Inhalt

VGH München, Beschluss v. 14.09.2023 – 12 ZB 23.1587
Titel:

Rahmenvorgabe zur Einführung der "Gelben Tonne" im Holsystem

Normenkette:
VerpackG § 22
Leitsätze:
1. Sofern die Tatbestandsvoraussetzungen des § 22 Abs. 2 VerpackG vorliegen, kann der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger nach dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers eine Angleichung der Sammlungsmodalitäten der Leichtverpackungs-Sammlung an die bestehenden kommunalen Sammlungsstrukturen und das allgemeine Entsorgungskonzept der Kommune verlangen, um ein optimales Sich-Einfügen in die kommunalen Strukturen zu gewährleisten. (Rn. 6) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Rahmenvorgabe muss nicht das „mildeste Mittel“ zur Erreichung der abfallwirtschaftlichen Ziele sein. Maßgeblich ist der Begriff der Geeignetheit des § 22 Abs. 2 S. 1 VerpackG. Der Erlass der Rahmenvorgabe steht, soweit die weiteren Tatbestandsvoraussetzungen vorliegen, im alleinigen Entschließungs- und Steuerungsermessen des öffentlich-rechtlichen Trägers. (Rn. 7) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Abfallrecht, Rahmenvorgabe, Einführung einer gelben Tonne im Holsystem, öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger, Leichtverpackung, Geeignetheit, Entschließungs- und Steuerungsermessen
Vorinstanz:
VG München, Urteil vom 25.05.2023 – M 17 K 21.1509
Fundstellen:
LSK 2023, 26231
BeckRS 2023, 26231
ZUR 2024, 242

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Damit erledigt sich der Antrag auf Anordnung der Fortdauer der aufschiebenden Wirkung.
III. Die Klägerin trägt die Kosten des Antragsverfahrens.
IV. Der Streitwert für das Berufungszulassungsverfahren wird auf 50.000,-- Euro festgesetzt.

Gründe

1
Der Antrag auf Zulassung der Berufung, mit dem die Klägerin sich gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts München vom 25. Mai 2023 wendet und ihr Begehren weiterverfolgt, die Aufhebung einer mit Bescheid vom 12. März 2021 auf der Grundlage von § 22 Abs. 2 Verpackungsgesetz (VerpackG) erlassenen Rahmenvorgabe betreffend die Einführung der „Gelben Tonne“ im Hohlsystem zu erwirken, bleibt ohne Erfolg. Zulassungsgründe liegen – soweit überhaupt den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO entsprechend dargelegt – nicht vor (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO).
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1. Die angefochtene Entscheidung begegnet keinen ernstlichen Zweifeln hinsichtlich ihrer Richtigkeit (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Das Verwaltungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass der streitgegenständliche Bescheid vom 12. März 2021 rechtmäßig ist und die Klägerin nicht in ihren Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Voraussetzungen für den Erlass einer Rahmenvorgabe gemäß § 22 Abs. 2 VerpackG sind erfüllt.
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Die streitgegenständliche Vorgabe zur „Gelben Tonne“ im Holsystem ist „geeignet“, um eine möglichst effektive und umweltverträgliche Erfassung der Abfälle aus privaten Haushalten sicherzustellen. Ihre Befolgung ist der Klägerin auch weder technisch unmöglich noch wirtschaftlich unzumutbar. Ebenso wenig geht die Rahmenvorgabe über den Erfüllungsstandard hinaus, den der Beklagte als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger bei der Sammlung gemischter Abfälle aus privaten Haushalten allgemein zugrunde legt, wie das Verwaltungsgericht zutreffend festgestellt hat. Für eine offensichtliche Unrichtigkeit der Entscheidung ist entgegen der Auffassung der Klägerin kein Raum.
