Titel:
Keine Zulassung der Berufung - Widerruf waffenrechtlicher Erlaubnisse wegen Zuordnung zur "Reichsbürgerbewegung"
Normenketten:
GG Art. 103 Abs. 1
VwGO § 86 Abs. 1 S. 1, Abs. 3, § 124 Abs. 2 Nr. 1, Nr. 5, § 124a Abs. 4 S. 4
WaffG § 5
Leitsätze:
1. Hat ein anwaltlich vertretener Kläger im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht nicht durch Stellung eines Beweisantrags auf die von ihm nunmehr beanstandete unterbliebene Sachaufklärung hingewirkt, kann eine Aufklärungsrüge im Berufungsverfahren keinen Erfolg haben. (Rn. 12) (redaktioneller Leitsatz)
2. Ein Verstoß gegen die richterliche Hinweispflicht nach § 86 Abs. 3 VwGO begründet nur unter sehr restriktiven Voraussetzungen einen Gehörsverstoß, da keine Pflicht des Gerichts zu umfassender Erörterung sämtlicher entscheidungserheblicher Gesichtspunkte besteht und es namentlich nicht verpflichtet ist, die Beteiligten schon in der mündlichen Verhandlung auf seine Rechtsauffassung oder die beabsichtigte Würdigung des Prozessstoffes hinzuweisen. (Rn. 15) (redaktioneller Leitsatz)
3. Leitet der Kläger die Richtigkeit der tatsächlichen Feststellungen des angegriffenen Urteils – hier seine Zuordnung zur "Reichsbürgerbewegung" – aus einer unzureichenden Sachverhaltsaufklärung durch das Verwaltungsgericht ab, rügt er einen Verfahrensfehler. In diesem Fall ist zur Sicherstellung der Konkordanz der Zulassungsgründe grundsätzlich eine Zulassung wegen ernstlicher Zweifel nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nur möglich, wenn eine Verfahrensrüge nach § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO ebenfalls zur Zulassung führen würde. (Rn. 15) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Aufklärungsrüge, Anforderungen an die Darlegung von ernstlichen Zweifeln an der Richtigkeit des Urteils und von Verfahrensfehlern, Verfahrensmangel wegen Verstoßes gegen die Amtsermittlungspflicht, Verfahrensmangel wegen Verstoßes gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs in Gestalt eines unterlassenen richterlichen Hinweises und in Gestalt der Nichterwähnung einer Tatsache in den Entscheidungsgründen
Vorinstanz:
VG Augsburg, Urteil vom 09.05.2023 – Au 8 K 21.658
Fundstelle:
BeckRS 2023, 26257
Tenor
I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 10.750,00 EUR festgesetzt.
Gründe
1
Mit dem Antrag auf Zulassung der Berufung verfolgt der Kläger seine in erster Instanz erfolglose Anfechtungsklage gegen den Widerruf waffenrechtlicher Erlaubnisse sowie die Anordnung eines Waffenbesitzverbotes weiter.
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Der Kläger ist Inhaber zweier Waffenbesitzkarten und eines europäischen Feuerwaffenpasses. Ende 2020 teilte die Polizei dem Landratsamt … (im Folgenden Landratsamt) mit, im Rahmen einer Durchsuchung der Wohn- und Geschäftsräume des Klägers seien „reichsbürgertypische“ Schriftstücke gefunden worden, darunter ein Ausweis der „Verfassungsgebenden Versammlung“ mit Lichtbild sowie Daten des Klägers, ein vom Kläger unterzeichnetes „Life Statement Under Oath“ (Lebenderklärung unter Eid) und eine E-Mail vom 11. Oktober 2020 an das russische Generalkonsulat mit der Bitte um Schutz, in welcher der Kläger sich auf die Grenzen bezogen habe, die im Potsdamer Abkommen von 1945 festgeschrieben seien.
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Daraufhin widerrief das Landratsamt nach Anhörung des Klägers mit Bescheid vom 17. Februar 2021 die ausgestellten Waffenbesitzkarten zur Ausübung der tatsächlichen Gewalt über Schusswaffen und Munition sowie den Europäischen Feuerwaffenpass (Nr. 1). Ferner untersagte es dem Kläger unbefristet zum einen den Besitz von Waffen und Munition, deren Erwerb nicht der Erlaubnis bedarf, sowie den Erwerb solcher Waffen, zum anderen den Besitz von Waffen oder Munition, deren Erwerb der Erlaubnis bedarf (Nr. 2).
