Inhalt

VGH München, Beschluss v. 04.09.2023 – 4 ZB 23.1056
Titel:

Einbau von Wasserzählern mit Funkfunktion

Normenketten:
GO Art. 24 Abs. 4
GG Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1
DSGVO Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit. e, Art. 18 Abs. 1 lit. d, Art. 21 Abs. 1
Leitsatz:
In der Zulassung elektronischer Wasserzähler mit Funkfunktion durch den Gesetzgeber liegt weder eine Verletzung des Wohnungsgrundrechts noch ein unzulässiger Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung. (Rn. 17) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Duldungsanordnung des kommunalen Wasserversorgers, Einbau eines fernauslesbaren Wasserzählers, Verbrauchserfassung als Verarbeitung personenbezogener Daten, Verpflichtung zum Schutz vor unbefugtem Zugriff Dritter, Möglichkeit alternativer Verfahren der Verbrauchserfassung, landesgesetzliches und unionsrechtliches Widerspruchsrecht, informationelle Selbstbestimmung
Vorinstanz:
VG Bayreuth, Urteil vom 29.03.2023 – B 4 K 21.694
Rechtsmittelinstanz:
VGH München, Beschluss vom 03.11.2023 – 4 ZB 23.1741
Fundstelle:
BeckRS 2023, 26263

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Die Kläger tragen die Kosten des Zulassungsverfahrens als Gesamtschuldner.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
1
Die Kläger wenden sich gegen die Verpflichtung, dem Beklagten zur Überprüfung und zum Austausch des Wasserzählers Zugang zu diesem zu gewähren und hierzu das Betreten ihres Anwesens zu dulden, sowie gegen begleitende Verfügungen.
2
Die Kläger sind Miteigentümer eines Hausgrundstücks mit zwei Wohneinheiten, das sie mit ihren beiden Kindern und mit den Eltern der Klägerin zu 1 bewohnen. Der in dem Wohnhaus befindliche Wasserzähler, der den Gesamtverbrauch des Anwesens erfasst, wurde am 24. März 2014 eingebaut; seine Eichgültigkeit betrug sechs Jahre.
3
Der Beklagte, ein kommunaler Zweckverband, betreibt auf der Grundlage einer Wasserabgabesatzung (WAS) eine öffentliche Wasserversorgungseinrichtung. Sein Verbandsausschuss beschloss am 6. November 2019, ab 2021 im Zuge des turnusmäßigen Austauschs der Wasserzähler elektronische Wasserzähler mit Funkmodul einzubauen.
4
Nachdem der Beklagte die Klägerin zu 1 über den wegen Ablaufs der Eichfrist erforderlichen Austausch des Wasserzählers gegen einen elektronischen Wasserzähler mit Fernauslesung informiert hatte, verweigerte die Klägerin zu 1 einem Mitarbeiter des Beklagten den Zugang zum Wasserzähler, da sie den Einbau eines elektronischen Wasserzählers ablehne. Mit Schreiben ihrer Bevollmächtigten wandten sich die Kläger gegen einen vom Beklagten vorgesehenen Einbautermin und widersprachen zugleich nach Art. 21 Abs. 1 DSGVO dem Einbau eines solchen Wasserzählers mit Funkmodul.
5
Mit Bescheid vom 12. Mai 2021 verpflichtete der Beklagte die Kläger, einem Beauftragten des Beklagten am 9. Juni 2021 um 10:00 Uhr zur Überprüfung und erforderlichenfalls zum Austausch ihres Wasserzählers Zugang zu diesem zu gewähren und hierzu das Betreten ihres Grundstücks, ihres Wohnhauses und ihrer Wohnräume im erforderlichen Umfang zu dulden (Nr. 1). Mit dem Bescheid wurde die sofortige Vollziehung der Nr. 1 angeordnet (Nr. 2). Für den Fall der Nichterfüllung der unter Nr. 1 festgelegten Duldungspflicht wurde bestimmt, dass in der Person des Zuwiderhandelnden ein Zwangsgeld in Höhe von 150 Euro zur Zahlung fällig werde (Nr. 3). Die Kosten des Verfahrens wurden den Klägern auferlegt (Nr. 4); für den Bescheid wurden eine Gebühr von 80 Euro festgesetzt sowie Auslagen von 5,66 Euro erhoben (Nr. 5). Zur Begründung wurde u.a. ausgeführt, die gesetzlichen Voraussetzungen für ein Widerspruchsrecht lägen nicht vor.