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a) Die Anordnungsbefugnis nach § 22 Abs. 2 Satz 1 VerpackG ist – anders als die Klägerin meint – sehr wohl ein Instrument, welches dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger einseitige Anordnungen ermöglicht. In der amtl. Begründung (BT-Drucks. 18/11274, S. 109) heißt es insoweit auszugsweise wörtlich:
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„In Absatz 2 werden den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern […] einseitige hoheitliche Steuerungsmöglichkeiten eingeräumt, mit denen sie Einfluss auf die tatsächliche Ausgestaltung der Sammlung der Kunststoff-, Metall- und Verbundverpackungen (sogenannte Leichtverpackungen) durch die Systeme nehmen können, ohne dabei auf eine Zustimmung der Systeme angewiesen zu sein. Durch solche Rahmenvorgaben kann ein öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger sicherstellen, dass sich die haushaltsnahe Leichtverpackungssammlung optimal in die bestehenden kommunalen Sammelstrukturen und das allgemeine Entsorgungskonzept der Kommune einfügt und zugleich ökologische Aspekte ausreichend Berücksichtigung finden“.
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Sofern die Tatbestandsvoraussetzungen des § 22 Abs. 2 VerpackG vorliegen, kann der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger nach dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers – anders als die Klägerin annimmt – eine Angleichung der Sammlungsmodalitäten der LVP-Sammlung an die bestehenden kommunalen Sammlungsstrukturen und das allgemeine Entsorgungskonzept der Kommune verlangen, um ein optimales Sich-Einfügen in die kommunalen Strukturen zu gewährleisten (vgl. BT-Drucks. 18/11274, S. 109).
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Entgegen der Ansicht der Bevollmächtigten der Klägerin nicht (mehr) Tatbestandsvoraussetzung für den Erlass einer Rahmenvorgabe ist dagegen, dass diese auch tatsächlich „erforderlich“ ist, um eine möglichst effektive als auch umweltverträgliche Erfassung der Abfälle aus privaten Haushalten in Gestalt einer Erhöhung der Sammelmenge gegenüber dem bisherigen System und eine Verringerung von Umweltbelastungen (vgl. BT-Drucks. 18/11274, S. 110) sicherzustellen (so noch der ursprüngliche Referentenentwurf, BT-Drucks. 18/11274, S. 24 und 110); es genügt bereits eine bloße „Geeignetheit“ im Sinne eines Beitrags zur Sicherstellung einer möglichst effektiven und umweltverträglichen Erfassung (so ausdrücklich BT-Drucks. 18/11781, S. 15). Der ursprüngliche Referentenentwurf ist nicht Gesetz geworden. Die Rahmenvorgabe muss deshalb nicht das „mildeste Mittel“ zur Erreichung der beschriebenen abfallwirtschaftlichen Ziele sein (so ausdrücklich BT-Drucks. 18/11781, S. 15). Auf die Ausführungen des ursprünglichen Referentenentwurfs zur „Erforderlichkeit“ (BT-Drucks. 18/11274, S. 110) kann daher nicht (mehr) zurückgegriffen werden. Maßgeblich ist deshalb ausschließlich der Begriff der Geeignetheit im Normtext des § 22 Abs. 2 Satz 1 VerpackG selbst. Der Erlass der Rahmenvorgabe steht damit, soweit die weiteren Tatbestandsvoraussetzungen vorliegen, im alleinigen Entschließungs- und Steuerungsermessen des öffentlich-rechtlichen Trägers.
