Inhalt

VGH München, Beschluss v. 04.09.2023 – 10 ZB 22.2540
Titel:

rechtmäßige Ausweisung bei bestandskräftig festgestelltem Abschiebungsverbot 

Normenketten:
AufenthG § 53 Abs. 1, § 55 Abs. 1, Abs. 2
Rückführungs-RL Art. 9 Abs. 1 lit. a
Leitsätze:
1. Wegen der Bindungswirkung von Entscheidungen nach § 6 S. 1 entziehen sich zielstaatsbezogene Gefahren, die ihrer Art nach objektiv geeignet wären, die Zuerkennung internationalen Schutzes zu begründen, einer Berücksichtigung im ausweisungsrechtlichen Verfahren. (Rn. 9) (redaktioneller Leitsatz)
2. Kann eine drittstaatsangehörige Person, die sich illegal im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats aufhält, wegen des Grundsatzes der Nichtzurückweisung nicht abgeschoben werden, rechtfertigt dies gemäß Art. 9 Abs. 1 Buchst. a) der RL 2008/115/EG nicht, in einer solchen Situation keine Rückkehrentscheidung gegen den Drittstaatsangehörigen zu erlassen, sondern nur, seine Abschiebung in Vollstreckung dieser Entscheidung aufzuschieben. (Rn. 13) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Antrag auf Zulassung der Berufung, Ausweisung, Bestandskräftig widerrufene Flüchtlingseigenschaft, Drogendelikte, Festgestellte Abschiebungsverbote, Aufschiebend bedingte Ausreiseaufforderung, Aufschiebend bedingte Abschiebungsandrohung, Bedingung des bestandskräftigen Widerrufs der Abschiebungsverbote, Syrer, Niederlassungserlaubnis, vertyptes Bleibeinteresse, Widerruf der Flüchtlingseigenschaft, Abschiebungsverbot, RL 2008/115/EG
Vorinstanz:
VG Augsburg, Urteil vom 26.10.2022 – Au 6 K 22.1731
Fundstelle:
BeckRS 2023, 26223

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 10.000,-- Euro festgesetzt.

Gründe

1
Mit dem Antrag auf Zulassung der Berufung verfolgt der Kläger seine gegen den Bescheid des Beklagten vom 26. Juli 2022 gerichtete Klage weiter, mit dem dieser den Antrag des Klägers auf Erteilung einer Niederlassungserlaubnis abgelehnt (Nr. 1 d. Bescheidstenors), den Kläger aus der Bundesrepublik Deutschland ausgewiesen (Nr. 2), die Wirkungen der Ausweisung auf die Dauer von zehn Jahren ab dem Zeitpunkt der Ausreise/Abschiebung befristet (Nr. 3) und ihn für den Fall des bestandskräftigen Widerrufs der festgestellten Abschiebungsverbote aufgefordert hat, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb vier Wochen nach bestandskräftiger Entscheidung zu verlassen, und ihm anderenfalls die Abschiebung nach Syrien oder in einen anderen Staat, in welchen er erlaubt einreisen dürfe oder der zu seiner Rückübernahme verpflichtet sei, angedroht hat (Nr. 4).
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1. Der zulässige Antrag hat keinen Erfolg. Die von dem Kläger geltend gemachten Zulassungsgründe der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO und der grundsätzlichen Bedeutung nach § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO sind nicht im Sinne von § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO dargelegt beziehungsweise liegt nicht vor.
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a) Dies gilt insbesondere für den Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.
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aa) Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bestehen dann, wenn der Kläger im Zulassungsverfahren einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung des Erstgerichts mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage stellt (vgl. BVerfG, B.v. 10.9.2009 – 1 BvR 814/09 – juris Rn. 11; B.v. 9.6.2016 – 1 BvR 2453/12 – juris Rn. 16).
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bb) Das Zulassungsvorbringen zeigt keine derartigen Zweifel auf.
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(1) Nicht durchdringen kann die Klägerseite mit ihren Einwänden gegen die von dem Verwaltungsgericht vorgenommene Abwägung zwischen den Bleibe- und Ausweisungsinteressen.