6
Nachdem den Mitarbeitern des Beklagten an dem festgesetzten Termin der Zutritt verweigert worden war, ließen die Kläger am übernächsten Tag Klage gegen den Bescheid erheben mit dem Antrag, die Ziffern 1 und 3 bis 5 des Bescheids vom 12. Mai 2021 aufzuheben, soweit es um den Einbau eines elektronischen Wasserzählers mit Funkfunktion gehe, hilfsweise festzustellen, dass die Ziffern 1 und 3 bis 5 des Bescheids vom 12. Mai 2021 rechtswidrig gewesen seien, soweit es um den Einbau eines elektronischen Wasserzählers mit Funkfunktion gegangen sei.
7
Die Beklagte beantragte Klageabweisung. Mit weiterem Schreiben vom 15. Juli 2021 wies sie den Widerspruch der Kläger nach Art. 21 Abs. 1 DSGVO gegen den Betrieb eines elektronischen Wasserzählers mit Funkmodul zurück.
8
Einen von den Klägern gestellten Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes (Az. B 4 S 21.693) lehnte das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 4. August 2021 ab; die dagegen eingelegte Beschwerde wies der Bayerische Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 7. März 2022 zurück (Az. 4 CS 21.2254).
9
Mit Urteil vom 29. März 2023 wies das Verwaltungsgericht die Klage ab. Die Verfügung in Nr. 1 des Bescheids basiere auf § 25 Abs. 1 der Satzung über die öffentliche Wasserversorgungseinrichtung des Zweckverbands (Wasserabgabesatzung – WAS), die auf Art. 22 Abs. 2 KommZG, Art. 24 GO beruhe. Der Beschluss des Verbandsausschusses zum Einbau von elektronischen Wasserzählern mit Funkmodul habe in § 19a WAS Niederschlag gefunden, der auf der speziellen Ermächtigungsgrundlage des Art. 24 Abs. 4 Satz 1 GO beruhe. Der Einbau solcher Wasserzähler mit aktiviertem Funkmodul verstoße weder gegen das Recht auf informationelle Selbstbestimmung aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG bzw. Art. 100, 101 BV noch gegen Bestimmungen der Datenschutz-Grundverordnung.
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Gegen das Urteil ließen die Kläger mit einem laut Prüfvermerk am 7. Juni 2023 um 23:23 Uhr als elektronisches Dokument übermittelten Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten einen Antrag auf Zulassung der Berufung stellen.
11
Der Beklagte tritt dem Zulassungsantrag entgegen.
12
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten verwiesen.
II.
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1. Der Antrag auf Zulassung der Berufung bleibt ohne Erfolg, da keiner der geltend gemachten Zulassungsgründe vorliegt.
14
a) Es bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Die Kläger haben keinen einzelnen tragenden Rechtssatz und keine erhebliche Tatsachenfeststellung des Verwaltungsgerichts mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt (zu diesem Maßstab BVerfG, B.v. 18.6.2019 – 1 BvR 587/17 – BVerfGE 151, 173 Rn. 32 m.w.N.).
