Titel:
Zuwendungsrecht, Antragsberechtigung (verneint), Erbringung von Wirtschaftsdienstleistungen
Normenketten:
GG Art. 3 Abs. 1
BV Art. 118 Abs. 1
Richtlinie für die Gewährung von außerordentlicher Wirtschaftshilfe des Bundes für Dezember 2020 (Dezemberhilfe)
Schlagworte:
Zuwendungsrecht, Antragsberechtigung (verneint), Erbringung von Wirtschaftsdienstleistungen
Fundstelle:
BeckRS 2023, 2625
Tenor
I.Die Klage wird abgewiesen.
II.Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
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Die Klägerin, die Wirtschaftsdienstleistungen insbesondere für öffentliche bzw. öffentlich geförderte Einrichtungen erbringt, begehrt unter Aufhebung eines AblehnungsAufhebungs- und Rückforderungsbescheids der Beklagten, den diese im Vollzug der Richtlinien für die Gewährung von außerordentlicher Wirtschaftshilfe des Bundes für Dezember 2020 (Dezemberhilfe) erlassen hat, deren Verpflichtung zur Zuwendungsgewährung.
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Unter dem 21. April 2021 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Gewährung von Dezemberhilfe. Sie bezifferte dabei deren voraussichtliche Höhe mit 39.859,41 EUR. Sie sei als allgemeine Schreib- und Sekretariatsdienstleisterin über die allgemeine öffentliche Verwaltung indirekt betroffen. Mit Bescheid vom 29. April 2021 erhielt die Klägerin eine Abschlagszahlung auf die Dezemberhilfe in Höhe von 19.929,71 EUR.
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Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 17. August 2021 lehnte die Beklagte nach vorheriger Anhörung den Zuwendungsantrag ab, nahm den Bescheid über die Gewährung der Abschlagszahlung zurück und ordnete die verzinsliche Erstattung der ausgezahlten Abschlagszahlung unter Fristsetzung an. Durch die Schließungsanordnungen aufgrund der Bund-Länder-Beschlüsse vom 28. Oktober 2020, 25. November 2020 und 2. Dezember 2020 sei den Betroffenen nicht untersagt gewesen, weiterhin Dienstreisen durchzuführen. Reisen zu beruflichen geschäftlichen Zwecken seien durch die Schließungsanordnungen gerade nicht betroffen, vielmehr weiterhin erlaubt gewesen. Dass in Zeiten des Lockdowns weniger Dienstreisen stattfänden, sei nicht den Schließungsanordnungen infolge der o.g. Beschlüsse geschuldet.
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Am 17. September 2021 ließ die Klägerin durch ihre Bevollmächtigten Klage erheben. Beantragt wird,
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den Bescheid vom 17. August 2021 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihr die beantragte Zuwendung (Dezemberhilfe) zu gewähren und auszuzahlen.
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Zur Begründung wird mit Schriftsatz vom 13. Dezember 2021 im Wesentlichen ausgeführt, bei den Klienten der Klägerin handele es sich derzeit ausschließlich um verschiedene Forschungseinrichtungen (vgl. Anlage K3). Diese von der Klägerin betreuten wissenschaftlichen Institute seien von Bund und den Ländern geförderte Zuwendungsempfänger, sodass sie den entsprechenden Verwaltungsvorschriften und Anweisungen unterlägen. Dienstreisen mögen zwar nicht gänzlich untersagt gewesen sein, die von Steuergeldern finanzierten Forschungseinrichtungen hätten sich allerdings an die Anordnungsempfehlungen ihrer Zuwendungsgeber sowie der oberen Behörden zu halten gehabt. Die dienstrechtliche Fürsorgepflicht ergebe einen gänzlich anderen Umgang mit Dienstreisen. Sämtliche Kunden der Klägerin hätten sich in dieser Beziehung gleich verhalten. Die Dienstreisen seien nahezu auf Null heruntergefahren gewesen, was den drastischen Umsatzeinbruch der Klägerin zur Folge gehabt habe. Die Verlautbarungen in den Bund-Länder-Beschlüssen sein möglicherweise nicht ausdrücklich auf die Auftraggeber der Klägerin zugeschnitten gewesen, allerdings sei durch die gewollte Reduzierung bis hin zur Einstellung von Dienstreisen der exorbitante Umsatzeinbruch zustande gekommen. Zudem seien Dienstreisen auch faktisch nicht mehr möglich gewesen, da es Beschränkungen bei Auslandsreisen gegeben habe, Hotels und Restaurants trotzdem geschlossen gewesen seien und Beförderungsmittel auch nur sehr eingeschränkt zur Verfügung gestanden hätten. Es treffe daher nicht zu, dass die Klägerin durch die Schließungen nicht indirekt betroffen gewesen sei. Die Tätigkeit der Forschungsunternehmen sei im Hinblick auf die Dienstreisen durch die entsprechenden behördlichen Erlasse faktisch unmöglich gewesen. Insoweit erscheine es willkürlich, wenn die Beklagte danach zu differenzieren versuche, dass die Klägerin deshalb nicht in den Genuss der streitgegenständlichen Förderung komme, weil die Unternehmen, für die die Klägerin ihre Leistungen erbringe, nicht komplett geschlossen gewesen, sondern nur die Teilbetriebe „Dienstreisen“ durch die pandemiebedingten Einschränkungen nahezu unmöglich gewesen seien. Ohne die Durchführung von Dienstreisen sei es der Klägerin schlicht unmöglich gewesen, hierfür Abrechnungsleistungen zu erbringen. Jedenfalls sei ein Härtefall gegeben, der unberücksichtigt geblieben sei.