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Insbesondere legt die Klägerseite nicht dar, dass entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts zu Gunsten des Klägers ein vertyptes Bleibeinteresse im Sinne von § 55 Abs. 1 und 2 AufenthG besteht. Mit dem Argument, ein rechtzeitiger Antrag auf Erteilung einer Niederlassungserlaubnis vor Ablauf der gültigen Aufenthaltserlaubnis stehe einer erteilten Aufenthaltserlaubnis gleich, weil aufgrund dessen die Rechtmäßigkeit des Aufenthalts fingiert werde, setzt sich die Klägerseite weder mit den Ausführungen des Verwaltungsgerichts (vgl. UA S. 18 f. sowie (UA S. 13 i.V.m. VG Augsburg, Gerichtsakte, Bl. 5 ff.) noch mit dem Wortlaut des § 55 Abs. 1 AufenthG auseinander, wonach die betroffene ausländische Person eine Niederlassungserlaubnis beziehungsweise eine Aufenthaltserlaubnis besitzen muss. Die Norm knüpft erkennbar an die Erteilung und damit Inhaberschaft eines Aufenthaltstitels an (vgl. § 55 Abs. 1 Nrn. 1, 2, 3, u. 5 AufenthG: … besitzt“). Dabei legt die Klägerseite auch nicht dar, aus welchen Gründen die Funktion des § 81 Abs. 3 Satz 1 und Abs. 4 Satz 1 AufenthG, die von der des § 55 AufenthG grundverschieden ist, es gebieten soll, die von dem Gesetzgeber vertypten Bleibeinteressen zu erweitern, zumal § 55 Abs. 3 AufenthG ausdrücklich anordnet, dass Aufenthalte auf der Grundlage der genannten Vorschriften als rechtmäßiger Aufenthalt im Sinne des § 55 Abs. 1 und 2 AufenthG nur berücksichtigt werden, wenn dem Antrag auf Erteilung oder Verlängerung des Aufenthaltstitels entsprochen wurde.
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Ebenso wenig greift der Einwand der Klägerseite durch, dass im Rahmen der Bleibeinteressen − trotz der wegen der begangenen Straftaten wirksam widerrufenen Flüchtlingseigenschaft – zugunsten des Klägers auch die Gefahren zu berücksichtigen seien, ihm im Falle der Rückkehr nach § 1 Abs. 1 AsylG in Verbindung mit § 3 AsyIG drohten, wobei diese ein größeres Gewicht hätten als die von dem Verwaltungsgericht als unbenanntes Bleibeinteresse analog § 55 AufenthG berücksichtigten Gefahren im Sinne von § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG. Es sei zu fragen, welchen Schutz der Kläger, der materieller Flüchtling im Sinne des §§ 3 AsyIG sei, noch habe.
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Das Verwaltungsgericht hat hierbei unter anderem verwertet, dass das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) mit bestandskräftigem Bescheid vom 9. Februar 2022 die Flüchtlingseigenschaft des Klägers widerrufen hat (vgl. UA S. 6 u. S. 19). Nach § 6 Satz 1 AsylG ist die Entscheidung über den Asylantrag in allen Angelegenheiten verbindlich, in denen die Zuerkennung des internationalen Schutzes im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 2 AsylG rechtserheblich ist. Diese Bindungswirkung kommt sowohl positiven als auch negativen Entscheidungen des Bundesamts zu und beansprucht auch Geltung im Rahmen der Prüfung der Ausweisung bei der Abwägung der Bleibe- und Ausweisungsinteressen im Rahmen des § 53 Abs. 1 AufenthG. Zielstaatsbezogene Gefahren, die ihrer Art nach objektiv geeignet wären, die Zuerkennung internationalen Schutzes zu begründen, entziehen sich einer Berücksichtigung im ausweisungsrechtlichen Verfahren. Insofern besteht kein Wahlrecht zwischen einer Prüfung durch die Ausländerbehörde und einer Prüfung durch das Bundesamt, und es gibt auch keinen Anspruch auf Doppelprüfung (vgl. BVerwG, U.v. 16.2.2022 – 1 C 6.21 – juris Rn. 34 m.w.N.; U.v. 26.2.2019 – 1 C 30.17 – juris Rn. 22). Die Klägerseite legt nicht substantiiert dar, dass angesichts dessen Raum für die geforderte Berücksichtigung sein kann. Im Übrigen fehlt es auch gänzlich an Ausführungen dazu, dass und inwieweit ein etwaiges Bleibeinteresse in dem von der Klägerseite geforderten Sinne im vorliegenden Fall in Anbetracht der von dem Verwaltungsgericht festgestellten und erwogenen Gefahren und Ausweisungsinteressen zu einem anderen Ergebnis führen könnte. Soweit die Klägerseite rügt, das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht ein Bleibeinteresse verneint, das den Ausweisungsinteressen gleichrangig sei, wendet sie sich der Sache nach gegen die Verhältnismäßigkeitsmäßigkeitsprüfung des Verwaltungsgerichts (vgl. UA S. 13 ff. u. S. 18 f.), ohne sich indes damit substantiiert auseinanderzusetzen.