15
aa) Die Kläger tragen vor, durch die angefochtene Verfügung würden ihre Grundrechte auf informationelle Selbstbestimmung und auf Unverletzlichkeit der Wohnung verletzt. An der Personenbezogenheit der Daten ändere der Umstand nichts, dass in dem Wohnhaus, verteilt auf zwei Wohneinheiten, sechs Personen in familiärer Lebensgemeinschaft lebten. Die Verbrauchserfassung könne mit größeren Funkintervallen oder durch eine völlig andere Technik erfolgen; der Grundsatz der Datensparsamkeit werde verletzt. Nach den Erläuterungen des Beklagten sei nicht erkennbar, weshalb ein andauerndes Funken erforderlich sei, um einmal jährlich eine Abrechnung vorzunehmen. Die anlasslose vorsorgliche Speicherung von Daten sei mit europäischem Recht und mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts unvereinbar. Es existiere ein anderes technisches System, das unter Zuhilfenahme des Mobilfunknetzes die Daten ohne Befahrung und erst bei Bedarf abgreife. Die dauernde Überwachung des Verbrauchs per Funk sei durch die Ermächtigung zum Erlass der Abgabensatzung nicht gedeckt. Es bestünden datenschonendere, z.B. kabelgebundene oder von den Nutzern selbst zu aktivierende technische Alternativen, die auch verhältnismäßig seien, da die Kläger ihrer Pflicht zur Übermittlung der Zählerstände immer zeitnah nachgekommen seien. Da es sich nicht um seitens des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) zertifizierte Geräte handle, sei eine Manipulation nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen. Es sei allgemein bekannt, dass die Schlüssel im Handel einschließlich des Internets leicht erhältlich seien; auch ein Missbrauch durch Mitarbeiter des Beklagten sei nicht ausgeschlossen. Bei Besitz des Schlüssels könne sowohl die Anwesenheit festgestellt als auch die konkrete Bezugsmenge des Wassers ausgelesen werden. Die Erhebung von Daten zur Lokalisierung von Leckagen könne auch per Videobefahrung der öffentlichen Kanäle erfolgen. Wegen der nur einmal jährlich erfolgenden Funkablesung würden Undichtigkeiten ohnehin erst nach Monaten erfasst, so dass sich die Funkfunktion damit nicht rechtfertigen lasse. Das Verwaltungsgericht sei auch zu Unrecht davon ausgegangen, dass es sich im Sinne von Art. 24 Abs. 4 Satz 7 GO um einen Anschluss mehrerer Einheiten an einen Zähler handle. Erst eine Mindestzahl von Bewohnern an einem gemeinsamen Zähler lasse den Personenbezug entfallen; dies sei unabhängig von der Zahl der Wohneinheiten zu klären. Die Verfügung sei auch ermessensfehlerhaft, da die Androhung eines Zwangsgelds außer Verhältnis stehe zum Zweck der Ablesung, der sich die Kläger zu keiner Zeit verweigert hätten. Die Verfügung habe überdies nicht ergehen dürfen, ehe über den Widerspruch der Kläger nach Art. 21 Abs. 1 DSGVO entschieden worden sei.
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bb) Diese Ausführungen sind nicht geeignet, ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils zu begründen.
17
(1) In dem vom Gesetzgeber nach Art. 24 Abs. 4 GO unter bestimmten Voraussetzungen ausdrücklich zugelassenen Einsatz von elektronischen Wasserzählern mit Funkfunktion liegt entgegen dem Vorbringen der Kläger weder eine Verletzung des Wohnungsgrundrechts (vgl. BayVerfGH, E.v. 26.4.2022 – Vf. 5-VII-19 – BayVBl 2022, 475 Rn. 64 ff.) noch ein unzulässiger Eingriff in das grundrechtlich geschützte Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Zwar können die mit solchen (Funk-)Wasserzählern erfassten Verbrauchsmengen – ebenso wie die mit herkömmlichen Zählern erfassten Mengen – personenbezogene Daten der Bewohner des betreffenden Anwesens darstellen, wenn und soweit sich daraus Rückschlüsse auf das individuelle Verbrauchsverhalten einzelner Personen ziehen lassen (vgl. BayVGH, B.v. 7.3.2022 – 4 CS 21.2254 – BayVBl 2022, 412 Rn. 27 m.w.N.). Selbst bei gemeinsamer Nutzung durch mehrere Personen lassen sich, wenn der Wasserverbrauch kontinuierlich aufgezeichnet wird, unter Umständen mit nur geringem Zusatzwissen Rückschlüsse auf die Verbrauchsgewohnheiten Einzelner ziehen (vgl. Schweizerisches Bundesgericht, U.v. 5.1.2021 – 1C_273/2020 – EuGRZ 2021, 228 juris Rn. 36). Die demnach jedenfalls in bestimmten Fallkonstellationen vorliegende Verarbeitung personenbezogener Daten im Sinne von Art. 4 Nr. 2 DSGVO ist jedoch – auch ohne Einwilligung nach Art. 4 Nr. 11 DSGVO – gemäß Art. 6 Abs. 1 Satz 1 Buchst. e DSGVO rechtmäßig, wenn sie für die Wahrnehmung einer im öffentlichen Interesse liegenden Aufgabe wie z.B. der Trinkwasserversorgung erforderlich ist. Die dafür nach Art. 6 Abs. 3 Satz 1 Buchst. b DSGVO notwendige Rechtsgrundlage hat der bayerische Gesetzgeber mit der in Art. 24 Abs. 4 Satz 1 GO enthaltenen Sonderregelung zum Einsatz und Betrieb derartiger Wasserzähler geschaffen (vgl. LT-Drs. 17/19628 S. 56).