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Sie verteidigt den Bescheid durch ihre Bevollmächtigten mit Schriftsatz vom 28. Oktober 2021. Die Klage sei unbegründet, die Klägerin sei nicht indirekt betroffen. Die Voraussetzungen nach Nr. 2.1 Satz 1 Buchst. b Unterbuchst. bb. der Zuwendungsrichtlinie lägen nicht vor. Dienstreisen seien durch die auf Grundlage der Bund-Länder-Beschlüsse vom 28. Oktober 2020, 25. November 2020 und 2. Dezember 2020 ergangenen landesrechtlichen Bestimmungen nicht untersagt gewesen. Nach Nr. 4 des Bund-Länder-Beschlusses vom 28. Oktober 2020 habe lediglich eine Aufforderung bestanden, generell auf nicht notwendige Reisen zu verzichten. Ein hoheitlich angeordnetes Reiseverbot habe weder für private Reisen noch für Dienstreisen gegolten. Hotelbetrieben sei es gestattet gewesen, Übernachtungsangebote für notwendige berufliche und geschäftliche Zwecke zur Verfügung zu stellen. Auch mit dem Rundschreiben des Bundesministeriums des Innern vom 12. November 2020 sei keine Untersagung von Dienstreisen verbunden gewesen. Vielmehr handele es sich um eine Empfehlung, auf nicht erforderliche Dienstreisen zu verzichten. Selbst wenn man dieses Schreiben als Untersagungsverfügung werte, ergäbe sich daraus keine Förderberechtigung, denn es handele sich dabei nicht um eine Schließungsanordnung, die auf der Grundlage der vorgenannten Beschlüsse ergangen sei. Schließlich erziele die Klägerin nach den im Zuwendungsverfahren gemachten Angaben auch nicht 80% ihrer Umsätze mit von Schließung betroffenen Unternehmen, sondern ausschließlich mit öffentlichen Einrichtungen. Umsätze mit Privatkunden und öffentlichen Einrichtungen fänden nach der maßgeblichen Verwaltungspraxis der Beklagten zur November- und Dezemberhilfe indes keine Berücksichtigung. Die Rücknahme des Bescheids über die Abschlagszahlung und die verzinsliche Rückzahlungsverfügung sei schließlich ebenfalls ordnungsgemäß ergangen.
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Mit Beschluss vom 6. Dezember 2022 wurde der Rechtsstreit zur Entscheidung auf den Einzelrichter übertragen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der vorgelegten Behördenakte in diesem sowie im Verfahren zur Novemberhilfe M 31 K 22.1711 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Klage bleibt in der Sache ohne Erfolg. Sie ist unbegründet.
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Die Klägerin hat gegen die Beklagte den von ihr geltend gemachten Anspruch, gerichtet auf Gewährung und Auszahlung der Dezemberhilfe aufgrund ihres Zuwendungsantrags vom 21. April 2021, nicht inne (§ 113 Abs. 5 VwGO). Vielmehr erweist sich die Ablehnung des Zuwendungsantrages in Nr. 1 des angefochtenen Bescheids vom 17. August 2021 als rechtmäßig (nachfolgend unter 1.). Auch hat die Klägerin keinen Anspruch auf Aufhebung der Rücknahme- und Rückforderungsanordnungen in Nrn. 2 bis 4 des streitbefangenen Bescheids, da sich auch diese als rechtmäßig erweisen und die Klägerin nicht in ihren Rechten verletzen (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO; dazu nachfolgend unter 2.).
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1. Eine Rechtsnorm, die einen Anspruch der Klägerin auf Bewilligung der beantragten Zuwendung begründet, existiert nicht. Vielmehr erfolgt die Zuwendung auf der Grundlage der einschlägigen Förderrichtlinie im billigen Ermessen der Behörde unter Beachtung des Haushaltsrechts (Art. 23, 44 BayHO). Ein Rechtsanspruch besteht danach nur ausnahmsweise, insbesondere aus dem Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG, Art. 118 Abs. 1 BV) durch eine Selbstbindung der Verwaltung aufgrund einer ständigen Verwaltungspraxis.
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Der Norm- und der mit ihm insoweit gleichzusetzende Richtliniengeber (vgl. BVerwG, U.v. 14.3.2018 – 10 C 1/17 – juris Rn. 18; U.v. 24.4.1987 – 7 C 24.85 – juris Rn. 12) ist zunächst bei der Entscheidung darüber, welcher Personenkreis durch freiwillige finanzielle Zuwendungen des Staates gefördert werden soll, weitgehend frei. Zwar darf der Staat seine Leistungen nicht nach unsachlichen Gesichtspunkten, also nicht willkürlich verteilen. Subventionen müssen sich vielmehr gemeinwohlbezogen rechtfertigen lassen, sollen sie vor dem Gleichheitssatz Bestand haben. Sachbezogene Gesichtspunkte stehen jedoch dem Norm- und Richtliniengeber in sehr weitem Umfang zu Gebote; solange die Regelung sich auf eine der Lebenserfahrung nicht geradezu widersprechende Würdigung der jeweiligen Lebensverhältnisse stützt, insbesondere der Kreis der von der Maßnahme Begünstigten sachgerecht abgegrenzt ist, kann sie verfassungsrechtlich nicht beanstandet werden (stRspr; vgl. z.B. BVerfG, U.v. 20.4.2004 – 1 BvR 905/00, 1 BvR 1748/99 – juris Rn. 61; ebenso etwa Wollenschläger, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, 7. Aufl. 2018, Art. 3 Rn. 255).
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Sind die Fördervoraussetzungen – wie hier – zulässigerweise in Förderrichtlinien geregelt, so müssen diese von der zuständigen Bewilligungsbehörde gleichmäßig (Art. 3 Abs. 1 GG, Art. 118 Abs. 1 BV), im Einklang mit Art. 23 und Art. 44 BayHO, ohne Verstoß gegen andere einschlägige Rechtsvorschriften und gemäß dem Förderzweck angewendet werden, wie dieser in den selbst gegebenen Richtlinien zum Ausdruck kommt. Die Verwaltungsgerichte haben sich auf die Prüfung zu beschränken, ob bei der Anwendung einer solchen Richtlinie im Einzelfall der Gleichheitssatz verletzt worden ist oder ein sonstiger Verstoß gegen einschlägige materielle Rechtsvorschriften vorliegt. Entscheidend ist daher allein, wie die zuständige Behörde die Richtlinie im maßgeblichen Zeitpunkt in ständiger, zu einer Selbstbindung führenden Verwaltungspraxis gehandhabt hat und in welchem Umfang sie infolgedessen an den Gleichheitssatz gebunden ist. Dabei darf eine solche Richtlinie nicht – wie Gesetze oder Rechtsverordnungen – gerichtlich ausgelegt werden, sondern sie dient nur dazu, eine dem Grundsatz der Gleichbehandlung entsprechende Ermessensausübung der Behörde zu gewährleisten (aktuell z.B. BayVGH, B.v. 31.3.2022 – 6 ZB 21.2933 – juris Rn. 7; B.v. 8.11.2021 – 6 ZB 21.2023 – juris Rn. 6; vgl. ferner BVerwG, U.v. 16.6.2015 – 10 C 15.14 – juris Rn. 24; B.v. 11.11.2008 – 7 B 38.08 – juris Rn. 9; BayVGH, U.v. 11.10.2019 – 22 B 19.840 – juris Rn. 26 m.w.N.; B.v. 9.3.2020 – 6 ZB 18.2102 – juris Rn. 9; VG München, U.v. 5.7.2021 – M 31 K 21.1483 – juris Rn. 23).