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(2) Ebenso wenig hat die Klägerseite ihren Vortrag substantiiert, dass dem Kläger bei richtiger Rechtsanwendung, insbesondere bei richtlinienkonformer Auslegung, eine Erlaubnis nach § 25 Abs. 3 AufenthG beziehungsweise nach § 25 Abs. 5 Aufenthaltsgesetz zu erteilen gewesen wäre.
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(3) Den Darlegungsanforderungen genügt auch nicht der Einwand der Klägerseite, mit der in Nr. 4 des streitbefangenen Bescheides geregelten, für den Fall des bestandskräftigen Widerrufs der festgestellten Abschiebungsverbote aufschiebend bedingten Ausreiseaufforderung und der ebenfalls unter dieser Bedingung stehenden Abschiebungsandrohung erfolge eine Umgehung des Unionsrechts, weil damit eine „Vorratsentscheidung“ getroffen werde, die mit dem Sinn und Zweck des „Artikelrichtlinie 2008/115/EG“ und der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (im Folgenden: Gerichtshof) unvereinbar sei (unter Verweis auf: EuGH, U.v. 3.6.2021 − C-546/19 <BZ gegen Westerwaldkreis> − juris Rn. 60 f.).
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Das Verwaltungsgericht hat sein Urteil darauf gestützt, dass die solchermaßen bedingte Ausreiseaufforderung und die ebenfalls unter dieser Bedingung stehende Abschiebungsandrohung keinen unionsrechtlichen Bedenken begegneten, solange sichergestellt sei, dass das Refoulement-Verbot beachtet werde und der Aufschub so konkret gefasst sei, dass die Bedingung eintreten und ihr Eintritt auch zweifelsfrei festgestellt werden könne. Dies sei hier der Fall. Der Aufschub stelle die Unionsrechtskonformität sicher. Sollte das Bundesamt die Feststellung der Abschiebungsverbote nach § 73c Abs. 2 AsylG widerrufen und die Widerrufsentscheidung bestandskräftig werden, wäre die Bedingung eingetreten. Der Kläger werde dadurch nicht schutzlos gestellt, denn er könne bei einer unterstellten künftigen Bestandskraft der Ausweisungsentscheidung zwar nicht mehr gegen diese vorgehen, allerdings nach § 74 VwGO und §§ 74 ff. AsylG gegen die Widerrufsentscheidung, um den Eintritt der Bedingung zu verhindern (vgl. UA S. 23 i.V.m. UA S. 22).