18
Die genannte Satzungsermächtigung, die für Wasserversorgungseinrichtungen mit Anschluss- und Benutzungszwang gilt, genügt den unionsrechtlichen Vorgaben des Art. 6 Abs. 1 Satz 1 Buchst. e DSGVO ebenso wie den verfassungsrechtlichen Anforderungen an Eingriffe in das nach Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG geschützte Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Der mit der Verarbeitung personenbezogener Daten verbundene Rechtseingriff verfolgt einen legitimen Zweck. Die aus Gründen des öffentlichen Wohls betriebenen Wasserversorgungseinrichtungen (Art. 24 Abs. 1 Nr. 2 GO) erfüllen mit dem Betrieb von Wasserzählern ihre aus § 18 Abs. 1 und 2, § 35 AVBWasserV (V.v. 20.6.1980, BGBl I S. 750) folgende Verpflichtung, die von den Kunden verbrauchten Wassermengen mittels funktionierender Messeinrichtungen festzustellen.
19
(2) Den Einrichtungsträgern ist der Einsatz elektronischer Verbrauchserfassungsgeräte mit Fernauslesung nicht deshalb verwehrt, weil diese keiner Zertifizierung durch das BSI bedürfen. Die Wasserversorger sind unabhängig davon für die Einhaltung der allgemeinen Sicherheitsanforderungen nach Art. 5 Abs. 1 Buchst. f, Art. 32 DSGVO verantwortlich. Sie müssen sich daher vor dem Einsatz elektronischer Funkwasserzähler vergewissern, dass die gespeicherten und übermittelten Daten durch geeignete technisch-organisatorische Maßnahmen ausreichend vor dem Zugriff unberechtigter Dritter geschützt sind (LT-Drs. 17/19804 S. 2). Dass die notwendige Sicherheit vor einem unbefugten Zugriff Dritter speziell bei den vom Beklagten eingesetzten Geräten nicht gewährleistet wäre, haben die Kläger nicht nachvollziehbar dargelegt. Ihre Behauptung, die zur Dekodierung der Ablesedaten auf den Lesegeräten benötigten individuellen Schlüssel für jeden der Zähler seien im Handel bzw. im Internet leicht erhältlich, haben sie durch nichts belegt; für ein solches Leerlaufen der aufwändigen Verschlüsselungstechnik bestehen auch im Übrigen keinerlei Anhaltspunkte. Inwiefern eine nicht nur theoretische Gefahr des Missbrauchs der erhobenen Daten durch Mitarbeiter des Beklagten bestehen soll, haben die Kläger ebenfalls nicht näher erläutert; es ist im Übrigen nicht ersichtlich, inwiefern sich daraus gerade ein Argument gegen die Verwendung eines digitalen anstelle eines analogen Wasserzählers ergeben soll.
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Die Umstellung von den nur vor Ort ablesbaren analogen Wasserzählern auf fernablesbare Geräte, mit denen neben dem Wasserverbrauch weitere Informationen wie etwa der Wasserdurchfluss oder die Wassertemperatur elektronisch erfasst, gespeichert und übermittelt werden können, ist zur effizienten und ressourcenschonenden Erfüllung der öffentlichen Versorgungsaufgabe geeignet. Sie dient insbesondere dazu, den Personalaufwand für eine genaue Verbrauchsermittlung zu vermindern und technische Defekte, die zu Undichtigkeiten im Leitungsnetz oder zu Gefahren für die Trinkwasserhygiene führen können, früher und zielgenauer zu erkennen (BayVGH, B.v. 7.3.2022, a.a.O., Rn. 31 m.w.N.). Nach Art. 24 Abs. 4 Satz 2 GO dürfen in einem elektronischen Wasserzähler nur Daten gespeichert und verarbeitet werden, die zur Erfüllung der Pflichtaufgabe der Wasserversorgung und zur Gewährleistung der Betriebssicherheit und Hygiene der gesamten Wasserversorgungseinrichtung erforderlich sind. Entgegen der Einschätzung der Kläger handelt es sich somit nicht um eine – nach Unions- und Verfassungsrecht unzulässige – anlasslose vorsorgliche Speicherung von Daten.