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Der Kläger hat gegen den Bescheid Klage erhoben und zur Begründung insbesondere ausgeführt, dass er der „Reichsbürgerbewegung“ nicht nahestehe.
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Mit Urteil vom 9. Mai 2023 wies das Verwaltungsgericht Augsburg die Klage ab. Aus der Zusammenschau der aufgefundenen Dokumente ergebe sich, dass der Kläger der „Reichsbürgerbewegung“ zuzuordnen sei. Solche Personen seien grundsätzlich waffenrechtlich unzuverlässig im Sinne von § 5 WaffG; bei ihnen sei die Prognose nicht gerechtfertigt, dass sie in Zukunft mit Waffen und Munition jederzeit und in jeder Hinsicht ordnungsgemäß umgehen werden. Die Prognose falle auch für den Kläger nicht anders aus. Eine Distanzierung von der durch sein bisheriges Verhalten nach außen erkennbaren Einstellung sei bislang nicht erfolgt; es fehlten ebenfalls nach außen erkennbare Umstände, die eine Wahrscheinlichkeit dafür böten, dass der Kläger seine innere Haltung geändert habe. Deshalb sei nicht nur der Widerruf nach § 45 WaffG, sondern auch das Verbot nach § 41 WaffG rechtmäßig; denn auch diese Norm knüpfe an die Zuverlässigkeit nach § 5 WaffG an.
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Hiergegen wendet sich der Kläger mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung. Er rügt verfahrensrechtlich, dass das Verwaltungsgericht einen – in der mündlichen Verhandlung erwähnten -Auftritt des Klägers im … Fernsehen vor einem Millionenpublikum im Jahr 1988, bei dem dieser ein Friedenslied von E. J. wiedergegeben habe, bei der Beantwortung der Frage, ob der Kläger der „Reichsbürgerbewegung“ zuzurechnen sei, nicht berücksichtigt habe. Ferner rügt er, das Verwaltungsgericht hätte das Verhältnis des Klägers zur freiheitlich demokratischen Grundordnung, dem Respekt gegenüber der Staatsgewalt oder seiner Einstellung zu Gewalt weiter aufklären müssen. Es habe außerdem unterlassen, darauf hinzuweisen, dass es für die Beurteilung der (Un-)Zuverlässigkeit rechtlich auf eine Distanzierung von der „Reichsbürgerbewegung“ ankomme. Dessen ungeachtet sei das Urteil inhaltlich unrichtig, weil das Verwaltungsgericht den Kläger wegen der vorgefundenen Dokumenten nicht der „Reichsbürgerbewegung“ zuordnen hätte dürfen.
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Der Beklagte ist dem Antrag entgegengetreten und verteidigt das angefochtene Urteil.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Instanzen und auf die vorgelegten Akten der Beklagten Bezug genommen.
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Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.
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I. Soweit der Kläger mit seinem Vortrag Verfahrensmängel nach § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO in Gestalt eines Verstoßes gegen die Amtsermittlungspflicht nach § 86 Abs. 1 VwGO (1.) und in Gestalt von zwei Verstößen gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs (2.) rügt, hat er diese bereits nicht entsprechend § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO dargelegt.
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1. a) Eine Darlegung der Verletzung des in § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO normierten Untersuchungsgrundsatzes verlangt, dass substantiiert ausgeführt wird, welche Tatsachen auf der Grundlage der materiell-rechtlichen Auffassung des Verwaltungsgerichts aufklärungsbedürftig waren, welche für erforderlich oder geeignet gehaltenen Aufklärungsmaßnahmen hierfür in Betracht kamen, welche tatsächlichen Feststellungen dabei voraussichtlich getroffen worden wären und inwiefern diese unter Zugrundelegung der materiell-rechtlichen Auffassung des Verwaltungsgerichts zu einer für den Beschwerdeführer günstigeren Entscheidung hätten führen können (vgl. BVerwG, B.v. 8.7.2016 – 2 B 57.15 – juris Rn. 13; BVerwG, B.v. 10.12.2020 – 2 B 6.20 – juris Rn. 8 m.w.N; Happ in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 124a Rn. 75).