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aa) Dass die höchsten Sammelmengen mit der „Gelben Tonne“ zu erzielen sind, die Mengen im „Bringsystem“ deutlich unterhalb der anderer Systeme (Holsystem) liegen und auch eine etwaige Erhöhung der Fehlwurfquote (Störstoffe) entgegen der Auffassung der Klägerin zu keiner anderen Beurteilung führt, hat das Verwaltungsgericht dem Abschlussbericht des Umweltbundesamtes („Analyse der Effizienz und Vorschläge zur Optimierung von Sammelsystemen der haushaltsnahen Erfassung von Leichtverpackungen und stoffgleichen Nichtverpackungen auf der Grundlage vorhandener Daten“, 37/2018, S. 149, Ziff. 9.1.1) entnommen. Dies begegnet vor dem Hintergrund freier richterlicher Überzeugungsbildung (§ 108 Abs. 1 VwGO) keinen rechtlichen Bedenken. Auf die Frage der Anerkennung eines Einschätzungs-, Beurteilungs- oder Prognosespielraums kommt es insoweit nicht an. Das Umweltbundesamt stellt ausdrücklich fest, dass Störstoffe in üblichen Anteilen die Sammelqualität in der Regel nicht in der Form beeinträchtigen, dass die Ziel-Fraktionen verschmutzen oder verkleben und damit die Sortierung erschwert bzw. die Qualität des Sortieroutputs verringert wird. Die Sammelmenge wirke sich daher höher auf die Umweltentlastung aus, als die Sammelqualität (vgl. S. 149, Ziff. 9.1.1). (Zumindest) ein Beitrag der „gelben Tonne“ zur effizienten Erfassung von Leichtverpackungsabfällen (LVP-Abfällen) kann damit entgegen der Auffassung der Bevollmächtigten der Klägerin nicht mit Aussicht auf Erfolg in Abrede gestellt werden. Einen Einsatz gegebenenfalls milderer Mittel – etwa eines „Gelben Sacks“ im Holsystem – sieht das Gesetz, anders als die Klägerin meint, gerade nicht vor (vgl. BT-Drucks. 18/11781, S. 15). § 22 Abs. 2 VerpackG kennt – wie bereits dargelegt – keine „Erforderlichkeitsprüfung“ (mehr). Weshalb die Feststellungen des Umweltbundesamtes unzutreffend sein sollten, zeigt die Klägerin entgegen § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO nicht auf.
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bb) Gleiches gilt hinsichtlich der weiteren Annahme des Verwaltungsgerichts, eine Einführung des „Holsystems mittels Gelber Tonne“ sei zugleich auch geeignet, eine möglichst umweltverträgliche Erfassung der LVP-Abfälle sicherzustellen. Die ebenfalls auf den Bericht des Umweltbundesamtes gestützte Auffassung der Kammer, bei einer Umstellung vom „Bring-“ auf das „Holsystem“ würden vor allem Kohlendioxydimmissionen verringert (S. 154, Ziff. 9.3.1.1), begegnet im Lichte des Grundsatzes freier richterlicher Überzeugungsbildung (§ 108 Abs. 1 VwGO) gleichfalls keinen ernstlichen Zweifeln. Auf die Frage der Anerkennung eines Einschätzungs-, Beurteilungs- oder Prognosespielraums kommt es auch insoweit nicht an. Das Umweltbundesamt stellt ausdrücklich fest, dass die höchsten Beiträge zur Senkung des Klimaerwärmungspotentials im ländlichen Raum unter Einsatz eines Holsystems zu erwarten sind. Als ausschlaggebend erwiesen sich vor allem die hohen Erfassungsmengen verbunden mit guten Sammelqualitäten unter Wegfall des Individualtransports. Bringsysteme erwiesen sich demgegenüber als ineffizient (a.a.O, S. 154, Ziff. 9.3.1.1). Weshalb diese Feststellungen des Umweltbundesamtes unzutreffend sein sollten, zeigt die Klägerin entgegen § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO auch insoweit nicht auf.
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Dass bei einer Tonnensammlung aufgrund längerer Standzeiten der Abfuhrfahrzeuge und zusätzlich erhöhtem Fahrzeugeinsatz möglicherweise gesteigerte Kohlendioxydemissionen entstehen können, steht dem – anders als die Klägerin meint – nicht entgegen. Die Klägerin lässt insoweit, anders als § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO dies vorsieht, schon nicht nachvollziehbar darlegen, dass dies aufgrund der Vermeidung jeglichen Individualverkehrs im Holsystem überhaupt entscheidungserheblich ins Gewicht fallen kann.
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Ebenso wenig als den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO entsprechend dargelegt erweist sich die Annahme der Klägerin, bei Umstellung auf eine Tonnensammlung sei keine Reduzierung der „Sacknutzung“ zu erwarten. Weshalb Bürgerinnen und Bürger die nutzerfreundlichere Tonne meiden und stattdessen weiterhin in gelben Säcken (zwischen-) sammeln sollten, erschließt sich ohne nähere Darlegung nicht.