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(3) Nicht zu folgen ist auch dem Einwand, die Verbrauchserfassung könne mit größeren Funkintervallen oder durch eine völlig andere Technik erfolgen; zur Lokalisierung von Leckagen genüge eine Videobefahrung der öffentlichen Kanäle. Wie der Beklagte nachvollziehbar dargelegt hat, würde eine Verlängerung der Funkintervalle bei 9.000 betroffenen Wasserzählern eine Befahrung der Anliegerstraßen unmöglich machen, da die Funkzeiten der Wasserzähler innerhalb der Ableserouten aufeinander abgestimmt werden müssten. Kurze Funkintervalle sind darüber hinaus zur schnellen Lokalisierung von Schäden im Rahmen anlassbezogener Zwischenablesungen nach Art. 24 Abs. 4 Satz 3 Nr. 2 GO erforderlich; Undichtigkeiten können damit sofort und nicht etwa erst anlässlich der jährlichen Verbrauchsablesung festgestellt werden. Dass mögliche Schäden im Wasserleitungsnetz durch die von den Klägern als Alternative genannten Videobefahrungen der öffentlichen (Abwasser-)Kanäle nicht ebenso gut ermittelt werden können, versteht sich von selbst.
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Wie das Verwaltungsgericht überzeugend dargelegt hat, kann der Beklagte zur Erreichung seiner Ziele nicht auf ein ebenso effektives, aber weniger eingriffsintensives Verfahren der Verbrauchserfassung und technischen Kontrolle verwiesen werden. Bidirektionale Geräte, die erst durch eine Ansteuerung von außen („on demand“) zur Versendung von Datenpaketen veranlasst werden, sind zur Anzeige von Störungen im Leitungsnetz weniger geeignet und bergen darüber hinaus zusätzlichen Risiken hinsichtlich der Datensicherheit. Ähnliches gilt für Funkmodule, die nur von den Anschlussnehmern aktiviert werden können. Da somit keine gleichwertige und praktikable Alternative zu den vom Beklagten verwendeten Geräten erkennbar ist, wird damit auch nicht gegen das unionsrechtliche Gebot der Datensparsamkeit bzw. Datenminimierung (Art. 5 Abs. 1 Buchst. c DSGVO) verstoßen.
23
(4) Das Verwaltungsgericht hat zu Recht angenommen, dass die Kläger nicht von dem landesgesetzlichen Widerspruchsrecht nach Art. 24 Abs. 4 Satz 5 bis 7 GO Gebrauch machen konnten. Ein solches Widerspruchsrecht besteht nach Art. 24 Abs. 5 Satz 7 GO nicht, soweit in einem versorgten Objekt mehrere Einheiten einen gemeinsamen Wasserzähler haben. Dass dies zum maßgeblichen Zeitpunkt des angegriffenen Bescheids der Fall war, hat das Verwaltungsgericht unter Bezugnahme auf die Angaben der Klägerin zu 1 in der mündlichen Verhandlung und auf das an den Wohnungen bestehende Sondereigentum nachvollziehbar dargelegt. Die Annahme der Kläger, anstelle der Zahl der Wohneinheiten komme es auf die Zahl der über einen gemeinsamen Zähler versorgten Bewohner an, findet im Gesetzeswortlaut keine Stütze. Maßgebend dafür, ob „mehrere Einheiten“ vorliegen, sind auch nicht die – häufigeren Veränderungen unterliegenden und von Außenstehenden kaum nachprüfbaren – individuellen Nutzungsverhältnisse, sondern allein die bauliche Situation (vgl. BayVGH, B.v. 07.03.2022 – 4 CS 21.2254 – Rn. 35).