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Da die Aufklärungsrüge kein Mittel darstellt, um Versäumnisse eines Verfahrensbeteiligten in der Tatsacheninstanz zu kompensieren, ist ferner darzulegen, dass bereits im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht auf die Vornahme der Sachverhaltsaufklärung, deren Unterbleiben nunmehr gerügt wird, hingewirkt worden ist. Hat ein anwaltlich vertretener Kläger im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht nicht durch Stellung eines Beweisantrags auf die von ihm nunmehr beanstandete unterbliebene Sachaufklärung hingewirkt, kann eine Aufklärungsrüge keinen Erfolg haben (vgl. BVerwG, B.v. 13.1.2009 – 9 B 64.08 – juris Rn. 5), solange nicht dargelegt wird, aufgrund welcher Anhaltspunkte sich dem Gericht die bezeichneten Ermittlungen auch ohne einen Beweisantrag hätten aufdrängen müssen (vgl. BVerwG, B.v. 25.2.2021 – 2 B 69.20 – juris Rn. 27; BayVGH, B.v. 18.8.2022 – 10 ZB 22.1265 – juris Rn. 6)
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b) Vorliegend fehlt es an einem Beweisantrag, der auf die nunmehr eingeforderte weitere Aufklärung der Haltung des Klägers zur freiheitlich demokratischen Grundordnung gerichtet war. Ausweislich des Protokolls zur mündlichen Verhandlung wurde kein unbedingter Beweisantrag gestellt, obwohl der Kläger zusammen mit seinem Bevollmächtigten an der mündlichen Verhandlung teilgenommen hat. Nach § 105 VwGO i.V.m. § 165 Satz 1 ZPO bzw. § 98 VwGO i.V.m. §§ 415, 418 ZPO belegt die fehlende Erwähnung im Protokoll, dass ein Beweisantrag nicht gestellt worden ist (vgl. BVerwG, B.v. 26.4.2022 – 4 BN 28.21 – juris Rn. 8).
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In seinem Zulassungsantrag ist auch nicht dargelegt, weshalb sich die von dem Kläger vermisste Sachaufklärung dem Verwaltungsgericht hätte aufdrängen und es deshalb von Amts wegen weitere Aufklärungsbemühungen hätte unternehmen müssen. Es bleibt völlig unklar, welche für erforderlich oder geeignet gehaltenen Aufklärungsmaßnahmen zur Verfügung gestanden hätten.
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2. a) Eine Darlegung der Verletzung des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) in der Ausprägung der richterlichen Hinweispflicht nach § 86 Abs. 3 VwGO (vgl. BVerfG, B.v. 29.10.2015 – 2 BvR 1493/11 – juris Rn. 37) verlangt, dass ausgeführt wird, aus welchen besonderen Umständen heraus sich eine Hinweispflicht des Gerichts ergeben haben soll. Denn ein Verstoß gegen die Hinweispflicht begründet nur unter sehr restriktiven Voraussetzungen einen Gehörsverstoß, da keine Pflicht des Gerichts zu umfassender Erörterung sämtlicher entscheidungserheblicher Gesichtspunkte besteht und es namentlich nicht verpflichtet ist, die Beteiligten schon in der mündlichen Verhandlung auf seine Rechtsauffassung oder die beabsichtigte Würdigung des Prozessstoffes hinzuweisen (vgl. OVG RhPf, B.v. 19.1.2023 – 13 A 10716/22.OVG – juris Rn. 45 ff.). Außerdem ist vorzutragen, welche für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts erheblichen Angaben der Kläger gemacht hätte, wenn ihm dazu Gelegenheit gegeben worden wäre. Nur auf der Grundlage eines solchen Vortrags kann der Senat sodann prüfen und entscheiden, ob auszuschließen ist, dass die Gewährung rechtlichen Gehörs zu einer anderen, für den Kläger günstigeren Entscheidung geführt hätte.
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Hieran fehlt es. Der Kläger behauptet in der Sache, dass ihm nicht klar gewesen sei, dass es für die Beurteilung seiner waffenrechtlichen Zuverlässigkeit u.a. auf seine Distanz zur und auf seine Distanzierungsbemühungen von der „Reichsbürgerbewegung“ ankommt. Dieser Vortrag erstaunt mit Blick auf die Rechtsprechung des Senats, die zumindest jedem anwaltlich vertretenen Kläger bekannt sein muss; ungeachtet dessen wurde weder ansatzweise begründet, weshalb eine Hinweispflicht des Verwaltungsgerichts bestanden haben soll, noch, was bei Erteilung des vermissten Hinweises der Kläger seinerseits vorgetragen hätte.