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Dass der Einsatz einer „Gelben Tonne“ im Holsystem (statt eines „Gelben Sacks“ im Bringsystem) nicht (zumindest) „geeignet“ ist, eine möglichst effektive und umweltverträgliche Erfassung von LVP-Abfällen aus privaten Haushalten sicherzustellen, kann deshalb im Lichte der vom Verwaltungsgericht seiner Beurteilung zugrunde gelegten Feststellungen des Umweltbundesamtes ernsthaft nicht in Frage gestellt werden.
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Ebenso wenig ernstlichen Zweifeln hinsichtlich ihrer Richtigkeit (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) begegnet die Annahme des Verwaltungsgerichts, bei der Frage der Beurteilung einer Effizienzsteigerung der Sammlungstätigkeit sei auf einen Vergleich des bisher praktizierten Bestandssystems (hier: „Bringsystem mit Säcken“) mit dem künftig durch die Rahmenvorgabe vorgegebenen („Holsystem mit Tonnen“) abzustellen. Eine Erhöhung der getrennt erfassten Menge wertstoffhaltiger Abfälle im Rahmen einer Effektivitätssteigerung (vgl. BT-Drucks. 18/11274, S. 110) ist bereits begrifflich überhaupt nur dann denk- und vor allem auch messbar, wenn an das bisherige Bestandssystem angeknüpft wird.
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b) Auch die weitere Annahme des Verwaltungsgerichts, die streitgegenständliche Rahmenvorgabe zur Einführung der Sammlung mittels „Gelber Tonne“ sei für die Klägerin technisch möglich und auch wirtschaftlich nicht unzumutbar, begegnet im vorliegenden Verfahren keinen ernstlichen Zweifeln hinsichtlich ihrer Richtigkeit (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Die Klägerin ist dieser Annahme im Berufungszulassungsverfahren nicht entgegengetreten. Vor allem hat sie entgegen § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO nicht dargelegt, welche zusätzlichen (unzumutbaren) Belastungen sich durch die Umstellung auf das Holsystem mittels Tonne tatsächlich ergeben, nachdem das Verwaltungsgericht infolge des Fehlens genauer Angaben zu den Ermittlungsgrundlagen und entsprechender weiterer Erläuterungen von einer mangelnden Überprüfbarkeit ausgegangen ist. Es fehlt daher im Rechtsmittelverfahren an Tatsachenvortrag zum Tatbestandsmerkmal der wirtschaftlichen Unzumutbarkeit im Sinne von § 22 Abs. 2 Satz 1 VerpackG. Insoweit trägt jedoch alleine die Klägerin die Darlegungs-, Feststellung- und Beweislast (vgl. BT-Drs. 18/11781, S. 16). Eine weitere Prüfung, die zur Zulassung der Berufung hätte führen können, war dem Senat daher nicht möglich.
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c) Dass die Rahmenvorgabe nicht gemäß § 22 Abs. 2 Satz 2 VerpackG über den Entsorgungsstandard hinausgeht, welchen der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger in seiner Verantwortung für die Sammlung des Restmülls aus privaten Haushaltungen zugrunde legt, hat das Verwaltungsgericht ebenfalls zutreffend dargelegt. Insoweit wird zur Vermeidung weiterer, unnötiger Wiederholungen auf die Ausführungen der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung verwiesen (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO). Die Klägerin ist dem auch nicht entgegengetreten. Für die Annahme einer Rechtswidrigkeit der Erlassintention des Beklagten ist deshalb entgegen der Auffassung der Klägerin kein Raum.
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d) Die Fristenregelung des § 22 Abs. 2 Satz 4 VerpackG ist auf die vorliegende Fallkonstellation – wie das Verwaltungsgericht ebenfalls zutreffend festgestellt hat – bereits ihrem Wortlaut nach nicht anwendbar. Es handelt sich vorliegend nicht um eine „Änderung“ im Sinne des § 22 Abs. 2 Satz 4 VerpackG, sondern um einen erstmaligen Erlass überhaupt. Ungeachtet dessen stand der Klägerin seit Ergehen des streitgegenständlichen Bescheides am 12. März 2021 jedenfalls eine ausreichend lange Vorlaufzeit zur Verfügung. Die Klägerin ist dem im Berufungszulassungsverfahren auch nicht mehr entgegengetreten.