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Nur entsprechend den vorgenannten Grundsätzen kann ein Anspruch auf Förderung im Einzelfall bestehen. Im Vorwort der hier einschlägigen Richtlinie des Bayerischen Staatsministerium für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie für die Gewährung von außerordentlicher Wirtschaftshilfe des Bundes für Dezember 2020 (Dezemberhilfe – BayMBl. 2020, Nr. 816 vom 30.12.2020, zuletzt geändert mit Bekanntmachung vom 21.12.2021 in BayMBl. 2022 Nr. 27 vom 12.1.2022) wird im Übrigen auch ausdrücklich klargestellt, dass die Dezemberhilfe im Rahmen der vom Bund zur Verfügung gestellten Haushaltsmittel als Billigkeitsleistung ohne Rechtsanspruch nach pflichtgemäßem Ermessen gewährt wird.
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Die Klägerin hat sonach keinen Anspruch auf die beantragte Zuwendung. Es ist nicht zu beanstanden, wenn die Beklagte in ihrer ständigen Vollzugspraxis auf der Grundlage der Nr. 2.1 Satz 1 Buchst. b der Zuwendungsrichtlinie nur dann von einer Antragsberechtigung von Unternehmen ausgeht, wenn ihre wirtschaftliche Tätigkeit vom Lockdown betroffen ist. Lockdown in diesem Sinne ist dabei ausgehend von Fußnote 9 (vgl. zur geänderten Nummerierung der Fußnoten Nr. 1.6 der Änderungsbekanntmachung vom 21.1.2021, veröffentlicht in BayMBl. 2022 Nr. 27 vom 12.1.2022) der Zuwendungsrichtlinie der Zeitraum im Dezember 2020, für welchen branchenweite Coronabedingte Betriebsschließungen bzw. Betriebsbeschränkungen im Sinne der Nr. 1 in Verbindung mit Nr. 5 bis 8 des Beschlusses von Bund und Ländern vom 28. Oktober 2020 (sowie den weiteren entsprechenden Regelungen in den späteren Beschlüssen vom 25. November 2020 und 2. Dezember 2020, im Folgenden: Bund-Länder-Beschlüsse) hoheitlich angeordnet werden. Im Einzelnen handelt es sich dabei nach dem vorgenannten Beschlüssen um Institutionen und Einrichtungen, die der Freizeitgestaltung zuzuordnen sind wie beispielsweise Theater, Freizeitparks und der Freizeit- und Amateursportsbetrieb, ferner Veranstaltungen, die der Unterhaltung dienen, Gastronomiebetriebe und Dienstleistungsbetriebe im Bereich der Körperpflege.
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Der Zuwendungs- und Richtliniengeber und mit ihnen die mit der Funktion der Zuwendungsbehörde beliehene Beklagte (vgl. § 47b ZustV) sind nicht daran gehindert, im Sinne einer Eingrenzung des Kreises der Zuwendungsempfänger und Verteilung der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel den Kreis der Begünstigten im Wege einer dem Zweck der Förderung entsprechenden, sachgerechten Abgrenzung auf bestimmte Antragsberechtigte zu beschränken (vgl. auch VG München, U.v. 15.9.2021 – M 31 K 21.110 – juris Rn. 26; U.v. 14.7.2021 – M 31 K 21.2307 – juris Rn. 23). Dies gilt gleichermaßen für die sachliche Eingrenzung einer Zuwendung und die Festlegung der relevanten Maßstäbe zur Bestimmung der Höhe einer Zuwendung. Denn nur der Zuwendungsgeber bzw. die Zuwendungsbehörde bestimmen im Rahmen des ihnen eingeräumten weiten Ermessens bei der Zuwendungsgewährung darüber, welche Ausgaben dem Fördergegenstand zugeordnet werden und wer konkret begünstigt werden soll. Insoweit besitzen Zuwendungs- und Richtliniengeber und mit diesen die Beklagte die Interpretationshoheit über die maßgeblichen Verwaltungsvorschriften (BayVGH, B.v. 8.11.2021 – 6 ZB 21.2023 – juris Rn. 19; VG München, U.v. 15.9.2021 – M 31 K 21.110 – juris Rn. 26; VG Würzburg, U.v. 14.6.2021 – W 8 K 20.2138 – juris Rn. 30).
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1.1 Diesen Maßstäben genügt die sowohl durch den Richtliniengeber vorgegebene als auch durch die Zuwendungsbehörde in ihrer ständigen – dem Gericht aus einer Vielzahl von Verfahren bekannten und zudem von der Beklagten insbesondere schriftsätzlich erläuterten – Zuwendungspraxis umgesetzte Maßgabe, nach der als direkt Betroffene nur solche Unternehmen antragsberechtigt sind, deren wirtschaftliche Tätigkeit vom Lockdown betroffen ist, weil sie aufgrund der auf Grundlage der Bund-Länder-Beschlüsse erlassenen Bestimmungen auf Landesebene den Geschäftsbetrieb einstellen mussten (oder es sich bei ihnen um Beherbergungsbetriebe oder Veranstaltungsstädten handelt, vgl. Nr. 2.1 Satz 1 der Zuwendungsrichtlinie, insbesondere Buchst. b Doppelbuchst. aa sowie Fußnote 9). In Betracht kommt ferner eine Antragsberechtigung für indirekt Betroffene, die dann vorliegt, wenn die jeweiligen Unternehmen nachweislich und regelmäßig mindestens 80% ihrer Umsätze mit direkt von den vorgenannten Maßnahmen betroffenen Unternehmen erzielen (vgl. Nr. 2.1 Satz 1 Buchst. b Doppelbuchst. bb der Zuwendungsrichtlinie). Möglich ist schließlich eine Antragsberechtigung für indirekt über Dritte Betroffene, soweit ein Antragsteller regelmäßig mindestens 80% seiner Umsätze durch Lieferungen und Leistungen im Auftrag direkt von den Maßnahmen betroffenen Unternehmen über Dritte erzielt und er im Dezember 2020 wegen der relevanten Schließungsverordnungen auf der Grundlage der Bund-Länder-Beschlüsse einen Umsatzeinbruch von mehr als 80% gegenüber dem Vergleichsumsatz erleidet (vgl. Nr. 2.1 Satz 1 Buchst. b Doppelbuchst. cc der Zuwendungsrichtlinie). Dies stellt im Sinne der ausgeführten Maßstäbe eine durch sachbezogene Gesichtspunkte gerechtfertigte und damit jedenfalls nicht willkürliche Ab- bzw. Eingrenzung der maßgeblichen Zuwendungsmaßstäbe dar.