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b) Auch soweit der Kläger rügt, dass das Verwaltungsgericht eine (wohl unstreitige) Tatsache – den Fernsehauftritt des Klägers 1988 – bei seiner Zuverlässigkeitseinschätzung nicht mehr erwähnt habe, wird in der Sache eine Verletzung des rechtlichen Gehörs vorgetragen. Denn der Anspruch auf rechtliches Gehör bedeutet auch, dass das entscheidende Gericht die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis nehmen und in Erwägung ziehen muss. Weil das Gericht aber bei der Abfassung seiner Entscheidungsgründe eine gewisse Freiheit hat und nicht verpflichtet ist, sich mit jedem Vorbringen in der Begründung der Entscheidung ausdrücklich zu befassen (vgl. BVerfG, B.v. 29.10.2015 – 2 BvR 1493/11 – juris Rn. 45), ist es nur bei Vorliegen besonderer Umstände möglich, aus der Nichterwähnung eines Vortrags auf eine Verletzung des Art. 103 Abs. 1 GG zu schließen. Ein solcher Ausnahmefall kann vorliegen, wenn etwa ein bestimmter Vortrag den Kern des Parteivorbringens darstellt und für den Prozessausgang eindeutig von entscheidender Bedeutung ist, aber im Urteil keine Erwähnung findet (vgl. BVerfG, B.v. 28.4.2023 – 2 BvR 924/21 – juris Rn. 31).
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Dass hier ein solcher (Ausnahme-)Fall vorliegt, wurde nicht dargelegt. Zum einen nimmt das Verwaltungsgericht im Rahmen seiner Prüfung der Rechtmäßigkeit des Waffenbesitzverbots nach § 41 WaffG Bezug auf die Einlassungen des Klägers in der mündlichen Verhandlung (Rn. 49 des Urteils) und damit auch auf die im Protokoll aufgenommene Aussage des Klägers zu seinem Fernsehauftritt (Bl. 58 der Gerichtsakte des Verwaltungsgerichts). Zum anderen erörtert jedenfalls der Kläger nicht ansatzweise, welche Relevanz ein Fernsehauftritt vor rund 35 Jahren für eine gegenwärtige vorzunehmende Verhaltensprognose haben soll, geschweige denn, inwieweit dieser Vortrag für den Prozessausgang eindeutig von entscheidender Bedeutung hätte sein können.
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II. Soweit der Kläger mit seinem Vortrag ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils geltend macht (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), fehlt es ebenfalls bereits an einer Darlegung nach § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO.
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1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung im Sinn des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bestehen nur, wenn einzelne tragende Rechtssätze oder einzelne erhebliche Tatsachenfeststellungen des Verwaltungsgerichts durch schlüssige Gegenargumente infrage gestellt werden (vgl. BVerfG, B.v. 9.6.2016 – 1 BvR 2453/12 – juris Rn. 16; BayVGH, B.v. 3.1.2023 – 8 ZB 22.1862 – juris Rn. 12). Schlüssige Gegenargumente liegen vor, wenn der Antragsteller substantiiert rechtliche oder tatsächliche Umstände aufzeigt, aus denen sich die gesicherte Möglichkeit ergibt, dass die erstinstanzliche Entscheidung unrichtig ist (vgl. BVerfG, B.v. 20.12.2010 – 1 BvR 2011/10 – juris Rn. 19; BayVGH, B.v. 3.1.2023 – 8 ZB 22.1862 – juris Rn. 12; BayVGH, B.v. 5.9.2022 – 8 ZB 20.3120 – juris Rn. 9).