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e) Des Weiteren unterliegt auch die Ermessensausübung des Beklagten (§ 22 Abs. 2 VerpackG – „kann“ –) keinen rechtlichen Bedenken. Der Beklagte ist an Erwägungen zur „Erforderlichkeit“ gerade nicht gebunden (vgl. BT-Drucks. 18/11781, S. 3 u. 15); ihm allein kommt in den durch § 22 Abs. 2 VerpackG gezogenen Grenzen die Regelungs- und Steuerungskompetenz zu (vgl. BT-Drucks. 18/11274, S. 109). Der Gesetzgeber (BT-Drucks. 18/11781, S. 15) stellt insoweit wörtlich folgendes fest:
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„Durch das Ersetzen des „Erforderlichkeitsvorbehalts“ durch einen „Geeignetheitsvorbehalt“ soll der Erlass von Rahmenvorgaben in der Praxis besser handhabbar werden, damit der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger die haushaltsnahe Verpackungssammlung vor Ort sachgerecht und angemessen ausgestalten kann. Die Rahmenvorgabe muss danach nicht mehr das mildeste Mittel zum Erreichen der vorgegebenen Ziele enthalten, sondern sie muss lediglich einen Beitrag zur Sicherstellung einer möglichst effektiven und umweltverträglichen LVP-Sammlung leisten. Unzulässig bleiben danach Rahmenvorgaben, die ausschließlich andere Zwecke verfolgen, also keinen Beitrag zur Sicherstellung der Effektivität und Umweltverträglichkeit der Sammlung leisten.“
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Dieser ausdrückliche Rechtssetzungswille des Gesetzgebers kann durch allgemeine „Verhältnismäßigkeitserwägungen“ nicht konterkariert werden. Für eine rechtswidrige Erlassintention des Beklagten ist nichts ersichtlich.
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f) Schließlich begegnet auch die Zwangsgeldandrohung unter dem Gesichtspunkt hinreichender Bestimmtheit keinen rechtlichen Bedenken. Die Klägerin ist dem im Berufungszulassungsverfahren auch nicht mehr entgegengetreten.
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Die angefochtene Entscheidung unterliegt daher – im Lichte des Zulassungsvorbringens – keinen ernstlichen Zweifeln hinsichtlich ihrer Richtigkeit (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).
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2. Ebenso wenig ist die Berufung wegen besonderer tatsächlicher oder rechtlicher Schwierigkeiten (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) zuzulassen. Der Angriff der Klägerin begründet keinen Anlass zu Zweifeln an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung, die sich nicht bereits unmittelbar aus dem Gesetz bzw. ohne weiteres im Zulassungsverfahren hätten klären lassen und deshalb die Durchführung eines Berufungsverfahrens erfordern würden (vgl. Kuhlmann, in: Wysk, VwGO, 3. Aufl. 2020, § 124 Rn. 29 a.E.). Die durch den Rechtsstreit aufgeworfenen Rechtsfragen lassen sich ohne weiteres aus dem Gesetz selbst und den in den Gesetzesmaterialien ausdrücklich dokumentierten Zielvorstellungen des Gesetzgebers (vgl. BT-Drucks. 18/11274, S. 109 f.; BT-Druck 18/11781, S. 15 f.) beantworten (siehe näher nachfolgend unter 3.).
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3. Auch eine Zulassung der Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) kommt nicht in Betracht. Auf die Frage der Anerkennung eines Einschätzungs-, Beurteilungs- oder Prognosespielraums kommt es – wie bereits dargelegt – vorliegend entgegen der Auffassung der Klägerin entscheidungserheblich nicht an. Ungeachtet dessen beantworten sich die von der Klägerin als grundsätzlich klärungsbedürftig angesehenen Rechtsfragen nach Reichweite und Grenzen der Ermächtigungsgrundlage des § 22 Abs. 2 VerpackG ohne weiteres aus dem Gesetz selbst (vgl. Kuhlmann, in: Wysk, VwGO, 3. Aufl. 2020 § 124 Rn. 36).