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Ziel der Dezemberhilfe ist es (vgl. Nr. 1 Satz 3 der Zuwendungsrichtlinie) durch einen Beitrag zur Kompensation des Umsatzausfalls die wirtschaftliche Existenz u.a. von Unternehmen und Soloselbstständigen zu sichern, die in der Folge der Bund-Länder-Beschlüsse von Coronabedingten Betriebsschließungen bzw. Betriebseinschränkungen im Dezember 2020 betroffen sind, und deshalb erhebliche Umsatzausfälle erleiden. Es handelt sich daher um ein Instrument, das spezifisch an eine Betroffenheit durch diese politische Beschlusslage anknüpft. Dies unterscheidet die Dezemberhilfe – im Übrigen gleichermaßen die Novemberhilfe – von den anderen Instrumenten und Programmen der Corona-Wirtschaftshilfe, die ohne Bezug auf bestimmte einschränkende Maßnahmen oder konkrete politische Beschlüsse an Coronabedingte Einbußen anknüpfen. Beispielhaft sichtbar wird dies etwa in Nr. 1 Satz 4 der Richtlinie für die Gewährung von Überbrückungshilfe des Bundes für kleine und mittelständische Unternehmen – Phase 3 (Überbrückungshilfe III – BayMBl. 2021, Nr. 132 vom 19.2.2021), wo im Rahmen der Zweckbestimmung lediglich allgemein von Coronabedingten erheblichen Umsatzausfällen die Rede ist. Der abweichende Charakter der Dezemberhilfe – und Novemberhilfe – zeigt sich nicht zuletzt auch darin, dass hierbei abweichend von den übrigen Instrumenten der Corona-Wirtschaftshilfe ein (anteiliger) Ersatz von Umsätzen stattfindet, wohingegen ansonsten die Leistungen in aller Regel auf den (anteiligen) Ersatz bestimmter betrieblicher Fixkosten beschränkt sind. Dementsprechend versteht auch der Zuwendungsgeber die November-, bzw. Dezemberhilfe als ein „sehr spezifisches Instrument“ zur Unterstützung von Unternehmen, die auf Grundlage der vorgenannten Beschlüsse und der daraufhin erlassenen Schließungsverordnungen der Länder ihren Geschäftsbetrieb einstellen mussten, bzw. von denjenigen, die indirekt oder direkt über Dritte von diesen Schließungsanordnungen betroffen sind (vgl. Antwort des Staatssekretärs Dr. N., Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, auf eine Schriftliche Frage des Abgeordneten Meiser, BT-Drs. 19/24779, S. 33).
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Dieser besondere Charakter der Dezemberhilfe, die mithin nicht generell und allgemein an Coronabedingte Einbußen von Wirtschaftsteilnehmern anknüpft, sondern speziell an eine direkte oder zumindest indirekte, stets aber unmittelbare Betroffenheit von bestimmten Schließungsanordnungen in bestimmten Branchen, ist nach Überzeugung des Gerichts eine sachliche und damit willkürfreie Erwägung, die es rechtfertigt, hinsichtlich des Umfangs der zu gewährenden außerordentlichen Wirtschaftshilfe gerade unmittelbar an die Bund-Länder-Beschlüsse anzuknüpfen.
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In dieser Zuwendungspraxis ist keine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung zwischen Unternehmen zu erblicken, die, wie die Klägerin, mittelbar durch Coronabedingte Maßgaben, Auflagen oder Schließungen betroffen waren – vorliegend insbesondere durch die staatlichen Empfehlungen und Aufrufe zur Kontaktvermeidung (vgl. Nr. 2 bis 4 des Bund-Länder-Beschlusses vom 25.10.2020 und namentlich Nr. 1, S. 4 oben, des Beschlusses vom 25.11.2020 bezüglich nicht zwingend erforderlicher beruflicher Reisen), und solchen, die von Schließungsanordnungen auf Grundlage der Bund-Länder-Beschlüsse unmittelbar betroffen waren. Vielmehr handelt es sich dabei um eine sachgerechte und willkürfreie Vorgehensweise, die sich durch den spezifischen Charakter der November- und Dezemberhilfe und ihren Bezug auf bestimmte Beschränkungsmaßnahmen rechtfertigt. Denn die Betroffenheit von bestimmten Schließungsanordnungen in formaler Hinsicht geht auch mit einer tatsächlich unterschiedlichen Belastung einher. Dies ist ein ausreichender, sachlicher Differenzierungsgrund. Das Gericht verkennt hierbei nicht und stellt keineswegs in Abrede, dass auch durch infektionsschutzrechtliche bzw. pandemiebedingte Maßnahmen jenseits vollständiger Betriebsschließungen – wie hier insbesondere infolge der Anordnung des Bundesministeriums des Innern vom 12. November 2020, aufgrund der SARS-CoV-2-Pandemie Dienstreisen grundsätzlich zu vermeiden und nur dann durchzuführen, wenn sie zur Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit der Bundesverwaltung zwingend erforderlich sind, sowie der Empfehlungen und Aufrufe in den Bund-Länder-Beschlüssen zur Kontaktvermeidung, namentlich durch Unterlassen nicht zwingend erforderlicher beruflicher Reisen – erhebliche wirtschaftliche Belastungen für die Klägerin entstanden sind. Die Beklagte durfte jedoch willkürfrei in ihrer ständigen Verwaltungspraxis – entsprechend des engen Begriffsverständnisses nach Nr. 2.1 Satz 1 Buchst. b und Fußnote 9 der Zuwendungsrichtlinie i.V.m. Nr. 1 und Nr. 5 bis 8 des Bund-Länder-Beschlusses vom 25. Oktober 2020 – allein auf die formale und damit unmittelbare Betroffenheit durch Coronabedingte Schließungsanordnungen und die dadurch typischerweise bedingte größere Intensität der Beeinträchtigung abstellen. Denn selbst unter Berücksichtigung aller durch die infektionsschutzrechtlichen Maßnahmen zweifellos eingetreten Einschränkungen für die Wirtschaftsteilnehmer ist gleichwohl festzustellen, dass den mittelbar betroffenen Unternehmen, also solchen die – wie die Klägerin – nicht durch branchenweite Schließungsanordnungen unmittelbar betroffen waren, sondern „nur“ durch die allgemeinen infektionsschutzrechtlichen Maßnahmen, Empfehlungen und Aufrufe, jedenfalls ein Spielraum für weitere unternehmerische Tätigkeit verblieb. Auch wenn dieser Spielraum sehr klein oder faktisch kaum vorhanden gewesen sein mag, ist dieser Unterschied nach Überzeugung des Gerichts dennoch ein ausreichender Anknüpfungspunkt für eine willkürfreie Differenzierung. Dies zeigt sich vorliegend z.B. darin, dass der Klägerin nach eigenen Angaben auch, wenn nur im geringen Umfang, Umsätze mit Auftraggebern verblieben waren, deren an die Klägerin beauftragte Aktivitäten (Dienstreisen) nicht untersagt gewesen sind (vgl. S. 28 der Behördenakte).