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Mit diesen Erwägungen setzt sich die Klägerseite nicht auseinander und ihnen dementsprechend auch nichts an Substanz entgegen. Dies ist insbesondere auch nicht durch den Verweis der Klägerseite auf die zwei Randnummern der genannten Entscheidung des Gerichtshofs geschehen, wonach ein Einreise- und Aufenthaltsverbot nach Aufhebung der Rückkehrentscheidung nicht isoliert aufrechterhalten werden kann (vgl. EuGH, U.v. 3.6.2021 − C-546/19 <BZ gegen Westerwaldkreis> − juris Rn. 57: „… gegen die aber keine wirksame Rückkehrentscheidung mehr bestünde“). Die Abschiebungsandrohung, also die Rückkehrentscheidung, wurde indes im vorliegenden Fall bedingt erlassen, worauf der Beklagte zutreffend hingewiesen hat. Wird ein Verwaltungsakt mit einer aufschiebenden Bedingung versehen, so wird er mit der Bekanntgabe wirksam, die bedingten Rechtswirkungen treten mit dem Eintritt der Bedingung ein (vgl. Stelkens in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 10. Aufl. 2023, § 36 Rn. 75). Dass eine drittstaatsangehörige Person, die sich illegal im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats aufhält, wegen des Grundsatzes der Nichtzurückweisung nicht abgeschoben werden kann, rechtfertigt es nach Auffassung des Gerichtshofs in jenem zitierten Urteil gemäß Art. 9 Abs. 1 Buchst. a) der RL 2008/115/EG im Übrigen ausdrücklich nicht, in einer solchen Situation keine Rückkehrentscheidung gegen einen Drittstaatsangehörigen zu erlassen, sondern nur, seine Abschiebung in Vollstreckung dieser Entscheidung aufzuschieben (vgl. EuGH, U.v. 3.6.2021 − C-546/19 <BZ gegen Westerwaldkreis> − juris Rn. 58 f. sowie GA Pikamäe, Schlussanträge v. 10.2.2021 – C-546/19 <BZ gegen Westerwaldkreis> − juris Rn. 87). Unsubstantiiert ist daher der Einwand der Klägerseite, die Befristung, die Abschiebungsandrohung und die Ausreiseaufforderung seien rechtswidrig, weil sie den von dem Gerichtshof gebotenen Umgang mit inlandsbezogenen Ausweisungen verhinderten und Ketten-Duldungen begünstigten. Vielmehr hätte es der Klägerseite vor diesem Hintergrund oblegen, konkret aufzuzeigen, dass und inwieweit die streitbefangene Ausreiseaufforderung und die streitbefangene Abschiebungsandrohung dem unionsrechtlichen Regelungsregime, insbesondere mit Blick auf die dort normierte Möglichkeit des Aufschubs der Rückkehrentscheidung, nicht genügen. Dabei ist darauf hinzuweisen, dass nach Art. 6 Abs. 6 der RL 2008/115/EG durch diese Richtlinie die Mitgliedstaaten nicht daran gehindert werden sollen, entsprechend ihren innerstaatlichen Rechtsvorschriften und unbeschadet der nach Kapitel III und nach anderen einschlägigen Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts und des einzelstaatlichen Rechts verfügbaren Verfahrensgarantien mit einer einzigen behördlichen oder richterlichen Entscheidung eine Entscheidung über die Beendigung eines legalen Aufenthalts sowie eine Rückkehrentscheidung und/oder eine Entscheidung über eine Abschiebung und/oder ein Einreiseverbot zu erlassen.
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b) Der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung nach § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO liegt ebenfalls nicht vor beziehungsweise ist nicht hinreichend dargelegt.
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aa) Dieser Zulassungsgrund setzt voraus, dass der Rechtsmittelführer erstens eine konkrete und gleichzeitig verallgemeinerungsfähige Rechts- oder Tatsachenfrage formuliert, zweitens ausführt, aus welchen Gründen diese klärungsfähig ist, also für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts entscheidungserheblich war, und drittens erläutert, aus welchen Gründen sie klärungsbedürftig ist, mithin aus welchen Gründen die ausstehende obergerichtliche Klärung im Berufungsverfahren zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zur Weiterentwicklung des Rechts geboten ist und ihr eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 124a Rn. 72; Rudisile in Schoch/Schneider, VwGO, Stand: 43. EL, August 2022, § 124a Rn. 102 ff.).