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Die Klägerin lässt nach wie vor unberücksichtigt, dass den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern ausweislich der Begründung des Gesetzentwurfs (vgl. BT-Drucks. 18/11274, S. 109) abweichend vom grundsätzlich geltenden Kooperationsprinzip (§ 22 Abs. 1 VerpackG) eine einseitige hoheitliche Steuerungsmöglichkeit eingeräumt wurde, mit der diese bestimmenden Einfluss auf die tatsächliche Ausgestaltung der Sammlung sog. Leichtverpackungen nehmen können, ohne auf die Zustimmung der Systeme angewiesen zu sein (vgl. BT-Drucks. 18/11274, S. 109). Ziel ist dabei insbesondere die optimale Einfügung des dualen Systems in die bestehenden kommunalen Sammelstrukturen und das allgemeine Entsorgungskonzept der jeweiligen Kommune (siehe BT-Drucks. 18/11274, S. 109; vgl. auch BR-Drucks. 797/1/16, S. 15). Die Rahmenvorgabe muss dabei nicht das „mildeste Mittel“ zum Erreichen dieser vorgegebenen Ziele enthalten; sie muss vielmehr lediglich einen Beitrag zur Sicherstellung einer möglichst effektiven und umweltverträglichen LVP-Sammlung leisten (vgl. BT-Drucks. 18/11781, S. 15).
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Diese Zielvorgaben des Gesetzgebers schließen es – soweit die Tatbestandsvoraussetzungen des § 22 Abs. 2 VerpackG vorliegen – aus, den Erlass einer Rahmenvorgabe an das Einverständnis der Systeme zu binden und damit entgegen der Ausnahmeregelung des § 22 Abs. 2 VerpackG das Kooperationsprinzip des § 22 Abs. 1 VerpackG auch für diesen Fall wiederherzustellen. Vielmehr unterliegt der Erlass einer Rahmenvorgabe – in den durch § 22 Abs. 2 VerpackG gezogenen Grenzen – der alleinigen, nach dem Willen des Gesetzgebers nicht weiter rechtfertigungsbedürftigen Steuerungs- und Regelungskompetenz des öffentlichen Entsorgungsträgers (vgl. BT-Drucks. 18/11274, S. 109; siehe auch BT-Drucks. 18/11781, S. 15 f.). Lediglich Rahmenvorgaben, die keinen Beitrag zur Sicherstellung der Effektivität und Umweltverträglichkeit leisten, mit anderen Worten ausschließlich andere Zwecke verfolgen, sind unzulässig (vgl. BT-Drucks. 18/11781 S. 15).
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Ob man diese, dem öffentlichen Entsorgungsträger eingeräumte Regelungsbefugnis nun zugleich als „Einschätzungs- und Prognosespielraum“ charakterisiert oder in den Worten des Gesetzgebers als hoheitliche Steuerungskompetenz (vgl. BTDrucks. 18/11274, S. 109) bezeichnet, ist rechtlich ohne Bedeutung. Maßgeblich ist insoweit allein, dass neben der Obergrenze des Sammelstandards, den der öffentliche Entsorgungsträger für seine Restmüllsammlung anwendet, als einziges Korrektiv die Beschränkung von Rahmenvorgaben auf das technisch mögliche und wirtschaftlich zumutbare Maß verbleibt (so namentlich BT-Drucks. 18/11781, S. 16), zu welchen sich die Klägerin im Berufungszulassungsverfahren jedoch gerade nicht verhält. Reichweite und Grenzen der Ermächtigungsgrundlage des § 22 Abs. 2 VerpackG ergeben sich damit entgegen der Auffassung der Klägerin unmittelbar aus dem Gesetz selbst und den in den Gesetzesmaterialien ausdrücklich dokumentierten Zielvorstellungen des Gesetzgebers.
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4. Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird die angefochtene Entscheidung rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO). Damit erledigt sich zugleich der Antrag auf Anordnung der Fortdauer der aufschiebenden Wirkung (§ 80b Abs. 1 Satz 1, 1. Halbs. VwGO). Die aufschiebende Wirkung endet bereits mit der Ablehnung des Berufungszulassungsantrags (vgl. Puttler, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 80b Rn. 14). Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 1 GKG.
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5. Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).