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Diese streng formale und ausschließlich an Schließungsanordnungen anknüpfende Differenzierung wird im Übrigen auch dadurch abgemildert und gerechtfertigt, dass nicht im Rahmen der November- bzw. Dezemberhilfe Antragsberechtigte in aller Regel keineswegs von Instrumenten der Corona-Wirtschaftshilfe gänzlich ausgeschlossen sind. Die inmitten stehende Differenzierung betrifft bei ergebnisorientierter Betrachtung überwiegend nicht die Frage, ob ein Antragsteller – wie hier die Klägerin – überhaupt Corona-Wirtschaftshilfen erhält, sondern welches der vorhandenen Zuwendungsprogramme gegebenenfalls in Anspruch genommen werden kann. Denn insbesondere mit der Überbrückungshilfe III steht auch eine Zuwendung für Unternehmen (und Soloselbstständige sowie Angehörige der Freien Berufe) wie die Klägerin zur Verfügung, die unmittelbar oder mittelbar durch Coronabedingte Auflagen oder Schließungen betroffen sind. Diese Überbrückungshilfe erfolgt durch teilweise Übernahme der erstattungsfähigen Fixkosten für die Monate November 2020 bis Juni 2021 als Billigkeitsleistung im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel. Zweifelsohne unterscheiden sich die Zuwendungsformen der Dezemberhilfe und der Überbrückungshilfe III in erheblicher Weise in der Höhe der zu gewährenden Billigkeitsleistung. Die Höhe der Billigkeitsleistung nach der Dezemberhilfe, eine über Umsätze pauschalierende Erstattung von Fixkosten, beträgt 75% des Vergleichsumsatzes, wobei Vergleichsumsatz grundsätzlich der Umsatz im Dezember 2019 ist, während die Überbrückungshilfe III einen Anteil – je nach Umsatzrückgang – von 40 bis 100% der Fixkosten im Fördermonat im Vergleich zum entsprechenden Monat des Jahres 2019 ersetzt. Dass diese Differenzierung völlig ungeeignet und willkürlich wäre, um durch die Zahlungen eines Beitrags zu den betrieblichen Fixkosten das angestrebte Ziel einer Sicherung wirtschaftlicher Existenzen zu erreichen, ist hingegen nicht ersichtlich.
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Für den Schluss auf eine willkürliche Fassung oder Handhabung der Förderrichtlinie und der darauf aufbauenden Förderpraxis bestehen mithin keine Anhaltspunkte. Die Klägerin wird nicht anders behandelt als andere Antragstellerinnen und Antragsteller, die ebenfalls mangels Betroffenheit durch die vorgenannten Schließungsanordnungen nicht gefördert wurden. Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte in vergleichbaren Zuwendungsfällen anders verfahren wäre, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Die Erwägungen, die Förderung als solche auf Unternehmen zu beschränken, welche von den Schließungsanordnungen auf Grundlage der Bund-Länder-Beschlüsse unmittelbar betroffen waren und ihre Leistung nicht mehr anbieten durften, stellen einen vertretbaren sachlichen Grund für die Verneinung der Förderberechtigung der Klägerin dar (vgl. z.B. VG München, U.v. 21.9.2022 – M 31 K 21.5244 – juris Rn. 28; VG Würzburg, U.v. 15.11.2021 – W 8 K 21.1000 – juris Rn. 44; VG Magdeburg, U.v. 30.11.2021 – 3 A 61/21 MD – juris Rn. 42).
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Zu beachten ist bei alledem des Weiteren, dass dem Zuwendungs- und Richtliniengeber bzw. der Zuwendungsbehörde ohne Verstoß gegen den Gleichheitssatz auch ein bestimmtes Maß an Typisierung zuzugestehen. Der Gesetzgeber ist bei der Ordnung von Massenerscheinungen berechtigt, die Vielzahl der Einzelfälle in dem Gesamtbild zu erfassen, das nach den ihm vorliegenden Erfahrungen die regelungsbedürftigen Sachverhalte zutreffend wiedergibt. Auf dieser Grundlage darf er grundsätzlich generalisierende, typisierende und pauschalierende Regelungen treffen, ohne allein schon wegen der damit unvermeidlich verbundenen Härten gegen Gleichheitsgebote zu verstoßen (vgl. zuletzt etwa BVerfG, B.v. 29.1.2019 – 2 BvC 62/14 – juris Rn. 47 m.w.N.; zum Ganzen auch Boysen, in: v. Münch/Kunig, GG, 7. Aufl. 2021, Art. 3 Rn. 98 f.). Gleiches gilt im Wesentlichen auch für die Bindung der Verwaltung im Bereich einer Zuwendungsgewährung (vgl. etwa VG München, U.v. 6.7.2021 – M 31 K 20.6548 – juris Rn. 38). Der Zuwendungsgeber ist daher nicht gehindert, den Förderungsgegenstand nach sachgerechten Kriterien auch typisierend einzugrenzen und ist nicht gehalten, allen Besonderheiten jeweils durch Sonderregelungen Rechnung zu tragen. Dies umso mehr deswegen, weil ihm – wie bereits ausgeführt – sachbezogene Gesichtspunkte dabei in einem sehr weiten Umfang an die Hand gegeben sind. Der Zuwendungsgeber darf im Rahmen des von ihm verfolgten Regelungskonzepts die gesamtwirtschaftlichen Auswirkungen der Maßnahmen in seine Entscheidung einfließen lassen und muss nicht sämtliche wirtschaftlichen Aktivitäten – auch wenn diese durch infektionsschutzrechtliche Maßnahmen ebenfalls betroffen sind – in gleicher Weise begünstigen (vgl. im Zusammenhang der infektionsschutzrechtlichen Maßnahmen OVG NRW, B.v. 26.3.2021 – 13 B 363/21.NE – juris Rn. 100).