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bb) Die Klägerseite hat als grundsätzlich bedeutsam zunächst folgende Frage aufgeworfen:
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„Es ist also zu fragen, welchen Schutz der Kläger, der materieller Flüchtling im Sinne des §§ 3 AsylG wäre, noch hat und ob er diese geltend machen kann.“
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Zur Begründung bezieht sich die Klägerseite auf ihren Vortrag zu dem Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO, ergänzt um das Vorbringen, die Rechtsache habe grundsätzliche Bedeutung, weil sie über den Einzelfall hinaus für eine Vielzahl vergleichbarer Fälle von straffälligen militärpflichtigen Syrern Beachtung finden könne und sie im konkreten Fall Einfluss auf das Urteil gehabt habe. Gehe man davon aus, dass der Kläger bei einer Rückkehr nach Syrien eine lange Haftstrafe wegen der Flucht erwarten müsste, würde dies bei der Abwägung der Bleibeinteressen mit den Ausweisungsinteressen die Gewichtung verändern können.
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Dies genügt den geschilderten Anforderungen nicht. Es fehlt bereits an der Formulierung einer Frage in dem vorgenannten Sinne. Die aufgeworfene Frage stellt ausdrücklich auf die individuelle Person des Klägers ab, mit der Folge, dass sie sich einer Verallgemeinerung entzieht. Überdies ist die Frage auch nicht klärungsfähig, weil sie für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts aufgrund der Bindungswirkung des § 6 Satz 1 AsylG nicht entscheidungserheblich war. Auch im Übrigen gelten die vorstehenden Erwägungen zu dem Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO entsprechend (s.o.).
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cc) Die Klägerseite hat des Weiteren als grundsätzlich bedeutsam folgende Frage aufgeworfen:
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„Grundsätzliche Bedeutung hat auch die Frage, ob die Ausländerbehörde die Ausreisepflicht und die Abschiebungsandrohung unter die Bedingung der Bestandskraft eines zukünftigen Verwaltungsakts einer anderen Behörde stellen darf, solange dieser Verwaltungsakt weder konkret droht noch angekündigt oder gar erlassen ist.“
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Zur Begründung bezieht sich die Klägerseite auf ihren Vortrag zu dem Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO, ergänzt um das Vorbringen, dass die Antwort auf die Frage für eine Vielzahl vergleichbarer Fälle Entscheidungshilfe geben und gleichzeitig im konkreten Einzelfall von ausschlaggebender Bedeutung sein würde, weil nicht ausgeschlossen werden könne, dass die Entscheidung zu Gunsten des Klägers ausfalle und die Bedingung und damit die gesamte Nr. 4 des streitbefangenen Bescheides rechtswidrig gewesen sei.
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Dies genügt den geschilderten Anforderungen ebenfalls nicht. Die Klägerseite legt nicht dar, dass und inwiefern es zwingend geboten sein könnte, dass der Verwaltungsakt, an dessen Bestandskraft der Eintritt der Bedingung geknüpft ist, konkret droht oder angekündigt oder bereits erlassen ist. Dies ist auch nicht anderweitig ersichtlich, zumal sich eine Bedingung – im Unterschied zur Befristung – rechtstechnisch gerade dadurch auszeichnet, dass die Rechtswirkungen von einem zukünftigen ungewissen Ereignis abhängig gemacht werden (vgl. Stelkens in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 10. Aufl. 2023). Die Klägerseite hat auch nicht konkret aufgezeigt, dass und inwieweit das unionsrechtliche Regelungsregime, insbesondere mit Blick auf die dort normierte Möglichkeit des Aufschubs der Rückkehrentscheidung (s.o.), dies gebieten könnte. Die Beifügung einer bereits eingetretenen Bedingung zu fordern, wie im letzten Teil der aufgeworfenen Frage angesprochen („solange dieser Verwaltungsakt weder … noch … oder gar erlassen ist.“), wäre im Übrigen sinnwidrig, weil das Ereignis dann nicht mehr in der Zukunft läge. Dass, wie die Klägerseite argumentiert, nicht ausgeschlossen werden könne, dass die Entscheidung zu Gunsten des Klägers ausfalle, reicht nicht aus, um eine Grundsatzrüge zu substantiieren. Schließlich gelten auch hier die zu dem Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO angeführten Erwägungen entsprechend (s.o.).
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2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
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3. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 und 3, § 39 Abs. 1 GKG sowie § 52 Abs. 1und 2 GKG in Verbindung mit Nrn. 8.1. und 8.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.
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4. Dieser Beschluss ist nach § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar. Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird die Entscheidung des Verwaltungsgerichts nach § 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO rechtskräftig.