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Der Umstand, dass über den von den Klägern (zusätzlich) erhobenen Widerspruch nach Art. 21 DSGVO bei Erlass des angegriffenen Bescheids noch nicht entschieden worden war, steht dessen Rechtmäßigkeit ebenfalls nicht entgegen. Die angegriffene Anordnung betraf nur die Verpflichtung, das Betreten des Anwesens der Kläger und den Austausch des Wasserzählers zu dulden. Das Widerspruchsrecht nach Art. 21 Abs. 1 DSGVO bezieht sich dagegen auf eine Verarbeitung personenbezogener Daten des Widersprechenden; bloße Vorbereitungsmaßnahmen wie die Installation technischer Einrichtungen werden davon nicht erfasst. Einem eingelegten und noch nicht verbeschiedenen Widerspruch kommt im Hinblick auf die betreffende Datenverarbeitung auch kein gesetzlicher Suspensiveffekt zu; es obliegt daher dem Betroffenen, gegebenenfalls zur Durchsetzung seines Anspruchs aus Art. 18 Abs. 1 Buchst. d DSGVO einstweiligen gerichtlichen Rechtsschutz in Anspruch zu nehmen.
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(5) Die angegriffene Verfügung, mit der für den Fall der Nichtbefolgung ein Zwangsgeld angedroht wurde, war entgegen dem Vortrag der Kläger auch nicht deshalb ermessensfehlerhaft, weil die Kläger sich einer Ablesung ihres Wasserverbrauchs zu keinem Zeitpunkt verweigert hätten. Gegenstand der Anordnung war nicht eine Zählerablesung, sondern die Gewährung des Zugangs zu den Räumlichkeiten, in denen sich der Wasserzähler befand, sowie die Duldung des Austauschs durch einen fernablesbaren elektronischen Zähler. Dass zur Erzwingung dieses rechtlich gebotenen Verhaltens ein weniger belastendes Mittel als die Zwangsgeldandrohung in Betracht gekommen wäre oder das Zwangsgeld von 150 Euro unangemessen hoch gewesen wäre, ist nicht ersichtlich.
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b) Die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts ist auch nicht deshalb zuzulassen, weil die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweisen würde (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO).
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Die von den Klägern nur allgemein bezeichneten „Beweislastfragen hinsichtlich des Widerspruchs nach Art. 21 Abs. 1 DSGVO“ können sich im vorliegenden Fall schon deshalb nicht stellen, weil sich das genannte Widerspruchsrecht, wie oben dargelegt, nur auf die nicht streitgegenständliche Verarbeitung personenbezogener Daten bezieht. Die Entscheidung über den Widerspruch ist im Übrigen nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens, so dass es auf eine den Beklagten treffende Darlegungslast nicht ankommt.
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Weitgehend unsubstantiiert ist der Einwand der Kläger, die Entscheidung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs vom 24. April 2022 (BayVBl 2022, 475), mit der ein Popularklageantrag zu Art. 24 Abs. 4 GO abgewiesen wurde, lasse noch Spielräume bzw. enthalte einfachgesetzlichen Klärungsbedarf. Soweit in diesem Zusammenhang (erneut) die Frage aufgeworfen wird, ab welcher Personenzahl in einem Haushalt eine Reanonymisierung nicht mehr möglich sei, wird übersehen, dass die gesetzlichen und satzungsrechtlichen Grundlagen für den Einbau fernauslesbarer Wasserzähler gerade nicht verlangen, dass es in keinem Fall zu einer Erhebung oder Verarbeitung personenbezogener Daten kommen kann.
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Die Behauptung der Kläger, es sei nicht geklärt, wie lange die erhobenen Daten lokal gespeichert werden dürften, ist ersichtlich unzutreffend. Die Wasserabgabesatzung des Beklagten enthält dazu vielmehr in § 19a Abs. 2 Satz 2 genaue Fristvorgaben.
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2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 i.V.m. § 159 Satz 2 VwGO; die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 3, § 52 Abs. 2 GKG.
31
Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Antrags wird die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).