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Ausgehend von der bereits dargelegten Zielbestimmung der November- und Dezemberhilfe, die Betroffenheit von bestimmten Schließungsanordnungen (teilweise) auszugleichen, kann zur Differenzierung der Antragsberechtigung willkürfrei auf die Coronabedingte angeordneten hoheitlichen Betriebsschließungen bzw. Betriebsbeschränkungen i.S.d. Nrn. 5 bis 8 des Bund-Länder-Beschlusses vom 28. Oktober 2020 und der weiteren Beschlüsse vom 25. November 2020 und 2. Dezember 2020 und die damit einhergehende unmittelbare Betroffenheit abgestellt werden.
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1.2 Auch die Anwendung der vorstehend dargelegten Grundsätze im Einzelfall der Klägerin begegnet keinen Bedenken. Sie ist im Sinne der ständigen Zuwendungspraxis auf Grundlage der Zuwendungsrichtlinie (Nr. 2.1 Satz 1 Buchst. b) durch die Schließungsanordnungen auf Grundlage der Bund-Länder-Beschlüsse weder direkt noch indirekt bzw. über Dritte betroffen und mithin im Rahmen der Dezemberhilfe nicht antragsberechtigt.
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Es ist nicht zu beanstanden, wenn die Beklagte davon ausgeht, dass die von der Klägerin geltend gemachte indirekte Betroffenheit (vgl. insbesondere Stellungnahmen vom 6.5.2021 mit Anlagen und vom 11.6.2021 im Zuwendungsverfahren sowie Klagebegründung vom 13.12.2021) nicht vorliegt. Ihre Tätigkeit war durch die Schließungsanordnungen i.S.d. Nr. 2.1 Satz 1 Buchst b. und Fußnote 9 der Zuwendungsrichtlinie nicht unmittelbar betroffen. Weder nach den Bund-Länder-Beschlüssen noch nach der Achten Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung vom 30. Oktober 2020 und der Neunten Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung vom 30. November 2020, die – zunächst und hier allein maßgeblich – in Folge der Bund-Länder-Beschlüsse ergingen, bestand für die Auftraggeber der Klägerin ein Verbot von Dienstreisen. Nach § 14 Abs. 1 dieser Verordnungen waren gewerbliche Übernachtungsangebote insbesondere für berufliche und geschäftliche Zwecke erlaubt und durften unter Beachtung der Maßgaben von Absatz 2 der Vorschrift durchgeführt werden. Auch waren nach § 8 dieser Verordnungen der öffentliche Personennah- und -fernverkehr bei Beachtung der Maskenpflicht verfügbar. Daran ändert entgegen der Auffassung der Klägerin auch nichts, dass das Bundesministerium des Innern unter dem 12. November 2020 angeordnet hat, Dienstreisen grundsätzlich zu vermeiden und nur dann durchzuführen, wenn sie zur Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit der Bundesverwaltung zwingend erforderlich waren. Gleiches gilt mit Blick auf die im Klageverfahren als Anlagen K4 und K5 vorgelegten Anordnungen des H* …-Zentrums München und GSI H* …zentrum für Schwerionenforschung GmbH. Auch wenn diese dienstlichen Anordnungen den Kundenkreis der Klägerin im geltend gemachten Umfang von 92,63% betroffen haben, fußt diese Betroffenheit gerade nicht auf einer landesrechtlichen Schließungsanordnung zur Umsetzung der Bund-Länder-Beschlüsse, wie dies indes für die Annahme einer unmittelbaren (direkten, indirekten oder über Dritte bestehenden) Betroffenheit vom Lockdown im Sinne der Zuwendungsrichtlinie und der dann anknüpfenden ständigen Vollzugspraxis der Beklagten zwingend erforderlich ist.
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Die von der Klägerin angeführte faktische Betriebsschließung eines Großteils ihrer Auftraggeber durch die vorgenannten dienstlichen Anordnungen im Hinblick auf die Durchführung von Dienstreisen führt im vorliegenden Zusammenhang nicht weiter. Zwar legt die Klägerin nachvollziehbar dar, dass ein weit überwiegender Anteil der durch ihre Auftraggeber durchgeführten Dienstreisen pandemiebedingt entfallen sei, weil diese von der vorgenannten Anordnung des Bundesministeriums des Innern u.a. erfasst gewesen seien und damit gerade dem Aufruf im Bund-Länder-Beschluss vom 25. November 2020 entsprochen worden sei, nicht zwingend erforderliche berufliche (Dienst-) Reisen zu vermeiden. Dies ändert jedoch nichts daran, dass die Durchführung von Dienstreisen nicht infolge der Bund-Länder-Beschlüsse und der daran anknüpfenden landesrechtlichen Anordnungen in der Achten und Neunten Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung untersagt waren. Im Einklang mit der ständigen Zuwendungspraxis der Beklagten ist für die Antragsberechtigung im Rahmen der Dezemberhilfe allein auf die formale Betroffenheit durch die entsprechenden Schließungsanordnungen abzustellen, nicht aber auf möglicherweise tatsächlich bestehende geschäftliche Einbußen. Damit ist umgekehrt nicht entscheidend, inwieweit die Klägerin faktisch-mittelbar aufgrund der Nutzungsstruktur und des Kundenkreises der von ihr angebotenen Wirtschaftsdienstleistungen vom Lockdown betroffen war. Für solche nicht unmittelbar schließungsradzierten, sondern vielmehr mittelbaren – wenn im Einzelfall, wie hier, auch wirtschaftlich erheblichen – Beeinträchtigungen der wirtschaftlichen Betätigung infolge des Lockdowns sieht die ständige Vollzugspraxis der Beklagten zur Dezemberhilfe willkürfrei keine Antragsberechtigung vor.
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Auch vor dem Hintergrund von Art. 12 Abs. 1 GG und Art. 14 Abs. 1 GG folgt nichts Anderes. Aus dem Umstand, dass Corona-Wirtschaftshilfen als staatliche Billigkeitsleistungen im Rahmen der Verhältnismäßigkeit infektionsschutzrechtlicher Eingriffsmaßnahmen, namentlich von Betriebsschließungen, eine Rolle spielen und etwa durch Abmilderung wirtschaftlicher Folgen eine Minderung des Eingriffsgewichts solcher Maßnahmen darstellen können, lässt sich umgekehrt keine maßstabsbildende Bedeutung für die Bemessung der Billigkeitsleistung im Vollzug des Zuwendungsrechts entnehmen. Unter dem Gesichtspunkt einer Ausgleichsleistung oder Entschädigung besteht kein Anspruch auf Schaffung oder Erweiterung der Zuwendungspraxis zur Dezemberhilfe (vgl. VG München, U.v. 11.5.2022 – M 31 K 21.4171 – juris Ls.).