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2. Die Darlegung solcher Zweifel im Sinne von § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO verlangt, dass der Kläger sich substantiell mit der angegriffenen Entscheidung auseinandersetzt und erläutert, aus welchen Gründen er diese für unrichtig hält. Er muss im Einzelnen aufzeigen, in welcher Hinsicht und aus welchen Gründen diese aus seiner Sicht nicht tragfähig ist und ihr nicht gefolgt werden kann. Weder genügt es, das erstinstanzliche Vorbringen nur zu wiederholen oder darauf lediglich Bezug zu nehmen, noch die erstinstanzlichen Feststellungen nur zu bestreiten oder allein deren Gegenteil zu behaupten (vgl. SächsOVG, B.v. 30.1.2023 – 6 A 773/20 – juris Rn. 13).
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3. Der Schriftsatz des Klägers genügt diesen Darlegungsanforderungen nicht. Er trägt lediglich vor, dass das Verwaltungsgericht den Tatbestand unzutreffend wiedergegeben habe, da er bereits seit seiner Jugend ein Friedensaktivist sei, was auch ein Auftritt im öffentlich-rechtlichen Fernsehen dokumentiere. Ein solches Verhalten stehe im krassen Gegensatz zu den üblichen Verhaltensweisen der „Reichsbürger“. Wäre dieser Sachverhalt beurteilt worden, hätte das Gericht nicht von der Unzuverlässigkeit des Klägers ausgehen dürfen. Außerdem basiere die gesamte rechtliche Würdigung unzulässigerweise auf einem Rückschluss von mehreren Dokumenten auf die „Reichsbürgerszene“, ohne Beurteilung des Gesamtsachverhaltes und der sonstigen Verhaltensweisen des Klägers.
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a) Eine Auseinandersetzung mit dem Urteil des Verwaltungsgerichts stellen diese Ausführungen nicht dar. Der Kläger geht oberflächlich auf die Feststellung und Würdigung der Tatsachen sowie die Rechtsausführungen des Verwaltungsgerichts ein; Ausführungen, die sich als eine juristisch-methodisch Befassung mit einer Prognose – die den Kern der kritisierten Unzuverlässigkeitseinschätzung bildet – verstehen lassen könnten, fehlen. Im Ergebnis beschränkt sich der Kläger darauf, die Tatsachenwürdigung und die darauf beruhende einzelfallbezogene Rechtsanwendung des Verwaltungsgerichts im Stil eines zulassungsfreien Rechtsmittels mit der Behauptung anzugreifen, der Kläger sei zuverlässig und die Einschätzung des Verwaltungsgerichts unzutreffend. Damit fehlt es von vornherein auch nur am Versuch einer Gegenargumentation, die der Senat auf Schlüssigkeit prüfen könnte.
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b) Soweit der Kläger seine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der tatsächlichen Feststellungen des Urteils – Zuordnung des Klägers zur „Reichsbürgerbewegung“ – aus einer unzureichenden Sachverhaltsaufklärung durch das Verwaltungsgericht ableitet (Vorwurf der fehlenden Aufklärung der Haltung des Klägers zur freiheitlich demokratischen Grundordnung), rügt er einen Verfahrensfehler. In diesem Fall ist zur Sicherstellung der Konkordanz der Zulassungsgründe grundsätzlich eine Zulassung wegen ernstlicher Zweifel nur möglich, wenn eine Verfahrensrüge nach § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO ebenfalls zur Zulassung führen würde (vgl. BayVGH, B.v. 21.6.2023 – 23 ZB 23.100 – juris Rn. 11; SächsOVG, B.v. 30.1.2023 – 6 A 773/20 – juris Rn. 16; s.a. Rudisile in Schoch/Schneider, Verwaltungsrecht, Werkstand August 2022, § 124 Rn. 26g (Stand Oktober 2015)). Dies ist, wie dargelegt, wegen der Verfehlung der Darlegungsanforderungen im Rahmen der Aufklärungsrüge jedoch nicht der Fall.
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III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG i. V. m. Nr. 50.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013. Für den Widerruf von Waffenbesitzkarten ist unabhängig von ihrer Zahl und einbezüglich einer Waffe der Auffangstreitwert anzusetzen; für jede weitere Waffe ist eine Erhöhung um 750 EUR vorzunehmen (vgl. BVerwG, B.v. 12.6.2023 – 6 B 37/22 – juris Rn. 7). Für das Waffenbesitzverbot ist zusätzlich der Auffangstreitwert anzusetzen.
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IV. Der Beschluss ist unanfechtbar, da mit der Ablehnung des Zulassungsantrags die angegriffene Entscheidung rechtskräftig wird (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).