2019 von der Regierung von Oberbayern festgestellt.
3
Mit Strafurteil des Amtsgerichts Kehlheim vom 26. April 2022 wurde der Antragsteller wegen versuchten Betrugs zu einer Geldstrafe in Höhe von 90 Tagessätzen zu je 65 EUR verurteilt.
4
Nach Anhörung des Antragstellers widerrief die Regierung von Oberbayern mit Bescheid vom 18. April 2023 die am 6. November 2019 getroffene Feststellung der Zuverlässigkeit des Antragstellers und entzog ihm die Zutrittsberechtigung zum Sicherheitsbereich des Flughafens München.
5
Der Antragsteller hat gegen diesen Bescheid am 17. Mai 2023 Klage zum Verwaltungsgericht Regensburg erhoben, über die noch nicht entschieden ist. Den am selben Tag eingegangenen Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage hat das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 31. Mai 2023 abgelehnt.
6
Mit der Beschwerde verfolgt der Antragsteller sein Rechtsschutzbegehren weiter und übersandte mit Schreiben vom 16. August 2023 ein Arbeitszeugnis vom 30. Juni 2023, aus dem hervorgeht, dass das Arbeitsverhältnis auf Wunsch des Antragstellers zum 30. Juni 2023 endete.
II.
7
1. Die vom Antragsteller eingelegte Beschwerde hat keinen Erfolg, weil sie unzulässig ist. Ihr fehlt das hierfür notwendige Rechtsschutzbedürfnis.
8
Auch für Beschwerden ist ein Rechtsschutzbedürfnis erforderlich. Dieses fehlt, wenn der mit der Beschwerde verfolgte Zweck nicht mehr erreicht werden kann oder sich die Rechtsstellung des Beschwerdeführers nicht mehr verbessern kann (vgl. BVerwG, B.v. 27.1.2022 – 9 VR 1.22 – juris Rn. 9; BayVGH, B.v. 2.2.2012 – 2 CS 11.2251 – BeckRS 2012, 52649 Rn. 1). Die gerichtliche Entscheidung darf also nicht von vornherein nutzlos sein (vgl. BVerwG, B.v. 25.4.2007 – 9 VR 4.07 – juris Rn. 3; BayVGH, B.v. 5.8.2020 – 8 CE 20.1374 – juris Rn. 17). Maßgeblicher Zeitpunkt ist der der gerichtlichen Entscheidung (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 146 Rn. 30).
9
Der Antragsteller bedarf für eine Tätigkeit als Mitarbeiter der Flugabfertigung einer positiven Feststellung seiner luftsicherheitsrechtlichen Zuverlässigkeit, da ihm zur Ausübung einer beruflichen Tätigkeit nicht nur gelegentlich Zugang zum Sicherheitsbereich des Flughafens München gewährt werden soll (§ 7 Abs. 6 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 LuftSiG). Die luftsicherheitsrechtliche Zuverlässigkeit nach § 7 Abs. 1a Satz 1 LuftSiG wurde dem Antragsteller zuletzt mit Bescheid vom 6. November 2019 bescheinigt und ihm der Zugang zum Sicherheitsbereich des Flughafens München gewährt. Nach dem Widerruf der Zuverlässigkeitsfeststellung mit Bescheid vom 18. April 2023 begehrt er nun im Verfahren des § 80 Abs. 5 VwGO im Ergebnis die vorläufige Feststellung seiner Zuverlässigkeit, um seine berufliche Tätigkeit weiter ausüben zu können. Denn ohne diese positive Feststellung darf er den Sicherheitsbereich des Müncher Flughafens nicht betreten mit der Folge, dass er seine Tätigkeit als Flugabfertiger nicht ausüben kann. Er beendete jedoch seinen Arbeitsvertrag auf eigenen Wunsch zum 30. Juni 2023 (vgl. GA Bl. 35). Eine anderweitige Tätigkeit, für die eine sicherheitsrechtliche Überprüfung nach § 7 LuftSiG erforderlich sein könnte, wurde weder vorgetragen noch glaubhaft gemacht. Soweit der Prozessbevollmächtigte ausführt, dass das Arbeitszeugnis im Hinblick auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses auf eigenen Wunsch falsch sei und der Antragsteller nicht gekündigt sei, ist hierfür nichts ersichtlich bzw. durch den Prozessbevollmächtigten glaubhaft gemacht. Da der Antragsteller seine Tätigkeit als Flugzeugabfertiger seit 1. Juli 2023 nicht mehr ausübt, kann er den mit der Beschwerde letztendlich verfolgten Zweck, diese berufliche Tätigkeit vorübergehend, bis zur Entscheidung in der Hauptsache fortsetzen zu können, nicht mehr erreichen.
10
Da die Beschwerde wegen fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig ist, kommt es auf die Frage ihrer Begründetheit nicht mehr an.
11
2. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO.
12
3. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 47 Abs. 1 Satz 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 und § 52 Abs. 1 GKG unter Orientierung an Nr. 26.5 i.V.m. 1.5 des Streitwertkatalogs 2013 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.
13
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).