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Schließlich vermag die Klägerin auch nicht damit durchzubringen, wenn sie sich sinngemäß auf das Vorliegen eines Härte- bzw. Ausnahmefalls und dessen Nichtberücksichtigung durch die Beklagte beruft. Verbietet sich – wie ausgeführt – eine eigenständige gerichtliche Auslegung von Zuwendungsrichtlinien infolge ihrer Rechtsnatur und ist vielmehr ihre Handhabung in der ständigen zuwendungsbehördlichen Vollzugspraxis für die gerichtliche Beurteilung allein maßstäblich, verbleibt für die Notwendigkeit einer Betätigung eines „Auffangermessens“ für atypische Ausnahmefälle kein Raum, sofern und soweit sich nicht aus Art. 3 Abs. 1 GG und Art. 118 Abs. 1 BV sowie aus sonstigem einschlägigen materiellen Recht im Einzelfall anderes ergibt. Solches ist, wie ausgeführt, hier nicht der Fall (vgl. VG München, U.v. 5.7.2021 – M 31 K 21.1483 – juris Rn. 36 – BayVBl. 2022, 717, 720). Eine Berücksichtigung atypischer Fälle wäre zwar von Rechts wegen möglich, eine gerichtlich durchsetzbare Verpflichtung des Beklagten hierzu besteht allerdings nicht. Art. 3 Abs. 1 GG und Art. 118 Abs. 1 BV gebieten eine gleichmäßige Verwaltungspraxis. Dazu gehört das Verbot einer nicht durch sachliche Unterschiede gerechtfertigten Differenzierung zwischen verschiedenen Sachverhalten bei der Förderung (vgl. BayVGH, U.v. 11.10.2019 – 22 B 19.840 – juris Rn. 32). Dabei steht dem Richtliniengeber frei, sich für eine bestimmte Verwaltungspraxis zu entscheiden und diese zu handhaben. Die Willkürgrenze wird selbst dann nicht überschritten, wenn es auch für eine alternative Förderpraxis gute oder gegebenenfalls sogar bessere Gründe gäbe, wie es die Klägerin mit Blick auf die von ihr angebotenen Wirtschaftsdienstleistungen und deren mittelbare pandemiebedingte Betroffenheit infolge des maßgeblich auf eine dienstliche Anordnung des Bundesministeriums des Inneren vom 12. November 2020 zurückzuführenden, fast vollständigen Entfalls von Dienstreisen der von ihr betreuten öffentlichen und öffentlich geförderten Auftraggeber für geboten erachtet. Eine Verletzung des Willkürverbots liegt nur dann vor, wenn die maßgeblichen Kriterien unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar wären und sich daher der Schluss aufdrängen würde, dass sie auf sachfremden Erwägungen beruhten (vgl. VG München, U.v. 5.7.2021 aaO Rn. 30). Für solchermaßen sachfremde Erwägungen ist vorliegend allerdings – entgegen der Ansicht der Klägerin und wie vorstehend ausführlich erörtert – nichts ersichtlich. Die Beklagte orientiert sich mit dieser Vorgehensweise ohne weiteres an den Zielen und Grenzen der Zuwendungsrichtlinie, wie sie dort in Nr. 1 (Zweck der Dezemberhilfe) und insbesondere Nr. 2.1 Satz 1 Buchst. b i.V.m. Fußnote 9 (Antragsberechtigung) auch ausdrücklich zum Ausdruck kommen. Der Richtliniengeber und die darauf fußende Verwaltungspraxis der Beklagten knüpfen allein an eine unmittelbare Betroffenheit der wirtschaftlichen Tätigkeit durch den Lockdown aufgrund Coronabedingter Betriebsschließungen und Betriebsbeschränkungen i.S.d. Nr.1 i.V.m. Nr. 5 bis 8 des Bund-Länder-Beschlusses vom 28. Oktober 2020 an; eine Antragsberechtigung bei mittelbarer wirtschaftlicher Betroffenheit wird dabei, auch ausnahmsweise, nicht anerkannt. Mit einer solchen Betrachtungsweise geht kein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG und Art. 118 Abs. 1 BV einher.
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Die Zuwendungspraxis der Beklagten ist sonach vorliegend nicht zu beanstanden, die Klägerin folglich für die von ihr begehrte Dezemberhilfe nicht antragsberechtigt.
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2. Der streitbefangene Bescheid vom 17. August 2021 ist auch insoweit rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO), als die Beklagte darin die Aufhebung des Bescheids vom 29. April 2021 über eine Abschlagszahlung auf die Dezemberhilfe (Nr. 2) und unter Fristsetzung die Erstattung der gewährten Abschlagszahlung i.H.v. 19.929,71 EUR (Nr. 3) sowie deren Verzinsung (Nr. 4) angeordnet hat.
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2.1 Es kann offenbleiben, ob als Rechtsgrundlage für die Rücknahme der mit Bescheid vom 29. April 2021 gewährten Abschlagszahlung Art. 48 BayVwVfG herangezogen werden kann, wofür einiges spricht und wovon die Begründung des streitgegenständlichen Bescheids ausgeht. Denn es handelt sich vorliegend offensichtlich um die Konstellation einer lediglich vorläufigen bzw. vorbehaltlichen Bewilligung einer Abschlagszahlung (vgl. hierzu grundsätzlich BVerwG, U.v. 14.4.1983 – 3 C 8.82 – juris Rn. 33; aktuell VG München, U.v. 21.9.2022 – M 31 K 21.5244 – juris Rn. 37 f.; ferner z.B. VG Bayreuth, GB.v. 20.6.2022 – B 8 K 21.1024 – juris Rn. 59 ff.; VG München, U.v. 16.12.2021 – M 31 K 21.3624 – juris Rn. 58 m.w.N.). Gemäß Nr. 2 des die Abschlagszahlung gewährenden Bescheids erging die Bewilligung ausdrücklich unter dem Vorbehalt der vollständigen Prüfung des Antrags und der endgültigen Festsetzung in einem Schlussbescheid. Hierauf nimmt ferner der Nr. 2 des Tenors des streitgegenständlichen Bescheids vom 17. August 2021 ausdrücklich Bezug. Grundsätzlich ist nach den Auslegungsgrundsätzen der §§ 133, 157 BGB zu erforschen, wie der Adressat einen Verwaltungsakt unter Berücksichtigung der ihm bekannten oder erkennbaren Umstände bei objektiver Auslegung verstehen musste. Aus der Sicht eines objektiven Empfängers stellt sich der Bescheid über eine Abschlagszahlung als vorläufiger Zuwendungsbescheid dar (vgl. BVerwG, U.v. 15.3.2017 – 10 C 1/16 – juris Rn. 14 f.).
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In diesem Fall einer vorbehaltlichen Regelung bzw. eines Schlussbescheids ist eine Rücknahme nach Art. 48 BayVwVfG nicht erforderlich bzw. findet diese Vorschrift keine Anwendung. Vielmehr wird die vorläufige Gewährung der Abschlagszahlung durch den endgültigen, hier streitgegenständlichen Ablehnungsbescheid ersetzt und erledigt. Der Bewilligungsbescheid ist lediglich die Grundlage für die vorläufig geleistete Abschlagszahlung; hierin erschöpft sich seine Rechtswirkung. Demgegenüber kommt dem angefochtenen Bescheid in dieser Hinsicht der Charakter eines Schlussbescheids mit dem Regelungsgehalt zu, die beantragte Dezemberhilfe (endgültig) abzulehnen und die sich hieraus angesichts der erfolgten Abschlagszahlung ergebende Überzahlung nebst Zinsen zurückzufordern (vgl. BVerwG, U.v. 14.4.1983 – 3 C 8.82 – juris Rn. 34; U.v. 15.3.2017 – 10 C 1/16 – juris Rn. 16; ferner etwa VG München, U.v. 16.12.2021 – M 31 K 21.3624 – juris Rn. 58; VG Düsseldorf, U.v. 12.12.2014 – 13 K 430/13 – juris Rn. 42).
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Kommt ein Gericht zu dem Ergebnis, ein Bescheid sei zu Unrecht auf eine nicht tragfähige – oder wie hier: weniger naheliegende – Rechtsgrundlage gestützt worden, ist es gemäß § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO auch verpflichtet zu prüfen, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang der Bescheid mit Blick auf sonstige Rechtsgrundlagen aufrechterhalten werden kann (vgl. rechtsgrundsätzlich BVerwG, B.v. 29.7.2019 – 2 B 19/18 – juris Rn. 24; U.v. 19.8.1988 – 8 C 29/87 – juris; U.v. 31.3.2010 – 8 C 12/09 – juris Rn. 16; ebenso BayVGH, U.v. 23.7.2020 – 14 B 18.1472 – juris Rn. 29; VG München, U.v. 12.5.2021 – M 31 K 15.2119 – juris Rn. 56; U.v. 3.8.2017 – M 2 K 16.3853 – juris Rn. 18; Ramsauer in: Kopp/Ramsauer, VwVfG, 23. Aufl. 2022, § 47 Rn. 7a). Bei einer solchen Konstellation bedarf es keiner (richterlichen) Umdeutung, so dass die Aufrechterhaltung des Bescheides auch nicht davon abhängt, ob die Voraussetzungen für eine Umdeutung nach Art. 47 BayVwVfG erfüllt sind. So liegt der Fall hier. Der Regelungsgehalt des angegriffenen Bescheids bleibt unverändert, wenn die Aufhebung der gewährten Abschlagszahlung in zutreffender Weise als Schlussbescheid unter endgültiger Ablehnung der Dezemberhilfe anstelle einer Rücknahme des Bescheids über eine Abschlagszahlung angesehen wird, zumal der Tenor des streitgegenständlichen (Aufhebungs-) Bescheids, wie ausgeführt, ohnehin auf den Vorbehalt der vollständigen Prüfung im gewährenden Bescheid Bezug nimmt.
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Erforderlich sind zudem auch keine anderen oder zusätzlichen als die im streitgegenständlichen Bescheid vorgenommen Ermessenserwägungen, zumal das Verständnis als lediglich die vorläufige Gewährung der Abschlagszahlung ersetzender Schlussbescheid zu deutlich weniger anspruchsvollen Voraussetzungen für die getroffene Regelung führt. Schließlich entspricht dies auch der Absicht der Beklagten; auch die Rechtsfolgen erweisen sich für die Klägerin endlich nicht als ungünstiger (vgl. VG München, U.v. 21.9.2021 – M 31 K 21.5244 – juris Rn. 40).
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2.2 Die Verpflichtung zur Erstattung der nach endgültiger Ablehnung der Dezemberhilfe durch den streitgegenständlichen Bescheid rechtsgrundlos erfolgten Abschlagszahlung i.H.v. 19.929,71 EUR folgt aus Art. 49a Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG (analog). Der in Form einer vorläufigen Regelung ergangene Bescheid über eine Abschlagszahlung vom 29. April 2021 hat wie ausgeführt gemäß Art. 43 Abs. 2 BayVwVfG seine Rechtswirkung dadurch verloren, dass er durch die streitgegenständliche endgültige Ablehnung ersetzt wurde. Wird ein Verwaltungsakt, der eine Zuwendung zunächst nur vorläufig bewilligt hat, rückwirkend durch einen anderen Verwaltungsakt ersetzt, der die Zuwendung in geringerer Höhe festsetzt, oder wie hier gänzlich ablehnt, so gelten nach herrschender Auffassung die Erstattungsvorschriften des Art. 49a Abs. 1 und 3 BayVwVfG entsprechend (vgl. BayVGH, U.v. 10.11.2021 – 4 B 20.1961 – juris Rn. 18, 28 m.w.N.).
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Gegen die ferner angeordnete Verzinsung bei Zahlungsverzug bestehen keine Bedenken, zumal mit dieser Regelung ohnehin von der auf Grundlage des Art. 49a Abs. 3 Satz 1 BayVwVfG möglichen Verzinsung zum Teil abgesehen wurde.
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Nach alledem war die Klage mit der Kostenfolge nach § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
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Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung ergibt sich aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.
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Schließlich war auch der Anregung (vgl. Happ in: Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 124a Rn. 1) der Klägerin, die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen, nicht nachzukommen, da es dazu an den Voraussetzungen nach § 124a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO fehlt; das Gleiche gilt im Übrigen mit Blick auf § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO.